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30.11.13 / Vor 175 Jahren starb Preußens letzter Großkanzler / Über kaum einen Politiker urteilten die preußischen Reformer derart widersprüchlich wie über Karl Friedrich von Beyme

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-13 vom 30. November 2013

Vor 175 Jahren starb Preußens letzter Großkanzler
Über kaum einen Politiker urteilten die preußischen Reformer derart widersprüchlich wie über Karl Friedrich von Beyme

Das Verhältnis der preußische Reformer zu ihrem Zeitgenossen Carl Friedrich von Beyme war höchst ambivalent. Doch zumindest sein politisches Ende als Opfer der Reaktion und Restauration im Widerstand gegen die Karlsbader Beschlüsse weist ihn als fortschrittlich aus.

Der am 10. Juli 1765 in Königsberg/Neumark geborene Sohn eines Regimentschirurgen verlor früh seinen Vater und wurde in den Franckeschen Stiftungen in Halle im humanistischen Geiste erzogen. Anschließend studierte er Jura und 1788 fing er seine Berufslaufbahn als Assessor des Kammergerichts zu Berlin an. Die Möglichkeit zu einer akademischen Karriere schlug er ebenso aus wie die zu einer beim Militär.

Der Gegner von Zwangsmaßnahmen zur Erlangung von Geständnissen und Todesurteilen für Kindsmörderinnen machte durch Stellungnahmen zu juristischen Fragen, die den Geist der Aufklärung und des Humanismus atmeten, den späteren König Fried­rich Wilhelm III. auf sich aufmerksam. Beyme war es auch, der den Rechtsstreit zwischen Friedrich Wilhelm und der Mätresse von dessen Vater, Wilhelmine von Lichtenau, beendete. Vertrauen und Wohlwollen des Hohenzollern zeigten sich darin, dass dieser, kaum dass er den Thron bestiegen hatte, Beyme zum Kabinettsrat für das Justizwesen berief. Als 1806 der Vierte Koalitionskrieg ausbrach, war Beyme mittlerweile bis zum faktischen Leiter des Kabinetts aufgestiegen. Dieses führte dazu, dass er – nicht unbedingt verdient – für die katastrophale Kriegsniederlage verantwortlich gemacht wurde. Weiteren Anfeindungen war er dadurch ausgesetzt, dass er bürgerlicher Herkunft war und die von ihm geleitete Institution gerade vielen Fortschrittlichen als anachronistisches Küchenkabinett des Monarchen verhasst war – also der Esel (Kabinett) gemeint war, wenn der Sack (Beyme) geschlagen wurde.

Als nach der Kriegsniederlage auf Geheiß des siegreichen Franzosenkaisers Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein leitender Minister wurde, wurde auf dessen Verlangen hin Beyme entlassen. Als Stein dann im darauffolgenden Jahr seinerseits gehen musste, wurde auf dessen Empfehlung hin Beyme Justizminister. Dieses ist nur ein Beispiel für das höchst ambivalente Verhältnis der preußischen Reformer zu Beyme, der einerseits eine vom Geiste der Aufklärung und des Humanismus geprägte Politik betrieb, aber andererseits mit dem in Jena und Auerstedt kläglich untergegangenen alten Regime in Verbindung gebracht wurde. Erschwert wurde und wird das Urteil über ihn auch dadurch, dass er zwar für Reformen, aber gegen Revolutionäres war.

Unabhängig vom schwankenden Urteil der preußischen Reformer über ihn wahrte er sich die Sympathie seines Königs. Und so ernannte ihn dieser nach seiner Rückkehr in die Politik zum Großkanzler.

Beyme wurde damit Preußens letzter Träger dieses bedeutenden Titels, denn nach ihm wurde keinem Preußen mehr diese Ehre zuteil.

1810 stürzte Karl August von Hardenberg das Kabinett und Beyme wurde in den Ruhestand versetzt. Sechs Jahre später holte ausgerechnet Hardenberg Beyme in die Immediatkommission für die Justiz der Rheinprovinz. 1817 folgte die Berufung in den Staatsrat und an die Spitze des neugeschaffenen Ministeriums für Gesetzrevision.

Zwei Jahre später folgte Beymes endgültiger Abschied aus der Politik. Während Staatskanzler Hardenberg im Amt verblieb, trat der 1816 geadelte Beyme 1819 aus Protest gegen die Karlsbader Beschlüsse und die Entlassung des Ministers Wilhelm von Humboldt ebenso wie Kriegsminister Hermann von Boyen zurück. Er zog sich auf seinen bei Berlin gelegenen Landsitz Steglitz zurück, wo er am 10. Dezember 1838 starb. M.R.


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