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04.01.14 / Das Schweigen gebrochen / Kriegskinder berichten von ihrer Flucht aus Ostpreußen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-14 vom 04. Januar 2014

Das Schweigen gebrochen
Kriegskinder berichten von ihrer Flucht aus Ostpreußen

„Wir haben überlebt, also haben wir noch eine Aufgabe zu erfüllen – zu berichten“, schreibt der Herausgeber des Buches „Als die Leberblümchen weinten“, Günter F. Gendritzki, der auch als Autor aktiv wurde und über das Vordringen der Roten Armee am 21. Januar 1945 in und um Allenstein schreibt. Und so suchte er sich noch Mitstreiter, welche das Schweigen brechen wollten und von ihrem Überleben in der Katastrophe der Kriegs- und Nachkriegszeit berichten.

Aber warum erst nach fast 70 Jahren? Weil oft erst im Alter bei Kriegskindern das Ausmaß Traumatisierungen erkennbar wird. Wiederbelebte Kriegserlebnisse können eine posttraumatische Belastungsstörung hervorrufen, Depressionen oder Alpträume. Dies ist dem Rezensenten in seiner ärztlichen Praxis oft begegnet. Zwar haben viele Kriegskinder über Jahrzehnte geschwiegen, aber die psychosozialen Folgen ihrer schweren Kindheit im Zweiten Weltkrieg wurden auch lange ignoriert und tabuisiert.

Erinnerungen können nach 70 Jahren verblassen und so ist es umso anerkennenswerter, dass die zwölf Berichte mit Fotos aus dieser Zeit vom Herausgeber zusammengefasst als Buch erscheinen. Der Herausgeber beschreibt die Leberblümchen als erste Blumen, die er mitten im Elend des Krieges sehen konnte. Als der Schnee durch die ersten Sonnenstrahlen tagsüber etwas schmolz und die Leberblümchen Tautropfen auf den Blüten hatten, sahen sie aus als würden sie weinen. Daher der Titel des Buches.

Jedes Einzelschicksal berührt einen tief, so die Schilderung der häufigen Bombenangriffe, der väterlichen Abwesenheit und der Flucht/Vertreibung mit Heimatverlust. Dies muss traumatisieren! Der Zweite Weltkrieg hinterließ 1,8 Millionen Witwen und 2,5 Millionen Halbwaisen in Deutschland. Gut 14 Millionen Menschen wurden vertrieben. Einige von den Kindern „funktionierten“ in den Familien und entwickelten sich später unauffällig. Über Gefühle wie Angst, Panik, Verzweiflung, Trauer oder Verlassensein wurde nicht gesprochen. Nach den tragischen Ereignissen des Januar 1945 erlebte jedes einzelne Kriegskind seine Odyssee. Auch künftige Generationen sollen darüber Bescheid wissen. Klaus Zentek

Günter F. Gendritzki (Hrsg.): „Als die Leberblümchen weinten. Allenstein in Ostpreußen am 21. Januar 1945“, zu beziehen beim Herausgeber, Laacher Weg 44, 40667 Meerbusch, 172 Seiten, 20 Euro plus Porto


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