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30.11.13 / Harte Arbeit war ihr Leben / Weil Essensmarken nicht reichten, musste Inge Notz als Magd schuften

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-13 vom 30. November 2013

Harte Arbeit war ihr Leben
Weil Essensmarken nicht reichten, musste Inge Notz als Magd schuften

Wer sich manchmal fragt, ob er dem eigenen Kind zu viel abverlangt, wenn er es gelegentlich darum bittet, den Geschirrspüler auszuräumen, Staub zu saugen oder mal eben einen Liter Milch vom Supermarkt um die Ecke zu holen, der wird sich entspannt zurücklehnen, wenn er das Buch „Wintererde“ von Inge Notz gelesen hat. In diesem Buch berichtet die auch heute noch weitestgehend gesunde Rentnerin Jahrgang 1932 von ihrer Kindheit und Jugend.

Als Inge Notz gerade erst zehn Jahre alt war, wurde ihr Vater in den Krieg einberufen. Da das wenige Essen, das ihre Mutter für die Essenmarken erhielt, nicht für sie selbst und die vielen Kinder ausreichte, wurde Inge als ältestes Kind fortgeschickt. Auf dem Hof der Geißlmutter sollte sie künftig leben und für ihr Brot arbeiten. Schweren Herzens verließ das Mädchen sein Zuhause und lebte die nächsten Jahre bei der strengen Geißlmutter und deren hartherziger Tochter Walburga. Tagein tagaus musste Inge Notz dort die schwersten körperlichen Arbeiten verrichten – heutzutage undenkbar, was einem Kind damals zugemutet wurde.

Hätte Inge Notz nicht ihre Katze Miezi gehabt, die sie heimlich mit Milch großgezogen hatte, wäre ihre Kindheit noch trauriger verlaufen. Da sie nur Essen als Gegenwert für ihre Arbeit erhielt, lernte sie schon als Kind, die Last der Armut zu spüren. Trotzdem vermitteln die Aufzeichnungen Lebensmut, denn die Autorin bewahrte sich stets eine positive Lebenseinstellung.

Notz blieb tapfer, sie arbeitete fleißig weiter, bis der Krieg vorbei war und ihr Vater heim zur Familie kehrte. Der Vater, ein Trinker und ohnehin sehr roh, wollte jedoch nicht noch einen „Fresser“ mehr in der Familie haben, und so verschlug es Inge Notz als Magd in eine Gastwirtschaft. Es ist bewundernswert, wie die damals junge Frau damit umging, so schlecht behandelt zu werden. Zum Glück half ihr die Liebe zum Leben und zur Natur, von der es in ihrer Heimat, dem Allgäu, genug gibt, auch in den dunkelsten Stunden stets nach vorn zu blicken. Beindruckende Naturbeschreibungen prägen so auch das Buch.

Katrin Hummel, Autorin mehrerer Sachbücher und Romane sowie Redakteurin der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, ist es gelungen, die Erinnerungen von Inge Notz anschaulich und ungeschönt darzustellen. Die harte Arbeit auf einem Bauernhof und in einer Gastwirtschaft war wahrlich kein Zuckerschlecken. Und auch wenn durch den Krieg Lebensmittelknappheit und viele Sorgen auf den Menschen lasteten, so stellt man sich als Leser dennoch die Frage, wieso erwachsene Menschen mit einem folgsamen und fröhlichen Kind dermaßen hart und lieblos umspringen konnten. V. Ney

Inge Notz mit Katrin Hummel: „Wintererde: Mein Leben als Magd“, Bastei Lübbe, Köln 2013, geb., 284 Seiten, 18 Euro


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