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07.12.13 / Ein Herz für Kinder / Der Nikolaus ist aus der Adventszeit nicht wegzudenken – Alle lieben ihn. Aber das war nicht immer so

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-13 vom 07. Dezember 2013

Ein Herz für Kinder
Der Nikolaus ist aus der Adventszeit nicht wegzudenken – Alle lieben ihn. Aber das war nicht immer so

Gehört der Nikolaus bald zu den gefährdeten Arten? Seitdem in Holland über den farbigen Begleiter des Sinterklaas, den Zwarten Piet, diskutiert wird, steht diese Adventstradition sogar unter Rassismusverdacht. Aber wer war der Nikolaus überhaupt?

Ein überlebensgroßer Nikolaus-Spekulatius, der von einer Düsseldorfer Bäckerei hergestellt worden war, schaffte es einmal bis ins Guinness-Buch der Rekorde. Das Meisterstück gehörte zu einer Aktion des katholischen Bonifatiuswerkes, das sich gegen übermäßigen Konsum zur Weihnachtszeit und zu­gunsten von Kinderhospizen einsetzt.

Der Unterschied zwischen Weihnachtsmann und dem heiligem Nikolaus, dessen Festtag auf den 6. Dezember fällt, gerät heute immer mehr in Vergessenheit. Im Gegensatz zum Weihnachtsmann, der in seiner heutigen Erscheinungsform eine von der US-Firma Coca-Cola gesponserte Kunstfigur ist, lebte Nikolaus (280–350 n. Chr.) vor etwa 1700 Jahren in Kleinasien und wirkte in der Hafenstadt Myra 50 Jahre lang als Bischof.

Kindern gegenüber war Nikolaus von Myra ein großer Wohltäter. Eine Legende erzählt, wie er in der kalten Jahreszeit immer seinen Esel sattelte, ihn mit einem großen Sack voller Nüsse und Geschenke belud und die Kinder in seinem Bistum beschenkte. Daraus ist der Brauch entstanden, dass Kinder am Vorabend des Nikolaustages ihre Schuhe putzen, vor die Haustür oder ein Fenster stellen und hoffen, dass sie am nächsten Morgen mit leckeren Süßigkeiten gefüllt sind. Dieser volkstümliche Brauch wird auch im liberalen Islam am Fest „Noel Baba“ praktiziert.

Schon im Alter von 20 Jahren wurde Nikolaus von seiner Heimatkirche zum Bischof gewählt, weil er zum einen als außergewöhnlich fromm und zum anderen als mutig galt. Beides Qualifikationen, die in der Zeit der Christenverfolgung Ende des 3. und Anfang des 4. Jahrhunderts absolut notwendig waren. Wer zu dieser Zeit zum Bischof gewählt wurde, den erwarteten mit hoher Wahrscheinlichkeit Folter und Hinrichtung. Doch erstaunlicherweise überlebte Nikolaus die schlimmen Torturen im Gefängnis. Als Erbe eines großen Vermögens seiner früh verstorbenen Eltern half er nach seiner Freilassung aus der Haft vielen Menschen aus materiellen Nöten; als großer Theologe prägte er auf dem Konzil von Nicäa (325) entscheidend die Lehre von der Dreifaltigkeit Gottes.

Daher handeln die legendarischen Schilderungen seines Wirkens oft von der Zahl Drei. Dem verschuldeten Vater von drei jungfräulichen Töchtern schenkte er drei Klumpen Gold, so dass die Töchter nicht in die Prostitution gehen mussten. Drei zu Unrecht zum Tode Verurteilte bewahrte er vor der Hinrichtung; drei in Seenot geratene Pilger rettete er vor dem Ertrinken; drei ermordete Jungen erweckte er wieder zum Leben. Gegen einen Irrlehrer soll Nikolaus von Myra auf dem Konzil von Nicäa, auf dem das bis heute in Gottesdiensten gesprochene Nicänische oder Große Glaubensbekenntnis verabschiedet wurde, sogar handgreiflich geworden sein.

Wie „schafft“ es ein Heiliger, bis in unsere Tage so populär wie der heilige Nikolaus zu sein? Reichen dafür Freigiebigkeit, theologische Kenntnisse und die wunderwirkende Kraft des Gebetes? In der orthodoxen Christenheit des Ostens ist Nikolaus nach der Gottesmutter Maria der mit Abstand wichtigste Heilige. Unzählige Wunder werden seiner Fürbitte bis heute zugeschrieben. Aber auch im Westen hat sich dessen Verehrung, etwa seit dem 10. Jahrhundert, rasant ausgebreitet. Besonders die byzantinische Prinzessin Theophanu, die Ehefrau von Kaiser Otto II. (955–983), brachte aus ihrer Heimat in Kleinasien den Nikolaus-Kult nach Westeuropa. Etwa 100 Jahre später gelangten 1087 auch die Gebeine des Heiligen von Myra nach Bari in Süditalien, wo Papst Urban II. im Jahr 1098 die San- Nicola-Basilika einweihte. In dieser Zeit wurden auch die ersten Nikolaus-Kapellen oder -Kirchen eingeweiht, so etwa die erste Nikolauskirche 980 in Brauweiler nahe Köln. Zwischen dem 11. und 16. Jahrhundert entstanden allein rund 2200 Kirchen und Kapellen nördlich der Alpen, die Nikolaus geweiht waren. Heute finden sich St.-Nikolai-, St.-Niklas- oder St.- Nikolaus-Kirchen in fast allen deutschen, baltischen und russischen Hafen- und Hansestädten, aber auch im Binnenland, in ehemaligen Kaufmannsvierteln. In der Hansestadt Hamburg zum Beispiel tragen heute gleich sieben Kirchen diese Namen.

Der Brauch, Kinder zum Nikolaustag zu beschenken, ist seit dem 11. Jahrhundert bezeugt, und seit 1555 ist auch schriftlich belegt, dass Nikolaus zusammen mit seinem Knecht Ruprecht durch die Lande zieht und besonders notleidende Kinder mit Geschenken bedenkt. Dass eines Tages der Weihnachtsmann, der sich eigentlich dem niederländischen „Sinterklaas“ (Heiliger Claus) als Vorbild verdankt, zu einer Art Konkurrenz für den heiligen Nikolaus erwächst, ist in der langen Ge­schichte dieses Heiligen und seiner Verehrung etwas Neues. Daher sagen die Initiatoren des überlebensgroßen Nikolaus-Spekulatius, dass es wieder Zeit wird, an die Geburt von Jesus Christus, die eigentliche Bedeutung von Weihnachten und die notleidenden Kinder zu erinnern – Zeit auch, sich gegen unsinnigen Konsum- und Geschenkstress in einer übersättigten Gesellschaft zu stellen. Hinrich E. Bues


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