19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
04.01.14 / Gastkommentar / Wer regiert unser Land – Gewählte oder Medien?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-14 vom 04. Januar 2014

Gastkommentar
Wer regiert unser Land – Gewählte oder Medien?
von Hans-Jürgen Mahlitz

Nun werden wir also wieder ordnungsgemäß regiert. „Nur“ drei Monate brauchten die vom Volk Gewählten, um eine neue Regierung ins Amt zu heben. Und – man höre und staune – die neue Regierungschefin ist die alte, frei nach dem von dem „Alten“ erfolgreich praktizierten Motto „Keine Experimente!“

Aber wer regiert wirklich unser Land? Das Volk, der laut Grundgesetz oberste Souverän, von dem „alle Staatsgewalt ausgeht“? Das Parlament, das vom Volk per Wahl beauftragt wird, die Dinge im Sinne des Souveräns zu regeln? Die von eben diesem Parlament per Akklamation eingesetzte Regierung, die sich dabei ja auch noch auf die vom Volk verursachten (beziehungsweise eingebrockten) Mehrheitsverhältnisse beruft? Oder sind die Regierenden in Wahrheit abhängig von ganz anderen Mächten, von der Wirtschaft, von einflussreichen Verbänden und Interessenvertretern, von den Medien, also der veröffentlichten Meinung, die sich als öffentliche Meinung ausgibt?

Um den demokratischen Schein zu wahren, wird gern der sogenannte Wählerwille bemüht. Aber niemand sagt uns, wer „der Wähler“ eigentlich sein soll. Der einfache Grund: Es gibt ihn gar nicht, „den Wähler“, der zielstrebig in die Kabine schreitet und erklärtermaßen mit seinem Kreuzchen bestimmen will, wer mit wem über welche Koalition verhandeln soll. „Der Wähler“ will, dass die von ihm gewählte Partei möglichst stark und einflussreich wird, aber er kommt nicht mit einem sorgfältig ausgetüftelten Stimmentableau daher.

Er, „der Wähler“, hat sich nicht vorher ausgerechnet, dass dank seiner Stimme Frau Merkel die absolute Mehrheit fast, aber eben nur fast erreicht, dass Herr Gabriel sich zum zweitschlechtesten Ergebnis seiner Parteigeschichte hocharbeitet, dass Freidemokraten und Euro-Skeptiker knapp an der Fünfprozentklausel scheitern, während „Die Linke“ und Grüne trotz Stimmenminus die Oppositionsbänke unter sich aufteilen dürfen. Und dass am Ende Sieger und Verlierer sich „auf Augenhöhe“ darauf verständigen, die nächsten vier Jahre lang den sozialdemokratischen Schwanz mit dem bürgerlichen Unions-Hund wedeln zu lassen.

Das alles soll „der Wähler“ so gewollt haben? Nein danke, einen solchen „Wählerwillen“ gibt es nicht. Es gibt nur die Summe von exakt 43625042 Erst- und 43726856 Zweitstimmen. Sie ist weder vom einzelnen Wähler „gewollt“ noch vorausberechenbar; wer sich bei Schick­salsentscheidungen auf den fiktiven „Wählerwillen“ beruft, hat in Sachen Demokratie etwas falsch verstanden.

Näher kommt man der Frage, wer eigentlich dieses Land regiert, wenn man das Medienecho vor und nach der Wahl aufmerksam verfolgt. Die führenden Meinungsmacher in Sendeanstalten und Pressekonzernen haben sich offensichtlich längst auf eine Reihe von Grundpositionen geeinigt, an die sich parteiübergreifend alle Politiker zu halten haben. So hat, wer in Deutschland als „anständig“ gelten will, für die Energiewende und gegen Atom zu sein, ferner für das Klima, gegen „Rechts“ (aber natürlich nicht gegen „Links“), für Sinti, Roma und überhaupt jegliche Art von Gutmenschen mit und ohne Migrationshintergrund, aber gegen alles, was nach deutschen Interessen oder überhaupt deutsch klingt. Gesellschaftliche Leitbilder orientieren sich eher an alleinerziehenden Elternteilen, staatlicher Kinderbetreuung zum frühestmöglichen Zeitpunkt (Anmeldung vor der Zeugung empfohlen) oder der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften denn am traditionellen Familienbild.

Wer sich daran nicht hält, wird als altmodisch, ewiggestrig, reaktionär oder rechtspopulistisch abgestempelt. Ein gefährlicher Trugschluss: Man kann sehr wohl dafür eintreten, dass zum Beispiel alleinstehende Mütter und ihre Kinder nicht auch noch von der Gesellschaft allein gelassen werden, dass Minderheiten zu diskriminieren oder verächtlich zu machen einer christlichen Gesellschaft unwürdig ist, dass Bürgerkriegsflüchtlingen in ihrer Not geholfen werden muss – haben wir etwa schon vergessen, dass vor nicht allzu langer Zeit zwölf Millionen deutsche Flüchtlinge und Vertriebene in einer ähnlich verzweifelten Lage waren wie heute jene Syrer, die dem Grauen des Bürgerkriegs entfliehen konnten. Wer, wenn nicht wir, soll denn diesen Menschen helfen?

Für all das aber muss man sich nicht zwangsläufig jenem Menschen- und Gesellschaftsbild angleichen, das von der Masse unserer Einheitsmedien gepredigt wird. Im Gegenteil: Hier sieht man, was christlich-konservative Demokraten von Populisten und erst recht von Radikalen unterscheidet. Solche gibt es übrigens rechts und links; wahrgenommen werden sie aber fast nur noch auf einer Seite. Und selbst wenn es, wie in diesen Tagen in Hamburg, zu Gewaltexzessen kommt, wird der Ausgangspunkt linker Gewalt, nämlich ein rechtsfreier Raum namens „Rote Flora“, in öffentlich-rechtlichen TV-Sendungen als „alternatives Kulturzentrum“ verharmlost. Und die selbsternannten Sprecher der Gewalttäter dürfen „auf Augenhöhe“ mit den Repräsentanten staatlicher, demokratisch legitimierter Sicherheitskräfte verbreiten, von wem angeblich die Gewalt ausgegangen ist.

An solchen Beispielen erkennt man, wie sehr sich das Selbstverständnis des politischen Journalismus gewandelt hat. Einst galt das Prinzip: Wir Journalisten haben zu berichten, was geschehen ist. Wir haben es unserem Publikum zu erklären, und wir sollen es auch kommentieren, was oft genug bedeutet, es zu kritisieren. Aber wir haben nicht das Recht, selber Politik zu machen. Wir dürfen nicht selber etwas inszenieren, damit wir etwas haben, worüber wir dann berichten können.

Wir sollen, um ins Juristische zu fallen, aufmerksame, mutige und kritische Prozessbeobachter sein. Heute aber maßen sich einflussreiche Journalisten – vor allem in den politischen Redaktionen von Radio und Fernsehen – an, nicht mehr Beobachter und Berichterstatter zu sein, sondern Ankläger, Richter und Henker in einer Person. Wer ihrem gesellschaftlichen, politischen, moralischen und ideologischen Grundmuster nicht entspricht, wird ausgesondert, zum Populisten und „Rechten“ erklärt und, so er ein politisches Amt innehat, zum Abschuss freigegeben.

Diese Meinungsmacher bestimmen, welche Personen, Parteien und Programme zu „bekämpfen“ sind, sie wählen die Waffen, sprich das Vokabular ihrer Kritik. Und sie verbitten sich natürlich sehr energisch, selber kritisiert zu werden. Wagt solches doch einmal einer, selbst wenn es der leibhaftige SPD-Chef ist, dann ist die ganze Branche pauschal beleidigt.

Tröstlich, dass auch die Macht der Medien begrenzt ist. Obwohl nach seriösen Schätzungen etwa 80 Prozent der Fernseh- und Radiojournalisten in Deutschland politisch links stehen, konnten sie bislang das von ihnen ersehnte rot-rot-grüne Regierungsbündnis nicht „herbeisenden“. Dennoch war der einst von Rudi Dutschke angekündigte „Marsch durch die Institutionen“ bei den Medien besonders erfolgreich: Sie haben in diesem unserem Lande ein Klima erzeugt, dem sich kein Politiker mehr entziehen kann. Und so haben wir jetzt eine sozialdemokratische, also gemäßigt linke Bundesregierung, deren Personal sich mehrheitlich bürgerlich nennt. Auf die Idee müssen auch Journalisten erst einmal kommen.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren