29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 36/14 vom 06.09.2014

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Entfremdung schreitet voran
Etablierte Parteien ignorieren weiter Sorgen der Wähler – Sachsen ist Warnsignal

Wieso straften ausgerechnet die in einem wirtschaftlich soliden Bundesland lebenden Sachsen vor allem die FDP, aber auch die CDU ab?

FDP-Landeschef Holger Zastrow machte kein Hehlen aus seiner völligen Ratlosigkeit. Der Absturz der Freidemokraten setzte sich in Sachsen ungebremst fort. Auch der profilierte, sympathische und im Freistaat durchaus angesehene Spitzenmann konnte dagegen nichts ausrichten.

Mit dem Desaster der FDP und dem Kantersieg der AfD geht der Umbau des deutschen Parteiensystems in die nächste Etappe. Nach EU- und Kommunalwahlen sind die „Blauen“ nun auch auf der Landesebene angekommen. Berichte über innerparteiliche Auseinandersetzungen um Personen und Inhalte (jüngst über die Russlandpolitik) haben den Aufstieg der neuen Formation nicht beeinträchtigen können. Die Hoffnung der Etablierten, bei der AfD handele es sich um ein Strohfeuer wie bei den „Piraten“, schwindet dahin.

Kommentatoren wundern sich darüber, dass gerade die Sachsen die etablierten Parteien, und hier vor allem die bislang mitregierende FDP, derart abstrafen. Gerade ihnen gehe es doch vergleichsweise gut.

Eine Erklärung mag sein, dass eine stärker werdende Minderheit im Lande erkennt, dass sich hinter der vordergründigen Stabilität, für welche Angela Merkel wie kein anderer steht, gewaltige Probleme auftürmen. Experten warnen: Die Euro-, Finanz- und Schuldenkrise sei keinesfalls gelöst. Sie sei bloß „sediert“, mit teilweise atemberaubenden Maßnahmen betäubt worden, wachse derweil aber unheilvoll im Verborgenen weiter und könne jederzeit mit bislang ungekannter Brutalität wieder aufbrechen. Dann bedrohe sie die Ersparnisse aller.

Dazu beobachten die Bürger, wie die Zuwanderungs- und Asylpraxis außer Kontrolle gerät, ohne dass die Politik eine Antwort darauf hätte. In Sachsen kommt der Eindruck hinzu, dass die Etablierten der überbordenden Grenzkriminalität ebenfalls kaum etwas entgegenzusetzen scheinen.

Das sind Brennpunkte, die weit über die Frage, wie man zum Euro steht, hinausgehen. Daher hat sich die Hoffnung der älteren Parteien, dass die AfD-Erfolgswelle nach der EU-Wahl ausrollen werde, weil der Euro dann nicht mehr im Zentrum stehe, auch nicht erfüllt. Es sind längst nicht allein EU- oder Euro-Themen, an denen sich wachsendes Unbehagen mit der bisherigen Politik entzündet hat.

Die Entfremdung von etablierten Parteien ist dabei längst kein allein deutsches Phänomen. EU-weit vollziehen sich Umbrüche im Parteiensystem, welche die Entwicklung in Deutschland an Dimension, Dramatik und vor allem Radikalität bei weitem übertreffen. Die Etablierten reagierten darauf bislang mit einer Mischung aus Verstocktheit und Verwirrung. Sobald das aufgetürmte Krisenpotenzial mit voller Wucht ausbricht, könnte sich das, was wir bislang gesehen haben, als laues Vorspiel dessen erweisen, was Europa politisch bevorsteht.

Hans Heckel


Rechte Hand ohne Rechte
Deutscher General neuer Stabschef der US-Armee in Europa

Erstmals seit 240 Jahren, als Friedrich Wilhelm von Steuben George Washingtons Stabschef im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg wurde, bekleidet ein deutscher Soldat eine Spitzenstellung in den US-Streitkräften. Seit Donnerstag vergangener Woche ist Brigadegeneral Markus Laubenthal Chef des Stabes der US-Landstreitkräfte in Europa (USAREUR). Durch diesen „kühnen, großen Schritt“ soll, so der Kommandierende General Donald Campbell, die Zusammenarbeit zwischen US-Heer und Bundeswehr gestärkt und ein „Bekenntnis zur Verteidigungsallianz“ abgegeben werden.

Das USAREUR-Hauptquartier in Wiesbaden führt die 37000 in Europa stationierten US-amerikanischen Heeressoldaten und koordiniert zudem die Aktivitäten der US-Armee in über 50 Ländern, darunter Afghanistan. Als Chef des Stabes ist Laubenthal die rechte Hand des Kommandierenden und steht damit an dritter Stelle in der US-Militärhierarchie in Europa. Wie die US-Truppenzeitschrift „Stars and Stripes“ enthüllte, ist er jedoch längst nicht mit allen Rechten ausgestattet, die üblicherweise mit dieser Funktion verbunden sind. Das nährt den Verdacht, dass Lauben­hals Ernennung nur symbolisch ist, auch wenn Campbell das bestreitet.

In seiner letzten Verwendung war der 1962 geborene, einsatzerfahrene Panzeroffizier mit deutscher und britischer Generalstabsausbildung Brigadekommandeur in der Oberpfalz. In seiner neuen Funktion bleibt Laubenthal Angehöriger der Bundeswehr und versieht seinen Dienst weiter in deutscher Uniform. In den US-Streitkräften stößt die Berufung eines Ausländers in dieses hohe Amt indes nicht auf ungeteilte Zustimmung. So wird in Internetforen bereits dazu aufgefordert, „diesem General“ den Befehl zu verweigern. J.H.

(siehe Kommentar S. 8)


Deutsche zählen kaum
Bundesregierung beschließt allgemeinen Vertreibungsgedenktag

Die Bundesregierung hat in der vergangenen Woche beschlossen, dass ab dem kommenden Jahr jährlich am 20. Juni der Opfer von Flucht und Vertreibung in Vergangenheit und Gegenwart gedacht werden soll. Mit dem Datum knüpft die Bundesregierung an den im Jahre 2000 von der UN-Vollversammlung ausgerufenen Weltflüchtlingstag an und erweitert das Flüchtlingsgedenken um das Schicksal der Vertriebenen. Zur Begründung heißt es aus dem Bundesinnenministerium, Flucht und Vertreibung bedeuteten für die Betroffenen großes Leid. Flüchtlinge würden ermordet, vergewaltigt und seelisch verletzt, gewachsene Kulturräume zerstört. Mit seinem Beschluss sieht das Bundeskabinett die im Koalitionsvertrag gemachte Zusage, „die mahnende Erinnerung an Flucht und Vertreibung durch einen Gedenktag lebendig zu halten“, auch hinsichtlich der Vertreibung der Ostdeutschen nach 1945 als erfüllt an.

Die Vertriebenenverbände fordern seit Jahren einen eigenen Gedenktag zur Erinnerung an das Schicksal der 14 Millionen vertriebenen Ostdeutschen und das von ihnen erbrachte historische Sonderopfer des vollständigen Heimatverlustes. Während die Bundesländer Bayern, Hessen und Sachsen unlängst einen entsprechenden Gedenktag eingeführt haben, der alljährlich am zweiten Sonntag im September begangen wird, soll mit dem bundesweiten Gedenktag „der weltweiten Opfer von Flucht und Vertreibung“ gedacht werden. Immerhin sollen die deutschen Vertreibungsopfer dabei eine besondere Rolle spielen − allerdings nicht, ohne dass die Bundesregierung ausdrücklich betont, dass deren Schicksal „im Kontext des von Deutschland ausgegangenen Zweiten Weltkrieges“ stehe.

Jan Heitmann (siehe Kommentar S. 8)


Jan Heitmann:
Doppelt blöd

Russlands Präsident Wladimir Putin ist ein eitler Kraftprotz, was auch in verbaler Hinsicht gilt. Vor diesem Hintergrund ist seine gegenüber dem EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso gemachte Äußerung zu werten, er könne Kiew in zwei Wochen einnehmen, wenn er wolle. Dieser Spruch ist jedoch nicht nur markig, sondern blöd, unabhängig davon, ob er von Barroso aus dem Zusammenhang gerissen wiedergegeben wurde, wie der Kreml behauptet, oder nicht. Er ist blöd, weil Putin damit unnötig provoziert hat. Und er ist blöd, weil er genau weiß, dass er die Ukraine eben nicht so einfach erobern könnte. Zwar verfügt er über mehr als eine Million Soldaten und ein riesiges Waffenarsenal, aber die Moral und Kampfkraft der Truppe sind gering und das Material überwiegend hoffnungslos überaltert. Ein „militärischer Spaziergang nach Kiew“ ist fern der Realität.

Das wissen auch die Nato-Staaten. Dennoch greifen sie Putins Äußerung dankbar auf, um ihre gegen Moskau gerichtete Droh-rhetorik weiter zu verschärfen. Gänzlich fehl geht das Betreiben, Putins Politik zu sanktionieren und ihn zu isolieren, indem man ihn „zur Strafe“ von internationalen Gipfeltreffen wie den G8- und G20-Konferenzen ausschließt. Was kommt als nächstes? Ausschluss aus der OSZE? Wo, wenn nicht hier, können die Mächtigen der Welt miteinander reden, sich gegenseitig ihre Positionen erläutern, um Verständnis dafür werben, Missverständnisse ausräumen und Kompromisse diskutieren. Und gerade jetzt will der Westen einen der wichtigsten weltpolitischen Akteure von diesen Foren ausschließen. Diese Reaktion ist unverantwortlich und nicht minder blöd als Putins Spruch.


S. 2 Aktuell

Ukraine: US-Strategen fordern Umkehr
Kritik an Haltung des Westens von völlig unerwarteter Seite – Derweil drohen in Kiew erneut Proteste

Wie keine andere Denkfabrik hat das Council on Foreign Relations (CFR) in den letzten Jahrzehnten die westliche Außenpolitik beeinflusst. Ausgerechnet in „Foreign Affairs“, dem medialen Sprachrohr des in New York ansässigen „Rates für auswärtige Beziehungen“, ist nun eine schonungslose Analyse zur Ukraine-Krise erschienen.

Der renommierte Autor John Mearsheimer sieht die Hauptschuld an der Krise bei den Vereinigten Staaten und ihren europäischen Alliierten. In Kiew sei eine demokratisch legitimierte Regierung aus dem Amt geputscht wurde, worauf Putin die Halbinsel Krim besetzt habe in der Furcht, dass die Nato dort ansonsten eine eigene Marinebasis eingerichtet hätte. Klartext kommt von Mearsheimer auch zum Argument, es sei dem Westen um eine Demokratisierung der Ukraine gegangen. Die tatsächliche Motivation, „sei das Ziel einer Erweiterung der Nato, die Ukraine vom Einfluss Russlands zu befreien und das Land in die westliche Sphäre zu integrieren“. Putin sei kaum etwas anderes übriggeblieben, als sich den andauernden Destabilisierungsbemühungen des Westens im russischen Vorhof mit Verve entgegenzustellen.

Auch was Mearsheimer als Lösung empfiehlt, würde ihm hierzulande wahrscheinlich schnell den Vorwurf einbringen, ein „Putin-Versteher“ zu sein. So solle der Westen seinen Plan zur Westbindung der Ukraine aufgeben und das Land stattdessen zu einem neutralen Puffer zwischen Nato und Russland machen, so wie dies Österreich zu Zeiten des Kalten Krieges war.

Dass eine derart kritische Analyse der geopolitischen Strategie ausgerechnet vom CFR veröffentlicht wird, kann als Sensation gelten, denn dieser gilt als die entscheidende Denkfabrik der US-Außenpolitik schlechthin. Spekuliert werden kann einstweilen nur darüber, was hier die Ernüchterung in Sachen Ukraine ausgelöst hat. Die Möglichkeit, dass in Sachen Abschuss von MH17 der westlichen Öffentlichkeit noch eine Überraschung bevorsteht, könnte dabei sogar noch das kleinste Problem sein. So hat Russlands Außenminister Sergej Lawrow unlängst darauf aufmerksam gemacht, dass seit dem Unglück bereits einige Zeit vergangen sei, in der Angelegenheit aber „niemand mehr den Mund aufmacht“. Da die Ukraine momentan wahrscheinlich weltweit das Gebiet ist, das von Nachrichtendiensten und Fernmeldeaufklärern am intensivsten überwacht wird, ist es tatsächlich erstaunlich, wie wenig belastbares Material gerade die USA mit ihren technischen Möglichkeiten bisher zu MH17 auf den Tisch gelegt haben.

Dass westliche Massenmedien erste Zeichen einer Distanzierung zur Regierung in Kiew erkennen lassen, dürfte indes andere Gründe haben. So häufen sich die Anzeichen dafür, dass die Unzufriedenheit der ukrainischen Bevölkerung mit der neuen Führung in neue Proteste münden könnte und dass die Lage in der Ukraine erneut eskaliert. Als Resultat droht, dass auch der We-sten seinen Einfluss verliert – sei es, weil extreme Gruppierungen wie der Rechte Sektor oder aber Oligarchen ein entstehendes Machtvakuum schnell füllen würden.

Auch scheint die Korruption unter der neuen Führung in Kiew nicht ab-, sondern so weit zugenommen zu haben, dass inzwischen sogar Polizisten Geschäftsleute mit Schutzgelderpressung schikanieren. Es gebe in der Ukraine nicht den politischen Willen, einen Kampf gegen die Korruption zu führen, so Tetyana Tschornowo, die am 18. August ihr Amt als Anti-Korruptionsbeauftragte frustriert aufgab. Kurz darauf folgte der Rücktritt von Wirtschaftsminister Pawlo Scheremeta, der mit seinen Reformplänen regelmäßig am Parlament gescheitert war.

Tatsächlich wären Reformen bitter nötig, die wirtschaftliche Lage spitzt sich nämlich immer mehr zu. Selbst nach den offiziellen Daten, etwa zur Kohleförderung, befindet sich die Wirtschaft der Ukraine genauso im freien Fall wie die Landeswährung Griwna. Gleichzeitig ist die Auslandsverschuldung inzwischen auf 140 Milliarden US-Dollar gestiegen, während der Wirtschaftsinformationsdienst Bloomberg damit rechnet, dass der Anteil der nicht mehr bedienten privaten Kredite in der Ukraine noch im Laufe dieses Jahres einen Anteil von 30 Prozent erreichen wird. Völlig unklar ist zudem, wie die Ukraine – ein Land, das zu den größten Erdgasverbrauchern weltweit gehört – im Falle eines russischen Gas-Lieferstopps über den Winter kommen will.

Eine endgültige Eskalation der innenpolitischen Lage droht, wenn sich in der Ostukraine eine militärische Niederlage einstellen sollte. Und tatsächlich ist diese nicht mehr auszuschließen. So wurde noch in der ersten Augusthälfte in zahlreichen westlichen Medien der Eindruck erweckt, die Rückeroberung von Lugansk und Donezk stehe unmittelbar bevor, die ostukrainischen Städte wären von Regierungstruppen „eingeschlossen“. Ende August waren es dann plötzlich Regierungstruppen, die als „umzingelt“ gemeldet wurden. Norman Hanert


IS hat in Deutschland nahezu freie Bahn
Dschihadisten-Nachschub für islamistische Terrorvereinigung – Behörden stehen dem Treiben machtlos gegenüber

Vor einigen Tagen erklärte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel, der Islamische Staat (IS) sei deutlich gefährlicher als die Terrororganisation al-Kaida, die unter anderem für die Anschläge vom 11. September 2001 verantwortlich zeichne. Und damit hat er zweifellos auch recht, denn zu keiner Zeit verfügte die al-Kaida über derartig umfangreiche Ressourcen wie der Islamische Staat und niemals erlebte sie einen solch exorbitanten Zulauf an Kämpfern aus aller Welt.

Mindestens 400 von diesen sollen dabei aus Deutschland stammen, was von einem funktionierenden Netzwerk zeugt, welches die Rekrutierung und Verbringung nach Nahost organisiert. Dazu kommt der Umstand, dass offenbar so mancher deutsche Dschihadist schon kurz nach seiner Ankunft im Bürgerkriegsgebiet herausgehobene Funktionen innerhalb der Terrormiliz bekleidet. Erinnert sei hier unter anderem an den „Emir Alexander“ aus München, der für den IS Gefangenenaustauschaktionen mit anderen Rebellengruppen oder auch der kurdischen Peschmerga organisiert, sowie den ehemaligen Berliner „Gangsta-Rapper“ Denis Cus-pert alias Abu Talha al-Almani, welcher mittlerweile als Kommandeur einer ganzen „Deutschen Brigade“ gehandelt wird. Diese „Karrieren“ deuten auf schon länger bestehende, intensive Kontakte zum inneren Führungskreis des Islamischen Staates hin. Ein weiteres Indiz für eine enge Anbindung der hiesigen Szene an das irakisch-syrische Kalifat ist das Erscheinen der zentralen IS-Propagandaschrift „Dabiq“ in deutscher Sprache.

Dennoch freilich geht das Bundesamt für Verfassungsschutz weiterhin steif und fest davon aus, dass es keine Strukturen des Islamischen Staates in Deutschland gebe. Dies veranlasste die Linksfraktion im Bundestag Ende Juli zu der parlamentarischen Anfrage, ob diese Strukturen wirklich nicht existieren oder „der Verfassungsschutz sie bislang nur nicht ausfindig machen konnte?“ Und tatsächlich müssten die Schlapphüte wohl einfach mal bloß Personenzusammenschlüssen wie dem „Islamischen Staat Berlin“ intensiver auf den Zahn fühlen. Immerhin deutet vieles darauf hin, dass diese hyperaktive und permanent in der Öffentlichkeit präsente Gruppierung, welche übrigens seit dem 31. Juli mit dem zweifelsfrei verfassungsfeindlichen Slogan „Demokratie? Nein danke!“ wirbt, einen wesentlichen Anteil daran hat, dass sich alleine schon 50 Islamisten aus der Hauptstadt nach Syrien absetzten. Das sind doch kaum alles „Einzelfälle“ von spontaner Turbo-Radikalisierung im stillen Kämmerchen.

Und so sorgt die Blindheit des deutschen Inlandsnachrichtendienstes dafür, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Hände gebunden sind, was ein Verbot der organisatorischen Ableger des Islamischen Staates in Deutschland betrifft. Ohne gerichtsfeste Beweise für hinreichende Vereinsstrukturen, die eben vom Verfassungsschutz kommen müssten, bleibt ihm nur, in Passivität zu verharren, was mit der Floskel kaschiert wird, dass der Minister keine Auskunft über bevorstehende Maßnahmen geben könne, denn „die mit einer öffentlichen Erörterung unvermeidlich verbundenen Warneffekte würden ein Verbot weitgehend seiner Wirksamkeit berauben“.

Doch damit nicht genug. Es ist in Deutschland auch völlig legal, mit der schwarzen Flagge des Islamischen Staates zu posieren. Das nämlich wird von der Religionsfreiheit gedeckt, weil sich auf der Fahne unter anderem der Schriftzug „Es gibt keinen Gott außer Allah“ befindet – und diese Sentenz ist der Beginn des muslimischen Glaubensbekenntnisses. Daraus ergibt sich eine verfassungsrechtliche Unangreifbarkeit, an der auch die Online-Petition an den Deutschen Bundestag „Verbot der Isis-Symbole per Gesetz“ kaum etwas ändern wird.

Ebenso zulässig sind klare Sympathiebekundungen für den Islamischen Staat sowie allgemein gehaltene Aufrufe zum Heiligen Krieg. Dies geht aus einer bis heute nicht revidierten Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes vom 16. Mai 2007 hervor, welche besagt, dass niemand verurteilt werden dürfe, der lediglich die Ideologie islamistischer Terror-Netzwerke rechtfertige und ihre Taten verherrliche, denn die Regelungen des Paragrafen 129a Absatz 5 des Strafgesetzbuches (Unterstützung terroristischer Vereinigungen durch Außenstehende) bezögen sich ausschließlich auf die gezielte Mitgliederwerbung und die konkrete Planung beziehungsweise Vorbereitung von Straftaten.

Angesichts einer derart gravierenden Harmlosigkeit des Rechtssystems hierzulande verwundert es nicht, wenn sich mehrere deutsche Kämpfer des Islamischen Staates in einem über Youtube verbreiteten Sprechgesang mit dem Titel „Für Allah und sein (!) Gesandten“ über die „ungläubige“ Kanzlerin Angela Merkel und ihren „Clown“ von Innenminister lustig machen.

Wolfgang Kaufmann


MELDUNGEN

Vertriebene verunglimpft

Baierbrunn – Für Senioren ist die kostenlos in den Apotheken ausliegende „Apotheken Umschau“ (AU) fast so etwas wie eine Standardlektüre. Neben Beiträgen rund um das Thema Gesundheit enthält sie auch eine Rubrik „Leben & Genießen“. In einem Beitrag wurden dort kürzlich die Schönheit und Freizeitmöglichkeiten Masurens gepriesen. Doch statt der deutschen finden sich in dem Artikel fast ausschließlich die polnischen Ortsbezeichnungen. Wilhelm Kreuer, Mitglied des Landesvorstandes Nordrhein-Westfalen der Landsmannschaft Ostpreußen, beklagte dies in einem Leserbrief und regte an, in einer deutschen Zeitschrift, die sich an eine deutsche Leserschaft wende, die alten deutschen Ortsbezeichnungen zu verwenden und die heutigen polnischen dahinter in Klammern zu setzen. Immerhin dürften, so Kreuer, die Vertriebenen der Erlebnisgeneration zu einem großen Teil Leser der AU sein. Die telefonische Antwort der Redaktion auf seinen pragmatischen Vorschlag verschlug ihm indes die Sprache. Dieser rück­wärtsgewandten Haltung werde die AU nicht folgen, ließ ihn einer der beiden Chefredakteure wissen. Weiter bezeichnete er die Vertriebenen als Ewiggestrige, mit deren Anliegen die Jugend nichts anzufangen wisse. Auch die Vertriebenen müssten heute nach vorne schauen, belehrte er den Leserbriefschreiber. Mit einer Auflage von knapp zehn Millionen Exemplaren, die rund 20 Millionen Leser erreichen, ist das zweimal im Monat erscheinende Gesundheitsmagazin Deutschlands zweitgrößtes Printmedium. Seine Leserschaft rekrutiert es überwiegend aus der Altersgruppe der über Fünfzigjährigen, wobei die Leser über 70 wiederum die deutlich größte Gruppe bilden. J.H.


S. 3 Preussen/Berlin

Mal wieder Hindenburg
von Theo Maass

Die Ferien sind in Berlin zu Ende. Ein Aufatmen geht durch die Redaktionsstuben. Die „Saure-Gurken-Zeit“ bot dieses Jahr wenig wirklich Berichtenswertes. In dieser Krise konnte wirklich nur noch der „Führer“ helfen. Auch 69 Jahre nach seinem Selbstmord dient der Mann, dessen Wiege gar nicht in Deutschland stand, sogar der linken und alternativen Presse als Notnagel. So titelte die „taz“: „Berliner NS-Bad saniert. Zu viel Geld für Hitlers Wanne.“ Was war passiert? Hat die NSDAP heimlich, still und leise in Berlin den jetzt nicht mehr so populären Klaus Wowereit verdrängt und ist wieder zu politischen Einfluss gekommen?

Der besorgte Leser erfährt dann aber zu seiner Beruhigung, dass lediglich das öffentliche Stadtbad in der Finkensteinallee, das auf dem Gelände ehemaliger kaiserlicher Kasernen lag und welches später von der Waffen-SS und zuletzt von den US-Amerikanern genutzt wurde, marode war und nun denkmalgerecht saniert wurde. Also Entwarnung und tief durchatmen, liebe „taz“-Leser.

Wenn der „Führer“ mal nicht parat ist, tun es natürlich auch seine angeblichen Verbündeten oder sein vermeintliches Umfeld.

Wissen ist Macht, wusste schon der Genosse Lenin – doch nicht wissen, macht auch nix, ergänzte dann ein Spaßvogel. Der ehemaligen DDR-Staatspartei SED/PDS, nunmehr Linke, ist das historische Wissen offenbar abhandengekommen.

Unlängst versuchten sich die Genossen am früheren Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Ende Juli nahm Linke-Vorsitzender Klaus Lederer mit einigen Unterstützern eine Straßenumbenennung in Angriff. Der Steglitz-Zehlendorfer Hindenburgdamm soll künftig Gretel-Bergmann-Damm heißen. Gretel ... wer? Bergmann war jüdische Sportlerin und emigrierte vor Kriegsbeginn in die USA.

Lederer will das alte Bündnis aus Piratenpartei, Grünen, SPD und seinen Genossen wiederbeleben, das indes schon bei der angestrebten Umbenennung der Treitschkestraße am Volkswillen gescheitert war.

Aber warum gerade Hindenburg? Der linke Historiker Sebastian Haffner (leider inzwischen verstorben) stellte in einem seiner Bücher fest, dass Reichspräsident Paul von Hindenburg die einzige Chance war, welche die Weimarer Republik jemals gehabt habe. Liest man weiter, führt Haffner aus, dass nur die konservativen Patrioten Hitler mit einiger Aussicht auf Erfolg bedrohen konnten. Dass auch letztlich sie scheiterten, war demnach Hindenburgs Tragödie, aber kaum seine Schuld. Aber warum sollen die Erben jener Kommunisten, welche damals verbissen Front machten gegen die Republik, daran heute erinnern?


SPD droht Selbstzerfleischung
Parteiinterner Machtkampf um Wowereit-Nachfolge spaltet Sozialdemokraten

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) kündigt seinen Rückzug bis zum 11. Dezember an. Er spricht den möglichen Nachfolgern Jan Stöß (SPD) und Raed Saleh (SPD) die Eignung fürs Bürgermeisteramt ab, nur nicht Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). Der geht als Dritter ins Rennen um die Nachfolge, das spätestens Anfang November entschieden sein soll. Der Stadt stehen Monate der Lähmung und den Sozialdemokraten eine Zerreißprobe bevor.

Wenn ein Politiker abtritt, den Zeitpunkt aber „selbst bestimmt“, wie Wowereit sagt, und so Monate hinauszögert, will er bei der Regelung der Nachfolge meist lenkend eingreifen. Er selbst nennt das eine „bescheidene Rolle“. Die Chance, den Übergang vorzubereiten, schien Wowereit verpasst zu haben: Die Berliner Genossen machten 2012 in einer Kampfabstimmung den Linken Stöß zum Landeschef und deklassierten Wowereits Kronprinzen Michael Müller, doch der trug sich noch auf der am Montag geschlossenen Kandidatenliste ein. Nun muss Wowereit nicht zwischen Raed Saleh und Jan Stöß wählen.

Stöß ließ lange kaum eine Gelegenheit aus, sich auf Kosten Wowereits zu profilieren. So schuf er eine Art SPD-Opposition zum SPD-CDU-Senat. Der Wähler freilich lässt seit Monaten an keinem der Protagonisten ein gutes Haar, am wenigsten an Wowereit. Laut Umfragen wünschten sich die Berliner zuletzt eher den parteilosen Finanzsenator Ulrich Nußbaum anstatt die ihnen blass und wenig bekannt gebliebenen Stöß und Saleh. Nur Müller punktet bei neuesten Umfragen in den SPD-Kreisverbänden.

So „selbstgewählt“ war Wowereits Rücktrittsankündigung bei näherem Hinsehen nicht. Es war eher die letzte Gelegenheit, um nicht von den eigenen Leuten davongejagt zu werden. Der politische Stillstand, das BER-Chaos und nun noch die offenen Nachfolgekämpfe erzeugten einen zuletzt fast unerträglichen Druck.

Durch den Abgang leitet Wowereit die Spannung ab: Nun müssen die Dia-dochen Farbe bekennen. Wunschkandidat Müller, der ihm als Fraktionschef lange den Rücken freihielt, meldet sich zurück. Saleh und Stöß erneuern ihre Ansprüche. Indes: Im Dreikampf fehlt dem Pragmatiker Saleh schon seit dem Frühjahr eine eigene tragfähige Basis in der SPD, während Stöß erfolgreich Unterstützer eingesammelt hat und nun um Parteieintritte bis 16. September wirbt: „Bei der SPD kann man mitentscheiden.“

Dennoch dürfte das Trio der Hauptstadt-SPD weiter zusetzen. Wie düster die Lage ist, lässt sich an den Reaktionen der Bundespolitik ablesen. SPD-Chef Sigmar Gabriel versuchte bereits vor Wowereits Rückzug, den Präsidenten des EU-Parlaments Martin Schulz (SPD) an die Spree zu locken – vergebens. Und der ehemalige Bundestagspräsident und Berliner SPD-Politiker Wolfgang Thierse verlangte unter Verweis auf den „Schaden“, den Saleh und Stöß mit ihrem Kampf anrichten, die Genossen sollten sich in der Nachfolgefrage nicht auf einen Berliner Landespolitiker beschränken.

Die Genossen benötigen eine zugkräftige Spitze, sonst drohen im Herbst 2016 bei der Berlinwahl neue Negativrekorde und womöglich gar der Gang in die Opposition. Diese Sorgen erklären, warum Wowereit aktuell (trotz seiner offenkundigen Fehlleistungen) vor allem Anerkennung in Politik und linken Leitmedien erntet. Er sei „das Beste, was der Hauptstadt passieren konnte“, bescheinigt ihm die „Süddeutsche Zeitung“. Sein Scheitern beim Flughafen – auch im zweiten Anlauf – spielt in der politischen Bewertung plötzlich eine Nebenrolle. Berlin sei nicht mehr Schlusslicht bei der Arbeitslosenentwicklung, vermelden jüngste Medienberichte – ein relativer Sieg gegen das neue Schlusslicht Bremen. Wowereit sei es mit seinem Motto „sparen bis es quietscht“ gelungen, keine neuen Schulden zu machen.

Dass am falschen Ende gespart wird, wichtige öffentliche Aufgaben wie Polizei und Infrastruktur vernachlässigt wurden, klingt in kaum einem Rück-blick an. Sinkende Aufklärungsquoten bei Verbrechen garnierte Berlins politische Polizeiführung vor Tagen mit dem Eingeständnis, ohne Aussicht auf Erfolg gar nicht mehr zu ermitteln. Polizeipräsident Klaus Kandt rechtfertigte dies als „Setzung von Prioritäten“. Nur wenige Wochen zuvor schockte die Liste der maroden Verkehrsbauten.

Und statt die ideologischen Ziele der Berliner Bildungspolitik kritisch zu hinterfragen, bedauert die „Berliner Zeitung“ nur, dass mit dem angekündigten Rücktritt auch ein neuer Kultursenator benötigt werde. Bislang übte Wowereit das Amt mit aus. „Der Stadt täte es gut, bliebe das Amt kein Nebenjob“, so das Blatt. Auch auf diesem Gebiet verblasst der späte Glanz der 13 Wowereit-Jahre: Sein Plan, eine Kunsthalle für Gegenwartskunst zu bauen, ist gescheitert, Olympia steht auf der Kippe und die Landesbibliothek auf dem Tempelhofer Feld ist am Volksentscheid zerschellt. Der brachte der SPD den Ruf ein, kaum mehr im Kontakt mit dem Wählerwillen zu stehen.

Wowereits Aderlass im öffentlichen Dienst mit den Folgen Ämterschließung und Personalmangel, sein Versagen im Wohnungsbau und Berlins 61,7 Milliarden Euro Schulden bleiben als größte Baustellen erhalten. Kampagnen im Stil von „Sei Berlin“ ersetzten keine fehlende Industriekultur. Unter Wowereit blieben Mahner misslingender Sozial- und Zuwanderungspolitik wie Neuköllns Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) Außenseiter. Er hatte Müller ermutigt, zu kandidieren. Doch dieser muss sich trotz Zustimmung an der Basis erst einmal in der nach links gedrifteten Partei durchsetzen. Ein SPD-Mitgliederentscheid soll laut Parteispitze Wowereits Nachfolge klären. Sverre Gutschmidt


Kandts Märchen
Polizeipräsident erklärt Berlin zu einer »sehr sicheren Stadt«

Berlin ist eine sehr sichere Stadt.“ Diesen Bären hatte Polizeipräsident Klaus Kandt gerade den Berlinern in einem Interview aufgebunden, als kurz darauf erneut ein Mensch am Alexanderplatz am helllichten Tag ermordet wurde. Aus nichtigem Anlass erstach ein 18-Jähriger einen 30-Jährigen. Der Täter, diesmal vermutlich ein Deutscher, konnte wenig später gefasst werden. Dass er einen Nasenring und auffällige Piercings trug, hat die Fahndung erleichtert.

Solche Taten könnten zwar auch durch mehr Polizeipräsenz nicht immer verhindert werden. Doch erneut geriet der Alexanderplatz in den Fokus der Aufmerksamkeit. Sogar SPD, Grüne und „Piraten“ forderten jetzt mehr Sicherheit. Der SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß erklärte: „Mit den Gewaltexzessen im Herzen unserer Stadt muss Schluss sein. Wir bleiben beim Vorschlag einer Kombiwache am Alex.“

Innensenator Frank Henkel (CDU), der sich schon früher sehr viel Zeit ließ, bis er nach der Bluttat an Jonny K. eine mobile Polizeiwache an den Kriminalitätsschwerpunkt beorderte, reagierte auch diesmal abwiegelnd und mit Sprüchen wie „Der Alexanderplatz darf kein Angst­raum werden“.

Dabei gibt es längst unzählige Angsträume in Berlin. Auch auf dem unübersichtlichen Alexanderplatz ist besonders nachts die Polizeipräsenz weiterhin zu gering. Tina K., die Schwester des auf dem Alexanderplatz von sechs Türken totgeprügelten Jonny K., erklärte in einem Interview: „Man braucht insgesamt mehr Polizei in der Stadt. Aber auch das alleine reicht nicht. Es müssen härtere Strafen her.“

Über den 18-jährigen Nasenring-Mörder erklärte bezeichnenderweise die Staatsanwaltschaft, er sei den Behörden bereits wegen anderer Gewalttaten und Drogendelikten bekannt. Wegen welcher Gewalttaten und wie sie geahndet wurden, darüber war nichts zu erfahren. Es wäre nicht überraschend, wenn man auch diesen Burschen in Watte gepackt hätte.

Der jüngste Bock, den die Berliner Justizverwaltung geschossen hat, ist der Fall Hassan C. Das Mitglied eines Araberclans, das wegen räuberischer Erpressung bis 2017 in Haft sein müsste, wurde von zwei unbewaffneten Justizbeamten in Zivil zu einem Besuch im Zoo begleitet. Dabei konnte Hassan C., dem bereits 2006 die Flucht aus dem Kriminalgericht Moabit gelang, ein zweites Mal entkommen. Michael Leh


Teure Tour
Brandenburgs Innenminister unter Feuer

Sommertour oder Wahlkampf? Eine Informationsreise, die Brandenburgs Finanzminister Christian Görke („Die Linke“) wenige Wochen vor den Landtagswahlen unternommen hat, ist auf massive Kritik bei den Oppositionsparteien im Potsdamer Landtag gestoßen. Medienberichten zufolge werfen Vertreter von CDU, FDP und Grünen dem 52-jährigen Görke Amtsmissbrauch für Parteizwecke, Vetternwirtschaft und Wahlkampf auf Steuerzahlerkosten vor.

Anlass ist eine „Sommertour“ Görkes. Der Minister besuchte dabei nicht allein Finanzämter, sondern auch Polizeistationen, Sporteinrichtungen, Gesundheitszentren, Schulen und Kindertagesstätten. Aus Sicht der Opposition alles Wahlkampfauftritte auf Kosten der Steuerzahler. Anders die Sichtweise Görkes: „Ich bin Querschnittsminister, zuständig für alle Liegenschaften im Land.“ Die Kritik geht allerdings noch weiter. Recherchen der „Berliner Morgenpost“ zufolge, hat das von der Linkspartei geführte Ministerium auch noch einen Parteifunktionär als Fotografen für die Reise angeheuert, nämlich den Potsdamer Kreischef Sascha Krämer, der für den Landtag kandidiert.

Wie der Berliner „Tagesspiegel“ berichtet, soll Görke bemüht sein, den Schaden zu begrenzen. „Der Honorarvertrag ist beendet“, so der Minister gegenüber dem „Tagesspiegel“. Dass die Pressestelle des Ministeriums „mit Herrn Krämer, nicht mit dem Linken-Politiker“ einen Honorarvertrag abgeschlossen habe, sei aber „rechtlich sauber“ gewesen. „Es gibt keine Verquickung von Partei und Finanzministerium“, so der Standpunkt Görkes. N.H.


Schmuck fürs Stadtschloss

Vergangenen Mittwoch kehrte dank einer Privatspende eine Skulptur als dritte Figur auf das Fortuna-Portal des Stadtschlosses Potsdam zurück. Es handelt sich um die sogenannte Drachentrophäe. Die vierte und letzte Skulptur des Ensembles aus Ritterfiguren soll Anfang 2015 fertiggestellt sein. Die jetzt aufgestellte Plastik wurde mit Bruchstücken des Originals wiederhergestellt. Der inzwischen verstorbene gebürtige Potsdamer Hans-Jürgen Zippel gab 60000 Euro für das Projekt, das einen weiteren Schritt zur Rekonstruktion der Attika-Figuren darstellt. Die Drachentrophäe wurde seit 2009 auf ihre Rück­kehr vorbereitet. Das äußerlich wiedererstandene Schloss beherbergt Brandenburgs Landtag. Landtagspräsident Gunter Fritsch sagte, der Erfolg für die weitere schrittweise Restaurierung und Aufstellung noch fehlender Attika-Figuren sei vom Erfolg weiterer privater Spenden abhängig. Fritsche verwies auf den Verein Potsdamer Stadtschloss. SV


S. 4 Hintergrund

Weiße Haare, kluge Köpfe
Viele Vorurteile prägen die Sicht vom alten Menschen – Neue Studien widerlegen sie

Eigentlich ist die Geschichte voller Beispiele: Auch im hohen und höchsten Alter können Menschen Erstaunliches leisten. Dagegen steht in der öffentlichen Meinung das Bild vom senilen, unflexiblen Alten. Nun beweisen auch immer mehr wissenschaftliche Studien die Leistungskraft und Lernfähigkeit der Senioren.

Armer alter Mann. Da hast du dich jahrzehntelang für deine Firma aufgeopfert. Als Vertreter deiner Generation hast du einem ganzen Land Wohlstand und Stabilität beschert, aber nun tust du dich mit allem Neuen schwer. Smartphone, MP3-Player und Tablet sind für dich Artefakte aus einer anderen Galaxie. Deine grauen Zellen? Längst verkalkt oder mit gestrigem Wissen überfüllt. So in etwa urteilen manch jüngere Semester – ohne zu ahnen, dass ihre kruden Vorurteile selbst auf veraltetem Wissen beruhen. Bis vor einigen Jahren galt es in der Forschung tatsächlich als Gewissheit, dass unsere mentale Leistungsfähigkeit bereits nach der Pubertät schrittweise nachlässt. Die Kenntnis, dass unser Gehirn bereits ab dem 18. Lebensjahr schrumpft, trug ebenso dazu bei wie scheinbar eindeutige Vergleichstests. Wenn ältere Menschen gegen jüngere antraten, um unter Zeitdruck beispielsweise Rechenaufgaben zu lösen, schnitten sie meist schlechter ab (siehe unten). Besonders viele Studien gab es darüber allerdings nicht. Nur wenige Forscher richteten ihr Augenmerk auf den gesunden älteren Menschen. Die meisten wandten sich den kranken zu, weil dies wichtiger zu sein schien.

Seit einigen Jahren aber haben sich die Schwerpunkte verschoben. Ursache ist der demografische Wandel in den Industrienationen (siehe Kasten). Jetzt rückt auch der gesunde „Normal-Senior“ in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses. Die Studien, die dabei entstehen, widerlegen viele festgefahrene Ansichten über ältere Menschen. Für Aufsehen sorgten beispielsweise die Forschungen des Hamburger Wissenschaftlers Arne May, stellvertretender Direktor des Instituts für Systemische Neurowissenschaften am Universitätsklinikum Eppendorf. Er ließ 24 Frauen und 20 Männer zwischen 50 und 67 Jahren drei Monate lang das Jonglieren üben. „Wir suchten etwas, das einfach ist, was man nie wieder vergisst und was nicht jeder kann wie Radfahren“, erläutert Neurowissenschaftler May im Rückblick. So kam er auf das artistische Wurfspiel, auch wenn einige Kollegen vorab unkten, ob die bejahrten Versuchspersonen damit nicht heillos überfordert wären.

Mitnichten. Durchweg alle 44 Personen lernten zu jonglieren und das ließ sich auch im Kernspintomografen erkennen. Nach Abschluss des Trainings verglich May die Gehirne der Ball-Akrobaten mit denen einer gleichaltrigen Kontrollgruppe, die nicht geübt hatte. Er sah deutliche Unterschiede. Der Hippocampus, ein zentraler Bereich für das Lernen, war gewachsen. Auch die graue Substanz im visuellen Assoziationscortex hatte zugelegt. Diese Region ist darauf spezialisiert, Bewegungen im Raum zu erfassen. Mays Schlussfolgerung, veröffentlicht im „Journal of Neuroscience“: „Auch die Gehirne älterer Menschen haben die Fähigkeit zur strukturellen Plastizität.“ Auch ihre Synapsen, Nervenzellen und Hirn-areale können sich also je nach Nutzung verändern. Der gesunde Mensch kann lebenslang dazulernen.

Ähnliche Forschungen aus der Schweiz, den USA und Kanada bestätigen das Bild. Der Lernforscher Christian Stamov Roßnagel, Professor an der Bremer Jacobs University, erklärt das Bild vom lernschwachen Senior sogar schlichtweg als Missverständnis, als eine sich selbst stabilisierende Wahrnehmung: „Wenn ein 30-Jähriger am Fahrkartenautomaten Probleme hat, denkt jeder, dass die Dinger einfach benutzerunfreundlich sind. Passiert das Gleiche einem 70-Jährigen, zweifelt jeder an seinen kognitiven Fähigkeiten.“ Frank Horns


Die Weisheit der alten Chefs
Lebenserfahrung verleiht eine besondere Form der Intelligenz

Ein Jahresumsatz von 197 Milliarden Euro, 550000 Mitarbeiter weltweit: Die Volkswagen AG ist Deutschlands größtes Unternehmen. An ihrer Spitze steht Martin Winterkorn. Er ist 67 Jahre alt. Das „Manager-Magazin“ meldete kürzlich, dass Winterkorn seinen Vertrag bis 2018 verlängern wolle. Dann wäre er 71.

Eine Ausnahme ist der silberhaarige Konzernchef damit nicht. Mit 71 Jahren lenkt Michael Otto das gleichnamige Versandhaus. Unter seiner Führung entwickelte sich das Hamburger Familienunternehmen hinter Amazon zum zweitgrößten Internethändler der Welt. Ein weiteres Beispiel: Der 81-jährige Horst Brandstätter spürt mit Playmobil höchst erfolgreich den Kinderwünschen von heute nach. Im vergangenen Jahr wuchs der Umsatz des Zirndorfer Unternehmens von 591 Millionen auf 612 Millionen Euro. Die Brandstätter-Gruppe zählt weltweit über 4000 Beschäftigte.

Brandstätter, Otto und Winterkorn sind keine starrsinnigen Greise oder überalterte Firmenchefs, die einfach nicht loslassen können. Sie besitzen, was junge Führungskräfte oft nicht aufweisen können: Lebenserfahrung, Menschenkenntnis, umfassendes Wissen und ein Gespür fürs Machbare. Psychologen sprechen von der sogenannten kristallinen Intelligenz. Sie ist quasi die Summe all dessen, was ein Mensch im Laufe seines Lebens erlernt hat. Sein Wortschatz gehört dazu, ebenso die Allgemeinbildung und das Schulwissen. Hinzu kommen Alltagserfahrungen und andere lebensprägende Erlebnisse. Das macht diese Art von Klugheit stark abhängig von der Persönlichkeit eines Menschen, aber auch von seinem Lebenslauf und dem sozialen Umfeld. Die kristalline Intelligenz lässt sich auch als Weisheit bezeichnen.

Im Gegensatz dazu steht die sogenannte fluide Intelligenz. Sie ist angeboren. Die Gene entscheiden darüber, ob ein Mensch geistig flexibel ist, ob er schnell neue Situationen erfassen kann und logisches Denkvermögen beweist. Die fluide Intelligenz kann zwar trainiert werden, so die allgemeine Ansicht, aber sie lässt im Alter kontinuierlich nach. Gleiches gilt auch für das Kurzzeitgedächtnis. Daher schneiden Senioren regelmäßig schlechter ab als junge Leute, wenn es gilt, in Tests zum Beispiel Rechenaufgaben gegen die Uhr zu lösen oder sich Zahlenfolgen zu merken.

Viele Altersforscher weisen aber darauf hin, dass diese Versuchsreihen unter Laborbedingungen wenig mit der Realität zu tun haben. In der Praxis können „alterskorrelierte Einbußen“, so der Fachausdruck, leicht ausgeglichen werden. Hier sind ältere Menschen den Jüngeren sogar oft überlegen. Neue Informationen können sie besser einordnen, da sie über ein umfassendes Vorwissen verfügen. Auch die verbalen Fähigkeiten steigen mit Zunahme der kristallinen Intelligenz konstant an und bleiben bis ins hohe Alter stabil.

Allerdings nur unter einer Voraussetzung: Das Gehirn ist zwar kein Muskel, aber es will lebenslang trainiert werden. Sprachen lernen, soziale Aktivitäten und Musizieren gelten als besonders effektiv. Regelmäßiges Zeitungslesen natürlich auch. F.H.


Deutschland wird grau

Früher gratulierten die Hamburger Bürgermeister dem greisen Jubilar persönlich. Heute müssen ein Glückwunschschreiben und ein Blumenstrauß reichen. Es wären einfach zu viele Termine, die Olaf Scholz und seine Stellvertreterin absolvieren müssten, wenn sie bei jedem Hamburger, der seinen 100. Geburtstag feiert, vorstellig würden, heißt es aus dem Senat. In der Hansestadt leben derzeit etwas mehr als 400 Menschen, die 1914 oder früher geboren wurden. Im Jahre 2000 waren es nur halb so viele. Deutschlandweit sieht die Entwicklung ähnlich aus. Derzeit können 17000 Senioren auf mindestens zehn Lebensjahrzehnte zurück­blicken – so viele wie nie zuvor.

Der medizinische Fortschritt lässt die Lebenserwartung rapide steigen. Da gleichzeitig die Geburtenzahlen sinken, kehrt sich das Verhältnis zwischen der jüngeren und der älteren Generation praktisch um. Im Jahr 2030 wird die Generation 50plus etwa die Hälfte der deutschen Bevölkerung stellen. Schon heute sind beispielsweise 430000 Bewohner der 1,8-Millionen-Einwohnerstadt Hamburg 60 Jahre und älter. Keine Bevölkerungsgruppe wächst derzeit rasanter als die der Hochaltrigen, also der Menschen, die mindestens 80 Jahre alt sind.

Die Folgen für die Gesellschaft sind gravierend. Gesundheitswesen, Arbeitsmarkt und Rentensystem sind nur einige der Bereiche, die sich enormen Herausforderungen gegenübersehen. Die derzeitige Diskussion in vielen Medien verschärft die Probleme noch. Statt nach den Ursachen zum Beispiel einer verfehlten Familienpolitik zu fragen, zeichnen Schlagworte wie Überalterung, Demenz und Parkinson ein düsteres Bild der Menschen jenseits der 60. Zu Unrecht, wie die Wissenschaft zunehmend zeigt. F.H.


Zeitzeugen

Philipp Mißfelder – Der 35-jährige CDU-Politiker löste 2003 eine heftige Diskussion aus. Als Vorsitzender der Jungen Union forderte er, um Kosten für das Gesundheitssystem zu sparen, Menschen im hohen Alter keine künstlichen Hüftgelenke mehr einzusetzen. Eine weitere Forderung Mißfelders: Das Rentenalter auf 70 Jahre zu erhöhen.

Leopold von Ranke – Der Altmeister der modernen Geschichtswissenschaft war auch im hohen Alter noch ein manischer Vielschreiber. Obwohl seit 1871 nahezu erblindet, arbeitete er weiter entschlossen an seinem Werk. Mit 80 Jahren begann Ranke (1795–1886), an seiner „Weltgeschichte“ zu arbeiten. Ab 1880 erschien jährlich ein Band. In den letzten fünfeinhalb Jahren seines Lebens veröffentlichte Ranke weitere sechs Bände im Umfang von etwa 4500 Druckseiten.

Ronald Reagan – Der 40. US-Präsident trat sein Amt 1981 mit 68 Jahren an. Im Präsidentschaftswahlkampf 1985 auf sein Alter angesprochen, sagte er: „Ich werde Alter nicht zum Wahlkampfthema machen. Ich werde die Jugend und Unerfahrenheit meines Kontrahenten nicht politisch ausnutzen.“ Reagan (1911–2004) gewann die Wahl gegen den 56-jährigen Walter Mondale mit großem Vorsprung. 1994 bekannte er sich öffentlich zu der kurz zuvor bei ihm diagnostizierten Alzheimerschen Krankheit.

Christian Stamov-Roßnagel – „Dass man im Alter nicht mehr lernen kann, ist ein verbreiteter Irrtum. Die Lernfähigkeit nimmt nicht ab“, erklärt der 47-jährige Professor für Organisationspsychologie an der privaten Jacobs University in Bremen. Untersuchungen zur Motivation und Lernkompetenz älterer Menschen zählen zu den Schwerpunkten seiner Arbeit.

Konrad Adenauer – „Ich bemerkte die Intelligenz, die in seinem Blick sprühte, die Energie und die Selbstbeherrschung. Nichts erinnerte bei diesem 70-Jährigen an sein Alter“, urteilte der französische Politiker André François-Poncet über den ersten Kanzler der Bundesrepublik. Adenauer, respektvoll der „Alte von Rhöndorf“ genannt, übernahm das Amt 1949 mit 73 Jahren. Als er 1963 zurücktrat, war er 87.


S. 5 Deutschland

Sabotage nicht ausgeschlossen
Thüringen: NSU-Ausschuss vertritt These, dass Behörden nicht nur vertuscht, sondern auch manipuliert haben

Was der Thüringer Untersuchungsausschuss in seinem nun vorgelegten Abschlussbericht an offenen Fragen und Ungereimtheiten zur Fahndung nach dem NSU-Trio auflistet, wäre noch vor nicht allzu langer Zeit schnell als „Verschwörungstheorie“ abgetan worden.

So hält nun erstmals ein parlamentarisches Untersuchungsgremium eine „gezielte Sabotage“ der Fahndung nach dem NSU-Trio für möglich. Die Fahndung sei in einem „erschreckenden Ausmaß von Desinformation, fehlerhafter Organisation, Abweichungen von üblichem Vorgehen und Versäumnissen bei der Verfolgung erfolgversprechender Hinweise und Spuren durchsetzt“, so die Thüringer Abgeordneten in dem einstimmig beschlossenen Abschlussbericht. Im günstigsten Fall stehe dahinter „schlichtes Desinteresse am Auffinden der drei Gesuchten“. Die „Häufung falscher oder nicht getroffener Entscheidungen“ und das Ignorieren von Standards lasse sogar „auch den Verdacht gezielter Sabotage und des bewussten Hintertreibens eines Auffindens der Flüchtigen zu“.

Was den Erfurter Ausschuss zu einer derart schwerwiegenden Vermutung veranlasst, macht das Beispiel von Sven W., einem Zielfahnder des Landeskriminalamts, deutlich. Nach wiederholten Misserfolgen bei der Fahndung hegte dieser so ein starkes Misstrauen, dass er einen Aktenvermerk anfertigte. Es habe deutliche Anzeichen gegeben, dass der Verfassungsschutz nicht nur Dinge verheimlicht, sondern ihn sogar belogen habe, erklärte der Kriminalhauptkommissar später dem Untersuchungsausschuss. Auch Dorothea Marx (SPD), die den Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags geleitet hat, hält es für möglich, dass der Verfassungsschutz die Fahndung nach den drei Neonazis regelrecht sabotiert haben könnte, um Quellen und V-Leute in der Szene zu schützen.

Ebenso schonungslos wird der Beitrag des Verfassungsschutzes beim Entstehen des NSU eingeschätzt. Zumindest mittelbar hätten die Sicherheitsbehörden den Aufbau rechtsextremer Strukturen in Thüringen begünstigt. Als Beispiel wird der Umgang mit dem V-Mann Tino Brandt angeführt. Der Neonazi-Kader und zeitweilige NPD-Landesvize hat für seine V-Mann-Tätigkeit vom Staat insgesamt 200000 D-Mark erhalten. Geld, das Brandt wiederum in jene Strukturen steckte, aus denen sich der „Nationalsozialistische Untergrund“ herausbilden konnte.

Doch obwohl der Thüringer Ausschuss über 100 Zeugen befragte und der Abschlussbericht am Ende auf 1896 Seiten angewachsen ist, sind viele wichtige Fragen ungeklärt geblieben. So gibt es nach Ansicht der Abgeordneten durchaus Indizien, die gegen die „Suizidthese“ sprechen, nach der sich Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos am 4. November 2011 nach einem Banküberfall in Eisenach selbst umgebracht haben sollen. Obwohl nach Sichtweise der Bundesanwaltschaft einer der beiden vor dem Selbstmord das Wohnmobil angezündet haben soll, sind nach Angaben des Thüringer Ausschusses von der Gerichtsmedizin in den Lungen von Böhnhardt und Mundlos keine Rußpartikel gefunden worden.

Unverständlich erscheint dem Ausschuss auch, dass von den beiden keine Gegenwehr gegen eine mögliche Verhaftung erfolgt sein soll. Im Wohnmobil sei schließlich „ein ganzes Waffenarsenal sichergestellt“ worden, darunter sogar eine Handgranate. Zudem hätten sie, da sie vermutlich den Polizeifunk abhörten, vom Ende der Ringfahndung wissen und flüchten können. „Stattdessen müssten nach der Suizidthese die beiden abgewartet haben, bis man sie findet, um sich dann beim Herannahen von zwei Streifenpolizisten kampflos umzubringen“, so der Abschlussbericht.

Fragen und Widersprüche werden auch weiterhin im Fall des Mordes an der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn gesehen, der ebenfalls dem NSU zugerechnet wird. „Wir halten das Umfeld einfach nicht für ausreichend ausermittelt“, so die Ausschussvorsitzende Marx. Wegen der offenen Fragen besteht in Thüringen inzwischen weitgehend Einigkeit, dass nach der Landtagswahl am 14. September erneut ein NSU-Ausschuss die Aufklärungsarbeit fortsetzen soll. Sollte es dazu kommen, wäre dies zu begrüßen.

Im Nachhinein hat sich gezeigt, dass auch der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages seine Arbeit vermutlich zu früh beendet hat. So geht Eva Högl, Obfrau der SPD im ehemaligen NSU-Ausschuss des Bundestags, inzwischen auch nicht mehr davon aus, dass die Polizistin Kiesewetter zufällig das Opfer eines Mordanschlages geworden ist, wie dies noch im Abschlussbericht im August 2013 angenommen wurde.

Als zunehmend zweifelhaft gilt inzwischen auch die These eines isolierten Terrortrios. Eine sehr umfangreiche Aufstellung von potenziellen Opfern und Anschlagszielen, die bereits ausgespäht waren, lassen es extrem unwahrscheinlich erscheinen, dass nur die bereits bekannten Personen beim NSU mitgewirkt haben. Wahrscheinlich ist, dass sogar eine größere bundesweite Organisation existiert hat, die bislang noch im Dunkeln liegt.

Der Tenor des nun in Erfurt vorgelegten Abschlussberichts, dass ohne aktives Zutun der Thüringer Behörden die dem NSU zugeschriebenen Taten wohl nicht möglich gewesen wären, könnte für das Land auch finanzielle Konsequenzen haben. Unter Hinweis auf den Bericht des Landtags fordert inzwischen ein Opfer des Nagelbomben-anschlags 2004 in Köln Schmerzensgeld vom Land Thüringen. Mit weiteren Amtshaftungsklagen ist zu rechnen. Norman Hanert


Asylbombe tickt
Erstaufnahmelager vollkommen überfüllt – Lösungen nicht in Sicht

Nicht nur bei den Kommunalpolitikern, die derzeit verzweifelt überlegen, wo sie die vielen Neuzugänge an Asylbewerbern noch unterbringen sollen, dürfte der Vorschlag von Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt für Befremden gesorgt haben. 500000 Flüchtlinge aus den Krisengebieten im Irak und in Syrien will Göring-Eckardt aufnehmen, das sei ein „Gebot der Humanität“. Dabei ist eine „menschenwürdige Unterbringung“ selbst für die bereits im Land Befindlichen alles andere als gesichert, wie der Leiter des Nürnberger Sozialamtes, Dieter Maly, dieser Tage in der „Süddeutschen“ beklagte. Da für die Münchener Erstaufnahmeeinrichtung wegen einigen an Masern erkrankten Asylbewerbern ein Aufnahmestopp verhängt wurde, erhielt die bereits überfüllte Erst-aufnahmeeinrichtung Nürnberg noch mehr Personen zugewiesen. Wo Platz für 650 Menschen ist, mussten plötzlich 1400 untergebracht werden. So entschied man sich, auf denen ehemaligen MAN-Gelände der Stadt Festzelte aufzustellen, in dem die Neuzugänge untergebracht wurden. Doch das gehe höchstens bis Mitte Oktober, so Maly, danach würde es zu kalt.

Andere Städte stehen vor ähnlichen Problemen und das ganz ohne Masernepidemie. Einige Einrichtungen zählen 70 Prozent mehr Zugänge als im Vorjahr, dabei wurde 2013 mit 127023 Asylanträgen bereits der höchste Stand seit 14 Jahren erreicht. Innenminister Thomas de Maizière geht inzwischen davon aus, dass in diesem Jahr mit insgesamt rund 200000 Asylanträgen zu rechnen ist. Und so stellen die Kommunen Zelte auf, bringen die Zuwanderer in Hotels, Kasernen oder Schulen unter und suchen ratlos weiter nach Unterbringungs- sowie Finanzierungsmöglichkeiten. Zwar will der Bund die Länder und Kommunen im nächsten Jahr um 31 Millionen Euro entlasten, doch angesichts der jetzigen Lage dürfte dies einem Tropfen auf den heißen Stein gleichkommen. Zudem hat das Bundeskabinett dieser Tage einen Gesetzentwurf vorgelegt, laut dem Asylbewerber künftig 352 Euro monatlich, also 40 Euro weniger als Hartz-IV-Bezieher, erhalten sollen. Die Politik reagiert damit auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das es 2012 als unvereinbar mit den Grundrechten bezeichnet hatte, dass Asylbewerber – je nach Bundesland – oft gar kein Bargeld und wenn, dann deutlich weniger erhielten.

Als wenig hilfreich wurde auf der Suche nach Lösungen die Idee des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Patzelt empfunden, der vorgeschlagen hatte, dass der Gesetzgeber die Aufnahme von Asylbewerbern in Privathaushalten besser regeln solle. Er selbst habe 2013 zwei aus Nigeria stammenden Frauen samt ihren drei Kindern zwei Tage Unterkunft gewährt, damit sie sich nach der anstrengenden Besetzung auf dem Berliner Oranienplatz erholen konnten.

Zwar wurde im Rahmen der Debatte nicht bekannt, wo die zwei Frauen jetzt sind, dafür versuchte die Berliner Polizei zum Monatswechsel neun andere ehemalige Oranienplatz-Besetzer vom Dach eines Hostels in Berlin-Friedrichshain zu bekommen. Dort hatten sich die Männer verbarrikadiert, als das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales ihnen und 99 weiteren in dem Hostel untergebrachten ehemaligen Besetzern des Oranienplatzes mitgeteilt hatte, dass ihre Asylanträge negativ beschieden worden seien. Bel


MELDUNGEN

Einreise dank »Härtefall«

Berlin – Empört darüber, dass die Bundesregierung trotz Kritik des Europäischen Gerichtshofs an den Sprachtests für aus der Türkei nachziehende Ehegatten festhalten will, hatte die Bundestagsfraktion der Grünen in einer Kleinen Anfrage die Bundesregierung um Begründung gebeten. Diese antwortete nun mit dem Hinweis, dass sie einfache Sprachkenntnisse sowohl für die Integration in Deutschland als auch für die Verhinderung von Zwangsehen für notwendig erachte. Allerdings könnten, sofern „Härtefälle“ vorlägen, auch ohne bestandenem Test Visa erteilt werden. Ein Härtefall läge vor, „wenn es dem ausländischen Ehegatten nicht zugemutet werden kann, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Sprachkenntnisse zu unternehmen, oder es ihm trotz ernsthafter Bemühungen von einem Jahr Dauer nicht gelungen ist, das erforderliche Sprachniveau zu erreichen“. Bel

 

Teures Gendern

Stuttgart – Eine bereits im April beschlossene Änderung am Landeshochschulgesetz Baden-Württembergs wird Medienberichten zufolge Kosten von mehreren hunderttausend Euro verursachen. Ein Beschluss der grün-roten Landesregierung zwingt die Studentenwerke im Südwesten, sich geschlechtsneutral in „Studierendenwerke“ umzubenennen. Wie die „Stuttgarter Nachrichten“ berichten, kursieren nun Zahlen zu den Kosten der geschlechtsneutralen Umbenennung. So rechnet man in Mannheim mit 40000 Euro, in Stuttgart mit 60000 Euro und in Karlsruhe sogar mit bis zu 100000 Euro. Die Geschäftsleitungen der Studentenwerke hatten sich erfolglos gegen die Umbenennungsauflage gewehrt, nicht zuletzt, weil sie die Umbenennung selbst bezahlen müssen. N.H.


S. 6 Ausland

Worüber Putin stürzen könnte
Sanktionen: Sollte Russland die Bedürfnisse der Bevölkerung nicht decken können, drohen Massenproteste

Um den Sanktionen des Westens zu begegnen, setzt Moskau auf Gegensanktionen, die ebenso eine Bumerangwirkung auf die eigene Wirtschaft haben, wie die Handelsbeschränkungen des Westens Europa insgesamt schaden. Zudem gilt: Wenn die Russen die Folgen am eigenen Leib spüren, ist mit Protesten zu rechnen.

Noch scherzt das Volk: „Russland produziert den Eindruck einer Großmacht, aber sonst produziert es nichts!“ Davon, dass dieser Galgenhumor in Zorn umschlagen könnte, zeugen Berichte, in denen immer häufiger die Folgen von Putins Gegensanktionen beleuchtet werden. Darin wird deutlich, dass Wirtschaftsexperten sich über die politische und wirtschaftliche Isolation Russlands sorgen. Grund für Optimismus besteht für sie nicht.

Erste Folgen spüren die Russen bereits im Alltag. In den Läden gibt es einige Produkte nicht mehr oder nur zu höheren Preisen. Das trifft vor allem entlegenere Regionen. Auf der Insel Sachalin müssen Verbraucher beispielsweise für Hähnchenfleisch 60 Prozent mehr zahlen, in Primorsk ist Fleisch 40 Prozent teurer geworden.

Noch sind Wladimir Putins Umfragewerte traumhaft hoch. Sein Propagandatrick, die Russen auf ihre Leidensfähigkeit und Verzicht, worin die meisten noch Erfahrung haben, und auf die Rückbesinnung auf das Eigene, das Russische gegen alles Europäische einzuschwören, scheint aufzugehen. Für Putin besteht zum derzeitigen Moment kaum Gefahr, gestürzt zu werden, worauf die verschärften Sanktionen des Westens vielleicht abzielen. Solange die Kreml-Elite hinter ihm steht, ist ein Putsch unwahrscheinlich. Zwar gibt es Spekulationen, dass einige in Putins näherer Umgebung gegen seine Politik aufbegehren könnten, doch ihnen bliebe nur die Emigration, was gleichzeitig ihren Machtverlust und den Verlust eines Teils ihres Vermögens zur Folge hätte. Anders als Gorbatschow am Ende der Perestrojka, als die Elite ihm die Schuld am Scheitern der Sowjet-union gab, weiß Putin diese hinter sich. Spätestens seit der Verhaftung Michail Chodorkowskijs und einiger anderer Oligarchen stellen auch diese keine Gefahr für die Regierung mehr dar. Heutige Oligarchen vom Format eines Oleg Deripaska sind keine Firmeninhaber nach westlichem Vorbild, sondern eher von der Regierung eingesetzte Verwalter, die ein ihnen übertragenes, teilstaatliches Unternehmen leiten.

Was Putin zum Fall bringen könnte, ist eine verfehlte Wirtschaftspolitik. Über 20 Jahre lang hat Russland sich ausschließlich auf seine Öl- und Gasbranche gestützt, was dem Land zweifelsohne großen Wohlstand beschert hat, an dem auch die Bevölkerung teilhaben durfte. Völlig vernachlässigt wurde in dieser Zeit jedoch die Landwirtschaft. Seit Moskau mit einem Embargo für europäische Produkte auf die Sanktionen reagiert hat, tritt dieser fatale Fehler deutlich zutage: Obst, Gemüse, Fleisch und Geflügel sind knapp geworden, die Inflation wird in diesem Jahr auf bis zu 7,5 Prozent steigen.

Kurzfristig konnte Russland die entstandenen Lücken durch Importe aus Nicht-EU-Staaten füllen, indem Gemüse aus Weißrussland, Tomaten aus der Türkei und Obst aus den Staaten Mittelasiens gekauft wird, doch langfristig wird das nicht funktionieren. Erstens lässt die Qualität zu wünschen übrig. Tomaten aus der Türkei enthalten so viele Schadstoffe, dass sie für Allergiker ungeeignet sind. Länder wie Aserbaidschan, Usbekistan und Kasachstan sind auf Dauer nicht auf einen Export nach Russland vorbereitet. Kasachstan beruft sich darauf, feste Abnehmer zu haben, die man nicht vor den Kopf stoßen wolle, nur um Russland aus der Klemme zu helfen.

Dass Moskau in die Landwirtschaft investieren muss, ist Politikern schon länger klar. In Russland trägt der Agrarsektor nur ein Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei, während es in Ländern wie der Türkei über zehn Prozent sind. Ein Programm zur Entwicklung der Landwirtschaft bis 2020 wurde zurückgefahren mit dem Argument, dass wegen der höheren Lohnkosten in Russland der Import von Lebensmitteln günstiger sei.

Bei der Festlegung der Gegensanktionen auf ein Jahr hat der Kreml den Faktor Zeit nicht berücksichtigt. Bevor man erntet, muss man säen. Doch auch hierbei zeigen sich die Folgen der Globalisierung: Russland verfügt weder über eigenes Saatgut noch über landwirtschaftliches Gerät oder über eine Agrar-Infrastruktur.

Putin und Medwedjew haben in den vergangenen Jahren Überschüsse lieber in die Modernisierung der Armee investiert als in die oft angekündigte, aber nie erfolgte Diversifizierung der Wirtschaft. Nun fehlen die Überschüsse. Stattdessen muss die ohnehin stagnierende Wirtschaft aus dem Rentenfonds gestützt werden. Vor allem der Bankensektor als auch die Metallindustrie leiden unter starken Rückgängen. In der Stahlindustrie sind Hunderttausende Arbeitsplätze bedroht, da diese aufgrund gesunkener Nachfrage weltweit – nicht nur in Russland – Verluste macht. Die Hoffnung, dass mit China als Handelspartner kurzfristig Gewinne eingefahren würden, hat sich zerschlagen. Die Verhandlungen kommen nicht recht voran und Peking will lieber in eigene Stahlwerke investieren.

Treffen leere Regale in den Läden mit galoppierender Inflation und Steuererhöhungen als letztem Ausweg der Regierung zusammen, könnte es für Putin brenzlig werden. Dann ist damit zu rechnen, dass die Menschen ihr Protestpotenzial wiederentdecken und zu Hunderttausenden auf die Straßen gehen und „Weg mit Putin“ skandieren. Manuela Rosenthal-Kappi


Folgenschwerer Raubbau
Wegen Wassermangels weicht Pekings Landwirtschaft ins Ausland aus

Während Nordchina in den 50er Jahren überall reich an feuchten Böden und wasserreichen Flüssen war, ist Chinas Wasserverbrach inzwischen so weit angestiegen, dass immer mehr Flüsse austrocknen oder sogar verschwinden. Einer Studie des „Ministry of Water Resources“ zufolge sind rund 55 Prozent der 50000 Flüsse, die noch in den 90er Jahren in China existiert haben, inzwischen verschwunden. Ursache ist ein regelrechter Raubbau an der Ressource Wasser. Wie brisant die Problematik ist, machen amtliche Zahlen deutlich: Obwohl der Pro-Kopf-Wasserverbrauch in der Volksrepublik nur bei einem Drittel des weltweiten Durchschnitts liegt, werden die Grundwasserreserven Chinas im Jahr mit 22 Milliarden Kubikmetern überbeansprucht.

Allerdings ist Wasser nicht nur knapp, sondern in weiten Teilen des Landes ist das Grundwasser zudem auch noch mit Schwermetallen belastet. Als Folge haben nach amtlichen Angaben inzwischen mehr als 400 chinesische Großstädte mit Wassermangel zu kämpfen, wobei 110 Städte sogar von „ernster Knappheit“ betroffen sein sollen.

Da rund 70 Prozent der Wasserressourcen in Chinas Landwirtschaft verbraucht werden, liegt hier der Schwerpunkt bei der Bekämpfung der Wasserarmut. So verfolgt Peking bereits seit Jahren das Ziel, den einheimischen Wasserverbrauch dadurch zu senken, dass Lebensmittel im Ausland hergestellt werden.

Obwohl durch die Exportüberschüsse genügend Devisenreserven zur Verfügung stehen, erlebt Peking mit seiner Strategie, Landwirtschaft auf Agrarflächen im Ausland zu betreiben, immer wieder Rückschläge. Meldungen, wonach chinesische Staatsunternehmen riesige Agrarflächen auf den Philippinen, in Mosambik, Brasilien oder Argentinien pachten oder aufkaufen, sorgen zwar immer wieder für Schlagzeilen, relativ selten beachtet wird allerdings, was später aus den Projekten wird. Chinas Landhunger stößt nämlich regelmäßig auf den Widerstand der einheimischen Bevölkerung, so dass viele Projekte am Ende gestoppt werden.

Aktuell ist es ein Engagement in der Ukraine, das sich für China als Flop entpuppt. Bereits im Jahr 2013 wurde durch einen Bericht der „South China Morning Post“ bekannt, dass das Staatsunternehmen „Xinjiang Production and Construction Corps“ in der Ukraine riesige Agrarflächen gepachtet habe. Insgesamt hatte das Unternehmen, das der chinesischen Volksbefreiungsarmee nahesteht, geplant, drei Millionen Hektar zu bewirtschaften – eine Fläche, die in etwa so groß ist wie das gesamte deutsche Bundesland Brandenburg. Allerdings liegt ein Großteil der von den Chinesen gepachteten fruchtbaren Schwarzerdeböden in der Ostukraine, wo derzeit heftige Kämpfe toben.

Angesichts solcher teurer Pleiten ist inzwischen auch in Peking Ernüchterung eingetreten. „Es ist nicht realistisch, Getreide in fernen Ländern anzubauen, besonders in Afrika oder Südamerika. In Afrika hungern so viele Menschen. Und das Getreide muss per Schiff nach China verfrachtet werden. Die Kosten und die Risiken sind sehr hoch“, so ein Mitarbeiter im chinesischen Landwirtschaftsministerium. Als Folge setzt China inzwischen verstärkt darauf, in die Landwirtschaft unmittelbarer Nachbarländer wie Vietnam, Burma, Laos und Kambodscha zu investieren. N.H.


Gefallener Hoffnungsträger
Italien: Renzi scheitert an seinen eigenen hochgesteckten Zielen

Als Matteo Renzi im Frühjahr italienischer Ministerpräsident wurde, versprach er seinen Landsleuten jeden Monat eine neue Reform. Der 39-jährige Sozialdemokrat, der von den Medien gerne mit dem jungen John F. Kennedy verglichen wurde, schien geeignet zu sein, das verkrustete italienische System zu erneuern.

Ein halbes Jahr später ist das Wunderkind der italienischen Politik in der Realität angekommen. Eine einzige Reform hat er durchgebracht, bei der er die Steuern für Geringverdiener senkte und ihnen eine monatliche Mehreinnahme von 80 Euro bescherte. Doch angekündigte Projekte wie eine Justizreform, die längst überfällige Änderung des Wahlrechts und die Abschaffung des Zweikammersystems verliefen bislang schleppend.

Der Parlamentarismus findet in Italien bisher auf zwei Ebenen statt. Einmal im Abgeordnetenhaus und einmal im Senat. Beide Kammern haben die gleichen Befugnisse, wenn es um Gesetzgebungen geht, was Reformen blockiert. Zudem gab es in den vergangenen Jahren wiederholt Kritik an den immensen Kosten des Systems. Zu 630 Abgeordneten im Parlament kommen 315 Senatoren plus 841 teils hoch bezahlte Beschäftigte im Senat. Ein italienischer Parlamentarier verdient derzeit rund 16400 Euro im Monat, das ist ein europäischer Spitzenwert. Die Tageszeitung „La Repubblica“, die den Sozialdemokraten nahesteht, hegte daher die Befürchtung, „dass die Parlamentarier ihr Wohl über das des Staates stellen werden“.

Renzi hatte diese für die politische Zukunft des Landes entscheidende Reform noch vor der Sommerpause versprochen. Nach äußerst zähem Ringen reichte es bisher nur für die erste Lesung des neuen Gesetzes, immerhin gab es dabei die erforderliche Mehrheit. Dem ersten Votum müssen im Herbst weitere in der Großen Kammer und dem Abgeordnetenhaus sowie eine Bürgerbefragung folgen. Der neue Senat soll am Ende nur noch aus 100 Mitgliedern bestehen, die nicht mehr direkt gewählt, sondern von den Regionalräten bestimmt werden. Um handlungsfähig zu bleiben, soll die Regierung künftig auch nicht auf die Mehrheit im Senat angewiesen sein.

Neben dieser elementaren Verfassungsreform hatte Renzi auch eine Änderung des Wahlrechts angekündigt. Noch heute sind in Italien Listenverbindungen an der Tagesordnung, die sich in der Vergangenheit oftmals als sehr kurzlebig entpuppten und zur Zersplitterung im Parlament beitrugen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die italienische Wirtschaft nach wie vor gravierende Probleme hat. Während in anderen südeuropäischen Ländern eine leichte Entspannung eingetreten ist, ist Italien zum dritten Mal seit 2008 in eine Rezession geschlittert. Für Investoren, die der mit 2100 Milliarden Euro verschuldete Staat dringend benötigt, ist dies ein schlechtes Zeichen. Renzi hatte der darbenden Bauindustrie Großprojekte versprochen, er wollte Schulen renovieren und den traditionell schwachen Süden aufwerten. Auf Pump, soviel ist klar, kann dies nicht geschehen, will Renzi die Maastricht-Grenze von drei Prozent für das Haushaltsdefizit nicht überschreiten.

Mittlerweile hat der Hoffnungsträger viel von seiner guten Laune verloren. Ursprünglich hatte er angekündigt, bis 2018 im Amt zu bleiben. Mittlerweile verlautete aber aus dem Umfeld von Staatspräsident Giorgio Napolitano, dass es bereits im Frühjahr 2015 Neuwahlen geben könnte. Für Reformen bliebe da nicht mehr viel Zeit. Peter Entinger


MELDUNGEN

Athen beschließt Probebohrungen

Athen – Das griechische Parlament hat in den letzten Augusttagen mit drei Firmen Verträge für Probebohrungen geschlossen. Energean Oil, Trajan Oil & Gas sowie die ELPE-Edison-Petroceltic, die überwiegend in griechischer, britischer, italienischer, kanadischer und osteuropäischer Hand sind, sollen bis Ende 2016 Ergebnisse vorlegen, denen zu entnehmen ist, ob die relativ neu entdeckten griechischen Ölvorkommen groß genug sind, damit sich eine kommerzielle Förderung lohnt. Griechenland, das über 320 Milliarden Euro Staatsschulden hat, träumt bereits von Öleinnahmen in Höhe von 15 bis 20 Milliarden Euro für die nächsten 25 Jahre. Bel

 

Flüchtlinge aus Syrien im Visier

Istanbul – Mit der wachsenden Zahl syrischer Flüchtlinge im Land wachsen in der Türkei die Spannungen. Nachdem die Konkurrenz durch die Syrer auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt in jüngster Zeit schon zu Protesten und Ausschreitungen in mehreren Städten geführt hat, ist es nun erstmals zu gewaltsamen Übergriffen auf syrische Flüchtlinge in der Millionenmetropole Istanbul gekommen. Wie die Nachrichten-agentur DHA meldete, zogen in der Nacht zum 25. August im Stadtviertel Ikitelli, der im europäischen Teil von Istanbul liegt, mehrere hundert türkische Bewohner mit Knüppeln, Messern und Macheten durch die Straßen und griffen Geschäfte und Autos von Syrern an. Auslöser der Übergriffe waren Gerüchte, wonach ein türkisches Mädchen von Syrern sexuell bedrängt worden sein soll. Wie die Zeitung „Habertürk“ unter Berufung auf das Innenministerium meldet, sollen allein in Istanbul mittlerweile 330000 Syrer leben. N.H.


S. 7 Wirtschaft

Ein Mann, der schweigen kann
Brüssel will einen neuen Euro-Gruppenchef – Offenbar wird ein erfahrener Krisenmanager gesucht

Derzeit trifft sich der designierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit allen von ihren Heimatländern für ein Amt in der EU-Kommission nominierten Kandidaten, um ihre mögliche Position in seiner neuen Kommission auszuloten. Der Spanier Luis de Guindos hingegen ist schon längst für eine andere Position gesetzt, dabei ist dieser Posten noch gar nicht vakant.

Ausgerechnet die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die nicht dafür bekannt ist, dass sie gerne Position bezieht, brachte als erste den spanischen Wirtschaftsminister Luis de Guindos als neuen Euro-Gruppenchef ins Gespräch. Bei ihrem Spanienbesuch Ende August sprach sie sich sehr deutlich für den 54-jährigen Ökonomen als Nachfolger von Jeroen Dijsselbloem aus und erhielt für ihren Vorschlag umgehend Unterstützung aus zahlreichen Euro-Ländern.

Was auf den ersten Blick wie eine normale Personaldebatte aussieht, ist auf den zweiten Blick ein Affront gegenüber dem Niederländer Dijsselbloem, denn dessen erste Amtszeit läuft offiziell noch ein Jahr. Bezüglich der Besetzung anderer Posten, die derzeit akut vakant sind, enthielt sich die Kanzlerin hingegen jeglicher offizieller Stellungnahme.

Angesichts dieses Hintergrunds ist die Frage erlaubt, was de Guindos hat, was Dijsselbloem nicht hat. Schließlich handelt es sich hier gerade in Zeiten der nicht enden wollenden Euro-Krise um einen bedeutenden Posten in Sachen Gemeinschaftswährung: Der Euro-Gruppenchef stimmt die Euro-Mitglieder auf eine gemeinsame Linie ein und ist zudem auch Chef des Gouverneursrats des Euro-Rettungsschirms ESM. Juncker hatte diesen Posten von 2004 an sogar nach Ausnahmeregelung mehr als zwei Amtsperioden inne. Im Januar 2013 übernahm dann Dijsselbloem. Damals stimmten fast alle Finanzminister der Euro-Länder – auch mangels Gegenkandidaten – seiner Wahl als Nachfolger zu. Nur einer war dagegen: de Guindos. Dabei gehört der Wirtschaftsminister eigentlich von Amtswegen gar nicht in die Runde. Doch da der spanische Finanzminister nicht gut genug Englisch spricht, während de Guindos die Sprache perfekt beherrscht und zudem die Bankenrettung in Spanien organisiert hat, entsandte Madrid ihn in die Euro-Gruppe. Nun gilt er als Favorit für den Posten, denn Dijsselbloem hat sich aus Sicht der meisten seiner Unterstützer als Enttäuschung entpuppt. Dem niederländischen Finanzminister rutschen nämlich immer wieder ungewollt Wahrheiten raus, die, sobald sie ausgesprochen sind, nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind. So bezeichnete er im März 2013 gegenüber der „Financial Times“ unter anderem die Beteiligung von Anlegern bei der Rettung zypriotischer Banken als „Vorlage“ für den künftigen Umgang mit drohenden Bankenpleiten, um so den Steuerzahler zu entlasten. Zwar ruderte er sofort zurück, behauptete, er habe das Interview so nicht gegeben, zumal er das englische Wort für „Vorlage“ nicht kenne, doch da genau diese Regel inzwischen im Rahmen der Bankenunion beschlossen wurde, wird deutlich, dass da jemand etwas ausgeplaudert hatte, was noch nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollte. Auch seine Äußerung, dass Griechenland früher oder später erneute Hilfen benötige, brachte ihm scharfe Kritik seiner Euro-Gruppenkollegen ein.

De Guidos hingegen ist aus ganz anderem Holz geschnitzt. Er sonnt sich derzeit im für spanische Verhältnisse unerwartet hohen Wirtschaftswachstum. 1,2 Prozent werden für dieses Jahr erwartet. Sein Regierungschef Mariano Rajoy verkündete bereits: „Fakt ist, unsere Wirtschaft erholt sich und gewinnt an Kraft, ich will ja keinen ungerechtfertigten Optimismus verbreiten, aber die Erholung wird anhalten, wir betreten Festland.“ Angesichts von einer immer noch erschreckend hohen Arbeitslosigkeit von fast 25 Prozent, hohen Kreditausfällen und einem erwarteten Haushaltsdefizit von 6,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes – also mehr als doppelt so viel als die laut dem Vertrag von Maastricht erlaubten drei Prozent – überrascht der Optimismus zwar, allerdings sind im nächsten Jahr auch Wahlen. Da stehen zudem Steuergeschenke statt Sparpläne auf dem Programm, doch Kritik aus Brüssel oder von den Euro-Partnern bleibt aus. Sie alle wissen, wie dringend die Bürger Erfolgsmeldungen wünschen, daher erhielt Rajoy auch Lob von Merkel.

Die meisten der bisherigen Erfolge werden de Guindos Politik zugeschrieben. Diese sind vor allem durch radikale Einschnitte erzielt worden. Und auch bei der Bankenrettung wurde auf schnelle Erfolge gesetzt, ohne dass die Strukturen an sich infrage gestellt wurden. Dazu ist der Wirtschaftsminister auch kaum in der Lage, ist er doch selbst ein Produkt eben jener Strukturen. Anfang der 80er Jahre begann er seine Karriere im öffentlichen Dienst und stieg in der konservativen Regierung von José Maria Aznar zum Wirtschaftssekretär unter Minister Rodrigo Rato auf. Hier legte er mit die Grundlagen für den Immobilienboom, der schließlich Auslöser für die spanische Krise war. Ex-Minister Rato führte Jahre später die Bankia, die 2012 vom spanischen Staat unter Koordination von de Guindos mit 20 Milliarden Euro gerettet werden musste.

Dieser kennt sich aber auch selbst mit Bankenpleiten aus. Nach der Wahlniederlage Aznars 2004 wechselte er zu der Bank Lehman Brothers, wo er für das Spanien- und Portugalgeschäft zuständig war. Nach deren spektakulären Pleite ging er zur Unternehmensberatung PwC, bis er 2011 Minister wurde. In dieser Funktion saß er im Verwaltungsrat der Bank Mare Nostrum, die 2012 mit Steuergeldern gerettet werden musste.

Positiv ausgedrückt kann man sagen, dass de Guindos sich mit Krisen auskennt. Und dass die Euro-Krise noch lange nicht vorbei ist, beweist derzeit der blinde Aktionismus der EZB.

Rebecca Bellano


»Tarif auf Rädern«
Kalter Progression den Kampf angesagt

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat einen Gesetzentwurf zum Abbau der Kalten Progression vorgelegt. Würde er zum 1. Januar Gesetz, entlastete er die Steuerzahler schon im kommenden Jahr um rund acht Milliarden Euro.

Der BdSt bezeichnet die bisherige Praxis als ungerecht. Danach werden bestimmte Gehaltshöhen als Grenzen für den Steuersatz fest gezogen. Wenn ein Arbeitnehmer bei einer Gehaltserhöhung nur die Teuerungsrate dazubekommt, muss er trotzdem höhere Steuern zahlen, womit er am Ende real sogar weniger hat als vorher. „Es ist nicht einzusehen, dass Einkommensverbesserungen, die nur die Inflation ausgleichen, dennoch zu einer höheren Steuerbelastung führen“, kritisiert BdSt-Präsident Reiner Holznagel in einer Erklärung zum Gesetzentwurf seines Verbandes.

Nur alle paar Jahre werden die Grenzen ein wenig angepasst, zuletzt 2010. Dies geschieht aber längst nicht ausreichend, wie ein Blick auf die langjährige Entwick-lung zeigt: 1960 musste jemand das 18-fache des Brutto-Durchschnittlohns einfahren, um in den Spitzensteuersatz zu geraten, heute reicht dafür schon rund das doppelte.

Der BdSt schlägt das Modell eines „Tarifs auf Rädern“ vor. Das Prinzip ist einfach: Die Steuertarife werden jährlich der Teuerungsrate angepasst. Damit wird nicht mehr der „nominale“ Bruttolohn (die nackten Zahlen) betrachtet, sondern der „reale“, also das, was der Lohn nach Abzug der Teuerungsrate tatsächlich noch wert ist. Und danach würde dann die Steuerbelastung ausgerichtet.

Holznagel sieht für seinen Entwurf derzeit gute Chancen. Laut BdST hat sich eine breite Front gegen die Kalte Progression formiert, die von der Linkspartei über Gewerkschaftsvertreter bis in CDU-Kreise reiche.

Indes: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat Pläne zum Abbau der Kalten Progression bislang immer ausgebremst. Er weiß: Die derzeitige Regelung erlaubt ihm regelmäßige reale Steuererhöhungen, für die er keinen Parlamentsbeschluss benötigt und deretwegen er auch keine öffentliche Debatte riskieren muss. Daher erscheinen die Aussichten des BdST-Vorstoßes ungewiss. Hans Heckel


Roter Offenbarungseid
Venezuelas Wirtschaft steht kurz vor dem Kollaps – Mehr Sozialismus soll Lösung bringen

Mit einer großangelegten Reform, „Revolution in der Revolution“ genannt, will Venezuelas Präsident Nicolas Maduro sein Land aus der tiefen Krise herausbringen, in die es seit dem Tod seines legendären Vorgängers Hugo Chavez vor einem Jahr zunehmend geraten ist. Die „Fiskale Revolution“ soll die wirtschaftlichen Probleme bekämpfen: die rapide Entwertung des Bolivar, die staatliche Kontrolle des Währungssystems, den weitgehenden Mangel an Verbrauchsgütern und die Inflation von über 60 Prozent. Ziel ist, so Maduro, „eine Überholung der Funktionen des alten bourgeoisen Staates, die Schaffung einer soliden Basis für einen neuen Staat, der wirklich demokratisch, leistungsfähig und erfolgreich ist und auf dem Kurs zum Sozialismus“. Am 19. August trat das gesamte Kabinett in Caracas zurück, denn Maduro plant „eine komplette Revision des gesamten Regierungssystems“.

Als Hauptberater hat Maduro den renommierten kubanischen Wirtschaftsprofessor und ehemaligen Guerilla-Kämpfer an der Seite von Che Guevara, Orlando Borrego, auserkoren. Der 78-Jährige hatte schon damals den Ruf, der loyalste und unbestechlichste Revolutionär seiner Zeit zu sein. Er lehrt heute an der Universität von Havanna. Und er hat viel zu tun, denn Venezuelas wirtschaftliche Situation hat sich in den letzten Monaten massiv verschlechtert. Am ersten Jahrestag des Krebstods des „Commandante“ im März kam es zu gewalttätigen Demonstrationen, die 43 Tote forderten.

Lebensmittel und Gebrauchsgüter wie Shampoo sind inzwischen so knapp, dass ihr Export so gut wie untersagt ist. Zudem verkündete der Präsident am 20. August den Plan, dass die Bevölkerung künftig im Supermarkt Waren nur noch gegen Abgabe des Fingerabdrucks erhalten könne. Offiziell heißt es, man wolle auf diese Weise Hamsterkäufe vermeiden und den lukrativen Schmuggel der vom Staat subventionierten Güter nach Kolumbien unterbinden. „Das ist Rationierung. Sie werden uns nicht mehr als ein Hühnchen pro Woche kaufen lassen“, kommentiert Oppositionsführer Henrique Capriles hingegen das Vorhaben. „Wir Venezolaner werden es nicht hinnehmen, dass die Regierung uns vorschreibt, was und wie viel wir essen.“

Der Schwarzmarkt und der Drogenhandel blühen. Und die Hauptstadt Caracas wurde für 2013 zur drittgewalttätigsten Stadt der Welt erklärt. Neben Entführungen gegen Lösegeld sind vor allem Autodiebstähle und Einbrüche an der Tagesordnung. Banden arbeiten von den ärmsten Stadtteilen aus, den „Barrios“, fast ungestört. Opfer sind vor allem Politiker, wohlhabende Geschäftsleute, Ausländer und Diplomaten. Auch die Mordrate ist erschreckend hoch.

Dabei ist Venezuela eigentlich ein reiches Land. So verfügt es mit über die größten Öl- und Gas-Vorkommen in der Welt. Auch galt es lange als Eldorado für ausländische Firmen. Diese profitierten von geringer Konkurrenz, einer Käuferschicht, die begierig nach ausländischen Markenartikeln ist, und dem überbewerteten Bolivar. Trotz Sozialismus blühte unter Chavez der Handel vor allem mit den USA. Venezuela war der drittgrößte Importeur für Rohöl an die Vereinigten Staaten, liegt jedoch seit 2013 nur noch an vierter Stelle. Jetzt will die Regierung Maduro ihre Citgo-Kette mit 5600 Tankstellen in den USA verkaufen sowie ihre drei Raffinerien in Illinois, Louisiana und Texas.

Die akute Krise ist auch entstanden durch eine strikte Währungskontrolle und systematische Entwertung des Bolivar, wodurch die auf dem Papier gebildeten Gewinne verpuffen. Da Venezuela Devisen fehlen, blockiert es Ticket-Einnahmen ausländischer Fluggesellschaften in Höhe von über 4,1 Milliarden US-Dollar. Delta, United und American Airlines haben wie auch einige Europäer daraufhin ihre Flüge nach Venezuela dramatisch eingeschränkt. Air Canada und Alitalia fliegen das Land gar nicht mehr an. Dies ist dramatisch für ein Land, das sich vom Tourismus neue Einnahmen erhofft hatte.

Durch die Entwertung des Bolivar verbucht zudem die im Land produzierende Automobilbranche Verluste, und ohne Dollar können sie die notwendigen Teile für ihre Herstellung nicht importieren. Chrysler, Ford, General Motors, Toyota und Mitsubishi produzierten zusammen 4635 Fahrzeuge in den ersten fünf Monaten dieses Jahres, verglichen mit 31153 im gleichen Zeitraum 2013. Ford hat 316 Millionen Dollar abgeschrieben, andere Firmen wie Colgate-Palmolive 174 Millionen und Procter and Gamble 275 Millionen. Damit ist Venezuela, wie die „New York Times“ meint, in ein „Schwarzes Loch“ gefallen. Liselotte Millauer


MELDUNGEN

Strafzinsen für Geldgeber

Frankfurt am Main – „Verkehrte Welt“, kommentierte die „Welt“ den Umstand, dass der Interban-kenzins Eonia mit Minus 0,004 Prozent erstmals einen Negativwert erreicht hat. Banken, die anderen Banken kurzfristig Geld leihen, bekommen dafür also keine Zinsen, sondern müssen dafür sogar noch bezahlen. Ursache für den Strafzins ist die Euro-Rettungspolitik der EZB. Bel

 

Euro-Kritik als Antreiber

Berlin – „Euro-Rebell“ Frank Schäffler (FDP) gründet zusammen mit dem ehemaligen Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, die Denkfabrik „Prometheus – Das Freiheitsinstitut“. Hier wollen die beiden für die „Marktwirtschaft streiten“ und gegen den „nimmersatten Staat“ kämpfen. Beide Männer eint vor allem die Kritik an der Euro-Rettungspolitik. Bel

 

Apfelschwemme aus Polen

Werder (Havel) – Das russische Importverbot für europäische Lebensmittel bekommen auch Obstbauern aus dem brandenburgischen Anbaugebiet Werder zu spüren. Da Polen als Europas größter Apfelproduzent und wichtigster Obstlieferant Russlands nach neuen Absatzmärkten sucht, drohen polnische Erzeuger, nun den deutschen Markt zu überschwemmen. „Es wird zu einem sehr hohen Angebotsdruck kommen“, so Andreas Jende, Chef des Gartenbauverbandes Berlin-Brandenburg, der darauf hinweist, dass sich Obstbauern aus dem Potsdamer Umland auf drastische Einbrüche bei den Erlösen gefasst machen müssen. N.H.


S. 8 Forum

Frühstücksdirektor
von Philipp Hötensleben

Die Ernennung eines deutschen Generals zum Stabs­chef des US-Heeres in Europa soll ein Freundschafts- und Vertrauensbeweis sein. Das könnte man glauben, wenn er tatsächlich alle mit dieser Funktion verbundenen Rechte und Pflichten hätte. Dem ist jedoch nicht so. Er hat weder Kommando- noch Disziplinargewalt über US-Soldaten, keinen Einblick in interne US-Papiere und nicht einmal das Recht, sein Kommando nach außen allein zu vertreten. Vor allem hat er keinen uneingeschränkten Zugang zu militärischem Geheimmaterial. Gerade Letzteres ist für die Erfüllung seiner Aufgaben jedoch unverzichtbar. Somit ist der deutsche General im hohen US-Amt nur ein uniformierter Frühstücksdirektor.

Die umfassende Beschränkung seiner Rechte deutet darauf hin, dass es bei dieser Personalie lediglich darum geht, die wegen der NSA-Affäre erhitzten Gemüter in Deutschland mit einer billigen Geste zu beruhigen. Auch wenn von US-amerikanischer Seite betont wird, die Berufung sei nicht symbolisch zu verstehen, scheint sie tatsächlich nichts als Symbolpolitik zu sein. Denn ein ernsthafter Versuch, die Zusammenarbeit zu stärken und ein echter Vertrauensbeweis sehen anders aus.


Halber Kram
von Jan Heitmann

Die Bundesregierung hat die Einführung eines Gedenktages für die „weltweiten Opfer von Flucht und Vertreibung“ beschlossen, mit dem das Gedenken am UN-Weltflüchtlingstag um das Schicksal der Vertriebenen erweitert werden soll. Ein „langjähriges Herzensanliegen erfüllt sich“, jubelte Erika Steinbach, als das Gedenken an die Vertriebenen in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde. Da hat sich die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) wohl zu früh gefreut. Denn die deutschen Vertreibungsopfer dürften bei dem allgemein gehaltenen Gedenken an weltweite Flucht und Vertreibung in Vergangenheit und Gegenwart allenfalls eine Nebenrolle spielen. Der neue Gedenktag ist, salopp ausgedrückt, halber Kram.

Seit vielen Jahren fordern die Vertriebenenverbände einen eigenen Gedenktag. Drei Bundesländer sind diesem Wunsch durch die Einführung eines Vertriebenengedenktages auf Landesebene inzwischen nachgekommen. Es ist bedauerlich, dass die Bundesregierung nicht bereit ist, diesem Beispiel zu folgen.

Bundeskanzlerin Merkel ist am vergangenen Wochen­ende für ihre „Verdienste um die Heimatvertriebenen“ mit einer besonderen Ehrenmedaille des BdV ausgezeichnet worden. In der Begründung heißt es unter anderem: „Ohne sie würde auch nicht der nationale Gedenktag für die deutschen Vertriebenen im Koalitionsvertrag verankert sein.“ Doch einen solchen wird es nicht geben. Es hätte der Preisträgerin gut zu Gesicht gestanden, wenn sie von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht und in der Koalition einen wirklichen Gedenktag im Sinne der deutschen Vertriebenen durchgesetzt hätte.


Undurchsichtige Truppe
von Hans Heckel

Die NPD will Hinweise bekommen haben, dass bei der Sachsen-Wahl zu ihren Lasten manipuliert wurde, indem Stimmzettel vernichtet worden sind. Auffällig ist in der Tat, dass die Partei erst ganz am Ende der Auszählung plötzlich knapp unter fünf Prozent rutschte.

Ausschlaggebend hierfür waren Wahlbezirke in Großstädten. Dort war und ist die NPD besonders schwach, was auch bedeutet: Hier sitzen weit weniger NPD-Vertreter in den Wahlvorständen, was die Kontrolle auf mögliche Manipulationen durch die betroffene Partei erschwert. Schon anlässlich der Bundestagswahl 2013 waren etliche, darunter auch glaubwürdige Hinweise auf Wahlfälschung bekanntgeworden, damals auf Kosten der AfD. Daher sollte nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass an den Verdächtigungen seitens der NPD etwas dran ist.

Eine weit interessantere Frage aber ist, um wen es sich bei dieser Gruppierung eigentlich handelt. Wir erinnern uns: Das Verbot der NPD ist 2003 gescheitert, weil etliche ihrer Führungskräfte als Agenten des Verfassungsschutzes tätig waren, so etwa der Landesvorsitzende, dessen Stellvertreter und der Chefredakteur des Parteiorgans der NPD in Nordrhein-Westfalen. Weil viel zu viel vom „Belastungsmaterial“ für ein Verbot aus der Feder solcher staatlicher Agenten stammte, lehnten die Richter den Verbotsantrag ab.

Spätestens seit jenen Tagen fragen sich kritische Beobachter, ob diese Partei überhaupt „echt“ ist, oder ob es sich um ein Konstrukt handelt, das allein dazu dient, Protest von rechts der Mitte mit braunen Spritzern zu kontaminieren.

Im Sachsen-Wahlkampf wiesen etablierte Parteien AfD-Forderungen mit dem bloßen Hinweis zurück, dass sich so etwas ähnliches ja auch im NPD-Programm finde. Heißt: Sobald die NPD ein Thema an sich zieht, muss man sich inhaltlich damit nicht mehr auseinandersetzen – sehr praktisch.

Auffällig war zudem, dass sich Sachsens NPD-Chef Holger Szymanski am Wahlabend ausschließlich mit der AfD auseinandergesetzt hat. Kein Wort zu SPD, Linken, Grünen oder CDU. Zum Vergleich: Am anderen Ende des politischen Spektrums lässt die Linkspartei keinen Zweifel aufkommen, dass ihre Hauptgegner rechts der Mitte liegen, auch wenn sie vor allem mit Grünen und SPD um ähnliche Wählergruppen wirbt.

Szymanski ging noch weiter: Er betonte erst angebliche Überschneidungen mit der AfD, um danach seine eigene Richtung wortwörtlich als „Mischung aus seriöser und radikaler Politik“ zu demontieren. Radikal wird gemeinhin mit extremistisch, also unseriös gleichgesetzt. Es schien, als sei es sein einziges politisches Ziel gewesen, die AfD mit dem Gerede von „Überschneidungen“ und „Radikalität“ bloßzustellen.


Frei gedacht
Bald geht der Krieg los – und wir sind mittendrin
von Eva Herman

Es scheint ein Wettlauf mit der Zeit zu sein: Wann beginnt ein Nato-Ukraine-Krieg gegen Russland? Es sieht nicht günstig aus für friedliche Zeiten. Doch was wissen wir im Westen eigentlich über den „Ukraine-Konflikt“ und seine Ursachen? Weitgehend das, was uns die Medien Tag für Tag verabreichen: Als bestehende „Tatsachen“ wären da der „Diktator“ Putin, die „Krim-Annexion“, die Kämpfe der „pro-russischen Rebellen“. Aber wieso hören und lesen wir kaum von Begriffen wie „Neurussland“? Oder von dem eigentlichen Kriegsgrund: Der Abwendung der BRICS-Staaten von der Federal-Reserve-Leitwährung?

Derzeit überschlagen sich die Ereignisse: Mehr als tausend russische Soldaten seien auf ukrainischem Boden aktiv, behauptet die Nato. Der ukrainische Milliarden-Schokoladen-Präsident Poroschenko klagt, das russische Militär sei im Osten der Ukraine einmarschiert. Das wird vom OSZE-Vertreter Russlands in Wien bestritten. Bundeskanzlerin Merkel verlautbart, Russlands Vorgehen in der Ukraine dürfe „nicht folgenlos“ bleiben. Sofort wird eine Dringlichkeitssitzung des UN-Weltsicherheitsrats einberufen, der Russland scharf kritisiert. Die EU will über weitere Sanktionen beraten. So beginnen Kriege …

Das Damoklesschwert über dem Geschick Europas senkt sich, die Ereignisse werden beschleunigt. Wer gestern noch verlacht wurde wegen geäußerter Kriegsbefürchtung, erhält heute volle Zustimmung. Ja, es könnte wirklich bald Krieg geben zwischen dem Westen und Russland.

Zum Westen gehören die USA, die Ukraine und Europa, also auch Deutschland. Wenn dieser Krieg Wirklichkeit wird, dann ist es bei uns mit den ruhigen Zeiten vorbei. All das, was unsere Vorfahren mühselig nach zwei Weltkriegen wieder aufbauten, wird in kurzer Zeit zunichte gemacht. Viele Menschen können sich das noch nicht vorstellen: Zerbombte Häuser, zerstörte Infrastrukturen, kein fließendes Wasser mehr, kaum Strom. Und so weiter. Krieg bedeutet viele Tote und Verletzte, Leid und Tränen, die Verluste werden vor keiner Familie halt machen.

Worum geht es in diesem Krieg? Ja, wir haben es, trotz zahlreicher Nebelbomben unserer Mainstream-Medien, doch schon hin und wieder gehört: Der Westen will sich die Ukraine unter den Nagel reißen. Wegen der Rohstoffe, sagen investigative Journalisten. Wegen der russischen Abwendung vom Petro-Dollar, sagen Kenner. Wegen der wogenden Getreidefelder, sagen die Älteren, weil man die Ukraine früher immer als Kornkammer Europas bezeichnete. Das ist sie auch, beziehungsweise sie war es. In letzter Zeit ist dort nicht mehr so viel los, heißt es, denn viele Männer, vor allem aus dem Osten und Süden der Ukraine, seien nun im Krieg. Ja, liebe Leute, dort herrscht Krieg! Tausende Tote hat die Ukraine inzwischen zu verzeichnen, die Zahl der Verletzten geht in die Hunderttausende. Die Flüchtlinge werden mit über einer Million beziffert, die bereits in Russland angekommen sein sollen. Sie kommen meist aus Neurussland.

Neurussland? Wo liegt das? Was ist das? Warum erfahren wir in den Mainstream-Medien so wenig über Neurussland? Zwar wird das Gebiet Donbass und Umgebung genannt, doch was steckt in Wahrheit hinter den erbitterten Kämpfen in dieser Region?

Die ukrainische Armee, die weitgehend vom Westen und den Rechtsextremen orchestriert wird, kämpft gegen die „pro-russischen Separatisten“, heißt es. Man müsste aber sagen, gegen die Armee Neurusslands. Erst vor kurzem hat sich „Noworossija“ als Staat gegründet, durch einen selbsternannten Ministerrat. Bei einer Pressekonferenz wurden die Ansichten und Werte der Menschen dort der Welt vorgestellt. Der Verteidigungsminister der Donezker Nationalen Republik betont, dass sie jetzt erbittert gegen die eindringende, Nazi-durchsetzte Putsch-Regierung der US-Marionetten kämpften. Die Neurussen hatten vor Monaten um Föderalisierung gebeten, denn sie wollten auf keinen Fall, wie Kiew, zu Europa gehören. Doch sie erhielten diese Chance nicht. Danach erbaten sie ein Referendum: Abgelehnt!

Nun, sagt der Vorsitzende des Ministerrats, Alexander Sachartschenko, „müssen wir eben kämpfen, wenn es sein muss, bis zum letzten Blutstropfen!“ Sie hätten versucht, auf friedliche Weise die Unabhängigkeit von der zunehmend westlich beeinflussten Ukraine zu realisieren. Darüber haben unsere Westmedien so gut wie nie berichtet! Nun ist dort Krieg, „Kiew hat es nicht anders gewollt“. „Was ist unser Makel?“, fragt Sachartschenko, „warum bekämpft ihr uns, was haben wir falsch gemacht? Dass wir darum gebeten haben, unabhängig zu sein? Dass wir so leben wollen, wie es uns gefällt? Worin besteht unsere Schuld: Weil wir Schiefergas haben und man uns deswegen vom Angesicht der Erde fegen will?“

Während die Neurussen nun verzweifelt um ihre Kultur, um ihre Identität, ihre (russischen) Traditionen, um ihr Land kämpfen, findet über ihren Köpfen allerdings eine ganz andere Auseinandersetzung statt: Der russische Präsident Wladimir Putin lässt sich nicht mehr von der US-Regierung auf der Nase herumtanzen, die seit Jahren, gegen jede Vereinbarung, die Nato-Osterweiterung vorantreibt, in Rumänien, Bulgarien, Tschechien und Polen Raketenschilde aufgebaut und sie gegen Russland gerichtet hat.

Nun hat Putin sich mit den BRICS-Staaten zusammengetan und eine Bank gegründet, die der Federal-Reserve-Währung ordentlich Beine macht. Auch wird Russland künftig seine Öl- und Gasexporte nicht mehr in US-Dollar, sondern in Rubel abrechnen, ließ Moskau verlautbaren. Der russische Energie-Riese Gazprom hat dort allein Förderrechte von über 230 Millionen Tonnen Erdöl und 270 Milliarden Kubikmeter Erdgas.

Wer sich je mit der anglo-amerikanischen Administration anlegte, wer es wagte, dem Dollar eine Alternative gegenüberstellen zu wollen, der hat dies stets bitter bezahlt, denken wir an das Schicksal Iraks, an Saddam Hussein, der im Angesicht der Weltöffentlichkeit gehenkt wurde, nachdem man ihm die inzwischen längst widerlegte Lüge über Massenvernichtungswaffen angehext hatte. Denken wir auch an das einst blühende, aufstrebende Libyen unter Muammar al Gaddafi, der nicht nur Massen von Sklaven zu selbstbestimmten Bürgern machte, der nicht nur ein Wüstenbewässerungssystem entwickeln ließ, welches nahezu den gesamten arabischen Raum fruchtbar machen sollte, sondern der auch mit dem Gold-Dinar dem blutigen Dollar zu Leibe rücken wollte. Sein Schicksal endete ähnlich wie das Saddams. Beide Länder wurden völlig destabilisiert, ihre reichen Ölvorkommen unter Europäern und US-Firmen „brüderlich“ aufgeteilt.

Was wird aus Russland? Aus Neurussland? Aus der Ukraine? Was wird aus Europa? Es muss das Schlimmste befürchtet werden. Die Kriegstrommeln werden lauter, das westliche Kriegsbündnis sammelt sich, die Positionen werden verteilt: Norwegen hat ein 450-Mann starkes Panzerbataillon zu zweimonatigen „Übungen“ an die Grenze zwischen Lettland und Russland entsandt. Die Nato stellt jetzt eine rasche Eingreiftruppe auf, unter dem Oberkommando der Briten: Zehntausend Mann werden aus dem Baltikum und den Niederlanden entsandt. Das ist erst der Anfang. Jetzt geht der Krieg los. Und wir sind mittendrin!


S. 9 Kultur

Auf der richtigen Seite
In seiner letzten Filmrolle spioniert Philip Seymour Hoffman als guter Deutscher Terrorverdächtige aus

Am 11. September, dem Jahrestag der Terroranschläge in den USA, kommt mit „A Most Wanted Man“ ein nach John le Carré in Hamburg gedrehter US-Film in die Kinos, der die Attentate zum Thema hat. Der im Februar verstorbene Phi­lip Seymour Hoffman glänzt darin als deutscher Spion.

Er entsprach nicht gerade dem Schönheitsideal eines Hollywood-Darstellers. Philip Seymour Hoffman war alles andere als ein Beau wie Brad Pitt oder ein Herzensbrecher wie George Clooney. Mit seiner un­tersetzten Figur, mit Brille und seinem schütteren blonden Haar stellte er ein ebenso angenehmes wie sympathisches Ge­gengewicht zu den Leinwand-Stereotypen dar, die uns von den Kinoleinwänden entgegenlächeln. Für seine grandiose Leistung in dem biografischen Film „Capote“ erhielt Hoffman 2006 den Oscar. Es war sein beruflicher Höhepunkt, der seine privaten Tiefschläge verdeckte. Am 2. Fe­b­ruar dieses Jahres wurde er in seiner New Yorker Wohnung tot aufgefunden. Der drogensüchtige Star starb 46-jährig an einer Überdosis Heroin.

In dem komplett in Hamburg und Berlin gedrehten Spionagefilm „A Most Wanted Man“ („Der meistgesuchte Mann“) spielt der Amerikaner mit deutschen Wurzeln seine letzte Rolle − die eines Deutschen, eines guten Deutschen. Die Rollen von gut und böse sind tatsächlich einmal vertauscht. Als Verfassungsschutzagent na­mens Günther Bachmann will sich Hoffman gegen die fiesen Methoden der CIA behaupten, ehe der tragische Held gegen die geballte Übermacht die Segel streichen muss.

Basierend auf dem 2008 er­schienenen Roman „Marionetten“ des in den 1960er Jahren unter anderem in Hamburg operierenden britischen Ex-MI5-Spions und Autors John le Carré, der mit Romanen um den Agenten George Smiley („Der Spion, der aus der Kälte kam“) Erfolge feierte, ist ein untypischer, weil subtiler Spionagethriller entstanden. Es ist kein Actionkracher: keine Verfolgungsjagden, keine explodierenden Autos, keine Schießereien, keine Toten, keine Liebesszenen. Und keine Spannung? Von wegen − dank der Urgewalt Hoffman!

In einem späten Nachruf auf Hoffman hat le Carré kürzlich in der „FAZ“ enthüllt, dass die Filmemacher lange darüber diskutiert hätten, ob es ihnen gelingen würde, Hoffman, der sich im Film von seiner schmuddeligen Seite zeigt und sich auf der Reeperbahn als „Höllenbewohner“ wohlfühlt, „mit je­mandem ins Bett zu bekommen“. Man fand in der wunderbaren Nina Hoss eine deutsche Schauspielerin, die Hoffman als Assistentin gleichwertig zur Seite steht. Zu mehr als einem aus der Not heraus geborenen Kuss kommt es aber nicht.

In dem Film des holländischen Regisseurs Anton Corbijn sind die beiden einem Tschetschenen auf der Spur, der ein gewaltbereiter Dschihadist sein soll. Da er wie aus dem Nichts in Hamburg auftaucht, von wo aus Mohammed Atta mit seiner Terrorzelle die Anschläge auf die New Yorker Zwillingstürme vorbereitet hat, klingeln in den Spionagezentralen alle Alarmglocken. Ganz ohne „Waterboarding“ oder ähnlicher Foltermethoden findet Bachmann mit seiner Assistentin heraus, dass der Tschetschene eine ganz friedliche Ader besitzt. Er überzeugt ihn schließlich sogar davon, ihm bei Enttarnung eines in Deutschland lebenden, angesehenen islamischen Gelehrten zu helfen. Denn Bachmann verdächtigt diesen Ehrenmann, Spendengelder für Terrororganisationen abzuzweigen. Doch bevor er diesen Wolf im Schafspelz zu Fall bringen kann, greift die CIA rabiat dazwischen.

Inspiriert vom Schicksal des Bremer Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz, der fünf Jahre offenbar zu Unrecht inhaftiert und gefoltert wurde, schuf le Carré die ideale Vorlage für einen Film über die fragwürdigen Methoden der Geheimdienste. Sie wolle die Welt sicherer machen, be­hauptet die von Robin Wright gespielte CIA-Agentin im Film. Dass die Welt durch das Eingreifen der Amerikaner nur unsicherer wird, ist nur eine Erkenntnis dieses bemerkenswerten Films, zu dem der Musiker Herbert Grönemeyer, der im Streifen auch einen Kurzauftritt hat, den Soundtrack schrieb.

Die andere Erkenntnis ist, dass Hoffman ein denkwürdiges filmisches Vermächtnis hinterlassen hat. Ob­wohl mit dem altgedienten William Da­foe, der jungen Rachel McAdams oder dem Deutschen Daniel Brühl („Good Bye, Le­nin!“) weitere namhafte Akteure mitwirken, verblassen sie neben dem dominanten Auftritt Hoffmans, der in seiner Rolle als deutscher Agent, der auf der richtigen Seite steht und der die komplexen Ge­heimdienstverstrickungen durchschaut, voll aufgeht. Die Identifizierung ging so weit, dass Hoffman E-Mails an Regisseur Corbijn mit seinem Rollennamen „Günther“ unterschrieb. Harald Tews


Das Carrousel dreht sich
Hohe Reitschule wie zu Zeiten Friedrichs des Großen auf Sanssouci

Am 11. September wird die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) die vollständig restaurierte Kolonnade am Neuen Palais wiedereröffnen. Aus diesem Anlass zeigen die Höfischen Festspiele Potsdam dort vom 11. bis 14. September die barocke Pferdeoper „Le Carrousel de Sanssouci“ über Lie­be und Macht am Hofe Fried­richs des Großen. 24 Pferde und mehr als 100 Darsteller sowie ein Live-Orchester werden die Zu­schauer in vergangene Zeiten entführen.

Die Pferde­show wird durchgeführt von der Fürstlichen Hofreitschule Bückeburg, deren his­torische Wurzeln bis ins frühe 17. Jahrhundert zurückreichen. Die Veranstaltung vor der barocken Kulisse von Sanssouci ist aber auch für den Oberbereiter der Hofreitschule, Wolfgang Krischke, der seit über 20 Jahren professionelle Auftritte mit Pferden reitet und organisiert, etwas Besonderes. „Das Carrousel ist durch seine Authentizität etwas Einmaliges“, sagt er.

Das Carrousel de Berlin war die größte Festlichkeit zu Friedrichs Zeiten, die sich über mehrere Tage hinzog und an der über 200 Pferde teilnahmen. In der Carrousel-Show präsentieren 20 Spitzenreiter auf 25 Pferden und einem Pony innerhalb von zwei Stunden die Hohe Schule der Reitkunst: Lektionen wie Steigen, Terre à terre (den Galopp auf der Stelle), spanischen Schritt, Piaffe, Passage und Quadrillen.

Umrahmt wird die Show von der wahren, um 1750 spielenden Liebesgeschichte des schottischen Edelmanns Patrick Home of Billie zur Baronin Sophie von Brand, einer Hofdame von Elisabeth Christine, der Gattin Fried­richs des Großen. So, wie der allmächtige König den Wettbewerb der Reiterquadrillen lenkt, bestimmt er auch das Schicksal der zwei Liebenden. Patrick muss im Wettkampf um die Trophäen punkten, damit er um die Hand Sophies anhalten darf. Doch seine Gegner sind die besten Reiter des Landes, darunter des Königs Brüder.

„Die Nähe zum historischen Original spiegelt sich sogar in der Auswahl unserer Pferderassen“, sagt Krischke. Neben den damals schon am Hofe gerittenen Barock­pferden wie Lusitanos – von denen zwei sogar extra aus der Schweiz kommen −, Andalusiern, Lipizzanern, Berbern oder Knabs­truppern wird dieses Jahr auch ein Frederiksborger dabei sein, dessen Vorfahren sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen lassen.

Für die kammermusikalischen Elemente des Pferdekarussells sorgt die renommierte „Cammermusik Potsdam“ unter Leitung Wolfgang Hasleders. Das En­semble wird sämtliche Ge­sangs- und Tanzpartien der Aufführung be­gleiten und ge­meinsam mit den Potsdamer Turmbläsern orchestrale wie auch solistische Schwerpunkte in der Aufführung setzen. Beim Carrousel de Sanssouci werden beide Ensembles in Kostümen der Barockzeit auftreten. tws

Vom 11. bis 13. September jeweils 19 Uhr und am 14. September um 15 Uhr. Ort: Vor den Kolonnaden am Neuen Palais Potsdam. Karten sind ab 35 Euro erhältlich an den Besucherzentren der SPSG, unter www.carrousel-de-sanssouci.de sowie te­lefonisch unter (01805) 700733.


Jenseits aller Klischees
Zum 25. Todestag des Maigret-Autors Georges Simenon

Umstritten.“ Das Lieblingswort kritischer Geister und all jener, die sich für einen solchen halten. In elitären Feuilletons trifft es jeden Künstler, der sich gängigen Klischees entzieht, zumindest zu Lebzeiten – getreu dem Klischee „Erst wenn er tot ist, ist er gut“, wie Georg Kreisler in einer bitterbösen Satire formulierte.

Georges Simenon ist seit nunmehr einem Vierteljahrhundert tot, gilt in elitären Feuilletons aber unverdrossen als „umstritten“. Denn bis heute hat der frankophile Belgier es verstanden, sich gängigen Klischees, Vorurteilen und Verurteilungen zu entziehen.

Zum Beispiel dem, dass der Poet, frei nach Spitzweg, arm, erfolglos, einsam und unverstanden zu sein hat. Simenon, 1903 in Lüttich geboren, war keineswegs unverstanden. Im Gegenteil: Außergewöhnlich große Leserscharen verstanden sehr wohl, dass da einer genau die Texte schrieb, in denen sie sich und ihre Lebenswirklichkeit wiedererkennen und reflektieren konnten. Sie machten ihn zu einem der meistgelesenen, meistübersetzten und meistverfilmten Autoren der Weltliteratur.

Und wer so erfolgreich ist, zählt auch nicht gerade zu den Ärmsten der Armen. Schon als 16-Jähriger verstand es Simenon, sein schriftstellerisches Talent zu vermarkten. Ob Reportagen über Radrennen, Boxkämpfe und Konzerte von allenfalls lokaler Bedeutung, ob anonym verfasste Softpornos und Kitschromänchen, ob simpel, aber klar strukturierte Maigret-Krimis oder literarisch anspruchsvolle Romane mit psychologischem Tiefgang – was er zu Papier brachte, machte er auch zu Geld.

Sein Umgang damit war freilich weniger gelungen. Schon in jungen Jahren neigte er dazu, immer, wenn er etwas einnahm, gerade vorher etwas mehr ausgegeben zu haben. „Unstet“ ist eine eher verharmlosende Beschreibung seines Lebensstils. Er heiratete „nur“ zweimal, aber die Zahl seiner Affären mit Prostituierten, Hausangestellten und nahezu allem, was weiblich ist und nicht schnell genug das Weite suchte, geht in die Tausende. Er brachte es auf mehr als 30 Wohnsitze, darunter teils schlossähnliche Anwesen, in fünf verschiedenen Ländern. Nur wenige Dinge musste er entbehren, zum Beispiel den heißersehnten Literaturnobelpreis.

Das mag auch damit zu­sam­menhängen, dass er als rechtskonservativ galt, auch wenn er in seinem literarischen Werk klare politische Positionierung vermied. Nach dem Krieg, den er im besetzten Frankreich verbrachte, wurde ihm Kollaboration mit den Deutschen vorgeworfen, was seinen Erfolg aber nicht nachhaltig schmälerte – im Gegensatz zu manchen deutschen Schriftstellerkollegen, die sich nicht im rechten Moment dem linken Lager zuwandten.

Seinen zwiespältigen Charakter hatte Simenon wohl geerbt. Der Vater ein kleinbürgerlicher wallonischer Buchhalter, die Mutter halb Preußin, halb Holländerin. Den prägenden Unterschied brachte er selber auf den Punkt: „Meinem Vater fehlte nichts, meiner Mutter fehlte alles!“

Den Simenon-Fans in aller Welt fehlt bis heute vor alles eins: eine zuverlässige Liste aller Veröffentlichungen. Folgt man dem Biografen Stanley G. Eskin, dann hat der Belgier 75 Maigret- und 124 Non-Maigret-Romane geschrieben. Hinzu kommen über 150 Erzählungen (28 mit Maigret), etwa 30 autobiografische Werke sowie schätzungsweise 1200 Kurzgeschichten und Groschenromane unter Pseudonym.

50 Romane wurden verfilmt (unter anderem mit Jean Gabin und Heinz Rühmann), zwei Drehbücher für Jean Renoir schrieb er selbst, ferner zwei Hörspiele, drei Theaterstücke und drei Ballett-Librettos, von denen freilich zwei ungetanzt blieben.

Vor 25 Jahren, am 4. September 1989, starb Georges Simenon in der Schweiz nach schwerer Krankheit. Sein Werk aber lebt weiter. Hans-Jürgen Mahlitz


MELDUNGEN

Als die Sowjets abrückten

Peenemünde − „Das Erbe der Sowjetarmee in Deutschland“ heißt eine Ausstellung, die vom 12. September bis zum 7. Dezember im Kraftwerk des Historisch-Technischen Museums Peenemünde gezeigt wird. Die zuvor schon in Wismar gezeigte Fotoausstellung basiert auf den persönlichen Erlebnissen des Hamburger Autors, Journalisten und Zeitzeugen Thilo Gehrke. In einer langjährigen Recherche ge­lang es ihm, die Folgen des 1994 erfolgten Abzugs von einer halben Million sowjetischer Soldaten zu dokumentieren. Zurück blieben zerstörte Kasernen und kontaminierte Gelände. tws

 

Konzerte in den Kaiserbädern

Usedom − Das seit 1994 stattfindende Usedomer Musikfestival geht vom 20. September bis 11. Oktober in seine 21. Auflage. Unter dem Motto „Polens Musik­erbe vor, nach und mit Chopin“ erkunden die rund 40 Veranstaltungen mit Konzerten, Ausstellungen und Rundfahrten an 27 Orten auf der gesamten Insel wie den drei Kaiserbädern Ahlbeck, He­ringsdorf und Bansin, in Swinemünde und der polnischen Schwesterinsel Wollin das musikalische Leben des Grenznachbarn. Höhepunkt und Abschluss bildet das Konzert mit Krzysztof Penderecki in Peenemünde, wo er seine eigene Sinfonie Nr. 2 dirigieren wird. Infos und Kartenbuchungen unter Telefon (038378) 34647 oder www.usedomer-musikfestival.de. tws


S. 10 Geschichte

»Wunder« dank deutscher Führungsfehler
Der Ausgang der Schlacht an der Marne vor 100 Jahren bestimmte den weiteren Verlauf des Ersten Weltkrieges

Während der Marneschlacht erwies sich, dass der deutsche rechte Flügel zu schwach war, um die Umfassung, Einschließung und Vernichtung der französischen Armee durchzuführen. Damit war der deutsche Operationsplan gescheitert und eine Gesamtentscheidung im Westen nicht mehr herbeizuführen. Die Folge war der Übergang vom dynamischen Bewegungskrieg in den statischen Stellungskrieg.

Die Offensive im Westen sollte aufgrund des Schlieffenplans von 1905 so erfolgen, dass die Masse des Gegners unter Verletzung der Neutralität Belgiens und Luxemburgs durch einen überstarken Schwenkungsflügel westlich an Paris vorbei umfasst und nach Osten auf die deutsche Grenze gedrückt wird. Helmuth von Moltke, der Chef des Generalstabes, hatte aber den Plan abgeändert. Er rechnete mit einem Angriff der Franzosen, die er gleich zu Beginn des Feldzuges vernichtend schlagen wollte, um möglichst bald eine Entscheidung herbeizuführen.

Moltke strebte aus Sorge vor dem Eingreifen der Engländer und Russen einen kurzen Waffengang an, obwohl er wusste, dass sein Operationsplan Schwächen enthielt. Dazu zählte beispielsweise das Fehlen einer strategischen Reserve hinter dem äußersten rechten Flügel, der den Gegner umfassen sollte. Es gab auch keine Alternative für den Fall eines Scheiterns. Die Franzosen waren gemeinsam mit der britischen und der belgischen Armee im Norden fast gleich stark wie das deutsche Westheer, das über 36 Korps und zehn Kavalleriedivisionen verfügte.

Die fünf Armeen des deutschen Umfassungsflügels drangen ab 18. August trotz ungewöhnlicher Hitze erfolgreich vor. Der französische Generalstabschef, General Joseph Joffre, griff, so wie es Moltke erwartet hatte, in Lothringen an. Die Deutschen führten zwar einen heftigen Gegenangriff, doch der Gegner wich aus. Die Bahnlinien, die von Lothringen nach Paris führten und eine Truppenverschiebung erlaubten, blieben in französischer Hand. Die deutsche 1. Armee auf dem äußersten rechten Flügel konnte zwar die belgische Armee nach Antwerpen abdrängen, versäumte jedoch die sich bietende Umfassung des Gegners bei Maubeuge – Givet. Hierauf befahlen die Generale Alexander von Kluck und Karl von Bülow, die Befehlshaber der 1. und 2. Armee, scharfe Verfolgung. Am 27. August erging von der OHL die Weisung, in allgemeiner Richtung Paris anzugreifen, doch kündigte sie an, dass starker Widerstand zum Eindrehen der Armeen in südlicher Richtung veranlassen könnte.

Kluck scheute eine Bindung seiner Armee in den Vororten von Paris und wollte daher östlich von Paris die Entscheidung suchen. Er beschloss, am 2. September mit vier Korps nach Südosten zu marschieren, um den geschlagenen Gegner endlich zur Schlacht zu stellen. Moltke hatte inzwischen erkannt, dass die deutschen Truppen nicht ausreichten, um Paris zu umgehen. Er wies am 3. September die 1. Armee an, der benachbarten 2. Armee tief gestaffelt zu folgen und den Flankenschutz des Heeres gegenüber Paris zu übernehmen. Doch Kluck dachte nur an Vormarsch, überschritt die Marne und ließ nur das IV. Reservekorps vor Paris zurück.

Auf der Gegenseite hatte Joffre schon am 25. August befohlen, eine neue 6. Armee aus Truppen aufzustellen, die man aus Ostfrankreich abzog, und unterstellte sie General Joseph Gallieni, dem Kommandanten der Hauptstadt. Nachdem am 3. September der Schwenk Klucks entdeckt worden war, frohlockte Gallieni: „Sie bieten uns die Flanke!“ Nun schien sich eine große Chance zu bieten. Nach heftigen Debatten entschloss sich Joffre, am 6. September zum Angriff überzugehen. Die 6. Armee sollte den Flankenstoß führen. Er hatte obendrein Marschall John French, den Befehlshaber der Briten, dazu gebracht, am Angriff teilzunehmen.

Moltke erkannte nun die drohende Gefahr und befahl am 4. September abends der 1. und 2. Armee, gegen Paris abzuschirmen, um einen Angriff zurückzuschlagen. Sämtliche Reserven waren verausgabt. Die Soldaten waren durch Gewaltmärsche und spätsommerlicher Hitze erschöpft. Am 5. September stieß das IV. Reservekorps vor Paris auf starken Feind. Es wich aus und rief Kluck zu Hilfe, der bereits weit über die Marne vorgedrungen war.

Als Joffres Offensive am nächsten Morgen begann, riss Kluck das Steuer herum und führte seine vier Korps in Gewaltmärschen über die Marne zurück, um den Flankenstoß aufzufangen. Der Gegner wurde zum Stehen gebracht, und zwei Korps setzten zur Umfassung an. Doch der Rückmarsch riss eine 30 Kilometer breite Lücke auf, wo die britische Armee zunächst zögernd vorging. Die 2. Armee musste deshalb ihren rechten Flügel zurück­biegen. Andererseits führte die 3. Armee weiter östlich einen erfolg­reichen Nachtangriff. Sie stürmte die Artilleriestellungen, und die Franzosen wichen fluchtartig zurück. Noch war keine Entscheidung gefallen.

Moltke entsandte, statt selbst zu fahren, Oberstleutnant Richard Hentsch nach vorn mit dem Auftrag, sich zu „orientieren“. Er sollte nur im Falle äußerster Gefahr den Rück­zug der 1. und 2. Armee anordnen. Beide Armeen hatten keine Telefonverbindung zueinander. Der pessimistische Hentsch traf am 8. September abends bei Bülow ein, der sich um die „Lücke“ sorgte, und plädierte für Rückzug. Doch Bülow zögerte. Als er am 9. September vormittags die Meldung erhielt, dass die Engländer die Marne in der „Lücke“ überschritten, befahl er den Rückzug. Doch als Hentsch am Mittag zur 1. Armee kam, erfuhr er, dass man den Briten Reserven entgegenwerfe, während starke Kräfte die Franzosen in der Flanke gefasst hätten. Der Gegner sei schwer getroffen und wanke. Doch Hentsch erklärte, dass die 2. Armee schwer bedroht, nur noch „Schlacke“ sei und dass er Vollmacht habe, den Rückzug zu befehlen. Dies gab – obwohl nicht im Sinne Moltkes – den Ausschlag.

Das „Wunder an der Marne“ entsprang Führungsfehlern. Die Truppe hatte ihr Bestes gegeben und schwere Opfer gebracht. Es handelte sich um eine Verknüpfung von Eigenmächtigkeiten, Fehlurteilen und schlechter Koordination. Einiges spricht dafür, dass nur noch der Angriff in der „Lücke“ trotz des Risikos einen Sieg vor Paris ermöglicht hätte.

Heinz Magenheimer


Woher die Autos mit dem Stern ihren Namen haben
Vaterliebe, Begeisterung für den Motorsport, Geschäftstüchtigkeit und gute Beziehungen gehören zur Antwort

Etwas flapsig ließe sich formulieren, dass Baronin Mercédès Adrienne Ramona Manuela von Weigl, geborene Jellinek, geschiedene Schlosser, die Ehre, dass die heißbegehrten Produkte des vielleicht berühmtesten Automobilproduzenten der Welt nach ihr heißen, der Kombination verdankt, dass sie die heiß geliebte einzige Tochter ihres früh verwitweten Vaters Emil Jellinek war und jenen gute Beziehungen in die Oberschicht, Geschäfts­tüchtigkeit und Begeisterung für den Motorsport auszeichneten. In Leipzig wurde Emil Jellinek 1853 in eine bildungsbürgerliche Familie hinein geboren. Sein Vater war ein gelehrter Rabbiner, seine Mutter war sehr belesen und seine beiden Brüder waren Professoren. In dieser Beziehung ein schwarzes Schaf der Familie, stand Emil mit der Bildung eher auf Kriegsfuß. Nur unter Aufbietung seiner Beziehungen brachte ihn sein Vater im diplomatischen Dienst Österreich-Ungarns unter. Diese Tätigkeit verschlug Emil Jellinek ins seinerzeit französisch beherrschte Algerien; 1899 heiratete er in eine in Algier ansässige französisch-sephardische Familie ein; und Frankreich im Allgemeinen sowie die Afrika gegenüberliegende französische Mittelmeerküste im Besonderen wurden neben Österreich seine zweite Heimat.

Neben seinem Dienst für die k. u. k. Monarchie baute der Diplomat mit nebenbei betriebenen Geschäften ein Vermögen auf, das es ihm ermöglichte, seinem Hobby zu frönen. Er war bereits im Besitz eines Autos, eines „Viktoria“ von Benz, als er 1896 durch eine Anzeige in der Wochenschrift „Fliegende Blätter“ auf die Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) aufmerksam wurde. Er besuchte das in Cannstatt ansässige Automobilunternehmen, erwarb eines seiner Produkte und war davon derart angetan, dass er seine Beziehungen als Diplomat und Kaufmann in den Dienst ihres Verkaufs stellte. Bis zum Tode Gottlieb Daimlers 1900 verkauft er immerhin 34 Fahrzeuge.

Jellinek hatte Zugang zu Daimler wie zu dessen engem Mitarbeiter Wilhelm Maybach und so blieb sein Plädoyer für leistungsfähigere Modelle nicht folgenlos: „Wenn ich aus einem Auto nicht mehr heraushole als aus einem Gespann, kann ich ebenso gut wieder mit Pferden fahren.“ Jellinek plädierte nicht nur für schnelle Autos, sondern auch für deren Einsatz im Motorsport: „Weltberühmt machen Siege. Man kauft die siegreiche Marke und wird sie immer kaufen. Es wäre kommerzieller Selbstmord, den Rennen fernzubleiben.“

Unter einem Pseudonym – ein Vorgehen, das damals nicht unüblich war – meldete Jellinek einen „Phoenix“ von Daimler für die Rennwochen von Nizza im März 1899 an. Als Deck­namen für sich wählte der 1893 verwitwete stolze Vater den Vornamen seiner einzigen Tochter: Monsieur Mercédès.

Auf sein Drängen legte die DMG im darauffolgenden Jahr eine Baureihe auf, die manchen als das erste moderne Automobil schlechthin gilt. Maybachs Konstruktion setzte mit ihrem niedrigen Schwerpunkt, dem Pressstahlrahmen, dem leichten und leistungsstarken Motor sowie dem Bienenwabenkühler Maßstäbe, und ihre eigenständige Form hatte mit der bis dahin vorherrschenden Kutschenbauweise nichts mehr gemein. Dem Vorschlag des Initiators Jellinek folgend, heißt dieser Quantensprung auf vier Rädern „Daimler-Mercédès“.

Bei der Rennwoche in Nizza des März 1901 räumte der Wagen ab – und zwar glei­chermaßen bei der Distanzfahrt, dem Bergrennen und dem Meilenrennen. Vier erste und fünf zweite Preise heimste er ein. „Wir sind in die Ära Mercédès eingetreten“, kommentierte der Generalsekretär des Automobilclubs von Frankreich, Paul Meyan, diesen Kantersieg, der den Ausverkauf der Produktion bis ins Jahr 1904 zur Folge hatte.

Ob dieses Erfolges ließ sich mit dem Namen „Mercédès“ wuchern. Der Durchsetzung dieses Namens für alle weiteren Daimler-Autos kam neben dem Erfolg in Nizza auch die Tatsache entgegen, dass Jellinek für die Abnahme von 36 Fahrzeugen das Vertriebsmonopol für Österreich-Ungarn, Frankreich, Belgien und die USA erhielt und dort die Produkte von Daimler nicht unter „Neuer Daimler“ wie in Deutschland, sondern unter dem Vornamen seiner Tochter vertrieb. 1902 wurde der Mädchenname als Warenzeichen angemeldet und drei Monate später auch gesetzlich geschützt. Im darauffolgenden Jahr wurde auf Emil Jellineks Antrag hin sein Familienname zu „Jellinek-Mercédès “ erweitert. Geistreich konstatierte Jellinek(-Mercédès): „Wohl zum ersten Mal trägt der Vater den Namen seiner Tochter.“

1899 heiratete Jellinek ein zweites Mal. Die Sympathie zwischen Stiefmutter und -tochter scheint sich in Grenzen gehalten zu haben, denn Mercédès fühlte sich zunehmend vernachlässigt und suchte Ersatz in einer eigenen Beziehung. 1909 heiratete sie den Baron Karl von Schlosser. 1912 kam das Mädchen Elfriede, vier Jahre später der Junge Hans-Peter zur Welt. Die Welt erschien in Ordnung. Auch Emil Jellinek war zufrieden. Geld hatte er bereits vorher gehabt, nun hatte er auch noch einen Adeligen zum Schwiegersohn.

Der Erste Weltkrieg brachte jedoch den Abstieg. Der finanziell stark in Frankreich engagierte Emil Jellinek wurde von den Franzosen der Spionage verdächtigt und verlor seine Besitztümer, bevor er 1918 starb. Und Mercédès fühlte sich zur Kunst mehr hingezogen als zu ihrem Mann, einem Beamten. 1923 brach sie aus, verließ Mann und Kinder und heiratete den schwindsüchtigen und mittellosen Bildhauer Baron Rudolf Weigl. Kurze Zeit später war sie eine geschiedene Witwe. Keine 40 Jahre alt starb die am 16. September 1889 geborene Baronin am 23. Februar 1929 in ihrer Geburtsstadt Wien an Knochenkrebs.

Im etwas fortgeschritteneren Alter ist Mercédès augenscheinlich ein wenig in die Breite gegangen, doch zumindest in ihrer Jugend scheint sie an Schönheit den nach ihr benannten Coupés in nichts nachgestanden zu haben. So viel lässt sich aus den überlieferten Bildern schließen. Ihrem Reisepass verdanken wir die zusätzliche Information, dass die Natur bei ihr kastanienbraune Haare kombiniert hatte mit grünen Augen. Welchem Sportwagenfreund kommt in diesem Zusammenhang nicht die herrliche Assoziation mit „British Racing Green“ (britisches Renn-Grün)? Manuel Ruoff


S. 11 Preussen

Die Russen räumen Ostpreußen
Vor 100 Jahren führte die Schlacht an den Masurischen Seen gegen die Njemen-Armee zur Befreiung der Provinz

Der deutsche Sieg in der (zweiten) Schlacht bei Tannenberg vom 26. bis 30. August 1914 war beeindruckend, aber in ihr hatte die deutsche 8. Armee mit Alexander Samsonows Narew-Armee nur eine der beiden russischen Armeen vernichtet, die bei Beginn des Ersten Weltkrieges in Ostpreußen einmarschiert waren. In der Schlacht an den Masurischen Seen nahm sich die 8. Armee vom 6. bis 14. September 1914 die verbleibende Njemen-Armee Paul von Rennenkampffs vor.

Der Stabschef der 8. Armee, General Erich Ludendorff, schreibt in seinen Erinnerungen über das Ende der Tannenbergschlacht: „Ich konnte mich des gewaltigen Sieges nicht aus vollem Herzen freuen, die Nervenbelastung durch Rennenkampffs Armee war zu schwer gewesen … Mir blieb keine Zeit, mich zu entspannen. Ich musste die Gruppierung der Armee für den weiteren Feldzug vorbereiten. Es war eine ungemein schwere Aufgabe, die eine Schlacht zu Ende zu schlagen, und die nächste vorzubereiten.“ Mit der nächsten meinte er die Schlacht an den Masurischen Seen. In der Tat wurden schon vor dem Ende der Schlacht bei Tannenberg Maßnahmen für den Kampf gegen die Njemen-Armee eingeleitet.

Während das deutsche Armeeoberkommando (AOK) die ersten Maßnahmen für die neue Schlacht einleitete, rollten bereits Verstärkungen, welche die Oberste Heeresleitung (OHL) an der Westfront in Frankreich freigemacht hatte, heran, obgleich der Oberbefehlshaber der 8. Armee, Paul von Hindenburg, und Ludendorff nicht darum gebeten hatten. Es handelte sich um das Garde-Reservekorps, das XI. Armeekorps (AK) und die 8. Kavalleriedivision. Diese anrollenden Verstärkungen waren dem deutschen rechten Flügel in Frankreich entnommen. Namhafte Generäle und Militärschriftsteller bezeichnen diese Maßnahme als einen verhängnisvollen Fehler der OHL: Die beiden Korps haben zwei Wochen später bei der Marneschlacht zur Schließung einer Lücke im deutschen rechten Flügel bitter gefehlt.

Rennenkampff hatte seine am weitesten nach Westen vorgedrungenen Teile etwas zurückgenommen und Ende August/Anfang September eine Verteidigungsfront aufgebaut, die sich etwa von Tapiau über Wehlau, Gerdauen, Angerburg und Kruglanken nach Arys hinzog. Zweifellos rechnete er damit, dass die Deutschen gegen diese Stellung frontal – wie bei der Schlacht bei Gumbinnen vom 19. und 20. August – anrennen und sich eine zumindest vermeintliche Niederlage holen würden. Hindenburg und Ludendorff aber suchten nicht eine solche Kampfentscheidung, sie beschlossen vielmehr, mit eigenem starken rechten Flügel den linken Flügel des Gegners umfassend anzugreifen und aus dem Raum von Arys her die ganze russische Front in Ostpreußen durch Vorstoß nach Nordosten zum Einsturz zu bringen beziehungsweise aufzurollen. Das rechte Flügelkorps, dem die Hauptaufgabe zufiel, war das I. ostpreußische Armeekorps. Ihm waren noch zur Flankensicherung die 3. Reservedivision und Landwehreinheiten zugeteilt. Links vom I. Armeekorps focht das westpreußische XVII. Armeekorps. Bei diesen beiden Korps lag der Schwerpunkt der Schlacht.

Am 4. September umging das I. Armeekorps die Masurische Seenplatte bei Johannisburg, nahm dann Stoßrichtung nach Nordosten und schlug in den nächsten Tagen die Truppen des linken russischen Flügels bei Arys entscheidend. Vergeblich versuchte der Feind, aus den Räumen von Bialla und Lyck dem deutschen Angriffskorps in den Rücken zu gelangen. Die feindlichen Entlastungsangriffe wurden nicht nur zum Stehen gebracht, sondern die russischen Verbände wurden weit über die Landesgrenze zurückgeworfen. Auch das XVII. Armeekorps warf in schweren Kämpfen seinen Gegner ostwärts Lötzen und beide deutsche Korps nahmen nun Stoßrichtung auf die Linie Goldap–Ostrand der Rominter Heide, um der Mitte der russischen Njemen-Armee in den Rücken zu gelangen. Ein großer Umfassungssieg bahnte sich an. Die Mitte der 8. Armee hatte zwar auch mit schwächeren Kräften zwischen Kurischem Haff und Angerburg angegriffen, aber nur, um den Gegner dort zu fesseln. Angesichts der Niederlage seines linken Flügels und des Vormarsches der beiden südlichen deutschen Korps fasste Rennenkampff – gewarnt durch Samsonows Schick-sal – rechtzeitig den Entschluss, seine ganze Armee in nordostwärtiger Richtung zurückzunehmen.

Am frühen Morgen des 10. September stellten zuerst bei Gerdauen deutsche Patrouillen fest, dass der Feind in der Nacht seine Stellung geräumt hatte. Bald erkannte die Führung, dass die Russen auf der ganzen Front von Norden bis Süden abbauten. Eine energische Verfolgung wurde angesetzt, wobei der Gegner besonders infolge der außergewöhnlichen Marsch­leistungen der Ost-und Westpreußen im I. und XVII. Armeekorps große Verluste erlitt. Etwa am 15. September war die Verfolgung beendet.

40000 deutschen Toten und Verwundeten standen an russischen Verlusten 125000 Tote und Verwundete sowie 45000 Gefangene gegenüber. Die Beute an Kriegsmaterial war gewaltig. Anders als bei Tannenberg gelang der 8. Armee an den Masurischen Seen allerdings nicht die Vernichtung des Gegners, da die deutsche Armee-Mitte und der linke Flügel den Feind nur frontal verfolgen konnten. Die Russen zogen sich durchschnittlich zirka 100 Kilometer jenseits der Grenze zurück. Dort ordneten sich ihre Verbände neu, und ihnen wurde Ersatz zugeführt.

Die deutschen Truppen hatten die Verfolgung hauptsächlich deswegen einstellen müssen, weil die Österreicher in Galizien schwere Rück-schläge erlitten hatten, so dass das Deutsche Reich zur Stützung der Verbündeten beträchtliche Verbände abgeben musste. Nur dadurch wurde es auch möglich, dass Rennenkampff Anfang Oktober zu einem neuen Vorstoß gegen Ostpreußen schreiten konnte. Er konnte aber nur einen verhältnismäßig schmalen Streifen der Provinz besetzen, der durch die bekannte Winterschlacht in Masuren Anfang Februar 1915 befreit wurde. Der wichtigste Erfolg der Schlachten auf ostpreußischem Boden war, dass der Durchmarsch russischer Truppen bis nach Berlin gestoppt und die Provinz Ostpreußen von der russischen Besetzung befreit werden konnte. E.B.


Die fleischgewordene Verkörperung des »Dr. Faust«
Vor 100 Jahren wurde Will Quadflieg, der große alte Mann des deutschen Theaters, geboren

Vor 100 Jahren wurde Will Quadflieg geboren, der zu den bedeutendsten deutschen Schauspielern des 20. Jahrhunderts zählt. Als Bühnen-, Film- und Fernsehdarsteller verkörperte er im Laufe seiner langen Schauspielerkarriere so ziemlich alle Typen männlicher Rollen, besonders oft und eindrucksvoll aber den tragischen Helden. Im dritten Abschnitt seiner künstlerischen Laufbahn nannte man ihn den „großen alten Mann des Theaters“, da er sich in erster Linie der Bühne verbunden fühlte.

Als Dr. Faust in Gustav Gründgens‘ genialer, 1960 verfilmter Hamburger Inszenierung von Goethes „Faust I“ ist Will Quadflieg in Deutschland noch mehreren Generationen von Film- und Theaterliebhabern in Erinnerung. Auch als „Jedermann“ in Hugo von Hofmannsthals gleichnamigen Parabelspiel setzte er 1952 bis 1959 Maßstäbe bei den Salzburger Festspielen. In gewisser Weise sind der existenzielle innere Konflikt Jedermanns und des Faust vergleichbar, insofern waren es gerade die extremen Figuren, die zu seinen Lebensrollen wurden und ihm das Ansehen eines begnadeten Charakterdarstellers eintrugen.

In einer Umgebung, in der sein Werdegang als gefeierter Schauspieler und Rezitator durch nichts vorgezeichnet war, wurde Will Quadflieg als Friedrich Wilhelm Quadflieg am 15. September 1914 in Oberhausen geboren. Einzig sein Wille, sein Temperament, seine Begeisterung für den künstlerischen Ausdruck durch die Sprache und nicht zuletzt sein gutes Aussehen öffneten ihm nach Abitur und privatem Schauspielunterricht die Türen der großen Bühnen. Wie er 1976 in einem Interview erzählte, hatte er als Jugendlicher eine merkwürdige Vorstellung: Die Riesenflamme, welche über dem Stahlwerk loderte, das sein Vater als Direktor leitete, sei ein Bild für das flammende Sich-Verzehren eines leidenschaftlichen Schauspielers. In dieser Weise sah er seinen Weg vorgezeichnet. Erst im Laufe der Zeit gelangte er zur Einsicht, dass in der darstellenden Kunst als Gegenpol zur Leidenschaft Kontrolle vonnöten sei, um eine fatale Identifizierung zu vermeiden.

Seinem ersten Engagement am Theater Oberhausen im Jahr 1933 folgten weitere in Gießen, Gera, Heidelberg und am Schauspielhaus Düsseldorf. 1937 hatte er es in die Reichshauptstadt geschafft, erhielt Engagements an der von Eugen Klöpfer geleiteten Volksbühne und am Theater der Jugend in Berlin, wo er rasch zum Bühnenstar avancierte. Sein Filmdebüt hatte er 1937 in Arthur Roberts Film „Der Maulkorb“. In dem opulenten UFA-Melodram „Kora Terry“ (1940) gab er neben Marika Rökk den glutäugigen Herzensbrecher. Bis 1944 spielte Quadflieg am Berliner Schiller-Theater unter der Intendanz von Heinrich George weiterhin tragende Rollen. In der von Goebbels beherrschten Kulturwelt machte als Film- und Theaterdarsteller nur Karriere, wer auch in Propagandafilmen „zur Stärkung der Volksmoral“ mitwirkte. So erging es auch Will Quadflieg, obwohl er nicht um der Karriere willen, sondern einzig aus Neigung zur Schauspielerei zum Theater gegangen war, wie er später betonte. Sein Verhalten im Nationalsozialismus beurteilte er im Rückblick selbstkritisch.

Seit 1947 gehörte Will Quadflieg zum Ensemble des Hamburger Schauspielhauses. Bis Mitte der 60er Jahre übernahm er vorwiegend klassische Rollen in verschiedenen deutschen Theatern, am Schauspielhaus Zürich und am Wiener Burgtheater. Parallel dazu wirkte er in einigen Kinoproduktionen mit, darunter „Die Försterchristel“ (1952, Regie Arthur Maria Rabenalt) und „Lola Montez“ (1955, Regie Max Ophüls). Nach 1960 sah man ihn nur noch in Fernsehfilmen und in einzelnen Folgen von Krimiserien wie „Der Kommissar“ und „Derrick“. In der vierteiligen Wirtschaftskomödie „Der große Bellheim“ (1993, Regie Dieter Wedel) spielte er eine Hauptpartie an der Seite von Mario Adorf und Heinz Schubert.

Mit dem modernen Regie-Theater, das die Distanz von der herkömmlichen Theaterauffassung zum Programm erhob, konnte er sich nicht abfinden. Eine Zeitlang wandte er sich daher von der Bühne ab und einer neuen künstlerischen Aufgabe zu: er wurde Rezitator. Für die „Deutsche Grammophon“ entstanden Schallplattenaufnahmen mit Lesungen von Lyrik und aus Werken der klassischen Literatur, später auch gemeinsame Einspielungen mit seinem Sohn Christian, der ebenfalls seit Jahrzehnten im Schauspielfach erfolgreich ist. Will Quadfliegs ausdrucksstarke Stimme ist auf zahlreichen Tonträgern konserviert. Seit den 70er Jahren spielte er auch wieder Theater. Mehrfach waren es Inszenierungen von Rudolf Noelte, der als konservativer Regisseur galt und sich ebenso wie er selbst nur der „Partitur der Dichtung“, also des Stückes, verpflichtet fühlte. Schließlich fand er von 1985 bis zu seinem Tod am Hamburger Thalia Theater noch einmal eine künstlerische Heimat. Privat engagierte er sich für die Friedensbewegung und für den Tierschutz. Am 27. November 2003 starb Willi Quadflieg unweit seines niedersächsischen Altersruhesitzes Osterholz-Scharmbeck.

Dagmar Jestrzemski


S. 12 Leserforum

Leserforum

Ostpreußens Störche in Südafrika gesichtet

Zu: Ade, Adebar! (Nr. 34)

Seit Langem verbringen wir die jeweilige Jahreswende an unserem Zweitwohnsitz in der südafrikanischen Metropole Kapstadt, um dort für mindestens zwei Monate zu überwintern. Vor drei Jahren erlebten wir kurz vor Weihnachten nördlich von Kapstadt erstmals einige Störche, die sich in einem privaten Tierpark befanden. Uns wurde gesagt, sie kämen jedes Jahr, hielten sich zwischen den Wildtieren auf und würden offensichtlich von diesen „als Gäste“ akzeptiert.

Ende Dezember vorigen Jahres entdeckten wir dann bei Swellendam – ebenfalls in der Provinz Westkap und zirka 220 Kilometer östlich von Kapstadt gelegen – einen ganzen Schwarm Störche auf einer Grasfläche. Da wir drei Monate zuvor in unserer Heimat Ostpreußen gewesen waren, kam uns der Anblick recht vertraut vor, und wir meinten, das könnten vielleicht sogar ostpreußische Störche sein.

Ihr Artikel in der PAZ bestätigt nun diese Vermutung, denn dort heißt es ja, dass die „Ostzieher“ tatsächlich zehntausende von Kilometern bis nach Südafrika fliegen. Wenn wir also Anfang Dezember dieses Jahres wieder nach Kapstadt fliegen, werden wir dort verstärkt nach „unserem“ ostpreußischen Adebar Ausschau halten.

Wolfgang Reith, Neuss und Kapstadt

 

 

Wann hört der Albtraum auf?

Zu: Aufbegehren gegen Propagandakrieg (Nr. 34)

Albtraum einer 91-jährigen Ostpreußin! Ich kann nicht schlafen, diese drei Endungen: Lenin, Stalin und Putin machen mir zu schaffen. Hatten und haben alle drei gleiche Taten und Ziele? Der Wolf aus dem Osten kommt im Schafspelz daher und bringt uns eine neue Mär von Pressefreiheit, Frieden und anderen guten Dingen, die leider in Russland gar nicht gelingen. Das Großreich zerfiel, nun versucht man mit List und Tücken die Krim wieder anzuflicken. Das Ziel ist erreicht.

Putin hatte es auch leicht, denn der Westen sah zu, wenn auch in unruhiger Ruh. Nun schwingen sie im Osten weiter die Keule und bringen Separatisten in die Ukraine. An der Grenze standen scheinheilig Hilfsgüter bereit, aber hereinlassen wollte man sie nicht, denn das Rote Kreuz verlangt Sicherheit und Kontrollen, die aber die Russen auf keinen Fall wollen. Sehr ungewiss ist die Lage vor Ort. Was sollen unsere Sanktionen vom Westen erreichen dort?

Diplomatie ist gefragt, doch leider hat sie versagt, denn jetzt sind die Politiker wieder auseinandergegangen, ehe die Fragen nach Zielen angefangen haben. Was bleibt mir in meinen Träumen zu tun? Abwarten, nicht träumen. Einfach ruhen.

Erna Nahm, Frankenberg

 

 

Verrücktheiten

Zu: Haben Sie Mut, sich Ihres Verstandes zu bedienen (Nr. 34)

Bestürzend in dem Beitrag von Eva Herman ist, wie viel von dem Szenario von George Orwells Roman „1984“ heute schon Wirklichkeit geworden ist, dass durch ständiges Wiederholen einer Unwahrheit diese schließlich als Wahrheit hingenommen wird.

Gender-Sprache ist ja mehr ein Symptom dabei. Es ist erschütternd, dass durch das ständige Wiederholen dieser Hirngespinste deren Unsinnigkeit offenbar von vielen nicht mehr bemerkt wird. Es mag ja jeder so verrückt sein, wie er mag. Eine Zumutung ist es aber zu erwarten, für diese Unsinnigkeiten gelobt oder belohnt zu werden oder gar zu meinen, andere maßregeln zu dürfen, die solche Verrücktheiten nicht widerspruchslos hinnehmen wollen.

Prof. Martin Knappke, Karlsruhe

 

 

Was sind schon 20000 Soldaten?

Zu: Mit aller Macht gegen Putin (Nr. 31)

Heute reichen also bereits 20000 Soldaten und ein wenig Kriegsmaterial an einer mehr als 2000 Kilometer langen Grenze, um einem Land Kriegsabsichten zu unterstellen. So im Falle Russlands, das nach US-Angaben angeblich Feuerstellungen nahe der ukrainischen Grenze besitzt.

Erinnern wir uns: Kaum ein bundesrepublikanischer Historiker lässt Zweifel aufkommen, dass das Deutsche Reich am 22. Juni 1941 die Sowjetunion überfallen habe. Und dies, obwohl es nach einer kurzzeitigen Öffnung russischer Archive um 1990 ausreichende Hinweise gab, ein Angriff der Sowjetunion ihrerseits sei 1941 geplant gewesen und habe kurz bevorgestanden.

Nach und nach hatte Stalin etwa 16500 Panzer zusammengezogen, voll aufmunitioniert und betankt, Rohre in Richtung Westen aufgestellt. Im Bereitstellungsraum war für ausreichend Nachschub für einen längeren Feldzug gesorgt. Zusätzlich standen 4,7 Millionen Soldaten angriffsbereit, Unmengen an Artillerie und 6500 Kampfflugzeuge warteten an der Grenze zu Polen auf den Einsatzbefehl.

20000 Soldaten ohne nennenswertes Kriegsmaterial gelten heute für die USA und Kanzlerin Merkel als Hinweis auf die bösen kriegerischen Absichten des schlimmen Putin. Die Millionen Soldaten und das stetig mehr werdende Kriegsmaterial damals seien hingegen aber keinerlei Hinweis auf Angriffsabsichten von Stalin gewesen.

Hier sollte, wer das noch kann, sich doch Gedanken machen. Ich fürchte jedoch, besonders wenn ich mein Umfeld betrachte, dies können nur noch ganz wenige.

Manfred Köhler, Paderborn

 

 

Abschied von den USA und dafür neue Partner suchen

Zu: USA sichern sich Vorteile (Nr. 32)

Sanktionen ja, aber nicht für die USA? Die von den Vereinigten Staaten und der EU verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland werden sich langfristig als Eigentor erweisen. Gehorsam, wie der Deutsche Michel ist, werden die Sanktionen eingehalten. Obwohl gemeinsam mit den USA beschlossen, tanzen unsere Freunde aus Übersee wieder aus der Reihe und scheren sich überhaupt nicht darum, wenn sie daraus keinen Vorteil ziehen können. Nach Logik Washingtons heißt das: Wirtschaftskrieg gegen Russland ja, aber diesen bitte auf Kosten Deutschlands.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sollte eigentlich die Interessen Deutschlands vertreten und nicht übereifrig den USA zuvor kommen, um seine Vasallen-treue unter Beweis zu stellen. Aktuell ist man darüber erbost und fast beleidigt, wie es sich Putin erlauben kann, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Der Westen hat Russland und dessen Präsidenten Wladimir Putin total unterschätzt, ein Riesenfehler! Diese ganze Misere hat langsam den Beigeschmack von trotzigen Kindern in einer Kita. Deutschland sollte gerade mit Russland versuchen, eine Politik in Augenhöhe und gegenseitiger Achtung zu betreiben.

Die treibende Kraft, was die Sanktionen gegen Russland betrifft, sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Wir, also Deutschland, sind doch diejenigen, welche am meisten unter Sanktionen leiden müssen. Dem Mittelstand geht jetzt schon langsam die Puste aus und man hofft, dass dieses ganze Dilemma der gegenseitigen Sanktionen bald ein Ende hat.

Putin ist ein gewiefter Politiker und Stratege, dem gegenwärtig keiner so richtig Paroli bieten kann, weder die EU noch US-Präsident Barack Obama. Russland forciert derzeit die Gründung der BRICS-Entwicklungsbank und den Bau des Nicaragua-Kanals. Diese Entwicklung ist natürlich den USA ein Dorn im Auge und muss aus ihrer Sicht unter allen Umständen verhindert werden. Teilnehmer der BRICS-Staaten sind Russland, China, Indien, Brasilien und Südafrika. Diese Gemeinschaft stellt 2,5 Milliarden der Menschheit, also ein nicht zu unterschätzendes Gegengewicht in der Wirtschaftspolitik.

Erst im Juli wurde in Brasilien die „Neue Entwicklungsbank“ (NEB) sowie eine Währungsbank mit einem Startkapital von 100 Milliarden Dollar gegründet. Mit diesem Vorhaben will man die Vormachtstellung und Dominanz des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Bedrängnis bringen. Der Hauptgrund dieser neuen Banken-Vereinigung der BRICS-Staaten ist es, das Machtmonopol der US-Finanz zu brechen und eigene Wege zu gehen. Dieses geballte Machtinstrument dürfte der Dynastie von Rockefeller und Rothschild noch einiges an Kopfzerbrechen bereiten.

Ein weiterer Schlag gegen die US-amerikanische Expansionspolitik ist der Plan, in Nicaragua einen Kanal zu bauen, welcher dem Panamakanal Konkurrenz bieten soll. Die USA, ohnehin finanziell in der Pleite, wird in den nächsten Jahren mit starkem Gegenwind zu rechnen haben. Es ist zu hoffen, dass die deutschen Politiker die Zeichen der Zeit erkennen und die Weichen der zukünftigen Wirtschaftspolitik in die richtige Richtung stellen. Wie sagte schon Gorbatschow: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“

Für die Vereinigten Staaten sind wir nur ein Partner, solange wir gebraucht werden. Deshalb sollte Deutschland seine Politik verstärkt in Richtung Osten ausrichten und Partnerschaften mit den BRICS-Staaten suchen und pflegen. Für die exportorientierte Wirtschaft Deutschlands sind vorgenannte Staaten noch wichtiger, als eine Partnerschaft mit den USA.

Wolfgang Rohde, Sigmaringen


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Obelisk in Gilgenburg in neuem Glanz
Gedenktafel anlässlich »100 Jahre Tannenbergschlacht« wurde gemeinsam feierlich eingeweiht

Am 24. August hatten die in Klein Lehwalde ansässige Stiftung „Tannenberg“ und die Landgemeinde Gilgenburg zur Einweihung einer Tafel für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs aus Gilgenburg und den zugehörenden Ortschaften eingeladen. Aus Anlass des 100. Jahrestags der Schlacht bei Tannenberg wurde eine mit finanzieller Unterstützung der Kreisgemeinschaft Osterode angefertigte Kopie der Tafel am Obelisk in Gilgenburg befestigt, der zum Gedenken dieser Toten errichtet wurde.

Betritt man die evangelisch-methodistische Kirche in Gilgenburg, so stehen rechts neben dem Altar die Tafeln mit den Gefallenen des Ersten Weltkriegs aus Seemen, Schönwäldchen, Klein und Groß Lehwalde sowie Gilgenburg selbst. Diesen Toten war auch ein Obelisk mit quadratischem Grundriss gewidmet, der an der Stelle einer einstmaligen prussischen Schanzenburg am Kleinen Damerausee errichtet wurde und auf vier an seinen Seiten befestigten Kupfertafeln ihren militärischen Rang, Namen und Sterbedatum zeigte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden das auf ihm befestigte Kreuz und die Tafeln entfernt, der Gedenkort verschwand in dichtem Gebüsch und aus dem Blick der Einwohner der Gemeinde.

In den 50er Jahren zog Zbigniew Podolak mit seinen Eltern nach Gilgenburg. Auf dem Dachboden ihres Hauses fanden sich viele interessante Gegenstände, die aber erst später bei Renovierungsarbeiten ans Tageslicht kamen. Darunter war auch eine der bereits erwähnten kupfernen Platten. „Ich habe sie zum Gemeindebürgermeister gebracht, wo sie einige Zeit stand. Später wurde sie rekonstruiert und in der evangelischen-methodistischen Kirche ausgestellt“, erzählt Podolak das weitere Geschehen. Inzwischen stieß in Klein Lehwalde Tomasz Osterloff bei Arbeiten auf dem Gelände seiner Pension auf Reste eines Schützengrabens aus dem Ersten Weltkrieg. „Er gehörte mit Sicherheit nicht zur eigentlichen Schlacht bei Tannenberg. Sie verlief so schnell, dass keine Zeit für das Schanzen blieb“, erläutert er und fügt hinzu: „Der Schützengraben symbolisiert aber wie kaum etwas anderes den späteren Stellungskrieg.“ Um die Entdeckung sowie die damit verbundenen Zusammenhänge öffentlicher zu machen, gründete er mit Kollegen und Freunden die Stiftung „Tannenberg“, deren Vorsitzender er ist. Die Initiative zum Anbringen der Tafel hat neben dem Gedenkjahr zur Tannenbergschlacht mit dem Jäger Willi Wollenschläger zu tun, so Tomasz Osterloff: „Er steht als Erster auf der gefundenen Tafel und fiel am 23. August 1914.“ Gemeinsam mit der Gemeinde Gilgenburg und ihrem Bürger-meister Tadeusz Błaszkiewicz stellte die Stiftung „Tannenberg“ ein Volksfest in Klein Lehwalde und Gilgenburg auf die Beine. Am 23. August stand ein nachgestellter Kampf um einen Schützengraben zwischen russischen und deutschen Soldaten auf dem Programm, am 24. die Einweihung der Kopie der Originaltafel. „Wir haben sie herstellen und am Obelisk befestigen lassen, da die alte Tafel mit ihrem historischen und materiellen Wert einen Diebstahl befürchten lässt“, erklärt Tomasz Osterloff.

Zur Einweihung wurden beide Tafeln präsentiert, flankiert von einer soldatischen Ehrenwache in historischen Uniformen und einer kleinen Abteilung der örtlichen Pfadfinder. Eine Bläsergruppe umrahmte musikalisch die von über 50 Personen besuchte Veran-staltung. Bürgermeister Błaszkie-wicz ist mit dem bisher Erreichten zufrieden: „Wir haben den Hügel, auf dem der Obelisk steht, vom Unterholz befreit und eine provisorische Treppe angelegt, wie es sie ähnlich früher auch gegeben hat. So ist das Denkmal wieder sichtbar.“ Besonders freut ihn, dass mit der Kreisgemeinschaft Osterode ein finanzieller Unterstützer gefunden werden konnte: „Ich kenne Professor Edgar Steiner und bin dankbar für die Übernahme der Kosten der neuen Tafel.“ Kopien der restlichen drei Tafeln sollen in den kommenden Jahren angebracht werden. Die Gemeinde will die Treppe, beginnend mit einem von der Kreisgemeinschaft Osterode gestifteten Grundstein, permanent gestalten und um den Obelisk eine ruhige Stelle mit Aussicht auf den See schaffen. Kritik am Gedenken für deutsche Soldaten gibt es nicht. Es sind schließlich auch polnische Namen auf den Tafeln und in beiden Heeren hatten Polen gekämpft. Oder um es mit den Worten des evangelisch-methodistischen Pastors Artur Poganiacz bei der Einweihung zu sagen: „Damals gab es weder Protestanten noch Katholiken, weder Polen noch Deutsche. Sie alle verteidigten das Land ihrer Väter und fielen dafür.“

Uwe Hahnkamp


Allensteiner wollen mehr Grün
Idee einer Gartenstadt nach wie vor aktuell – Bürger protestieren gegen Einkaufszentren

Der Allensteiner Stadtrat hat den Bau des neuen Einkaufszentrums zwischen Jomendorf [Jaroty] und Bergenthal (Nagórki] bewilligt. Zurzeit gibt es in Allenstein zwei Ein-kaufsgalerien „Manhattan“ beim Pl. Puławskiego und „Aura“ in der Piłsudskiego Straße. Am 5. September wurde eine dritte, die „Galeria Warminska“ in der Tuwima Straße, eröffnet. Das nächste Einkaufszentrum zwischen Jommendorf und Bergenthal wäre also das vierte.

Das Problem ist aber, dass die Einwohner kein weiteres Einkaufs-zentrum mehr wollen, sondern mehr Grün. Die Siedlungen Jommendorf und Bergenthal sind charakterisiert durch eine enge Hochhäuserarchitektur, ohne größere Grünanlagen dazwischen. Nach jahrelangem Leben in grauen Hochhäusern nach nach dem kommunistischen Bebauungsplan sehnen sich die Bürger nach Natur auch in der Stadt. Das hat die Eröffnung des neuen Zentralparks [Park Centralny] eindeutig gezeigt.

Der Zentral-park befindet sich an der Alle [Łyna] zwischen Postbrücke [Mostow Jakuba] und Roonstraße [Kosciuszki]. Der Park ist fast 13 Hektar groß und wurde im englischen Stil gestaltet. Es gibt vier Brücken, die die Alleufer verbinden. Der Zentralpunkt ist eine Fontäne mit Kugeln, die teilweise im Wasser versunken sind. Die Kugeln symbolisieren das Sonnensystem und sie sollen an die Tätigkeit des berühmtesten Stadtbewohners, Nicolaus Copernicus anknüpfen.

Zur Parkeröffnung gab es „das Frühstück im Grünen“, das Mengen von Bürgern und Touristen anlockte. Die Menschen strömten mit Decken und Picknickkörben in den Park. Außer Frühstücken konnte man auch Schach oder Scrabble spielen, Musik hören, Sport treiben und vieles mehr. So wie die Figuren auf einem Manet-Bild wollten die Menschen Natur erleben und Gemeinschaft genießen.

Schon seit längerer Zeit kann man die steigende Popularität von Organisationen wie „Slow-Food“ (langsames Essen) oder „Citta-slow“, deren Bestreben mehr Genuss und die Verbesserung der Lebensqualität in Städten ist, beobachten. Wie sich herausstellte, wollen die Einwohner Allensteins nicht nur am Massenkonsum teilnehmen, sondern ihre Lebensqualität verbessern, aber nicht mit einem weiteren Einkaufszentrum, sondern durch die Bewahrung der Grünflächen.

„Allenstein – Ostpreußens Gartenstadt – Herrliche Wälder und Seen“ warb einst ein Plakat von Erich Mendelsohn. Allenstein hat immer noch viel Grün zu bieten. Ein Fünftel der Stadtfläche ist mit Bäumen bestanden und der Stadtwald soll der größte in Europa sein. Außer Wäldern gibt es auch Seen, allein auf dem Stadtgebiet sind es elf. Es ist das Naturerbe dieser Stadt, das bewahrt werden soll. Vielleicht sollten die Allensteiner Stadträte die Idee der Gartenstadt verinnerlichen und damit den Bürgerbedürfnissen mehr entgegen-kommen.

Edyta Gładkowska


MELDUNGEN

Russen kaufen in Polen ein

Allenstein/Königsberg – Immer mehr Russen kommen in die Republik Polen. Zwischen dem 7. August, an dem das russische Embargo gegen den Import vom Fleisch, Milchprodukten, Fische, Obst und Gemüse aus der EU, den USA, Kanada, Australien und Norwegen in Kraft trat, und dem 14. August sind 83000 russische Personenkraftwagen über die innerostpreußische Grenze in den südlichen Teil der Provinz gekommen. Das sind über 3000 mehr als im Vergleichszeitraum des Vormonats. In den Autos sitzen inzwischen in der Regel zwischen drei und vier Personen, früher waren es weniger. Der Grund ist simpel. Das russische Embargo betrifft den Güter, aber nicht den Personenverkehr. Jeder Russe darf fünf Kilogramm Lebensmittel einführen. Mittlerweile kommt jeder zweite Russe im Zuge des Kleinen Grenzverkehrs über die Grenze in die Republik Polen. Im Königsberger Gebiet hat mit über 240000 von knapp einer Million Einwohnern ungefähr jeder vierte Russe die Bewilligung zur Teilnahme am Kleinen Grenzverkehr. E.G.

 

Melvita hat dicht gemacht

Ortelsburg – In Ortelsburg hat das nächste Unternehmen Pleite gemacht. Nach dem Möbelproduzenten „Favorit“ musste auch der Naturproduktehersteller „Melvita“ zumachen. Insgesamt haben über 400 Personen ihre Arbeit verloren. Damit sind zurzeit in Ortelsburg über 6000 Menschen arbeitslos. Die Ortelsburger Grützmühle war neben der früheren Brauerei das berühmteste Unternehmen Ortelsburgs. Ihre Geschichte reicht bis in die Vorkriegszeit zurück. E.G.

 

Störungen des Verkehrs

Straße Nr. S22: Verkehrsknoten Brücke auf der Passarge, Renovierung. Straße Nr. 15: Rakowitz im Kreis Neumark [Rakowice], Straßenumbau; Straße Nr. 16: Lycker Umgehungsstraße, Renovierung der Brücke; Nagladden [Naglady] – Allenstein [Olsztyn], Baustelle; Erlenau [Olszewo] – Eichendorf [Dabrówka], Baustelle; Kreuzdorf [Krzyzewo] – Reiffenrode [Prawdziska], Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing [Elblag] – Rehfeld [Grzechotki], Baustelle. Straße Nr.53: Ortelsburg [Szczytno] – Ebendorf [Olszyny], Baustelle. Straße Nr. 57: Gallingen [Galiny] – Bischofstein [Bisztynek], Mähen der Randstreifen; Klein Schöndamerau [Trelkówko] – Eichtal [Debówko], Baustelle. Straße Nr. 58: Kurken [Kurki], Brückenbau, einspurig. Straße Nr. 63: Primsdorf [Prynowo]; Ublick [Ublik] – Dannen [Danowo], Baustelle. Straße Nr. 65: Teuburg [Olecko] – Lyck [Ełk], Ortschaft: Herzogskirchen, Baustelle; Treu-burg [Olecko] – Lyck [Ełk], Ortschaft: Wittenwalde [Oracze], Baustelle. E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

es ist erfreulich, welche Erfolge unsere Wünsche und Suchfragen in den letzten Wochen erbracht haben, und das ist noch tiefgestapelt, wenn man das Vokabularium unserer Leser und Leserinnen verwenden würde. Aber bleiben wir auf unserem ostpreußischen Flickerteppich und nehmen einen Satz aus der Mail von Frau Marianne Pielka aus Berlin zur Richtlinie für die heutige Kolumne: „Viel Erfolg weiterhin für Ihre Arbeit, und mein Schreiben sollte allen Lesern Mut machen, die vielleicht auch Fragen haben und hierin wieder einmal ein Beispiel für schnelle Hilfe sehen.“ In ihrem Fall hat wirklich unsere Familie gespurt und dazu noch mit fundierten Angaben, so dass Frau Pielka und ihre Mutter Christel Tonski hocherfreut waren, weil alle ihre Fragen richtig gestellt werden konnten. Frau Tonski stammt aus Neidenburg. Mutter und Tochter hatten sich auf einer Heimatreise auf Spurensuche nach dem Haus begeben, in dem sich einst die Fleischerei Tonski befunden hatte, waren auch fündig geworden, aber es blieben wegen vieler Ungewissheiten Fragen offen. Die sollte nun unsere Ostpreußische Familie klären und das tat sie auch schnell und gründlich. Von einer ersten Reaktion hatte ich schon berichtet, aber dann kamen weitere Zuschriften mit Belegen –Auszüge aus Telefonverzeichnis und Adressbuch, alte und neue Stadtpläne –, so dass jetzt alles seine Richtigkeit hat und die nächste Heimatreise gut vorbereitet werden kann. Darüber hinaus bekam Frau Pielka von Herrn Reinhard Kayss aus Bischofsheim wertvolle Hinweise für die Ahnenforschung. Herr Kayss meint, auf dem nächsten Kreistreffen der Neidenburger in Lüneburg Mitte September noch weitere Angaben erhalten zu können. So läuft der Faden weiter …

Wie auch bei Herrn Eberhard Jung, dessen Beitrag über seine Urgroßtante, die Dichterin Frieda Jung, eine für ihn ungeahnte Wirkung hatte. Es meldete sich – wie schon in Folge 33 berichtet – Frau Gisela Brauer, die eine Verwandtschaft mit Frieda Jungs Ehemann vermutete. Obgleich ja keine direkte Verwandtschaft mit diesem Lehrer Brauer besteht, hat Eberhard Jung dazu Stellung genommen. Und uns damit einen amüsanten Einblick in die Familiengeschichte gewährt, die ich unseren Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten möchte. Jung schreibt: „Ich habe Frau Gisela Brauer angerufen, und sie hat mir ihr Buch ,Lebensbilder der Vergangenheit über ihre Familiengeschichte geschickt. So interessant es ist – eine direkte Brücke zu jenem ,Lehrer Brauer’, den Frieda Jung als 20-Jährige heiratete, habe ich nicht gefunden. Leider! Zur Erinnerung: In der Chronik der Familie Jung, die 1910 Friedrich Jung, ein Vetter meines Großvaters Louis Jung, schrieb und die Opa Louis dann 1938 abgeschrieben hat, steht ganz lakonisch nur folgender Satz: ,Friederike, Onkel Augusts jüngste Tochter, war an den Lehrer Brauer in Gumbinnen verheiratet. Konnte bei demselben aber nicht aushalten, ging durch und wurde später geschieden. Dieselbe wohnte in Buddern und ist eine berühmte Dichterin geworden. Also kein Vorname, kein Alter, kein Vermerk über den Ehemann. Meine Großmutter hat – wenn überhaupt – nur über die Dichterin Frieda Jung gesprochen. Ihr Leben ist lediglich aus ihren Erzählungen und Gedichten zu entnehmen wie ,Mein Kind oder ,Er gab mir ohne Liebe das goldne Ringelein. Ich nahm es ohne Liebe, Gott mag verzeih’n. Ich glaube, dass jener Lehrer Brauer aus einer Sippe der eingewanderten Salzburger stammt. Es könnte eine Nebenlinie der von Gisela Brauer als ihr Urahn angeführten David Brauer senior (1808–1849) sein. Wie viele Brüder hatte er, wie viele Söhne? In Frage kommen könnte ein Enkel des 1935 geborenen David Brauer junior. Dieser könnte 1885 so um 25 Jahre alt und Lehrer gewesen sein. Ich werde diese Vermutungen an Frau Gisela Brauer weitergeben.“

Soweit Eberhard Jung. Was hier betrieben wird, ist Familienforschung vom Feinsten. Sollte es wirklich möglich sein, diese Leerseite in Frieda Jungs Biografie zu füllen, wäre das schon mehr als eine Fußnote in der Ostpreußischen Literaturgeschichte. Für einen Heiterkeitseffekt sorgt die trockene Kurzbiografie der Dichterin in der Familienchronik: „Konnte es bei ihm nicht aushalten und ging durch!“ Eine Wortwahl, die vielleicht nur im Pferdeland Ostpreußen verständlich war. Vielleicht hat der strenge Lehrer Brauer seine junge Frau zu sehr an die Kandare genommen.

Die „Bierkirschen“ in Folge 33 haben nicht nur Erinnerungen an heimatliche Kirschspeisen geweckt, sondern auch den Beweis gebracht, dass sie heute noch zubereitet werden – mit Bierkirschen! Die gibt es hier im Westen, jedenfalls nachweisbar in Lippe Detmold, denn von dort meldet sich Herr Martin Schröder, der Bierkirschenbäume im eigenen Garten hat. Wie der Ostpreuße dazu kam, soll er selber erzählen:

„Als ich nach der Vertreibung hier nur die Schattenmorellen bekommen konnte, hatte ich so manches Mal an unsere vielen Bierkirschen gedacht. Da gab es immer die Kirschsuppe mit Flinsen und in vielen anderen Zubereitungen. Wenn ich zum Kühe hüten aufs Feld musste, hatte ich mir oft die Fuppen vollgestopft. Da die Bierkirschen doch verhältnismäßig weich waren, hatte ich dann ein Problem mit den Verfärbungen der Hosentaschen! In den 60er Jahren sah ich dann durch Zufall bei einem Kleinbauern in Detmold Bierkirschen. Ich erhielt einen Ableger und konnte die ersten Bäumchen züchten. So konnte ich nun mit meinen leckeren Kirschen und Kirschkuchen angeben. In diesem Jahr habe ich zwölf Gläser entsteinte Bierkirschen eingemacht, und zu meinem 90. Geburtstag im November gibt es dann Bierkirschentorte. Ebenfalls konnte ich seinerzeit auch Pflanzen einer alten Erdbeersorte von einem Kleingärtner erhalten. Er nannte sie Schwarze Ananas, auch sie hat ein unübertroffenes Aroma.“ Vielen Dank, lieber Herr Schröder, für diesen netten Bericht über Ihr Obstparadies, das Sie anscheinend frisch und aktiv erhält, wie man Ihren Zeilen unschwer entnehmen kann.

Beigelegt war dem Schreiben von Herrn Schröder ein Gedicht, das er nur noch bruchstückhaft in Erinnerung hat und nach dessen vollständigem Text er bisher vergeblich gesucht hat, alle Umfragen blieben ergebnislos. Da hat der fast 90-Jährige einfach das „Samländische Fischerlied“ nach eigener Vorstellung vervollständigt. Es ist eine Art Melodram, man könnte sich vorstellen, dass es einst auch Moritatensänger gesungen haben. Vielleicht kennt jemand doch diese Ballade von der verzweifelten Fischerfrau Luise, die ihren Mann nicht erkennt, als er nach langen Jahren des Verschollenseins heimkommt. Und mit dem sie dann beim Wiedersehen am samländischen Strand von der tosenden See verschlungen wird.

Ein Brief aus Florida, Frau Jutta M. la Pinta hat ihn geschrieben, deren Hinweise auf die für die „Wolfskinder“ so hilfreiche Aktion von Frau Anni Beidash wir in Folge 29 veröffentlichten. Sie bedankt sich herzlich für unsere ausführlichen Berichte über die Wolfskinder und hofft, dass die darin enthaltenen Informationen auch bei Frau Beidash ankommen, denn es wird langsam Zeit, dass diese so überaus hilfreiche alte Dame ihre Aktionen einschränkt oder aufgibt. Frau la Pinta schreibt: „Wir Deutschen, inklusive ihr Mann Don, bitten Anni Beidash innigst, mit ihren Hilfsaktionen für Deutsche im Ausland aufzuhören. Sie kann es nicht lassen, denn in den 33 Jahren, in denen sie es tut, ist ihr das Helfen in Fleisch und Blut übergegangen.“ Das hat Frau Beidash in ihrem letzten Schreiben an Frau la Pinta bewiesen, in dem sie von ihrer letzten Hilfsaktion berichtet, die sie in Chicago selber auf den Weg gebracht hat. Frau la Pinta stellt nun Überlegungen für ein großflächiges Hilfsprogramm an, das sich sehr einfach anhört, dessen Realisierung aber in dieser Form an organisatorischen Schwierigkeiten scheitern würde. Ich werde Ihren Vorschlag aber gerne weiterreichen. liebe Frau la Pinta. Es ist betrüblich zu hören, wie Ihr Kreis immer kleiner wird, so dass das jährliche Treffen im Cape Coral German American Social Club aufgegeben werden musste. „Das Alter mit zunehmenden Gebrechlichkeiten und Krankheiten ist ein Grund, dazu kommen die langen Anfahrten, zu denen die Teilnehmer die Unterstützung ihrer Kinder benötigen. Beim letzten deutschen Gottesdienst in Sarasota, der Kreisstadt von Venice, im letzten April waren unter den 19 Anwesenden nur acht Ost- und Westpreußen. Alle waren über 80 Jahre alt, einige sogar über 90, darunter eine Hochbetagte, die als junges Mädchen in sibirischer Gefangenschaft gewesen war. Das Leben wird vor allem für die Leidenden schwer, sie haben keine deutsche Krankenversicherung oder ein Alterssicherheitsnetz, Kranksein ist mit dem Geld aus der eigenen Taschen verbunden. Das Absacken in die Armut steht jedem vor Augen,“ berichtet Frau la Pinta, und wir danken ihr für diesen Einblick in das reale Altersleben unserer Landsleute in Amerika. Und gerne reiche ich ihre Worte an unsere Leserschaft weiter: „Alle meine lieben Landsleute, seid herzlichst gegrüßt!“ Den Gruß gebe ich zurück an Sie, liebe Jutta, und an die mit Ihnen verbundenen Ost- und Westpreußen.

Ein herzliches Dankeschön kam auch von Frau Ute Eichler, der ich für das von ihr geleitete Lötzener Kreisarchiv und Heimatmuseum in Neumünster den von Herrn Frank Schneidewind gestifteten Buchholtz-Roman „Der Markt zu Heckenbruch“ übergeben konnte. Es ist leider doch nicht so, dass damit die letzte Lücke in dem in Neumünster vorhandenen Gesamtwerk des Dichters geschlossen werden konnte, denn Hansgeorg Buchholtz hat ein reiches schriftstellerisches Erbe hinterlassen, und so dürften noch einige Ausgaben fehlen. Und noch eine kleine Berichtigung: Frau Ute Eichler ist keine Hamburgerin, sondern wurde auf der schönen Insel Rügen geboren. „Aber geworden bin ich eine Ostpreußin aus Liebe!“ bekennt sie, und das können wir nur bestätigen.

Wenn ich jetzt zu Herrn Jörn Pekrul komme, dann kann ich diese Worte umwandeln in „ein Königsberger aus Liebe“. Seine Wanderungen durch unsere ostpreußische Metropole, großartig in Wort und Bild geschildert, haben bei unseren Leserinnen und Lesern viel Anklang gefunden. Und nun legt er eine neue Wanderung vor, die alle bisherigen Beiträge übertrifft. Es sind nicht nur seine Entdeckungen, die er meist abseits der großen Wege macht, es sind auch die Begegnungen mit Menschen, aus denen Freundschaften wurden, die seine neuen „Wanderungen“ so erlebenswert machen. Die Motivation für diese Reise nach Königsberg gab ihm unsere Ostpreußische Familie, sie war diesmal nicht nur im Geiste bei dem Wanderer, er nahm auch einen ganzen Pungel voll individueller Fragen und Wünsche mit. Seine neuen Eindrücke belegt er mit exzellenten Fotos, die er eigens für unsere Ostpreußische Familie machte. Und es tut mir Leid, dass wir nur einen Teil der über 140 Aufnahmen bringen können, die er uns übersandte, aber sie werden archiviert und nach Themen verwendet werden. Mit einem ganz besonderen können wir heute schon aufwarten, Jörn Pekrul hat es seinen Wanderungen voran gestellt. Es handelt sich um das Denkmal des Walther von der Vogelweide, das Anfang der 30er Jahre von dem ostpreußischen Bildhauer Georg Fuhg geschaffen wurde. Gestiftet wurde es 1930 vom Sängerbund zur Feier des 700. Todesjahres des Minnesängers. Die aus rotem Meißner Granit geschaffene Skulptur fand im Königsberger Tiergarten ihren Platz. Obgleich ihr Schicksal lange ungewiss war, überstand sie Feuerbrände und Beschuss – vom heutigen Vandalismus aber blieb sie nicht verschont, wie das Foto beweist. Doch davon in unserer Extra- Geschichte.

Eure Ruth Geede


Mitten in der Tristesse die Skulptur von Georg Fuhg
Jörn Pekrul über seine Begegnung mit der Tochter des Künstlers bei seinem jüngsten Königsberg-Aufenthalt

Ich bin gerade wieder in unserer Stadt gewesen, bin dort täglich zehn Stunden zu Fuß gewandert. Ja, ich schreibe „unserer“, denn sie ist auch die meine geworden. Mit Zuneigung und Empathie erfasse ich sie, erwandere sie, zolle ihr Respekt. Dieses Mal war die Ostpreußische Familie nicht nur im Geiste bei mir, sondern ganz real durch explizite Anfragen und Bitten, die ich aus der Leserschaft erhalten habe. Ein Blick nach einem Häuschen? Die heute russischen Bewohner zeigen sich mehrheitlich verständnisvoll, gepaart mit Neugier und Interesse an dem Leben und der Kultur, die hier zu Hause war. Einige Höhepunkte des diesjährigen Aufenthaltes seien kurz skizziert:

Seit ich zum ersten Mal in Königsberg war suche ich das Denkmal von Walther von der Vogelweide. Tiergarten? Fehlanzeige! Kneiphof? Fehlanzeige. Und keine Informationen über den derzeitigen Verbleib zu bekommen. Ich begrub das Vorhaben und akzeptierte, dass es „weg“ ist In diesem August nun sitze ich im Hotel und bekomme zufällig mit, dass eine ältere Dame von eben dieser Figur spricht – zwecks eines Besuches. Es stellt sich heraus, dass Frau Dorelise Putzar die Tochter des Künstlers Georg Fuhg ist, der das Denkmal schuf. Die erhalten gebliebene Skulptur hat durch Vandalismus einen Schaden davongetragen, die Nase wurde eingeschlagen. Sie befindet sich zurzeit im Innenhof der Universität zum Zweck der Restaurierung, der Termin ist leider noch unbestimmt. Ich durfte mich Frau Putzar bei der Besichtigung der tristen Lagerstätte anschließen, und so entdeckten wir gemeinsam nicht nur die Skulptur, sondern auch eine gegenseitige Sympathie, die weit über den Aufenthalt in Königsberg hinausgeht, weil wir sie mit Briefen und anderen Kontaktmöglichkeiten fortführen wollen. Welch ein Höhepunkt in diesen so ereignisreichen Königsberger Tagen! „Die Generationen reichen sich die Hand“ – so hieß es schon mehrfach in dieser Kolumne. Dies ist ein schönes Beispiel, das ich mit Zustimmung von Frau Putzar für die Ostpreußische Familie aufgeschrieben habe.

Weiter auf meinen Wanderungen. Im Königsberger Dom befinde ich mich alleine im Kirchenschiff, als eine deutsche Reisegruppe hereinkommt. Die russische Fremdenführerin erklärt, mit welcher Sorgfalt die Orgel wieder hergestellt worden sei und wie viel Mühe man sich gegeben habe, sie originalgetreu erstehen zu lassen. Ich bat sie, eine Frage stellen zu dürfen, die dann so lautete: „Das alte Königsberger Wappen an der Orgel zeigt den russischen Doppeladler und nicht den preußischen Adler, der doch dazu gehört. Warum dieser Fehler?“ Antwort: „Da ist kein Fehler. Wir haben das gemacht, weil der russische Staat den Wiederaufbau bezahlt hat.“ Meine Entgegnung: „Der Wiederaufbau des Domes wurde von sehr vielen Deutschen bezahlt und mit sehr großem Einsatz von der Königsberger Stadtgemeinschaft. Was Sie sagen, ist leider falsch.“ Die Reiseführerin sehr höflich: „Nein, das ist nicht falsch. Ich spreche von der Orgel. Die hat der russische Staat bezahlt.“ Auf weitere Fragen habe ich dann verzichtet.

Hier möchte ich von einem anderen Erlebnis berichten, das ich in einer kleinen Kirche im nördlichen Ostpreußen hatte. Dort veranstaltete ein russischer Chor ein Konzert. Ein Laienchor, es waren keine professionellen Sängerinnen und Sänger dabei. Als das „Ave Maria“ von Franz Schubert gesungen wurde, brach vor den Fenstern die Wolkendecke auf, und ein Sonnenstrahl tauchte dieses geschundene Land in ein mildes Licht. Es war ein Moment der Erlösung, der Hoffnung und der Zuversicht.

Wie berechtigt dies ist, zeigt ein Detail der Vorbereitungen zu meiner diesjährigen Reise. Ich arbeite in Frankfurt am Main als Bankkaufmann. Mein junger Kollege, der 23-jährige Felix B., und ich trafen uns kurz vor der Abfahrt am Hauptbahnhof. Zwischen hastenden, gut gekleideten Menschen, getrieben von umbarmherzigen Smartphones und Mobiltelefonen, hielten wir einen Moment inne. Wir hatten eine Hilfslieferung zusammengestellt für eine kleine russische Diakonie im Osten des Königsberger Gebietes. Welch ein weiter Weg von den Glastürmen Frankfurts zu einem der entlegenen Winkel der altprussischen Wildnis, in der heute andere Menschen leben als unsere dort angestammten Familien. Menschen, die wir doch ganz altruistisch unterstützen. Das ist eben preußisches Wesen. Es bezieht seinen Eigennutz nicht aus einem unwürdigen Individualgeschacher, sondern aus dem Beitrag zu einer größeren guten Sache, aus der alle Beteiligten ihren Nutzen ziehen. Und auch das Gute überträgt sich auf die nächste Generation. Schrieb ich am Anfang dieses Briefes von der schönen Begegnung mit Frau Dorelise Putzar, Jahrgang 1929, so nehme ich den „Goldenen Ball“, der von Generation zu Generation weiter gegeben wird, gerne auf und gebe ihn an Felix B., Jahrgang 1991. Die Ostpreußische Familie bleibt zusammen!


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 101. GEBURTSTAG

Dusny, Fritz, aus Treuburg, am 8. September

ZUM 100. GEBURTSTAG

Kleinig, Lieselotte, geb. Kuhn, aus Laptau, Kreis Samland, am 12. September

ZUM 98. GEBURTSTAG

Kohnke, Ilse, geb. Fliess, aus Lötzen, am 12. September

ZUM 96. GEBURTSTAG

Kutz Anneliese, geb. Mack, aus Schönhofen, Kreis Treuburg, am 7. September

Morgenstern, Elfriede, geb. Koslowski, aus Waiblingen, Kreis Lyck, am 11. September

ZUM 95. GEBURTSTAG

Enskat, Gertrud, geb. Ohnhold, aus Gerhardsheim, Kreis Elchniederung, am 9. September

Hoffmann, Margarete, aus Bersbrüden, Kreis Ebenrode, am 7. September

Homann, Johanna, geb. Rehberg, aus Balga, Kreis Heiligenbeil, am 1. September

Hutt, Eva, geb. Alzuhn, aus Hohenberge, Kreis Elchniederung, am 11. September

Kairies, Helene, geb. Sahmel, aus Berkeln, Kreis Elchniederung, am 9. September

Roth, Hildegard, geb. Mauerhoff, verwitwete Woweries, aus Treuburg, am 10. September

ZUM 94. GEBURTSTAG

Bogumil, Erna, geb. Grzanna, aus Wilhelmsthal, Kreis Ortelsburg, am 9. September

Schulz, Edelgard, geb. Konetzka, aus Ortelsburg, am 8. September

Van Heel, Hildegard, geb. Osenger, aus Lyck, am 11. September

ZUM 93. GEBURTSTAG

Derlath, Rudi, aus Reimannswalde, Kreis Treuburg am 7. September

Ehlers, Maria, geb. Schlachta, aus Rundfließ, Kreis Lyck, am 7. September

Gessner, Hedwig, geb. Koslowski, aus Willenberg, Kreis Ortelsburg, am 6. September

Reinke, Erna, aus Klein Schläfken, Kreis Neidenburg, am 8. September

Schäfer, Waltraud, geb. Palluch, aus Gorlau, Kreis Lyck, am 6. September

Schmelow, Emil, aus Warchallen, Kreis Neidenburg, am 6. September

Schröter, Hildegard, aus Hohenfried, Kreis Ebenrode, am 7. September

Schulze, Lieselotte, geb. Ketzler, aus Kumehnen, Kreis Samland, am 10. September

ZUM 92. GEBURTSTAG

Borchert, Elfriede, geb. Donder, aus Seebrücken, Kreis Lyck, am 9. September

Boguschewski, Ruth, geb. Bogun, aus Treuburg, am 10. September

Gezeck, Gertrud, aus Ortelsburg, am 8. September

Großmann, Hedwig, geb. Kobluhn, aus Heinrichswalde Kreis Elchniederung, am 6. September

Kupzyk, Kurt, aus Ringen, Kreis Treuburg, am 7. September

Loerzer, Edith, geb. Petereit, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 7. September

Meyer, Elfriede, geb. Pawellek, aus Dimmern, Kreis Ortelsburg, am 11. September

Rose, Charlotte, geb. Unterhalt, aus Stradaunen, Kreis Lyck, am 6. September

Utikal, Thilde, geb. Dittmann, aus Wartenhöfen, Kreis Elchniederung, am 6. September

ZUM 91. GEBURTSTAG

Fechner, Ernst, aus Medenau, Kreis Samland, am 10. September Jutkuhn, Erna, geb. Sawitzki, aus Großtrakehnen, Kreis Ebenrode, am 6. September

Kliem, Botho, aus Allenburg, Kreis Wehlau, am 7. September Kraft, Elsa, geb. Prengel, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 12. September

Marks, Ingeburg, geb. Loenhard, aus Weißensee, Kreis Wehlau, am 8. September

Mauritz, Elisabeth, geb. Mosdzen, aus Grünflur, Kreis Ortelsburg, am 11. September

Plewka, Elfriede, geb. Sczech, aus Stettenbach, Kreis Lyck, am 9. September

Pupkal, Magda, aus Quellbruck, Kreis Ebenrode, am 8. September Schmitt, Gerda, geb. Brodowski, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 10. September

Tiedemann, Hildegard, geb. Schlesies, aus Pillau, Kreis Samland, am 6. September

Wischnewski, Waltraud, aus Suleiken, Kreis Treuburg am 9. September

Witzke, Herta, geb. Hinz, aus Karlsdorf, Kreis Samland, am 8. September

ZUM 90. GEBURTSTAG

Budig, Anneliese, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 12. September

Butzko, Willy, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 6. September

Clemens, Gerda, geb. Bodwasch, aus Eydtkau, Kreis Ebenode, am 9. September

Dombrowski, Christel, geb. Kalinowski aus Merunen, Kreis Treuburg, am 7. September

Feigenbutz, Margarete, geb. Gregor, aus Birkenwalde, Kreis Lyck, am 9. September

Gaedtke, Dietrich, aus Rosenwalde, Kreis Elchniederung, am 7. September

Gencke, Irene, geb. Heß, aus Eimental, Kreis Ebenrode, am 9. September

Hiemann, Irmgard, geb. Hecht, aus Schuttschenofen, Kreis Neidenburg, am 7. September

Janz, Ruth, aus Stobingen, Kreis Elchniederung, am 12. September

Klug, Hilda, geb. Graschtat, aus Argemünde, Kreis Elchniederung, am 9. September

Krusch, Gerda, aus Palmnicken, Kreis Samland, am 6. September

Leistikow, Herta, geb. Pfeil, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 7. September

Malewski, Karl, aus Korschen, Kreis Rastenburg, am 9. September

Münter, Ruth, aus Lyck, am 11. September

Nabholz, Gerda, geb. Kaminksi, aus Talussen, Kreis Lyck, am 12. September

Nagel, Annemarie, geb. Medewitz, aus Bärwalde, Kreis Samland, am 6. September

Ramler, Agnes, geb. Görgens, aus Tutschen, Kreis Ebenrode, am 12. September

Richter, Liesbeth, geb. Kehler, aus Palmnicken, Kreis Samland, am 10. September

Schwarmat, Elfriede, geb. Kleinfeld, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 10. September

Strewinksi, Gerhard, aus Moterau, Kreis Wehlau, am 11. September

ZUM 85. GEBURTSTAG

Bente, Elfriede, geb. Schulz, aus Rauschen, Kreis Samland, am 8. September

Böhme, Wolfgang, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 12. September

Bombeck, Hildegard, geb. Murach, aus Freudengrund, Kreis Ortelsburg, am 7. September

Brilla, Dorothea, aus Lengau, Kreis Treuburg, am 9. September

Brügmann, Anneliese, geb. Gerwien, aus Großheidekrug, Kreis Samland, am 7. September

Fiedler, Rosa, geb. Ruddigkeit, aus Grenzberg, Kreis Elchniederung, am 10. September

Gollub, Herbert-Ulrich, aus Eibenau, Kreis Treuburg, am 11. September

Kirschnick, Erna, geb. Schmakeit, aus Ruckenhagen, Kreis Elchniederung, am 4. September

Kutz, Günter, aus Borschimmen, Kreis Lyck, am 7. September

Liedholz, Gisela, geb. Kollberg, aus Ortelsburg, am 12. September

Mau, Ingrid, geb. Bartschat, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 8. September

Mikiver, Erika, geb. Meyer, aus Erlen, Kreis Elchniederung, am 11. September

Poguntke, Irmgard, geb. Lellesch, aus Neidenburg, am 11. September

Salamon, Günter, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 12. September

Schulze, Klaus, aus Lyck, Yorckstraße 23, am 9. September

Schwalbe, Hildegard, geb. Holzinger, aus Bärengrund, Kreis Treuburg, am 11. September

Spingies, Helmut, aus Schwanensee, Kreis Elchniederung, am 6. September

Stach, Anneliese, geb. Homp, aus Großheidekrug, Kreis Samland, am 6. September

Steiner, Günther, aus Tutschen, Kreis Ebenrode, am 6. September

Todtenhöfer, Waldemar, aus Ebenrode, am 7. September

Vick, Ilse, aus Lengen, Kreis Ebenrode, am 10. September

Winkler, Sigrid, aus Finsterdamerau, Kreis Ortelsburg, am 10. September

ZUM 80. GEBURTSTAG

Christochowitz, Gerhard, aus Steinkendorf, Kreis Lyck, am 9. September

Dobler, Rosemarie, geb. Kohnert, aus Schwengels, OT. Dothen, Kreis Heiligenbeil, am 11. September

Eisenhardt, Lieselotte, geb. Müller, aus Plauen, Kreis Wehlau, am 11. September

Engels, Helmut, aus Langendorf, Kreis Wehlau, am 9. September

Felter, Ursula, geb. Kriese, aus Alexbrück, Kreis Ebenrode, am 9. September

Gembus, Eva, geb. Szameitat, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 6. September

Grozinski, Peter, aus Rauschen, Kreis Samland, am 6. September

Heidasch, Waltraud, geb. Linka, aus Minghfen, Kreis Ortelsburg, am 12. September

Jaromine, Elfriede, geb. Kallweit, aus Preußenwall, Kreis Ebenrode, am 10. September

Karkoska, Manfred, aus Milucken, Kreis Lyck, am 11. September

Kray, Edith, geb. Oltersdorf, aus Lank, Kreis Heiligenbeil, am 12. September

Krenzin, Frieda, geb. Jester, aus Kirtigehnen, Kreis Samland, am 9. September

Kühn, Erika, geb. Buberrek, aus Treuburg, am 6. September

Mayer, Ingrid, geb. Kallweit, aus Rautersdorf, Kreis Elchniederung, am 7. September

Mlinarzik, Erika, geb. Dopatka, aus Dullen, Kreis Treuburg, am 8. September

Mlodoch, Herbert, aus Klein Sakrau, Kreis Neidenburg, am 10. September

Orzessek, Gerhard, aus Seenwalde, Kreis Ortelsburg, am 8. September

Paulokat, Albert, aus Alexbrück, Kreis Ebenrode, am 10. September

Reher, Edgar, aus Paterswalde, Kreis Wehlau, am 11. September

Rinder, Waltraut, geb. Bartsch, aus Neuendorf, Kreis Samland, am 9. September

Schiller, Karin, geb. Rose, aus Terau, Kreis Wehlau, am 8. September

Völlner, Leonie, geb. Ertl, aus Birkenmühle, Kreis Ebenrode, am 12. September

Willenberg, Gerhard, aus Prostken, Kreis Lyck, am 10. September

Zimmerningk, Sigmar, aus Weidehnen, Kreis Samland, am 6. September

Zweigler, Ursula, geb. Gricksch, aus Schneckenmoor im Gutsbezirk Schnecken Forst, Kreis Elchniederung am 7. September

ZUM 75. GEBURTSTAG

Bernsdorf, Ilse, geb. Ollech, aus Ittau, Kreis Neidenburg, am 8. September

Horn, Waltraud, geb. Neugebauer, aus Wesselshöfen, Kreis Samland, am 6. September

Jansen-Wiefhoff, Ingrid, geb. Skilandat, aus Schulzenwiese, Kreis Elchniederung, am 11. September

Koriath, Irene, geb. Urbanski, aus Passenheim-Abbau, Kreis Ortelsburg, am 6. September

Kreuzer, Günter, aus Augam, Kreis Preußisch Eylau, am 9. September

Milewski, Wolfgang, aus Schölen, Kreis Heiligenbeil, am 11. September

Oppermann, Heinz aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 10. September

Paduch, Lothar, aus Altkirchen, Kreis Ortelsburg, am 10. September

Rehm, Regina, geb. Döhring, aus Alt Iwenberg, Kreis Elchniederung, am 10. September

Skelte, Renate, geb. Wolff, aus Ellerbach, Kreis Ebenrode, am 9. September

Witt, Manfred, aus Lengfried, Kreis Ebenrode, am 12. September

Diamantene Hochzeit

Mossakowski, Walter, aus Skurpin, Kreis Neidenburg, und Ehefrau Ingeborn, geb. Lumma aus Groß Schöndamerau Kreis Ortelsburg, am 9. September


S. 16-17 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – Mittwoch, 10. September, 19 Uhr, Parkhotel Pforzheim, Deimlingstraße 36: 136. Preußische Tafelrunde Pforzheim. Die Landesgruppe Baden-Württemberg Kreisgruppe Pforzheim/Enzkreis im BdV laden zur 136. Preußischen Tafelrunde ein. Nach einem gemeinsamen ostpreußischen Abendessen referiert Dr. Ralf Meindl, Vorsitzender des Berliner Historikerlabors – zeithistorische Forschung für das Dokumentartheater – über „Erich Koch – Hitlers ,Vizekönig‘ in Ostpreußen“. Er gilt als einer der mächtigsten und grausamsten Statthalter Hitlers, sein Reich erstreckte sich von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer. Als Oberpräsident Ostpreußens besiegte er angeblich die Arbeitslosigkeit, galt aber auch als Inbegriff der Korruption. Als Reichskommissar für die Ukraine soll er die Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg verursacht haben, als Gauleiter war er am Kriegsende für das grausame Schicksal der Flüchtlinge verantwortlich. Die Rede ist von Erich Koch, dem Führer der ostpreußischen NSDAP. Wer war dieser Mann, wie konnte er in eine solche Position aufsteigen und war er wirklich so mächtig, wie von ihm behauptet wurde? Der Vortrag möchte diese Fragen beantworten. Anmeldungen an Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon (0711) 85 40 93 oder E-Mail: uta.luettich@web.de.

Metzingen – Ausflug auf die Halbinsel Höri im Bodensee war ein besonderes Erlebnis – Die Landsmannschaft der Ostpreußen startete zum Jahresausflug auf die Halbinsel Höri im Bodensee. Ein angenehmes Erlebnis nach dem anderen reihte sich beim Tagesablauf ein. Schon morgens beim Warten auf den Bus erregte eine gewisse Neugier die Anwesenheit von Gerlinde Kretschmann, der „First Lady“ des Landes, in einer daneben stehenden Wandergruppe. Der Vorstand Heinz Scheffler freute sich über den vollen Bus und wies auf das Tagesprogramm hin. Als nächstes stand am Vormittag eine Stunde für das zweite Frühstück in Heiligenberg an. Wie bei „Tischlein deck dich“ gab es von Dagmar Voss und Petra Weiß vorbereitete belegte Brötchen, selbst gebackenen Kuchen, warme und kalte Getränke, die Grundlage für gute Gespräche bildeten. Aus dem Stadtrundgang wurde nichts, weil die Gruppe neben dem Parkplatz ein renoviertes Gebäude entdeckte, in dem „Kunst & Werk Aller Art“ von 17 Anbietern ausgestellt war. Jeder blieb irgendwo hängen, Drechselarbeiten, Möbel der besonderen Art, Steinzeug, Skulpturen, textile Unikate und vieles mehr faszinierten. Das war ein Zufallsangebot mit nachhaltiger Wirkung. Die Schilderung von Heinz Scheffler zur Halbinsel Höri wurde vom Erlebnis sogar noch übertroffen. Die vielseitige Landschaft um das Dörflein Gaienhofen hat sich abseits vom Massentourismus ihre Ursprünglichkeit bewahrt. Der Blick über den See beim Gang um das Kirchlein St. Johann und durch die Sträßchen zum Gasthof bot so viele Motive, dass man nachvollziehen kann, dass viele Künstler auf Höri schon immer eine Fülle reizvoller Motive fanden. Dort, wo Otto Dix, Erich Heckel, Helmuth Macke und viele andere einst ihre Staffeleien aufstellten, zeigen sich heute 31 Stationen der Kunstroute. Weltbekannte Dichter und Maler hatten hier ihren Lebensmittelpunkt. Außerdem lebte hier der Nobelpreisträger Hermann Hesse. Gekrönt wurde der Rundgang durch ein feines Mittagessen im gemütlichen Gasthof. Dann ging die Fahrt durch die Schweiz immer am See entlang nach Konstanz. Volles Kontrastprogramm bot sich an im Hafen, Einkehr im Konzil und Bummel durch die Altstadt. Die Eindrücke der elegant renovierten Häuser, liebevoll gestalteten Brunnen, Blumengestaltungen nach freier Fantasie überschlugen sich. Alle Teilnehmer waren voll der Anerkennung für einen vielseitigen Tag. Heim ging es dann auf dem schnellsten Weg, denn das Fußball-WM-Spiel stand bevor.

Ulm/Neu-Ulm – Sonnabend, 13. September, Bürgerhaus Allmendingen: Tag der Heimat.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Bamberg – Mittwoch, 17. September, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose: Vortrag „Königsberg in den Jahren 1945–1948“.

Ingolstadt – Sonntag, 14. September, 14.30 Uhr, Gasthaus Bonschab, Münchener Straße 8: Monatliches Heimattreffen.

Landshut – Dienstag, 16. September, 12 Uhr, Gasthaus Zur Insel: Mittagessen.

München – Freitag, 12. September, 14 Uhr, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, 81669 München: Zusammenkunft der Frauengruppe.

Jeden Montag, 18 bis 20 Uhr, Haus des Deutschen Ostens: Ostpreußischer Sängerkreis. Kontakt: Dr. Gerhard Gräf, Offenbachstraße 60, 85598 Baldham, Telefon (08106) 4960.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von

14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Landesgruppe – Kulturtag der Landsmannschaften, Rathaus Schöneberg – „Sich begegnen, heißt verstehen“. Unter diesem Motto steht der diesjährige Kulturtag der Landsmannschaften, zu dem der Berliner Landesverband der Vertriebenen e.V. sehr herzlich einlädt. Am Sonnabend,

20. September, finden eine Reihe kultureller Veranstaltungen im Rathaus Schöneberg, John-F.-Kennedy-Platz 1 statt. Darüber hinaus werden sich alle Landsmannschaften mit Informationsständen, an denen auch kulinarische Besonderheiten aus den Regionen angeboten werden, vorstellen. Programm: 10 Uhr, Willy Brandt-Saal: Geistliches Wort, Pfarrer Edgar Kotzur, St. Matthias. Im Anschluss Eröffnung, Rüdiger Jakesch, Vorsitzender des BLV. 10.20 Uhr: Ostdeutsches Liedgut, Polizeichor Berlin. 11 bis 12.30 Uhr: Folkloreprogramm „Buntes aus den Dörfern der Alten Heimat“, Mädchentanzgruppe aus Rummelsburg [Miastko], Hinterpommern, Pommersche Volkstanzgruppe, Oberschlesische Volkstanzgruppe. 12.30 bis 14 Uhr, Brandenburghalle: Begegnungen und Gespräch. Landsmannschaften stellen sich vor. 14 bis 15.30 Uhr, Willy-Brandt-Saal: Das Autorenporträt. Lesung Jenny Schon, geb. 1942 in Trautenau, seit 1961 in Berlin, liest aus ihrem Roman „Der Graben“ und aus ihren Erzählungen „Rheinisches Rondeau“. In der Brandenburghalle des Rathauses Schöneberg befinden sich das Café Pommern der Pommerschen Landsmannschaft (Öffnungszeiten 10 bis 14.30 Uhr) sowie weitere Informationsstände der Landsmannschaften. Änderungen vorbehalten. Informationen: Berliner Landesverband der Vertriebenen e.V., Forckebeckstraße 1, 14199 Berlin, Telefon (030) 2547345. E-Mail: info@bdv.de.

Lyck – Sonnabend, 6. September, 15 Uhr, Kleiner Ratskeller, Am Rathaus 9, 10825 Berlin: Treffen der Gruppe. Anfragen bei Peter Dziengel, Telefon (030) 8245479.

Tilsit-Ragnit/-Tilsit-Stadt – Sonnabend, 6. September, 15 Uhr, Ratskeller Charlottenburg, Otto-Suhr-Allee 102, 10585 Berlin: Treffen der Gruppe. Anfragen bei Hermann Trilus, Telefon (03303) 403881.

Frauengruppe – Mittwoch, 10. September, 13.30 Uhr, Pflegestützpunkt, Wilhelmstraße 116–117, 10963 Berlin: Bericht aus Ostpreußen. Anfragen bei Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Angerburg/Darkehmen/Goldap – Donnerstag, 18. September, 14 Uhr, Restaurant Oase Almera, Borussiastraße 62, 12102 Berlin: Erntedank in Ostpreußen und Berichte über Ostpreußen. Anfragen bei Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

 

BRANDENBURG

Vorsitzender: Elard v. Gottberg, Rothes Buschhaus 12, 04928 Schraden.

Oranienburg – Studienreise 2015 nach Königsberg im modernen Reisebus für Alt und Jung „Auf den Spuren deutscher Kultur und Geschichte durch Ostpreußen bis in die heutige Enklave Kaliningrader Gebiet“. Reisezeit: Planung für die letzte Dekade Monat Mai 2015, acht bis zehn Tage. Abfahrt: S-Bahnhof Oranienburg, Stralsunder Straße, ehemals Busbahnhof. Mitnahme Rolli kein Problem. Ziel: Vertraut machen mit der Kultur und Geschichte sowie Entwicklung einer ehemals interessanten deutschen Region bis 1945 und einer russischen Region bis heute sowie Kontakte und Gespräche mit vielen interessanten heute dort lebenden Menschen. Die Gruppe besucht historische Sehenswürdigkeiten von Königsberg und Umgebung, Orgelkonzert im Königsberger Dom, Besuch Immanuel-Kant-Museum, Besichtigung General-Lasch-Bunker sowie ein altes deutsches Forschungsschiff, Gespräche in Deutsch-Russischer Begegnungsstätte, Kurische Nehrung, Vogelwarte, Bade- und Kurort Rauschen, Wehlau, Tilsit und vieles mehr. Individueller Besuch umliegender Gemeinden kann organisiert werden. Gespräche mit Persönlichkeiten der Stadt sowie mit Lehrern und Schülern. Informationen über heutige Verwaltungsstrukturen, Land und Leute. Reiseleitung und Dolmetscher. Veranstalter: BdV Kreisverband OHV e.V. und Verein der Ostpreußen Oranienburg.

Interessenten melden sich bitte umgehend bis spätestens zum 30. September 2014 unter Telefon (03301) 800725 (Siglinde Kenzler) oder (033055) 22971 (Hans-Joachim Speckmann) oder per E-Mail: speckmann24@web.de. Danach erhalten alle Interessenten das konkrete Reiseangebot und ausführliche schriftliche Informationen von der Reiseleitung.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Kippingstr. 13, 20144 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

LANDESGRUPPE

Sonnabend, 13. September, 15 Uhr, Finnische Seemannskirche, Dietmar-Koel-Straße 6, 20459 Hamburg: Ökumenischer Gottesdienst des Landesverband der vertriebenen Deutschen (L.v.D.) zum Tag der Heimat mit dem Ostpreußenchor Hamburg. – Sonntag, 14. September, 15 Uhr, Gemeindehaus (Bachsaal), Hauptkirche St. Michaelis, Krayenkamp 4, 20459 Hamburg (S1, S2, S3 Haltestelle Stadthausbrücke, U3 Haltestelle Rödingsmarkt, Bus 37 Haltestelle Michaeliskirche). Einlass ab 14.30 Uhr.

KREISGRUPPE

Elchniederung – Mittwoch, 17. September, 14 Uhr, Haus Lackemann, Hamburg-Wandsbek: Treffen der Gruppe zum Plachandern und Schabbern über Ernte und Herbst. Gäste sind herzlich willkommen.

Insterburg – Die Gruppe trifft sich jeden 1. Mittwoch im Monat (außer Januar und Juli) mit Liedern und kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Königsberg – Freitag, 12. September, 11 Uhr (Einlass 10 Uhr), Café Harmonie, Alsterdorfer Straße 579, Hamburg-Ohlsdorf: Die Stadtgemeinschaft Königsberg in der Landesgruppe Hamburg feiert ihr 35-jähriges Jubiläum mit Ursula Zimmermann, der Gründerin der Gruppe. Für musikalische Unterhaltung sorgt BernStein. Anmeldung bis zum 8. September erbeten bei Brigitte Reimer, Telefon (040) 873495.

Sensburg – Sonnabend, 13. September, 14 Uhr, Café Prinzess, Alsterdorfer Straße 572, Hamburg-Ohlsdorf: Gemütliches Beisammensein. Erstes Treffen nach der Sommerpause.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Darmstadt-Dieburg – Sonnabend, 6./Sonntag, 7. September: Tag der Heimat. Sonnabend, 6. September, 14.30 Uhr: Treffen mit den anderen Landsmannschaften zur Kranzniederlegung an der Gedenkstätte der Vertriebenen auf dem Darmstädter Waldfriedhof. – Sonntag, 7. September, 14 Uhr, Haus der Heimat, Chausseehaus Nieder-Ramstadt, Bahnhofstraße 61: BdV-Kreistreffen zum Tag der Heimat. – Sonnabend, 13. September, 15 Uhr, Bürgersaal, Darmstadt-Neu-Kranichstein: Treffen der Gruppe. Nach der Kaffeetafel stellen Hannelore Neumann und Gerhard Schröder das Leben und Werk des ostpreußischen Dichters Ernst Wiechert anlässlich seines 100. Todestages vor.

Wetzlar – Montag, 8. September, 19 Uhr, Wetzlarer Grillstuben: Gerlinde Groß aus Wehrheim spricht über das Leben und Wirken der Königin Luise von Preußen (1776–1810). Gäste sind willkommen.

Wiesbaden – Sonnabend, 6. September, 11 Uhr, Wiesbaden-Kohlheck, An der Kranichstraße: Feierstunde am BdV-Gedenkstein. – Sonntag, 7. September, 11 Uhr, Haus der Heimat, Großer Saal, Friedrichstraße 35: Feststunde des BdV-Kreisverbandes. – Dienstag, 9. September, 15 Uhr, Haus der Heimat, Wappensaal, Friedrichstraße 35: Heimatnachmittag. – Sonntag, 14. September, 10 Uhr, Eingangshalle des Hessischen Landtags (Eingang Grabenstraße): Hessischer Gedenktag für die Opfer von Flucht und Deportation, und Zentraler Tag der Heimat 2014. Ansprachen: Volker Bouffier (hessischer Ministerpräsident), Stefan Grüttner (hessischer Minister für Soziales und Integration), Siegbert Ortmann (Vorsitzender des BdV-Landesverbandes Hessen. Platzkonzert ab 9.30 Uhr. – Donnertag, 18. September, 12 Uhr, Gaststätte Haus Waldlust, Ostpreußenstraße 46, Wiesbaden-Rambach, (ESWE-Busverbindung Linie 16, Haltestelle Ostpreußenstraße): Stammtisch. Serviert wird „Falscher Hase“. Es kann auch nach der Speisekarte bestellt werden. Wegen der Platz- und Essensdisposition bitte unbedingt anmelden bis spätestens 12. September bei Irmgard Steffen, Telefon (0611) 844938.

 

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Vorsitzender: Manfred F. Schukat, Hirtenstraße 7 a, 17389 Anklam, Telefon (03971) 245688.

Anklam – Sonnabend, 6. September: Landesweiter Tag der Heimat 2014, „Wir sehen uns wieder am Oderstrand“ – die Oberschlesier kommen nach Anklam! Der 23. landesweite Tag der Heimat wird festlich begangen. Treffpunkt ist von 10 bis 17 Uhr in der Mehrzweckhalle „Volkshaus“ Anklam, Baustraße 48–49 (Stadtzentrum/Nähe Markt). Ehrengast ist der Präsident aller deutschen Gesellschaften in Polen, Bernard Gaida, aus Oppeln. Ebenfalls direkt aus Oberschlesien kommen der Trachtenchor „Heimatklang“ Cosel-Klodnitz und das Blasorchester Himmelwitz nach Anklam. Für diesen Tag hat auch das Mecklenburger & Pommeraner Folklore-Ensemble Ribnitz-Damgarten Volkstänze aus der Heimat einstudiert. Eingeladen sind alle Landsleute und Heimatfreunde von nah und fern nebst Angehörigen und Interessenten. Für das leibliche Wohl mit Mittagessen, Kaffee, Kuchen und Bärenfang sowie für genügend Parkplätze ist gesorgt.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Buxtehude – Donnerstag, 18. September: Busfahrt in das „Tister Bauernmoor“ bei Sittensen. Dieses Naturschutzgebiet mit seinen großen wiedervernässten Moorflächen hat eine sehr reiche Pflanzen- und Tierwelt und ist bekannt für seine tausende von Kranichen, die zur Übernachtung hier im Herbst einfallen.

14 Uhr Busfahrt ZOB, 14.10 Uhr Bahnhofstraße/Post, 14.20 Uhr Apensener Straße/Denkmal, 14.30 Uhr Apensener Straße/Wachtelburg, 15.25 Uhr an Burgsittensen, Bahnhof der Moorbahn. Kaffeegedeck in der Bahnhofgaststätte. 16.15 Uhr Fahrt mit der Moorbahn und zwischenzeitliches Aussteigen, 18.30 Uhr Rückfahrt. Kostenbeitrag 18 Euro pro Person. Anmeldung bis zum 12. September bei Wolfgang Weyer, Telefon (04161) 3406.

Hannover – Freitag, 12. September, 14.30 Uhr, Ihmeblick (Ruderclub), Roesebeckstraße 1: Treffen nach der Sommerpause. Auf dem Programm stehen Reiseberichte und Schabbern.

Holzminden – Das erste Treffen nach der Sommerpause mit dem Thema „Wohnen und Leben im Alter“ war ganz im Sinne der zahlreich erschienenen Mitglieder. Am Freitag, 12. September, 14.30 Uhr, im „Felsenkeller“ dürfen alle gespannt auf den Bericht des 2. Vorsitzenden, Pastor i.R. Günther Grigoleit, über seine diesjährige Reise ins Memelland sein. Natürlich sind wie immer, Gäste herzlich willkommen.

Oldenburg – Mittwoch, 10. September, 15 Uhr, Stadthotel Eversten, Hauptstraße 38: Die Frauengruppe trifft sich nach der Sommerpause. Karl-Heinz Bonk, Oldenburg, zeigt Dias von seinen Reisen durch Schlesien: „Schlesien – Land der Träume – Land der Tränen“. Freunde und Gäste sind herzlich willkommen.

Osnabrück – Freitag, 19. September, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Treffen der Frauengruppe. – Dienstag, 23. September, 16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 152: Kegeln. – Donnerstag, 25. September, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Literaturkreis.

Rinteln – Donnerstag, 11. September, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Monatstreffen. Professor Dr. Heinz Schürmann aus Bielefeld hält zum Thema „Krakau an der Weichsel – alte Kulturmetropole „einen Lichtbildervortrag unter besonderer Berücksichtigung deutscher Spuren. Der Eintritt ist frei. Neben den Mitgliedern der Gruppe sind auch Freunde, Verwandte und interessierte Gäste aus Nah und Fern recht herzlich willkommen! Weitere Auskünfte und Informationen zur landsmannschaftlichen Arbeit in Rinteln gibt es beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat unter Telefon (05751) 5386 oder über: rebu-schat@web.de.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bielefeld – Donnerstag, 11. September, 15 Uhr, Wilhelmstraße 13, 33602 Bielefeld: Gesprächskreis Ostpreußisch Platt. – Donnerstag, 18. September, 15 Uhr, Wilhelmstraße 13, 33602 Bielefeld: Literaturkreis.

Bonn – Sonnabend, 20. September, 16 Uhr, Remigiuskirche, Brüdergasse: Ökumenischer Gottesdienst. – Sonntag, 21. September, Marktplatz vor dem Alten Rathaus Bonn: Ostdeutscher Markttag.

Detmold – Mittwoch, 17. September, 15 Uhr, Stadthalle Detmold: Herbstveranstaltung der Kreisgruppe Lippe. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht der Vortrag: „Das nördliche Ostpreußen – Einblick in das Heute“. Hans-Jürgen Schalinski, Asendorf. Alle Ostpreußen und Freunde sind herzlich eingeladen.

Dortmund – Sonnabend, 6. September, 16 Uhr, Gemeindehaus der St, Joseph Kirche Heroldstr. 13 Ecke Münsterstraße, 44145 Dortmund: Die Kreisgruppe lädt ein zum Tag der Heimat am ein. Ab 15 Uhr Kaffeetrinken. Der Landtagabgeordnete Herr Jostmeier, Vertriebenenbeauftragter der CDU, hält die Festrede. Leitwort 2014: „Deutschland geht nicht ohne uns“. – Montag, 15. September, 14.30 bis 16.45 Uhr, Heimatstube, Eingang Märkische Straße/Landgrafenschule: Treffen der Gruppe.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 bis 20 Uhr, GHH/Eichendorff-Saal, 1. Etage: Chorprobe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft. – Sonnabend, 6. September, 11.30 Uhr: Wandertreff. Infostand Hauptbahnhof/Fahrt nach Krefeld zum Hülser Berg mit Einkehr ins idyllische Parkschlösschen. – Montag, 8. September, 18 Uhr, GHH/Ausstellungsraum: Ausstellungseröffnung „Unterm Strich und Zensur in der DDR“. Die Ausstellung läuft bis zum 25. November. – Mittwoch, 10. September, 19 Uhr, GHH/Konferenzraum: Vortrag von PD Dr. Winfrid Halder über „Georg Forster“. – Donnerstag, 11. September, 19 Uhr, GHH/Konferenzraum: Lesung mit Franz Hodjak: „Der Gedenke, mich selbst zu entführen, bot sich an“. Moderation: Helmut Braun. Freitag, 12. September, 18 Uhr, Restaurant Lauren’s, Bismarckstraße 62: Stammtisch. – Sonnabend, 13. September, 11 Uhr, GHH/Konferenzraum: Tag der Heimat. – Mittwoch, 17. September, 18 Uhr, GHH/Eichendorff-Saal/Raum 312: 65. Chorjubiläum der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland. – Donnerstag, 18. September, 19 Uhr, GHH/Raum 312 „Schlesien“: Vortrag Dr. Margret Ott, Verein für Düsseldorfer Familienkunde: „Vorstellung des Pommerschen Greif e.V. und der Forschungsmöglichkeiten für Pommern im Internet“. – Sonntag, 21. September, 8.30 Uhr: Tagesausflug zur Hengstparade in Warendorf. – Montag, 22. September bis Donnerstag, 2. Oktober (11 Tage): Herbstliche Ostpreußentage im Ostheim, Bad Pyrmont. – Mittwoch, 24. September, 19 Uhr, VHS Düsseldorf: Vortrag von Professor Johannes Fried: „Karl der Große, Gewalt und Glaube“. – Donnerstag, 25. September, 19 Uhr, GHH/Konferenzraum: Buchpräsentation mit Dr. Walter Engel und Dr. Stefan Sienerth: „Das Banat im Blick“. – Donnerstag, 25. September, 20 Uhr, GHH/Raum 412 „Ostpreußen“: Lesung mit Dr. Katja Schlenker und Volker Neupert: „Nachrichten aus dem Menschenschlachthaus. Der Erste Weltkrieg in Feldpostbriefen“.

Ennepetal – Sonnabend, 13. September, 15 Uhr, Restaurant Rosine, Wilhelmstraße: Feierstunde zum Tag der Heimat, 60 Jahre BdV Stadtverband Ennepetal und 60 Jahre Landsmannschaft Schlesien.

Gütersloh – Sonntag, 7. September, 15 Uhr, Gütersloher Brauhaus: Alle Interessierten sind zum diesjährigen Tag der Heimat eingeladen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. – Donnerstag, 11. September, 15.30 Uhr, Gütersloher Brauhaus, Unter den Ulmen: Ostpreußische Frauengruppe. Kontakt und Informationen bei Renate Thamm, Telefon (05241) 40422. – Sonnabend, 13. September: Pfarrfest Bruder-Konrad-Gemeinde Spexard. Das diesjährige Pfarrfest in der katholischen Kirche in Spexard steht ganz unter dem Oberschlesischen und ostpreußischen Motto. Nach der heiligen Messe um 18.30 Uhr gibt es im Pfarrheim Live-Musik mit dem bekannten Trio „Kampari-Band“ aus Leverkusen sowie Spezialitäten aus Ostpreußen und Oberschlesien: Barschtsch, Bigos und „heiße Oppelner“, Schlesier sowie Grütz-wurst vom Grill. Außerdem Schmalz, Bärenfang, Gozka Zoladkowa und Debowa. Zur späten Stunde gibt es Kaffee und Mohnkuchen. Alle sind herzlich eingeladen. Informationen bei Marianne Bartnik, Telefon (05241) 29211.

Mülheim an der Ruhr – Sonntag, 7. September, 11 Uhr, Bürgergarten: Einladung zur Feierstunde zum „Tag der Heimat“. Die Festrede wird der Vorsitzende des Mühlheimer OMV, Heiko Hendriks, halten. Der Chor „Sympathie“ übernimmt den musikalischen Rahmen. Nach der Feierstunde bietet der Wirt ein Mittagessen an.

Neuss – Sonnabend, 13. September: Tag der Heimat. 14 Uhr: Kranzniederlegung am Ostdeutschen Gedenkstein Oberstraße.

15 Uhr: Im Anschluss Feierstunde im Zeughaus. Programm: Musikvortrag: Quartettsverein Sängerbund 1859 Büderich (Dirigent Dr. Winfrid S. Küttner). Willkommensgruß: Peter Pott, Kreisvorsitzender. Grußworte: Bürgermeister oder Stellvertreter. Musikvortrag: Quartettsverein Sängerbund 1859 Büderich (Dirigent Dr. Winfrid S. Küttner). Gedenkrede: Hans-Jürgen Petrauschke, Landrat. Musikvortrag: Quartettsverein Sängerbund 1859 Büderich (Dirigent Dr. Winfrid S. Küttner). Dankes- und Schlussworte: Dr. Sigrid Bießner, stellvertretende Kreistagsvorsitzende. Nationalhymne.

Viersen – Sonnabend, 13. Dezember, 14 Uhr, Evangelisches Gemeindehaus Willich-Anrath, Jakob-Krebs-Straße 121: Einladung zum diesjährigen Tag der Heimat unter dem Motto „Deutschland geht nicht ohne uns“. Programm: 14 Uhr Gottesdienst, 15 Uhr Gemeinsame Kaffeetafel, 15.30 Uhr Gedenkstunde. Mitwirkende: Rolf Füsgen (Lieder aus der Heimat), „de Leddschesweäver“ (Leitung: Dr. Christoph Carlhoff), Festredner Werner Jostmeier, MdL, Mitglied des Haupt- und Europaausschussses, Frauenchor 1986 Anrath e.V., Leitung: Gabriele Köhler. Anschließend gemütliches Beisammensein, Feier zum 65-jährigen Bestehen.

Witten – Montag, 15. September, Evangelisch-Lutherische Kreuzgemeinde, Lutherstraße 6–10: Ostpreußisch Platt. Vorträge von Bruno Romeiks.

Wuppertal – Sonntag, 14. September, 14 Uhr, Breuer Saal, Auer Schulstraße in Wuppertal-Elberfeld: Tag der Heimat. – Trauer um Margarete Caspar – Am 22. August musste die Gruppe in tiefer Trauer von Margarete Caspar *15. Septemer 1921 in Bischofsburg +13. August 2014 in Wuppertal Abschied nehmen. Anfang der 1970er Jahre wurde Margarete Caspar in den Kreisvertriebenen-Beirat der Stadt Wuppertal gewählt, dessen Vorsitzende sie später wurde. Ihre Sprechstunden in den Aussiedler-Notwohnungen waren sehr gefragt, half sie doch bei Behördengängen, Formulare ausfüllen und regelte viele Schwierigkeiten. Als dann Deutsche aus Russland kamen, war sie wieder sehr engagiert, um in Rentenangelegenheiten und anderen Problemen den Aussiedlern zu ihrem Recht zu verhelfen. Dank ihrer Sprechstunden in der Begegnungsstätte im Stennert waren die Räume für die Landsmannschaften bezahlbar. Für die Betreuung und Eingliederung der Aussiedler erhielt Caspar die Medaille des Verdienstkreuzes und das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland. In entscheidungswichtigen Zeiten wurde Frau Caspar Vorsitzende, erst bei der Landsmannschaft Ostpreußen, später im Bund der Vertriebenen, Kreisverband Wuppertal, beide ernannten sie danach zur Ehrenvorsitzenden. Dank ihres diplomatischen Geschicks bei den Verhandlungen mit der Stadt Wuppertal erhielten die Vertriebenen die Begegnungsstätte in der Hof-aue. Die Landsmannschaft Ostpreußen verlieh ihr in Anerkennung ihres unermüdlichen Einsatzes für Ostpreußen das Silberne Ehrenzeichen. Ihre aufopfernde, oft mühevolle Arbeit war nicht vergeblich, wir werden in Ihrem Sinne weiter wirken.

Sigrid Kruschinski

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz – Jeden Freitag, 13 Uhr, Café Oase, Schönbornstraße 16, 55116: Die Gruppe trifft sich zum Kartenspielen. – Sonntag, 14. September: Tag der Heimat, zusammen mit dem Hessischen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation im Foyer des Landtags Wiesbaden. – Donnerstag, 18. September: Besuch des Otto-Schwabe Heimatmuseums Hochheim am Main, anschließend Einkehr in eine Weinwirtschaft. Treffpunkt: 14 Uhr, Mainz, Bahnhofsvorplatz 2.

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@

gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Limbach-Oberfrohna – Sonnabend, 11. Oktober, 14 Uhr, Eschemuseum: Die Landsleute der Kreisgruppe feiern ihr traditionelles ostpreußisches Erntedankfest. Zu diesem Fest werden schon gemeinsam Vorbereitungen getroffen. Mit Freude und guten Ideen will die Gruppe einen Tag vorbereiten, der allen noch lange in Erinnerung bleiben soll. Der gemischte Chor „Langenberg“ wird im kulturellen Teil unterhalten, und die Teilnehmer dürfen fröhlich mitsingen. Eine Kindergruppe von der Gerhart-Hauptmann-Schule führt durch ein abwechslungsreiches Programm. Es ist hausgeschlachtete Wurst im Angebot. Alle Landsleute und Gäste sind herzlich eingeladen.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle, Telefon privat (0345) 2080680.

Magdeburg – Freitag, 12. September, TuS Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises. – Sonntag, 14. September, Sportgaststätte Spielhagenstraße: Tag der Heimat. – Dienstag, 16. September, 13.30 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Bad Oldesloe – Nach Begrüßung der herbstlichen August-Runde ging Gisela Brauer noch einmal auf den „Tag der Heimat“ ein, der landesweit am 3. August in Neumünster begangen wurde. Teilgenommen hatten auch Georg Baltrusch und Frau. Sie erwähnte dabei besonders die von Edmund Ferner, dem Vorsitzenden der Landesgruppe Schleswig-Holstein in der Landmannschaft Ostpreußen, erläuterten Persönlichkeiten aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten: Aus Ostpreußen Immanuel Kant (Philosoph), den Dichter Ernst Wiechert, Agnes Miegel, den Maler Lovis Corinth, E.T.A. Hoffmann, Dichter und Musiker, und Johann Gottfried Herder aus Mohrungen; aus Westpreußen und Danzig stammen der Arzt Emil von Behring, der Astronom Nicolaus Copernicus, der Philosoph Arthur Schopenhauer, der Schriftsteller Max Halbe und Andreas Schlüter, Baumeister und Bildhauer. Ihre Erfindungen und Arbeiten als Schriftsteller und in der Malerei wirken bis in unsere Zeit fort und auch darüber hinaus. „Der ostpreußische Erlkönig“ als mundartliche Volksdichtung erfreute die Teilnehmer. Ulrich Klemens stellte die Malerei als sein Hobby vor. Die Gruppe wird im Oktober seine Werke in seinem Haus kennenlernen. Die Teilnehmer machen immer wieder die Erfahrung, dass Namen und Begriffe aus unserer Heimat weiter in Vergessenheit geraten oder gar nicht bekannt sind.

Burg auf Fehmarn – Dienstag, 9. September, 15 Uhr, Haus im Stadtpark: Bei der Landsmannschaft Ost-, Westpreußen und Danzig findet nach der Sommerpause am monatliche Nachmittag statt, der unter dem Motto „Am Meeresstrand im Schimmelreiterland“ steht. Eckehard Schmidt aus Rendsburg hält einen Vortrag über Theodor Storm. Gäste sind herzlich willkommen.

Flensburg – Freitag, 12. September, 14 Uhr: Tag der Heimat. Gemeinsame Veranstaltung der Vereinigten Landsmannschaften Flensburg. Gottesdienst in der St. Michael Kirche, Am Ochsenmarkt, mit anschließender Kaffeerunde. Stadtpräsidentin Swetlana Krätzschmar wird eingeladen. Bushaltestelle im Nahbereich.

Pinneberg – Sonntag, 14. September, 15 Uhr: „Nordostpreußen“. Dia-Multi-Visions-Show, zweiter Teil. Informationen unter Telefon (04101) 62667 oder (04101) 73473.

Schönwalde am Bungsberg – Sonntag, 14. September, 945 Uhr, Kirche: Tag der Heimat.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 25265.

Landesgruppe – Sonnabend, 6. September, Stadthalle, Brauhaus-Hotel, Arnstadt, Brauhausstraße: Tag der Landsmannschaften. Von 10 bis 12 Uhr organisiert jede Landsmannschaft ihr eigenes Programm. Von 12 bis 14 Uhr gibt es Mittagessen, und von 14 bis zirka 17 Uhr findet ein gemeinsames Kulturprogramm als zentraler „Tag der Heimat“ statt. Alle ost- und westpreußischen Landsmannschaften sind zu dieser Veranstaltung ganz herzlich eingeladen. Die Landesgruppe freut sich über eine rege Beteiligung.

Eisenach – Dienstag, 16. September, 14 Uhr, Rot-Kreuz-Weg 1: Heimatnachmittag der LM-Gruppen Ost- und Westpreußen.


S. 18-20 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ANGERBURG

Kreisvertreter: Kurt-Werner Sadowski. Kreisgemeinschaft Angerburg e.V., Landkreis Rotenburg (Wümme), Postfach 1440, 27344 Rotenburg (Wümme), Landkreis: Telefon (04261) 9833100, Fax (04261) 9833101.

Das Jahr 2014 steht ganz im Zeichen der Erinnerung an viele geschichtliche Ereignisse. Die Patenschaftsübernahme des Landkreises Rotenburg (Wümme) für unseren Heimatkreis durch einstimmigen Beschluss des Rotenburger Kreistages am 16. September 1954 war für uns Angerburger der erste Schritt in eine bessere Zukunft. Am 13./14. September 2014 wollen wir uns an die Patenschaftsübernahme vor 60 Jahren erinnern und dem Landkreis Rotenburg (Wümme) für die den Angerburgern in vielen Jahren gewährte Unterstützung durch möglichst guten Besuch danken. Alle Angerburger aus dem In- und Ausland sind herzlich eingeladen. Es ist auch eine gute Gelegenheit alte und neue Freunde zu treffen und sich auszutauschen. Die 60. Angerburger Tage finden in der Rotenburger Theodor-Heuß-Schule in der Gerberstraße 16 (neben dem Ratsgymnasium) statt. Eingeleitet werden die 60. Angerburger Tage am Sonnabend, 13. September, um 9 Uhr mit einer Kranzniederlegung am Patenschaftsstein neben der Angerburger Eiche beim Rotenburger Kreishaus. Anschließend tagt ab 9.30 Uhr in einer öffentlichen Sitzung im großen Sitzungssaal des Rotenburger Kreishauses die Angerburger Kreisvertretung (Delegiertenversammlung). Im Mittelpunkt der Sitzung stehen Berichte des Vorstandes sowie die Verabschiedung des Haushaltsvoranschlages für das Geschäftsjahr 2015. Es gibt somit Informationen aus erster Hand. Um 13.30 Uhr starten wir vom „Hotel am Pferdemarkt“ zu einer Kreisrundfahrt. Dafür bitten wir um einen Kostenbeitrag von unverändert 10 Euro pro Person einschließlich Kaffee/Tee und Kuchen. Die Mindestteilnehmerzahl beträgt 25. Aus organisatorischen Gründen wird um eine schriftliche Anmeldung unter Angabe der Personenzahl an Brigitte Junker, Sachsenweg 15, 22455 Hamburg, bis spätestens 31. August gebeten. Ab 15 Uhr ist die Theodor-Heuss-Schule geöffnet für Besucher, die nicht an der Busfahrt teilnehmen. Zum Abendessen (ab 18 Uhr) werden Speisen und Getränke (kleine Karte) angeboten. Der kulturelle Abend beginnt um 20 Uhr mit der Übergabe des Angerburger Kulturpreises durch den Landkreis Rotenburg (Wümme). Gestaltet wird der kulturelle Abend vom Rosenau-Trio aus Baden-Baden, dem sich ein Sektempfang anschließt. In geselliger Runde lassen wir dann den Tag ausklingen.

Am Sonntag, 14. September, sind die Räume in der Theodor-Heuss-Schule ab 9.30 Uhr geöffnet. In der Aula der Schule findet um 11 Uhr eine Feierstunde statt. Der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Stephan Grigat, wird die Festrede halten. Wegen zu geringer Beteiligung kann leider kein Gottesdienst mehr in der Michaelskirche stattfinden. Nach der Feierstunde treffen sich die Angerburger aus Stadt und Kreis mit alten und neuen Freunden zum Gedankenaustausch. Gelegenheit zum Mittagessen besteht ebenfalls, außerdem werden Kaffee/Tee, Kuchen und auch Getränke angeboten. Am Sonnabend und Sonntag sind das Angerburger Archiv und das Angerburger Zimmer mit der Heimatsammlung von 13 bis 16 Uhr im Hause Weicheier Damm 11 in Rotenburg (Wümme) geöffnet. In der Theodor-Heuss-Schule werden Bücher, Karten, Landkarten sowie Heimatbriefe verschiedener Jahrgänge angeboten. Das vollständige Programm mit den Übernachtungsmöglichkeiten ist im Angerburger Heimatbrief Nr. 153 (Mai 2014) auf den Seiten 46/47 abgedruckt. Im Hotel am Pferdemarkt und im Helmut Tietje-Haus sind für die Angerburger einige Zimmer reserviert. Bitte geben Sie bei der Zimmerbestellung an, dass Sie die Angerburger Tage besuchen wollen. Es empfiehlt sich, die Zimmer möglichst umgehend zu bestellen. Unterstützen Sie die Arbeit der Kreisgemeinschaft durch den Besuch der 60. Angerburger Tage am 14./15. September 2014 in Rotenburg (Wümme). Bis dahin wünscht Ihnen der Vorstand eine gute Zeit.

 

ELCH-NIEDERUNG

Kreisvertreter: Manfred Romeike, Anselm-Feuerbach-Str. 6, 52146 Würselen, Telefon/Fax (02405) 73810. Geschäftsstelle: Barbara Dawideit, Telefon (034203) 33567, Am Ring 9, 04442 Zwenkau.

Einladung und Programm für das Kreistreffen und der Mitgliederversammlung der ehemaligen Bewohner des Kreises Elchniederung und deren Nachfahren sowie aller Freunde Ostpreußens vom 12. bis 14. September 2014 in Bad Nenndorf Hotel Esplanade, Bahnhofstraße 8, 31542 Bad Nenndorf, Telefon (05723) 798110.

Freitag, 12. September, ab 14 Uhr: Eröffnung des Tagungsbüros Foyer, ab 14 Uhr Delegierten-Versammlung im Hotel, ab 14 Uhr Treffen im Restaurant, 16 bis 18 Uhr, im Keller: Film- und/oder Diavorträge Leitung: W. Nienke.

Sonnabend, 13. September, 9 Uhr: Eröffnung des Tagungsbüros, ab 9.30 Uhr Treffen im Restaurant, 10 bis 12 Uhr, im Keller: Unser Bildarchiv/unsere Homepage/Film- und/oder Diavorträge Leitung W. Nienke, 12 Uhr Mittagessen im Restaurant, 14 Uhr Eröffnung der Mitgliederversammlung durch den Vorsitzenden M. Romeike: Totenehrung, Berichte über die Kreisgemeinschaft und Kirchspielgebiete sowie Wahlen. 16 Uhr: Im Restaurant gemütliches Beisammensein, Plachandern, 16 bis 18 Uhr, im Keller: Weitere Bilder, Filme, Bilderfassung (scannen) Leitung W. Nienke, ab 18 Uhr Musikalische Unterhaltung.

Sonntag, 14. September, ab 10 Uhr: Gottesdienst in der Kirche Steinhude, Besuch des Agnes-Miegel-Hauses und Ausklang im Hotel. Wie bei allen Treffen steht das freundschaftliche Wiedersehen unserer Landsleute im Mittelpunkt unserer Bemühungen, und Sie werden feststellen, dass alles, was Ihrer Bequemlichkeit dient, in Bad Nenndorf vorhanden ist. Mittelpunkt unseres diesjährigen Treffens ist das Hotel Esplanade in Bad Nenndorf. Hier spielt sich das Treffen ab zwischen alten und neuen Freunden, hier werden nicht nur Bildbände, Bücher, Heimatbriefe und Kartenmaterial zum Kauf angeboten, hier sind auch wieder die Kirchspielvertretung und Heimatkreisdatei vertreten in der Hoffnung, dass es, wie in den vergangenen Jahren, wieder viele Landsleute gibt, die zum ersten Mal an einem Treffen teilnehmen und Auskunft geben können über Landsleute, die bisher für uns verschollen sind. Wir haben versucht, an alles zu denken, was Ihnen den Aufenthalt in Bad Nenndorf so angenehm wie möglich macht. Nutzen Sie diese umfangreichen Vorarbeiten und kommen Sie zum Treffen. Wir freuen uns auf ihr Kommen und erwarten Sie. Anmeldungen befinden sich im Heimatbrief, Sie können sich auch direkt an die Geschäftsstelle wenden.

 

FISCHHAUSEN

Kreisvertreter: Klaus A. Lunau, Bahnhofstraße 14, 30853 Langenhagen, Stellvertreterin: Marion Gehlhaar, Telefon (040) 476070. Geschäftsstelle: Fahltskamp 30, 25421 Pinneberg, täglich erreichbar unter Telefon (04101) 22037, Postfach 17 32, 25407 Pinneberg, E-Mail: Geschaeftsstelle@kreis-fischhausen.de. Besichtigung nach Wunsch.

Lewe Landslied, wir möchten alle Samländer und Samländerinnen mit ihren Familien und Freunden, alle Freunde der Kreisgemeinschaft Fischhausen und alle anderen Interessierten auf das Herzlichste zu unserem diesjährigen Kreistreffen einladen.

Vom 20. bis 21. September 2014 findet unser alljährlicher Höhepunkt statt. Wir würden uns freuen, wenn wir recht viele von Ihnen in Pinneberg begrüßen könnten. An beiden Tagen ist die Samlandausstellung am Fahltskamp 30 von 10 Uhr an geöffnet, wo auch für das leibliche Wohl gesorgt wird. Bei Kaffee und ostpreußischem Streuselkuchen, Schmalzbrot und – ganz wichtig – dem einen oder anderen Pillkaller lässt es sich gut mit alten Nachbarn und Freunden „schabbern“. Die Räume im Hotel Cap Polonio sind bereits um 9.30 Uhr geöffnet, dort beginnt am Sonnabend um 14 Uhr die Feierstunde. Herr Jöns vom Bernsteinmuseum in St. Peter-Ording wird uns in einem Vortrag über das „Gold des Nordens“ mit neuen Erkenntnissen über den Bernstein überraschen. Um 16 Uhr erzählt Frau Lohan im Samlandmuseum „Märchen für Erwachsene“ – Geschichten voller Weisheit, die nachdenklich machen. Der Samstagabend wird wie üblich mit einem gemeinsamen Essen und gemütlichen Beisammensein ausklingen. Für die Teilnahme wird ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 Euro benötigt, es gibt drei Gerichte zur Auswahl. Eine rechtzeitige verbindliche Anmeldung ist empfehlenswert.

Am Sonntag um 11 Uhr wird Herr Gronau vom ostpreußischen Landesmuseum über die Preußenkönigin Luise referieren, ein Thema, das sicherlich viele interessierte Zuhörer finden wird. Nicht nur die Cranzer, sondern auch viele andere Samländer erwarten mit Spannung den Dia-Vortrag von Klaus Lunau, der über die neuesten Entwicklungen in Cranz und Umgebung berichten wird. Nun wünschen wir Ihnen eine gute Anreise mit Bus, Bahn oder Pkw und hoffen trotz des kürzlich stattgefundenen Deutschlandtreffens in Kassel auf eine zahlreiche Teilnahme. Auch wenn wir nicht jünger werden, setzen wir auf die alte Verbundenheit der Samländer. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen in Pinneberg.

 

HEILSBERG

Kreisvertreter: Erwin Popien, Eichendorffstraße 30, 41564 Kaarst, Telefon (02131) 62403, E-Mail:

erwiniptus@aol.com.

Sonnabend, 18. Oktober, Maternushaus, Kardinal-Frings-Straße 1–3, Köln. (Nähe Hauptbahnhof und Dom). Beginn 10 Uhr mit einer gemeinsamen Messe, 13 Uhr Essen und 15.30 Kaffee/Tee-Kuchen, Ende 18 Uhr.

Das Maternushaus hat einen hohen Qualitätsstandard, in Zentrumsnähe gelegenen, mit eben-erdigen Veranstaltungsräumen und guter Küche, nahebei gelegenen Möglichkeit des Abstellens von Gehhilfen und einer im Hause befindlichen Kapelle für den Gottesdienst am Vormittag, einschließlich möglicher Übernachtung im Hause, Einzelzimmer 75 Euro, Doppelzimmer 105 Euro. Vorausreservierung ist zu empfehlen. Telefon (0221) 1631208. Auch ein Parkkeller ist vorhanden. Die Voraussetzungen für einen gemütlichen Austausch sind gegeben, es fehlen nur Sie, kommen Sie möglichst zahlreich, mehr werden wir nicht mehr. Außer der Anreise und den angegebenen Preisen entstehen Ihnen keine Kosten. Rückfragen unter Telefon (02131) 62403.

 

ORTELSBURG

Kreisvertreter: Dieter Chilla, Bussardweg 11, 48565 Steinfurt, Telefon (02552) 3895, Fax (02552) 996905, E-Mail: derc@gmx.de. Geschäftsführer: Hans Napierski, Heinrichstraße 52, 45701 Herten, Telefon (0209) 357931, Internet: www.kreis-ortelsburg.de

„Masuren, mein Masuren: Erinnerungen an ein Paradies“. Ursula Greschkowitz liest am Freitag, 19. September, ab 16 Uhr aus ihrem Erzählband in einer gemeinsamen Veranstaltung der Kreisgemeinschaft Ortelsburg und der Martin-Opitz-Bibliothek (am Willi-Pohlmann-Platz). Es handelt sich hierbei um die Auftaktveranstaltung zum diesjährigen Hauptkreistreffen der Ortelsburger, das am 21. September ab 11 Uhr im Kulturzentrum der Stadt Herne (ebenfalls am Willi-Pohlmann-Platz) stattfindet.

Ursula Greschkowitz wurde 1936 in dem Dorf Schiemanen im Kreis Ortelsburg im südlichen Ostpreußen geboren. Im Januar 1945 musste die Familie nach Westfalen flüchten. An diesem Lesenachmittag trägt sie Geschichten aus ihrem Erinnerungsband vor. Sie schildert ihre Kindheitserlebnisse gefühlvoll, aber realistisch. Dem Zuhörer wird in anschaulicher Weise deutlich, wie das Alltagsleben im Ostpreußen ihrer Kindheit aussah: Arbeitsverhältnisse, nachbarschaftliche und verwandtschaftliche Beziehungen, Kindheit. Der fürchterlichen Flucht aus Masuren, dem Verlust der Heimat und dem Neuanfang in Westfalen werden eigene Kapitel gewidmet. Durch ihr klare Sprache und ehrliche Darstellungsweise, die auf Schuldzuweisungen verzichtet, hat Ursula Greschkowitz mit ihrem Spätwerk einen wertvollen Beitrag zur Geschichte Ostpreußens geliefert, der die Zeiten überdauern wird.

 

PREUSSISCH EYLAU

www.preussisch-eylau.de. Kreisvertreter: Rüdiger Herzberg, Brandenburger Straße 11 a, 37412 Herzberg, Tel. (05521) 998792, Fax (05521) 999611, E-Mail: r.b.herzberg@t-online.de; Kartei, Buchversand und Preußisch Eylauer Heimatmuseum im Kreishaus Verden (Aller): Manfred Klein, Breslauer Str. 101, 25421 Pinneberg, Tel. (04101) 200989, Fax (04101) 511938, E-Mail: manfred.klein.rositten@malle-tech.de.

Von Freitag, 19., bis Sonntag, 21. September, führen die Preußisch Eylauer ihr diesjähriges Heimattreffen durch. Am Freitag, 19. September, treffen sich die Teilnehmer des Heimattreffens um 12 Uhr am Bahnhof in Verden und nehmen zusammen mit Freunden aus Polen und Russland an einer Fahrt mit der Museumseisenbahn teil. Am Nachmittag um 15 Uhr findet im Hotel Niedersachsenhof in Verden eine Sitzung des Gesamtvorstandes statt.

Am Sonnabend, 20. September, sind die Preußisch Eylauer und Gäste um 11 Uhr vom Landrat des Kreises Verden, Peter Bohlmann, zu einem Empfang in den Kreissaal des Kreishauses, Lindhoper Straße 67 in Verden, eingeladen. Am Nachmittag um 14 Uhr findet die traditionelle öffentliche Sitzung der Delegierten im Kreissaal in Verden statt. Um 16.30 Uhr wird eine Führung durch das Heimatmuseum (Treffpunkt: Eingang Ost des Kreishauses) angeboten. Am späten Nachmittag ab 17.30 Uhr treffen sich die Preußisch Eylauer im Hotel Niedersachsenhof. Es werden Geschichten und Lieder aus der Heimat vorgetragen. Am Abend ab 19.30 Uhr findet ein Heimatabend statt, zu dem der Vorstand der Kreisgemeinschaft Preußisch Eylau die Teilnehmer der Delegationen aus Polen und Russland, Vertreter der Stadt und des Landkreises Verden sowie eine Abordnung der Schützengesellschaft Verden eingeladen hat.

Am Sonntag, 21. September, findet um 10 Uhr eine Feierstunde im Hotel Niedersachsenhof statt. Im Anschluss fahren die Abordnungen der Kreisgemeinschaft Preußisch Eylau, des Landkreises und der Stadt Verden, der Partnerstädte Landsberg [Gorowo Ilaweckie] aus Polen und der Stadt Preußisch Eylau [Bagrationowsk] aus Russland sowie der Schützengesellschaft Verden zum Ehrenmal für den Deutschen Osten im Bürgerpark in Verden und legen dort Kränze nieder.

Nach der Feierstunde treffen sich die Preußisch Eylauer im Hotel Niedersachsenhof und setzen ihr Heimattreffen in gemütlicher Runde fort.

 

SCHLOSSBERG (PILLKALLEN)

Kreisvertreter: Michael Gründling, Große Brauhausstraße 1, 06108 Halle/Saale. Geschäftsstelle: Renate Wiese, Tel. (04171) 2400, Fax (04171) 24 24, Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen (Luhe).

Im Herzen lebt Schirwindt fort!

Zum 20. Mal fand am Wochen-ende das Schirwindter Treffen in Meiningen statt. Auch im nächsten Jahr soll es ein Wiedersehen geben. Schirwindt – kaum einer kennt den Namen dieser kleinen Stadt. Weit im Osten liegt der Ort, im damaligen Ostpreußen und heutigen Russland, direkt an der Grenze zu Litauen, gut 1300 Kilometer von Meiningen entfernt. Von Schirwindt, der östlichsten Stadt im Dritten Reich, ist so gut wie nichts geblieben. Nur ein Gebäude steht noch, das als Kaserne dient. Auch der Name ist gelöscht. Aus Schirwindt wurde Kutusowo. Das ganze Gebiet ist seit Langem ein großer Truppenübungsplatz.

In der Erinnerung existiert Schirwindt, die verschwundene Stadt aber weiter. Im Gedächtnis der Menschen, die im Zweiten Weltkrieg den Ort verlassen mussten, sind die Häuser noch heil, laufen die Hühner gackernd über den Hof, spielen die Kleinen mit Tante Ida, der Kindergärtnerin. Es blühen der Flieder und die Obstbäume und das Wasser der Scheschuppe plätschert munter dahin. Sie tragen ihre Heimat, in der die Mädchen Marjellchen und die Jungen Lorbasse gerufen wurden, weiter im Herzen. Kinder waren sie, als im Sommer 1944 die Grenzstadt Hals über Kopf verlassen werden musste. Heute sind sie Mitte 70 und älter, wohnen in Berlin, Hamburg und Köln, in Siegen und Bad Hombach. Einmal im Jahr kommen sie nach Meiningen, seit 20 Jahren schon.

Der Meininger Gerhardt Preikschat, ein Schirwindter Kind, organisierte Jahr für Jahr diese Treffen. Im März dieses Jahres starb er im Alter von 80 Jahren, hochgeschätzt von seinen Freunden aus der Heimat. „Ohne Gerhard hätten wir uns nie getroffen“, sagt Renate Niedrig, Jahrgang 1939. Unvergessen bleibt ihr das Treffen 1997, als Gerhard Preikschat ihr ein Konfirmationsfoto übergab. Es war eine Aufnahme ihrer Mutter, die 1944 im Kindbett starb. „Ich kann meine Gefühle gar nicht beschreiben. Es war das erste Bild von meiner Mutter, das ich je in den Händen hielt. Erstmals hatte ich nach all den Jahrzehnten das Gesicht meiner Mutter vor Augen“, sagt die Berlinerin.

Horst Becher, Jahrgang 1930, wohnt heute in Bad Hombach. Keines der 20 Treffen hat er verpasst. Er blickt in die Vergangenheit: „Wegen drohender Luftangriffe wurden Ende Juli 1944 Frauen, Kinder und Alte evakuiert. Mit Handgepäck ging es zum Zug. Es hieß, es sei für 14 Tage. Es wurde ein Abschied für immer.“

Der von Deutschland angezettelte Krieg, der die beschauliche Stadt an der Scheschuppe bis dahin verschont hatte, traf den Ort nun mit ganzer Wucht. Im Okto-ber 1944 besetzte die Rote Armee Schirwindt – als erste Stadt im Deutschen Reich. Es war der Anfang vom Ende Hitlerdeutschlands. Für die Schirwindter begann eine Odyssee. Ursula Rickemann, die in Düsseldorf geboren wurde und wegen der Bombenangriffe im Ruhrgebiet vier Jahre zuvor zu Verwandten ins vermeintlich sichere Schirwindt zog, verschlug es auf der Flucht zuerst nach Sachsen, dann nach Thüringen und schließlich nach Westdeutschland. Horst Becher kam mit der Mutter und den beiden jüngeren Geschwistern erst nach Sachsen, dann in die Oberpfalz. Mit offenen Armen wurden sie nicht empfangen. Hella Giesler, Jahrgang 1937, hat die Schmähworte der Einheimischen vom „Pack aus dem Osten“ nicht vergessen. Sie wohnt heute in Siegen in Nordrhein-Westfalen und erlebte am 9. Februar 1945 als Schülerin den schweren Bombenangriff auf Weimar. „43 Kinder waren wir in der Klasse. Nach dem Angriff lebten noch neun!“

Hella Giesler tritt in die Fußstapfen von Gerhard Preikschat und wird die weiteren Treffen organisieren. Sie werden immer weniger, das wissen sie in ihrem Alter. 13 waren sie dieses Mal noch. Sie trafen sich im Schlundhaus und in den Schloss-Stuben. Doch so lange es geht, wollen sie einmal im Jahr zusammen kommen und in den Gesprächen Schirwindt lebendig werden lassen. In Meiningen, nirgendwo anders. „Die Stadt ist für uns zu einer zweiten Heimat geworden“, sagt Hella Giesler.

Mario Hildebrand-Schönherr

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Eva Lüders, Telefon/Fax (04342) 5335, Kührenerstraße 1 b, 24211 Preetz, E-Mail: Eva.lueders@arcor.de.

Die Überprüfung der Mitgliederliste der Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit stand bereits auf der Tagesordnung der letzten Kreistagssitzung in Kassel. Es gab die Vermutung, dass viele der Heimatbriefe, deren Druck und Versand viel Geld kostet, an Adressen verschickt werden, die entweder nicht mehr zutreffen oder deren Inhaber bereits verstorben sind.

Kreisvertreter Dieter Neukamm hatte deshalb die Kirchspielvertreterinnen und -vertreter gebeten, die jeweiligen Listen mittels telefonischer oder schriftlicher Nachfragen gründlich zu überprüfen. Die Aktion ist noch nicht beendet, es kann aber bereits jetzt festgestellt werden, dass die Versandliste für den Heimatbrief „Land an der Memel“ um mehrere Hundert Adressen reduziert werden kann. Hierfür gibt es unterschiedliche Gründe. Es bestätigte sich, dass viele Umzüge und Sterbefälle nicht gemeldet worden sind. Es gibt aber auch Mitglieder, die auf Nachfrage aus gesundheitlichen Gründen auf die Zusendung des Heimatbriefes verzichteten. Andere haben einfach das Interesse verloren. Seit der Zusammenlegung der Heimatbriefe „Land an der Memel“ und „Tilsiter Rundbrief“ bekommen auch viele das Heft doppelt, da sie auf beiden Versandlisten stehen. Auch hierdurch entstehen unnötige Kosten. Der Vorstand der Kreisgemeinschaft bittet daher alle Mitglieder und deren Familienangehörige alle Veränderungen, die den Versand des Heimatbriefes betreffen, an die Adressenverwaltung der Kreisgemeinschaft zu melden. Zuständig hierfür ist Winfried Knocks, Varenhorststraße 17, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2309 oder E-Mail WinfriedKnocks@aol.com.


Ermlandbriefe vernichtet
Unwetter in Münster hat wichtige Archivarien völlig zerstört

Der Schaden an den Archiven der Ermlandfamilie, des Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung e.V., der Visitator-Ermland-Stiftung, der ehemaligen Visitatur Danzig, sowie der Visitaturen Breslau, Branitz und Grafschaft Glatz, ist beträchtlich. Keinen Schaden hat lediglich das Archiv der ehemaligen Visitatur Schneidemühl genommen. Das Unwetter über Münster hatte in den Abendstunden Ende Juli die Keller ganzer Straßenzüge unter Wasser gesetzt. Auch in das Archiv des Bistums Münster in der Innenstadt trat Wasser ein. Hier konnte aber durch den schnellen Einsatz vieler Helfer eine größere Katastrophe verhindert werden.

Alle Bücher, Zeitschriften, Geräte, Akten und Archivarien, die in den unteren Regalreihen oder auf dem Fußboden standen, wurden völlig durchnässt. Das Wasser stand etwa 50 Zentimeter in den Kellerräumen. Ermlandbücher, Bildbände und Ermlandbriefe aus verschiedenen Jahrgängen muss-ten entsorgt werden. Auch eine Vielzahl theologischer Schriften, zum Teil aus den Nachlässen des Apostolischen Visitators Prälat Johannes Schwalke und Konsitorialrat Professor Dr. Gerhard Fittkau stammen, wurden ein Raub des Wassers. Wichtige Akten – unter anderem für den Seligsprechungsprozess von Bischof Maximilian Kaller – und andere schriftliche Unikate sind in die Frostkammern der Landesbibliothek Münster und einer weiteren Bibliothek zur Sicherung verbracht worden. Durch die Kältetechnik können sie voraussichtlich erhalten werden. Auf die Ermlandfamilie, die Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung und die anderen Organisationen der katholischen Heimatvertriebenen und deren Nachkommen kommen erhebliche Kosten zu. Durch die Elementarversicherung werden lediglich Schäden erstattet, die unmittelbar am Gebäude und an den fest daran installierten Einrichtungen entstanden sind. „So rechnen wir damit, dass die rollenden Archivschränke, die komplett ersetzt werden müssen, durch die Versicherung übernommen werden“, so Norbert Block, stellvertretender Vorsitzender der Bischof-Maximilian-Kaller-Stiftung und Vorsitzender des Ermlandfamilie e.V.

Durch den unermüdlichen Einsatz von ehrenamtlichen Helfern und der hauptamtlichen Mitarbeiterin Lidia Gasch ist ein Großteil des vom Wasser unbeschädigten Archivs in andere Räume des Ermlandhauses verbracht worden. Allein bei einem Arbeitseinsatz Anfang August waren gut fünf Tonnen Aktenordner verpackt und in eine höhere Etage transportiert worden. Aber auch vier große Container mussten mit nicht mehr zu rettenden Büchern, Zeitschriften, Liederheften, Ausstellungsgegenständen und anderen Dingen gefüllt werden. Ein großer Dank gilt allen Helfern. So ist beispielsweise bereits zwei Tage nach der Unwetterkata-strophe die ehemalige hauptamtliche Archivarin Dorothea Triller im Einsatz, um die wertvollsten und wichtigsten Dokumente für die Ermländer zu retten. Tag und Nacht hat sie seitdem für die Ermlandfamilie gearbeitet. Kaller-Biograf Pater Werner Brahtz reiste aus Wien an, um die beschädigten Akten von Bischof Maximilian Kaller und Gerhard Fittkau zu sichten und zu sichern. Weiterhin können sich freiwillige Helfer melden, die beim vollständigen Ausräumen des Archives helfen wollen. Sie können sich unter Telefon (0251) 211477 melden. Der gesamte Archivbereich muss danach fachgerecht saniert werden. EB


S. 21 Lebensstil

Ein kleiner Schritt für Holzinger
... aber einer großer Schritt für die USA: Am 11. September 1944 überschritten Amerikaner bei Stolzemburg die deutsche Grenze

„9/11“ − die englische Bezeichnung für den 11. September erinnert an die Terroranschläge von 2001 in den USA. Das erste „9/11“ der USA spielte aber im Zweiten Weltkrieg − diesmal mit einem für die Amerikaner positiven Ausgang. Am 11. September 1944 betraten US-Truppen erstmals deutschen Boden.

Stolzemburg, ein 190-Seelen-Ort an der deutsch-luxemburgischen Grenze, fünf Kilometer nördlich von Vianden. Der Fluss Our trennt in diesem dichten Ardennental das Großherzogtum von der Südeifel, nach Bitburg sind es 20 Kilometer ostwärts. Wer große Städte sucht, hat hier weit zu fahren.

Einen Steinwurf von der Brücke über die Our entfernt sind drei Höckerhindernisse in den Boden eingelassen − Panzersperren, Symbole des Westwalls. Am mittleren Höcker informiert eine Metalltafel auf Englisch: „Von hier betraten erstmals US-Soldaten, die der 5. US-Panzerdivision angehörten, am 11. September 1944 deutschen Boden.“

Die Our ist kaum 30 Meter breit, gegenüber auf deutscher Uferseite liegen verstreut sechs Häuser. In Keppeshausen leben ganze 15 Menschen. Die Dorfstraße windet sich aus dem Ort. 150 Höhenmeter geht es hoch, rechts im Hang eine Fichtenschonung. So muss es schon für Seargent Warner Holzinger, dem Rang nach Oberfeldwebel, und seinen kleinen Spähtrupp ausgesehen ha­ben, als sie sich am Montag des 11. September 1944 gegen 16.30 Uhr aufmachten, die Reichsgrenze zu überqueren.

Sein Zugführer Leutnant Loren Vipond hatte Holzinger noch angespornt, sich zu beeilen, wenn er der erste alliierte Soldat sein wolle, der deutschen Boden betritt. Das ließ sich der 28-Jährige mit deutschen Vorfahren nicht zweimal sagen.

Die Soldaten gehörten der 85. Kavallerieaufklärungsschwadron der 5. US-Panzerdivision an. Die Division war am 25. Juli in Frankreich gelandet und hatte Luxemburg am 2. September erreicht. Erst am Morgen war Diekirch befreit worden.

„Als wir unsere Mission starteten, nahmen wir das Funkgerät aus dem Jeep mit, um mit dem zweiten Zug und dem Hauptquartier in Verbindung zu bleiben“, gab Holzinger nach Kriegsende dem US-Militärhistoriker Gerald Astor für dessen Buch „Der blutige Wald. Schlacht um Hürtgen“ zu Protokoll. In Stolzemburg angekommen, erfuhren die Eindringlinge von den Einheimischen, dass keine Feindsoldaten im Ort seien. „Ich war oft so dankbar, dass ich Deutsch konnte“, erin­nerte sich der 1988 verstorbene Holzinger.

Die Männer waren den Überlieferungen nach zu acht: Holzinger, der Obergefreite Ralph Diven, der Oberstabsgefreite Coy T. Locke, die Gefreiten William

McColligan, George McNeal und Jesse Stevens, der französische Leutnant Lionel DeLille und der junge französische Übersetzer Olaf Tillette de Mautort. Am anderen Ufer war alles still. Die Our führte nur hüfthoch Wasser. „Wir hätten auch durchwaten können“, so Holzinger. Er zog aber den Weg über die Reste der von den Deutschen beim Abzug gesprengten Brücke vor.

Holzinger: „Auf der deutschen Seite des Flusses war ein Bunker, der als Scheune getarnt war. Es war schon gut, dass er nicht bemannt war.“ Holzinger und DeLille trafen auf einen Bauern. „Er sagte uns, dass er am Tag zuvor das letzte Mal deutsche Truppen gesehen hatte.“ Der Bau­er erklärte, sie müssten nur der Straße die Anhöhe hinauf bis hinter seinen Hof folgen, dann würde man die ersten Bunker sehen. „So gingen ich, DeLille, McColligan und der deutsche Bauer eineinhalb Meilen nach Deutschland hinein und hatten eine gute Fernsicht“, erinnerte sich Holzinger.

Dort sahen die Männer beim 40-Seelen-Weiler Waldhof durch ihre Ferngläser weißgestrichene Gebäude zerstreut in der Landschaft liegen: keine Scheunen oder Stallungen, sondern Bunkeranlagen. Es waren die Hauptstellungen der Siegfriedlinie. Holzinger: „Keine von ihnen schien bemannt zu sein.“ An einem der 20 Betonbunker war ein Hühnerstall errichtet. Damit war klar: Die Stellungen waren verwaist.

Der Spähtrupp hatte die Siegfriedlinie eingenommen, ohne einen Schuss abzufeuern. Der von 1936 bis 1940 gebaute Westwall sollte das Reich vor einem Angriff Frankreichs schützen. 630 Kilometer zog sich die Befestigungskette vom Niederrhein entlang bis nach Basel.

Nach dem Frankreich-Feldzug wurde der Westwall vier Jahre lang nicht gebraucht. Als dann die Amerikaner im Frühherbst 1944 die Grenze überschritten, war der Wall taktisch veraltet, die meisten Waffen an den Atlantikwall abgezogen worden.

Die Sonne sank, der Spähtrupp hatte genug gesehen. Die Männer eilten über die Our zu ihrem Armeejeep. Eine halbe Stunde später hatten sie Bericht an Leutnant Vipond erstattet, die Meldung wurde an das Hauptquartier der 1. US-Armee gefunkt. Von dort aus ging die langersehnte Meldung, formuliert in dürrer Militärprosa, um die Welt: „Am 11. September um 18.05 Uhr drang in der Nähe der Ortschaft Stolzemburg, ein paar Meilen nördlich von Vianden, Luxemburg, ein Trupp unter Führung von Sergeant Warner W. Holzinger nach Deutschland vor.“

Nicht allen Beteiligten war die historische Dimension ihres Ausflugs sofort klar. Der damals

19-jährige Dolmetscher de Mautort, ein angehender Englisch-Student und Sohn einer dänischen Adeligen, der sich im befreiten Paris von der US-Armee hatte an­heuern lassen, gab später seiner Überraschung Ausdruck, dass er unter denen war, die im Kriegsjahr 1944 zuerst deutschen Boden betreten hatten.

Noch am gleichen Abend setzten zwei weitere US-Einheiten Fuß auf deutschen Boden. Von Weiswampach im Norden Luxemburgs überquerten US-Soldaten die Our und sahen sich im deutschen Dorf Sevenig um. Zur gleichen Zeit erreichte nördlich davon eine US-Einheit von Belgiens Our-Ufer aus Hemmeres, einen Vorort der Eifelgemeinde Winterspelt, und unterhielt sich mit deutschen Zivilisten. Bis zum Abend des 13. September war das Gebiet westlich der Höhenzüge der Schneifel vor dem Westwall in amerikanischer Hand − von Winterspelt bis Roth bei Prüm.

Hitler reagierte. „Zum Kampf im Westen“, so lautete sein Befehl am 16. September: „Jeder Bunker, jeder Häuserblock in einer deutschen Stadt, jedes deutsche Dorf muss zu einer Festung werden, an der sich der Feind entweder verblutet oder die ihre Besatzung im Kampf Mann gegen Mann unter sich begräbt.“

96 Tage lag da die Landung in der Normandie zurück. Am 9. September waren die West-Alliierten nach Luxemburg vorgestoßen, zwei Tage später war das Herzogtum befreit. Was am 11. September 1944 noch geschah, liest sich im „Kriegstagebuch des OKW“, des Oberkommandos der Wehrmacht, so: „Gent wird geräumt; Eupen und Malmedy gehen verloren. Zwischen Aachen und Metz ist nunmehr im Wesentlichen der Westwall erreicht.“

Am gleichen Tag besetzt die Wehrmacht die Westwall-Stellungen bei Aachen. Bei britischen Luftangriffen auf Darmstadt sterben 12000 Einwohner, 70000 werden obdachlos. In Italien erobern die Alliierten die Toskana, in Frankreich steht die abgeschnittene Festung von Le Havre kurz vor dem Fall. Im kanadischen Quebec verständigen sich Roosevelt und der britische Premier Winston Churchill auf den „Morgenthau-Plan“, der aus Deutschland nach Kriegsende ein Agrarland machen soll.

Am 12. September nimmt die US-Army die erste deutsche Ge­meinde ein: Roetgen bei Aachen. Doch schon bald stockt ihr Vormarsch: Die Schlacht um Aachen dauert bis zum 21. Okto­ber. Am 16. Dezember 1944, mit Beginn der Ardennen-Offensive, bäumt sich das Reich im Westen letztmals militärisch auf. In der Schlacht im Hürtgenwald, die bis Februar 1945 in der Rureifel tobt, verlieren die USA etwa 32000 Soldaten. Es war kein Spaziergang, der sie hinter der „Siegfriedlinie“ erwartete. Kai Althoetmar


Bei den »Mirokesen«
Schloss Mirow als Museum wiedereröffnet − Das Drei-Königinnen-Palais gibt Einblick in die Heimat der Preußenkönigin Luise

Friedrich der Große nannte seine Rheinsberger Nachbarn aus dem Hause Meck­lenburg-Strelitz „Mirokesen“, die Tourismuswerbung spricht heute stolz von „Mirokoko“. In beiden Fällen handelt es sich um Schloss Mirow (1709/12), das nach langen Jahren der Restaurierung vor Kurzem als Museum eröffnet und der Öffentlichkeit übergeben wurde.

Der namensgebende Ort Mirow mit seinen knapp 3500 Einwohnern liegt inmitten der Mecklenburgischen Seenplatte, am Süd­ende des Mirower Sees, der über eine ganze Kette von Seen, Flüssen und Kanälen mit der Müritz und der Havel verbunden ist. Seine Schatzkammer, die Schloss­insel, offenbart sich erst auf den zweiten Blick. Denn der un­scheinbare Ort wird von einer Bundesstraße durchschnitten, über die täglich bis zu tausend Lkw die Autobahn umfahren, so dass auf zahlreichen Plakaten unübersehbar eine Umgehungsstraße gefordert wird.

Direkt neben der Bundesstraße eröffnet sich dem Besucher je­doch eine ganz andere Welt. Zu Fuß erreicht man vom nahen Parkplatz mit wenigen Schritten über eine Brücke die Schlossinsel, ein Refugium der Ruhe und Schönheit. Ältester Bau ist die um 1350 begonnene Johanniterkirche. Adolph Friedrich II., erster Herzog des 1701 gegründeten Herzogtums Mecklenburg-Strelitz, bestimmte sie zur Grablege und Mirow zum Witwensitz.

Irgendwie ist Schloss Mirow dieser Bestimmung bis 1979 treu geblieben. Denn nachdem das kleine Fürstentum mit dem rätselhaften Tod von Großherzog Adolph Friedrich IV. nach gut 200 Jahren 1918 erlosch, war das Schloss ab 1952 Landesaltersheim. Fotos aus jener Zeit zeigen glückliche DDR-Rentner, die fröhlich über das Parkett des üppig dekorierten Festsaals rauschen oder stolz vor edlen Stofftapeten unter Stuckdecken in ihren Zimmern „thronen“.

Um Schloss Mirow in seinem alten Glanz wiederauferstehen zu lassen, war jedoch mehr als Nutzung gefragt. Dazu sagt die für die Staatlichen Schlösser und Gärten in Mecklenburg-Vorpommern zu­ständige Finanzministerin Heike Polzin zur Eröffnung in diesem Jahr: „Unwahrscheinlich großartige Arbeit ist hier geleistet worden, alte Handwerkstechniken wurden wiederbelebt, wissenschaftliche Recherchen wurden betrieben, Stukkateure, Schnitzer, Vergolder, Maler, Maurer, Verputzer, Zimmerleute, Restauratoren, Stickerinnen, Weber und viele, viele mehr waren gemeinsam tätig.“

Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat das Schloss­ensemble 1991 übernommen und von 1994 bis 2014 rund 17 Millionen Euro in die Gebäude und den Park investiert, davon alleine rund zwölf Millionen Euro für die Sanierung und Restaurierung des Schlosses. Insgesamt wurden für die staatlichen Schlösser und Gärten in Mecklenburg-Vorpommern seit 1991 fast 250 Millionen Euro ausgegeben, und man ist noch nicht am Ende: Bothmer, Ludwigslust, Güstrow, der Schlossgarten in Neustrelitz be­finden sich derzeit in der Wiederherstellung oder stehen kurz davor. Einen wichtigen Beitrag zu ihrer Rettung leistet die Europäische Union, die Mittel des Europäischen Fonds zur Entwicklung der ländlichen Räume beisteuert.

Man hat alles getan, dass Mirow zur dauerhaften touristischen Attraktion wird und zur wirtschaftlichen Förderung in der Region beiträgt. Ein Pfund, mit dem man wuchert, sind drei Frauen: die in Mirow geborenen Sophie Charlotte, später Königin von England, sowie ihre Nichten, die Preußenkönigin Luise und ihre Schwester Friederike, in dritter Ehe Königin von Hannover. Ihnen ist das sogenannte Drei- Königinnen-Palais gewidmet, das als Küchen- und Dienstgebäude 1758 errichtete einstige Kavalierhaus direkt gegenüber vom Schloss. So wenig wie man hier im Palais-Café den selbstgemachten Torten und dem herrlichen Blick auf den See widerstehen kann, so wenig kann man sich der Faszination der Ausstellung im Obergeschoss entziehen, welche die Region und den kleinen Operettenstaat geschickt in den Mittelpunkt der Welt rückt. Sich Zeit für Mirow zu nehmen, lohnt sich. Helga Schnehagen

Öffnungszeiten Schloss Mirow: September bis November Diens­tag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr. Drei-Königinnen-Palais: bis Okto­ber von Montag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, von November bis März eingeschränkte Öffnungszeiten.


S. 22 Neue Bücher

Liebe, RAF und mehr
Neuer Schlink-Roman

Nach seinem Welterfolg von 1995 mit dem Roman „Der Vorleser“, der 2009 verfilmt wurde, hätte sich Bernhard Schlink zur Ruhe setzen können, was der Rechtsgelehrte (bis 2009), Verfassungsrichter (bis 2005) als Schriftsteller jedoch nicht tat. Auch seinem neuesten Roman mit dem Titel „Die Frau auf der Treppe“ wird Aufmerksamkeit gezollt. Es ist eine reduziert erzählte Geschichte mit nur vier Akteuren, die an ein Kammerspiel erinnert.

Die Handlung bewegt sich in zwei Zeitabschnitten. Ende der 60er Jahre treffen der namenlose Ich-Erzähler, Mitte 20 und von Beruf Anwalt, ein ambitionierter junger Maler namens Schwind und der etwa 24-jährige Industrielle und Kunstsammler Gundlach in Frankfurt aufeinander. Der Anlass ist ein Streit zwischen Schwind und Gundlach wegen eines Gemäldes von Schwind, das sich im Besitz Gundlachs befindet. Es zeigt die nackt eine Treppe hinunterschreitende Museumspraktikantin Irene. Dem Verwirrspiel um das Bild, das dem berühmtesten Werk des Künstlers Gerhard Richter entspricht, verbunden mit dem Ringen der drei Männer um die Gunst der Frau, folgt ein zweiter Handlungsabschnitt, der 40 Jahre später in Australien angesetzt ist.

Gesellschafts- und Kulturkritik sind die eine Botschaft des Romans. Ausgerechnet der alte Konzernchef Gundlach bringt diese Kritik auf den Punkt, wenn er nach 40 Jahren dem inzwischen weltberühmten Maler vorhält, mit letztendlich unzeitgemäßen Bildern sein Vermögen gemacht zu haben. Die andere Seite der Botschaft ergibt sich aus der mit erheblicher Verspätung nachgeholten, doch nur kurzen Liebesgeschichte zwischen Irene und dem Anwalt, dem Protagonisten der Geschichte. Vor 40 Jahren hätte sein Leben eine andere Richtung nehmen können, doch Irene, die seine Liebe nicht erwiderte, war seinerzeit mit dem Bild verschwunden und wenig später offenbar in den Untergrund abgetaucht. Er sucht nach ihr und findet sie nahe der Stadt Rock Harbour. Irene ist schwerkrank und hat nicht mehr lange zu leben.

Das in Sydney ausgestellte, bis dahin verschollene Bild von der jungen Irene lockt zur gleichen Zeit auch die beiden ehemaligen Rivalen des Anwalts dorthin. Hier schwächelt das Handlungsgerüst denn doch ein wenig. Kaum nachvollziehbar ist es, dass ein hochbetagter Konzernchef wegen eines Gemäldes um die halbe Welt reist, anstatt einen Agenten damit zu beauftragen. Vielleicht aber unterstellt der Autor dem Mann, es sei ihm wichtig, Irene mit seinen Verdächtigungen hinsichtlich ihrer vermeintlichen RAF-Vergangenheit in den 70er Jahren zu konfrontieren, da er sich durch sie bedroht glaubte.

Auch Irene bereut früher begangene Fehler. Es sind die ungelösten und unlösbaren Fragen nach Zufall und eigenem Anteil im menschlichen Schicksal, die Schlink in seinem anregenden Roman aufgreift. D. Jestrzemski

Bernhard Schlink: „Die Frau auf der Treppe“, Diogenes, Zürich 2014, geb., 244 Seiten, 21,90 Euro


Für keine Lüge zu schade
Propaganda der Entente traf die Deutschen 1914 unvorbereitet

Obwohl selbst die britische BBC nach einer globalen Umfrage unter 26000 Teilnehmern anerkennen musste, dass Deutschland nunmehr das beliebteste Land der Welt sei, lebt das Zerrbild vom „Hässlichen Deutschen“ hartnäckig fort. Dabei glauben viele – vor allem die Nationalmasochisten hierzulande –, dies liege an Hitler, Auschwitz und dergleichen. Doch weit gefehlt: Das negative Stereotyp ist kein Produkt der Zeit zwischen 1933 und 1945, sondern entstand bereits im Jahr 1914. Das belegt der Historiker, Theologe und Publizist Karlheinz Weißmann anhand zahlreicher Beispiele und zeitgenössischer Illustrationen, die einen erheblichen Teil seines dekorativen großformatigen Werkes ausmachen.

Vor 100 Jahren, als die Staatengemeinschaft durch das kollektive Versagen der politisch Verantwortlichen in einen Krieg nie dagewesenen Ausmaßes hineinschlitterte, begannen Propagandisten auf der Seite der Gegner Deutschlands, Lügen und diffamierende Aussagen in die Welt zu setzen, deren Ziel darin bestand, von der eigenen Verantwortlichkeit abzulenken. Wie Weißmann zeigt, verwendeten sie dabei Techniken und Formulierungen, deren strukturelle Ähnlichkeit mit der antisemitischen Propaganda der Nationalsozialisten ins Auge sticht, was die Frage aufwirft, „wer Lehrer und wer Lehrling war“.

Im Ersten Weltkrieg jedenfalls agierte man auf deutscher Seite vergleichsweise fair. Niemand wäre auf die Idee gekommen, die Soldaten des Feindes als „Affen“, „Schweine“, „Läuse“ und „Bakterien“ zu titulieren und ihnen so das Menschsein abzusprechen, wie das auf französischer, britischer und amerikanischer Seite üblich war. Und auch zu den primitiven Plakaten, auf denen der Deutsche als mordlüsterner „Untermensch“ mit Stahlhelm dargestellt wurde, der sich auf halb entblößte Frauen stürzt und Kinder verstümmelt beziehungsweise abschlachtet, gibt es kein Pendant.

Desgleichen verzichtete die deutsche Propagandamaschinerie auf Gräuelmärchen oder gar Fälschungen, welche die Gegenseite ebenfalls in reichlichem Maße produzierte. So zeigt Weißmann Fotos von antijüdischen Pogromen im Russland des Jahres 1904, welche dann 1915 in der französischen Zeitung „Le

Miroir“ als „Beweise“ für deutsche Massaker an Polen ausgegeben wurden. Ebenso geht er auf die erlogenen Schauergeschichten von den „gekreuzigten Kriegsgefangenen“ und „geschändeten Nonnen“ ein.

Hinter all diesen antideutschen Entgleisungen stand zum Ersten der Wunsch nach Rache für frühere Niederlagen, der vor allem die französischen Propagandisten beseelte. Zum Zweiten waren die Räuberpistolen und Beleidigungen eine Folge des geopolitischen und wirtschaftlichen Konkurrenzdenkens auf britischer Seite. Und zum dritten wiederum benötigten die US-Amerikaner ein negatives Gegenbild, um ihre angebliche moralische Überlegenheit besser herausstreichen zu können.

So also erklären sich Hetztiraden wie die eines Léon Daudet: „Die Kultur erfordert es, dass der Franzose, der Engländer, der Russe und der Belgier das deutsche Schwein in diesem Augenblick, in dem sie es gepackt halten, ohne Gnade auf ihrer Schlachtbank ausbluten lassen.“ Auch wenn dies dem einen oder anderen beflissenen „Vergangenheitsbewältiger“ unter unseren Landsleuten nicht ins Bild passt: Anheizer vom Schlage Daudets waren maßgeblich mitverantwortlich für die Entstehung des neuen deutschen Nationalismus, der schließlich zum Dritten Reich und zum Zweiten Weltkrieg führte. Gut, dass das mal ganz explizit und auf der Basis unwiderlegbarer Quellen herausgearbeitet wurde!

Wolfgang Kaufmann

Karlheinz Weißmann: „1914. Die Erfindung des hässlichen Deutschen“, Junge Freiheit Verlag, Berlin 2014, gebunden, 205 Seiten, 34,90 Euro


Zu viel Ostalgie, zu wenig Heimat
Erinnerungen an eine Jugend auf Gütern in Ostpreußen und der DDR

Ein 80-Jähriger erinnert sich an seine Jugend, die er auf großen Besitztümern in Schlesien, Polen und Ostpreußen als „junger gnädiger Herr“ verbracht hat, wo sein „gnädiger Herr Vater“ Verwalter auf vier Gütern des Fürsten Radziwill war. In 110 anekdotischen Episoden, ohne erkennbares System aneinandergereiht, breitet sich die Autobiografie „Der Junge mit dem Renault. Geschichten einer ungewöhnlichen Kindheit in der ,alten Heimat‘“ aus, manchmal amüsant, dann wieder tragisch, etwa wenn von seiner behinderten Schwester die Rede ist, oder gar peinlich, wenn in allen Details berichtet wird, wie er „in die Hose geschissen“ hat. Von Ostpreußen ist relativ wenig zu lesen, dabei aber gut beobachtete Skizzen zu lokalem Misstrauen gegen Technik, die sich mit Mühe durchsetzte.

Störend ist die eitle Selbstgefälligkeit des Autors Peter Feiffer, der sich permanent als genialer Alleskönner präsentiert, der angeblich als Dreieinhalbjähriger technische Zeichnungen anfertigt, als Zehnjähriger mal eben zu den polnischen Partisanen reitet, als Jugendlicher eine eigene Forschungsgruppe leitet, als Erwachsener der DDR „die Getreideernte gerettet“ hat. Das geht endlos so weiter, dass selbst Feiffer mitunter mutmaßt, die Leser könnten denken: „Jetzt fängt der Autor aber an zu spinnen.“ Dabei hat er solche Angeberei nicht nötig, da seine Meriten um den Mähdrusch aktenkundig sind.

Diese Meriten hat er in der DDR erworben, wie noch aus seinem Titel „Dr. sc“ zu ersehen ist. Der wurde in der DDR nach einer „Promotion B“, westlich „Habilitation“, verliehen. Feiffer hängt an vergessener DDR-Terminologie, schwelgt seitenlang in „Ostalgie“: „Eigentlich war das System gut gedacht, gut gemacht und gut überlegt“, jedoch zumeist auf „Wahnsinn“ gegründet und als „Idiotie“ exekutiert, gegen die nur „der Alkohol als Ersatz für die fehlenden Erfolgserlebnisse vieler Genossen“ diente. „Deshalb kann man sich die DDR, die ein ganz vernünftiger Staat war, heute leider kaum schön reden.“ W. Oschlies

Peter Feiffer: „Der Junge mit dem Renault. Geschichten einer ungewöhnlichen Kindheit in der ,alten Heimat‘“, dr. ziethen, Oschersleben 2013, geb., 372 Seiten, 24.90 Euro


»Die Bundeswehr fühlt sich allein gelassen«
Zwei Publikationen bieten tiefe Einblicke in den Alltag von deutschen Soldaten im Auslandseinsatz

Dass es sich bei dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan um einen Krieg handelt, ist mittlerweile allgemein anerkannt. Diejenigen, die dort seit nunmehr über zwölf Jahren in unserer aller Auftrag Gesundheit und Leben einsetzen, wissen das schon lange. Was dieser Krieg für die einzelnen Soldaten bedeutet, ist nur den wenigsten Deutschen und damit denjenigen, in deren Auftrag sie in den Einsatz gehen, klar. Diese Wissenslücke wird nun von zwei längst überfälligen Publikationen geschlossen.

Der Sammelband „Feindkon-takt“ enthält im ersten Teil sechs Gefechtsberichte aus dem Jahr 2010, vorwiegend von Fallschirmjägern. Hier kommen Offiziere und Unteroffiziere ebenso zu Wort wie einfache Soldaten. Je nach Funktion und Perspektive sowie Ausdrucksfähigkeit der Autoren bekommt der Leser einen eher nüchternen Einblick in die Lageent- wicklung und verfolgt die Führungsentscheidungen oder er erlebt das Gefechtsgeschehen hautnah mit. Die Berichte sind sehr persönliche und ergreifende Schilderungen von überzeugender Authentizität. Sie handeln neben der chronologischen Beschreibung des Geschehens von Stress, Lebensgefahr, emotionalem Ausnahmezustand, Angst, Verwundung und Tod. Nichts wird darin heroisiert, beschönigt oder verschleiert. Zwischen den Zeilen ist erkennbar, dass viele Vorschriften und Einschränkungen den Dienst erschweren. So erwähnt beispielsweise ein Kompaniechef – für ihn normal und daher nur beiläufig – dass er in kritischer Lage erst Artillerieunterstützung anfordern konnte, nachdem er den Rechtsberater konsultiert hatte.

Im zweiten Teil, mit „Planung und Analyse“ überschrieben, wechselt das Buch die Perspektive. Hier kommen militärische Planer und Spezialisten zu Wort, welche die in den Gefechtsberichten geschilderten Ereignisse in den übergeordneten Kontext wie die Lage in Nordafghanistan einordnen. Dabei geht es zunächst um eine Analyse des Gegners, der in dem Buch durchgehend als „Aufständische“ oder „Insurgenten“ bezeichnet wird. Das folgende Kapitel beschreibt die lagebestimmenden Faktoren wie die Bevölkerung, die afghanischen Sicherheits- und Streitkräfte, die verbündeten US-Kräfte und die Operationsführung aus Sicht des taktischen Planers. Daran schließen sich die Erörterung der rechtlichen Grundlagen des Einsatzes sowie Gedanken über den Umgang mit Verwundung und Tod aus der Sicht eines Kompaniefeldwebels, der „Mutter der Kompanie“, an. Den Abschluss bilden allgemeine Betrachtungen zum Thema „Soldatisches Töten und Sterben“. Darin zeigt der Autor, indem er den Begriffen Ehre, Vaterland und Sterben nachgeht, die Herausforderungen auf, vor denen der Bundeswehrsoldat steht, wenn er sein Handeln vor sich selbst begründen muss.

Dass Krieg, auch der in Afghanistan nach offizieller Lesart auf der Seite des Guten geführte, „scheiße“ ist, erfährt man von Gregor Weber, einem breiten Fernsehpublikum als ehemaliger saarländischer Tatort-Kommissar bekannt. Sein Wehrdienst bei der Marine lag schon über 20 Jahre zurück, als der gelernte Schauspieler und Koch, der sich mittlerweile auf das Schreiben verlegt hatte, im Rahmen von Recherchen für einen Kriminalroman wieder in Kontakt mit der Bundeswehr kam. Vom Geist und der Professionalität der Truppe beeindruckt, nahm er das Angebot an, sich als Verpflegungsunteroffizier bei einem einsatzerfahrenen Fallschirmjägerbataillon einplanen zu lassen. Nach mehreren Reserveübungen, der Umschulung zum Pressefeldwebel und dem Durchlaufen der monatelangen Einsatzvorbereitung ging er im vergangenen Jahr für dreieinhalb Monate als Feldwebel der Reserve nach Afghanistan – im „Selbstversuch“, wie er es nennt. Mit jeder Zeile wird deutlich, dass ihn nicht Abenteuerlust oder Langeweile dazu trieben, sondern das echte Bedürfnis, „am eigenen Leib zu spüren, was es heute heißt, Soldat der Bundeswehr zu sein“.

Das Ergebnis, sein Buch „Krieg ist nur vorne scheiße, hinten geht’s“, ist in mehrfacher Hinsicht beeindruckend. Weber macht keinen Hehl daraus, dass er als Pressefeldwebel am Hindukusch „hinten“ und somit überwiegend außerhalb der unmittelbaren Gefahrenzone eingesetzt war. Dennoch sind Stress und Gefahr in seiner Schilderung des Einsatzalltags allgegenwärtig. Ebenso wie Kameradschaft, hohe militärische Professionalität und Tapferkeit, aber auch bisweilen sinnloser dienstlicher Trott und eine häufig übertriebene Bürokratie. Weber schildert lebendig und anschaulich seinen mehrjährigen Weg von seinem ersten Truppenbesuch bis zur Rückkehr aus Afghanistan. Damit auch Ungediente mitkommen, gibt er immer wieder allgemein verständliche Informationen zu Hierarchien, Truppen, Einsatzgrundsätzen, Waffen und Gerät, die durch Erläuterungen zu Abkürzungen und Fachbegriffen am Ende des Buches ergänzt werden. Der Autor lässt den Leser zudem an seinen politischen, ethischen und rechtlichen Überlegungen zu Militär und Krieg teilhaben. Obwohl er unverkennbar aus der Perspektive des Bundeswehrreservisten schreibt, wahrt er die Distanz zum Gegenstand seines Buches, die nötig ist, um glaubwürdig und überzeugend zu sein.

Weber schreibt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Dadurch bereitet das höchst informative Buch dem Leser auch noch ein außerordentliches Lesevergnügen. Dabei bleibt er stets sachlich und vorurteilsfrei, ohne etwas zu beschönigen, den Einsatz zu verherrlichen oder die Bundeswehr als Ganzes romantisch zu verklären. Eines jedoch kann er nicht verbergen: seine aufrichtige Sympathie, ja Bewunderung für diejenigen, die im Auftrag der Gesellschaft kämpfen, dafür von ihr aber kaum Anerkennung erhalten. „Die Bundeswehr fühlt sich allein gelassen“, das zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch, der schon bei der Schilderung seiner ersten Kontakte mit der Truppe beginnt. Webers Buch ist ein Erfahrungsbericht über die Bundeswehr von heute und die Einsatzrealität, wie er authentischer nicht sein könnte. Jan Heitmann

Sascha Brinkmann, Joachim Hoppe, Wolfgang Schröder (Hrsg.): „Feindkontakt. Gefechtsberichte aus Afghanistan“, Verlag E.S. Mittler & Sohn, Hamburg 2013, geb., 224 Seiten, 19,95 Euro

Gregor Weber: „Krieg ist nur vorne scheiße, hinten geht’s“, Droemer, München 2014, geb., 256 Seiten, 18 Euro


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Tief im Walde / Warum Sachsen unter Kriegsrecht gehört, wo wir die NPD gefunden haben, und wie uns das Gute seine böse Fratze zeigt

Die deutschen Medien sind enttäuscht und alarmiert zugleich. Ungeheuerlich, wen die Sachsen gewählt haben. In den Redaktionen macht sich Ratlosigkeit breit: Der „Tagesspiegel“ jammert ratlos über das aufreizende Selbstbewusstsein der AfD: „Der oft erhobene Rechtsextremismus-Vorwurf wird dort inzwischen mit trotziger Gelassenheit gesehen.“ Was für eine Frechheit!

Damit hatten wir nicht gerechnet. Das hatte doch bislang immer geklappt! Wenn Presse, Funk und Fernsehen nur oft genug irgendetwas mit „Nazi“, „rechtem Rand“ oder so geraunt hatten, war die gescholtene Gruppe nach kurzer Zeit politisch tot und alle, die dabei waren, auch gesellschaftlich.

Enttäuscht von ihrer lauen Leistung und verwirrt vom Verpuffen aller Manipulationsversuche haben die meisten Medien nun einen Gang zurückgelegt. Der Dame vom „heute-journal“ waren zwar Wut und Ekel über das Wahlresultat ins Gesicht geschrieben und die „Bild“-Zeitung versuchte es noch einmal mit dem Prügelwort „Euro-Hasser“, ansonsten aber fielen die Verdikte verblüffend zahm aus.

Indes: Blätter, die ihre politische „Überzeugung“ offenbar von anderen abschreiben, hinken verständlicherweise ein wenig hin­terher. So holte die „Brigitte“ noch einmal die flachen Schimpfereien aus dem Schnipselkasten der gestanzten Fertig-Verurteilungen heraus und hielt sie ihren Leserinnen unter die Nase: Die AfD sei trotz allem „eine Partei, die am rechten Rand mit populistischen Parolen auf Wählerfang geht“.

Gähnen Sie nicht! Natürlich ist das ranziges Zeug aus dritter Hand. Aber womöglich war es das letzte Mal, dass wir dieses Propagandagerümpel so schön abgeschmackt und nachgeplappert zu lesen bekamen, bevor der Müll endgültig in der Käseblattzone enthirnter Gossenpostillen versinkt. Ein historischer Moment, sozusagen.

„Brigitte“ scheint fest davon überzeugt zu sein, dass ihre Leserschaft weitgehend aus politischen Analphabeten besteht. Die AfD, lesen wir dort, spreche auch die an, „die mit Demokratie nicht viel am Hut haben“. Beweis: Erhebungen zeigten, „dass viele Nichtwähler und ehemalige NPD-Wähler die neue Partei wählten“. Nichtwähler gleich Antidemokraten?

Wenn’s nur das wäre: Laut Infratest dimap sind 33000 ehemalige CDU-Wähler zur AfD gewechselt, 18000 von der FDP, 15000 von der Linken und nur 13000 von der NPD. Immerhin: 16000 AfD-Wähler hatten vor fünf Jahren tatsächlich gar nicht gewählt. Den größten Brocken, 40000 nämlich, hat die „Alternative“ laut den Forschern aber aus dem Sammelsurium der „sonstigen Parteien“ herübergelockt.

Und was macht „Brigitte“ daraus? Sie haben es gelesen. Am schönsten die Unterstellung, Nichtwähler seien Leute, „die mit Demokratie nicht viel am Hut haben“. Danach müsste in Sachsen sofort das Kriegsrecht ausgerufen werden. Denn dort blieben satte 51 Prozent den Urnen fern. Wenn aber die Mehrheit der Demokratie ablehnend gegenübersteht, ist doch wohl jederzeit mit einem Umsturz durch antidemokratische Wichte zu rechnen. Da müssen harte Maßnahmen ergriffen werden, bevor es zu spät ist. Hat denn niemand aus der Geschichte gelernt?

Doch, und zwar das hier: Politiker aller Farben bejammern zwar alle Jahre wieder eine geringe Wahlbeteiligung oder sonnen sich stolz in einer wieder gestiegenen. In Wahrheit jedoch interessieren sich die meisten von ihnen nur aus taktischen Gründen dafür. Große Parteien, so heißt es, profitieren von einer hohen, kleine von einer niedrigen Wahlbeteiligung. Entsprechend verteilen sich ihre Hoffnungen.

Grundsätzlich gesehen ist der Masse der Politiker die Wahlbeteiligung ziemlich schnuppe. Und wenn gar kein Bürger mehr hinginge? Egal. Dann wählen sich die Kandidaten eben selbst und bedanken sich trotzdem anschließend vor laufender Kamera „für das in sie gesetzte Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger“.

So war auch Stanislaw Tillich sichtlich zufrieden, dass „die Sachsen“ ihn wiedergewählt hätten. In Wahrheit hat das nicht einmal jeder fünfte Wahlberechtigte getan. Bei der SPD machte nur gut jeder 20. sein Kreuz. „Volkspartei“ nennt sich das. Im Lichte der miesen Wahlbeteiligung verglüht selbst der strahlende Sieg der „Alternative“ zu mehr als der Hälfte. Allerdings: Hätte es sie nicht gegeben, wäre die Beteiligung sicherlich noch mickriger ausgefallen. Das zum Thema „mit Demokratie nicht viel am Hut“.

Die NPD immerhin ist erst einmal weg. Ganz weg? Nein, unermüdliche Antifaschisten sind ihr, verzehrt von der Sehnsucht nach ihrem Kampfobjekt, hinterher gepirscht und haben das braune Ungeheuer aufgespürt, ganz tief im Walde.

Dort, im malerischen Reinhardtsdorf-Schöna, hat die NPD 16,1 Prozent geholt, schrillen die Mediensirenen. Der Ort liegt direkt an der böhmischen Grenze, da wo sich die Eisenbahnlinie durch das romantische Elbtal in Richtung Prag schlängelt.

Experten fragen sich, wie das sein kann. Laut „Huffington Post“ sagen Studien von Experten, dass es „Rechte“ auf dem Lande besonders leicht hätten. Warum? „Wenn sie ihre Parolen laut genug brüllen, erscheinen sie als starke Kraft.“ Aha, an der Stimmgewalt liegt es also. Aber warum besonders auf dem Lande? Vielleicht, weil es in der Stadt zu viele Nebengeräusche gibt? Verkehr, Industrie und so?

Bei 1500 Einwohnern und der Tatsache, dass nicht alle wahlberechtigt sind und von den Berechtigten (wie im ganzen Freistaat) längst nicht alle hingegangen sind, dürften so um die 100 Dörfler NPD gewählt haben. Deshalb, so die „Huffington Post“, hätten die anderen Angst, ihren Mund aufzumachen, weil sie „fürchten, mit ihrer Meinung alleine dazustehen“.

Ach so: 84 Prozent halten die Klappe, weil sie fürchten, angesichts der erdrückenden Übermacht von 16 Prozent „alleine dazustehen“. Ich sehe: Mit Mathe muss ich noch mal ganz von vorne anfangen.

Wenn Sie Kinder oder Enkel haben, die noch nicht wissen, was sie einmal werden wollen, habe ich einen brandheißen Tipp: Wie wär’s mit „Rechtsextremismus-Experte“? Ohne sich mit den engstirnigen Gesetzen der Mathematik, der Logik oder den simplen Regeln des gesunden Menschenverstandes herumschlagen zu müssen, kann Ihr Nachwuchs dereinst Geld verdienen mit dem offensichtlichsten Unfug. Niemand wird ihm zu widersprechen oder kritische Fragen zu stellen wagen, denn wer möchte sich schon dem Verdacht aussetzen, er „verharmlose die Gefahr“?

Ein wunderbarer Job, vor allem für Menschen, die erkannt haben, dass wirkliche Arbeit kaum zu ihrem Lebensentwurf passt. Und dass richtiges Lernen, sorgsames Forschen oder ernsthaftes Nachdenken nichts anderes sind als purer Faschismus.

Hoffnungslos ist die Lage in Reinhardtsdorf-Schöna trotz der Übermacht von 16 zu 84 übrigens nicht. Mit der regionalen „Aktion Zivilcourage“ und einer Dorf-Ini­tiative „gegen Rechts“ werde bereits gegengesteuert, beruhigt uns die „Huffington Post“.

Solche Initiativen gibt es zum Glück überall, nicht bloß in Deutschland. Sie leben von der Überzeugung ihrer Aktivisten, das absolut Böse zu bekämpfen, weshalb sie selbst das absolut Gute repräsentieren.

Historisch Interessierten gefriert angesichts von so viel einwandfreiem Gutsein das Blut. Sie wissen noch, wie oft unter dem Banner des scheinbar unzweifelhaft „Guten“ Furchtbares angerichtet wurde. Aus dem englischen Rotherham erreichte uns dieser Tage ein Lehrbeispiel dafür, wovor gewarnt wird: Sozialarbeiter haben jahrelang die Schändung von insgesamt 1400 Kindern ignoriert. Grund: Die Täter waren pakistanischer Herkunft und die Sozialarbeiter fürchteten, als Rassisten gebrandmarkt zu werden, sollten sie das Grauen anzeigen. Drastischer haben sich die Abgründe des „Gutmenschentums“ wohl noch nie vor uns entblößt.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Russland hortet Gold

Moskau – Russland hortet massiv Gold, allein in den vergangenen zwölf Monaten hat sich der Bestand um zehn Prozent auf 35,5 Millionen Unzen erhöht. Damit wolle sich Moskau womöglich für einen Währungskrieg mit dem Westen rüsten, mutmaßen Experten. Auch alle anderen Notenbanken kaufen Gold dazu oder halten zumindest ihre Bestände stabil. Allein die Bundesbank verkauft Gold, allerdings nur in relativ geringem Umfang. H.H.

 

»Unser Chávez im Himmel«

Caracas – Die regierende Sozialistische Partei Venezuelas hat offiziell ein Gebet zum 2013 gestorbenen Präsidenten Hugo Chávez gebilligt. Dies meldet der Wiener „Standard“. Nach dem Vorbild des Vaterunser heißt es: „Unser Chávez, der du bist im Himmel ... Spende uns Licht, damit wir nicht der Versuchung des Kapitalismus erliegen.“ Schon zu Chávez’ Lebzeiten wurde der Personenkult um ihn angeheizt. (Mehr zur Lage in Venezuela auf Seite 7) H.H.

 

Auf den Spuren Graf Cianos

Das Amt des EU-Außenbeauftragten scheint an Bewerber keine hohen Ansprüche zu stellen. Zwei Bedingungen sind zu erfüllen: Etwas Erfahrung in Außenpolitik und weiblich sollte man sein. Im Falle von Federica Mo­gherini reichten sechs Monate als italienische Außenministerin aus, um in der EU Karriere zu machen.

Wegen ihrer mangelnden Berufserfahrung traten Kritiker auf den Plan, die der 41-Jährigen nicht zutrauen, den gewaltigen Personalapparat des Auswärtigen Dienstes der EU mit seinen 3400 Mitarbeitern und knapp 800 Millionen Euro Jahresbudget zu meistern. Doch was kann Mogherini schon groß falsch machen? Ihre blasse Amtsvorgängerin, die Britin Catherine Ashton, hat die Latte für Nachfolger nicht allzu hoch gelegt. Was wohl ganz im Sinn der einzelnen EU-Länder war, die sich das Heft des außenpolitischen Handelns ungern aus der Hand nehmen lassen.

Ob diese Rechnung auch mit Mogherini wei­terhin aufgeht? Die in Rom geborene Tochter eines Filmregisseurs gilt als extrem ehrgeizig. Nach einem Politik-Studium engagierte sie sich in der linken Jugend, kämpfte gegen Apartheid, für Gleichberechtigung und war Fan von Barack Obama, dessen Konterfei sie auf einem T-Shirt stolz durch die römischen Straßen trug.

Seit dem Kabinettswechsel durch den neuen Ministerpräsidenten Matteo Renzi im Februar dieses Jahres ist die zweifache Mutter die zweitjüngste Außenministerin Italiens. Nur Mussolinis Schwiegersohn Graf Ciano war bei Amtsantritt jünger. Das war 1936. Umso mehr irritierte sie mit der Äußerung, eine neue außenpolitische „Achse Rom – Berlin“ bilden zu wollen. Eine an Deutschland ausgerichtete Au­ßenpolitik kann der EU sicher nicht schaden. Harald Tews


MEINUNGEN

Uli Dönch wehrt sich im „Focus“ (27. August, online) gegen die Behauptung, Deutschland könne den Euro nicht mehr verlassen:

„Niemand kann Deutschland zwingen, sich bis zum bitteren Ende an diesen Schwindel-Euro zu ketten. Was Geldexperten wissen, aber nur selten offen sagen: Es dauert nicht einmal sechs Monate, eine neue Währung einzuführen.“

 

 

Florian Gerster (SPD), ehemaliger Chef der Bundesagentur für Arbeit, bemängelt im „Handelsblatt“ vom 26. August das Fehlen politischer Führung in Deutschland:

„Gab es politische Führung in Berlin nach der Bundestagswahl 2013? Hat Wahlgewinnerin Angela Merkel eine Idee für die Gestaltung Deutschlands erkennen lassen? ... Wir werden unter Niveau regiert. Die starke deutsche Volkswirtschaft leistet sich eine politische Klasse, die eher von medienwirksamen Aufregerthemen getrieben scheint, als mit der notwendigen Weitsicht die politischen Rahmenbedingungen zukunftsfest zu machen. Politische Führung ist notwendiger denn je.“

 

 

Nils Klawitter liefert im „Spiegel“ vom 25. August hinsichtlich des Freihandelsabkommens zwischen den USA und der EU ziemlich bedenkliche Erkenntnisse:

„Aber warum lesen sich dann die Verhandlungspapiere, die bekannt geworden sind, stellenweise wie Friedensverhandlungen zweier lange verfeindeter Volksgruppen? Immer wieder versichert man sich gegenseitige Tolerierung und Nicht-Diskriminierung – und immer wieder ist von „mutual recognition“ die Rede. Die gegenseitige Anerkennung von Standards ist Kern der TTIP-Verträge. Es geht dabei nicht darum, das Beste aus beiden Systemen zur Pflicht zu machen, es geht um die Akzeptanz des geringsten gemeinsamen Nenners. Man kann das als nett verpackte Mahnung an die EU sehen: Erkennt ihr unsere Standards nicht an, sehen wir darin ein Handelshemmnis.“

 

 

Torsten Krauel erhellt in der „Welt“ (2. September) den Zusammenhang zwischen dem Linksschwenk der CDU und dem Aufkommen der AfD:

„Seit geraumer Zeit werden konservative Vertreter, die vor einer Generation unter Helmut Kohl noch bewusst gefördert wurden, eben um Konkurrenzparteien kleinzuhalten, an den Rand gedrängt. Die Zeiten sind anders geworden, aber der Eindruck, die CDU bestehe heute nur aus dem Flügel, der unter Kohl von Heiner Geißler und Rita Süssmuth repräsentiert wurde, kommt nicht von ungefähr. Das Schicksal mancher europäischer Schwesterpartei zeigt, was passiert, wenn der Bogen erwünschter Positionen zu eng gezogen wird.“

 

 

Henning Krumrey schreibt am 30. August bei „Wiwo“-Online über die Euro-Rettung:

„Als Ende der 60er Jahre ... sprach SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller seinen Satz: ,Man kann die Pferde zur Tränke führen, saufen müssen sie selber.‘ Heute, beim Versuch, die Staatsschuldensümpfe trockenzulegen, gilt das nicht mehr ... Konjunkturprogramme sollen die Wirtschaft auf Trab bringen ... Da die Unternehmen weitere Billigkredite teils nicht wollen, teils mangels Perspektive nicht bekommen, greift die europäische Finanzpolitik zu härteren Mitteln: Waterboarding für die Pferde.“