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07.12.13 / Jemen statt Guantánamo / Washington will Häftlinge abschieben, doch nicht nur Sanaa hat Sicherheitsbedenken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-13 vom 07. Dezember 2013

Jemen statt Guantánamo
Washington will Häftlinge abschieben, doch nicht nur Sanaa hat Sicherheitsbedenken

Steht das umstrittene US-amerikanische Gefangenenlager Guantánamo nun doch endlich vor der Schließung? Kürzlich enthüllte die Zeitung „L.A. Times“ einen bisher streng geheimen Plan, nach dem im Jemen nahe der Hauptstadt Sanaa ein Auffanglager für Gefangene des US-Lagers auf Kuba errichtet werden soll, die aus dem Jemen stammen. 55 der 88 in Guantánamo inhaftierten Jemeniten sind bereits seit vier Jahren für eine Entlassung vorgesehen, genauso wie weitere 35 Inhaftierte anderer Nationen der insgesamt 186 Häftlinge. Doch die Überführung der seit über zehn Jahren ohne Beleg einer Schuld und Prozess inhaftierten Männer scheiterte bisher an republikanischen Protesten im US-Kongress. Diese bezeichnen die Häftlinge als Sicherheitsrisiko, weil sie sich „Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel“ anschließen könnten.

Der seit 2006 im Jemen agierende mächtigste Arm von Al-Kaida ist trotz Beschusses durch US-Drohnen in den letzten Monaten gewachsen und verantwortlich für diverse Terroranschläge. „Nachdem wir ja nun wissen, dass Al-Kaida im Jemen sich gegen uns verbündet hat, begreife ich nicht, wie der Präsident auch nur einen einzigen Jemeniten dorthin entlassen könnte“, ereiferte sich Saxby Chambliss, ein führender Republikaner im Sicherheitsausschuss des Senats. Doch im Mai wagte Präsident Barack Obama einen neuen Umsetzungsversuch für eines seiner im ersten Wahlkampf mit höchster Priorität verkündetem Ziele: die Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo. „Es gibt keine Berechtigung für den Kongress zu verhindern, eine Anlage zu schließen, die nie hätte eröffnet werden dürfen“, sagte er in einer Rede vor der „National Defense University“.

Durch den Bericht der „L.A. Times“ wurde jetzt bekannt, dass im August in Rom Verhandlungen zwischen dem Jemen, den UN, den USA und der EU begannen, die die Errichtung eines Auffanglagers im Jemen zum Inhalt haben. Die US-Amerikaner brachten auch noch die Saudis mit an den Tisch, die selber entlassene Guantánamo-Häftlinge ihres Landes in die Gesellschaft reintegriert haben. Es besteht die Hoffnung, dass der Kongress diesmal zustimmt. Und sei es nur, um die 350 Millionen Dollar, die der Unterhalt des Gitmo-Camps im Jahr kostet, zu sparen.

Doch es gibt noch diverse Schwierigkeiten bezüglich der Finanzierung und der Sicherheit. Jemens Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi versprach bei einem Besuch im Weißen Haus im August, die Kosten zu übernehmen, doch inzwischen hat er aufgrund von Engpässen im eigenen Staatshaushalt die Zusage wieder rückgängig gemacht. Der US-Kongress aber dürfte einer Finanzierung durch die USA nicht zustimmen und ohnehin die Überführungen an scharfe Sicherheitsbedingungen knüpfen. „Die Gefangenen müssten sich psychologischer Beratung, Berufsausbildung und Unterweisung in eine friedliche Form des Islam unterziehen, ehe über ihre Freilassung entschieden würde“, zitiert die „L.A. Times“ US-Offizielle.

Das ist jedoch der Knackpunkt: Rehabilitation oder wieder ein Gefängnis? Der Jemen kann es sich nicht leisten, eine Art neues Guantánamo auf eigenem Boden zu gestatten, wo die Überführten weiterhin unbegrenzt verharren. Auch wären Anschläge der arabischen Al-Kaida zu erwarten. Jemens Außenminister Abubakr Al-Kirbi erklärte im letzten Monat, dass Spezialisten aus Saudi-Arabien, der EU und dem Jemen über die Gestaltung eines „Rehabilitationszentrums für Wiedereingliederung“ verhandeln. Mit religiösem und kulturellem Dialog und Berufsausbildung. „Wir sind zur Zeit dabei, den Bau zu planen und rechtliche Schritte zu ergreifen für eine Rückführung der 55 Häftlinge aus dem Jemen, die für eine Entlassung freigegeben sind und die keine Bedrohung darstellen“, erklärte er. Die US-Regierung ist, wie verlautet, fest entschlossen, mit diesem erneuten Schritt das Ende von Guantánamo einzuleiten. „Der definitive Wille ist da“, erklärt ein US-Offizieller. „Doch es muss richtig gemacht werden. Wenn nicht, kann es äußerst gefährlich werden.“ Liselotte Millauer


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