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07.12.13 / Schwäche durch Selbstblockade / Zersplitterung der EU-kritischen Parteien als letzte Hoffnung für Brüssel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-13 vom 07. Dezember 2013

Schwäche durch Selbstblockade
Zersplitterung der EU-kritischen Parteien als letzte Hoffnung für Brüssel

Umfragen deuten auf einen Erd­rutschsieg von EU-skeptischen Parteien bei der Europawahl im Mai 2014 hin. Wegen deren Zersplitterung könnte in Brüssel dennoch alles beim Alten bleiben.

Es ist eine Unterstützung, von der Deutschlands Politneuling, die Alternative für Deutschland (AfD), nur träumen kann. Paul Sykes, einer der reichsten Briten, hat seine Unterstützung für die EU-kritische United Kingdom Independence Party (Ukip) angekündigt. Er sei bereit, alles zu tun, dass „die Ukip bei der Europa-Wahl im Mai 2014 siegt“, so Sykes, dessen Vermögen auf 650 Millionen Britische Pfund geschätzt wird. Der erfolgreiche Geschäftsmann verbindet mit seiner Unterstützung eine ganz konkrete Hoffnung, nämlich ein Referendum über Großbritanniens Verbleib in der EU bereits im Jahr 2015 und nicht erst 2017, wie bisher in Aussicht gestellt. Premierminister David Cameron dürfte die Ankündigung Sykes in Alarmstimmung versetzt haben. Die Ukip hat ohnehin beste Chancen, in sechs Monaten als stärkste britische Partei ins Europaparlament einzuziehen. Mit der Finanzkraft von Sykes im Rücken dürfte die Ukip nun wohl einen hochprofessionellen Europawahlkampf in den Medien aufziehen, das Wahlergebnis noch besser ausfallen.

Dass Italiens Ministerpräsident Enrico Letta inzwischen davor warnt, ab Mai 2014 könnte man es mit dem „stärksten anti-europäischen Europaparlament in der Geschichte“ zu tun bekommen, hat nicht nur mit dem Aufwind für die UKIP zu tun. In Österreich hat die FPÖ mit 25 Prozent inzwischen die ÖVP überholt und liegt nun gleichauf mit der SPÖ. In Frankreich und den Niederlanden gelten die Front National und Geert Wilders‘ Partij voor de Vrijheid als klare Favoriten, bei der Europawahl jeweils stärkste Partei zu werden.

So wie es momentan aussieht, wird Brüssel damit im Mai 2014 von den Wählern ziemlich eindeutig eine rote Karte bekommen, Hoffnungen auf einen entsprechenden Politikwechsel könnten allerdings verfrüht sein, denn es droht eine Zersplitterung der Kräfte der EU-Kritiker. Recht fortgeschritten sind die Vorbereitungen, im Rahmen der „Europäischen Allianz für Freiheit“ verschiedene Parteien zusammenzubringen. Die FPÖ, die französische Front National, Schwedendemokraten, Vlaams Belang und wahrscheinlich die slowakische Nationalpartei wollen nach der EU-Wahl eine gemeinsame Fraktion „patriotischer Parteien“ bilden. Damit könnte die Gemeinsamkeit im „dritten Lager“ aber schon erschöpft sein.

Die deutsche AfD hat inzwischen einen Beitritt ausgeschlossen. Mit Blick auf Geert Wilders‘ Freiheitspartei und Front National beschied AfD-Chef Bernd Lucke im Fernsehsender „n-tv“: „Beide Parteien kommen weder jetzt noch in Zukunft für uns in Frage.“ Noch schwerer wiegt eine andere Absage. Auch UKIP-Chef Nigel Farage schließt eine gemeinsame Fraktion mit Geert Wilders und Marine Le Pen aus. Wilders könne nicht einerseits vorgeben, für die Meinungsfreiheit einzutreten, und gleichzeitig den Koran verbieten wollen, so Farage. Vor allem wegen der Front National gehen bisher auch die „Wahren Finnen“ und Pia Kjærsgaards Dänische Volkspartei auf Abstand. Die FPÖ und die FN wiederum wollen weder die ungarische „Jobbik“ noch die „Goldene Morgenröte“ aus Griechenland dabei haben.

Bleibt es bei der Absage von AfD und UKIP, kann dies weitreichende Folgen haben. Reelle Erfolgsaussichten, eine Fraktion zu bilden, hat nämlich nur das maßgeblich von Wilders vorangetriebene Sechser-Bündnis. Die gesetzten Hürden sind hoch. Zusammengebracht werden müssen mindestens 27 Abgeordnete aus einem Viertel der Mitgliedsstaaten – derzeit also sieben Länder. In der Praxis ist der Unterschied zwischen einer Fraktion und einer bloßen parlamentarischen Gruppe gravierend: Die Fraktionslosen können fast als „halbe Abgeordnete“ gelten. Sie erhalten weniger Finanzmittel und weniger Redezeit, haben kaum Einfluss auf die Agenda und keinen Sitz in der einflussreichen „Konferenz der Präsidenten“, in der viele Weichen vorab gestellt werden. Noch setzt Wilders darauf, dass es gelingt, nach der Wahl Differenzen zwischen den Parteien beizulegen und einen schlagkräftigen Block zu bilden. Scheitert der Versuch, dann könnte dies dazu führen, dass die Europäische Volkspartei, Sozialdemokraten, Grüne, Linke und Liberale für ihre Politik einer immer engeren europäischen Integration und Vereinheitlichung von Europas Wählern zwar klar abgestraft werden, in Brüssel aber weitgehend alles beim Alten bleibt. Hermann Müller


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