29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
21.12.13 / Im Dienst der Freiheit / Bildbiografie über Jean Paul

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-13 vom 21. Dezember 2013

Im Dienst der Freiheit
Bildbiografie über Jean Paul

Im Aufmerksamkeitsvergleich zu den jüngsten Jahrestagen von Goethe (1999) und Schiller (2005) schneidet Jean Paul anlässlich seines 250. Geburtstages mit Neuerscheinungen zu Leben und Werk bestens ab. Hält man gar den diesjährigen 200. Todestag von Christoph Martin Wieland daneben, dann wird schnell deutlich, dass der einzige Meister des Zopfstils kein Geheimtipp mehr ist, sondern in seinem Nachleben auf gleicher Augenhöhe mit den Klassikern der deutschen Literatur angelangt ist. Ein Ziel, dass er trotz des Bestsellers „Hesperus“ zu Lebzeiten knapp verfehlte.

Unter den vielen Editionen und Biografien dieses Jahres fällt die Bildbiografie „Das Wort und die Freiheit“ als quasi offizielle Festjahr-Publikation besonders auf. Der kleine Zürcher Nimbus Verlag bringt sie gemeinsam mit dem Verein

„Jean Paul 2013“ heraus. Es ist die längst fällige Ergänzung jener großformatiger Bildbände, wie sie seit Jahren über Goethe, Rilke und Richard Wagner vorliegen. Einem Heros der deutschen Sprache wie Jean Paul steht das unbedingt zu und Material ist reichlich vorhanden. Der Nimbus-Verleger Bernd Echte zeichnet selbst – gemeinsam mit der Potsdamer Germanistin Petra Kabus – als Herausgeber. Echte bezeugt schon in seinem Vorwort eine angemessene Perspektive auf den Gegenstand. Und er erklärt den Buchtitel und damit seine Zuversicht hinsichtlich der Aufnahme von Jean Paul: „... das Diktat der Handlung, das den Romanleser sonst ans Gängelband nimmt, existiert bei Jean Paul nicht. Bei ihm muss man nichts – man darf.“

Neben der Freiheit des Lesers kommt in den Kapiteln über die Zeit der napoleonischen Kriege auch der ganz konkrete Einsatz des populären Autors für die Freiheit der Lebensführung seines Volkes und dessen Selbstbestimmung umfassend zur Geltung. Die Bildnisse der Zeitgenossen, die Ansichten der Orte und die Titelseiten der Erstausgaben wurden auf großzügig gefassten Doppelseiten wirkungsvoll angeordnet. Bereitwillig steuerten Antiquare Abbildungen aus ihrem Fundus bei. Fachleute gewährten Einblick in bislang noch unveröffentlichte Manuskripte. So ist das Buch gleichermaßen wissenschaftlich gediegen wie sinnlich genussvoll. Die schönen und klugen Frauen von Charlotte von Kalb über Corona Schröter, Emilie von Berlepsch bis Caroline von Feuchtersleben oder die vier Mecklenburg-Strelitzschen Grazien zieren den ersten Teil der Junggesellenzeit, während die zweite Hälfte des Pater familiaris durch die ernsten und klugen Züge der Dahlberg, Jacobi, Varnhagen und Hegel gekennzeichnet ist. Die Abbildungen fungieren als Merkzeichen für die nebenstehenden gehaltvollen Texte.

Ein letzter Abschnitt hinter der ganzseitigen Zeichnung vom Totenbett ist der Nachwirkung gewidmet. Der beginnt mit der prophetischen Gedenkrede von Ludwig Börne: „Ein Stern ist untergegangen, und das Auge des Jahrhunderts wird sich schließen, bevor er wieder erscheint“ und setzt sich fort über die Wertschätzungen durch Stefan George, Karl Wolfskehl bis zu jener durch den Surrealisten und Begründer der wissenschaftlich kritischen Ausgabe, Eduard Berend. Sebastian Hennig

Bernhard Echte und Petra Kabus (Hrsg.): „Das Wort und die Freiheit. Jean Paul“, Nimbus-Verlag, Wädenswil bei Zürich 2013, broschiert, 463 Seiten, 39 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren