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07.12.13 / Schluss mit der Bevormundung / Journalistik-Professor fordert: Presse muss die Herkunft von Tätern nennen dürfen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-13 vom 07. Dezember 2013

Schluss mit der Bevormundung
Journalistik-Professor fordert: Presse muss die Herkunft von Tätern nennen dürfen

Viele Medien verschweigen die Herkunft von Straftätern. Dabei berufen sie sich auf eine Richtlinie des Deutschen Presserates. Denn laut dieser darf die Zugehörigkeit von Verdächtigen oder Tätern zu einer religiösen, ethnischen oder anderen Minderheit nur dann erwähnt werden, wenn es einen „begründbaren Sachzusammenhang“ mit der Tat gebe. Der Journalistik-Professor Horst Pötter fordert, diese Richtlinie zu streichen.

Horst Pöttker (65) war bis zu seiner Emeritierung in diesem Jahr Inhaber des Lehrstuhls für Theorie und Praxis des Journalismus an der TU Dortmund. Seit diesem Wintersemester unterrichtet er auch noch Journalismus an der Universität Hamburg. Mit Fragen journalistischer Berufsethik und der publizistischen Selbstkontrolle hat er sich intensiv befasst, auch mit der medialen Integration ethnischer Minderheiten. Er gehört dem „Rat für Integration“ an, einem interdisziplinären Zusammenschluss von Wissenschaftlern.

Der renommierte Journalistik-Professor hat jetzt in einem Beitrag „Schluss mit der Selbstzensur“ in der Wochenzeitung „Die Zeit“ gefordert, Ziffer 12.1 der Richtlinien des Deutschen Presserates zu streichen. Die vorangehende Ziffer 12 genüge vollkommen, so Pötter. Diese lautet: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.“

Pöttker wendet sich jedoch gegen die anschließende Ziffer 12.1, in der es heißt: „In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht.“

Medienwissenschaftler Pöttker nennt es ein „konkretes Formulierungsverbot“, dass stets ein „begründbarer Sachbezug“ zwischen Tat und Herkunft eines Täters vorliegen müsse, bevor diese genannt werden dürfe. Er lehnt eine solche „pädagogische und paternalistische Auffassung“ ab. Journalisten sollten die „volle Freiheit, aber auch die volle Verantwortung für ihr Handeln“ haben. Ein „starres Formulierungsverbot“ entlaste Journalisten auch „vom Nachdenken über mögliche Problemursachen, die mit der Gruppenzugehörigkeit eines Täters zu tun haben könnten“. Außerdem halte die Richtlinie das Publikum für dümmer, als es sei. Denn Untersuchungen würden zeigen, dass Leser es merkten, wenn die Nationalität eines Täters gezielt weggelassen werde.

Die Ziffer 12.1 der Presserats-Richtlinien geht nach Angaben des Journalistik-Professors auf eine Anregung des Verbands der Deutsch-Amerikanischen Clubs, die sich für transatlantische Völkerverständigung einsetzen, von 1971 zurück. Die Jahrbücher des Presserates vermerkten als Ziel der Regelung, „bei der Berichterstattung über Zwischenfälle mit US-Soldaten darauf zu verzichten, die Rassenzugehörigkeit der Beteiligten ohne zwingend sachbezogenen Anlass zu erwähnen“.

Die heutige Formulierung gehe auf ein Gutachten des früheren Verfassungsrichters Helmut Simon (SPD) im Auftrag des Zentralrats deutscher Sinti und Roma zurück. Simon habe sich darin fast nur auf Artikel 3 Grundgesetz (Gleichheitsgrundsatz und Diskriminierungsverbot) bezogen, jedoch kaum auf Artikel 5 Grundgesetz (Presse- und Meinungsfreiheit). Seither überschütte der Zentralrat der Sinti und Roma den Presserat jedes Jahr mit Serienbeschwerden. Michael Leh


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