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07.12.13 / Singulärer Schrei / Wird Jubilar Edvard Munch überschätzt?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-13 vom 07. Dezember 2013

Singulärer Schrei
Wird Jubilar Edvard Munch überschätzt?

Bis Mitte November, als ein Bild von Francis Bacon für 142 Millionen Dollar verkauft wurde, hielt ein Werk Edvard Munchs den Rekord als teuerstes Gemälde aller Zeiten, das auf einer öffentlichen Auktion versteigert wurde. Ein New Yorker Investmenthändler erwarb im Mai letzten Jahres bei Sotheby’s eine von vier Versionen des berühmten Munch-Bildes „Der Schrei“ für knapp 120 Millionen Dollar. Damit war ein Maler in der Kunstwelt ganz oben angekommen, der in seiner Heimat Norwegen nicht im­mer einen leichten Stand hatte. Seine häufig nackten Figuren mit den oft verzerrten Ge­sichtsausdrücken, die an Verbrecherfratzen erinnern, trafen nur selten den Geschmack seiner Landsleute.

So war bis zum Jubiläumsjahr des am 12. Dezember 1863 geborenen Künstlers nicht entschieden, wo in Oslo das neue Munch-Museum entstehen soll. Das 50 Jahre alte Munch-Museum im schmucklosen Einwanderer-Viertel Tøyen gilt nicht erst seit dem spektakulären Einbruch von 2004 als ungeeignet. Damals machte es weltweit Schlagzeilen, als Kunsträuber tagsüber bewaffnet in das Museum eindrangen und mit Versionen der Munch-Hauptwerke „Der Schrei“ und „Madonna“ nahezu ungehindert fliehen konnten. Die Bilder konnten zwei Jahre später schwer beschädigt sichergestellt werden. Seitdem tobt ein auch politischer Streit um einen Museumsneubau an einem attraktiven Standort.

Trotzdem wird zum 150. Geburtstag des Künstlers in Norwegen mit allen musealen Mitteln gefeiert. Verteilt auf das Munch-Museum und die Norwegische Nationalgalerie findet die von König Harald eröffnete größte Munch-Ausstellung aller Zeit mit fast 300 Arbeiten des Künstlers statt. Damit ist immerhin rund jedes fünfte Bild zu sehen, das Munch gemalt hat. Bei der Masse der Wer­ke ist es aber nur ein einziges, das kunstgeschichtliche Be­rühmtheit er­langte: „Der Schrei“. Von der Frau auf einer Brücke, die mit weit aufgerissenen Mund einen Schmerzens-oder Hilfsschrei auszustoßen scheint, malte Munch vier Versionen zwischen 1893 und 1910, als er selbst wegen Liebes- und Alkoholproblemen in einer Lebenskrise steckte (siehe Seite 22).

So singulär wie der „Schrei“ im Werk Munchs, ist auch dessen Stellung als Künstler in Norwegens Landschaft. Anders als der Komponist Grieg oder der Dramatiker Ibsen, die eine ähnliche Sonderstellung als weltbekannte norwegische Kulturträger besitzen, wird sich erst noch zeigen, ob Munch auf Auktionen nicht doch überschätzt wird. Harald Tews


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