25.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 13/15 vom 28.03.2015

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Vertuschen und Versagen
Länder schlagen Alarm: Asylbewerberzahl steigt viel höher als bislang behauptet

Landesregierungen klagen: Der Bund versucht offenbar, das wahre Ausmaß der Asylbewerberflut in diesem Jahr kleinzureden.

Die Zahl ist alarmierend: Mehr als eine halbe Million Asylbewerber kommen voraussichtlich in diesem Jahr nach Deutschland, so die Prognose einiger Bundesländer. Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt (SPD) spricht von bis zu 550000. Der Bund hatte bislang 300000 vorhergesagt, nach gut 200000 im Vorjahr.

Ebenso beunruhigend wie die Zahl ist die Reaktion der Länder wie auch die des Städtetages. Stellvertretend für alle verlangt die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), der Bund möge sich an den Kosten für Unterbringung und Gesundheitsversorgung der Asylbewerber stärker beteiligen. In dieselbe Richtung gehen die Forderungen von Städtetagspräsident Ulrich Maly.

Niemand wagt es, die Grundsatzfrage zu stellen, nämlich ob Deutschland so einen Zustrom überhaupt stemmen kann und will, nicht bloß finanziell, sondern auch sozial und kulturell. Die Flut wird als gegeben hingenommen. Wer die Grundsatzfrage zu stellen wagt, wird als Fremdenfeind diffamiert.

Selbst auf den sogenannten „Bürgerdialogen“, auf welchen die Anwohner von Asyl­bewerberheimen angeblich „eingebunden“ werden in die „Flüchtlingsfrage“, wird Kritik der Bürger an der uferlosen Zuwanderung an sich nach Kräften unterbunden. Die Bürger sollen sie gefälligst ertragen und an ihrer „Willkommenskultur“ arbeiten, statt Unmut zu äußern.

Die Debatte um ein Einwanderungsgesetz läuft vor diesem Hintergrund ins Leere. Die politisch Verantwortlichen ignorieren ja bereits die schon geltenden Gesetze. Mehr als 150000 abgelehnte, also ausreisepflichtige Asylbewerber sind immer noch in Deutschland. Politiker und Behörden praktizieren, ausdrücklich oder implizit, „Abschiebestopps“ und umschiffen so das geltende Recht.

Als Asylbewerber anerkannt wurden 2014 knapp zwei Prozent. Ein Großteil der anderen ist illegal eingereist, dennoch dürfen Zigtausende davon bleiben und werden versorgt. Versorgt auf Kosten von Steuerzahlern, bei denen jeder Verstoß gegen Gesetz und Ordnung hart bestraft wird. Diese aufreizende Ungleichbehandlung zulasten der Einheimischen untergräbt das Rechtsempfinden. Doch dies lässt die Politik ebenso kalt wie die sozialen und kulturellen Folgen ungezügelter Zuwanderung. Die Verantwortlichen sind ausschließlich daran interessiert, die Kosten auf eine andere Gebietskörperschaft abzuwälzen und den Bürgerzorn in vorgetäuschten „Dialogen“ zu neutralisieren.

Laut einer Gallup-Studie von 2009 spielt etwa jeder dritte Afrikaner mit dem Gedanken, seinen Kontinent zu verlassen. Bei 1,1 Milliarden Einwohnern handelt es sich um mehr als 350 Millionen. Wie stellt sich eine Politik, die nicht daran denken will, den anstehenden Zustrom massiv zu begrenzen, eigentlich die Zukunft Deutschlands vor? Hans Heckel


Wieder eingeknickt
Bundesregierung will Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds aufstocken

Die Frage deutscher Reparationszahlungen an Griechenland ist seit Jahrzehnten juristisch geregelt, weshalb sich die Bundesregierung unnachgiebig zeigt. Das gilt zumindest offiziell, doch tatsächlich hat sie wieder einmal griechischer Dreistigkeit nachgegeben. Zwar lehnt sie die Forderung Athens weiter ab, hat nun aber einen Kompromiss gefunden, indem sie Zahlungen leisten will, ohne diese als Entschädigung für deutsche Kriegsverbrechen deklarieren zu müssen: durch Aufstockung des Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds. Der Fonds wurde im September 2014 ins Leben gerufen, nachdem Bundespräsident Joachim Gauck in Athen „ein klares Bekenntnis zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Untaten des NS-Regimes in den Jahren 1941 bis 1944 abgelegt und die Angehörigen der Opfer um Verzeihung gebeten“ hatte, so das Auswärtige Amt damals in einer Presseerklärung.

Der mit zunächst einer Million Euro jährlich aus dem Bundeshaushalt ausgestattete Fonds soll „Projekte fördern, die der Versöhnung und der historischen Aufarbeitung zwischen Deutschland und Griechenland dienen“. Konkret geht es dabei um die Jahre der deutschen Besatzung 1941 bis 1944, die „wissenschaftliche und gesellschaftliche Aufarbeitung der dunklen Kapitel der deutsch-griechischen Geschichte“. Dazu gehören unter anderem Projekte zur Schaffung einer „gemeinsamen deutsch-griechischen Erinnerungskultur“ und „Beiträge zum Erhalt der jüdischen Gemeinde in Griechenland, vor allem in Thessaloniki“.

Nun dürfte auch die Gründung der von Grünen und Linken geforderten „Stiftung für griechische Opfer der Nazi-Besatzung“ nicht mehr lange auf sich warten lassen. Das wäre dann ein weiterer Schritt zur verschleierten Zahlung von Reparationsleistungen. U.M.


Medienfreiheit vorgeschoben
EU schafft »Kommunikationsteam« für Gegenpropaganda

Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit.“ Ukrainische, westliche und russische Politiker und Medien scheinen sich geradezu verpflichtet zu fühlen, die Richtigkeit dieses dem griechischen Tragödiendichter Aischylos zugeschriebenen Ausspruchs zu beweisen, sind sie in Sachen Ukraine-

Krise doch allesamt längst der Manipulation und Lüge überführt. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder haben nun einen „Aktionsplan zur strategischen Kom­­mu­ni­kation zur Unterstützung der Medienfreiheit“ beschlossen. Ziel ist es nicht etwa, eine wahrheitsgemäße Berichterstattung auf der eigenen Seite sicherzustellen, sondern die der russischen Medien als Propaganda zu entlarven. Erster Schritt wird die Schaffung eines „Kommunikationsteams“ sein, das „russische Medien auswerten und offensichtliche Lügen identifizieren“ soll. Die „Experten“ sollen dann die Sachlage richtigstellen und die kommentierten Berichte an die Mitgliedstaaten weitergeben, „damit diese gegen Falschaussagen und Verzerrungen“ vorgehen könnten.

Michael Roth (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, erklärte, auch Deutschland sei bereit, in diesem Rahmen „einen Beitrag zum Medienpluralismus“ zu leisten. Man sei sich bewusst, „dass es in einer Reihe von Mitgliedstaaten in der EU und in anderen europäischen Staaten den Versuch gibt, die Bevölkerung einseitig zu informieren“. Ein Schwerpunkt der EU-Initiative sollen die Länder sein, „in denen es eine signifikante Zahl von Bürgerinnen und Bürgern gibt, die Russisch sprechen“ und sich aus russischen Medien informierten. Dazu gehören neben den drei baltischen Staaten die Ukraine, Moldau, Weißrussland, Georgien, Armenien und Aserbaidschan, denn dort sei „die russischsprachige Öffentlichkeit besonders der Ausstrahlung von Moskaus Thesen aus­ge­setzt“. J.H.


Jan Heitmann:
Blendwerk

Auf den ersten Blick wirkt die Absicht von Bundesinnenminister Thomas de Maizière, eine neue Anti-Terror-Einheit der Bundespolizei aufzubauen, überzeugend. Die Mordtaten von Kopenhagen und Paris haben gezeigt, wie schnell die Anschlagsgefahr konkret werden kann. Bisher war es eher dem Zufall zu verdanken, dass geplante islamistische Attentate in Deutschland nicht ausgeführt werden konnten. Dass wir bisher von größeren Anschlägen verschont geblieben sind, darf aber nicht über die Bedrohung hinwegtäuschen. Das hat der Minister erkannt und will nun ein Bindeglied zwischen der Bundespolizei-Eliteeinheit GSG 9 und den Landespolizeien schaffen.

Dennoch ist sein Plan in erster Linie politisches Blendwerk. Selbst die Polizeigewerkschaften halten zusätzliche Anti-Terror-Kräfte der Bundespolizei für entbehrlich. Denn ein Bindeglied zwischen den Landespolizeien und der GSG 9 existiert bereits: In jedem Bundesland gibt es ein Spezialeinsatzkommando (SEK), das für diese Szenarien bestens ausgebildet ist. Zudem haben die SEK gegenüber einer Spezialtruppe des Bundes einen entscheidenden Vorteil: Sie können innerhalb von Minuten am Einsatzort sein und sind ortskundig. Und wenn sie einmal Unterstützung benötigen sollten, gibt es immer noch die GSG 9.

Wer die Verantwortung des Staates für die Innere Sicherheit ernsthaft wahrnehmen will, sollte Zeit und Geld nicht in eine Elitetruppe stecken, die erst aufgebaut werden muss, sondern die bestehenden Spezialkräfte der Länder und die GSG 9 personell und materiell aufrüsten. Diese Einheiten haben bewiesen, dass sie die Terror-Bekämpfung beherrschen. Man muss ihnen nur die Mittel dazu geben.


S. 2 Aktuell

Die Hellenen sitzen im Glashaus
Griechenland hätte guten Grund, selber Wiedergutmachung zu leisten, statt noch mehr zu fordern

Angesichts der griechischen Reparationsforderungen gegen Deutschland gerät schnell in Vergessenheit, dass in der Geschichte Griechen nicht nur Opfer, sondern auch Täter waren.

Die Türkei, Mazedonien, Albanien und der Kosovo haben bereits zu spüren bekommen, dass Athen nicht zurück­schreckt davor, notfalls seine Veto-Möglichkeit zu nutzen, um Verhandlungen der EU mit den betreffenden Ländern zu blockieren. Hinsichtlich Reparationen ist speziell Griechenlands Vorgehen gegen Albanien relevant. Bereits seit Jahrzehnten ein Streitpunkt im bilateralen Verhältnis ist der Umgang mit der albanischstämmigen Minderheit in der Region Cameria (griechisch: Südepirus), die 1913 unter griechische Herrschaft gekommen ist. Sowohl nach dem Ersten Weltkrieg als auch in der Schlussphase des Zweiten Weltkrieges wurden die muslimischen Albaner Opfer von durch Griechen verübte Massaker und Vertreibungen. Insbesondere wegen Aktionen „contrary to the laws of war“, im Klartext also Kriegsverbrechen, hat Griechenland im Lausanner Vertrag von 1923 (Artikel 59) ausdrück­lich seine Pflicht anerkannt, Reparationen an die Türkei zu zahlen. Wegen der schon damals desolaten Finanzlage brauchte Athen die Entschädigungszahlungen allerdings nie zu leisten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden fast alle bis dahin noch verbliebenen muslimischen Bewohner der Region vertrieben.

Während Albanien seit den 1990er Jahren Verhandlungen fordert, ist die offizielle Position Griechenlands, dass der Fall abgeschlossen sei. Von Athen verweigert wird insbesondere ein Rück­kehrrecht und die Vergabe einer doppelten Staatsbürgerschaft für die Vertriebenen. Damit nicht genug. Weil in Reisepässen vertriebener Cameria-Albaner Geburts­orte in albanischer Amtssprache angegeben worden waren, soll einem Bericht der „Neuen Züricher Zeitung“ zufolge die griechische Regierung im Jahr 2014 erheblichen Druck auf Tirana ausgeübt haben. Nachdem ultimativ die Verwendung der griechischen Ortsbezeichnungen verlangt worden war, beugte sich Tirana dem griechischen Druck und veränderte in den Pässen die Ortsbezeichnungen. Immerhin gelang es der albanischen Seite, dass die Griechen der Einrichtung einer bilateralen Kommission zur Klärung von Eigentumsfragen der Vertriebenen zustimmten. Offiziell bereits im Jahr 1999 ins Leben gerufen, besteht die Kommission bis heute allerdings faktisch nur auf dem Papier.

Während Athen die Rechte der Albaner geflissentlich ignoriert, beansprucht es auf der anderen Seite unter Berufung auf die Menschenrechte eine umfassende Schutzrolle für die griechische Minderheit in Albanien. Zumindest offiziell ging man auf griechischer Seite bisher davon aus, dass in Albanien rund 200000 ethnische Griechen leben.

Es besteht die Gefahr, dass bei einer weiteren Destabilisierung Griechenlands das Beschwören eines äußeren Feindes manchem Chauvinisten in Athen als letzte Trumpfkarte erscheinen könnte. Immerhin hat Griechenland mit drei seiner vier Nachbarländer – der Türkei, Mazedonien und Albanien – bilaterale Streitigkeiten.

Insbesondere das schwache Albanien würde sich als Gegner anbieten. Das Thema der vertriebenen Cameria-Albaner ist nämlich nicht der einzige Streitpunkt, der sich als Anlass schnell instrumentalisieren ließe. Zwischen Athen und Tirana bis heute umstritten ist der genaue Verlauf der Grenze der albanischen Hoheitsgewässer im Ionischen Meer. Vermutet werden in den albanischen Gewässern vier Milliarden Barrel Öl und 1,5 Milliarden Kubikmeter Gas, die in den kommenden zwei Jahrzehnten Tirana Einnahmen in Höhe von 20 Milliarden Euro in die Kasse spülen könnten. Im vergangenen Jahr kündigte der damalige griechische Außenminister Evangelos Venizelos an, dass Griechenland wegen des Streits um die Seegrenze den Beitritt Albaniens zur EU blockieren werde.

Weniger schwach, aber ebenfalls einer von Griechenlands ungeliebten Nachbarn ist die Türkei. Im Zuge der Zuspitzung der finanziellen Lage eher wenig beachtet, hat der neue griechische Verteidigungsminister Panos Kammenos (Unabhängige Griechen) bereits kurz nach seiner Amtsübernahme die Türkei mit einem Flug über dem östlichen Teil der Ägäis provoziert und einen Einsatz der türkischen Luftwaffe ausgelöst. Nach Jahren der Ruhe hat der Minister vom Syriza-Koalitionspartner damit wieder Spannungen in der Ägäis verursacht. Bereits im Jahr 1996 hatte ein militärischer Disput zwischen den Nato-Ländern Griechenland und Türkei beinahe zu einem Krieg geführt. Sollte man es in Athen auf eine Eskalation anlegen, dann würde dazu jederzeit die Möglichkeit bestehen. So kann Griechenland unter Berufung auf die UN-Seerechtskonvention von 1982 seine Territorialgewässer von sechs auf zwölf Seemeilen ausdehnen. Der internationale und damit auch von der Türkei nutzbare Teil der Ägäis würde damit sehr viel kleiner – die Reaktion Ankaras wäre leicht vorhersehbar. Norman Hanert


»Keine Angst vor der Atommacht«
Ukrainische Spitzenpolitiker propagieren »totalen Krieg« gegen Russland – US-Senator McCain sekundiert

Der Waffenstillstand von Minsk hält so recht und schlecht, da suchen Kriegstreiber in Washington wie in Kiew nach Wegen, wie sie den Konflikt weiter anheizen können. Am weitesten geht dabei ohne Zweifel Vadym Prystaiko, der Stellvertretende Außenminister der Ukraine.

In einem Interview für den kanadischen Radiosender CBC erklärte der vormalige Botschafter in Kanada: „Alle haben Angst, sich mit einer Atommacht anzulegen. Wir Ukrainer aber nicht – weil wir schon zu viele Menschen und zu viel Territorium verloren haben.“ Kiew bereite sich auf einen „totalen Krieg“ gegen Russland vor, so Prystaiko. Deshalb sei es am Wes-ten, sein Land mit den dazu notwendigen Waffen auszurüsten.

Wenn es allerdings nicht so gut läuft, flüchtet sich mancher in Wunschdenken. So könnte es beim ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko sein, der sich bestimmt Waffenglück erhofft hatte, als er im Frühling des vergangenen Jahres seiner Armee den Marschbefehl in Richtung Donbass gab. Jedenfalls sprach er jetzt davon, sein Land habe bereits Verträge „mit einer Reihe von EU-Ländern“ über die Lieferung von „tödlichen Waffen“ geschlossen. Dazu passend hat er ja schon einen General-Koordinator für den Waffen-Import bestallt, den früheren glücklosen Präsidenten Georgiens, Michail Saakaschwili, mit dem er jedenfalls die Hoffnung teilt, das Heil werde aus den USA kommen.

Eine Bestätigung aus der EU über einen Waffendeal bleibt natürlich aus, im Gegenteil. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt Waffenlieferungen ab und hat sich dadurch wütende Reaktionen des US-Senators John McCain zugezogen, dem es wie Winston Churchill zu gehen scheint. Dem war es ohne Krieg nach eigenem Bekunden „ganz einsam“.

„Will sie“, so fragt McCain mit Blick auf die deutsche Regierungschefin, „einfach nur zuschauen, wie zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg ein Land in Europa zerstückelt wird?“ Allerdings beweist er durch diese Rhetorik zwar Kampfeswillen, aber gleichzeitig ein schlechtes Gedächtnis, wie diese beiden überhaupt zusammengehören. Denn das erste Land in Europa seit dem Zweiten Krieg, das zerstückelt wurde, war Jugoslawien, und die US-Bomber-Piloten hatten mit ihren Angriffen auf das zivile Belgrad, bejubelt von McCain, daran großen Anteil.

Es gibt indes noch einen zweiten Grund für den Unwillen, den Amerikas Falken gegen Merkel hegen, und der liegt in Minsk. Je mehr zarte Hoffnungen sich mit den dortigen Gesprächen – die, nebenbei bemerkt, von Russlands verfemtem Präsidenten Wladimir Putin möglich gemacht worden waren – verbinden, umso wütender werden die Kriegstreiber in Washington. Merkel scheint das geahnt zu haben, denn sonst hätte sie kaum ihren doch etwas unbedarften Kollegen Francois Hollande mitgenommen. Durch die Gegenwart des französischen Präsidenten in Minsk konnten die Vorwürfe, es spinne sich so etwas ähnliches wie eine Neuauflage des Hitler-Stalin-Paktes, nicht erhoben werden, doch sie lagen schon in der Luft.

Doch auch so findet McCain Möglichkeiten, sich schlecht zu benehmen. Europas Verhalten im Ukraine-Konflikt sei für ihn eine Riesenenttäuschung, aber „ich habe nichts anderes erwartet. Wenn man die Haltung der deutschen Regierung anschaut, könnte man meinen, sie hat keine Ahnung oder es ist ihr egal, dass in der Ukraine Menschen abgeschlachtet werden.“ Das ist das US-amerikanische Wild-West-Erbe: Probleme löst man mit dem Colt.

Der Waffenstillstand von Minsk kann so zerbrechlich gar nicht sein, dass er nicht für McCain, Hillary Clinton und deren beider Gefolge ein Ärgernis in dem Sinne wäre, dass er allemal einen allzu friedlichen Zustand beschreibt. Doch an diesem bemisst sich, ob Europa im Stande ist, eigene Entscheidungen zu treffen.

Florian Stumfall


MELDUNGEN

Ein Leben für Ostpreußen

Wilhelm von Gottberg, ehemaliger Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen (LO) und damit zugleich Herausgeber der PAZ, vollendet am 30. März sein 75. Lebensjahr. Geboren in Groß Klitten im Kreis Bartenstein in Ostpreußen, verlebte der Sohn einer Rittergutsbesitzerfamilie, die hier seit 1817 ansässig war und von 1843 bis 1930 mit einer Unterbrechung die Landräte stellte, unbeschwerte Kinderjahre. Doch das Kriegsende brachte den Verlust der Heimat, des Besitzes und der Existenz und stellte sein Leben buchstäblich auf den Kopf. Tief im christlichen Glauben verwurzelt, von preußischen Tugenden und Werten geleitet, ging er fern der ostpreußischen Heimat geradlinig seinen Lebensweg, wurde Dozent an der Fachschule des Bundesgrenzschutzes und gründete eine Familie mit sechs Kindern.

Die veränderte politische Lage der Heimatvertriebenen und die Liebe zur Heimat führten ihn 1974 zur Vertriebenenarbeit, in der er über verschiedene Stationen auf Landes- und Bundesebene im Jahre 1992 zum Sprecher der LO aufstieg. Dieses Amt übernahm er in schwierigen Zeiten, hatte die LO doch durch den politisch motivierten Rücktritt seines langjährigen Vorgängers, des CDU-Staatssekretärs Ottfried Hennig, schwere Verwerfungen erlitten. Wilhelm von Gottberg gelang es jedoch, den Vertriebenenverband wieder zu konsolidieren und dessen Autorität, Ansehen und Vertrauen wiederherzustellen und zu stärken. Er gab der LO eine nicht nur im Vertriebenenbereich, sondern auch in der Öffentlichkeit wahrgenommene Stimme. Dazu diente ihm auch diese Zeitung, deren Entwicklung vom Ostpreußenblatt zur zukunftsfähigen Preußischen Allgemeinen Zeitung maßgeblich auf ihn zurück­geht.

Nach 18 Jahren an der Spitze der LO übergab er im Jahre 2010 seinem Nachfolger einen geschlossenen und leistungsfähigen Verband, der auf einer soliden wirtschaftlichen Basis ruht.

Im Laufe der Jahre hat Wilhelm von Gottberg neben seiner Tätigkeit in der LO eine Reihe weiterer Funktionen in ostpreußischen und ostdeutschen Institutionen bekleidet. Außerdem ist er politisch aktiv, so seit beinahe einem Vierteljahrhundert als Bürgermeister der Gemeinde Schnega und als langjähriger Kreistagsabgeordneter. J.H.


S. 3 Deutschland

»Zum Regieren nicht gebraucht«
Bei der Bremer Bürgerschaftswahl ist die CDU chancenlos − Dabei wäre ein Machtwechsel bitter nötig

Zum zweiten und letzten Mal in diesem Jahr wird in Deutschland am 10. Mai gewählt. Die Bürgerschaftswahl in Bremen zeigt, ob sich die AfD trotz innerparteilicher Streitigkeiten (siehe unten) weiter etablieren kann und ob die FDP den Hamburger Erfolg fortsetzt. Ein Wahlsieg der rot-grünen Regierungskoalition scheint außer Frage. Dabei ist der bei weitem kleinste der drei Stadtstaaten nicht nur ein politischer Sonderfall sondern, vor allem ein Sanierungsfall – ein Griechenland an der Weser.

Nein, eine Art Syriza-Partei mit einem Alexis Tsipras an der Spitze ist nicht unter den insgesamt 15 Gruppierungen, die am 10. Mai bei der Bürgerschaftswahl in Bremen antreten. Dabei gibt es an der Weser gravierende Parallelen zum Krisenstaat an der Ägäis. Mehr als 20,5 Milliarden Euro Schulden vermerkt die Digitalanzeige der Schuldenuhr des Steuerzahlerbundes in der Bremer Innenstadt. Damit hat der 658000-Einwohner-Stadtstaat mit über 30000 Euro die höchste Pro-Kopf-Verschuldung aller Bundesländer. In Griechenland beträgt sie knapp 29000 Euro. Zwar ist die Arbeitslosigkeit an der Weser glücklicherweise deutlich niedriger als in Griechenland, aber mit aktuell 11,2 Prozent liegt sie weit über dem deutschen Durchschnitt von 6,9 Prozent. Im Nachbarland Niedersachsen beträgt sie 6,7 Prozent.

Politologen werden auch Ähnlichkeiten im Machtgefüge von deutscher Stadt und europäischem Land entdecken. Bis zum Syriza-Sieg Anfang des Jahres teilte sich 40 Jahre lang in Griechenland die eng verzahnte Politikerkaste zweier Parteien, der Sozialisten (Pasok) und der Konservativen (Nea Dimokratia), die Herrschaft. In Bremen geht es sogar noch einseitiger zu: Seit den Zeiten von Wilhelm Kaisen – von 1945 bis 1965 im Amt – stellt die SPD nunmehr 70 Jahre ununterbrochen den Bürgermeister. Amtsinhaber ist seit 2005 Jens Böhrnsen. Er regiert die „Freie Hansestadt Bremen“, zu der auch die Enklave Bremerhaven an der Nordseeküste gehört, wie sein Vorgänger Henning Scherf mit einer rot-grünen Koalition.

Allerhöchste Zeit also für einen Regierungswechsel – könnte man meinen. Eine Alternative aber fehlt. „Die traditionell an sich selbst scheiternde Bremer CDU schickt, nachdem viele denkbare Kandidaten zuvor abgesagt haben, Veteranin Elisabeth Motschmann in eine aussichtslose Bürgerschaftswahl“, stellte schon im Spätsommer vergangenen Jahres die „Frankfurter Rundschau“ fest. An dieser Lagebeurteilung hat sich wenig geändert. Wichtigstes Wahlkampfziel der Bremer Christdemokraten dürfte es derzeit sein, eine 15,9-Prozent-Ka­tastrophe wie die der Parteikollegen in Hamburg zu vermeiden. Selbst das scheint schwer genug. Schon bei der letzten Wahl lag die Bremer CDU mit etwas mehr als 20 Prozent noch hinter den Grünen (22,9 Prozent).

„Die Union muss sich in Bremen mächtig ins Zeug legen, wenn sie ein Desaster wie in Hamburg vermeiden will“, sagt der Parteienforscher Lothar Probst von der Universität Bremen. Zwar gehe mit Elisabeth Motschman eine Kandidatin ins Rennen, die in Bremen bekannter sei als Dietrich Wersich in Hamburg, aber gleichwohl falle sie gegenüber Jens Böhrnsen weit zurück und könne in den Umfragen nicht annähernd an dessen Popularität anknüpfen. Auch zum Regieren würde die CDU in der Stadt nicht gebraucht, da eine erneute Mehrheit von Rot-Grün so gut wie sicher sei.

Besorgt schauen die CDU-Wahlkämpfer auch auf eine möglicherweise wiedererstarkte FDP. Da es für eine gemeinsame Regierungskoalition nicht reicht, wird sie vor allem als Konkurrentin um liberal-konservative Stimmen gesehen. Es gebe größere inhaltliche Schnittmengen als mit allen anderen Parteien, erklärte die Spitzenkandidatin Motschman in einem Interview. Die geborene Baro­nesse von Düsterlohe und ehemalige „Funkuhr“-Kolumnistin giftete auch sogleich gegen die FDP-Frontfrau Lencke Steiner: In Hamburg habe die FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding auf ihren hohen Bekanntheitsgrad aufbauen können. Lencke Steiner sei nicht annähernd so bekannt, auch wenn sie in der „Gala“ auftrete oder bei Stefan Raab erwähnt werde. Seriöse auf Bremen bezogene Politik habe sie bisher nicht gemacht. Auch dass die FDP die Fünf-Prozent-Hürde überspringen könne, bezweifelt die CDU-Politikerin: „In Hamburg kam die FDP von 6,7 Prozent und hat nun 7,4 Prozent erreicht. In Bremen lag die FDP bei der letzten Wahl nur bei 2,4 Prozent. Der Schritt, wieder in die Bürgerschaft einzuziehen, ist also deutlich größer.“

Nicht in der FDP, sondern in der AfD sieht dagegen Parteienforscher Probst die größere Konkurrenz. Es sei zwar nicht ausgemacht, ob die Partei in Bremen ebenfalls wie in Hamburg den Sprung in die Bürgerschaft schaffe, aber sie werde der CDU mit Sicherheit Stimmen wegnehmen, so der Politikwissenschaftler.

Die Schwäche der CDU könnte die Stärke der AfD sein – wenn da nicht ein ziemlich agiler regionaler Mitbewerber wäre: die bürgerlich-konservative Wählervereinigung „Bürger in Wut“ (BiW). Seit 2007 tritt sie bei Wahlen in Bremen an. Angeführt vom Kriminalbeamten Jan Timke erreichten 2011 die „Wutbürger“ 3,7 Prozent der Stimmen. Da sie im Wahlbereich Bremerhaven 7,1 Prozent erhielten, konnten sie verfassungsgemäß die Fünf-Prozent-Hürde überspringen und einen Sitz in der Bürgerschaft beanspruchen. 2013 wechselte zudem noch der Bürgerschaftsabgeordnete Martin Korol von der SPD zu ihnen.

Die BiW möchten energisch gegen die Kriminalität vorgehen – mit 13463 Straftaten auf 100000 Einwohner hat Bremen eine der höchsten Kriminalitätsraten Deutschlands –, den Mittelstand fördern und das Fach „Islamkunde“ in deutscher Sprache an den Schulen einführen. Für all dies wäre man wohl auch gerne gemeinsam mit der AfD angetreten. Dort entschied man sich allerdings zu einer deutlichen Abgrenzung. Der Bremer Landesvorstand der AfD sei an keiner Zusammenarbeit mit den BIW im Wahlkampf interessiert, verkündete Spitzenkandidat Christian Schäfer kühl und verwies auf SPD und Grüne. Sie würden „ebenfalls eine inhaltliche Übereinstimmung in diversen politischen Feldern aufweisen“, aber niemand käme auf die Idee, einen gemeinsamen Wahlantritt zu fordern. Frank Horns


Flügelkampf entbrannt
Landesparteitag in Erfurt beendete Burgfrieden bei der AfD

Rechtzeitig vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg am 15. Februar hatte der Bundesvorstand der Alternative für Deutschland (AfD) einen Burgfrieden geschlossen. Die Protagonisten des monatelang schwelenden Streits, die Parteisprecher Bernd Lucke und Frauke Petry sowie die beiden stellvertretenden Vorsitzenden Alexander Gauland und Hans-Olaf Henkel, hatten sich in der Folge daran gehalten. Kein böses Wort sollte mehr öffentlich fallen, alles sollte dem Erfolg bei der Bremen-Wahl im Mai untergeordnet werden.

In der vergangenen Woche ist der Richtungsstreit bei den Euro-Kritikern mit voller Wucht neu entflammt. Der Landesparteitag in Thüringen verabschiedete eine „Erfurter Resolution“, deren Initiatoren die Landesvorsitzenden von Thüringen und Sachsen-Anhalt, Björn Höcke und André Poggenburg, sind. In dem Papier wurden Teile der Bundesspitze scharf angegriffen und vor einem linken Kurs gewarnt. „Wir orientieren uns in unserem politischen Handeln ängstlich an dem, was uns Institutionen, Parteien und Medien als Spielraum zuweisen“, heißt es. Später wurde das Papier öffentlich verbreitet und Unterschriften wurden zur Unterstützung gesammelt. Zudem wurde eine eigene Internetseite mit dem Namen „Der Flügel“ ins Netz gestellt. Innerhalb weniger Tage kamen so 1000 Unterschriften zusammen, auch Brandenburgs AfD-Vorsitzender Gauland schloss sich an.

Lucke reagierte zunächst noch zurückhaltend und bedauerte lediglich, „dass sich einige Mitglieder hier als Flügel empfinden“. Sein Vertrauter Henkel trieb die Debatte dann aber an den Rand der Eskalation. In einem Gespräch mit der Wochenzeitung „Junge Freiheit“ riet er Höcke indirekt zum Parteiaustritt. „Diese Erklärung ist nicht nur grotesk formuliert, sie steckt voller Ungereimtheiten und stellt die Tatsachen teilweise auf den Kopf“, sagte Henkel und fügte hinzu, „dass rechte, sektiererische Ansichten bereits von Splitterparteien wie Republikanern und NPD vertreten werden.“ Im Hinblick auf die Bremen-Wahl kritisierte Henkel „die dauernden Querschüsse aus dem Osten“ und ergänzte: „Wenn wir erfolgreich bleiben wollen, dann nur als wahre Volkspartei und nicht als sektiererische Rechtsaußenpartei, die sich auf völkisches Gedankengut reduziert.“ Ebenfalls verärgert reagierte der Bundeschatzmeister Piet Leitreiter, einer der Spitzenkandidaten in Bremen, der sich höhnisch „für die Wahlkampfhilfe aus dem Osten“ bedankte und ankündigte, er werde mit niemandem zusammenarbeiten, der die Partei spalten wolle.

Nur einen Tag später ging der scharf angegriffene Höcke wiederum selbst in die Offensive und forderte die Bundessprecher auf, Maßnahmen gegen Henkel zu ergreifen. „Ich bin es leid, dass sich Henkel zum wiederholten Mal abfällig über die Ostverbände der AfD äußert. Der Typus des Besserwessis scheint immer noch nicht ausgestorben“, sagte Höcke, der Spaltungstendenzen als „völligen Quatsch“ bezeichnete.

Dennoch formierte sich Mitte der vergangenen Wochen eine Gruppe um mehrere westdeutsche Landesvorsitzende und Europaabgeordnete, die eine „Deutschland-Resolution“ präsentierten. Das Erfurter Papier schlage allen Parteimitgliedern ins Gesicht, die derzeit sachlich und konstruktiv an einem Parteiprogramm arbeiteten, dessen thematische Breite einer Volkspartei würdig sei. Peter Entinger


Der Staat als Erzieher
Bundesregierung will die Bürger herumschubsen

Eine Stellenanzeige des Bundeskanzleramts hat dafür gesorgt, dass sich nun auch die deutsche Öffentlichkeit für das Konzept des sogenannten Nudging beziehungsweise des libertären Paternalismus zu interessieren beginnt. In der Ausschreibung wurden drei Mitarbeiter mit „hervorragenden psychologischen, soziologischen, anthropologischen, verhaltensökonomischen beziehungsweise verhaltenswissenschaftlichen Kenntnissen“ gesucht. Aufgabe der drei Referenten soll es sein, der Bundesregierung beim „wirksamen Regieren“ zu helfen. Der Denkansatz für dieses politische Steuerungsmodell auf der Basis verhaltensökonomischer und psychologischer Erkenntnisse geht auf die US-amerikanischen Universitätsprofessoren Richard H. Thaler und Cass R. Sunstein zurück. Der 69-jährige Wirtschaftswissenschaftler und Professor an der Universität von Chicago Thaler, der als einer der weltweit führenden Verhaltensökonomen gilt, sowie der 60-jährige Professor für Rechtswissenschaft an der Harvard University Sunstein, dessen Tätigkeitsschwerpunkte Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Umweltrecht, und eine verhaltensökonomische Analyse des Rechts bilden, veröffentlichten 2003 gemeinsam das Buch „Nudge. Improving Decisions About Health, Wealth, and Happiness“. Auf dem deutschen Markt erschien das Werk unter dem Titel „Nudge. Wie man kluge Entscheidungen anstößt“.

Die Idee des „Nudging“ (Schubsen) ist es, Verhaltensänderungen der Bürger, anstatt mit Verboten und Strafen mit kleinen psychologischen Tricks, mit einem Anstoß für den Bürger zu erreichen. Ein Beispiel für so einen Schubs in die gewünschte Richtung ist die Setzung von gewünschten Optionen als Standard. Will sich der Bürger anders entscheiden, dann muss er die Änderung aktiv herbeiführen. So können Firmen zum Beispiel Mitarbeiter automatisch in eine betriebliche Altersvorsorge aufnehmen. Aktiv widersprechen muss dann derjenige, der diese Option nicht wünscht. Ein vielleicht noch bekannteres Beispiel ist die angedachte Organspenderegelung, dass jeder, der nicht ausdrücklich widerspricht, automatisch Organspender ist. Nach Ansicht von Sunstein, der ebenso wie Thaler Barack Obama berät, ist eine solche Lösung weitaus effektiver als etwa steuerliche Anreize.

Ein Beispiel, wie der deutsche Staat seine Bürger anstoßen könnte, hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in einem Beitrag für den Berliner „Tagesspiegel“ aufgezeigt. Bei der Nutzung persönlichen Daten im Internet, bei der Analyse des Surfverhaltens oder der Auswertung von E-Mails für Werbezwecke könnte ein strenger Datenschutz als Standard gesetzt werden. Wer eine weiterreichende Nutzung seiner Daten Dritten erlauben will, könnte dieses dann dadurch tun, dass er dazu aktiv seine Zustimmung gibt.

Der Charme und die Eleganz des Konzepts bestehen darin, dass es ohne Sanktionen, ja sogar ohne die Androhung von Sanktionen auskommt. Nichtsdestotrotz ist auch der libertäre Paternalismus ein Paternalismus und die Gretchenfrage lautet, ob man einen paternalistischen Staat will. Sicherlich werden Linke und Konservative diese Frage anders beantworten als Liberale. Allerdings sollte gerade auch vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte jeder bedenken, dass auch Vater Staat mal irren kann und nicht immer das Beste seiner Lan­deskinder will. N.H./PAZ


MELDUNGEN

Asylanten leichter zum Arzt

Berlin – Bund und Länder beraten über ein Konzept, um Asylbewerbern die unbürokratische Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen zu ermöglichen und zugleich eine Entlastung der Kommunen von den hohen Verwaltungskosten zu erreichen. Bisher müssen Asylbewerber jede ärztliche Behandlung erst bei den Sozialbehörden beantragen. Nach dem Vorbild der in Hamburg und Bremen bereits eingeführten Regelung sollen nun alle Asylbewerber eine Gesundheitskarte bekommen, mit der sie direkt zum Arzt gehen können. Die Krankenkasse übernimmt die Behandlungskosten, erhält diese vom Land erstattet und bekommt eine Pauschale für den zusätzlichen Verwaltungsaufwand. U.M.

 

Ausschuss für Sinti und Roma

Berlin – Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat den „Beratenden Ausschuss für die deutschen Sinti und Roma“ konstituiert. Dieser wird von dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, dem CSU-Bundestagsabgeordneten Hartmut Koschyk, geleitet. Der Ausschuss soll den deutschen Sinti und Roma „den regelmäßigen Austausch mit der Bundesregierung, dem Bundestag und den Landesregierungen“ ermöglichen. Die große Beteiligung von Vertretern des Bundestages und der Bundesländer bei der Konstituierung habe eindrucksvoll „die Solidarität der deutschen politischen Öffentlichkeit mit dieser seit Jahrhunderten in Deutschland ansässigen Minderheit, die in letzter Zeit wieder verstärkt schlimmen Anfeindungen ausgesetzt“ sei, bezeugt, so Koschyk. Vorbild sind bereits bestehende Ausschüsse für die übrigen autochthonen nationalen Minderheiten in Deutschland, die Dänen, Friesen und Sorben. U.M.


S. 4 Hintergrund: Putin

Putins Erfolg – ein Phänomen?
Im Westen als Antidemokrat abgestempelt, zu Hause wegen seiner Stärke verehrt

Die Bluttat, der Boris Nemzow in Moskau zum Opfer fiel, ist ein abscheuliches Verbrechen. Auch wenn es in den Medien nicht ausdrücklich gesagt wird, scheinen sie, was die Urheberschaft angeht, fast durchwegs die Gewissheit nahezulegen: Wladimir Putin war es, wieder einmal. Es tut not, den Mord von Moskau in einen größeren Zusammenhang von Ursachen und Motiven zu stellen und in einen weiteren Zeitrahmen einzuordnen.

Mit dem Ende der Sowjetunion war zwar eine politische Ordnung abgeschafft, aber noch keine neue eingerichtet. Gewissenlose Männer kauften für zweistellige Millionen-summen ganze Energie-Konzerne, die Milliarden wert waren. Woher hatten sie die Millionen nach 70 Jahren Kommunismus? Geraubt, gestohlen, mit windigen Bankgeschäften beschafft und zum erheblichen Teil mit guten Beziehungen aus den USA bezogen. Dahinter stand die Abmachung: Die neuen russischen Besitzer, vor allem der Energie und Montan-Wirtschaft, schließen mit korrespondierenden US-Konzernen sogenannte Profit-Sharing Agreements. Die Idee ist einfach. Die Multis geben Geld und fördern beispielsweise Erdöl. Für ihre Auslagen behalten sie den Profit ein, bis sie abgeglichen sind. Dieses System wenden die US-Firmen in Ländern der Dritten Welt an. Dazu braucht es immer eine korrupte Elite, in Russland eben die Oligarchen. Denn die Multis investieren so wenig wie möglich und verrechnen Investitionen der Luxusklasse, damit auf dem Papier kein Profit erscheint. So bemächtigten sie sich der Bodenschätze, und Russland bekam keine Kopeke zu sehen. Russland war in erheblichem Umfang in der Hand von US-Großinvestoren, mit allen politischen Implikationen. Die Neue Weltordnung der USA schien bereits Wirklichkeit zu werden.

Dann trat die entscheidende Wende ein. Jelzin musste abtreten, sein Nachfolger wurde Putin, von vielen zunächst sträflich unterschätzt. Er kündigte die Knebelverträge mit den US-Multis, rief die Oligarchen zu sich und erklärte Folgendes: Er, Putin werde ihnen ihr Geld lassen, wenn sie sich nicht weiterhin in die Politik einkauften. Die Herren verstanden sofort, nur Chodorkowskij nicht.

Seither ist Putin der Staatsfeind Nummer eins der USA. Er hat ihnen die schon sicher geglaubte Welt-Hegemonie aus der Hand geschlagen. Derlei kann man nicht verzeihen, und so ruhen und rasten weder die CIA noch die verschiedenen NGOs in dem Bemühen, Putin persönlich zu attackieren und Russland zu schaden. Was dessen Beliebtheit angeht, so gibt es Zahlen, die deren enormes Ausmaß glaubhaft machen. In den

15 Jahren seiner Regierung hat sich Russlands Inlandsprodukt von 195 Millionen US Dollar auf 2,2 Milliarden gesteigert. Pro Kopf bedeutet das ein Wachstum von 1320 Punkten auf 14800. Die Inflation sank von 36,5 Prozent auf 6,5 Prozent. An Gold- und Währungsreserven besaß Russland den Wert von 12,6 Milliarden Dollar, jetzt sind es 511 Milliarden. Die Staatsverschuldung sank von 78 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf unglaubliche acht Prozent. Zur Erinnerung: Das Euro-Musterland Deutschland liegt trotz Maastricht-Vertrag bei 70 Prozent. Die Rente stieg von 500 Rubel auf 10000 Rubel, wobei natürlich die Teuerung das Verhältnis relativiert. Doch in Russland muss kein Mütterchen mehr am Straßenrand seinen letzten Hausrat verkaufen, um nicht zu verhungern.

Denn Russen gilt die Liebe zu ihrem Land mehr als Wohlstand, etwas von den vielen Dingen, die der Westen an Russland nicht begreift. Deshalb danken es die Menschen ihrem Präsidenten, dass er das Land wieder zu Macht und Stärke geführt hat. Russland kann den USA in allen Belangen die Stirn bieten. Doch genauso, wie zu Beginn Putin persönlich von vielen unterschätzt wurde, wird nach wie vor Russland als Macht unterschätzt. Es scheint zur Anti-Putin-Propaganda zu gehören, sein Land in einem möglichst desolaten Zustand zu malen. Damit ist niemandem gedient, auch nicht dem Wes-ten, der von den wahren Verhältnissen noch überrascht werden könnte. Florian Stumfall


Freunde und Widersacher
Putin hofiert chassidische Juden, verfolgte aber jüdische Oligarchen

Seit der Ära Putin fehlt in Russland das Feindbild Jude, das seit Jahrhunderten eine Konstante russischer und sowje-tischer Politik war. Der russische Präsident hat in Kindheit und Jugend gute Erfahrungen mit chassidischen Juden gemacht und hofiert deshalb die ultraorthodoxe Chabad-Bewegung.

Anders als die Sowjetherrscher und die Zaren hat Putin auf den Antisemitismus, der in Russland jahrhundertelang Konjunktur hatte, als Mittel der Politik verzichtet. Dabei wäre es einfach, gerade jetzt, wo Russland sich von immer mehr Feinden umgeben fühlt, auf dieses alte Feindbild zurückzugreifen. Dies heißt jedoch nicht, dass Putin auf Feindbilder verzichten würde. Zu Beginn seiner Amtszeit waren es die Tschetschenen, bis Kadyrow zum Putin-Freund avancierte, dann die Georgier, danach Homosexuelle und schließlich ukrainische Faschisten, die als Feinde des russischen Volkes apostrophiert werden. Während das Ausmaß des Holocausts an den Juden in der UdSSR jahrzehntelang verschwiegen wurde, um die eigene Antisemitismuspolitik aufrechterhalten zu können, gedachte Putin immer der Holocaust-Opfer. Deswegen waren auch viele Russen enttäuscht darüber, dass Putin im Januar nicht zur Gedenkfeier nach Auschwitz eingeladen worden war. Putin inszenierte deshalb in Mos-kau seine eigene Auschwitzfeier. Auf dieser spannte er einen Bogen von den ukrainischen „Banderowzy“ die Anhänger des ukrainischen Nationalisten Stepan Bandera zu den heutigen prowestlichen Ukrainern, die man in Moskau gerne als Faschisten abstempelt.

Putin hegt aus seiner Biografie eine tiefe Verbundenheit zum jüdischen Leben in Russland. Im von der deutschen Wehrmacht belagerten Leningrad hatten auch viele Juden den Krieg überlebt. Die Nachbarn der Familie Putin in Leningrad waren strenggläubige chassidische Juden. Sie kümmerten sich um den kleinen Wladimir, weil seine Eltern wenig Zeit für ihn hatten. Sie halfen bei Hausaufgaben, kochten für ihn und wurden so etwas wie Adoptiveltern für ihn. Als Wladimir in seiner Jugend zum Schläger wurde, der sich zuweilen durch die halbe Nachbarschaft prügelte, war es ein jüdischer Ringertrainer, der den Jungen von der Straße holte und zum Sport motivierte, wo vielleicht auch seine spätere Vorliebe für den Geheimdienst entstand. Es gibt sogar Spekulationen, dass Putin eine jüdische Urgroßmutter gehabt haben soll.

Unter den russischen Oligarchen hat fast die Hälfte einen jüdischen Hintergrund. Einer von ihnen war auch Boris Beresowskij (1946–2013). Er hatte während der zweiten Amtszeit des geschwächten Boris Jelzin großen Einfluss auf den alternden Präsidenten. Er stellte den in Politikerkreisen damals noch kaum bekannten Putin Jelzin vor, und dieser machte ihn im Eiltempo zu seinem Nachfolger. Kurz nach der Amtsübernahme geriet die Putin-Regierung jedoch mit einigen mächtigen jüdischen Oligarchen aneinander, darunter Wladimir Gusinskij und Beresowskij, die beide ins Exil gingen, wo Beresowkij 2013 auf mysteriöse Weise verstarb. Bodo Bost


Putin fördert ultraorthodoxe Chasad-Juden

Mit Putins Hilfe konnte sich die infolge des Holocausts und der sowjetischen Judenverfolgung in Osteuropa fast ausgestorbene ultrareligiöse chassidische Chabad-Lubawitsch-Bewegung, die einst im Zarenreich entstanden war und bis zur Oktoberrevolution in der Ukraine ihr Weltzentrum hatte, in Russland wieder etablieren. Die überaus gut international vernetzte Chabad-Bewegung, die derzeit die größte jüdische Organisation ist und in New York ihr Weltzentrum hat, ist heute dank der Förderung durch Putin zur vorherrschenden religiösen Ausdrucksform des Judentums in Russland geworden. Die Vorzugsbehandlung, welche sie von der Putin-Regierung erfährt, blockiert die Entwicklung liberaler Elemente im russischen Judentum, die das jüdische Leben in den USA und vielen Ländern Westeuropas bestimmt. Bei Putins Israelbesuch 2012 befand sich in seiner Entourage mit Berel Lazar, der in Italien geborene Oberrabbiner Russlands, auch ein Vertreter der Lubawitscher, die auch in Israel wegen ihres großen Kinderreichtums immer einflussreicher werden. Unter Putin ist die Anzahl antisemitischer Vorfälle in Russland stark zurückgegangen. Dies liegt auch daran, dass strengere Gesetze verabschiedet wurden, die ein hartes Vorgehen gegen die einst starken ultranationalistischen Gruppierungen in Russland ermöglichten, aber auch demokratische Gruppen einschüchtern sollen.

Auch der ermordete Boris Nemzow, einer der prominentesten Vertreter der Demokratiebewegung Russlands, war Sohn einer jüdischen Mutter, aber orthodox getauft. An Nemzows 86- jährige jüdische Mutter, Dina Eydman, nicht an seine Tochter, hat Putin sein Beileidstelegramm gerichtet. B.B.


Zeitzeugen

Boris Jelzin – Begünstigt durch den alkoholsüchtigen Präsidenten Boris Jelzin griff in den 90er Jahren die Willkür um sich.. Er ließ als Vertreter radikaler Reformen die Oligarchen-Herrschaft zu und wurde auch privat ihr Nutznießer. Am Ende seiner Regierungszeit übergab er für viele überraschend die Amtsgeschäfte an den bis dahin unbekannten Putin.

Boris Beresowskij – Der Medienzar der Jelzin-Ära übte großen Einfluss auf den schwachen Präsidenten aus. Er verhalf später Putin mit groß angelegten Kampagnen an die Macht in der Annahme, mit diesem genauso leichtes Spiel zu haben wie mit Jelzin. Beresowskij fiel selbst Putins Antikorruptionskampagne zum Opfer. In seinem Londoner Asyl überlebte er mehrere Anschläge. 2013 wurde er erhängt in seinem Haus aufgefunden.

Michail Chodorkowskij – Als Chef des Ölkonzerns Jukos wollte er Putin die Stirn bieten. Er „kaufte“ Politiker und versuchte, US-Unternehmen wie ExxonMobil und Chevron Texas an Jukos zu beteiligen. Nach seiner Ankündigung, zur nächsten Präsidentenwahl gegen Putin antreten zu wollen, wurde er verhaftet und in einem Prozess der Korruption und Steuerhinterziehung überführt. Im Westen galt der Prozess als politisch motiviert. Wegen der verhängten langen Haftstrafe gegen Chodorkowskij nahm Putins Image als demokratischer Präsident im Westen Schaden.

Boris Nemzow – Der Oppositionspolitiker galt als schärfster Kritiker Putins. Westliche Medien werfen dem russischen Präsidenten vor, indirekt für den Mord an Nemzow verantwortlich zu sein. Da Nemzow für Putin jedoch keine politische Gefahr darstellte, überzeugt dieses Motiv für den Mord an Nemzow wenig.


S. 5 Preussen/Berlin

Katzenjammer an der Spree
Ausgestochen vom halb so großen Hamburg: Berlin sucht Gründe für die Olympia-Schlappe

Nach der Entscheidung des Deutschen Olympischen Sportbundes, sich lieber mit Hamburg für die Sommerspiele 2024 bewerben zu wollen, herrscht in Berlin Katerstimmung. Der Hauptstadtbonus, auf den Berlin bisher bauen konnte, scheint aufgebraucht.

Stark am Selbstverständnis Berliner Politiker nagt insbesondere das Abstimmungsverhalten der Sportfachverbände, die intern mit 18 zu elf für Hamburg und gegen Berlin votiert hatten. Noch im Vorfeld der Abstimmung soll sich eine knappe Mehrheit für Berlin abgezeichnet haben.

Nicht nur deshalb ist inzwischen bereits das bittere Wort „Heuchelei“ gefallen: Das lautstarke Auftreten von Olympiagegnern hat etwas vernebelt, dass sich Berlin bisher als sehr sportbegeisterte Stadt gezeigt hat. Mit manchmal zweistelligen Millionenbeträgen, wie etwa bei der Leichtathletik-WM, unterstützte die Stadt bislang Großveranstaltungen. Von Berlin profitiert haben dabei auch Sportarten, die eher wenig populär sind.

Im Vergleich dazu scheint es in der Elbestadt noch Nachholbedarf zu geben: „In Hamburg können wir bislang nicht mal eine Jugendmeisterschaft ausrichten“, so eine Einschätzung aus den Reihen eines olympischen Fachverbandes. Geht es nach Berlins Landessportbund-Chef Klaus Böger, dann sollen die Sportfachverbände die Berliner Enttäuschung über ihr Abstimmungsverhalten künftig zu spüren bekommen. Eine Möglichkeit könnte aus Sicht Bögers darin bestehen, künftig „Bestandspflege“ statt „Akquise“ zu betreiben. Im Klartext: „Lieber Zuschüsse für Berliner Vereine erhöhen oder die drei hiesigen Elitesportschulen fördern, als Geld an undankbare Sportfachverbände umzuleiten.“

Der Berliner Senat wäre laut Fachkreisen gut beraten, sich nicht völlig in die Schmollecke zurückzuziehen. Das Argument: Wenn weiterhin internationale Sportereignisse ausgetragen werden, dann dürfte das dem Tourismus und dem Ruf von Berlin mehr nutzen als eine einmalige Olympiaaustragung, die mit Milliardenkosten verbunden ist.

Dennoch: Dass Berlin trotz beachtlicher Vorleistung für den Sport im Rennen um die Olympiabewerbung den Kürzeren gezogen hat, sollte für die Berliner Politik Anlass sein, kritisch Bilanz zu ziehen.

Nach dem Willen des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) soll es zwar nach der Bewerbungs-Niederlage keine Fehlerdiskussion geben. Tatsächlich aber kann der Senat für künftige Vorhaben durchaus aus der Pleite lernen. Zu klären wären unter anderem ganz praktische Fragen: Etwa, ob der Senat mit seinen Vorbereitungen für die Bewerbung nicht viel zu spät losgelegt hat. Ebenso, ob man den Gegnern solcher Großveranstaltungen im öffentlichen Diskurs nicht zu sehr das Wort überlassen hat. Angesichts der Niederlage gegen das nur halb so große Hamburg wäre es allerdings auch angebracht, darüber nachzudenken, ob nicht generell ein Stimmungsumschwung stattgefunden hat: Womöglich ist Berlin die bisherige Strahlkraft abhanden gekommen – ist der Hauptstadtbonus aufgebraucht?

Zwar zieht es immer noch Scharen von Touristen aus aller Welt in die Stadt. In Deutschland selbst jedoch hat das Markenzeichen „Berlin“ augenscheinlich an Glanz verloren. Die Metropole wird immer öfter vor allem mit Negativem in Verbindung gebracht: Mit Verwaltungsmängeln, Integrationsdefiziten, einer vermüllten Innenstadt, schlecht funktionierenden Nahverkehrsmitteln und miserablen Bildungsabschlüssen füllt Berlin die Schlagzeilen.

Die Probleme sind derart zahlreich, dass die Frage naheliegt, warum sich die Berliner Politik mit einer Olympiabewerbung unbedingt noch eine weitere Herausforderung aufbürden wollte. Auch ohne das Sportgroßereignis steht Berlin vor so vielen Herkulesaufgaben, dass es in den Augen vieler droht, sich zu verzetteln.

Überdies hätte die Ausrichtung der Spiele nur eine marginale Verbesserungen der Infrastruktur bewirkt, mit Sicherheit aber Milliarden gekostet, die besser in sanierungsreife Schulen und schlaglochübersäte Straßen investiert werden sollten.

Verschärft wird die Kritik noch durch weitverbreitete Zweifel, ob Berlin überhaupt Großprojekte erfolgreich stemmen kann: Wenn nicht das Unvermögen der Politik die Projekte ins Desaster treibt, wie beim Großflughafen BER, dann blockieren Bürgerinitiativen die Vorhaben und machen Planungen des Senats zur Makulatur wie beim Tempelhofer Feld. Getragen wird diese um sich greifende Anti-Stimmung längst nicht mehr allein vom linksalternativen Milieu, das jedwede Veränderung im „Kiez“ unter Gentrifizierungsverdacht stellt.

Auch aus Sicht von Otto Normalverbraucher gibt es inzwischen gute Gründe zur Skepsis, wenn sich der Senat mal wieder an einem Großprojekt versuchen will. Einer Stadt, die in den Wintermonaten bereits regelmäßig daran scheitert, den Schnee von den Straßen geräumt zu bekommen oder in einem öffentlichen Park den Drogenhandel zu unterbinden, trauen viele Berliner einfach nicht mehr zu, Aufgaben von größerem Kaliber zu bewältigen.

Dass Berlin keineswegs nur deswegen das Rennen um eine deutsche Olympiabewerbung macht, weil es einfach Berlin ist, hat sich indessen schon länger angedeutet. Bei einer im Februar in Auftrag gegebenen Umfrage hatten sich 55 Prozent der Berliner für eine Olympiabewerbung ausgesprochen. In Hamburg lag die Zustimmung dagegen bei 64 Prozent.

Norman Hanert


Paus Heuchelei
von Theo Maass

Vor fast zehn Jahren zündeten unbekannte Täter einen Brandsatz im Keller des Wohnhauses von René Stadtkewitz. Der frühere CDU-Kreisvorsitzende von Pankow engagierte sich seinerzeit gegen den Bau einer Moschee in seinem Bezirk. Zuvor hatte Stadtkewitz anonyme Drohbriefe erhalten mit der Aufforderung, seine Aktivitäten einzustellen. Darin hieß es laut Stadtkewitz unter anderem, „tue ich dies nicht, würde es ernst für meine Kinder und für meine Frau“.

Der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Kurt Wansner wurde in der Vergangenheit mehrfach Opfer linksextremer Gewaltanschläge. Sowohl sein Wohnhaus als auch sein Büro waren davon betroffen. Der letzte Anschlag geschah 2014.

Im Jahr zuvor war das Wohnhaus des früheren Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin Ziel einer Attacke. Sein „Verbrechen“: Er hatte das Buch „Deutschland schafft sich ab“ geschrieben und kurz vor dem Anschlag an einer von Jürgen Elsässer, Chef des „Compact“-Magazins“, veranstalteten Konferenz teilgenommen. Die Liste ließe sich weit fortsetzen. Aber erst jetzt wünscht Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau von der Linkspartei besseren Schutz der Privatwohnungen vor politischen Attacken. Sie warschockiert, weil eine (friedliche) Kundgebung vor ihrer Privatwohnung stattgefunden hatte, auf der gegen Paus Politik protestiert worden war. Den Tränen nahe meinte sie, mit dem Marsch vor eine Privatwohnung sei eine Grenze überschritten worden. Woher die jähe Empfindlichkeit? Bei Stadtkewitz, Wansner oder Sarrazin war von Pau kein Wort der Solidarität zu hören gewesen.

Gern wird, wenn es um angeblich rechte Gewalt gegen linke Politiker geht, der Fall des aus Kurdistan stammenden früheren Parlamentsabgeordnete Giyasettin Sayan („Linke“) bemüht. Auf ihn wurde 2006 eine körperliche Attacke verübt. Täter wurden trotz intensiver Suche nicht gefunden, und das, obwohl die Szene vom Verfassungsschutz durchwirkt ist. Bald kursierte unter Genossen das Gerücht, Sayan habe eine „proletarische Abreibung“ bekommen. Hintergrund: die damals umkämpfte Nominierung seines Wahlkreises für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus. Der Lichtenberger Bezirksvorstand hatte sich gegen ihn ausgesprochen, aber dann unter dem Druck der Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch ihn doch noch nominiert. War das, was angeblich von Rechtsextremisten verübt wurde, am Ende gar bloß eine interne Fehde am linken Rand?

Wer weiß. Doch zurück zu Pau und ihrer plötzlichen Empfindlichkeit: Sie hat nur das gleiche Schicksal erlitten wie der Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke. In der Nähe von dessen Wohnung hatte die „Antifa“ demonstriert, mit Genehmigung des Berliner Verwaltungsgerichts. Auch dazu sagte Petra Pau damals nichts.


Eingereist und abgetaucht
In Berlin vermutlich über 100000 Menschen ohne legalen Aufenthalt

Irreguläre Migration im Recht“ hieß das Thema einer Konferenz in der Berliner Katholischen Akademie. Veranstalter war das Katholische Forum „Leben in der Illegalität“, das 2004 auf Initiative der Deutschen Bischofskonferenz gegründet wurde. Ihm gehören unter anderem der Deutsche Caritasverband und der Malteser Hilfsdienst an. Vorsitzender ist der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle.

„Unbestritten ist der illegale Aufenthalt in Deutschland strafbar. Genauso unbestritten gelten die unveräußerlichen Menschenrechte auch für diejenigen, die sich illegal hier aufhalten“, betonte Trelle. Es gebe ein Spannungsverhältnis zwischen dem Recht eines Staates, Zuwanderung zu regeln, und den individuellen Rechten auch derer, die ohne Erlaubnis kämen oder blieben. Die Zahl der Menschen mit illegalem Aufenthalt in Deutschland werde auf 100000 bis 400000 geschätzt. Illegaler Aufenthalt sei eine „gesellschaftliche Realität in erheblichem Umfang“.

Der Autor des 2014 erschienenen Buches „Eingereist und abgetaucht. Illegal in Deutschland“, Daniel Gäsche, schätzt die Zahl der sich in Berlin illegal aufhaltenden Menschen auf 100000 bis 150000. Eine Studie aus dem Jahr 2010 schätzte die Zahl der Kinder im Alter von sechs bis 15 Jahren ohne Aufenthaltsstatus in Deutschland auf mindestens 1000 bis maximal 30000.

Ein vom Caritasverband und dem Deutschen Roten Kreuz herausgegebenes „Beratungshandbuch 2013 – Aufenthaltsrechtliche Illegalität“ informiert über die Probleme, die bei einer Anmeldung von Kindern ohne Aufenthaltsstatus in Schulen oder Kitas bestehen. Die Broschüre behandelt auch wichtige Fragen bezüglich Gesundheitsversorgung, Wohnraumanmietung, Arbeitsmarktzugang, Sozialleistungen sowie Schwangerschaft und Geburt.

Auf der Tagung wurde moniert, dass zwar 2011 im Bundesrecht die Übermittlungspflicht aufenthaltsrechtlicher Daten durch öffentliche Schulen an die Ausländerbehörden beseitigt wurde. Doch würden bei der Schulanmeldung von Kindern in einigen Bundesländern Papiere verlangt, die Eltern ohne legalen Aufenthaltsstatus nicht vorlegen könnten. Gisela Unruhe von der Schul-aufsicht in Berlin-Neukölln erklärte: „Für mich gibt es keine illegalen Kinder.“ Jedes Kind, das neu in Neukölln ankomme, erhalte einen Schulplatz. Michael Leh


Schiefe Zahlen
Statistik: Linke Straftaten weniger beachtet

Fremdenfeindliche Straftaten seien in Brandenburg „deutlich“ gestiegen, melden Medien unter Verweis auf neueste Zahlen. Auch in Berlin sei ein Anstieg zu verzeichnen. Das linksextreme Lager wächst indes auch – jenseits medialer Aufmerksamkeit.

Brandenburgs Polizei registrierte 2014 insgesamt 46 mit Gewalt verbundene rechtsextreme Straftaten, 2013 waren es 26. Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) sieht den Anstieg im Zusammenhang mit mehr Zuwanderern. Insgesamt ereigneten sich 2014 demnach 1281 rechtsextreme Straftaten. Zum Großteil sind es jedoch Propagandadelikte, keine Gewalttaten. Auch Sachbeschädigung, Beleidigung und Verstoß gegen das Versammlungsrecht spielen eine Rolle. Insgesamt 280 Vorfälle wurden als fremdenfeindlich eingestuft, 2013 waren es 191.

Entsprechend vergleichbare Taten aus dem linksextremen Milieu wie Übergriffe auf unliebsame Demonstranten werden seltener erfasst oder statistisch anders gezählt. Nur ein Bruchteil der zumindest im Ursprung links motivierten 408 Autobrandanschläge in Berlin 2014 zählt offiziell Linksaußen mit.

Der Senat gab für Januar bis Oktober 2014 genau 350 linksextreme Taten bekannt, darunter Angriffe auf Polizisten und Brandanschläge. Auch Anschläge auf vermeintliche Neonazis fallen darunter. 2013 waren es insgesamt 276. Linksextreme Straftaten nehmen auch in der Mark noch stärker zu als rechtsextreme: Für das erste Halbjahr 2014 zählte man hier allein 213 linksextreme Delikte. Ganz vorne: Sachbeschädigung, gefolgt von Diebstählen, Beleidigungen und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. SV


Hindenburg Ehrenbürger

Paul von Hindenburg bleibt eines der Lieblings-Hassobjekte der Berliner Linkspartei. Am 12. März scheiterte ihr Antrag, dem früheren Reichspräsidenten die Ehrenbürgerwürde Berlins zu entziehen, im Landesparlament. Neben der „Linken“ stimmten die Grünen und die Piraten für den Antrag, der mit den Stimmen von SPD und CDU abgelehnt wurde. Der CDU-Abgeordnete Uwe Lehmann-Brauns erklärte, Hindenburgs Rolle bei der Ernennung Hitlers dürfe nicht die einzige Grundlage einer Entscheidung sein. Er habe zuvor jahrzehntelang die Weimarer Republik loyal verteidigt. Der Antrag der Linkspartei verschweige dies. Der linke Historiker Sebastian Haffner (1907–99) kam sogar zu der Erkenntnis, Hindenburg sei die einzige Chance gewesen, die die Weimarer Republik je gehabt habe. Seinerzeit hatten Kommunisten und Nationalsozialisten gemeinsam die Republik bekämpft. Die KPD ist Vorläuferpartei der heutigen „Linken“. H.L.


S. 6 Ausland

Schweden übertrifft noch Deutschland
Gemessen an seiner Bevölkerung hat das Land die höchste Zahl von Asylsuchenden aufgenommen

Die Einwanderung ohne Schranken schafft im skandinavischen EU-Mitglied Schweden existenzielle Gewalt-, Verbrechens- und Integrationsprobleme. Politik und Meinungseliten feuern die Fehlentwicklung weiter an.

Schweden gilt gemeinhin als sozial und fortschrittlich, als ein Land ausgeprägter Arbeitnehmerrechte, in dem tolerante, blonde Menschen in naturnaher Landschaft skandinavischer Stabilität und Freizügigkeit frönen. Das Klischee hat Risse bekommen. Von politischer Korrektheit, ausgeprägter Sozialstaatlichkeit, Feminismus, Gleichheitssinn und multikulturellem Denken geprägt, steuert Schwedens Politik das Land auf eine Vielzahl von Krisen zu – Kernproblem ist der aktuelle politische Kurs zur Einwanderung.

Abo Ibrahim Al Swedi nennt sich der zum Islamischen Staat nach Syrien übergelaufene 29-jährige, in Göteborg aufgewachsene Schwede, der kürzlich noch offizieller Beauftragter im Kampf gegen Islamophobie seines Landes war. Der Skandal legt einen der Risse offen, die Schwedens politische Eliten verschweigen. „Angst basiert auf Unkenntnis des Islam“, hat der als Michael Skråmo Geborene Besuchern eines Stockholmer Kulturzentrum gesagt. Doch schon 2005 soll er sich in einer Moschee Göteborgs radikalisiert haben. Mit Frau und Kindern geht er nun den Weg des Dschihad, festgehalten in einem Propagandavideo. Der Fall ließe sich als Einzel­ereignis abtun, lägen nicht längst Zahlen zum radikalen Wandel schwedischer Städte vor. Dort kann Integration schon im reinen Zahlenverhältnis von Neubürgern zu angestammten Schweden kaum gelingen. Das Land ist bei Zuwanderern beliebt, weil sofort nach der Ankunft Anspruch auf freie Unterkunft und Sozialleistungen besteht. Asylsuchende erhalten in Schweden eine praktisch unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis.

In der Hauptstadt Stockholm und im Süden des Landes ist der Bevölkerungsanteil der Immigranten am höchsten. Die Phase der Bildung einzelner Ghettos ist längst überschritten. Vor Kurzem zeigte die Zeitung „Dagens Nyheter“ einen „Segregations-Index“, der deutlich steigende Werte im Vergleich zu 1991 offenlegte. Die „Neu-Schweden“ trennen sich nicht nur von den Einheimischen, sie formen Stadtteile und ganze Städte um. In der drittgrößten Metropole Malmö sprengen Zuwanderer die Kapazitäten staatlicher Einrichtungen. Die Zahl der Asylsuchenden und Menschen mit Zuwanderungshintergrund übersteigt dort bereits jene der alteingesessenen Bevölkerung. In ungewohnt offener Weise spricht Schwedens Fernsehen inzwischen die Untergrabung schwedischer Identität und Lebensweise an. Selbst Kleinstädte wie Gusum haben aufgrund der ungeregelten Zuwanderung einen kaum zu bewältigenden Anteil Asylsuchender.

Schweden hat gemessen an seiner Bevölkerungszahl die höchste Zahl von Asylsuchenden aufgenommen, haben die Vereinten Nationen festgestellt. An zweiter Stelle folgt Deutschland. Im Februar verlangte UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres von der Europäischen Union, ein Quotensystem einzuführen, damit nicht mehr zwei Länder die Hauptlast tragen müssten. Ein Blick auf die Zahlen der für Zuwanderer zuständigen Einwanderungsbehörde zeigt, dass allein im November über 80000 Asylanträge eingingen, bei einer Gesamtbevölkerung von 9,5 Millionen (2013). Die Zuwanderungskurven steigen laut der Behörde rapide. Eine grundsätzliche Debatte über die Grenzen der Aufnahmefähigkeit ist in Schweden aber fast undenkbar. Weist ein Kritiker auf die Grenzen der Fähigkeit hin, so viele Kinder zu beschulen, verbindet er dies in der Regel mit einem Bekenntnis zu dem ursächlichen Zuwanderungsregime. Auch die recht einseitige Herkunft der Zuwanderer wird selten beleuchtet: Afrika und Naher Osten überwiegen. Die Einwanderungsbehörde sah sich genötigt, jüngst Stellung zu im Internet kursierenden, auf Arabisch verbreiteten falschen Asylanträgen zu beziehen: Die Menschen müssten schon nach Schweden kommen.

Einer Umfrage des Instituts Ipsos zufolge stellt Einwanderung für Schwedens Wähler nach Bildungsfragen das zweitwichtigste Thema dar. Vor allem in den betroffenen Regionen gärt es. Gaben im letzten August nur 13 Prozent der Wähler Zuwanderung als wichtigste Herausforderung an, ist es inzwischen jeder fünfte. Schwedendemokraten und andere zuwanderungskritische Parteien erhalten massiven Zulauf. Hinter den Kulissen miss­traut selbst die offizielle Politik den eigenen Ansichten. So entlässt das Land 32000 „Integrationslotsen“ aus Angst vor heimlicher islamischer Radikalisierung.

Dessen ungeachtet halten Schwedens Eliten an ihrem Kurs fest, der die Bürger zu Fremden im eigenen Land macht. Angesichts einer besonders brutalen Vergewaltigung auf einer Fähre berichteten die Landesmedien nur von „Schweden“, auch wenn die Tatverdächtigen aus dem islamischen Zuwanderermilieu stammen. Dabei passt die Verharmlosung eigentlich wenig zur Geschlechterpolitik in Schweden, unter dessen autochthoner Bevölkerung solche Delikte kaum vorkommen und wo bereits ein Nachtclubbesuch des Königs als Skandal gilt. Noch zumindest treibt das Klima „antirassistischer“ Kampagnen weiter die exotischsten Blüten. So hat die Schwedische Ornithologische Gesellschaft SOF zehn Vogelarten umbenannt, weil deren Namen angeblich Bevölkerungsgruppen diskriminierten.

Sverre Gutschmidt


Zerplatzte Träume
Fahnenflucht enttäuschter Ausländer wird für den IS zum Problem

Im Islamischen Staat (IS) bringen sich nach ersten militärischen Rückschlägen ausländische und einheimische Kämpfer gegenseitig um. Im vom selbsternannten Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi ausgerufenen Kalifat gibt es erstmals Anzeichen von Widerstand.

Wie die normalerweise gut informierte Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) im britischen Coventry berichtete, soll es bei der Stadt al-Bab im Norden Syriens, einer der ältesten Hochburgen des Dschihadismus in Syrien, erstmals zu einem Gefecht zwischen ausländischen IS-Kämpfern und anderen IS-Milizen gekommen sein, in dessen Gefolge vielen IS-Gefangenen die Flucht gelungen sei. Die Ausländer hatten offenbar, wie im Dezember bereits über 100 ausländische Kämpfer in der Kalifatshauptstadt Raqqa vorher, versucht, über die nahe Grenze in die Türkei zu desertieren. Damals sollen mindestens 120 der „Deserteure“ von IS-Kämpfern hingerichtet worden sein. Auch während der Kämpfe um Kobane sollen bis zu 200 IS-Kämpfer von eigenen Kameraden getötet worden sein, weil sie sich vor den kurdischen Truppen zurückziehen und in die Türkei desertieren wollten. Um Fluchtversuche der eigenen Kämpfer zu erschweren, hat der IS es angeblich mittlerweile verboten, dass Lastwagen Personen ohne spezielle Erlaubnis transportieren.

Trotz eines großen Überwachungsapparates fällt es dem IS zunehmend schwerer, nicht nur die Bevölkerung der eroberten Gebiete, sondern auch die eigenen zum Teil offenbar desillusionierten Kämpfer zu kontrollieren. Damit die einheimische Bevölkerung die zumeist ausländischen IS-Kämpfer nicht weiter als fremde Besatzer betrachtet, wurden seit Beginn der Besatzung in Mosul, der größten Stadt unter IS-Kontrolle, und der Stadt al-Myadin in der syrischen Provinz Deir al-Zor Tausende einheimische Frauen mit ausländischen IS-Kämpfern zwangsverheiratet. Die aus solchen Beziehungen hervorgehenden Kinder sollen die IS-Kämpfer an den jeweiligen Ort binden und weitere Fluchtversuche vor allem westlicher Dschihadisten verhindern. Von dieser Entwicklung könnte der IS stärker bedroht sein als durch die militärischen Versuche seiner Gegner, ihn niederzukämpfen.

Denn der IS hat nicht nur ein Problem mit den eigenen Kämpfern. Laut SOHR soll in al-Myadin in der syrischen Provinz Deir al-Zor eine IS-feindliche Guerillatruppe mit dem Namen „Weißes Leichentuch“ eine IS-Patrouille angegriffen und zwölf seiner Milizionäre getötet haben. Die weiße Farbe der Mekkapilger wurde bewusst als Kontrastfarbe zum Schwarz des IS gewählt, der Farbe der Eroberung Mekkas durch Mohammed. Sogar in Raqqa, der Hauptstadt des Kalifats, sollen laut einer Anti-IS-Facebook-Gruppe, die sich „Raqqa Is Being Slaughtered Silently“ (Raqqa wird leise geschlachtet) nennt, schon mehrere IS-Anhänger umgebracht worden sein. Auch in Mossul existiert dem irakischen Vize-Präsidenten Usama al-Nujayfi zufolge eine Anti-IS-Guerilla.

Auch die dschihadistischen Konkurrenten von der al-Nusra-Front und al-Kaida machen dem Terrorkalifat in letzter Zeit mehr zu schaffen. Die al-Nusra-Front scheint bereits einen Angriff auf die Terrorzentrale in Raqqa zu planen. In der IS-Zeitschrift „Dabiq“ häufen sich in den letzten Nummern die Aufrufe zur Wachsamkeit gegenüber Heuchelei und Kritikern in den eigenen Reihen.

Bodo Bost


Das kleinere Übel
Israel unterstützt die al-Nusra-Front im syrischen Bürgerkrieg

In vier Jahren Bürgerkrieg in Syrien hat es Israel gelernt, mit dem Konflikt im Nachbarland auf seine Art umzugehen. Man unterstützt die Dschihadisten der al-Nusra-Front, um die Hisbollah auf dem Golan zu verhindern.

Auf dem syrischen Kriegsschauplatz ist zu Beginn des fünften Jahres kaum Bewegung an den Fronten zu vermerken. Lediglich beim Kampf um Aleppo und die südliche Front im Grenzgebiet zu Israel gibt es etwas Bewegung. Während in Aleppo ein von der Assad-Regierung vorgeschlagener Waffenstillstand von den Rebellen abgelehnt wurde, versucht das Assad-Regime im Süden mit Hilfe seiner Verbündeten aus dem Iran und der Schiitenmiliz Hisbollah einen Durchbruch im Kampf um den syrischen Teil des Golans. Der Golan hat in Syrien immer noch eine große symbolische Bedeutung, war doch der Teilerfolg der syrischen Armee im Oktoberkrieg von 1973 der einzige Sieg, den die syrische Armee gegenüber Israel je erringen konnte.

In dem syrischen Bürgerkrieg, der in der Nähe der israelischen Grenze in der Stadt Deraa begann, hat sich Israel sehr lange zurück­gehalten. Die Akteure auf der syrischen Seite der Grenze wechselten oft. Zunächst war dort die Freie Syrische Armee aktiv, die den Bürgerkrieg mit einem Aufstand gegen Baschar al-Assad 2011 begonnen hatte. Seit anderthalb Jahren haben jedoch auch in dieser Region die Islamisten die Oberhand im Kampf gegen Assad gewonnen. Es waren nicht die Islamisten des Islamischen Staates (IS), sondern die unter der Führung von al-Kaida kämpfenden Verbände der al-Nusra-Front, die von Deraa aus immer größere Teile der syrisch-israelischen Grenze unter ihre Kontrolle brachten, so dass sich heute mehr als die Hälfte dieser auch von der Uno kontrollierten Grenze fest in der Hand der al-Nusra-Front befindet. Seit dieser Zeit hat sich ein nachbarschaftliches Verhältnis zwischen der israelischen Armee und der al-Nusra-Front entwickelt. In Israel werden Verwundete der Islamisten behandelt, von bis zu 2000 ist die Rede. Auch Teile des Waffennachschubs und der Logistik für die Terroristen der al-Nusra-Front sollen über Israel laufen. Israel hat sogar einige Male bereits mit seiner Luftwaffe eingegriffen, als die Frontkämpfer in Gefahr geraten waren. In Syrien geht sogar der Witz um, dass Israel die Luftwaffe der al-Kaida geworden sei

Dass Israel feindliche Soldaten auf seinem Territorium behandelt ist nichts Neues, das hat es in der Vergangenheit schon häufig auch während eines Krieges getan. Während man in Israel das Assad-Regime schon seit Langem und vielen Kriegen kennt, ebenso wie die Hisbollah im Libanon, die Israel noch 2007 nach einem ver­lust­reichen Krieg an den Rand einer Niederlage brachte, kennt man die al-Nusra-Front eben noch nicht. Man geht hier eher nach dem im Orient oft angewandten Prinzip vor: Der Feind deines Feindes ist dein Freund.

Auch wenn der Judenstaat Beziehungen zur al-Nusra-Front aufgebaut hat und gemeinsame Interessen mit diesem hat, kann man allerdings kaum von einer Allianz sprechen, höchstens von einem Nichtangriffspakt. Die Kontakte zu den syrischen Rebellen unterhält Israel aus eigenem Sicherheitsinteresse. Es möchte den Golan als Pufferzone gegen­über einem Staat Syrien beibehalten, der sich als einziger seit 70 Jahren weigert, mit dem Judenstaat über einen Friedensvertrag zu sprechen. B.B.


MELDUNGEN

Korrupte Bekämpfer

Bukarest – Rumäniens Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (DNA) hat gegen den bisherigen Chef der Nationalen Integritätsbehörde, Horia Georgescu, den Vorwurf des Amtsmissbrauchs erhoben. Georgescu, der zu den bekannten Figuren der Korruptionsbekämpfung gehört, soll in seiner früheren Funktion als Mitglied der Restitutionsbehörde Immobilien, für die staatliche Ausgleichszahlungen geleistet werden sollten, absichtlich überbewertet haben. Den Schaden durch den weitverzweigten Korruptionsskandal, in den auch die ehemalige Leiterin der Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Terrorismus, Alina Bica, sowie zehn Ex-Minister verwickelt sind, schätzt die DNA auf 75 Millionen Euro. N.H.

 

Sudetendeutsche anerkannt

Prag/Brünn – Das Oberste Verwaltungsgericht im tschechischen Brünn hat die Sudetendeutsche Landsmannschaft in Böhmen, Mähren und Schlesien offiziell registriert. Die Anerkennung der deutschen Vereinigung wurde in den vergangenen Jahren dreimal durch das tschechische Innenministerium abgelehnt. Begründet wurde dies mit der Aussage, die Landsmannschaft habe das Ziel, tschechische Gesetze zu brechen – gemeint waren offenbar die Benesch-Dekrete, durch die der Völkermord an den Deutschen bis heute straffrei bleibt –, und zudem sei ihr Name keine Geste der Völkerversöhnung. Das mährische Gericht hat nun dieser ultranationalistischen Sichtweise deutlich widersprochen. Es bezeichnete die Ausführungen des Innenministeriums als gegen Ideen gerichtete Unterdrückungsschemata, die für totalitäre Staaten typisch seien, aber in einem Rechtsstaat nicht akzeptiert werden könnten. T.W.W.


S. 7 Wirtschaft

Alternativen »Made in China«
Systematisch arbeitet das Reich der Mitte an Pendants zur Weltbank und zum Zahlungsdienstleister SWIFT

Mit AIIB und CIPS baut die Volksrepublik China Alternativen zur Weltbank in Washington und dem Zahlungsdienstleister SWIFT im belgischen La Hulpe auf. Befördert wird das chinesische Vorhaben durch den Missbrauch der Wirtschaftsmacht des Westens als politische Waffe im Kampf gegen unbotmäßige Länder wie Russland.

Die Bemühungen der Vereinigten Staaten von Amerika, eine chinesische Konkurrenz zur Weltbank zu verhindern, haben sich als vergeblich herausgestellt. Obwohl Washington versucht hatte, andere Staaten von einer Mitgliedschaft bei der im Aufbau befindlichen Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) abzuhalten, scheinen sich für das von China initiierte Projekt nun immer mehr Gründungsmitglieder zu finden. Zum Missfallen der US-Regierung haben nach Großbritannien auch Frankreich, Italien und Deutschland erklärt, sich an der AIIB zu beteiligen. Obwohl es massiven Druck aus Washington gegeben haben soll, hat inzwischen auch die australische Regierung ihre Teilnahme an der AIIB zugesagt. Eine Zusage hat Peking bereits von Neuseeland erhalten. Selbst treue Alliierte Washingtons wie Südkorea und Japan haben Interesse an der AIIB signalisiert. Insgesamt ist der Erfolg für Peking so eindeutig, dass die einflussreiche außenpolitische US-Lobbyvereinigung Council on Foreign Relations mittlerweile von einem „Debakel für die Amerikaner“ spricht.

Die neue Bank wird als ein wichtiges Werkzeug gesehen, mit dem China den Einfluss in seiner Heimatregion ausbauen und damit indirekt die US-Position schwächen kann. Angelegt ist die AIIB dabei nicht nur als ein direkter Konkurrent zur bereits länger existierenden Asian Development Bank, bei der Japan und die USA eine maßgebliche Rolle spielen. Die AIIB wird sogar als chinesische Kampfansage an die in Wa-shington beheimatete Weltbank gesehen, die von den Vereinigten Staaten dominiert wird.

Die Entwicklung rund um die AIIB ist nicht der einzige Grund, warum Beobachter mittlerweile von einer immer mehr Fahrt aufnehmenden „De-Dollarization“ der Weltwirtschaft sprechen. Unübersehbar nimmt die Fähigkeit der USA ab, auf internationaler Ebene die bisherige Dominanz auszuüben. So hat sich trotz entsprechender Forderungen von US-Senatoren und des EU-Parlaments der weltgrößte Abwickler für den internationalen Zahlungsverkehr geweigert, Russlands Banken auszuschließen und damit international zu isolieren. Damit nicht genug. Die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT), so der Name des in Belgien angesiedelten Dienstleisters, hat Moskau nun sogar einen Sitz im Aufsichtsrat des genossenschaftlich organisierten Systems angeboten. Der Schritt kann als Sieg der wirtschaftlichen Vernunft gelten. In der Palette von Sanktionsmöglichkeiten gilt Russlands Rauswurf bei SWIFT als ultimative Wirtschaftssanktion mit unabsehbaren Folgewirkungen. Ohne das Zahlungssystem läuft grenzüberschreitend praktisch keine Banküberweisung, keine Wertpapiertransaktion, aber auch keine Zahlung von Rechnungen oder Kreditrückzahlung. Ein SWIFT-Ausschluss der häufig international vernetzten russischen Banken würde damit nicht nur Russland treffen, sondern auch Kunden und Geschäftspartner der Russen in der EU und anderswo. Sieht man sich allein das Engagement österreichischer Banken in Russland an, dann können Befürchtungen, eine totale finanzielle Isolierung Russlands würde die nächste internationale Finanzkrise auslösen, nicht völlig von der Hand gewiesen werden. Nicht einmal sicher ist, ob Russland ohne den Zahlungsdienstleister SWIFT überhaupt noch Öl und Gas exportieren könnte. Ob dem EU-Parlament bewusst war, dass die Erfüllung seiner Forderung vom letzten September, Russland auszuschließen, Europa dem Risiko einer ausgemachten Finanz- und Energiekrise ausgesetzt hätte, ist offen.

Zum Glück für Europa birgt ein Ausschluss Russlands nicht für seine Wirtschaft, sondern auch für SWIFT selber eine große Gefahr. Bisher ist das Unternehmen bei der Abwicklung grenzüberschreitender Zahlungen noch nahezu konkurrenzlos. Die wiederholten Drohungen, SWIFT als Waffe im Wirtschaftskrieg zu missbrauchen, haben aber inzwischen dazu geführt, dass an Alternativen gearbeitet wird, die langfristig zu echten Konkurrenten heranwachsen können. Zwar wurden Russlands Ambitionen zur Schaffung einer SWIFT-Alternative bislang wenig ernst genommen, übersehen wurde dabei aber meist, dass China mit seinen gewaltigen Dollarreserven ähnliche Ziele wie Russland verfolgt. Wie schon bei dem Konkurrenzprojekt zur Weltbank macht China nun auch bei der Etablierung einer SWIFT-Alternative zügig Nägel mit Köpfen. Bereits im Ok­tober soll das China International Payments System (CIPS), so der Name des neuen chinesischen Zahlungsdienstleisters, den Probebetrieb aufnehmen. Beteiligt sind 20 Großbanken, davon sieben westliche Banken mit Niederlassungen in China. Gerechnet wird damit, dass sich im Erfolgsfall auch andere Länder diesem von Peking initiierten Transaktionssystem anschließen werden. Automatisch an Bedeutung gewinnen würde damit die chinesische Währung Yuan.

Norman Hanert


Begehrt und teuer wie noch nie
Insbesondere Asiaten lassen den Preis für Bernstein in die Höhe schnellen

Bernstein ist in den letzten Jahren sehr gesucht und daher zurzeit so teuer wie noch nie. Forciert wurde diese Entwicklung in erster Linie durch eine anhaltend hohe Nachfrage aus Fernost. Händler sprechen zudem von einer Verknappung auf dem Markt für Rohbernstein. Zunehmend interessieren sich Chinesen und Japaner für das Gold aus der Ostsee. Ihnen gefällt Bernstein in verarbeiteter Form für Modeschmuck, und in seiner Rohform gilt er als eine sehr gute Geldanlage. Ein großes Kaufinteresse gibt es ebenfalls im arabischen Raum, wo Gebetsketten aus Bernsteinperlen reißenden Absatz finden.

Jahrhundertelang hatte das fossile Baumharz in seinen verschiedenen Erscheinungsformen einen verlässlichen Wert. Ein Kilogramm Rohbernstein von sehr guter Qualität kostete Ende der 90er Jahre 300 bis 400 D-Mark. Dann aber stiegen die Preise kontinuierlich an. Seit etwa zwei Jahren schießen sie steil in die Höhe. Und ein Ende ist derzeit nicht absehbar. Im Herbst 2013 kostete ein Kilogramm Rohbernstein noch 500 bis 800 Euro. Für Exemplare von der Mindestgröße einer Faust lag der Preis in Deutschland je nach Qualität bei mindestens zwei Euro pro Gramm. Mittlerweile zahlen gewerbliche Einkäufer für eines der seltenen mindestens faustgroßen Exemplare fünf Euro pro Gramm, also 1500 Euro für ein Exemplar von 300 Gramm Gewicht. Beim Weiterverkauf an private Kunden liegt der Preis bei sechs Euro, jedoch bei bis zu zehn Euro pro Gramm für sehr große Exemplare von guter Qualität. Welche Summen einzelne Endabnehmer letztendlich aufzubringen bereit sind, darüber lässt sich nur spekulieren. Ähnlich stark gestiegen ist auch der Preis für seltene Inklusen, also Bernstein mit eingeschlossenen Insekten und Pflanzenteilen.

Weltweit sind 200 Bernsteinvorkommen bekannt, aber nirgendwo gibt es so ausgedehnte Lagerstätten wie an der baltischen Ostseeküste. Bei Palmnicken [Jantarny] in der russischen Exklave Königsberg lagern rund 90 Prozent aller Bernsteinvorkommen weltweit. Geologen schätzen die an der Küste des Samlands vorhandene Menge auf 300000 Tonnen. Seit 2002 ist der russische Staat als Gesellschafter am Bernsteinkombinat beteiligt, das als Betreiber des Tagebaus in Palmnicken ein Monopol für den Vertrieb des Bernsteins besitzt. Seit Oktober 2013 verkauft das Bernsteinkombinat kaum noch Rohware ins Ausland. Kürzlich wurden auch Klagen der Königsberger Bern-steinjuweliere über eine stark rückläufige Belieferung mit Rohstoff durch das Kombinat bekannt. Die Regierung des Königsberger Gebiets begründete dies mit der Behauptung, die Unternehmer hätten den Rohbernstein bisher hauptsächlich ins Ausland weiterverkauft, was man offenbar unterbinden will. In den Königsberger Juwelierläden ist Rohbernstein schon seit Jahren teurer als in der Bundesrepublik Deutschland. Für ein 250 Gramm schweres Exemplar werden rund 150000 Rubel verlangt, was derzeit etwa 2000 Euro entspricht. Zu den offiziellen Lieferanten der Juweliere zählen auch Bernsteintaucher und -sammler mit einer gewerblichen Lizenz. Sie erhalten vom Erlös weniger als die Hälfte. Weiterhin gelangen große Mengen von Bernstein illegal über die Grenzen ins übrige Europa. Viele Fäden laufen in Danzig zusammen. Die Regionalzeitung „Nowye Koljosa“ meldete 2012, jährlich würden rund 500 Tonnen Rohbernstein aus dem Raum Königsberg über die Grenzen verschoben. Der Bernstein stammt aus unterschiedlichen Quellen, ein Teil davon aus illegaler Förderung vor Ort, die trotz angedrohter drakonischer Strafen weiterhin stattfindet. Dagmar Jestrzemski


Inder im Aufwind
Im Ausland erfolgreicher als zu Hause

Als Narendra Modi im vergangenen Jahr in Indien einen überragenden Wahlsieg einfuhr, kündigte er an, er wolle sein Land „zur Werkbank der Welt“ machen. Die größte Demokratie der Welt hat in den vergangenen Jahren Boden gut gemacht. Heute wird Indien als einer der sogenannten Brics-Staaten als neue Wirtschaftsmacht gesehen. Zuletzt wuchs die Wirtschaft stärker als in China. Ausländische Firmen werben seit Jahren verstärkt um indische IT-Experten, die als besonders qualifiziert gelten. Immer mehr Unternehmensgründer und Top-Manager aus Indien fassen in den USA Fuß. Laut einer Studie von Forschern der Universitäten Stanford und Berkeley sowie der Stanford Law School wurden in den Jahren 2006 bis 2012 acht Prozent aller Technik-Startups in den USA von eingewanderten Indern gründet, obwohl ihre Bevölkerungsgruppe weniger als ein Prozent der US-Bevölkerung ausmacht. Indische Unternehmensgründer gelten als besonders robust, zielstrebig und erfolgsorientiert. „Sie suchen sich Branchen, in denen brutaler Leistungsdruck herrscht. Denn dort können sie trotz mangelndem Kapital mit ihren Fähigkeiten glänzen“, sagte Jitendra V. Singh, Dekan an der Wirtschafts-Universität von Hongkong dem „Handelsblatt“.

Abgesehen von den Unternehmensgründern bildet Indien auch verstärkt Führungskräfte auf Elite-Internaten aus. Microsoft-Chef Satya Nadella besuchte ebenso wie der Vorstandsvorsitzende der US-Software-Firma Adobe, Shantanu Narayen, eine solche Kaderschmiede. „Indien hat unglaublich viele Management-Talente“, erklärte Manjeet Kripalani, einst Indien-Leiterin des Wirtschaftsmagazins „Business Week“ gegenüber der Deutschen Presse-Agentur und verweist auf Anshu Jain, Co-Chef der Deutschen Bank, Indra Nooyi, Vorstandsvorsitzende von PepsiCo, und Ajay Banga, Vorsitzender von Mastercard. Und nun handeln US-Medien auch noch Ajit Jain als möglichen Nachfolge-Kandidaten des Großinvestors Warren Buffett. Auch in Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds sind indische Manager stark vertreten. Die größte nationale Gruppe unter ihren Ökonomen seien die Inder, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde kürzlich bei einem Besuch in Indien.

Premierminister Modi verfolgt diese Entwicklung mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Langfristig ist es unser Ziel, dass die Besten auch im Land bleiben. Es wird nicht mehr lange dauern.“ Peter Entinger


MELDUNGEN

Teilzeitarbeit hat zugenommen

Berlin – Seit 2004 ist die Zahl der Beschäftigten, die weniger als 35 Stunden in der Woche arbeiten, um fast 2,4 Millionen Personen angestiegen. Der Anteil dieser Teilzeitarbeitnehmer an allen Beschäftigten lag im Jahr 2004 bei 24 Prozent und 2013 bei 28 Prozent. 10,7 Millionen Menschen in Deutschland arbeiteten 2013 weniger als 35 Stunden pro Woche. Rund drei Millionen Beschäftigte hatten 2013 eine Wochenarbeitszeit von 25 bis 34 Stunden, 2004 waren es nur 1,7 Millionen. Aus der Beschäftigtenzahl und der durchschnittlichen Jahresarbeitszeit ergab sich für 2014 ein gesamtwirtschaftliches Jahresarbeitsvolumen von 49,8 Milliarden Stunden. J.H.

 

Chinesen kaufen Immobilien

Peking – Zwischen 2009 und 2014 sind die chinesischen Investitionen in ausländische Immobilien von 600 Millionen auf 15 Milliarden US-Dollar gestiegen. Bevorzugt waren dabei die Immobilienmärkte in den USA, Europa und Australien. Neben politischen Gründen sind es der zurück­gehende Markt in China selbst, der billige Euro und die höheren Gewinne in Übersee, die chinesische Investitionen dort attraktiv machen. U.M.


S. 8 Forum

Linkes Unwissen
von Hans Heckel

Die „Blockupy“-Bewegung klagt die Europäische Zentralbank (EZB) an, Speerspitze des Kapitalismus zu sein. Der Vorwurf geht völlig daneben.

Der Kern des Kapitalismus besteht darin, dass man mit Geld weiteres Geld verdienen kann. Ein Instrument dazu ist der Zins. Mit ihm kann bereits der Kleinsparer sein Vermögen vermehren. In früheren Zeiten, vor dem modernen Kapitalismus, waren dazu große, rentable Sachwerte nötig wie Land oder Firmen, welche nur wenige besaßen. Mit dem Zinsgewinn für kleine Sparer öffnete sich diese Chance für jeden. So öffnete der moderne Kapitalismus dem ganzen Volk ein Tor zum Wohlstand, das den meisten bis dahin verschlossen war.

Die EZB tut derzeit alles, um dieses Tor wieder zu verschließen. Um große Banken und verschuldete Staaten zu retten, hat sie den Zins ruiniert. Damit hat sie einen Zentralmechanismus des Kapitalismus zerstört. Sie hat hier den Kapitalismus ersetzt durch eine Privilegienpolitik, die stark an die krassen Klassengesellschaften vormoderner Prägung erinnert, als Wohlstand nur sehr wenigen offenstand und die Herrscher das Vermögen des Volkes nach Belieben einziehen konnten. Fachleute nennen das neue System denn auch „Bankismus“, nicht etwa „Kapitalismus“.

Unser Geldsystem tut seinen Teil dazu. Da die Zentralbank Geld theoretisch in jeder Menge herstellen kann, kann sie das Ersparte der einfachen Leute auch beliebig entwerten. Denn das „neue“ Geld kommt nicht überall gleich an. Banken, Regierungen und Inhaber großer, sehr großer Vermögen streichen es ein, der Normalbürger bekommt nichts davon. Da dem zusätzlichen Geld aber keine zusätzlichen realen Werte gegenüberstehen, verfällt der Wert des Geldes und damit der Wert der Ersparnisse. An den Preisen von Sachwerten wie Aktien, Land oder Häusern ist der Verfall des Geldwerts bereits zu ermessen.

In einem Geldsystem, in dem Geld nicht per Federstrich beliebig vermehrt werden könnte, wie dem Gold-Standard, wäre eine „Umverteilung von unten nach oben“, oder, wie es treffender heißt, „von fleißig zu reich“, auf diese einfache, verdeckte Weise gar nicht möglich.

Eines also trifft zu an der Kritik: Die EZB betreibt eine zutiefst unsoziale, ungerechte Geldpolitik. Aber sie tut dies eben gerade nicht auf „kapitalistische“ Art, sondern indem sie die heftigste Attacke auf das kapitalistische Finanzwesen reitet seit Lenins sogenannter Oktoberrevolution.

Damals wurde abrupt enteignet. Das Teuflische an der heutigen Enteignung ist, dass sie schleichend daherkommt. Die Menschen bemerken sie kaum. Erstens, weil der Geldwertverfall im Alltag (noch) kaum zu spüren ist. Zweitens, weil sich kaum jemand auszurechnen vermag, was der Nullzins aus seinem Ersparten in Jahrzehnten gemacht haben wird.

Die Vermengung von EZB- und Kapitalismus-Kritik zeigt bloß, wie wenig das linke Lager immer noch von Geld und Wirtschaft versteht.


Neuer Cordon sanitaire
von Norman Hanert

Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie im Kalten Krieg richtete sich auf die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Denn vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann. Unser Hauptinteresse war, sicherzustellen, dass dieser Fall nicht eintritt.“ Derart unverblümt hat sich im vergangenen Monat der Chef und Gründer der US-amerikanischen geopolitischen Denkfabrik Strategic Forecasting (Stratfor), George Friedman, vor dem Chicago Council on Global Affairs zum Dreiecksverhältnis zwischen Deutschland, Russland und den USA geäußert. Aus Sicht Friedmans sind das Kapital und die Technologien Deutschlands zusammen mit den Rohstoffressourcen und der Arbeitskraft Russlands eine einzigartige Kombination, die der globalen Dominanz der USA zur Gefahr werden kann. Um diese Kombination zu verhindern, empfiehlt Friedman den Rück-griff auf ein Konzept von Polens Marschall Józef Piłsudski. Ein „Intermarum“, ein Zwischenraum vom Schwarzem Meer bis zur Ostsee, soll einen neuen Cordon sanitaire zwischen Deutschland und Russland bilden.

Ganz im Sinne des polnischen Diktators der Zwischenkriegszeit dürfte auch die bereits früher gestellte Prognose sein, dass Polen künftig sehr viel mehr politischen Einfluss gewinnen werde. Das Land scheint dazu auserkoren zu sein, einen zwischen Deutschland und Russland liegenden Block aus US-freundlichen Ländern wie den baltischen Staaten, der Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, der Ukraine und schließlich Polen anführen zu sollen. Aus Sicht Friedmans gibt es bei diesem Vorhaben allerdings eine unbekannte Variable in Europa: die Haltung der Deutschen. „Für die Russen ist die entscheidende Frage, dass die Ukraine ein neutrales Land wird, kein pro-westliches. Nun, wer mir eine Antwort darauf geben kann, was die Deutschen in dieser Situation tun werden, der kann mir auch sagen, wie die nächsten 20 Jahre Geschichte aussehen werden.“ Die „deutsche Frage“ sei erneut offen. „Deutschland ist wirtschaftlich enorm mächtig, aber gleichzeitig geopolitisch sehr zerbrechlich, und sie wissen nie, wo und wie sie ihre Exporte verkaufen können.“

Man tut gut daran, die bekannt gewordenen Überlegungen ernst zu nehmen. Stratfor gilt als eine der führenden unter den strategischen Denkfabriken in den USA. Beschreibungen wie „Schatten-CIA“ oder „geopolitisches Sprachrohr der CIA“, die regelmäßig in den Medien verwendet werden, deuten an, welche Bedeutung das Forschungsinstitut hat. Das Unternehmen gilt in Washington als bestens vernetzt; Zu den 30000 Kunden gehören Militärs und hohe Politiker ebenso wie internationale Konzerne.


Frei gedacht
Damals und heute – Wo bleibt die Gegenwehr?
von Eva Herman

Als ich ein Kind war, schien die Welt noch in Ordnung. Die meisten meiner Freunde hatten Vater, Mutter und Großeltern in ihrem Umfeld, wie selbstverständlich. Scheidungskinder hatten es schwer: Wer „nur“ bei der Mutter lebte, wurde oft schief angeschaut. Aber, wie gesagt, die allermeisten Kinder lebten in mehr oder weniger intakten Familien. Der Vater ging arbeiten und ernährte seine Familie, während Mama daheim blieb und sich um den Nachwuchs kümmerte. Auch die Omas und manchmal auch die Opas, falls noch welche vom Krieg übriggeblieben waren, saßen häufig mit im Familienkreise. Samstags war großer Badetag, am Sonntag gab es mittags Rindsroulade mit Erbsen-Möhren-Gemüse und dampfenden Salzkartoffeln. Als ich ein Kind war, hatten wir Respekt vor den Erwachsenen, ihr Wort galt als Gesetz. Wir mussten jedem Fremden, der uns vorgestellt wurden, ordentlich die Hand geben, wir Mädchen machten einen Knicks, die Jungs einen Diener. Als ich ein Kind war, glaubte ich an die Zukunft, ich freute mich darauf: Die Welt stand allen offen.

Eines Tages kam Besuch aus Berlin, eine Cousine mit rotgefärbten Haaren quartierte sich für einige Tage bei uns ein. Ich war etwa 13, sie wohl zwei, drei Jahre älter. Conny trug eine verwaschene Jeans-Latzhose, schob ständig einen Kaugummi durch die Zähne und hatte völlig andere Ansichten als ich, die ich mir vorkam wie ein furchtbar unterentwickeltes Landei. Conny war unglaublich cool. Doch alles, was ich tat, war spießig, sie sagte es einige Male, und als sie abgereist war, glaubte ich es auch. Conny wurde mein heimliches Vorbild. So wollte ich auch werden. Sie war total unabhängig, wollte einmal riesig Karriere machen und vor allem fand sie es mehr als überflüssig, sich „an einen Mann zu hängen“, oder gar noch abhängig von ihm zu sein. Nein, die Männer, so wusste Conny, waren in Wahrheit nämlich Weicheier, die nicht wirklich etwas zustande brachten. Oder sie waren gewaltbereit, üble Machos, die nur ein Ziel hatten: Frauen zu unterdrücken. „Pass bloß auf Dich auf“, gab sie mir noch mit auf den Weg. „Immer, wenn sie den Mund aufmachen, lügen sie!“

Ich war schwer beeindruckt. Und während ich versuchte, in die Fußstapfen der lässigen Cousine zu treten, veränderte sich die Welt. Plötzlich schien es immer mehr Connys zu geben, an allen Ecken traten sie jetzt auf. Faltenrock und Lack­schühchen wurden nur noch mitleidig belächelt, man trug jetzt Boots, Cordhose und Parka. Immer mehr Mädchen rauchten heimlich, sie tranken Alkohol, und während die Mütter und Väter bestürzt die Hände über dem Kopf zusammenschlugen und die Welt nicht mehr verstanden, wurde das alles immer normaler. Es ist halt der Zeitgeist, sagte man schließlich, wozu auch die neumoderne Beatles-oder Stones-Musik gehörte, die plötzlich auf die ungeübten Ohren einschlug und seltsame Gefühle im Unterbauch verursachte. Wer dagegen aufbegehrte, wurde mitleidig belächelt, nein, nein, das war der Lauf der Zeit, und schließlich war ja nichts beständiger als der Wandel, oder?

Vielleicht hatten sich durchaus einige Leute damals gefragt, wie es sein konnte, dass die Welt jahrhundertelang mehr oder weniger gleichförmig verlaufen war, was die gesellschaftlichen Strukturen anbetraf, während nun ein plötzlicher Wechsel stattfand und sämtliche ethischen und moralischen Grundsätze, die wie festzementiert erschienen über weite Zeiten, einstürzen ließ. Junge Mädchen nahmen nun die Pille, niemand hinterfragte, wie die jungen Körper diesen massiven Eingriff verarbeiten wollten. Oswalt Kolle erschien auf der Bildfläche und durfte Sexfilme in die Kinos bringen, die von den Medien emphatisch gefeiert wurden als Fortschritt der modernen Zeiten. Doch von was begannen wir eigentlich, fortzuschreiten? Plötzlich war die „freie Liebe“ der Hit: „Wer zweimal mit der Gleichen pennt, gehört schon zum Establishment!“, so lautete fortan die Losung. Treue war nun altmodisch geworden, Verlässlichkeit und Verantwortung für andere Menschen gerieten zunehmend in den Hintergrund. Wer wollte schon uncool sein?

Es waren unglaubliche Kräfte, die damals wirkten. Heute bezeichnet man sie als 68er, als Frankfurter Schule, doch wer trieb sie eigentlich an? Wer hatte diese Welle in Gang gesetzt und das morphogenetische Feld damit massiv zu verändern begonnen? War es wirklich eine eigenständige Entwicklung, oder half jemand nach? Wer waren die 68er eigentlich, wer ihre Hintermänner? Wer sich heute umschaut, muss angesichts der Entwicklung der letzten 50 Jahre erstarren. Alles, was diese Menschheit je an Werten besessen hatte, ist nahezu ausradiert, ausgelöscht worden aus dem Wissen der Menschheit. Sicher, tief in der Empfindung sitzt unser Gewissen, und dieses regt sich zuweilen, um uns zu bedeuten, was wir richtig oder falsch getan. Doch wer schenkt diesen wichtigen, naturgegebenen Impulsen noch Beachtung?

Wir sind derzeit im Begriff, uns selbst zu vernichten. Jeder, der sehen und hören kann, erkennt es. Doch wo bleibt die Gegenwehr, wo die Kämpfer für Moral und Tugenden? Gewiss, einige davon erheben zuweilen noch die Stimme. Doch resigniert geben sie meist schnell wieder auf, sie finden kaum Gehör. Unsere Medien leisten derweil ihren beachtlichen Teil dazu: Sie stoßen in das Horn der modernen Zeiten. Und sie bügeln jeden nieder, der nicht ihrer Meinung ist. Und wer lenkt nun wieder die Medien, die sich von Beginn der massiven Veränderungen an einzig und allein der modernen Entwicklung unterordneten?

Fragen über Fragen. Vielleicht sollten wir langsam einmal mit der Suche nach Antworten beginnen. Denn dann könnten wir schnell feststellen, dass all die unseligen Kräfte, die die Menschheit im Begriff sind, zu vernichten, immer denselben Ursprung haben: Ob es sich um die Globalisierung der Welt handelt, um die Sexualisierung, um Gewinnmaximierung, Kostensenkung, um alleine nur noch monetäre Ziele, immer sind es dieselben Leute, die alles Menschliche, alle Wärmende, die Liebe, vernichten.

Vor einiger Zeit traf ich eine Gruppe von Leuten, die diesen Fragen nachgegangen waren. Sie konnten belegen, dass Musikgruppen wie zum Beispiel die Beatles von nicht genannten Gönnern finanziert worden waren. Ebenso heute noch aktuelle amerikanische oder englische Musiker, die als satanisch gelten. Ist so etwas vorstellbar? Als vor einiger Zeit Deutschlands Cheffeministin in die Schlagzeilen geriet wegen ihrer Steuersünden, kontaktierte mich ein Mann, der belegen wollte, dass die fast acht Millionen D-Mark, die sie in den 80er Jahren mit dem Auto in die Schweiz gebracht hatte, aus dubiosen Quellen stammten. Wäre derartiges denkbar?

Meine Mutter sagte früher öfter, dass die Zeit keine eigenständige Kraft sei, die unsere Welt willkürlich verändern könne, sondern dass stets wir selbst es sind, die etwas zulassen oder verhindern. Wir selbst tragen die Verantwortung für alle unsere Handlungen. Auch wenn es politisch korrekt ist, unsere Kleinkinder in Krippen zu geben, auch wenn die Frühsexualisierung von Kindern in der Schule derzeit total in ist, so sind letztlich wir Menschen selbst es, derartig unselige Entwicklungen verhindern zu können. Egal, was die Presse dazu schreibt, gleichgültig, wie altmodisch wir damit sind.


S. 9 Kultur

Eine Nana für die Welt
Unbequemer Zeitgenosse − Émile Zola, die Politik und der Naturalismus

Als Sohn eines aus Italien stammenden Bauingenieurs vor 175 Jahren, am 2. April 1840, in Paris geboren, wurde Émile Zola einer der einflussreichsten Autoren seiner Epoche. Er ist der Begründer des literarischen Naturalismus.

Mit dem Namen Émile Zola verbindet man heute in erster Linie die Dreyfus-Affäre. Am 13. Januar 1898 erschien in der Tageszeitung „L’Aurore“ auf der ersten Seite der ganzseitige Artikel „J’accuse …!“ („Ich klage an“). Es war ein Aufschrei gegen einen – wie Zola meinte – Justizirrtum, wie ihn die französische Republik nie zuvor erlebt hatte. Zola hielt den wegen Landesverrats auf die Teufelsinsel vor Französisch-Guayana verbannten Hauptmann Alfred Dreyfus für unschuldig. Er sei von einem antisemitischen, deutschhassenden Generalstab angeklagt worden, weil er Jude und Elsässer war (siehe auch PAZ Nr. 24/2014).

Als Zola diesen Artikel schrieb, war er der bedeutendste zeitgenössische Schriftsteller der Dritten Republik. Sein Wort hatte Gewicht. Er legte es erst gegen Ende seines Lebens auf die politische Waagschale, als seine schöpferische Kraft als Romancier langsam zu versiegen schien. Zu dem Zeitpunkt, da er sich mit seinem engagierten Artikel in die Tagespolitik einmischte, war es fünf Jahre her, da er seinen berühmten Romanzyklus „Les Rougon-Macquart“ abgeschlossen hatte.

In den 20 Romanen dieses Zyklus, die er in 22 Jahren wie ein manisch Besessener abfasste, hatte er sein soziales und gesellschaftskritisches Engagement literarisch bis zur Erschöpfung ausgelebt. Mit diesem Werk wurde er zum Vorreiter einer literarischen Strömung, die unter der Bezeichnung „Naturalismus“ besonders in Deutschland und im skandinavischen Raum zahlreiche Nachahmer fand. Der Schlesier Gerhart Hauptmann sowie die Ostpreußen Arno Holz und Hermann Sudermann gelten als wichtigste Vertreter des deutschen Naturalismus, während der Norweger Henrik Ibsen und der Schwede August Strindberg das Theater mit naturalistischen Stücken bereicherten.

Was unter Naturalismus zu verstehen ist, gab Zola 1879 in seinem Essay „Der Experimentalroman“ zu verstehen. In Abgrenzung zur „idealistischen Literatur“ wie dem romantischen Ro­man, der das Idealbild eines stets abstrakten Menschen zeigt, propagiert Zola „das Studium des natürlichen Menschen“ mit all seinen Fehlern, Schwächen und in seiner ganzen Hässlichkeit. Zola war zu jener Zeit Parteigänger von Charles Darwin und berief sich auf das biologische Abstammungsprinzip. Der Mensch ist bei Zola sowohl das Ergebnis seiner Umwelt wie auch seiner Gene.

Ein Stammbaum spielt auch eine entscheidende Rolle in dem Romanzyklus „Rougon-Macquart“. Als der 31-jährige Zola den Plan konzipierte, die Gesellschaft des industriellen Zeitalters in Frankreich in ihrer Gesamtheit literarisch zu erfassen, war er von einem großen Vorbild beeinflusst. Honoré de Balzac verstaute bis zu seinem Tod 1850 Tragik, Scheitern und Stolz der französischen Gesellschaft der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in seinem 91 Werke umfassenden Erzählzyklus „Die menschliche Komödie“.

Bestand dieser Zyklus aus he­terogenen Romanen, Erzählungen und Novellen, die untereinander stofflich und personell oft in keiner Beziehung standen, so konzentrierte sich Zola auf den Stammbaum der fiktiven Familie Rougon-Macquart, mit der es steil bergab geht. Verfall, Elend und Dahinsiechen war für ihn der soziale Preis, den man für den industriellen Fortschritt zahlen musste.

Dabei hat Zola aber große Literatur geschaffen. Denn nie zuvor wurden die Arbeitswelt und das verdreckte Milieu der Arbeiter so drastisch geschildert wie bei ihm. In „Der Totschläger“ ist es eine Wäscherin, die an einen Säufer gerät und zuletzt in dem kalten Kellerloch zugrundegeht. Die Tochter dieser Wäscherin stirbt in seinem wohl bekanntesten Roman „Nana“ just an dem Tag an den Pocken, als eine kriegsbegeisterte Menge 1870 auf den Straßen „nach Berlin, nach Berlin!“ schreit. So spiegelt sich in dem Tod dieser Edelkurtisane, mit der Zola eine literarische Figur für die Ewigkeit geschaffen hat, der Untergang des Kaiserreichs. Dann ist da „Germinal“, jenes aufrüttelnde Bergarbeiter-Epos, in dem man den Kohlenstaub der Gruben Nordfrankreichs auf der Haut zu spüren glaubt und in dem ein Arbeiterstreik in einem Fiasko endet. Zuletzt ist da auch „Die Bestie im Menschen“, wo die Ei­senbahn für ei­nen Lokführer eine schicksalhafte Rolle spielt. Der Re­portagestil des ge­lernten Journalisten Zola sollte Schule machen: „Schon ließ das Heranrollen des entsprungenen Ungetiers vernehmen. Im Hui hatte es sich in die zwei Tunnel hinter dem Bahnhof Rou­en hineingeworfen; in unvermindert feurigem Galopp brach es heran, wie eine phantastische, un­bezwingliche Na­turgewalt.“

Mit seinem Engagement für die Verwahrlosten und Schwachen wurde Zola geachtet, wenn auch nicht verehrt wie ein Stendhal, Balzac oder Victor Hugo, dessen Milieuschilderung der Armen in seinem großen Roman „Die Elenden“ Zola zum Vorbild nahm. Der Ruhm bewahrte Zola indes nicht davor, später wegen seines Dreyfus-Artikels der Verleumdung angeklagt zu werden. Er floh da­raufhin für ein Jahr nach England, kehrte dann aber wieder zurück.

Als er am 29. November 1902 in Paris starb, war er gleichsam ein Opfer jenes industriellen Fortschritts, den er in seinen Werken so dramatisch schilderte. Zu Beginn der Heizperiode wurde ihm in seiner Pariser Wohnung ein Kamin zum Verhängnis, bei dem der Abzug nicht funktionierte. Zola brach nachts vor seinem Bett zusammen. Am Morgen fand man ihn tot auf dem Boden liegend − vergiftet durch Kohlenmonoxid. Harald Tews


Unsterbliche Pharaonen
Magisch angezogen − Mannheimer Museum taucht tief in die antike ägyptische Kultur ab

Das rund 3500 Jahre alte Totenbuch gibt einen der markanten Schwerpunkte der Schau ab. Die mehr als neun Meter lange Schriftrolle aus Papyrus ist als eine Art Reiseführer ins Leben nach dem Tod zu verstehen und begeistert durch großartige Illustrationen und frische Farben. Sie war als Grabbeigabe für den Beamten Amenemhat angefertigt worden und zählt zu den bekanntesten Totenbüchern weltweit. 2010 wurde sie zum ersten Mal öffentlich gezeigt.

Allein dieses Exponat macht die Faszination verständlich, die bis in unsere Zeit hinein von der ägyptischen Hochkultur ausstrahlt. Der einzigartigen Wirkung der kostbaren Stücke kann sich der Besucher der aktuellen Ausstellung „Ägypten − Land der Unsterblichkeit“ in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen kaum entziehen, zumal ihr Aufbau durchdacht inszeniert wurde. Man sieht sich in eine ferne Welt entführt, in der die Menschen auch dem Leben nach dem Tod Realität zusprachen.

So wurde zum Beispiel die um 1400 v. Chr. entstandene Sargkammer von Sennefer, dem Bürgermeister von Theben, mit ihren reich dekorierten Wänden nachgebaut, in denen man wie in einem Buch lesen kann. Überhaupt beschert das Thema „Totenreich“ vielleicht die attraktivsten Blickpunkte. Hier ist auch (unter anderem am Beispiel einer Katze) zu erfahren, dass im alten Ägypten Tiere mumifiziert wurden.

Die grandiose, noch bis 17. Mai laufende Ausstellung breitet 500 attraktive, zum Teil bis zu 6000 Jahre alte Objekte auf 950 Quadratmetern aus und gestattet so einen profunden Einblick in die immer noch geheimnisumwitterte Welt der Pharaonen. Die Exponate stammen aus der rund 1600 Stücke umfassenden, im Aufbau befindlichen Kollektion der Mannheimer Reiss-Engelhorn Museen, dem mit der Quadratestadt kooperierenden Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim und aus einigen Privatsammlungen.

Die wirkungsvoll arrangierten Fundstücke illustrieren mehr als 4000 Jahre Hochkultur am Nil. Dieser Fluss beweist auf programmatische Weise gleich am Beginn der kulturhistorisch ergiebigen Schau in einem 16 Meter langen beleuchteten Panoramabild seine Bedeutung für Alltag und Wirtschaft im alten Ägypten. Er nahm Einfluss auf den Glauben seiner Bewohner und war unverzichtbar für die Entwick­lung der Hochkultur, für die der Pharao, umgeben von seinen Be­amten, den Mit­telpunkt abgab.

Vier Themenkomplexe laden den Besucher zum Rundgang ein: Die oft etwas stiefmütterlich behandelte Alltagswelt der Menschen am Nil, ihr Jenseitsglaube, die Götterwelten und „Die neuen Herrscher“. Die jeweiligen Bereiche werden effektvoll inszeniert, und man erfährt viel über die Stellung des Pharao, die Bedeutung seines Beamtenstaates oder die einzelnen Götter. In abgedunkelten Räumen werden die kostbaren Fundstücke geheimnisvoll illuminiert, und dem Besucher geraten dann allerlei unheimliche Geschichten in den Sinn, zum Beispiel die von Ausgräbern, die bei ihrer Wühlarbeit vom Fluch des Pharao getroffen wurden.

Die Magie des Pharaonenreiches spiegelt sich in den repräsentativen ausgewählten Exponaten, darunter kostbare Sargdeckel mit Mumiengestalten oder die Mumienmaske eines Mannes. Edel wirkt die Statuette des Gottes Ptah-Sokar-Osiris oder der Göttin Thoeris. Besonders attraktiv ist auch die Votivstele für eine Statue von Ramses II. oder die 52 Zentimeter hohe Standfigur des Ra­maat sowie die rätselhafte Würfelfigur des Amenemhat. Diese Prunkstücke haften im Gedächtnis des Museumsbesuchers.

Neben den prächtigen Relikten des alten Pharaonenreiches wird der Besucher dieser exzeptionellen Ausstellung aber auch über die Schrift informiert mit ihren heute so magisch wirkenden Hieroglyphen und zudem über den hohen Stellenwert, den der Glaube an ein Weiterleben nach dem Tod im alten Ägypten einnahm, denn der großzügig betriebene Totenkult wurde gespeist von Traum von der Unsterblichkeit.

Die Vorstellung vom ewigen Leben basierte unter anderem auf der natürlichen Mumifizierung der Toten im trockenen Wüstensand. Die Demonstration dieses Tatbestandes wird durch den Nachbau eines frühen Sandgrabes gewährleistet, denn schon ab dem 5. Jahrtausend v. Chr. belegen zahlreiche Funde die Bestattungen in Sandgruben, bei denen die Toten in Hockerstellung und Seitenlage ins Erdreich gelegt wurden. Aus der Erfahrung, dass die Körper, zumindest die Skelette, im heißen Wüstenklima erhalten blieben, soll später die Idee der Mumifizierung entstanden sein. Die Objekte der Ausstellung, die Papyri, Reliefs, Metallarbeiten, be­malte Sarkophage und jahrtausendealte Grabbeigaben wie die vom Pyramidenfriedhof in Gizeh, illustrieren den Totenkult und sind ebenso attraktiv wie historisch bedeutsam. Heide Seele

Reiss-Engelhorn-Museen, Mu­seum Weltkulturen D5, 68159 Mannheim. Geöffnet täglich außer montags 11 bis 18 Uhr. Eintritt: 12 Euro. Telefon (0621) 2933150, Internet: www.rem-mannheim.de


Würdevoll daneben
Nationalhymnen − Konfusion nach Noten

Die Musikkapellen ehemaliger Weltkriegsländer sind in diesen Tagen gut im Geschäft. Bei Veranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren müssen sie die feierlichsten Lieder der Staaten, ihre Nationalhymnen, schmettern. In diesem Mo­ment in gesammelter Würde zu stehen, versteht sich von selbst. Obwohl einem gewisse Momente einfallen können, die zur gebotenen Feierlichkeit nicht passen.

Da gibt es Hymnen, die im „falschen“ Land angesiedelt sind, etwa der niederländische „Wilhelmus“, der sich seit 450 Jahren „van Duitsen bloed“ rühmt, oder die bulgarische Hymne „Liebe Heimat“, die in der dritten Strophe das russische Moskau feierte.

Andere Hymnen sind national kaum noch zuzuordnen, zum Beispiel die polnische „Noch ist Polen nicht verloren“, die 1834 als „Auf ihr Slaven“ Gemeingut und 1945 Nationalhymne Jugoslawiens wurde – was immer Verwirrung stiftete, wenn Polen und Jugoslawien Länderspiele austrugen, wobei zweimal dieselbe Melodie ertönte.

Das kennen wir aus deutsch-österreichischen Verwirrspielen um Haydns „Kaiserquartett“ von 1799. Weniger bekannt ist, dass die alte bulgarische Hymne „Schäume Mariza“ die Melodie des deutschen Schlagers „Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren“ übernahm. Gar nicht zu reden von der (unterschätzten) „Becher-Hymne“ der DDR, die den Schlager „Goodbye Johnny“ als melodische Vorlage nutzte, woran sich bis 1990 nichts änderte, obwohl der Text („Deutschland einig Vaterland“) ab 1972 nicht mehr gesungen werden durfte.

Als nationale Originalprodukte erscheinen hingegen das serbische „Gott der Gerechtigkeit“ und das tschechische „Wo ist meine Heimat?“, obwohl sie es im Grunde nicht sind, da zum Beispiel die serbische Hymne 1872 vom Slowenen Davorin Jenko komponiert wurde. Das macht den Serben nichts aus, anders als den Kroaten, deren „Kroatische Heimat“ 1846 vom Serben Josif Runjanin vertont wurde, was sie in neuem Chauvinismus heftig bestreiten.

Hymnen verlangen Standfestigkeit, daher durften die Un­garn ihr Gebet „Gott segne den Ungarn“ selbst zu Stalins Lebzeiten als Nationalhymne singen. Als Stalin 1953 starb, spielte der Tschechische Rundfunk Tschaikowskijs Festouvertüre „1812“ – bis sich jemand daran erinnerte, dass diese mit der altrussischen Hymne „Gott schütze den Zaren“ endete, worauf sich buchstäblich das ganze Funkhaus leerte.

Die Rumänen musterten 1989 ihre Hymne „Drei Farben“ aus, um sie gegen den alten Hymnus „Erwache Rumäne“ auszuwechseln. Den Knaller aber lieferten die Russen, die von 1944 bis 1991 (mit einigen Textvariationen) die „große mächtige Sowjetunion“ hymnisch priesen, bis Putin 2000 von demselben Dichter Michalkow eine neue Hymne („Russland, unser heiliger Staat“) schreiben ließ. Die schöne Melodie von A. Alexandrow, über deren Entstehung der Komponist Dmitri Schos­takowitsch in seinen Memoiren erheiternde Details mitteilte, blieb stets erhalten. Wolf Oschlies


S. 10 Geschichte

Hindenburgs Quartiermeister
Während es sein vormaliger Chef nach dem Weltkrieg bis zum Reichspräsidenten brachte, wurde Erich Ludendorff ein Sektierer

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs war Erich Ludendorff nur ein unbedeutendes Mitglied in der Riege der 475 deutschen Generale. Bald stieg er aber in höchste Positionen auf, in denen er dann für die Niederlage des Kaiserreiches mitverantwortlich zeichnete. Dem schloss sich ein politisches Engagement im nun republikanischen Deutschland an, das Ludendorff weitere Misserfolge bescherte.

Erich Ludendorff wurde am 9. April 1865 auf Gut Kruschewnia in der preußischen Provinz Posen geboren und trat bereits mit zwölf Jahren in das Kadettenvorkorps in Plön ein – kaum verwunderlich bei einem Stammbaum, der väterlicherseits bis zum kriegerischen Schwedenkönig Erik XIV. (1533–1577) und mütterlicherseits bis zum preußischen Generalleutnant Georg Friedrich von Tempelhoff (1737–1807) zurückreichte. Der Sohn eines Veteranen der deutschen Ei­ni­gungskriege erwies sich beizeiten als militärisches Talent, was seiner Karriere Schwung verlieh. Nach diversen Truppenkommandos wurde Ludendorff 1894 als Militärbeobachter nach Russland gesandt, worauf die Ernennung zum Generalstabsoffizier folgte. 1908 avancierte der nunmehrige Oberstleutnant zum Leiter der Aufmarschabteilung im Großen Generalstab. In dieser Eigenschaft oblag ihm nicht zuletzt die Überarbeitung des Schlieffenplans.

Am 22. April 1914, also kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs, erfolgte die Beförderung zum Generalmajor und Kommandeur der 85. Infanteriebrigade in Straßburg. Allerdings wechselte Ludendorff wenig später in die 2. Armee. In deren Verband landete er am 6. August 1914 einen Coup, der das Seine dazu beitrug, ihm den Weg an die Spitze der Heeresführung zu ebnen. Während ihres Einmarsches in Belgien versuchten die deutschen Truppen die Erstürmung der Zitadelle von Lüttich. Dabei fiel der Chef der 14. Infanteriebrigade, Generalmajor Friedrich von Wussow (1854–1914), woraufhin Ludendorff, der eigentlich nur als Beobachter fungieren sollte, die Initiative übernahm und die Festung aufgrund eines skurrilen Zufalls praktisch im Alleingang eroberte. Dies trug ihm den Orden Pour le Mérite sowie die Ernennung zum Chef des Stabes der 8. Armee ein, die unter dem Kommando des reaktivierten Infanteriegenerals Paul von Beneckendorff und von Hindenburg (1847–1934) stand und die Russen aus Ostpreußen vertreiben sollte. Und tatsächlich gelang es dem Duo dann auch bis zum 14. September, die 2. russische Armee in der Kesselschlacht von Tannenberg zu vernichten und die 1. Russische Armee in der Schlacht an den Masurischen Seen zumindest aus Deutschland hinauszudrängen. Daraufhin erhielt es das Oberkommando über die deutschen Truppen an der Ostfront. Ludendorff wurde nun Generalleutnant.

Doch das war noch nicht das Ende seines kometenhaften Aufstiegs. Nach der Entlassung Erich von Falkenhayns (1861–1922) als Chef des Großen Generalstabs avancierte Ludendorff zum General der Infanterie sowie Ersten Generalquartiermeister und bildete gemeinsam mit Hindenburg die dritte und letzte Oberste Heeresleitung (OHL). Dabei geriet er wegen seiner intellektuellen Fähigkeiten in die Rolle des Kopfes der OHL, die im Laufe des Krieges immer mehr Macht akkumulierte und sowohl den Kaiser als auch die Regierung ins Abseits drängte. Allerdings hatte Ludendorffs Brillanz, die ihm am 24. März 1918 sogar noch das extrem selten verliehene Großkreuz des Eisernen Kreuzes eintrug, eine Kehrseite. Er neigte im Gegensatz zu dem extrem stoischen Hindenburg dazu, im Falle von Misserfolgen die Nerven zu verlieren. Dies zeigte sich besonders im September 1918, als die mit sehr vielen Hoffnungen verknüpfte Großoffensive im Westen scheiterte. Nun forderte Ludendorff, der sonst immer den „Siegfrieden“ propagierte, plötzlich ein sofortiges Waffenstillstandsangebot an den US-Präsidenten Woodrow Wilson (1856–1924).

Mit diesem Eingeständnis der Niederlage, dem dann am 24. Oktober ein nochmaliger Kurswechsel folgte – nun verlangte er, „den Widerstand mit äußersten Kräften fortzusetzen“ – war die militärische Laufbahn des Generals beendet. Am 26. Oktober 1918 wurde er von Wilhelm II. (1859–1941) nach einer letzten emotional geführten Debatte entlassen. Kurz darauf brach die Novemberrevolution aus, die den Geschassten nach Schweden vertrieb, wo er in Windeseile seine Kriegserinnerungen schrieb und dabei die sogenannte „Dolchstoßlegende“ formulierte, die besagte, dass das „im Felde unbesiegte“ Heer durch „vaterlandslose Gesellen“ in der Heimat „von hinten erdolcht“ worden sei.

An dieser Formel hielt Ludendorff dann auch nach der Rückkehr in die Heimat fest, der sich eine Karriere als Galionsfigur diverser republikfeindlicher völkischer Kräfte anschloss. Dabei geriet er freilich bald wieder ins Hintertreffen. So unterschätzte Ludendorff das politische Durchsetzungsvermögen Adolf Hitlers (1889–1945), mit dem er in der Nacht zum 9. November 1923 versuchte, die „Regierung der Novemberverbrecher in Berlin“ zu stürzen. Nicht der hochdekorierte General, sondern der kleine Gefreite des Ersten Weltkrieges stieg zum Führer der nationalsozialistischen Bewegung auf. Zudem scheiterte Ludendorff auch bei seinem Versuch, sich zum Reichspräsidenten wählen zu lassen.

Als Konsequenz aus diesen beiden Blamagen begann Ludendorff, Verschwörungstheorien zu entwickeln, in denen „überstaatliche Mächte“ wie die Jesuiten und Freimaurer, die „Rom-Kirche“, die Kommunistische Internationale und das Weltjudentum sowie später dann vor allem auch der tibetische Buddhismus eine entscheidende Rolle spielten. Hierbei assistierte ihm seine zweite Ehefrau Mathilde (1877–1966), eine Münchener Nervenärztin, die ihrerseits gegen die „okkulte Verblödung“ des deutschen Volkes anwetterte und eine neue Form der „artgemäßen Gotterkenntnis“ kreierte.

Weil Ludendorff 1931 verkündet hatte, Hitler stehe ebenfalls im Dienste der „überstaatlichen Mächte“ und betreibe den „Verrat der Deutschen an den römischen Papst“, bekam er nach der „Macht­ergreifung“ der Nationalsozialisten erhebliche Schwierigkeiten. Diese verboten sowohl seinen Verein „Tannenbergbund“, einen Dachverband für diverse völkische Frontkämpfergruppen, als auch dessen Unterorganisation „Deutschvolk“. Andererseits scheute Hitler aber mit Blick auf Ludendorffs Rückhalt und Bewunderer in der Reichswehr davor zurück, Hindenburgs vormaligen Stellvertreter und Generalstäbler hart anzufassen. Davon zeugt der Umstand, dass er sich im Rahmen einer persönlichen Aussprache bereit erklärte, Ludendorffs „Bund für Deutsche Gotterkenntnis“ offiziell als Religionsgemeinschaft anzuerkennen.

Wenige Monate nach dieser Unterredung war der General tot. Er starb am 20. Dezember 1937 an Leberkrebs. Wolfgang Kaufmann


Als der »Starfighter« zum Witwenmacher wurde
RTL erinnert mit einem Fernsehfilm voller Herz, Schmerz, Spannung, Action und Zeitkolorit an die Absturzserie des Kampfflugzeuges

Eine schaurige Bilanz: 916 Kampfflugzeuge vom Typ Lockheed F-104 „Starfighter“ wurden seit 1960 über 20 Jahre hin für die deutsche Luftwaffe gekauft. 262 stürzten ab. 116 Piloten starben. „Witwenmacher“ hieß der in einem Milliarden-Deal vom damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß bei Lockheed in den USA georderte modernste Kampfjet der Welt alsbald unter Eingeweihten. Im Einzelnen noch menschliche Tragödie, wurde die Absturzserie zum Politikum. RTL hat beides miteinander verknüpft und rund ein halbes Jahrhundert später einen eng an die Wirklichkeit angelehnten packenden Fernsehfilm daraus gemacht. RTL zeigt den von Zeitsprung Pictures produzierten und vom Sender als „Event-Movie des Jahres“ gepriesenen Film am Donnerstag, dem 2. April, um 20.15 Uhr. Titel: „Starfighter – Sie wollten den Himmel erobern“.

Und himmelwärts gehen die Blicke auch gleich in der ersten Szene; drei Minuten, die wie eine Inhaltsangabe für die folgenden 120 arrangiert sind: Über den Fliegerhorst Nörvenich donnern ohrenbetäubend vier Kampfjets hinweg. Auf einer Tribüne stehen Piloten und ihre Frauen und Freundinnen, recken die Hälse, drehen wie am Schnürchen gezogene Marionetten ihre Köpfe, verfolgen die Steigflüge und Loopings der Staffel – eine Wunderwaffe, Spielzeug des Kalten Krieges. Bis in der Ferne ein riesiger Rauchpilz aufsteigt: Absturz!

Abrupter Schnitt: eine Tanzbar, unbeschwert rockende Piloten – „Wir sind wieder wer“. Die jungen Frauen allesamt wohl gestylt, kurze Röcke, lange Beine – die Swinging Sixties zeigen sich. Am nächsten Morgen klettern die Männer in ihren orangenen Overalls wieder auf die Schleudersitze ihrer Maschinen, starten zu Übungsflügen. Die Frauen kaufen indes im Tante-Emma-Laden ein, schieben Kinderwagen durch die gemeinschaftliche Siedlung, bangen um die Männer, bis die in ihren Cabrios, die sie so windig fahren, wie sie fliegen, heimkommen. Action und Emotion im schnellen Wechsel.

Eine Liebes- und Ehegeschichte zwischen dem Piloten Harry (schneidig dargestellt von Steve Windolf) und der Parfümverkäuferin Betti (selbstbewusst, lebensfroh: Picco von Groote) ist anfangs der rote Faden der Geschichte. Bezaubernd die Szene des Anbandelns. Hochzeit, Gartenpartys, ein Baby wird erwartet, eitel Sonnenschein. Aber auch

Diskussionen über Notstandsgesetze und dass es dem Familienfrieden dienlicher wäre, als Pilot zur Lufthansa zu wechseln. „Alle zwei Wochen kommt einer von uns runter, Wahnsinn.“ Oder: „Der 16. Absturz in diesem Jahr – wenigstens etwas, worin wir Weltmeister sind“, frotzeln die Piloten. Und fliegen weiter, wie es ihre Vorgesetzten in harten Auseinandersetzungen fordern. Immer mehr kommt auch die jede Verantwortung abwiegelnde Politik mit ins Spiel.

Drei Beisetzungen mit militärischen Ehren sind geschickt gewählte Ruhepunkte im Film. Auch Bettis Mann, einer der besten Staffelführer, stürzt ab. Schließlich wird sogar der Sohn des Verteidigungsministers Hermann Weltke – eine Figur, die von Rainer Bock dargestellt wird und an die Person Kai-Uwe von Hassels angelehnt ist –, der ebenfalls „Starfighter“-Pilot ist, Opfer des unausgereiften, technisch überforderten Kampfjets. „Pilotenfehler“, heißt es in den Beileidsbekundungen der Bundeswehr. Betti gibt sich mit der Schuldzuweisung nicht zufrieden. Sie muckt gegen Bonn auf, wird als „Nestbeschmutzerin“ beschimpft, wird von den anderen Pilotenwitwen geschnitten, vom Militärischen Abschirmdienst verfolgt – „Es -kann doch nicht sein, dass wir uns von einer solchen Hausfrau vorführen lassen“ – und erstreitet schließlich doch mit Hilfe eines US-amerikanischen Staranwalts (souverän und locker Walter Sittler), dass Lock­heed eine Entschädigung von drei Millionen D-Mark an die von ihr vertretenen Witwen zahlt.

Der Film stellte hohe Ansprüche an die deutsche Zeitsprung-Produktion. Kostüm, Maske, Ausstattung vermitteln stimmig 60er-Jahre-Ambiente. Eine besondere Herausforderung stellten die Flugszenen dar. Insgesamt 148 wurden am Computer hergestellt. Spektakulär das Unterfliegen einer Brücke über die Wupper und der Versuch, die Maschine eines bewusstlos gewordenen Piloten vom Kurs abzubringen, damit er nicht dank Autopilot den schwedischen Luftraum erreicht und dort von schwedischen Abfangjägern zum Schutze der eigenen Zivilbevölkerung per Abschuss zum kontrollierten Absturz gebracht wird.

Das Drehbuch mit zeitgerechten Dialogen schrieben Kit Hopkins und Thilo Röscheiser – immer auch mit dem Anspruch, „neben einer Liebesgeschichte etwas vom politischen Erwachen der jungen Bundesrepublik zu vermitteln“. Regisseur Miguel Alexandre, bereits mit Fernsehpreisen ausgezeichnet, so für „Die Frau vom Checkpoint Charlie“ und „Der Mann mit dem Fagott“, führt mit viel Einfühlungsvermögen das Ensemble von 25 Darstellern, die meisten noch nicht geboren, als der „Starfighter“-Skandal Schlagzeilen machte. Alles in allem „großes Kino“, wie Hollywood es nicht besser hätte liefern können.

In der Schlussszene begrüßt eine Gruppe Witwen am Flughafen die erfolgreich aus Amerika zurückehrende Betti. Eine Liste im Abspann mit den Namen und Absturzdaten der Piloten entlässt den Zuschauer dann doch ergriffen und nachdenklich. Ergänzend widmet sich RTL-Chefmoderator Peter Kloeppel im Anschluss in einer Dokumentation dem Schicksal echter „Starfighter“-Witwen.

Karlheinz Mose


S. 11 Preussen

Eine sprachgewaltige Erzählerin
Vor 125 Jahren wurde Gertrud Papendick, Trägerin des Ostpreußischen Kulturpreises, geboren

Sie war in Erscheinung und Auftreten eine Preußin durch und durch, und sie hat in bildhafter Sprache ihrer ostpreußischen Heimat ein literarisches Denkmal gesetzt. In meist knappen, geradlinigen Erzählungen berichtet sie über die Menschen und die Landschaft in und um Königsberg – nicht verklärend und beschönigend, sondern eher realistisch mit kritischer Distanz.

Denn Gertrud Papendick ist keinesfalls eine „Heimat-Schriftstellerin“. Ihre Erzählungen greifen in Thematik und geografischer Ansiedlung weit über den ostpreußischen Raum hinaus. Sie war eine weitgereiste Frau, und so können sehr wohl Städte wie Brüssel oder Budapest, eine Burg am Rhein, ein Felsenhotel auf Sizilien oder die ungarische Puszta Orte ihrer erzählten Handlungen sein. Und wenn, wie in der Mehrzahl ihrer Erzählungen, Ostpreußen der Handlungsort ist, dann geht sie sehr zurückhaltend mit geografischen Angaben um. Lediglich ihre chronistischen Berichte weisen genaue Orts- und Straßennamen auf.

Im Mittelpunkt ihrer Erzählungen steht stets eine Begebenheit, ein Schicksal, eine gesellschaftliche Situation von allgemeiner Gültigkeit. Das „Ostpreußische“, mit viel Einfühlungsvermögen und Liebe zur Heimat geschildert, bleibt doch nur der Hintergrund für eine Handlung, die auch den Nicht-Ostpreußen fesselt.

Als Gertrud Papendick am 28. März 1890 in Königsberg geboren wurde und als Tochter des Geschäftsleiters der Brauerei Ponarth ihre Kindheit im verwinkelten Löbenicht erlebte, da befand sich die Welt schon im Umbruch, in gesellschaftlicher, wissenschaftlich-technischer und auch künstlerischer Hinsicht. Die althergebrachte patriarchalische Ordnung geriet ins Wanken, die Industrialisierung veränderte das Gesicht der alten Ordens- und Hansestadt, und in der Kunst bahnte sich der Expressionismus an. Das blieb nicht ohne Spuren im Bewusstsein einer jungen, wissbegierigen Frau. In ihrem Opus magnum, dem Roman „Das Haus des Konsul Kanther“, schildert sie aus der Sicht der schwärmerischen 17-jährigen Anne, in der ihre eigenen Sehnsüchte und Erwartungen zum Ausdruck kommen, diesen Anbruch der Moderne, der das Leben der Familie Kanther wesentlich verändern sollte. Mit der Rückkehr aus der befreienden Ungebundenheit des Sommerdomizils am Meer in die Enge des herbstlichen Königsberg und des Kantherschen Hauses droht wieder die – wie Anne es empfindet – quälende Langeweile des Alltags: „Man war es in diesem Haus und in dieser Familie gewohnt, dass eigentlich niemals etwas geschah außer dem Herkömmlichen und Vorbedachten, es vollzog sich alles ordnungsgemäß“, heißt es im 21. Kapitel.

Doch dann brechen in diese zu erstarren drohende Welt des „Fin de Siècle“ zwei noch jugendliche Männer ein, die mit ihrer Weltläufigkeit und Modernität das neu angebrochene 20. Jahrhundert verkörpern. Ihrem ungestümen Elan kann der kränkelnde Konsul außer mürrischer Resignation nichts mehr entgegensetzen. Es gibt kein Happy End. Die Autorin lässt offen, was aus Anne und ihrer Sehnsucht nach Ferne und Freiheit wird. Der Tod des Konsuls an einem verschneiten Dezemberabend besiegelt in epischer Schroffheit das Ende der Handlung. Der Leser aber wird gezwungen, die Handlung weiterzudenken. Anne und ihre vier Geschwister werden ihren eigenen Weg in die unbestimmte Zukunft des 20. Jahrhunderts gehen.

Im Untertitel dieses Buches heißt es: „Roman um eine Königsberger Familie“, und dennoch vermeidet es die Autorin mit einer zunächst unverständlichen Konsequenz, „Ross und Reiter“ zu nennen. Sie spricht von der „alten Stadt im Osten“, ihren „Türmen“ und „engen Gassen“. Niemals jedoch taucht der Name „Königsberg“ auf, und auch das Frische Haff, das Samland oder gar das Land Ostpreußen werden nie genannt. Der Kurort Neuhäuser, neben Königsberg zentraler Spielort der Handlung, wird in „Neuenort« umbenannt, und der Pregel, über dessen Brücken so oft gegangen wird, ist nur einfach „der Fluss“. Das mag den Leser befremden, doch Gertrud Papendick will sich ihre dichterische Freiheit erhalten. Wer sich in dieses Werk vertieft, der wird sehr bald merken – und das ist bei dem fesselnden sprachlichen Sog unumgänglich –, dass er es hier nicht mit einem verklärenden Heimatroman zu tun hat. Vielmehr ist es der Autorin gelungen, ein packendes Sittengemälde der Zeit um und nach 1900 vor unserem inneren Auge entstehen zu lassen.

Zweifellos – und das wird in den Rezensionen immer wieder gesagt – hat sich Gertrud Papendick von Thomas Manns „Buddenbrooks“ zu diesem Roman anregen lassen, doch hat sie etwas ganz Eigenes und Anderes zu Papier gebracht. Vergeblich wird der Leser nach so tragischen Figuren wie Christian und Hanno Buddenbrook suchen. Auch fehlt dem „Kanther“ völlig jene düster-depressive Grundstimmung, die Thomas Mann fast lustvoll über seinen ganzen Roman verbreitet.

Gertrud Papendick, von dem gleichen Fernweh und Freiheitsdrang wie ihre Romanheldin Anne erfüllt, verließ als junge Lehrerin Königsberg und ging ins ferne „Reich“, wie die Ostpreußen das übrige Deutschland nannten, obgleich sie doch selbst zum Deutschen Reich gehörten. Sie lernte, unabhängig von ihrer Familie auf eigenen Füßen zu stehen, obgleich sie ihren Lehrerberuf als schwere Last empfand. Ihre eigentliche Berufung sah sie im Schreiben, mit dem sie früh begann. 1913 debütierte sie mit einer ersten Kurzgeschichte in der Scherlschen „Woche“. Wann immer die Zeit es erlaubte, schrieb sie und schrieb sie, eine Kurzgeschichte und eine Erzählung nach der anderen. Der Stoff ging ihr nie aus, aber sie wurde nie eine „Vielschreiberin“. Auffallend an ihren kleineren und größeren Werken ist die Formstrenge im Aufbau und die disziplinierte, dabei lebendige und mitreißende Sprache. Und es bildete sich in ihrer Erzählkunst zunehmend eine Neigung zum Surrealen, zur überwirklichen Steigerung des Erlebten und dichterisch Erfundenen heraus. So war es ihr möglich, die bloße Außenwirklichkeit zu durchleuchten und tiefere Beweggründe in kühnen Metaphern darzustellen, ohne dass der Leser das als überspannt und verrückt empfunden hätte.

Das war in den 20er Jahren, als sie nach Königsberg zurückkehrte und auch weiterhin als Lehrerin tätig war. Es war die Zeit, als sie sich magisch zur Tiefenpsychologie eines Carl Gustav Jung und zur Kunst des Magischen Realismus eines Franz Radziwill oder eines Alfred Partikel hingezogen fühlte.

Die Dialektik des Hellen und Dunklen, des Heiteren und Ernsten, des Glücks und der Enttäuschung, der Zuversicht und der Verzweiflung bestimmte fortan ihr dichterisches Schaffen. Meisterhafte Erzählungen wie „Die Fahrt mit dem Schatten“, „Die Feuerleiter“, „Wo blieb der Zwölfte“, „Nachts in der fremden Stadt“, „Spuk im Morgengrauen“, „Die letzte Fahrt“, „Gespensterzug“, „Der fremde Bahnhof“ oder „An einem Fenster im Süden“ – um aus der Fülle ihrer Erzählungen nur einige wenige Beispiele zu nennen – belegen diese ihre Fähigkeit, unter die Oberfläche des scheinbar Wirklichen zu blicken. Es nimmt nicht wunder, dass diese Frau trotz mehrerer Liebschaften und vieler Freundschaften zeitlebens unverheiratet blieb. Sie hat intuitiv gespürt, dass jede feste Bindung ihre Dichtkunst schwächen oder sogar beenden würde. Obgleich sie nichts von der politischen Bewegung der Frauenemanzipation hielt, hat sie doch selbst das Leben einer emanzipierten Frau überzeugend vorgelebt und immer wieder in ihrem Werk anklingen lassen.

Nach ge­glück­ter Flucht aus dem bereits von der Roten Armee abgeschnittenen Ostpreußen im Februar 1945 fand sie erst in Niedersachsen, dann in Hamburg eine „neue“ Heimat, in der sie wiederum als Lehrerin und Rektorin in dem von ihr ungeliebten Beruf ihre Pflicht erfüllte. In ihrem zweiten großen Roman „Wo der Birnbaum stand“ – eine einzige Liebeserklärung an den ostpreußischen Sommer – lässt sie ganz zum Schluss den Arzt Dr. Forstreuter selbstkritisch sagen: „Ich bin nicht durchaus ein Pflichtmensch, sondern daneben ein Stück Phantast. Von Zeit zu Zeit muss ich mich absondern, um mein Garn zu spinnen …“

Gertrud Papendick hat bedeutendes „Garn gesponnen“, zur Freude vieler Leserinnen und Leser. Dafür wurde sie 1966 mit dem Literaturpreis der Landsmannschaft Ostpreußen belohnt. Bis ins hohe Alter hinein hat sie rastlos weitergeschrieben und ist wiederholt mit ihrer markanten Stimme als Vortragende ihrer eigenen Werke aufgetreten. Sie starb im Alter von 92 Jahren am 6. April 1982 in Hamburg. Albrecht Leuteritz


Ulrich Tukur statt Loriot – und nicht so lustig
Das Erste zeigt am Karfreitag ab 20.15 Uhr eine Filmbiografie über den »ersten Grünen der Republik«, Bernhard Grzimek

Der Film beginnt mit einer Szene von 1954: „Retten wir also den Zoo“ – der rastlose Bernhard Grzimek und seine Frau Erika, die ihm seit 25 Jahren tatkräftig zur Seite steht, bauen den zerstörten Frankfurter Zoo wieder auf. Mit schnellen Schnitten folgen Szenen, wie man sie von Grzimek kennt: Streitgespräche, Filmprojekte oder als Fernsehprofessor auf dem Bildschirm – „Ich habe meine Gepardin Cheeta mitgebracht.“ Schließlich die Flüge mit seinem Sohn Michael im zebragestreiften Eindecker über die Serengeti, um den Tierbestand zu zählen; und Michaels tödlicher Absturz.

Die zweiten 90 Minuten des Films sind von anderer Dramatik, packender und berührender im Wechselspiel. Zunächst ist es der Jubel über den Oscar (1959) für seinen Serengeti-Film, dann Ohrfeigen und Küsse im familiären Bereich. Die Frauen seines Umfeldes kommen ins Spiel. Eingeweihte wissen, der Tierfreund ist ein Schürzenjäger – zwei uneheliche Kinder. Seine Frau (beeindruckend dargestellt von Barbara Auer) gibt ihm die Schuld am Tod des Sohnes: „Es geht immer nur um dich.“ Nach 43 Jahren Ehe die Scheidung. Er heiratet die Witwe (Katharina Schüttler) des Sohnes („Geh’ nach Hause, alter Mann, besorg’s deiner Schwiegertochter.“) Und kennt nur noch seine Mission: Tier- und Naturschutz. Beim Fernsehen setzt er einen Bericht über das Häuten lebender Robben durch, klettert nachts über Zäune, um das Elend in Legehennenbatterien zu dokumentieren, Tschernobyl schockiert. Grzimek stirbt am 13. März 1987 an Herzversagen bei Filmaufnahmen in einem Frankfurter Zirkus.

„Für mich war Grzimek der erste Grüne der Republik“, sagt Nico Hofmann, Vorsitzender von UFA Fiction, die den Film für ARD Degeto produzierte. Gedreht wurde in (zu knappen) drei Monaten in Frankfurt, Berlin und aus Sicherheitsgründen in Südafrika statt in der zu Tansania gehörenden Serengeti. Regie führte wie bei „Die Spiegel-Affäre“ der bewährte Roland Suso Richter.

Den meisten Zuschauern, vor allen den jüngeren, wird die oft gezeigte treffliche Parodie von Loriot mit der Steinlaus in Erinnerung sein. Hier sehen sie in Ulrich Tukur – für des Fernsehprofessors Stirnfalten sorgten gute Maskenbildner – nicht einen lamentierenden Spendensammler, sondern einen kaum von Selbstzweifeln gebremsten, besessenen Visionär. War der legendäre Tierfreund und Fernsehstar – bis 70 Prozent Einschaltquote in den besten Jahren – für viele durch und durch ein Gutmensch – hier wachsen Zweifel. Insgesamt 180 Minuten, die das Anschauen lohnen. Im unmittelbaren Anschluss (23.45 Uhr) bietet eine bis in die Vorkriegs- und NS-Zeit zurück ­forschende Dokumentation Vergleiche zum fiktionalen Film. Karlheinz Mose


S. 12 Leserforum

Leserforum

Teile und herrsche

Zu: Von nichts gewusst? (Nr. 11)

Wir Menschen schaffen uns derzeit selbst ab, sagt Eva Herman. Wir sind zumindest auf dem Wege dorthin. Es geht dabei nicht um das Lebewesen Mensch, sondern um den Menschen als eigenständige Individualität, um das, was den Menschen eigentlich zum Menschen macht. Solche Menschen können natürlich auch unbequeme Untertanen werden. Das ist nicht erst heute so. Dem zu begegnen, arbeiteten die alten Römer mit einem Trick: teile und herrsche.

Heute müsste man sagen: Schaffe Verunsicherung, schaffe Gegensätze in der Gesellschaft und herrsche. Ein Beispiel dafür ist heute das hirnrissige Gender-Gehabe, dass Frauen und Männer gegeneinander aufbringt und sehr viel Verunsicherung dadurch stiftet, dass es biologische Geschlechtsunterschiede einfach nicht wahrhaben will.

Zur Gesundung unserer Gesellschaft brauchen wir als Zielvorstellung ein Menschenbild, das ein harmonisches Miteinander, gegenseitiges Vertrauen und Rück­sichtnahme anstrebt. An solchen Zielen sollte man die Aktivitäten der Regierenden in der Zukunft messen.

Martin Knappke, Karlsruhe

 

 

Eine Ergänzung

Zu: Heimat gestrichen (Nr. 10)

Der Artikel sollte um einen wichtigen Gesichtspunkt ergänzt werden, auf den die „Sudetendeutsche Zeitung“ in ihrer umfangreichen Berichterstattung nebenbei hinweist: „Überdies gab es Signale von Seiten der Finanzbehörden, dass der Buchstabe c) (Heimatrecht) die regelmäßig zu beantragende Gemeinnützigkeit der Landsmannschaft (LM) gefährden könnte. Was die LM betreffe, seien lediglich Völkerverständigung und Betreuung von Vertriebenen und Flüchtlingen ge­meinnützig.“

Hans Ulrich Thiele, Bielefeld

 

 

Ethisch weit weg

Zu: Mieses Spiel (Nr. 6)

Für mich als evangelische Christin ist es immer wieder erschütternd zu erfahren, wie weit sich ehemalige Pastoren von Wahrheit und Ethik entfernen können. Da behauptet der eine, die Deutschen haben „Weltkriege vom Zaun gebrochen“. Ein anderer möchte weitere Steuergelder beziehungsweise Spenden für Asylbewerber, damit diese Prostituierte besuchen können. Inzwischen ist für mich fast alles denkbar, einzige Voraussetzung für solche Privilegien: Man ist nicht Bio-Deutscher.

Renate von Holdt, Garbsen

 

 

Alte Prophezeiung

Zu: Von nichts gewusst? (Nr. 11)

Dieser Beitrag in der PAZ von Eva Herman endet mit der Feststellung: „Wichtige Lebensbelange wie unsere Werte, Moral, Tradition und Kultur sind ausgehebelt und in die Bedeutungslosigkeit gelenkt worden. Es ist nur ein Teilausschnitt des globalen Dramas, welches sich derzeit abspielt. Mahner und Warner werden regelmäßig abgestraft. Doch müssen diese Gedanken immer wieder einfließen, damit später niemand sagen kann, er habe von nichts gewusst.“

Dem kann man nur den Ausspruch des römischen Philosophen Lucius Annaeus Seneca (zirka 4 v. Chr. bis 65 n. Chr.) hinzufügen. In seinen Naturbetrachtungen schrieb er: „Die Zeit wird kommen, wo unsere Nachkommen sich wundern, dass wir so offenbare Dinge nicht gewusst haben.“

Rolf W. Krause, Velbert

 

 

Frühe Erfindung

Zu: Völlig normal? (Nr. 11)

Es ist leicht gesagt, aber kann man „die Täterschaft“ an der „Politik der verbrannten Erde“ wirklich „zweifelsfrei“ den „Nazis“ anlasten? Nein! Dies widerlegt rasch ein Blick in die Geschichte. Schon die Kelten in Gallien nutzten diese Art Politik und verbrannten ihre Ernten auf den Feldern, um als Verteidigungsmaßnahme römische Legionäre auszuhungern.

Systematisch wurde die „Politik der verbrannten Erde“ vom französischen Sonnenkönig Ludwig XIV. befohlen und von General Ezéchiel de Mélac im Pfälzischen Erbfolgekrieg oder Neunjährigen Krieg von 1688 bis 1697 brutal exekutiert. Dieser Eroberungskrieg begann mit der Eroberung der Festung Philippsburg am 30. Oktober 1688. Zahlreiche Städte, Dörfer, Burgen und Schlösser der Kurpfalz, des Erzbistums Trier und der Markgrafschaft Baden sanken in Schutt und Asche. Städte wie Speyer, Mannheim, Heidelberg, Worms, Mainz, Oppenheim und Alzey wurden niedergebrannt. Auch die Burgen, die den Dreißigjährigen Krieg heil überstanden hatten, darunter Lahneck, Stolzenfels, die Reichsburg Cochem, die Dahner Burgengruppe, die Landskrone in Oppenheim und das Hambacher Schloss, wurden zerstört. Der 17. September 1689 gilt als „Hunsrücker Zerstörungs- und Jammertag“. An diesem Tag wurde die Stadt Kastellaun in Schutt und Asche gelegt.

Auch Bücherverbrennungen sind keine Erfindung der „Nazis“. In Mexiko führte bereits im Jahr 1561 die durch den Dominikanermönch Diego de Landa veranlasste Verbrennung aller auffindbaren Maya-Handschriften zu einer beispiellosen Vernichtung schriftlichen Kulturgutes. Nur vier Maya-Codices sind weltweit erhalten.

Dr. Wolfgang Thüne, Oppenheim

 

 

Den Balken im eigenen Auge erkennen

Zu: Völlig normal? (Nr. 11) und: Scheinheilige Kulturbanausen (Nr. 12)

Zu den Zerstörungen von Kulturgütern durch den Islamischen Staat (IS) ist aus meiner Sicht, der ich ein Freund der alten Kulturen bin, zu sagen, dass dies natürlich barbarisch ist, aber, wie man wissen sollte, dass dieses nicht zum ersten Mal in der Weltgeschichte geschieht. Mangels Platz und Zeit will ich da nicht ins Einzelne gehen. Aber was erlebten wir denn (und erleben wir immer noch) in unserem deutschen Land? Da wurde nach dem verheerenden Bombenkrieg wertvolle Bausub­stanz, die ohne weiteres zu retten gewesen wäre, abgerissen.

Hier in Mainz wurden reihenweise gotische Hausruinen („Das alte Gerümpel muss weg!“) und barocke Paläste plattgemacht. Für eine autogerechte Stadt fiel ein ganzes Stadtviertel, für ein Parkhaus das barocke bischöfliche Palais. Und auch heute gehen diese Zerstörungen weiter, wenn ein wie auch immer gearteter „Investor“ das Blaue vom Himmel verspricht und die Stadtväter sich profilieren möchten.

Ich meine, wir sollten uns um unsere Umgebung kümmern. Wir sind diejenigen, die den Splitter im Auge des anderen sehen und nicht den Balken im eigenen Auge. Abgesehen davon ist es skandalös, wenn man im Westen jammert, dafür aber vom IS angebotene Antiquitäten erwirbt. Con­fusio totalis?

Carl Günter Koch, Bingen

 

 

Taten und Untaten

Zu: Als die Russen kamen – Gegen das Vergessen (Nr. 10)

Dass man heutzutage als Interessierter ohne weiteres an die von Klaus Rainer Röhl erwähnte, zwischen 1956 und 1962 erschienene „Dokumentation der Vertreibung der der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa“ herankommt, wage ich zu bezweifeln. Ein Bundesvertriebenenministerium gibt es schon lange nicht mehr. Allerdings bin ich noch im Besitz von entsprechenden Dokumenten aus den Bundesarchiven mit eidesstattlichen Versicherungen seitens Augen/Zeitzeugen, die die von Röhl aufgezeigten Gräueltaten der Roten Armee ebenfalls bezeugen.

Es gehört schon eine gehörige Portion Mut dazu, in dieser Zeit der „Political Correctness“ solche Untaten der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges in Erinnerung zu rufen. Im Krieg wurden auf beiden Seiten der Kontrahenten Kriegsverbrechen begangen. Zum Verhalten der Deutschen Wehrmacht ist grundsätzlich festzustellen: Zeigt mir den deutschen Soldaten, der solche Untaten, wie von Röhl auch geschildert, gemacht haben soll.

Grundsätzlich galt für die Wehrmacht die Regel, dass Fahnenflucht, Plündern und Vergewaltigen mit Erschießen geahndet wurde. Letzteres war in der Wehrmacht die absolute Ausnahme.

Und das Verhalten der Roten Armee? Die Ostpreußen mussten es aushalten. Die im Nachhinein von unserem Volkspädagogen Nr. 1, dem TV-Historiker Guido Knopp, aufgestellte Behauptung, die Rote Armee habe sich gegen­über der deutschen Zivilbevölkerung so verhalten, wie solches vorab von der Wehrmacht gegenüber der russischen Zivilbevölkerung praktiziert worden ist, widerspricht jeglicher historischer Wahrheit. Beteiligte Wehrmachtsangehörige bestätigen immer wieder, dass hier hart durchgegriffen worden ist. Dabei soll das Wüten von SD (Sicherheitsdienst) und Einsatzgruppen SS im Osten nicht unter den Teppich gekehrt werden. Diese Kriegsverbrechen gehen aber nicht auf das Konto der Wehrmacht.

Ich zitiere abschließend den früheren US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Patrick Buchanan: „Die Welt weiß alles, was die Deutschen getan haben – die Welt weiß nichts von dem, was den Deutschen angetan wurde.“

Bernd Dauskardt, Hollenstedt

 

 

Es wird gezündelt

Zu: Kosovo: Flüchtlinge fliehen vor Nato-Uran-Gift (Nr. 9)

Die Tatsachen, die von Eva Herman in ihrem Artikel aufgedeckt werden, sind so entsetzlich, dass man sie kaum noch begreifen kann. Nachdem ich das gelesen hatte, konnte ich den ganzen Tag an nichts anderes denken. Und die Leute, die sich das ausgedacht haben, wurden nie als Kriegsverbrecher gebrandmarkt?

Allein schon der letzte Satz lässt einen schaudern. Und diese Leute maßen sich an, anderen Völkern Demokratie beizubringen! Und das ist noch nicht alles, es kommt noch schlimmer. Unter unserem damaligen Außenminister Joschka Fischer von den friedliebenden Grünen stimmte Deutschland der Bombardierung unter ich weiß nicht welchem fadenscheinigen Grunde zu.

Und das Zündeln im Namen des Friedens und der Demokratie ging danach weiter: Ganz Nordafrika wurde in Brand gesetzt. Dann die Ukraine. Immer wurden Schuldige gefunden. In der Ukraine soll es der böse Putin gewesen sein. Wann kommt Deutschland an die Reihe? Ansätze gibt es schon.

Ilse Conrad-Kowalski, Lübeck

 

 

Machtlos gegen Zuwanderer

Zu: Asyl: Athen droht der EU (Nr. 9)

Das Freiburger-Forum gegen Ausgrenzung setzt sich seit 2010 dafür ein, gegen Sammelabschiebungen in Baden-Württemberg vorzugehen. Um die Politik unter Druck zu setzen, wurden in Freiburg 7000 Unterschriften gesammelt. Man gewinnt den Eindruck, dass diese Leute nicht wissen, welchen Rattenfängern sie eigentlich aufgesessen sind.

Aktuell geht es vor allem um eine Frau, welche der Volksgruppe Sinti und Roma angehört. Um es im normalen Deutsch zu sagen: Sie ist eine Zigeunerin und Mutter von sechs Kindern. Aus humanitären Gründen verlangt man, diese Frau und ihre sechs Kinder sollten zurück nach Deutschland kommen. Diese Zigeunerin wird hier wohl nie eine Arbeit aufnehmen, kostet dem Steuerzahler dafür aber zirka 40000 Euro im Jahr.

Ich habe Anatolien und das Kosovo bereist. Meine Erziehung verbietet es mir, hier Tacheles zu reden beziehungsweise zu schreiben. Aber es handelt sich hier vielfach um bildungsferne, kriminelle und arbeitsscheue Menschen. Anders kann man viele Sinti und Roma und Kosovo-Albaner nicht beschreiben. Wir haben in Deutschland 300000 Obdachlose und eine große Altersarmut. Die Muslime sind aktuell das größte Problem. Am 6. März konnte man im SWR 4 erfahren, was derzeit hier abgeht:

In einer Grundschule in Neu-Ulm beschimpfte und bedrohte man jüdische und deutsche Schüler, also Juden und Christen, mit den größten Gemeinheiten. Muslemische Schüler gehen gegen jüdische und deutsche Kinder vor und beleidigen diese in übelster Weise. Brutstätte dieser Unverschämtheiten sind die Hassprediger in den Moscheen. Die dafür Verantwortlichen wie auch die Eltern sind machtlos und haben Angst, gegen diese Machenschaften vorzugehen.

In Dresden wird von Flüchtlingen ein Protestcamp gebaut, und man droht mit Hungerstreik. Es kam dabei zu Auseinandersetzungen mit Bürgern der Stadt, und es sah danach aus wie in den Herkunftsländern. Überall liegen Schmutz und herrenlose Ruck­säcke herum. Wann greift der Staat endlich durch und schafft Tatsachen? Diese Flüchtlinge gehören interniert und danach abgeschoben. Der größte Fehler der Politiker ist, dass sie über Pegida erbost sind. Dabei ist doch gerade die Politik an dieser ganzen Misere schuld. Fakt ist auch: Nicht die Muslime haben die Schleusen für Zuwanderer geöffnet, sondern die Politik in Deutschland in einem Anfall von Toleranz.

Der überwiegende Teil der Muslime kann nicht einmal die deutsche Sprache, obwohl diese in diesem Land geboren sind. Nicht einmal Grundkenntnisse von rund 40 Wörtern waren möglich, um sich rudimentär in Deutsch zu verständigen. Allein dieser Versuch hat den deutschen Steuerzahler 1,5 Milliarden Euro gekostet. Naja, einen Versuch war es wert, auch wenn der Erfolg gleich Null war. Man stelle sich vor, den Muslimen würde man 500 Worte beibringen, unmöglich, dies würde den deutschen Staatshaushalt wohl sprengen.

Das ganze dumme Gerede um Integration ist eine reine Farce, allerdings vor dem Hintergrund mafiöser Verhältnisse und einer regelrechten Industrie. Heerscharen von Anwälten, Sozialarbeitern sowie weitere Helfer und Helfershelfer sichern sich damit ein ordentliches Gehalt, vor allem in den obersten Reihen der Politik wie mit dem Amt für Migration und in irgendwelchen Ablegern wie Pro-Asyl.

Gegenwärtig ist die Integrationsmaschine gut geschmiert und wird am Laufen gehalten, um ja nicht seinen eigenen Broterwerb in Gefahr zu bringen. Die Verbreitung des Islam in Deutschland geht derart schnell voran, weil die Politik und Teile der Bevölkerung schon aufgegeben haben. Der schleichenden Islamisierung haben wir nichts mehr entgegenzusetzen. Man hat sich eigentlich dem Islam schon ergeben, und man sollte langsam die weiße Fahne auf den öffentlichen Gebäuden hissen.

Die westliche Wertegemeinschaft wird sich am Islam die Zähne ausbeißen. Des Weiteren kann der Islam nicht teilen, also als Glaubensgemeinschaft friedlich neben anderen existieren. Er wird sich diesen Staat zur Beute machen. Und dieses dank der Politik und verblendeter „Gutmenschen“. Tatsache ist, dass in der gegenwärtigen Situation jede Moschee eine zuviel ist und jeder radikale Muslim auch. Überall dort, wo der Islam die Oberhand gewinnt, wird es über kurz oder lang finster werden.

Muslimischer Migrant, nicht wir sind zu dir gekommen, sondern du zu uns nach Deutschland! Wenn ihr hier bleiben wollt, dann tretet bescheiden auf und ordnet euch unter. Da ja offensichtlich keiner gehen will, kommt man zu der Erkenntniss, dass es euch bei uns gefällt. Wir, die Deutschen, wollen von eurem Islam aber in Ruhe gelassen werden. Bete in deinen vier Wänden. Wir wollen von dem aufdringlichen Islam-Glauben nicht viel wissen. Mir und Millionen deutscher Bürger kommen Islam-Migranten und Kosovo-Albaner wie Vampire vor, welche den Staat Deutschland aussaugen wollen.

Ein Kosovo-Albaner im Alter von 24 Jahren, welcher einigermaßen Deutsch sprach, sagte mir: Ihr Deutschen seid blöde und gutgläubig. Dies hat sich in Osteuropa und Afrika herumgesprochen. Damit die Kosovo-Albaner Deutschland wieder verlassen, erhalten diese von den Behörden 330 Euro. Sie gehen nach Serbien zurück und kommen nach einigen Wochen wieder. Natürlich in eine andere Stadt. Damit sie wieder das Land verlassen, erhalten sie erneut 330 Euro.

Sie alle kommen nur hierher, um ordentlich Sozialgelder abzusahnen und die Dummheit der Deutschen auszunutzen. Teile der deutschen Bevölkerung wissen es, nur die Politik wird es wohl nie begreifen. Armes Deutschland. Wir benötigen in Deutschland keine Organisation wie Pro-Asyl, nein wir benötigen Kontra-Asyl, damit dieser Wahnsinn endlich beendet wird.

Wolfgang Rohde, Sigmaringen


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Große Pläne für die Litauer Wallstraße
Gebäude der Königsberger Befestigungsanlagen sollen »Zentrum der Handwerksmeister« werden

Was soll mit den Gebäuden am Litauer Wall geschehen? Diese Frage wird in Königsberg seit Jahren diskutiert. Die bevorstehenden Spiele der Fußballweltmeisterschaft 2018, die in der Pregelmetropole ausgetragen werden sollen, bringen Bewegung in manch festgefahrene Diskussion. Die Häuser an der Litauer Wallstraße sollen ein „Handwerkszentrum“ werden.

In Königsberg wird viel über die Notwendigkeit dis-kutiert, historische Orte der Stadt zu erhalten. Zum großen Teil scheitert die Realisierung manch guter Ideen an der Undurchführbarkeit der vorgestellten Projekte.

Bei einem neuen Vorstoß geht es um die Rekonstruktion und eine neue Nutzung der Gebäude der historischen Befestigungsanlage Königsbergs entlang der Litauer Wallstraße. Die Stadtverwaltung will „Rosimuschtschestwo“, die staatliche Behörde für die Verwaltung von Staatseigentum bitten, ihr das Territorium entlang der Litauer Wallstraße zu übertragen. Es ist geplant, dort den sogenannten „grünen Gürtel“ des Gartenbaudirektors Ernst Schneider wiederzuerrichten, der aus Posen einem Ruf nach Königsberg gefolgt war, um dort eine großzügige Planung der städtischen Grünanlagen zur Durchführung zu bringen. In den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts gelang es Schneider, die kilometerlangen Wallanlagen zu Grünanlagen umzuwandeln, mit den vielen Wassergräben das Landschaftsbild zu beleben. Er schuf einen Grüngürtel, der einige grüne Inseln innerhalb der Grenzen der Königsberger Befestigungsanlagen und auch darüber hinaus in Landschaftsanlagen verwandelte.

Nach den Worten von Bürgermeister Alexander Jaroschuk ist ein Grünstreifen geplant, der sich vom Roßgärter Tor [Wassiljewskij-Platz] bis zum Königstor er-

streckt, der die Bastion Oberteich und andere Befestigungsanlagen an der Litauer Wallstraße mit einschließen soll. Gleichzeitig wird über den Bau eines sogenannten touristischen Handwerkszentrums „Stadt der Meister“ diskutiert sowie über die Wiederherstellung des jüdischen Friedhofs zwischen der Litauer Wallstraße und der Labiauer Straße [Gaga-rinstraße]. Dieser Bereich könnte eine Fußgängerzone werden, und in den Festungsgebäuden gäbe es Platz für kreative Aktivitäten. Auf diese Weise wäre dann auch das historische Antlitz dieses Teils der Stadt wieder hergestellt. Zurzeit befinden sich viele Gebäude am Litauer Wall im Besitz von Rosimuschtschestwo und werden an Organisationen vermietet, die dort verschiedene kommerzielle Einrichtungen betreiben. Laut Jaroschuk gibt es schon eine Vereinbarung mit Rosimuschtschestwo darüber, dass Mietern, die sich nicht an dem neuen Freizeitkonzept beteiligen, gekündigt werden soll.

Es sei daran erinnert, dass im Jahr 2011 die Frage nach dem Bau eines McDonalds-Restaurants an der Kreuzung Cranzer Allee [Newskij Allee] aufkam. Die Mehrheit der Teilnehmer der öffentlichen Anhörung sprach sich dagegen aus. Damals erklärte Jaroschuk, er werde es nicht zulassen, dass an dieser Stelle ein Gastronomiegebäude gebaut wird.

Die Idee, ein sogenanntes Handwerksdorf und ein Erholungsgebiet an der Litauer Wallstraße zu errichten kursiert schon seit einigen Jahren. Die ehrgeizigsten Pläne für die Entwicklung des Gebiets sind mit dem Projekt „Herz der Stadt“ vergleichbar. Diesen Plänen zufolge sollen entlang der Litauer Wallstraße malerische Gassen entstehen, die restaurierten Befestigungsanlagen für Besucher zugänglich sein, Cafés, Restaurants, Kunstgalerien und Ausstellungszentren sollen das Ganze abschließen. Es ist offensichtlich, dass für ein Projekt dieser Größenordnung eine Reihe von Herausforderungen bewältigt werden muss, vor allem die Erreichbarkeit, die Verkehrsanbindung, sichere Fußgängerüberwege und neue Asphaltierungen sind vonnöten.

Eines der Konzepte sieht drastische Veränderungen vor: Die Litauer Wallstraße soll sich mit anderen Straßen der Stadt zu einer großen Verkehrsader entwickeln.

Zu diesem Zweck müsste die Kreuzung der Straße des 9. April und der Cranzer Allee [Alexander Newskij Straße] zu einem Kreis um das Königstor ausgebaut werden, der eine Verbindung mit der Labiauer Straße [Gagarinstraße] und der Litauer Wallstraße ermöglicht, und so auf eine Ampelregelung verzichtet werden kann. Eine weitere Option ist die Schaffung von Fußgängertunneln unter der Litauischen Wallstraße. Das würde den rekonstruierten Grüngürtel und die Universität mit dem Stadtzentrum verbinden. Würde man statt dessen den Erdwall abtragen, würde dies den Park und die Litauische Wallstraße optisch miteinander verbinden. Anstelle der Erdwälle könnte man Fußgängeralleen mit einem Radweg anlegen.

Jaroschuk rechnet damit, dass das Projekt in dieser oder einer anderen Form bis zum Beginn der Fußballweltmeisterschaft 2018 umgesetzt sein wird.

Jurij Tschernyschew


Dach-Erneuerung
Frauenburger Kathedrale wird renoviert

Das polnische Ministerium für Kultur und das Nationale Erbe hat umgerechnet 195000 Euro für die Teilrenovierung des Daches der Kathedrale in Frauenburg bewilligt. Wie der Probst der Frauenburger Erzkathedrale, Pfarrer Jacek Wojtkowski, mitteilte, wird mit diesen Mitteln das Dach über dem Presbyterium und über den Sakristeien renoviert. Das sind die wichtigsten Arbeiten, denn die Ausbesserungen dieses Teiles des Daches liegen 30 Jahre zurück. Die in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gebaute erzkathedrale Basilika, geweiht der Himmelfahrt der allerheiligsten Mutter Maria und dem heiligen Andreas, ist das wichtigste Gotteshaus des Ermlandes. Seit 1994 ist es als Denkmal der Geschichte anerkannt. In dieser Kirche sind Nikolaus Copernicus und viele ermländische Bischöfe, besonders der Onkel von Copernicus, Lukas Watzenrode, beerdigt. In der Frauenburger Kathedrale befinden sich teure und historische sowie kunstvolle Altäre und Bilder. Nach Meinung von Pfarrer Wojtkowski sind für die weitere Renovierung des Daches, der Fassade und aller Ziegelwände der Kathedrale noch 12 Millionen Euro erforderlich. „Wir werden uns um Geld bemühen und fertigen viele Unterlagen an“, erklärte der Probst der Kathedrale und unterstrich, dass zu den notwendigen Arbeiten auf dem Domhügel nach Expertenauffassung auch die Erneuerung der Kanalisation und die Trockenlegung des Hügels gehören. Die Feuchtigkeit ist ein Feind des Gotteshauses und der auf den Hügeln stehenden Mauern. PAZ


»Nowostrojka« als Testlauf
Bürger dürfen nach neuem Gesetz über Ortsnamen mitentscheiden

Erstmals seit über einem halben Jahrhundert ist im Königsberger Gebiet ein Ort offiziell umbenannt worden. Das deutsche Grünwaitschen beziehungsweise seit 1938 Grünweiden im Gebiet Gumbinnen war 1946 von den Sowjets als Siedlung Nowostrojewka registriert worden und führt seit wenigen Tagen den Namen Nowostrojka.

Beantragt wurde die Umbenennung von den Dorfbewohnern selbst, um einen Fehler ihrer Verwaltung abzustellen: Diese hatte nämlich seit etlichen Jahren beide Namensformen parallel verwendet, wobei von den jetzigen Dorfeinwohnern eine deutliche Mehrheit von 119 für Nowostrojka und nur eine Minderheit von 30 das amtlich korrekte Nowostrojewka registriert waren.

Die Umbenennung erfolgte formal nach dem neuen Königsberger Gebietsgesetz über die Änderung geographischer Namen, das erst vor kurzem verabschiedet wurde. Bei der hierin für die Umbenennung erforderlichen Volksabstimmung fand sich eine deutliche Mehrheit für den „neuen“ Ortsnamen.

Nachdem anschließend auch das Königsberger Gebietsparlament die Umbenennung befürwortet hatte, unterschrieb jetzt der russische Premierminister Dmitrij Medwedjew das entsprechende Dokument, welches eine Änderung des Eintrages in den amtlichen Katastern abschließend regelt.

Das Königsberger Umbenennungsgesetz war von seinen Initiatoren de facto als erster Schritt für die Wiederherstellung der alten deutschen Ortsnamen im russischen Teil Ostpreußens gedacht.

Es bestehen sowohl im Kreml als auch in Königsberg selbst Planungen, der Stadt und den meisten Orten des Gebietes im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten zum 300. Geburtstag des Königsberger Philosophen Immanuel Kant im Jahre 2024 ihre alten Namen zurückzugeben.

Die jetzige Umbenennung bildet dabei einen politisch unproblematischen Testlauf für die Anwendung dieses Gesetzes, das in seiner Grundzielrichtung von manchen als heikel eingeschätzt wird. Thomas W. Wyrwoll


MELDUNGEN

Krankenhaus wird erweitert

Ortelsburg – Die Beamten der Kreisverwaltung Ortelsburg haben das Konzep für den Ausbau des dortigen Krankenhauses vorgelegt. Wenn der Kreistag zustimmt, wird im nächsten Jahr Baubeginn sein. Wie Landrat Jaroslaw Matlach erkärte, wird eine effektive Erweiterung der Nutzfläche entstehen. Die Planer werden viel Arbeit haben, weil das Gebäude des Krankenhauses unter Denkmalschutz steht. Das Haus wurde 1908 gebaut. Zur Zeit sind in dem Gebäude fünf Abteilungen mit insgesamt 152 Betten untergebracht. PAZ

 

Als Partner weiter wichtig

Königsberg – Wie die Königsberger Zollbehörde in ihrem Jahresbericht 2014 mitteilte, blieb die Bundesrepublik Deutschland auch im Vorjahr wichtigster Außenwirtschaftspartner des Königsberger Gebietes, gefolgt von China und Südkorea. Die unmittelbaren Nachbarn Polen und Litauen, die sich die wirtschaftliche Durchdringung des Gebietes immer wieder zum Ziel gesetzt hatten, folgten mit deutlichem Abstand. T.W.W.

 

Autark in zwei Jahren

Königsberg – In zwei Jahren will Gouverneur Nikolaj Zukanow die Lebensmittelautarkie des Königsberger Gebietes erreicht haben. Ostpreußen werde sich dann ohne Importe von Lebensmitteln aus der EU oder dem russischen Mutterland ernähren können. Diesen reichlich optimistischen Ausblick gab er dem Präsidialgesandten für Nordwestrussland, Wladimir Bulawin, während dessen Arbeitsbesuchs in Königsberg. T.W.W.

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. 7: Liebemühl [Miłomłyn] – Osterode [Ostróda], Baustelle. Straße Nr. 16: Stanowo – Bergfriede (Samborowo), Bäumenfällarbeiten; Sensburg [Mragowo] – Nikolaiken [Mikołajki], Baustelle; Tuchlinnen [Tuchlin], Baustelle; Arys [Orzysz] – Lyck [Ełk], Renovierung der Fußgängerzonen. Straße Nr. 16c: Reushhagen [Ruszajny] – Bischofsburg [Biskupiec], Baustelle. Straße Nr. 51: Staatsgrenze – Bartenstein [Bartoszyce], Baustelle; Heilsberg (Lidzbark Warminski), Reparatur der Kanalisation; Heilsberg [Lidzbark Warminski], Olsztynskastraße, Baustelle. Straße Nr. 54: Verkehrsknoten Braunsberg Süd [Braniewo], Baustelle. Straße Nr. 59: Rhein [Ryn], Baustelle; Farienen [Faryny] – Friedrichshof [Rozogi], Baustelle. Straße Nr. 63: Biestern [Bystry] – Eisermühl [Staswiny], Baustelle. PAZ


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

es ist nicht so ganz einfach, wenn man 99 Jahre alt geworden ist und eigentlich jedem Gratulanten für die herzlichen und ehrlichen Glückwünsche danken möchte – aber eben „eigentlich“, denn die Realität sieht anders aus. Zum einen haben die Beiträge für die Ostpreußische Familie Vorrang, mit denen ja wöchentlich eine Seite gefüllt werden muss und die keinen Aufschub vertragen – zum andern wächst der Glückwunschberg noch immer, und es sind nicht nur Karten, Briefe und Mails, die ihn wachsen lassen, sondern auch die liebevoll ausgesuchten Beigaben, die zumeist ein Stückchen bewahrte Heimat sind. Wie die alten Lyrikbände der Dichter von Adelbert von Chamisso und August von Platen-Hallermünde, die noch den Stempel „Stadtbibliothek Königsberg i.Pr./Oeffentl. Lesehalle Königsberg i. Pr.“ tragen, die Herr Bruno Mischke vor einigen Jahren in einem Antiquariat in Allenstein entdeckt und erworben hatte. Bei ihm muss ich mich doppelt bedanken, denn er gehört zu unseren immer hilfsbereiten Lesern. Er hat nicht wenige Anfragen und Wünsche direkt beantworten oder erfüllen können, auch mit Dokumentationen. Und spürbare Heimat ist das Bernsteinstück für mich, das mir Frau Helga Henschke übersandte, denn es wurde in meinem Kinder- und Jugendparadies gefunden, am Seestrand von Rossitten. Für Frau Henschke waren ihre vielen jährlichen Fahrten mit Hilfsgütern immer so etwas wie eine Heimkehr auf Zeit. „Mit Tränen fuhr ich stets wieder fort, und in meinen Träumen ich daheim“, schreibt sie, der nun auch nur noch „einige Schrittchen bis zum 90. fehlen“.

Ein guter Wegbereiter für Reisen in die Heimat ist Bernd Dauskardt, denn er ist immer für Geheimtipps gut. Er findet sie abseits der großen Wege, wo die Vergangenheit noch im Dornröschenschlaf zu liegen scheint. Aber manchmal ist die Dornenhecke schon gelichtet und siehe da: Ein altes Haus wird wieder jung und zeigt sich lebenswert. So das von Bernd Dauskardt entdeckte Anwesen mitten in der Einsamkeit der Rominter Heide, diesem Waldgebiet, „in dem man die Seele baumeln lassen kann“, wie er meint, weil er manchmal auf seinen tagelangen Wanderungen keinem Menschen begegnet. Es ist die ehemalige Oberförsterei Warnen, die während des Krieges die Ortsbezeichnung Barckhausen erhielt, nach dem 1939 in Polen gefallenen Forstmeister Dr. Barckhausen. Das gut erhaltene und stilvoll restaurierte Forstamt liegt am Nordrand der Rominter Heide. Es wird als ländlicher Betrieb bewirtschaftet von der aus der Ukraine stammenden Familie Sajez, die das geräumige Haus als Pension für Feriengäste eingerichtet hat, die Erholung fernab von jedem Touristentrubel suchen. Aber erlebnisreich kann der Aufenthalt auch hier im Einklang mit der Natur werden, und wer noch keine Erfahrungen hat, bekommt Unterstützung von den Gastgebern. Zum vielfältigen Angebot gehören Exkursionen und naturkundliche Wanderungen, Radtouren und Kanufahrten, auch eine Kutsche kann besorgt werden. Die Zimmer sind rustikal eingerichtet, die Aufenthaltsräume bieten dem deutschen Gast Vertrautes mit den Bildern aus alter Zeit, als Rominten kaiserliches Jagdrevier war, und mit den Geweihen an den Wänden. Und rustikal ist auch die Verpflegung: Gekocht wird nach den Rezepten der ukrainischen Küche – unserer alten, ostpreußischen nicht unähnlich, meint Bernd Dauskardt –, die Zutaten liefert der eigene Hof. Unschlagbar ist nach seinem Begriff der Borschtsch, der in einer großen Suppenschüssel auf den Tisch kommt, dazu selbstgebackenes Brot und Schmand, und hinterher ein kräftiger Trunk. Nach einer langen Wanderung oder einer Tagesradtour hat man schon Hunger. Übrigens: Es wird auch deutsch gesprochen, und deutsches Fernsehen gibt es auch für diejenigen, die mit der Welt verbunden bleiben wollen. Und was jedem alten Ostpreußen gefallen wird, das sind die Storchennester auf dem Dach. Ach ja, Storch! Da hatte uns Herr Dauskardt von der Freundschaft zwischen einer Gans und einem domestizierten Storch im Memelland berichtet, und wir hatten die hübsche Geschichte mit einem Foto von dem seltsamen Freundespaar in Folge gebracht. Jetzt ist die Gans allein, denn der Storch wurde von einem Auto überfahren. (Für Interessenten Sergei Sajez, Mobiltelefon +7921-2600197, E-Mail: szaec@narod.ru)

Wie schnell unsere Leserinnen und Leser reagieren, wenn sie sich von einem Thema angesprochen fühlen, haben sie erneut bewiesen. Kaum hatten wir das Anliegen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) in Nummer 9 veröffentlicht, erfolgten schon die ersten Zuschriften und Anrufe. Es handelt sich um eine vom VDK geplante Gedenkveranstaltung im dänischen Esbjerg, einem der Internierungsorte für Flüchtlinge und Angehörige der Wehrmacht, in denen von 1945 bis 1948 Zehntausende von Heimatlosen hinter Stacheldraht leben mussten. Die Gedenkfeier wird am 8. August um 11 Uhr auf dem Friedhof von Esbjerg unter Mitwirkung von ehemaligen Lagerinsassen stattfinden. Für die Gestaltung sind ihre Aussagen als Zeitzeugen sehr wichtig, und deshalb bat uns der Leiter des Referats Gedenkarbeit beim VDK, Herr Hauke Hofmeier, um die Veröffentlichung seiner Aufforderung, sich bei ihm zu melden, wenn sich ehemalige in einem dänischen Lager Internierte angesprochen fühlen. Schon kurz darauf konnte mir Herr Homeier mitteilen, dass sich die ersten Zeitzeugen bei ihm gemeldet und auch schon Material geschickt hätten. Sein Dank war herzlich, und ich reiche ihn gerne an die Leserinnen und Leser weiter, die so schnell reagiert haben. Falls jemand die Anlaufstelle beim VDK, die Abteilung Gedenkkultur und Bildungsarbeit, telefonisch nicht erreicht hat, kann es an der angegebenen Telefonnummer liegen, die zwar auch zum Haus gehört, aber nicht immer besetzt ist. Deshalb bittet Herr Homeier uns, noch einmal die Adresse mit der Telefonnummer zu bringen, unter der er als Leiter des Referats Gedenkarbeit, Abteilung Gedenkkultur und Bildungsarbeit, erreichbar ist. Hier ist sie: VDK Bundesgeschäftsstelle, Werner-Hilpert-Straße 2 in 34112 Kassel, Telefon (0561) 7009-140.

Einer ersten Mail ließ sie nun eine weitere folgen, die russische Wissenschaftlerin Victoria Restschikowa vom Bernsteinmuseum im alten Dohnaturm am Königsberger Oberteich. So sehr hat sie sich über die von ihr bis dahin vergeblich gesuchten Fotos von dem letzten Direktor der Staatlichen Bernsteinmanufaktur, Gerhard Rasch, gefreut, die wir ihr übersenden konnten. Sie schreibt nun, dass die Fotos für sie „unschätzbar“ seien und dass sie beide für ihr geplantes Buch verwenden könnte, das sich mit der Geschichte der Manufaktur befasst. Und sendet uns „herzliche Grüße aus Königsberg“.

Bücher zu verschenken! Frau Dorothea Blankenagel aus Duisburg hat einige Ostpreußenbücher abzugeben und wendet sich deshalb an uns, denn bei Interessenten aus unserer Leserschaft sind sie in guten Händen. Es handelt sich um folgende Bücher: „Weih­ nachtsgeschichten aus Ostpreußen“ / „Deutschland Deine Ostpreußen“ von Hans Helmuth Kirst / „Kindheit in Ostpreußen“ von Marion Gräfin Dönhoff / „Von Kaliningrad nach Königsberg“ von J. Iwanow. Das fünfte Buch hat nichts mit unserer Heimat zu tun, wird aber auch seine Leserin oder seinen Leser finden: „Therese Raquin“ von Émile Zola. (Dorothea Blankenagel, Heerstraße 59 in 47053 Duisburg, Telefon 0203/21677.)

Es gibt Augenblicke, in denen man denkt: Das kann doch kein Zufall sein. So wird es jedem ergehen, der sich unerwarteten Ereignissen gegenüber sieht, die mit bestimmen Situationen aus dem eigenen Leben in Verbindung gebracht werden können. So geschehen an einem der vorösterlichen Tage, und in diese führt auch meine jäh geweckte Erinnerung zurück: an den Palmsonntag im Jahre 1932, an dem ich in der Altroßgärter Kirche zu Königsberg eingesegnet wurde. Vor zwei Jahren hatte ich auf unserer Familienseite über meine Konfirmation geschrieben – die für mich vor allem durch einen ganz besonderen Einsegnungsstrauß in Erinnerung blieb –, und nun fand ich sie in dem Buch „Gottes Häuser in Königsberg“ von Heinz D. Rainer Ney, der sie in sein Dokumentarwerk eingefügt hatte. Ich hielt gerade das erste noch druckfrische Exemplar in den Händen, das der Autor mir als Geburtstagsgabe übersandte – da fiel mein Blick zufällig auf die aktuelle Hamburger Tageszeitung, die auf meinem Lesetisch lag und hakte sich an einem Namen fest. Er stand in einer Todesanzeige, und er war mir sehr vertraut, denn es war der Name meiner besten Schulfreundin und Mitkonfirmandin, mit der ich vor nunmehr 83 Jahren vor dem Altar der Altroßgärter Kirche gestanden hatte. Auch sie hat das stattliche Alter von 98 Jahren erreicht – hätten wir uns das damals je zu träumen gewagt? Dass nun die Erinnerung gebündelt und damit noch intensiver wurde, wird wohl jeder verstehen. So wird es sicher auch anderen Königsbergern beim Lesen dieses Buches ergehen, das einen so breit gefächerter Überblick über die Gotteshäuser der Stadt bietet, dass jeder, der sich ihnen verbunden fühlt, aus dem Vollen schöpfen kann. Wir stellen das Buch „Gottes Häuser in Königsberg“ von Heinz R. Rainer Ney in unserem Sonderbeitrag vor.

Eure Ruth Geede


Religiöses Leben in einer toleranten Stadt
Heinz Ney und sein Buch »Gottes Häuser in Königsberg«

Es ist eine versunkene Welt, von der ich berichte, und sie wird so, wie sie war, nicht mehr wiederkehren. Es wäre ein tiefer Schaden, wenn zu ihrem äußeren Verlust nun auch das völlige Vergessen träte!“ Diese Worte des Goldaper Pfarrers Harry Goronzy hat der Potsdamer Autor Heinz D. Rainer Ney als Geleitwort für sein Buch „Gottes Häuser in Königsberg“ gewählt, dessen Erscheinen wir schon mehrmals angekündigt hatten, weil die Ostpreußische Familie von dem Autor während der Erarbeitung auch als Informationsgeber gefragt war. Nun ist es da und überrascht auf 434 reich bebilderten Seiten mit einer Fülle von Wissenswertem über die sakralen Stätten im alten Königsberg und bietet damit auch einen breit gefächerten Überblick über das religiöse Leben in dieser Stadt bis zu ihrem bitteren Ende. Vielleicht war sich der Autor nicht bewusst, welche Arbeit auf ihn zukam, als er vor sieben Jahren beschloss, eine fundierte Übersicht über die Königsberger Gotteshäuser zu erstellen. Die Idee kam dem geborenen Brandenburger im Rahmen einer Ostpreußenreise, auf welcher der evangelische Christ auch die Stätten aufsuchte, die einmal das Leben der gläubigen Königsberger bestimmt hatten.

Herr Ney geht in seiner Einleitung auf diese Initialzündung ein: „Nach einem Besuch der ehrwürdigen Stadt am Pregel und dem interessierten Nachfassen auf elektronischen Seiten habe ich den einen oder anderen Hinweis auf Kirchen, Kapellen und Gottesdiensträume in Königsberg gefunden. Neben den oft mangelhaften Erläuterungen, den fehlenden Hinweisen und Fakten sind mir dabei auch Verwechslungen aufgefallen. Den ersten Gedanken zur Abfassung von Korrekturhinweisen ist dann der Wunsch gefolgt, als Angehöriger der Bekenntnisgeneration selber eine fundierte Übersicht über ,Gottes Häuser in Königsberg‘ zu erstellen. Den vielen zerstörten, entweihten Stätten eine Erinnerung an das vielstimmige Leben Gottes zu geben, auf die dort wirkenden Menschen hinzuweisen und die architektonischen Besonderheiten und Kunstschätze aufzuführen, ist die Aufgabe dieses Buchprojektes.“

In der nun vorliegenden Ausgabe sind alle sakralen Stätten in Königsberg im Weichbild der 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts erfasst, also Kirchen, Kapellen, Synagogen und ständige Versammlungsstätten der Gemeindemitglieder. Es sind 75 ermittelte Standorte, in denen die Gläubigen in dieser toleranten Stadt ihren Hort fanden, der ihnen Geborgenheit, Einkehr, Schutz, Zuflucht, Gespräche mit Gott im stillen Gebet bot. So kommt es, dass man beim Lesen dieser Dokumentation auf Gemeinschaften stößt, deren Namen man nie zuvor gehört hat wie „Kapelle der Irvingianer“ oder „Gnadauer Verband“. Es zeigt, wie eingehend, ja geradezu akribisch sich der Autor mit dem in Ostpreußen weit verzweigten Sektenwesen befasst hat. Diese Fleißarbeit in relativ kurzer Zeit ist zu bewundern, vielleicht kamen Herrn Ney seine beruflichen Erfahrungen zu Gute: Der diplomierte Betriebswirt hat im Projektmanagement gearbeitet und dabei gelernt, interdisziplinär zu denken und zu handeln. Die Bauten sind weitgehend nach der Reihenfolge ihrer Gründung geordnet und bieten einen historischen Überblick bis zur Gegenwart. Durch schriftliche und mündliche Kontakte mit Zeitzeugen der Erlebnisgeneration sind viele Angaben erfasst und ergänzend in die Dokumentation eingefügt worden. Und dazu hat auch unsere Ostpreußische Familie beigetragen, die immer bereit war, die von Herr Ney aufgeworfenen Fragen, mit denen er an uns herantrat, zu beantworten. Die reichlich verwendeten Quellen sind oftmals sinngemäß eingearbeitet und im Verzeichnis aufgeführt.

Hier muss ich nun auf eine monierende Zuschrift eingehen, die wir Anfang des Jahres von einem aufmerksamen Leser erhielten. Ich hatte für die Weihnachtsausgabe aus dem noch unveröffentlichten Buch die Erzählung von der Entstehung des Adventsliedes „Macht hoch die Tür“ gewählt, einige der wenigen literarisch gestalteten Beiträge aus dem jetzt als „Fachbuch“ ausgewiesenen Werk. In meiner langjährigen Tätigkeit für die Ostpreußische Familie waren mir immer wieder verschiedene Versionen von der Entstehung dieses Liedes übermittelt worden, es lagen auch erneute Anfragen danach vor – da war ich froh, dass ich in dem Buch von Heinz Ney eine Erzählung fand, die auf glaubhaften Fakten und Daten beruhte und mit einer Quellenangabe versehen war. Da es sich um keinen wissenschaftlichen, sondern um einen literarischen Beitrag handelte, genügte meiner Ansicht nach das Ney-Buch als Quelle, in dem alle Angaben verzeichnet waren. Das erregte bei einem wissenschaftlich fundierten Leser Aufsehen und er wies auf diese Unterlassung hin, es kam sogar das Wort „Plagiatsverdacht“ ins Spiel, und ich habe es Herrn Ney zu verdanken, dass die Sache dann zwischen ihm und Herrn Prof. H. sachlich besprochen und richtig gestellt wurde. Ich will aber, um allen Irrtümern aus dem Wege zu gehen, hier die Quellenangabe zu der Entstehung des Liedes „Macht hoch die Tür“ von Georg Weissel nachreichen, wie sie jetzt im Buch von Herrn Ney steht: „Margarete Gaas (Quelle: Zusammengefasst nach einer Erzählung von Werner Krause aus der Großdruckreihe Weg und Ziel. Es kommt der Herr der Herrlichkeit“, St. Johannis –Druckerei, Lahr, www.ev-kirche-plieningen-hohenheim.de/340.html)“.

Aus dieser kleinen Episode allein wird bereits ersichtlich, welch eine Recherchearbeit der Autor bei der Erarbeitung geleistet hat, und schon beim Durchblättern des über 400 Seiten starken Buches wird das ersichtlich. Heinz Ney versucht, allen Wortballast zu vermeiden, damit er umso informativer auf die Gotteshäuser, ihre Gemeinden und ihre Geistlichen eingehen kann, die im Laufe der Jahrhunderte an ihnen gewirkt haben – allein beim Königsberger Dom sind es über 100 Namen! So mancher Königsberger auch aus den Vororten wie Quednau oder Ponarth wird das Gotteshaus in Bild und Wort dokumentiert finden, in dem er getauft oder konfirmiert, ja vielleicht sogar getraut worden war. Das Buch verspricht ein Standardwerk über das religiöse Leben in Königsberg bis zur Vertreibung zu werden, eine Fundgrube vor allem für Familienforscher. Wie es dann weiterging bis heute – das soll in einem zweiten Band dokumentiert werden! Mut hat er, der Autor Heinz D. Rainer Ney aus Potsdam! („Gottes Häuser in Königsberg“, GRIN-Verlag München, 434 Seiten, ISBN 978-3-656-89341-7, E-Book 19,99 Euro, Print 29,99 Euro.) R.G.


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 103. GEBURTSTAG

Kalwies, Eva, geb. Seigies, aus Ilgauden Mauserim, Gemeinde Lankutten, Crottingen/Memel, am 22. Februar

ZUM 101. GEBURTSTAG

Kornatzki, Frieda, geb. Nowosatko, aus Langsee, Kreis Lyck, am 28. März

ZUM 100. GEBURTSTAG

Gieger, Margarete, geb. Reis, aus Allenstein und Heilsberg, am 28. März

Weeske, Waltraud, geb. Amelong, aus Lyck, Insel/Forsthaus, am 29. März

Woelke, Helene, geb. Wolff, aus Lyck, am 1. April

ZUM 99. GEBURTSTAG

Degenhardt, Hanna, geb. Rohrmoser, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 25. März

Karp, Käte, geb. Kühn, aus Jürgenau, Kreis Lyck, am 30. März

Schinz, Helene, aus Ebenrode, am 29. März

ZUM 98. GEBURTSTAG

Bieber, Minna, geb. Mein, aus Roßlinde, Kreis Gumbinnen, am 19. März

Symanski, Lydia, aus Mostolten, Kreis Lyck, am 1. April

ZUM 97. GEBURTSTAG

Böhm, Eleonore, geb. Maaß, aus Lyck, am 2. April

Hinz, Ursula, geb. Warkentin, aus Königsberg, am 7. März

Schmidt, Alfred, aus Ebenrode, am 30. März

ZUM 95. GEBURTSTAG

Drygall, Anna, geb. Gronwald, aus Strobjehnen, Kreis Samland, am 27. März

Langenstein, Ruth, geb. Müller, aus Lyck, und geb. Kownatzki, aus Schwiddern, Kreis Treuburg, am 31. März

Marquardt, Anna, geb. Schulz, aus Tawe, Kreis Elchniederung, am 25. März

Rasch, Gertrud, geb. Dormeyer, aus Saiden, Kreis Treuburg, am 31. März

ZUM 94. GEBURTSTAG

Bauermeister, Irmtraut, geb. Norkeit, aus Tawe, Kreis Elchniederung, am 3. April

Boaca, Berta, geb. Sczepan, aus Schützendorf, Kreis Ortelsburg, am 31. März

Bruhnke, Elisabeth, geb. Meyer, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 28. März

Busch-Petersen, Gerhard, aus Ebenrode, am 29. März

Dunio, Irmgard, geb. Kocha-nowski, aus Neidenburg, am 30. März

Goetzie, Irene, geb. Schulemann, aus Kreuzingen, Kreis Elchniederung, am 31. März

Haupt, Waldemar, aus Herdenau, Kreis Elchniederung, am 31. März

Hildebrandt, Erna, geb. Plaumann, aus Hohenfürst, Kreis Heiligenbeil, am 31. März

Knoop, Sieglinde, geb. Galka, aus Eibenau, Kreis Treuburg, am 31. März

Mahsalski, Edith, geb. Thierbach, aus Ziegelberg, Kreis Elchniederung, am 3. April

Piepgras, Lieselotte, geb. Brandt, aus Groß Trakehnen, Kreis Ebenrode, am 30. März

Reimer, Gerhard, aus Schönwiese, Kreis Elchniederung, am 3. April

Richter, Gertrud, geb. Jurkschat, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 30. März

Schroeder, Frieda, geb. Siebert, aus Hanffen, Kreis Lötzen, am 2. April

Ulrich, Erna, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 31. März

Zimmek, Lieselotte, geb. Lehnert, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 3. April

ZUM 93. GEBURTSTAG

Baumgart, Christel, geb. Pillkahn, aus Georgenforst, Kreis Elchniederung, am 29. März

Fischer, Getrud, geb. Weiß, aus Seefeld, Kreis Lötzen, am 1. April

Geyer, Herta, geb. Jankowski, aus Statzen, Kreis Lyck, am 31. März

Hess, Marta, geb. Goetzke, aus Rosenwalde, Kreis Elchniederung, am 3. April

Kesting, Elisabeth, geb. Bondzko, aus Stettenbach, Kreis Lyck, am 29. März

Müller, Johanna, geb. Weiduschat aus Nassawen, Kreis Ebenrode, am 28. März

Negraßus, Kurt, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 28. März

Sauerbaum, Erwin, aus Ebenrode, am 28. März

Wölfel, Johanna, geb. Stuhlemmer, aus Scharfeneck, Kreis Ebenrode, am 3. April

ZUM 92. GEBURTSTAG

Bollmann, Georg, aus Diekhusen, am 1. April

Büttner, Jutta, geb. Seibt, aus Kumehnen, Kreis Samland, am 30. März

Jonczik, Hildegard, geb. Weber, aus Groß Trakehnen, Kreis Ebenrode, am 31. März

Kruck, Waltraud, geb. Zielinski, aus Mostolten, Kreis Lyck, am 1. April

Lasars, Otto, aus Lyck, Kaiser-Wilhelm-Straße 22, am 1. April

Müller, Hans Günter, aus Lötzen, am 3. April

Niederstrasser, Werner, aus Groß Allendorf, Kreis Wehlau, am 2. April

Schendera, Hanna, geb. Krause, aus Rossitten, Kreis Samland, am 2. April

Stüwer, Friedel, geb. Fischer, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 30. März

Walka, Gerda, geb. Labeit, aus Sköpen, Kreis Elchniederung, am 28. März

ZUM 91. GEBURTSTAG

Blodow, Anneliese, geb. Hubert,

aus Schatzberg, Kreis Preußisch Eylau, am 28. März

Dudda, Walter, aus Farienen, Kreis Ortelsburg, am 31. März

Grochow, Elisabeth, aus Walden, Kreis Lyck, am 2. April

Gromzick, Christa, geb. Kaiser, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 3. April

Klimkat, Emmy, aus Ruckenfeld, Kreis Elchniederung, am 3. April

Maxim, Hugo, aus Garbassen, Kreis Treuburg, am 28. März

Moczarski, Fritz, aus Plöwken, Kreis Treuburg, am 30. März

Ordowski, Rosa, geb. Weinstein, aus Seedranken, Kreis Treuburg, am 28. März

Poweleit, Ida, geb. Seller, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 3. April

Prabell, Vera, geb. Marwinski, aus Rauschen, Kreis Samland, am 29. März

Rudolph, Asta, geb. Milewski, aus Lyck, am 28. März

Schaper, Waltraut, geb. Lyß, aus Albrechtsfeld, Kreis Treuburg, am 31. März

Schemeit, Ida, geb. Gußahn, aus Klein Friedrichsgraben, Kreis Elchniederung, am 30. März

Schmidt, Friedrich-Wilhelm, aus Lyck, am 3. April

Schmidtke, Helmut, aus Schwalgenor, Kreis Treuburg, am 3. April

Schmidt, Susanne, geb. Lankau, aus Neidenburg, am 31. März

Unthan, Edith, geb. Tuchlenski, aus Heinrichstal, Kreis Treuburg, am 30. März

Weidkuhn, Arno, aus Lyck, am 31. März

ZUM 90. GEBURTSTAG

Fischer, Grete, geb. Schmakeit, aus Schneckenmoor im Gutsbezirk Schnecken Forst, Kreis Elchniederung, am 1. April

Focken, Waltraut, geb. Reichert, aus Gerhardswalde, Kreis Elchniederung, am 1. April

Frenzel, Olga, geb. Köhler, aus Ebenrode, am 3. April

Führer, Willi, aus Grünweide, Kreis Ebenrode, am 2. April

Gusewski, Richard, aus Nußberg, Kreis Lyck, am 31. März

Kehl, Anna, geb. Reinecker, aus Mühlengarten, Kreis Ebenrode, am 2. April

Kielau, Erwin, aus Treuburg, am 31. März

Kölle, Erna, geb. Thormann, aus Schenkenhagen, Kreis Ebenrode, am 31. März

Meyer, Gottfried, aus Masuren, Kreis Treuburg, am 30. März

Rehra, Walter, aus Gordeiken, Kreis Treuburg, am 28. März

Riehl, Charlotte, geb. Reich, aus Taplacken, Kreis Wehlau, am 28. März

Scheingruber, Erna, geb. Klesch, aus Lyck, am 30. März

Schumacher, Otto, aus Andersgrund, Kreis Ebenrode, am 2. April

Schwencke, Gertrud, geb. Zabel, aus Burgkampen, Kreis Ebenrode, am 2. April

Ströhmann, Irmgard, geb. Malso, aus Maihof, Kreis Lyck, am 2. April

ZUM 85. GEBURTSTAG

Bauer, Eva, geb. Behr, aus Bolzfelde, Kreis Elchniederung, am 15. März

Breitmoser, Wolfgang, aus Ebenrode, am 3. April

Czychon, Horst, aus Goldenau, Kreis Lyck, am 30. März

Engmann, Irmgard, geb. Rudowski, aus Lindendorf, Kreis Wehlau, am 31. März

Gulbis, Siegfried, aus Tawe, Kreis Elchniederung, am 29. März

Gutzeit, Bruno, aus Lindendorf, Kreis Wehlau, am 30. März

Keyser, Ingeborg, aus Treuburg, am 3. April

Klingert, Hildegard, geb. Miska, aus Dreimühlen, Kreis Lyck, am 30. März

Kulschewski, Kurt, aus Plötzendorf, Kreis Lyck, am 30. März

Kutschera, Gertraude, geb. Gritzka, aus Masuren, Kreis Treuburg, am 1. April

Lange, Ulrich, aus Lüdtkenfürst, Kreis Heiligenbeil, am 25. März

Mrozek, Lisbeth, geb. Kempka, aus Montwitz, Kreis Ortelsburg, am 29. März

Naber, Waltraud, geb. Wiechert, aus Bladiau, Kreis Heiligenbeil, am 1. April

Naujoks, Kurt, aus Pelkeninken, Kreis Wehlau, am 28. März

Reinke, Liselotte, geb. Pogodda, aus Kalkhof, Kreis Treuburg, am 31. März

Rimkus, Bruno, aus Dünen, Kreis Elchniederung, am 31. März

Schott, Martha, geb. Sewzik, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 1. April

Schwerdt, Horst, aus Kreuzingen, Kreis Elchniederung, am 1. April

Teubler, Günter, aus Hohenschatz, Kreis Ebenrode, am 1. April

Tewes, Anneliese, aus Neuen-dorf, Kreis Lyck, am 1. April

Tuchel, Horst, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, 3. April

Wagner, Elfriede, geb. Soyka, aus Neuendorf, Kreis Lyck, am 2. April

Wendtland, Margarete, geb. Mehlau, aus Lixainen, Kreis Mohrungen, am 3. April

ZUM 80. GEBURTSTAG

Asmussen, Ursula, geb. Uecker, aus Pillau, Kreis Samland, am 3. April

Augustin, Heinz, aus Ossafelde, Kreis Elchniederung, am 3. April

Baranski, Sigmar, aus Arlen, Kreis Lötzen, am 2. April

Berlet, Jürgen, aus Ziegelberg, Kreis Elchniederung, am 2. April

Brack, Heinz, aus Kelchendorf, Kreis Lyck, am 30. März

Braunsberg, Ernst, aus Millau, Kreis Lyck, am 31. März

Bressem, Waltraud, geb. Starke, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 31. März

Chrosziel, Lieselotte, geb. Fried-rich, aus Albrechtswiesen, Kreis Angerburg, am 31. März

Drossel, Theresia, geb. Omilian, aus Reiffenrode, Kreis Lyck, am 28. März

Gusczewski, Anneliese, geb. Haase, aus Gorlau, Kreis Lyck, am 30. März

Hagedorn, Rosemarie, aus Osterode, Kreis Wehlau, am 28. März

Hamm, Egon, aus Adlig Linkuhnen, Kreis Elchniederung, am 29. März

Hoefer-Leiss, Brigitte, geb. Hoefer, aus Gehlenburg, Kreis Johannisburg, am 3. April

Hupfeld, Irmi, geb. Stenzel, aus Treuburg, am 3. April

Janke, Regine, geb. Schmidt, aus Grünhayn, Kreis Wehlau, am 29. März

Kannenberg, Helgo, aus Saiden, Kreis Treuburg, am 31. März

Kipar, Anneliese, geb. Kompa, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 1. April

Knoblauch, Gerhard, aus Schnippen, Kreis Lyck, am 28. März

Konegen, Günter, aus Reiffenrode, Kreis Lyck, am 1. April

Kratz, Renate, geb. Korzetz, aus Widminnen, Kreis Lötzen, am 3. April

Krupka, Willy, aus Neuhof, Kreis Neidenburg, am 2. April

Kurella, Reinhard, aus Ortelsburg, am 28. März

Kuthning, Dietrich, aus Tölteninken, Kreis Wehlau, am 29. März

Losereit, Christel aus Bersbruden, Kreis Ebenrode, am 3. April

Menzel, Christine, geb. Geffke, aus Enger, Kreis Samland, am 28. März

Mohr, Ruth, geb. Zacharias, aus Roddau Perkuiken, Kreis Wehlau, am 28. März

Müller, Karin, geb. Preiksch, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 31. März

Müller, Ruth, geb. Wierzbitzki, aus Willkassen, Kreis Treuburg, am 29. März

Parra, Eberhard, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 31. März

Peuser, Eberhard, aus Markgrafsfeld, Kreis Treuburg, am 1. April

Rant, Siegmar, aus Wallenrode, Kreis Treuburg, am 1. April

Redschus, Horst, aus Wildwiese, Kreis Elchniederung, am 30. März

Röder, Irene, aus Milucken, Kreis Lyck, am 29. März

Trakowski, Günter, aus Wehlau, am 28. März

Wilhelm, Ursula, geb. Mallin, aus Dippelsee, Kreis Lyck, am 1. April

Zimmermann, Hildegard, geb. Schmunz, aus Ebenrode, am 3. April

ZUM 75. GEBURTSTAG

Eichholz, Gerhard, aus Karkeln, Kreis Elchniederung, am 29. März

Gawehn, Hans, aus Eckwalde, Kreis Elchniederung, am 2. April

Grudzenski, Irene, geb. Potreck, aus Grünwiese, Kreis Heiligenbeil, am 3. April

Hau, Helga, geb. Brabant, aus Treuburg, am 31. März

Kübler, Gisela, geb. Rummey, am 31. März

Konopka, Horst, aus Teichwalde, Kreis Treuburg, am 30. März

Masuch, Werner, aus Fürstenwalde, Kreis Ortelsburg, am 1. April

Matzey, Werner, aus Rohmanen, Kreis Ortelsburg, am 29. März

Merkert, Reinhold, aus Hohenfried, Kreis Ebenrode, am 1. April

Mühlbach, Helmut, aus Lengau, Kreis Treuburg, am 28. März

Ohlhorst, Irmgard, geb. Ott, aus Neukuhren, Kreis Samland, am 30. März

Piekatz, Gisela, geb. Sander, aus Damerau, Kreis Ortelsburg, am 29. März

Riedelsberger, Karen, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 2. April

Rosenfeldt, Margit, geb. Kaja, aus Merunen, Kreis Treuburg, am 29. März

Schimkat, Georg, aus Wehlau, am 29. März

Scholder, Carola, geb. Lincke, aus Tübingen, und aus Wildenhoff, Kreis Preußisch Eylau, am 1. April

Seidler, Waldemar, aus Halldorf, Kreis Treuburg, am 31. März

Viehöfer, Hans Werner, aus Haldenau, Kreis Ebenrode, am 3. April


S. 16-17 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Göppingen – Jeweils am ersten Mittwoch im Monat trifft sich um 14 Uhr im Lokal Glashaus, Salach, die Kreisfrauengruppe der Ost- und Westpreußen zu ihren Kulturnachmittagen. Ansprechpartner ist Vera Pallas, Telefon (07162) 5870.

– Bericht –

Jahresbericht 2014 der Kreisfrauengruppe der Ost- und Westpreußen Göppingen: Unsere Kulturnachmittage finden am ersten Mittwoch im Monat statt ohne Sommerpause. Damit die Öffentlichkeit von unserem „Dasein“ Notiz nimmt, erscheinen wir in der Presse NWZ, Eislinger Zeitung und Salacher Bote. Unsere Treffen setzen sich aus zahlreichen Programmpunkten unserer Kultur zusammen, die je nach Bedarf und Anlass variiert werden. Feste Rituale sind monatlicher Bericht, Stuhlgymnastik mit Musik und Volkslieder aus dem eigenem Gesangbuch, gestaltet von Familie Korn.

Wir sind 35 Frauen, von denen zur Zeit einige in oder mit Betreuung sind und nicht mehr aktiv teilnehmen können. Wir vergessen sie nicht. Unsere Frau Scheuing feierte ihren 90. Geburtstag und einige stehen davor. Großen Respekt habe ich vor den Frauen, die mehrmals umsteigen müssen im Nahverkehr, denn wir sind eine Kreisgruppe.

Im Januar klärte uns die Polizei auf über Telefonbetrug, Einbruch und Taschendiebstahl. Am Frühlingsfest im „Frisch Auf“ waren wir alle dabei in der großen Familie. Beim Ostermarkt in Stuttgart präsentierte ich die ostpreußischen Handarbeiten in Tracht. Im Monat Mai war Ostpreußenbundestreffen in Kassel, einige von uns Frauen waren mit. Ich war verpflichtet in Tracht Handarbeiten und Schauweben zu präsentieren. Im Juni war Tagesausflug nach Bad Wörishofen. Dort fühlten wir uns wie zu Hause mit den tollen Angeboten von Marzipan und Pralinen. Ich machte eine Heimatreise ins nördliche Ostpreußen nach Marienburg, Tilsit, Memeldelta, Heydekrug und Riga in Lettland. Den Film davon zeigte ich im September im „Frisch-Auf“-Heim.

Im August war Tag der Heimat in Berlin. Dort sprach Angela Merkel. War schön sie so nah zu sehen. Sie hielt eine gute Rede. Anfang September war unser „Glashaus“ zu, so fuhren wir privat mit über 20 Teilnehmern nach Bad Ditzenbach. Wir besichtigten den Kräutergarten und informierten uns über gute Gesundheit. Mitte September gab es das 65-jährige Jubiläum unserer Landsmannschaft. Frau Lüttich verlieh mir eine silberne Ehrennadel und Urkunde zum „langjährigen Einsatz für Heimat und Vaterland“ von der Landmannschaft Ostpreußen. Im November hielt ich einen Vortrag beim CVJM in Eislingen zum Thema „So geht Integration - damals wie heute“. In Ellingen zeigte ich Ostpreußische Handarbeiten beim Herbstmarkt. Wie jedes Jahr war ich in Bad Pyrmont zur Werkwoche, so wie im Frauenseminar für Kultur.

Auf der Kaiserkirmis und Weihnachtsfeier vom BDV trug ich Ostpreußische Gedichte vor. Zum jährlichen Ablauf gehören für mich Vorstandssitzungen beim BDV und LO, Frauentagung, Delegiertentagung in Stuttgart und jeweils ostpreußische Handarbeitsausstellungen. Im Salacher Schüler-Ferienprogramm vermittel ich gewebte Freundschafsbänder auf der Bandwebe und monatlich einmal Bandweben für jung und alt. Das Jahr endete mit einer harmonischen Weihnachtsfeier. Ich bedanke mich bei den Frauen, die voll dabei sind, um die heimatlichen Nachmittage zu gestalten. Vera Pallas

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Bamberg – Mittwoch, 15. April, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose: Erlebnisfluchtbericht von Friedegund Edelmann.

Kitzingen – Freitag, 10. April, 15 Uhr, Hotel Würzburger Hof: Gemütlicher Kaffeenachmittag mit Ehrungen.

Landshut – Dienstag, 7. April, 14 Uhr, Haus der Heimat: Bestückung unserer Glasvitrine.

München – Freitag, 17. April, 14.30 Uhr, Haus der Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, 81669 München: Vortrag von Friedrich Werner, Sicherheitsberater für Senioren der Landeshauptstadt München. Zu Beginn gemeinsame Kaffeetafel.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Gumbinnen –

4. April, Berlin: Treffen im Restaurant „Mazedonia“, Hans-Sachs-Straße 41 (direkt am S-Bahnhof Lichterfelde). Beginn: 13 Uhr. Weitere Informationen: Joseph Lirche, Telefon (030) 4032681.

Rastenburg – Sonntag, 12. April, 15 Uhr, Restaurant Stammhaus, Rohrdamm 24 B, 13629 Berlin; Gemeinsames Treffen. Anfragen: Martina Sontag, Telefon (033232) 188826.

Tilsit-Ragnit, Tilsit-Stadt – Sonnabend, 28. März, Ratskeller Charlottenberg, Otto-Suhr-Allee 102,: Treffen. Anfragen bei Herrmann Trilus, Telefon (03303) 403881.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Jürgen Sandmann, der Pressewart der Landsmannschaft „Ost-, Westpreußen und Heimatkreis Elbing“ berichtete ausführlich auf einer Danziger-Veranstaltung vom Treffen der Landsmannschaften am 5. Februar in der evangelischen Kreuzkirche. Pastor Götz Weber hatte es in seiner Reihe „Flüchtlinge“ veranstaltete. Monatlich einmal befasst er sich mit dem bitteren Problem „Flucht oder Vertreibung aus der Heimat“: Im Februar waren die deutschen Flüchtlinge und Heimatvertriebenen am Ende des Zweiten Weltkriegs das Thema. Die gelungene Veranstaltung wurde von 42 Personen aus den vier ostdeutschen Landsmannschaften besucht.

Pastor Weber eröffnete mit erläuternden Worten und einem Gebet den Nachmittag und stellte seine Ausführungen unter das Leitwort „Wechselnde Farben, Schatten und Licht, alles ist Gnade, fürchtet Euch nicht!“. Dann erzählten Mitglieder der Landsmannschaften ihre dramatischen Erlebnisse:

Die 1. Vorsitzende der Landsmannschaft „Ost-, Westpreußen und Heimatkreis Elbing“ berichtete über das Leben im Vorkriegs-ostpreußen. Als Nachkriegsgeborene zitierte sie ihre Mutter, die ihre Vorgängerin in der Führung der Landsmannschaft gewesen war und die einige Bücher über das ländliche Leben im ostpreußischen Kreis Labiau geschrieben hatte. Die Kulturwartin der Landsmannschaft Schlesien berichtete aus Oberschlesien und über ihre Vertreibung 1946 in Viehwaggons, die acht Tage dauerte. Die 1. Vorsitzende der Pommerschen Landsmannschaft erzählte, wie sie als Kind in Sachsen-Anhalt das Elend der durchziehenden Flüchtlingstrecks aus dem deutschen Osten beobachten musste, bevor sowjetische Truppen auch ihren Heimatort Oranienbaum einnahmen.

Der 1. Vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien berichtete vom harten Leben in Polen (Oberglogau /OS), da seine Familie erst 1958 übersiedeln durfte. Ein Mitglied der Pommerschen Landsmannschaft beschrieb seine waghalsige Flucht aus Stargard über Pyritz (westliches Hinterpommern) in den Westen.

Eine Malerin zeigte ihre bedrückenden Bilder zum Thema Ostpreußen. mit denen sie sich ihre schrecklichen Erlebnisse von der Seele gemalt hatte. Die Organisationswartin der Pommerschen Landsmannschaft erlebte sogar zwei Fluchten: Weil die erste zu spät begann und deshalb misslang, musste ihre Familie zurück in ihr Dorf und konnte nach einem „Leben“ in Ruinen und unter polnischer Drangsal erst zwei Jahre später über die DDR nach Westdeutschland „reisen“.

Auch der Anfang eines neuen Lebens im zerbombten und von alliierten Truppen besetzen Wes-ten des Vaterlandes war für viele erniedrigend und schwierig. Davon konnten einheimische Ausgebombte und aufs Land Evakuierte ebenfalls berichten. Es war für alle keine leichte Zeit! Aber gemeinsam haben sie es geschafft, Deutschland wieder aufzubauen.

Pastor Weber dankte zum Schluss allen für ihren Mut, offen und frei über das zunächst unbeschwerte Leben im deutschen Osten vor dem Zweiten Weltkrieg, dann über das erlebte und irgendwie überlebte Inferno der Flucht mit Trecks, Zügen oder Schiffen der deutschen Kriegsmarine über die Ostsee und schließlich über die bitteren Jahre des Neuanfangs im Westen erzählt zu haben.

Persönliche Anmerkung des Verfassers: Die Veranstaltung schien der Start in eine nicht mehr in ferner Zukunft liegende gemeinsame Zusammenarbeit aller vier ostdeutschen Landsmannschaften in Bremerhaven zu sein, nämlich dann, wenn sich die bisher selbständigen, aber leider immer kleiner werdenden und mit der Besetzung von Vorstandsämtern kämpfenden Landsmannschaften beziehungsweise Heimatvereine zusammenschließen, um gemeinsame Treffen zur Aufrechterhaltung von Erinnerung und Kultur ihrer Heimatregionen zu organisieren. Das freundschaftliche und verständnisvolle Verhältnis im Umgang miteinander in der Kreuzkirche zu Bremerhaven am 5. Februar lässt diese Zukunft möglich erscheinen.

Jürgen Sandmann

Bremen-Nord – Sonnabend, 11. April, 12 Uhr, „Waldschmiede“ , Beckedorf: Heringsessen. Zur Unterhaltung wurden Musik und Darbietungen in ostpreußischer Mundart organisiert. Der Kostenbeitrag beträgt für Mitglieder 15 Euro und für Nichtmitglieder 17 Euro. Anmeldungen sind unter Telefon (04296) 747701 oder (0421) 483424 möglich – jedoch spätestens bis zum 4. April.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Telefon (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Landesgruppe – Sonnabend, 28. März, 10 bis 16 Uhr, Haus der Heimat: Ostermarkt der mittel- und ostdeutschen Landsmannschaften. Angeboten werden heimatliche Spezialitäten. Auch der Ostpreußenstand ist dabei.

KREISGRUPPEN

Heiligenbeil – Sonnabend, 11. April, 14 Uhr, AWO Seniorentreff, Beuerbergweg 7: Frühlingsfest. Der Vorstand lädt alle Mitglieder und Freunde der Gruppe ein, um bei Kaffee und Kuchen fröhliche Stunden in geselliger Runde zu verbringen. Gleichzeitig wird das Treffen laut Satzung der Landesgruppe Hamburg zur Jahreshauptversammlung genutzt. Der Vorstand wünscht sich ein zahlreiches Erscheinen von allen Mitgliedern der Kreisgruppe. Sie erreichen den Seniorentreff mit der Bus-Linie 116 ab U-Bahnstation Hammer Kirche, Wandsbek Markt oder Billstedt. Kostenbeitrag für Kaffee und Kuchen: 5 Euro. Anmeldung bei K. Wien, Telefon (040) 32049041, bis Freitag, 10. April.

Insterburg – 1. April, Hamburg: Frühlingsfest im Hotel Zeppelin, Frohmestraße 125–125. Beginn:

12 Uhr. Weitere Informationen: Manfred Samel, Telefon (040) 587585m E-Mail: Manfred-Samel@Hamburg.de.

Königsberg – Sonnabend, 28. März, 10 Uhr, Haus der Heimat: Treffen zum Ostermarkt.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Dillenburg – Bei der Monatsversammlung im Februar verteilte der Vorsitzende Lothar Hoffmann nach der Begrüßung zunächst die Programme für die Landeskulturtagung am 18. und 19. April in Weilburg und lud dazu ein. Nach dem Kaffeetrinken lasen Ingrid Nowakiewitsch, Urte Schwidrich und Gundborg Hoffmann die Erzählung „Der Schaktarp“ aus den litauischen Geschichten des Königsberger Richters und Schriftstellers Ernst Wiechert.

Es geht dabei um den Eisgang auf der Memel und um die mutige Tat eines litauischen Mädchens, Else Jurgeitis. Deren Vater, der Fischer Jurgeitis, hatte nachts die Pfähle, auf denen das Haus des verhassten Fischmeisters Grünbaum stand, durchgesägt, so dass das Haus vom fließenden Eis mitgerissen wurde und zu versinken drohte. Else, die bei der Witwe des reichen Endromeit als Magd dient und in deren Sohn Endrik verliebt ist, rettet in einer gefährlichen Bootsfahrt die Bewohner des Hauses, kurz bevor es auseinanderbricht: die Tochter Julie Grünbaum und ihren Geliebten, den Jäger Edmund Görich, der gerade bei ihr in der Kammer ist, und zuletzt, bei einer zweiten Fahrt, den Fischmeister selbst.

Elses Vater, der das beobachtet, will ihr zuhilfe kommen und ertrinkt dabei in den reißenden Fluten. Für ihre mutige Tat erhält Else später den preußischen Verdienstorden, und die Königin selbst schenkt dem tapferen litauischen Mädchen die Aussteuer für ihre Heirat mit Endrik Endromeit, sodass auch seine Mutter endlich mit dieser Heirat einverstanden ist. Sie hätte lieber Julie Grünbaum zur Schwiegertochter gehabt – die bekommt dann ihren Jäger.

Nach der Lesung fand die Bestätigung der Wahl des neuen Kreisvorsitzenden statt. Dietmar Balschun als 1. Vorsitzender und Hans-Joachim Naujoks als sein Stellvertreter wurden einstimmig bestätigt, ebenso die Wahl von Lothar Hoffmann als Ehrenvorsitzender. Dietmar Balschun übergab ihm als Dank für seine neunjährige Arbeit ein Buchgeschenk. Es wurde noch ein Abschlussfoto vom „Triumvirat“ Naujoks, Hoffmann, Balschun gemacht, dass dann mit dem Bericht von Josef Heisinger in der örtlichen Zeitung erschien. Zum Abschluss des Nachmittags sangen noch alle gemeinsam das Ostpreußenlied.

Ingrid Nowakiewitsch

Kassel – Donnerstag, 9. April, 14.30 Uhr, AWO-Heim, Am Wehrturm 3: Vortrag von Günter Meyer: „Wie kam es zur DJO (Deutsche Jugend des Ostens), und was ist aus ihr geworden?“

– Bericht –

Zum Märztreffen der Kreisgruppe konnte der Gründer und frühere Leiter des Kasseler Stadtmuseums, Karl-Hermann Wegner, gewonnen werden. Der ausgewiesene Historiker berichtete mit Bildern vor 62 Besuchern über die Beziehung Kassels zu Kaiser Wilhelm II. Dieselbe ist von nicht geringer Bedeutung, wurde er doch – zusammen mit seinem Bruder Heinrich – von Berlin aus bewusst in die Provinz geschickt, um dort von 1874 bis 1877 unter normalen Bedingungen das humanistische Friedrichsgymnasium (Heinrich das Realgymnasium) zu besuchen.

Die Prinzenerziehung war sehr streng, Rabatt sollte es auch im Unterricht nicht geben. Der Berichterstatter wies diesbezüglich auf die seinerzeitige elterliche Anordnung an die Eleven, die Reise von Berlin ab dem Vorharz zu Fuß nach Kassel zurückzulegen. Dazu brauchten die Brüder sechs Tage. Wilhelm kam in eine Eliteklasse, weshalb seine sehr guten Abschlussnoten noch höher zu bewerten sind.

Ganz ungezwungen ging es im Unterricht wohl doch nicht zu, denn, so ließen Beteiligte durchblicken, fehlte es zwischen der Lehrerschaft, den Mitschülern und der künftigen „königlichen und kaiserlichen Hoheit“ nicht an Verlegenheiten. Wilhelms Verbindung zu Kassel endete aber nicht mit seinem Abitur. Nach seinem Regierungsantritt (1888) weilte der nunmehrige Kaiser mit seiner im Volk sehr beliebten Gemahlin Auguste Viktoria und den Kindern noch oft in Kassel. Bis 1918 war nämlich die Wilhelmshöhe Sommerresidenz der kaiserlichen Familie. Kein Wunder, dass die hessische Provinzhauptstadt eine größere Beachtung fand und das kulturelle Leben aufblühte.

Sowohl die Mitglieder als auch die zahlreich erschienenen Gäste bekundeten durch ihre Diskussionsfreudigkeit nach Vortragsschluss ihr besonderes Interesse am Thema und dankten dem Referenten mit einem herzlichen Applaus. Gerhard Landau

Wetzlar – Montag, 13. April,

19 Uhr. Restaurant „Grillstuben“, Stoppelberger Hohl 128: „Als Heimwehtourist im Königsberger Gebiet“ – so lautet das Thema beim Treffen der Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen, Kreisgruppe Wetzlar. Dazu zeigt Rudolf Virnich einen Lichtbildervortrag. Der Eintritt ist frei. Kontakt: Kuno Kutz, Telefon (06441) 770559.

Wiesbaden – Dienstag, 14. April, 15 Uhr, Wappensaal, Haus der Heimat, Friedrichstraße 35: Treffen der Frauengruppe zum Thema „Der Frühling lässt sein blaues Band …“

 

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Vorsitzender: Manfred F. Schukat, Hirtenstraße 7 a, 17389 Anklam, Telefon (03971) 245688.

Parchim – An jedem dritten Donnerstag, 14.30 Uhr, Café Würfel, Scharnhorststraße 2: Treffen der Kreisgruppe. Gemütlicher Nachmittag, um über Erinnerungen zu sprechen, zu singen und zu lachen. Weitere Informationen: Charlotte Meyer, Kleine Kemenadenstraße 4, 19370 Parchim, Telefon (03871) 213545.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Göttingen – Vom 17. bis 24. Juli bietet die Gruppe Göttingen wieder eine achttägige Fahrt nach Masuren an. Sie umfasst sieben Übernachtungen (inklusive jeweils einer Zwischenübernachtung auf der Hin- und Rückreise) mit Halbpension in Hotels der Mittelklasse, je eine Rundfahrt in Masuren und im Ermland sowie ein Besuch des Treffens der deutschen Minderheit in Bischofsburg. Nähere Informationen und schriftliche Anmeldungen bis zum 15. März an: Werner Erdmann, Holtenser Landstraße 75, 37079 Göttingen.

Helmstedt – Donnerstag, 9. April, 15 Uhr, Begegnungsstätte Schützenwall 4: Gemeinsames Treffen. Weitere Informationen erteilt Frau Anders, Telefon (05351) 9111.

Oldenburg – Mittwoch, 8. April, 15 Uhr, Stadthotel Oldenburg: „Tannenberg 1914“ – Vortrag von Dr. Manuel Ruoff, Redakteur der Preußischen Allgemeinen Zeitung (Ressort Geschichte). Freunde und Bekannte sind herzlich willkommen.

Osnabrück – Dienstag, 7. April, 16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 152: Kegeln. – 11. April, Osnabrück: Frühjahrstreffen im Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 41. Beginn: 14 Uhr. Weitere Termine der Heimatgruppe Teutonen/Osnabrück: Herbsttreffen am 24. Oktober. Weitere Informationen: Barbara Kleine, Telefon (0541) 74282 oder Renate Berger, Telefon (05471) 4926.

Rinteln – Donnerstag, 9. April, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Beim nachösterlichen Monatstreffen wird die Rintelner Stadtführerin Karin Gerhardt einiges über „Traditionelle Osterbräuche hier und dort“ berichten. Neben den Mitgliedern der Gruppe und Freunden sind interessierte Gäste aus Nah und Fern ebenfalls herzlich willkommen. Weitere Auskünfte zur landsmannschaftlichen Arbeit in Rinteln gibt es beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat unter Telefon (05751) 53 86 oder über: rebuschat@web.de

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bonn – Die Reise nach Ostpreußen vom 22. Juni bis 1. Juli wird von der Kreisgruppe Bonn organisiert. Es sind noch einige Plätze frei. Interessenten melden sich bei Manfred Ruhnau, Telefon (02241) 311395.

Darmstadt – 11. April, Stammtisch mit Programm im Restaurant Taverna Hellas, Bahnhofstraße 17. Beginn: 11 Uhr. Weitere Informationen: Jürgen Pantel, Telefon (06103) 42744.

Köln – Dienstag, 21. April: Diavortrag über Masurens Schönheiten. Dirk Makoschey und seine Begleiterin Claudia hielten sich in der Sommerzeit des vergangenen Jahres über mehrere Wochen in Masuren auf und machten viele Aufnahmen.

Leverkusen – Sonnabend,

18. April, 14 Uhr, Gaststätte Kreuzbroich, Heinrich-Lübke-Straße 61: Jahreshauptversammlung, mit Neuwahlen des Vorstandes. Nach Berichten und Wahlen wird eine Vesper und ein kulturelles Programm geboten. Wir bitten alle Mitglieder um ihr Kommen. Ihre Meinung über die Tätigkeit und die Zukunft der LM ist uns sehr wichtig. Gäste sind willkommen.

Remscheid – Jeder zweite Donnerstag im Monat, 14.30 Uhr, Gemeindehaus der evangelischen Johannes-Kirchengemeinde in der Eschenstraße: Treffen der Frauengruppe. – Jeder dritte Donnerstag im Monat, 14.30 Uhr, ,,Zunftstuben”, Palmstraße 10: Treffen der Ostpreußenrunde.

Siegen – Die Frauengruppe der Ost-und Westpreußen trifft sich regelmäßig an jedem 3. Dienstag im Monat um 14 Uhr ab sofort im barrierefreien Café Patmos in Siegen-Geisweid in der Sohlbacher Straße.

Wesel – Sonnabend, 11. April, 17 Uhr, Heimatstube, Kaiserring 4: Traditionelles Grützwurstessen. Verschiedene Darbietungen stehen auf dem Programm. Anmeldungen bis zum 31. März bei Paul Sobotta, Telefon (0281) 45657 oder Manfred Rohde, Telefon (02852) 4403.

Wuppertal – Die Ostpreußenrunden finden jeden zweiten Sonnabend im Monat im Kolkmannhaus, Hofaue 51 in Wuppertal-Elberfeld um 14 Uhr statt. Bei dieser Zusammenkunft ist die Kuchentheke reichlich bestückt und Kaffee wird an liebevoll gedeckten Tischen getrunken. Mit einem Gedicht, meistens einem ostpreußischen, begrüßt der 1. Vorsitzende Hartmut Pfecht die Anwesenden. Die Geburtstagskinder werden mit einem Ständchen geehrt und ein Schnäpschen gibt es für alle. Je nach Jahreszeit wird an Bräuche, geschichtliche oder aktuelle Ereignisse erinnert, auch Filme von Veranstaltungen und Fahrten sind sehr beliebt. Hans Berndt, ein Mitglied der Gruppe, hält viele schöne Momente mit seiner Kamera fest und versteht es auch, trotz verschiedener Systeme, seine Aufnahmen auf den Bildschirm zu bannen zur Freude der Zuschauer. Auf Initiative des 1. Vorsitzenden wurden weiße Polohemdchen mit der gestickten Elchschaufel angeschafft, die als „Dienstkleidung“ gerne getragen werden. Jede Zusammenkunft endet mit dem gemeinsam gesungenem Ostpreußenlied und dem Lied „Kein schöner Land“.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Ludwigshafen – Sonnabend, 11. April, 15 Uhr, Haus der AWO, Forsterstraße: Treffen.

Mainz – Donnerstag, 16. April, 15 Uhr, Mundus Residenz, Große Bleiche 44, 55116 Mainz: Johannes Freitag zeigt den Film „Ostern in Ostpreußen“.

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Chemnitz – Sonnabend, 11. April, 10 Uhr, St. Matthäusgemeinde, Zinnsendorferstraße, 09116 Chemnitz: Kirchentag der evangelischen Gemeinschaft der Ostpreußen. Der Kirchentag beginnt mit dem Gottesdienst, gehalten vom Pfarrer i. R. Klaus Plorin. Im Anschluss wird ein Grußwort des CDU-Kreisverbandes von Ralph Burckhard übermittelt. Der Vortrag vom Direktor des Kulturzentrums aus Ellingen, Wolfgang Freyberg, wird mit Spannung erwartet. Am Nachmittag wird uns der Kindergarten der Gemeinde mit einem schönen Kulturprogramm erfreuen.

Alexander Schulz

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle, Telefon privat (0345) 2080680.

Desslau-Roßlau – Montag, 13. April, 14 Uhr, Krötenhof, Wasserstadt 50: Treffen zum Thema Osterbräuche

Magdeburg – Sonntag, 12. April, 14 Uhr, Sportgaststätte Post, Spielhagenstraße: Treffen zum Thema „Orte und Flüsse der Heimat“ – Dienstag, 7. April, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen – Freitag, 10. April, 16 Uhr, Sportgaststätte TuS Fortschritt, Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Bad Oldesloe – Nach der Begrüßung der Frühlingsrunde im März bat die Vorsitzende Katharina Makarowski und Frau Neppessen Grüße und gute Wünsche an alle auszurichten, die heute nicht dabei sein konnten. Dann sprach Gisela Brauer über das Buch „Der Bollerwagen“ von Olaf Ihlau.

Ihlau wurde 1942 in Königsberg geboren und musste als Zweieinhalbjähriger mit dem Bollerwagen seine Geburtsstadt Königsberg verlassen. Der Junge bekam ihn von seinem Großvater. Eigentlich war er für Spazier- und Ausflugsfahrten gedacht. Doch schon 1944 geht es mit dem Bollerwagen nach Trautenau in Nordböhmen auf Reisen, als Mutter und Sohn aus Königsberg evakuiert werden. So erzählt Olaf Ihlau seinen Flucht- und Lebensweg in Verbindung mit dem Bollerwagen, der ihn überall begleitete. Nach Einmarsch der Roten Armee ging es von Nordböhmen nach Norden, dann über die Oder nach Berlin. Bei den Überfällen auf den Treck wurden Sachen geraubt, aber der Bollerwagen überstand alles.

Die nächsten Stationen waren Hannover, dann Traunstein. Hier musste der Bollerwagen den Kanonenofen und das Feuerholz transportieren, in Köln die Ernte aus dem Schrebergarten. Eines Tages geht er in den Ruhestand, dämmert spinnenverhangen vor sich hin, dann wäre er einmal fast Raub der Flammen geworden, aber er lebt heute noch, und zwar mit Kakteen bepflanzt im Garten der kleinen Finca auf der Insel Ibiza und genießt das milde Mittelmeerklima – wie sein Besitzer.

Ulrich Klemens hatte einen Beitrag aus der Heimatzeitung „Die Elchniederung“ mitgebracht. Ein Enkel des Oberförsters Ernst Meyer berichtete über Leben und Arbeit von 1904 bis 1914 in Tawellnigken. Zu seinem Arbeitsbereich gehörten Moore, Wasser, Weiden und Dämme. Überflutungen gab es vom Kurischen Haff, vom Gilge-Strom und vom Tawelfluß. Hauptanliegen waren Elchjagd und Elchhege. Zwölf Förster und Hegemeister gehörten zum Arbeitsbereich. 1907 kam der Kaiser zu Besuch. Ernst Meyer wurde 1913 als konservativer Abgeordneter in den Wahlkreis Tilsit-Niederung gewählt. Die Forstwirtschaft alter Zeit gibt es nicht mehr. 2001 waren von der Försterei nur noch Reste der Grundmauern und die Esse vorhanden, 2002 stand die Esse auch nicht mehr, und die Störche waren auf das Nachbarhaus umgezogen, sämtliche brauchbaren Steine waren verschwunden.

Gisela Brauer

Burg auf Fehmarn – Dienstag, 14. April, 15 Uhr, Haus im Stadtpark: Siegfried Göller zeigt eine Dia-Show über seine Reise mit dem Wohnmobil durch Alaska. Gäste sind herzlich willkommen.

Flensburg – Dienstag, 14. April, 15 Uhr, AWO Stadtteilcafe Mathildenstraße 22: Vortrag von Uwe Carstens; Die ungewöhnliche Lebensgeschichte des Kolonisten Ernst Weigle aus Westpreußen.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 25265.

Landesgruppe – Wir trauern um einen lieben Landsmann: Die Nachricht vom plötzlichen Ableben Arno Wittkes hat uns sehr betroffen gemacht. Arno Wittke wurde am 9. November 1934 in Groß-Dirschkheim im Samland, Ostpreußen, geboren. Am 5. März 2015 hat er uns für immer verlassen.

Die Kindheit und einen Teil seiner Jugend hat er in Groß-

Dirschkheim verbracht. Es war für ihn eine schöne Zeit. Nur wenige Meter von der Ostsee wohnend, ging es vom Frühjahr bis zum Herbst zum Baden ins Meer, sagte er einmal. Seine Vorfahren waren alle Fischer. Die Familie von Arno Wittke musste 1948 das Samland und damit seine angestammte Heimat verlassen. Von dort aus ging es nach Sonneberg in ein Quarantänelager. Mit Käppi, Russenmantel und Filzstiefeln kam der Jugendliche dann in Liebschütz an. In diesem Aufzug wurde er nicht gerade mit offenen Armen empfangen.

Als Maurer lernte Landsmann Wittke einen harten Beruf. Ein Studium als Baulaborant schloss sich an. Er gründete eine eigene Familie und wohnte bis zu seinem Tode in Liebschütz. Erst nach der Wiedervereinigung besuchte Arno Wittke in den Jahren 1993 und 1996 die Heimat.

Arno Wittke war seit 1990 Mitglied im BdV Thüringen. Er war Gründungsmitglied des Kreis- und Regionalverbandes Bad Lobenstein. Durch Werbung von Mitgliedern in seiner Ortsgruppe Liebschütz/Liebengrün hatte er einen relativ hohen Mitgliederstand erreicht. Er führte eine vorbildliche Mitgliederbetreuung. Er war Vorsitzender der Kreisgruppe der Ostpreußen und Mundartsprecher im BdV. Die Liebe zur Heimat kam in seinen Berichten des samländischen Heimatbriefes zum Ausdruck, ebenso seine Fotosammlungen und Ausstellungen. Er hatte über Jahre Fotos, Dokumente, Urkunden und Ortsskizzen über seine Heimat zusammengetragen. Seine Frau hat ihn dabei unterstützt. In liebevoller Kleinarbeit und mit hohem Aufwand wurde diese Ausstellung erstellt. Im November 2014 übergab Arno Wittke die Ausstellung als Dauerleihgabe dem Altvaterturmverein. Sie ist noch für längere Zeit im „Altvaterturm“ auf dem Wetzstein bei Lehesten im Thüringer Wald zu sehen.

Für die vielen Initiativen und anlässlich seines 80. Geburtstages wurde Wittke 2014 mit der Silbernen Ehrennadel der Landsmannschaft ausgezeichnet. Wir werden unseren lieben Landsmann Arno Wittke stets in Erinnerung behalten und ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner lieben Frau und seiner Familie.


S. 18-20 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ALLENSTEIN LAND

Kreisvertreter: Hans-Peter Blasche, Lankerstraße 40, 40545 Düsseldorf, Telefon (0211) 17181290; (02131) 902700 (dienstl.), Telefax (02131) 902430 (dienstl.) Geschäftsstelle: Gemeindeverwaltung Hagen, Postfach 1209, 49170 Hagen, Telefon (05401) 9770. www.allenstein-landkreis.de

29. März, Essen-Steele: Kirchspieltreffen Jonkendorf, Wengaithen, Mondtken, Steinberg und Polleiken mit Messe in der St. Antonius-Kirche, Kütings Garten 3. Beginn: 10 Uhr. Weitere Informationen: Ernst Langkau, Telefon (02133) 61177.

29. März, Essen-Steele: Kirchspieltreffen Klaukendorf, Purden, Gr. Kleeberg mit Messe in der

St. Antonius-Kirche, Kütings Garten 3. Beginn: 10 Uhr. Weitere Informationen: Ernst Langkau, Telefon (02133) 61177.

Im Anschluss an die dritte Vorstandssitzung des im Sommer 2014 neu gewählten Kreistages kamen im Januar 2015 im Landhotel Buller in Hagen am Teutoburger Wald unsere Vorstandsmitglieder mit führenden Vertretern unserer Paten aus Osnabrück und Hagen a.T.W. und unserer Partner aus Allenstein (Powiat Olsztyn) zum schon traditionell gewordenen Jahrestreffen zusammen.

Vom Landkreis Osnabrück waren erschienen Landrat Dr. Lübbersmann, 1. Kreisrat Stefan Muhle sowie Amtsrat Karl-Heinz Finkemeyer und von der Großgemeinde Hagen a.T.W. Bürgermeister Peter Gausmann. Der Einladung waren auch der frühere Bundestagsabgeordnete Georg Schirmbeck und der Bundestagsabgeordnete Andree Bergheger sowie der niedersächsische Landtagsabgeordnete Martin Bäumer gefolgt. Zugegen waren auch unsere Ehrenmitglieder, die ehemalige Landtagsabgeordnete Irmgard Vogelsang, und der Altbürgermeister von Hagen a.T.W. Hubert Große Kracht. Aus Allenstein [Olsztyn] waren in Begleitung des ausgeschiedenen Landrates Miroslaw Pampuch und der Partnerschaftsbeauftragten Anna Wagner-Rybinska die neue Landrätin Malgorzata Chyziak und die neue Kreistagspräsidentin Alicia Vasik angereist. Die ehemaligen Allensteiner Landräte Miroslaw Pampuch und Adam Sierzputowski, seit 2005 unser Ehrenmitglied, wurden am Tage zuvor vom Osnabrücker Landrat Dr. Lübbersmann für ihren umfassenden Beitrag zur deutsch-polnischen Freundschaft mit dem neuen Ehrenpreis des Landkreises Osnabrück ausgezeichnet.

Der von unserem Kreisvertreter Hans-Peter Blasche und seinen Mannen, darunter Vereins-Ehrenvorsitzender Herbert Monkowski, intensiv geführte Gedankenaustausch mit den Gästen über bereits allseits umgesetzte Entscheidungen und noch zu realisierende Vorhaben ging nach und nach in ein geselliges Beisammensein über. Miroslaw Pampuch bekleidet nach seinem auf die Kommunalwahlen 2014 zurückzuführenden Ausscheiden aus dem Amt als Landrat nunmehr ein Spitzenamt bei der Stadt Allenstein als Stadtsekretär und Leiter des Rechtsamtes. Bei ihm wird die Kreisgemeinschaft Unterstützung finden für eine anzubahnende Partnerschaft zwischen der Stadt Allenstein [Olsztyn] und den beiden Kreisgemeinschaften von Stadt und Land Allenstein, die wegen des demografischen Wandels der Mitglieder auf dem Wege des Zusammenschlusses beider Vereine sind.

Hiermit werden die eingetragenen Mitglieder der Kreisgemeinschaft zu der am 11. April um

10 Uhr im Großen Sitzungssaal des Rathauses Hagen am Teutoburger Wald stattfindenden Mitgliederversammlung eingeladen. Die vom Kreisvertreter geleitete Versammlung ist öffentlich, so dass auch Interessierte Zugang haben. Sie wird am Nachmittag enden. Die Tagesordnung liegt aus. Die Mitglieder des Kreistages sind schriftlich eingeladen worden.

 

BRAUNSBERG

Kreisvertreter: Manfred Ruhnau, Tel.: (02241) 311395, Fax (02241) 311080, Bahnhofstraße 35 b, 53757 Sankt Augustin. Geschäftsstelle: Stadtverwaltung Münster, Patenstelle Braunsberg, Frau Jostenmeier, 48127 Münster, Tel.: (0251) 4926051.

Die zehntägige Reise nach Ost-preußen vom 22. Juni bis 1. Juli wird von der Kreisgruppe Bonn organisiert. Es sind noch einige Plätze frei. Interessenten melden sich bei Manfred Ruhnau, Telefon (02241) 311395.

 

GERDAUEN

Kreisvertreter: Walter Mogk, Am Eichengrund 1f, , 39629 Bismark (Altmark), Telefon (0151) 12 30 53 77, Fax (03 90 00) 5 13 17. Gst.: Doris Biewald, Blümnerstraße 32, 04229 Leipzig, Telefon (0341) 9600987, E-Mail: geschaeftsstelle@kreis-gerdauen.de.

Liebe Landsleute,

heute wenden wir uns mit einer Bitte an Sie. Helfen Sie mit, die Arbeit unserer Heimatkreisgemeinschaft auf viele Schultern zu legen. Denn auch an den jetzt Aktiven ging die Zeit nicht spur-los vorüber. Wir sind älter geworden und die diversen Zipperlein machten um die meisten von uns keinen Bogen, so dass es uns mittlerweile immer schwerer fällt, alle Arbeiten mit nur ganz wenigen Aktiven zu stemmen.

Deshalb, liebe Landsleute, bitten wir Sie, uns bei der ehrenamtlichen Arbeit für die Heimatkreisgemeinschaft Gerdauen (Kreistagsarbeit, Kirchspielver-treter) und der Familienfor-schungsgruppe GIRDAWE (Erfasser, Verwalter für Kirchbuchdaten) zu unterstützen.

Sie müssen nicht im Kreis geboren oder Nachfahre sein, aber wenn Sie sich für Ostpreußen – speziell für den Kreis Gerdauen – interessieren, dann sind Sie der oder die Richtige für uns. Sie benötigen kein „Hochschulstudi-um“, um uns bei der Arbeit zu unterstützen. Ein Internetan-schluss, einfache Excel- und Word-Kenntnisse reichen aus. Zur Unterstützung der Familien-forscher von GIRDAWE wäre es schön, wenn Sie auch Kenntnisse in Datenverwaltung (hier insbesondere MS Access) hätten.

Wenn die Kinder aus dem Haus und Sie nicht mehr berufstätig sind, haben Sie sicher etwas Zeit für solche Tätigkeiten. Sie entlasten nicht nur die Aktiven, sondern helfen, die Geschichte und Kultur des Kreises für unsere Nachfahren, das heißt für unsere Kinder und Enkel, zu erhalten und an sie weiterzugeben.

Deshalb, liebe Landsleute, unsere herzliche Bitte, helfen Sie mit. Oder kennen Sie jemanden in Ihrem Bekanntenkreis, der Interesse an solch einer interessanten Freizeitbeschäftigung hat?

Gerne sehen wir Ihrem unver-bindlichen Kontakt entgegen, um Ihnen unsere Arbeit näher vorstellen zu dürfen. Bitte melden Sie sich bei Brigitte Havertz, Büchelstraße 22, 42855 Rem-scheid, Telefon (02191) 5923487, E-Mail: brigitte.havertz@t-online.de oder bei der Geschäftsstelle der Heimat-kreisgemeinschaft Gerdauen, Doris Biewald, Blümnerstraße 32, 04229 Leipzig, Telefon: (0341) 9600987, E-Mail: geschaeftsstelle@kreis-gerdauen.de.

 

GUMBINNEN

Kreisvertreterin: Karin Banse, Wiesengrund 9, 29559 Wrestedt, OT Wieren, Telefon (05825) 642, E-Mail: karin.banse@t-online.de, www.kreis-gumbinnen.de.

Schon seit Jahren ist es eine schöne Tradition, das von der heutigen russischen Stadtverwaltung und den Einwohnern von Gusev veranstaltete Fest zum Jahrestag der Stadtgründung zum Anlass für eine Reise in die Heimat zu nehmen. In diesem Jahr gestaltet sich die Vorbereitung der Reise etwas schwierig, da der jetzt von der Stadtverwaltung festgesetzte Termin der Feierlichkeiten um eine Woche von dem ursprünglich geplanten Reisezeit-raum abweicht. Das Fest findet in diesem Jahr erst am Wochenende des 30. bis 31. Mai statt.

Deshalb ist die von Partner-Reisen für die Gumbinner geplante Reise ebenfalls um eine Woche verschoben worden. Sie findet nun entgegen der Ausschreibung – passend zum Termin – vom 27. Mai bis 3. Juni statt. Noch sind Plätze frei. Alle Interessenten sind herzlich eingeladen mitzukommen. Folgender Reiseverlauf ist geplant:

27. Mai: Fahrt ab Hannover mit Zustiegsmöglichkeiten entlang der Fahrtroute bis nach Polen, Zwischenübernachtung in Marienburg.

28. Mai: Nach dem Frühstück Führung durch die imposante Burganlage. Anschließend Weiterreise über die polnisch–russische Grenze nach Gumbinnen

29. Mai: Am Vormittag Stadtrundfahrt mit Besuch der wiedererrichteten Salzburger Kirche und der früheren Friedrichschule. Besichtigung des historischen Fres-kos mit der Darstellung der Ankunft der Salzburger in Ostpreußen. Am Nachmittag Ausflug nach Insterburg und Georgenburg. Besuch der Gestütsanlage.

30. Mai: Teilnahme am Stadtgründungsfest in Gumbinnen, dem Höhepunkt Ihrer Reise. Zeit zur freien Verfügung. Nicht versäumen sollten Sie einen Besuch im neu gestalteten Heimatmuseum in Gumbinnen, in dem im „Saal der deutschen Geschichte“ jetzt auch die Exponate der Gumbinner Kreisgemeinschaft ausgestellt sind, darunter ein Stadtmodell aus der Vorkriegszeit. Für individuelle Ausflüge steht ein Taxiservice bereit.

31. Mai: Möglichkeit zur Teilnahme am Gottesdienst in der Salzburger Kirche. Anschließend: Ausflug nach Trakehnen und Rundfahrt durch die Rominter Heide. Im früheren Forsthaus Warnen am Rande der Rominter Heide, in dem heute die russische Familie Sajac eine Landwirtschaft und ein kleines Gästehaus betreibt, werden Sie zum leckeren Mittagsimbiss erwartet. Am Abend ist ein Auftritt des Kantchores geplant – ein besonderer Höhepunkt Ihrer Reise.

1. Juni: Tagesausflug nach Königsberg mit Stadtführung. Ein besonderer Höhepunkt erwartet Sie im Königsberger Dom: ein Anspiel auf der Orgel. Das in Deutschland gefertigte Instrument gehört zu den größten im ganzen Ostseeraum und entfaltet im Schiff des Königsberger Doms seine einzigartige Akustik. Am Nachmittag Weiterfahrt nach Rauschen an die Ostseeküste. Rundgang durch den Ferienort mit seinen Holzvillen und der waldbe-standenen Steilküste.

2. Juni: Nach dem Frühstück Rückreise über die russisch-polnische Grenze. Südlich von Elbing steht ein weiterer Höhepunkt auf Ihrem Reiseprogramm: Sie unternehmen eine Fahrt auf dem Oberländer Kanal, einer ingenieurtechnischen Meisterleistung des 19. Jahrhunderts. Hier überwinden die Schiffe auf der Strecke zwischen Buchwalde und Elbing den Höhenunterschied zwischen dem Ermland und dem Oberland durch das sogenannte Aufschleppen über Rollberge. In den letzten beiden Jahren wurden die technischen Anlagen komplett überholt, nach langer Pause können die geneigten Ebenen nun erstmals wieder befahren werden. Die letzte Zwischenübernachtung ist dann in Schneidemühl [Pila] im Hotel „Rodlo“ gebucht ist.

3. Juni: Rückreise nach Deutschland.

Weitere Informationen: Partner-Reisen Grund-Touristik in 31275 Lehrte, Everner Straße, 41, Telefon (05132) 588940.

 

INSTERBURG − Stadt und Land

Vorsitzender Stadt & Land: Reiner Buslaps, Am Berg 4, 35510 Butzbach-Kirch-Göns, Tel.: (06033) 66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: R.Buslaps@t-online.de. Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt & Land e. V., Geschäftsstelle, Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld, Postfach 111 208, 47813 Krefeld, Tel.: (02151) 48991, Fax (02151) 491141, E-Mail: info@insterburger.de, Internet: www.insterburger.de, Bürozeiten: Montag – Freitag von 8 bis 12 Uhr.

Mittwoch, 15. April, Kiel: Jahrestreffen mit dem Thema „Siegfried Lenz“ im Haus der Matthias-Claudius-Gemeinde, Alte Dorfstraße 53. Beginn: 15 Uhr. Weitere Informationen: Hellmut Jucknat, Telefon (0431) 311972.

Osnabrück – Sonnabend, 11. April, 14 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43, 49080 Osnabrück: Gemütliches Zusammensein der Insterburger Teutonen. Gäste sind herzlich willkommen.

 

JOHANNISBURG

Kreisvertreter: Dr. Manfred Solenski, Fichtenstraße 14, 26316 Varel, Telefon (04451) 4581, Fax (04451) 9189298, E-Mail: solenski@kreisgemeinschaft-johannisburg.de. Internet: www.kreisge-meinschaft-johannisburg.de

Sonntag, 12. April, Dorsten: „Pilchen 550 Jahre“ – 10. Heimattreffen im Jägerhof, Dorfstraße 3. Eingeladen sind alle Heimatfreunde aus Pilchen sowie Nachbargemeinden des ehemaligen Kirchspiels Adlig-Kessel.

 

LYCK

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesensee, Diesberg 6a, 41372 Niederkrüchten, Telefon (02163) 898313. Stellvertr. Kreisvertreter: Dieter Czudnochowski, Lärchenweg 23, 37079 Göttingen, Telefon (0551) 61665. Karteiwart: Siegmar Czerwinski, Telefon (02225) 5180, Quittenstraße 2, 53340 Meckenheim.

Unser diesjähriges Regionaltreffen Nord findet am Sonntag, 26. April statt. Beginn ist wieder um 11Uhr im Hotel Hanseatischer Hof in Lübeck. Es ist keine Anmeldung erforderlich.

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Anlässlich des 80. Geburtstages von Erwin Feige, 2. Vorsitzender der Stadtgemeinschaft Tilsit, überbrachte eine Abordnung des Vorstands dem Jubilar herzliche Glückwünsche. Die Gratulation war verbunden mit dem Dank für das langjährige Engagement zum Wohle unserer ostpreußischen Heimat, besonders für die Zusammenarbeit der alten Tilsiter mit den heutigen russischen Bewohnern, welche angesichts des gegenwärtigen Klimas von besonderer Bedeutung ist. Erwin Feige wurde 1935 in Tilsit geboren und landete nach Flucht und Vertreibung in Thüringen. Er studierte Maschinenbau an der Technischen Hochschule und war viele Jahre als Betriebsdirektor im sächsischen Textilmaschinenbau tätig. Seit dem Eintritt in den Ruhestand wirkt er aktiv als Schulsprecher und als 2. Vorsitzender der Stadtgemeinschaft. Die Gratulanten wünschten Erwin Feige Gesundheit und ein langes ostpreußisches Leben.

Die drei Kreisgemeinschaften Tilsit-Stadt, Tilsit-Ragnit und Elchniederung trafen sich im März im thüringischen Schmalkalden zu ihrem diesjährigen Nachbarschaftsgespräch. Diese Zusammenkünfte haben inzwischen eine gute Tradition. Sie dienen nicht nur dem Austausch von Erfahrungen und Meinungen, sondern bereiten auch Schritt für Schritt den eines Tages notwendig werdenden Zusammenschluss vor. Es gilt, angesichts des Mangels an ehrenamtlichen Nachwuchskräften die Kräfte zu bündeln und bei zu-rückgehenden Mitgliederzahlen die Weichen für eine Fusion zu stellen.

Bewährt haben sich inzwischen die kreisübergreifenden Heimattreffen. Auch in diesem Jahr wird es wieder ein gemeinsames Treffen der drei Nachbarkreise geben. Als Veranstalter tritt nach dem Rotationsprinzip die KG Elchniederung auf. Manfred Romeike stellte das Programm und die Ablauforganisation im Hotel Esplanade in Bad Nenndorf vor. Im Mittelpunkt der Erörterungen standen eine gründliche Vorbereitung und Öffentlichkeitsarbeit, um eine hohe Teilnahme zu erreichen.

Im Jahr 2016 ist die KG Tilsit-Stadt an der Reihe. Hans Dzieran gab den Stand der Vorgespräche bekannt. Austragungsort wird das Westin-Hotel in Leipzig sein, unmittelbar am Hauptbahnhof gelegen, welches eine Tagungskapazität für 300 Personen hat. Der Vorschlag fand einmütige Zustimmung. Damit kann die Detailplanung für 2016 in Angriff genommen werden.

Eine eingehende Auswertung fanden das Arbeitstreffen des Vorstands der Stadtgemeinschaft Tilsit mit der russischen Rat-hausspitze im Juli 2014 und das

7. Deutsch-Russische Forum in Tilsit. Die besondere Bedeutung des deutsch-russischen Arbeitstreffens bestand darin, dass erstmalig ein offizielles Gespräch zu Fragen der geschichtsträchtigen Vergangenheit Tilsits stattfand, welches durch große Aufgeschlossenheit gekennzeichnet war. Es gab Übereinstimmung, dass die Bewahrung des kulturgeschichtlichen Erbes als ein gemeinsames Anliegen sowohl der alten Tilsiter als auch der jetzigen Bürger der Stadt betrachtet wird. Das Treffen fand mit den Festlichkeiten anlässlich der Wiedererrichtung des Königin-Luise-Denkmals seinen absoluten Höhepunkt.

Auch beim 7. Deutsch-Russischen Forum wurde den Teilnehmern, insbesondere bei der Fahrt durch die Kreise Elchniederung und Tilsit-Ragnit sowie bei der Stadtführung und dem Museumsbesuch in Tilsit ein eindrucksvolles Bild von der Zusammenarbeit der drei Kreisgemeinschaften mit ihren russischen Partnern vermittelt. Es wurde erreicht, dass nicht nur wir Ostpreußen allein die Vergangenheit gegen das Vergessen wachhalten, sondern dass auch die heutigen Bewohner beginnen, die preußisch-deutsche Biografie zu entdecken, zu begreifen und zu bewahren.

Zur Situation der Heimatbriefe wurde festgestellt, dass seit der Zusammenlegung von „Land an der Memel“ und „Tilsiter Rundbrief“ in den bisher erschienenen sechs Ausgaben die Anfangsschwierigkeiten überwunden werden konnten. Für die bevorstehende Pfingstausgabe, die mit dem Einsatz eines neuen Schriftleiters einhergeht, wurden Maßnahmen zur weiteren Qualitätssteigerung hinsichtlich Inhalt, Aufmachung und Kostenersparnis erörtert. Abschließend wertete Hans Dzieran die Zusammenkunft als Beitrag zur Zukunftssicherung der landsmannschaftlichen Arbeit und dankte den Anwesenden für die konstruktive Zusammenarbeit und das harmonische Miteinander. DH


Auf ins Land zwischen Memel und Weichsel
Eine Ostpreußen-Reise ist ein unvergessliches Erlebnis – Besonders die Fahrten der Kreisgemeinschaften bieten viele Vorteile

Sei es, um auf den Spuren der Vergangenheit zu reisen oder um als Nachgeborene das alte Ostpreußen zu entdecken: Reisen in die heute polnischen, russischen und litauischen Teilgebiete Ostpreußens erfreuen sich stetiger Beliebtheit. Ein relativ hoher Anteil der Ostpreußen-Urlauber entfällt auf die Vielfahrer, die es immer wieder in die deutsche Ostprovinz zieht. Masuren, das Ermland und das Oberland im polnischen Teil Ostpreußens waren sogar schon vor dem Fall des Eisernen Vorhangs die am meisten angesteuerten Ziele deutscher Reisender. Andere haben vielleicht noch nie die landschaftlichen Schönheiten und kulturellen Reichtümer des Landes zwischen Weisel und Memel in Augenschein genommen. Zeitmangel, private Gründe oder auch einfach die fehlende Gelegenheit mögen sie abgehalten haben. Wenn ja, wird es natürlich schleunigst Zeit diesen Zustand zu beenden. Damit dann auch keine Widrigkeiten und Probleme das einzigartige Reiseerlebnis stören, haben wir einige wichtige Ratschläge für „Ostpreußen-Wiederentdecker“ zusammengestellt.

Grundsätzlich gilt: Organisierte Reisen sind zu empfehlen, wenn man sich allgemein über Ostpreußen informieren und einen Eindruck von den Verhältnissen verschaffen möchte, sei es in größerem Umfang oder in einem kleinen Gebiet wie etwa bei einer Fahrt in einen der ostpreußischen Landkreise. Bei den Touren privater Reiseunternehmen besteht die Mehrzahl der Teilnehmer meist aus Touristen ohne persönlichen familiären Bezug zum deutschen Osten. Geborene Ostpreußen sind ebenfalls anzutreffen, doch eher in der Minderzahl.

Die von den Kreisgemeinschaften organisierten Reisen per Flugzeug, Bus oder Schiff sind vom Ansatz her anders ausgerichtet. Sie führen in die deutschen Kreisgebiete und darüber hinaus in die benachbarten Regionen. Touristische Ziele und bekannte Sehenswürdigkeiten werden einbezogen, aber generell richtet sich das Interesse der Teilnehmer schwerpunktmäßig auf die Erkundung der heutigen Verhältnisse vor Ort. Ein Teil der Reisenden gehört zur Erlebnisgeneration, ein anderer zur Kinder- und Enkelgeneration. Aber auch Personen ohne einen entsprechenden persönlichen Hintergrund sind dabei. Meist wurde ihr Interesse durch einen Lichtbildervortrag oder eine Fernsehsendung über Ostpreußen geweckt. Diese Teilnehmer schätzen insbesondere die Möglichkeiten, Orte und herrliche Naturlandschaften fernab des Massentourismus kennenzulernen. Spezielle Ziele kann man nach Absprache an einem „Taxi-Tag“ in kleinen Gruppen ansteuern.

Durch das Engagement der Heimatkreis-Aktiven sind Partnerschaften zwischen Vereinen und Interessengruppen hüben und drüen entstanden, die bereits jahrelang gepflegt werden. Auch zwischen Kulturschaffenden hat sich grenzübergreifend ein reger Austausch entwickelt, darüber hinaus in einigen Fällen ein Schüleraustausch.

Von den Früchten dieser Kontakte profitieren auch die „Neulinge“ der von den Kreisverbänden organisierten Ostpreußenfahrten. Herzerfrischende Begegnungen mit den Einheimischen – zum Teil Mitglieder der deutschen Vereine im polnischen, russischen und im litauischen Teilgebiet Ostpreußens – und offizielle Empfänge stehen auf dem Programm.

Hilfreich sind die umfangreichen Beziehungen und Kenntnisse der Kreisgemeinschaften aber auch für Individualreisende. Viele Kreisgemeinschaften wie zum Beispiel Lyck (www.lyck.de) beraten gerne Deutsche, die auf eigene Faust den Osten erkunden möchten. In jedem Fall lohnt es sich, während der Planungsphase die Internetseiten der Kreisgemeinschaften zu besuchen. Dort finden sich wertvolle Tipps und Hinweise.

Zum Beispiel, wenn es um die nötigen Formalien geht: Für Reisen zwischen Deutschland, Polen und Litauen gilt seit dem 1. Mai 2004 Reisefreizügigkeit. Zur Einreise deutscher Staatsangehöriger ab 16 Jahren in diese Länder genügt ein Personalausweis. Kinder bis zum 16. Lebensjahr dürfen mit einem Kinderausweis nach Polen einreisen oder in Begleitung der Eltern, wenn sie in deren Reisepass eingetragen sind.

Der nordöstliche Teil Ostpreußens mit dem Königsberger Gebiet gehört zur Russischen Förderation. Zur Ein- und Ausreise (von und in die Europäische Union) sowie bei Transitreisen sind ein Visum und ein Reisepass erforderlich. Für Kinder und Jugendliche ist auch der Kinderreisepass zulässig. Pässe sollten sechs Monate über das Ausreisedatum hinaus gültig sein, In der Praxis werden oft auch solche mit geringerer Laufzeit akzeptiert, auf jeden Fall sollte sie aber mindestens drei Monate betragen.

Ohne weiteres lässt sich eine Reise in alle Gegenden Ostpreußens mit einer Weiterfahrt in die angrenzenden Gebiete der EU-Länder Polen und Litauen verbinden. Für eine Grenzüberschreitung von Litauen zurück in die Russische Föderation, also bei einer Rückkehr aus dem ehemaligen Memelland oder vom litauischen Teil der Kurischen Nehrung in den nördlichen Teil Ostpreußens, ist ein Doppelvisum nötig. Bei organisierten Gruppenreisen werden solche Formalitäten vom Reiseveranstalter übernommen. Dazu gehören auch die Visa-Bestellung und die damit verbundene Anmeldebestätigung der Hotels, In der Russischen Föderation ist dies eine Auflage, die für alle Reisenden aus EU-Ländern gilt. Die Reiseveranstalter informieren alle Teilnehmer auch über zu beachtende Vorkehrungen hinsichtlich der Gesundheitsvorsorge. Der Abschluss einer Auslandskranken- und Flugrettungsversicherung zum Beispiel bei der Deutschen Rettungsflugwacht wird empfohlen.

Weitere Reisetipps sowie empfehlenswerte Reiseführer sind auch auf www.ostpreussen.de, der umfangreichen Internetseite der Landsmannschaft, zu finden. Einfach den Button „Ostpreußen“ anklicken und dort den Unterpunkt „Reisen“ aktivieren.

Dagmar Jestrzemski


Säbel, Blut und Liebe
Im Ostheim: Ein spannendes Seminar über Ostpreußen im Film

Die Filme waren gut ausgewählt, der Zeitplan straff organisiert, die Anwesenden diszipliniert, und nur selten kam die große Glocke des Seminarleiters Sebastian Husen zum Einsatz. So ergab sich ein spannendes Seminar, dem sichtlich alle Teilnehmer motiviert und mit großem Interesse folgten.

„Ostpreußen in Spiel- und Dokumentarfilmen vor 1945“ hieß die Veranstaltung der Landsmannschaft und des Bundesarchivs vom 13. bis 15. März im Ostheim in Bad Pyrmont. Sebastian Husen, der Geschäftsführer der LO, hatte sich dafür mit Evelyn Hampicke fachkundige Unterstützung geholt. Die Mitarbeiterin der Abteilung Filmarchiv des Berliner Bundesarchives hielt vor jedem Film einen kurzen Einführungsvortrag.

Insgesamt sieben Filme standen auf dem Programm. Die Seminarteilnehmer betrachteten sie unter unterschiedlichen Aspekten. Erstens waren das Bilder der Kindheit. Sie zeigten das Ostpreußen, das man aus den Erzählungen der älteren Familienmitglieder kennt. Zweitens war da auch die Sichtweise auf das, was an Zeitgeschichte und ideologischen Aussagen transportiert wurde. Die Provinz war mit ihrer Insellage eine beliebte Bühne für spannende Geschichten. Der Ostpreuße war der gute, heimattreue Deutsche. Ihm gegenüber agierte der böse, entwurzelte Eindringling.

Der erste Film trug den Titel „Tannenberg“. Untertitel: „Ein Film nach Dokumenten über die Schlacht von Tannenberg“. Die Außenaufnahmen für den Streifen wurden im Sommer 1932 an den Masurischen Seen, die Innenaufnahmen in den Ufa– Ateliers in Babelsberg abgedreht. Dieser Dokumentarspielfilm ist so durch das militärische Geschehen geprägt, dass hier die Handlung nur eine Nebensache ist.

Der zweite Film trug den Titel „Die Sporkschen Jäger“. Das Drehbuch entstand in Anlehnung an den Roman „Das Bataillon Sporck“ von Richard Skowronek. Der Streifen, ein Wilderer- und Militärfilm, ist ein Vorbote der zahlreichen Heimatfilme der 1950-er Jahre. Militärkritisch und humorvoll zugleich kam 1934 zur Uraufführung. Vermutlich haben die Seminarbesucher im Ostheimkino auch an den gleichen Stellen gelacht wie die Premierenzuschauer vor 81 Jahren.

Der folgende Film spielte in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Mit dieser Produktion sollte der kriegerische Einsatz sogenannter Freikorps gerechtfertigt werden. Auch wenn die Handlung des Films in Ostpreußen spielt, wurde er vollständig in den Münchener Bavaria-Ateliers gedreht. Der Titel: „Henker, Frauen und Soldaten“ – ein Kriegsdrama mit viel Säbel, Blut und Liebe.

Mit Blut ging es dann weiter. Der nächste Filmtitel lautete „Junges Blut“. In der Geschichte von 1936 drehte sich alles um Land und Liebe. Unterschwellig transportierte der Film die Heroisierung des Bauerntums und das Werteschaffen durch Handarbeit. Interessant nicht nur, dass es bei diesem Film keine Atelieraufnahmen gab, sondern auch masurische Bewohner kleine Rollen übernahmen. Die Welt im Film schrieb auf der ersten Seite: „Ein Film Masurens: Junges Blut. Eine erfolgreiche Königsberger Welturaufführung in den Alhambra-Lichtspielen. Ein Film mit dem Prädikat volksbildend und künstlerisch wertvoll.

Der fünfte Film war die Romanverfilmung von Hermann Sudermanns „Der Katzensteg“. Einer der Seminarteilnehmer kommentierte den Film ironisch: „Mutter und Vater kannst du totschlagen, das ist schlimm ..., aber das Vaterland zu verraten ist viel, viel schlimmer.“

Der nächste Film trug den Titel „Heimweh“ – eine Produktion aus dem Jahr 1937. Ein ostpreußischer Heimatfilm mit schönen Aufnahmen der Kurischen Nehrung. Der Film transportiert das Bild des guten, heimatliebenden Deutschen und die Fremde, die voller Gefahren ist. Der Schlussfilm „Reitet für Deutschland“ war ein großer Kassenerfolg für seine Macher. Die Premiere fand 1941 in 24 deutschen Städten gleichzeitig statt. Dieser „staatspolitisch wertvolle Film“ wurde nach einer wahren Begebenheit zum Andenken an den Rittmeister Freiherr von Langen gedreht.

Jeder Film hat einen Nachspann und so sollen auch hier alle erwähnt werden, die an dem Erfolg des Seminars ihren Anteil hatten. Seminarleitung: Dr. Sebastian Husen, Landsmannschaft Ostpreußen. Wissenschaftliche Leitung: Evelyn Hampicke, Bundesarchiv. Teilnehmer: 52 Ostpreußenfreunde aus dem gesamten Bundesgebiet – mehr Teilnehmer waren „übernachtungstechnisch“ nicht möglich.

Besonderer Dank geht an: Herr und Frau Winkler und das gesamte Team des Ostheims.

Andreas Galenski, (Der 52-Jährige Industriemeister Galenski nahm als Schriftführer des Heimatkreises Allenstein- Land am Seminar teil.)


S. 21 Reise

Dem Himmel ganz nah
Ballonfahrt über die Tuffstein-Region Kappadokiens − In der Luft wie am Boden reicht man Gott die Hand zum Gruß

Der Höhepunkt jeder Kappadokien-Reise ist eine Ballonfahrt über die weltweit einmalige Landschaft mit ihren bizarren Kegeln aus Tuffstein. Jetzt im Frühjahr beginnt die Ballon-Saison.

Für eine solche Fahrt im Heißluftballon heißt es früh aufstehen: Gegen fünf Uhr morgens, rechtzeitig vor Sonnenaufgang, wird man vom Hotel abgeholt und zum Abfahrtspunkt zwischen Uçhisar und Göreme gefahren. Sonnenaufgang ist der ideale Zeitpunkt zum Start, denn die sich in der Sonne langsam erwärmenden Berghänge erzeugen eine günstige Thermik. In Kappadokien sind die Wind- und Wetterverhältnisse so günstig, dass die Ballons an 300 Tagen im Jahr starten können.

Während fleißige Helfer den Ballon mit Hilfe des Heißluft-Brenners startklar ma­chen, werden die Touristen vom Ballonpiloten in die Sicherheitsvorschriften eingewiesen. Dann geht es ans Entern des Korbes – jeweils fünf Personen in eine der vier abgeteilten Sektionen, macht 20 Passagiere plus Pilot. Zunächst steigt der Ballon zum Eingewöhnen nur ein paar Meter hoch, dann zwischen zwei spitzen Kegeln hindurch in immer luftigere Höhen, und schließlich, zum krönenden Abschluss der einstündigen Fahrt, hoch auf fast 1000 Meter mit grandiosem Blick über das Land und auf die zahllosen anderen bunten Ballons, die gleichzeitig mit uns in der Luft sind. Dabei dreht der Pilot den Ballon ständig ganz langsam um die eigene Achse im Kreis, so dass jeder Passagier jede Perspektive ausgiebig genießen und fotografieren kann.

Die Entstehungsgeschichte dieser schier unglaublichen Landschaft erfahren wir von Adnan, unserem Reiseleiter: Das Rezept sei eigentlich ganz einfach, sagt er. Man nehme eine genügende Anzahl von Vulkanen, lasse sie ein paar Millionen Jahre lang kräftig spucken, und das in genau festgelegter Reihenfolge: zunächst feines und lockeres Material, das zu Tuffstein erstarrt, danach obendrauf schwere, harte Brocken von Magma. Dann füge man Wasser in Form von Regen hinzu und lasse dieses Rinnen in den weichen Tuffstein graben. Dort, wo hartes Magma oben liegt, schützt dies den darunter liegenden Tuff − und fertig sind nach ein paar weiteren Jahrtausenden Erosion die Tuffsteinkegel mit Magma-Hut.

Den ersten Menschen, die das Hochland von Zentral-Anatolien besiedelten, war diese Erklärung mangels moderner Kenntnisse noch nicht möglich. Und selbst wenn, wäre sie ihnen unglaubwürdig, weil viel zu profan erschienen. Ihrer Meinung nach erschufen und bewohnten Geister die hoch aufragenden Felskegel mit den Zipfelmützen, die sie auf den poetischen Namen „Feenkamine“ tauften. Späteren Reisenden, die das Tal besuchten, fielen dann Bezeichnungen ein wie „Phallussymbole“ oder gar „Schlumpfhäuser“. Den Einheimischen dienten die Türme wie auch die umgebenden Felsen mit ihren Höhlen seit jeher als Unterkunft und Vorratslager für Nahrung. Nicht nur einzelne Wohnungen, sondern ganze Höhlensysteme, wie die unterirdische Stadt Derinkuyu, gruben die Menschen in das weiche Gestein, das im Sommer gegen Hitze und im Winter gegen Kälte bestens isoliert.

Das Tal von Göreme zählt darüber hinaus zu den frühesten Orten des Christentums. Bereits im dritten Jahrhundert lebten in den Höhlen christliche Mönche, die sich an diesem abgelegenen Ort des Römischen Reiches vor Verfolgung retten und als streng asketische Eremiten ihren Glauben leben konnten. Auch ein berühmter Heiliger, Georg der Drachentöter, stammt der Legende nach aus Kappadokien.

Unter Kaiser Konstantin erhielten die Christen im Jahr 313 schließlich Religionsfreiheit und konnten sich ungehindert entfalten – nicht zuletzt auch künstlerisch. Ab dieser Zeit entstanden im Tal von Göreme nicht weniger als acht in den Fels gemeißelte Kirchen, die im byzantinischen Stil ausgemalt wurden. Die frühesten Malereien wie die in der „Apfelkirche“ und der „Barbarakirche“ sind einfarbige, eher schlicht gehaltene Rötelzeichnungen. Die prächtigen bunten Wandbilder wie die in der „Dunk­len Kirche“ und in der „Schnallenkirche“ entstanden etwa um das Jahr 1000. Sie zählen zu den schönsten Wandmalereien Kappadokiens und zu den Höhepunkten by­zantinischer Kunst. Das Tal mit seinen Höhlenkirchen gehört zum Unesco-Weltkulturerbe und ist heute ein Freilichtmuseum.

Religion ist damals wie heute ein wichtiger Aspekt im Le­ben der Menschen Anatoliens. Das spürt man be­sonders in der Stadt Konya. Hier steht das Mausoleum des bedeutendsten islamischen Dichters und Mystikers Anatoliens: Dschelalladin Rumi, ge­nannt „Mevlana“, was so viel bedeutet wie „unser Herr“. Er lebte im 13. Jahrhundert, stammte aus Persien, war Religionsgelehrter in Konya und ist bekannt als geistiger Vater der tanzenden Derwische. Den Orden hat er zwar nicht selbst begründet, doch nach seinem Tod formierten sich unter seinem Sohn die „Mevlevi-Derwische“, was so viel heißt wie „zu Gott gehörend“. Ihr zeremonieller Gottesdienst vollzieht sich in Form eines Reigentanzes mit sich drehenden Tänzern in weit schwingenden Gewändern, bei dem jedes Detail eine tiefe geistig-religiöse Bedeutung hat. Die „Sema“, so der Name der Zeremonie, steckt voller Symbole.

Auch wenn man als Tourist nicht jedes Detail versteht, er­schließt sich bei einem Besuch der Zeremonie doch eines: Obwohl es sich − äußerlich gesehen − um eine Folklore-Schau für zahlende Zuschauer handelt, ist die Sema in ihrem Kern ein Gottesdienst und Ausdruck der Verehrung für Mevlana, ihren Meister. Dieser ist denn auch bei jeder Sema präsent: Ein rot gefärbtes Schafsfell, das von den Tänzern und Musikern zu Beginn mit einer tiefen Verbeugung begrüßt wird, symbolisiert den mit Gott vereinigten Meister.

Wer sich mit dessen Dichtung befasst, ist erstaunt über die Toleranz und Brüderlichkeit gegenüber allen Menschen, egal, welchen Glaubens: „Wer du auch bist, Gläubiger oder Ungläubiger, Ketzer oder Götzenanbeter, hier ist das Tor zur Hoffnung, komm so, wie du bist.“ Angelika Fischer


Fossile Erinnerung
Das Altmühltal lockt mit Wanderwochen

Dort, wo die Altmühl in die Donau mündet, thront hoch über beiden Flüssen die Befreiungshalle. Tausende Besucher lockt dieses in den 1850er Jahren entstandene Monument zum An­denken an die Befreiungskriege gegen Napoleon in die Gegend. Von dort ziehen die meisten Touristen die Donau entlang Richtung Regensburg. Das Altmühltal lassen dabei viele links liegen. Ein Fehler! Denn dieses Natur- und Kulturjuwel zwischen Gunzenhausen und Kelheim ist ein Paradies für Rad- und Fußwanderer. Auf dem 246 Ki­lometer langen, bestens ausgebauten Altmühlradweg kann man von Rotenburg ob der Tauber bis zur Flussmündung in die Do­nau die Schönheiten des Tals sowie zahlreiche Sehenswürdigkeiten erleben.

Nach der Befreiungshalle bei Kelheim findet sich flussaufwärts der Ort Riedenburg mit der Burg Prunn, woher eine Handschrift des Nibelungenliedes stammt. Im Ort selbst ist im Kristall-Museum die größte Bergkristallgruppe der Welt zu bestaunen. Weiter über Beilngries, wo sich der Main-Donau-Kanal in der Altmühl fortsetzt, landet man nach einigen Schleifen in Eichstätt, der barocken Bischofs- und Universitätsstadt. Vom 11. bis 26. April finden hier die Eichstätter Wanderwochen statt. Unter dem Motto „Frühlingserwachen im Altmühltal“ wird mit zahlreichen Veranstaltungen die Wandersaison er­öffnet. Auf geführten Touren kann man so Eichstätt und Umgebung erwandern. Dabei geht es fluss­aufwärts auch bis Dollnstein, jenem Ort, der mit seiner steilen Felsgruppe der „Zwölf Apostel“ viele Kletterer anlockt. Nur ein Stück weiter befindet sich Solnhofen, das mit seinem Plattenkalk weltbekannt ist. Die po­lierten Platten, in denen Fossilien eingeschlossen sein können, sind in vielen Gebäuden verbaut worden. Im nahen Steinbruch fand man 1861 so auch den Urvogel Archaeopteryx. Nur wenige Kilometer weiter kommt man zu den Pappenheimern. Seit dem Schiller-Zitat kennt jedes Kind die Bewohner des Ortes Pappenheim. Über Treuchtlingen sind wir in Gunzenhausen, der größten Stadt an der Altmühl, am Ziel unserer schnellen Reise. Harald Tews

Für die Teilnahme an den geführten Wanderungen ist eine Anmeldung bei der Tourist-Information Eichstätt erforderlich: Telefon (08421) 6001-40, E-Mail touris­mus@eichstaett.de. Die Gebühr beträgt 6 Euro. Zusätzlich gibt es ein Pauschalangebot für zwei Hotel-Übernachtungen (ab 86 Euro pro Person) mit kostenloser Teilnahme an den Wanderungen.


Mit ausgestreckter Zunge
Das dänische Aalborg, das eigentlich Ålborg heißt, hat nicht nur Hochprozentiges zu bieten

Der Name der Stadt am Limfjord auf der dänischen Halbinsel Jütland ist weltweit bekannt für Hochprozentiges, das man an seinem Produktionsort, einem Industriegebäude aus roten Klinkern am Hafen von Aalborg, bei einer Werksführung auch verkosten kann. In Deutschland ist der Schnaps mehr unter dem Namen Malteserkreuz Aquavit bekannt, benannt nach dem Kreuz der Malteserritter, das auch weithin sichtbar auf dem Dach der dänischen Fabrik steht. Nur in Deutschland wird der Hochprozentige unter Lizenz unter diesem Namen destilliert. Streng nach dänischem Rezept. Das zu erklären, würde aus diesem Reisebericht einen juristischen Fachartikel machen.

Rechtlich kompliziert ist auch die Schreibweise Aalborg. Denn im Zuge der dänischen Rechtschreibreform von 1948 wurde die Stadt offiziell in „Ålborg“ umbenannt, was aber bei den Stadtbehörden und von der Bevölkerung nie richtig akzeptiert wurde. Folglich darf man seit dem Jahr 1984 den Namen auch mit dem doppelten „A“ schreiben. Das wurde bei den Bürgern der Stadt inzwischen zu einem Identifikationssymbol, auch wenn die dänische Sprachkommission weiterhin empfiehlt, den Namen mit dem Kreis über dem A zu schreiben, den die Skandinavier „bolle“ nennen.

Aber dies soll ja auch kein linguistischer Fachartikel sein, sondern ein Reisebericht. Und der führt direkt vom Hafen weg ins Stadtzentrum, zur Østerågade. Dort steht Jens Bangs Stenhus, das wohl schönste Renaissance-Bürgerhaus Dänemarks, das 1624 von dem Kaufmann Jens Bang gebaut wurde und ebenfalls ein Monument einer gewissen Eigenwilligkeit ist. Bang war ein erfolgreicher Kaufmann, der zu seiner Zeit zu den reichsten Männern Dänemarks gehörte. Aber ob­gleich er ein Halbbruder des Aalborger Bürgermeisters war, gelang es ihm nie, in der Stadt ein offizielles, angesehenes Amt zu bekleiden. Er war wegen seiner Streitlust unbeliebt, weil die auch vor körperlichen Auseinandersetzungen nicht zurückschreckte. Trotzdem schien ihn diese Zu­rück­setzung gekränkt zu haben.

Denn als sein prächtiges, fünf Stockwerke hohes Haus endlich fertig war, im Stil der holländischen Renaissance, die damals bei Kaufleuten in Norden Europas den Stil prägte, erkannten etliche seiner Widersacher sich in den Stuckelementen und eisernen Geländerverzierungen als Karikaturen wieder. Aber auch der Kopf des Baumeisters selber ist zu sehen. Das Gesicht ist dem gegenüberliegenden Rathaus Gammel­torv zugewandt − mit weit herausgestreckter Zunge.

Die Arbeiten sind künstlerisch gut gestaltet, denn Bang hatte guten Kontakt zum Dänenkönig Christian IV. und konnte deshalb die besten Künstler des Landes beauftragen, die sonst überwiegend für den dänischen Hof tätig waren. Verbittert aber scheint der erfolgreiche Kaufmann nicht gewesen zu sein. Im Jahr 1637 gründete er gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Stiftung, die 26 verarmten Menschen Obdach bot.

Aalborg wuchs an einer Stelle, an der der Limfjord so schmal ist, dass er überbrückt werden kann. Diesen wichtigen Übergang ließ Dänenkönig Christian III. im 16. Jahrhundert durch die Festung Schloss Aalborghus sichern, die mit ihren Kasematten noch heute besichtigt werden kann.

Modern wird es dagegen an der neu gestalteten Hafenpromenade. Besonders das futuristische Tagungs- und Ausstellungszentrum Utzon Center des dänischen Architekten Jørn Utzon fällt ins Auge. Dass er außergewöhnliche Gebäude entwirft, hat er auch schon in Sydney unter Beweis gestellt. Das weltberühmte Opernhaus der australischen Stadt ist ebenfalls auf seinem Reißbrett entstanden. Während im Tagungsgebäude nur selten Musik erklingt, sprudeln vor der historischen königlichen Zollkammer (Kongeligt Toldkammer) in der Nähe der Hafenkante in regelmäßigen Abständen aus der modernen Brunnenanlage Fontänen zu den Klängen von Händels Wassermusik. Eigel Wiese


S. 22 Neue Bücher

Von Shaw bis Wells
Proteste gegen Versailles

„Mitten im Frieden überfällt uns der Feind“ – Wilhelm II. persönlich hat den Buchtitel formuliert. Er ist ein wörtliches Zitat aus der Rede des deutschen Kaisers, die er am

6. August 1914 hielt. Mit ihr begann für die Deutschen der Erste Weltkrieg, an dem sie sich unschul­dig fühlten und in dem sie nicht weniger als andere litten, doch mehr hungerten. Darum traf sie im Juni 1919 schmerzlich Artikel 231 des Versailler Vertrags, der „Deutschland und seinen Verbündeten“ die Alleinschuld am Krieg zusprach. Diese Schuldzuweisung diente als Vorwand, Deutschland 13 Prozent seines Territoriums und zehn Prozent seiner Bevölkerung zu nehmen.

Solche Aufrechnungen interessieren den Autor und Historiker Stefan Scheil, Jahrgang 1963, wohnhaft im rheinlandpfälzischen Neuhofen, in seinem neuen Buch nur am Rande. Er macht uns dagegen Quellen zugänglich, die dem Leser mehr als jede neue Studie verdeutlichen, wie zielstrebig die späteren Siegermächte zuvor auf den Krieg zusteuerten. Die Zahl und Qualität dieser Quellen ist erstaunlich, überrascht aber angesichts des Autors nicht. 1997 legte er seine Dissertation zur Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs vor, die zu ihrer Materialfülle manches Lob erntete.

Von diesem Sammlerfleiß profitiert auch das vorliegende zweite Buch. Es sammelt Aussagen, Memoranden, Berichte von Leuten, die vor rund 100 Jahren prominent waren und der Verurteilung Deutschlands nicht zustimmten. Dabei fand Scheil einige Perlen, deren strahlendste er zum Schluss referiert: Den „britischen Appell an das Gewissen“ von 1925, signiert von 74 „unsterblichen“ Zeugen wie zum Beispiel den Literaten George Bernard Shaw und H.G. Wells sowie den Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes. Es missfiel den 74, „dass die Sieger ... über die Besiegten Urteil sprechen sollten“, dass „Deutsche vor von ihren Feinden gebildete Gerichte gestellt und ... bestraft werden“.

Auf einen Effekt durften die prominenten Signatare nicht hoffen, auch andere nicht, die längst vergessen, aber immer noch lesenswert sind: Der US-General Smedley Butler behauptete „Krieg ist Betrug“ und rechnete das an Profiten der US-Konzerne vor. Der britische Diplomat Henry White bezeichnete die kriegerische Aggressivität seiner Landsleute als Kehrseite des britischen Minderwertigkeitskomplexes in Ökonomie und Technik. Der britische Ex-Minister Richard Haldane zeigt sich als wohlinformierter Zeuge fehlender deutscher Kriegsbereitschaft. Dennoch war die US-Agitation gegen Deutschland als „Zentrum alles Bösen“ wirkungsvoller. Gleiches gilt für die französisch-russischen Abmachungen von 1892. Ihr erklärtes Ziel: „Deutschland zu vernichten und wieder in Kleinstaaten aufzuteilen“.

Bis in die jüngste Zeit beherrscht die Propaganda der Siegermächte die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg. Der Autor erklärt dazu, wenn es um die heutige Sicht auf die wirklichen und unterschiedlichsten Ursachen des Ersten Weltkrieges geht: „Der Einfalt der Gegenwart darf nicht erlaubt werden, die vergangene Vielfalt zu vergessen.“ Wolf Oschlies

Stefan Scheil: „Mitten im Frieden überfällt uns der Feind“ – Vergessene Wahrheiten des Ersten Weltkriegs – Die Schuld der Sieger in den Debatten der zwanziger Jahre“, Landt Verlag, Berlin 2014, gebunden 268 Seiten, 29,80 Euro


Allerbeste Arbeit
Historiker jubeln – Die Scharnhorst-Edition liegt komplett vor

Große Editionen sind für Historiker gewissermaßen das Salz in der Suppe. Meist sind es teure, sich über Jahre hinziehende Unternehmen, die das beackerte Terrain hinterher anders aussehen lassen als vorher, einfach weil man jetzt viel mehr weiß. Gerade dieser Tage wurde mit der Auslieferung des achten und letzten Bandes mit privaten und dienstlichen Schriften Gerhard Johann David von Scharnhorsts eine besonders aufwendige und verdienstvolle Edition abgeschlossen.

Der preußische General und Heeresreformer von Scharnhorst (1755–1813) hat, was Ansehen und Anerkennung betrifft, alle politischen Umbrüche unbeschadet überstanden. In der Kaiserzeit war er ebenso angesehen wie später im NS-Regime. Die DDR benannte nach ihm ihren höchsten Militärorden. Bei der Bundeswehr trugen und tragen Schiffe und Kasernen seinen Namen.

In der Tat war der nahe Hannover geborene, ab 1801 in preußischen Diensten stehende Scharnhorst ein ungewöhnlicher Mann. Wegen seiner niederen Herkunft kam er „nur“ bei einer technischen Truppe, der Artillerie, unter, wohin es freilich die meisten der intelligenteren Offiziere zog. Im Felde ungewöhnlich tapfer und hochgeehrt, widmete er sich ab 1802 in Berlin intensiv einer besseren Ausbildung junger Offiziere. Aus der Katastrophe von Jena und Auerstedt ging die von ihm geführte Einheit erfolgreich hervor. Als ihm im Zuge der preußischen Reformen die Heeresreform übertragen wurde, schnitt er rigoros alte Zöpfe ab, schuf mit dem sogenannten „Krümpersystem“ die Grundlagen der dann 1813 offiziell eingeführten allgemeinen Wehrpflicht und setzte in den beginnenden Befreiungskriegen ganz stark auf das sich erhebende Volk. Aus einem Söldnerheer musste und sollte ein Volksheer werden.

Sein Ungestüm endete für ihn tragisch. Gleich im ersten Treffen gegen Napoleon am 2. Mai 1813 bei Großgörschen wurde er am linken Knie verwundet. Die anfangs harmlose Verletzung ignorierend, war er ständig in militärischer und politischer Mission unterwegs, was der geschwächte Körper auf Dauer nicht aushielt. Am 28. Juni 1813 ist er in Prag gestorben.

Die jetzt beendete Edition wurde von Historikern in Köln und Berlin erarbeitet. Der erste Band war bereits im Jahr 2002 erschienen. Er wie auch Band 2 dokumentieren Scharnhorsts Teilnahme am Krieg und die Reformbemühungen in seiner hannoverschen Zeit.

Ab dem dritten Band ist seine rastlose Arbeit in und für Preußen dokumentiert: die Einrichtung neuer Lehranstalten, die Jahre vor Jena und Auerstedt, die Zeit als Leiter der Heeresreform-Kommission, die politisch-diplomatischen Bestrebungen zur Erhebung gegen die französische Herrschaft und – jetzt der achte und letzte Band – der Beginn der Befreiungskriege.

Dieser achte Band enthält fast 500 Briefe und Aufzeichnungen, darunter manche Nachträge aus früheren Jahren und neben dienstlichen Schreiben auch persönliche Briefe vor allem an die geliebte Tochter Julie. Sie zeigen Scharnhorst, wie schon in den früheren Bänden, wenn es um die geliebte Ehefrau Klara geht, als liebevollen und fürsorglichen Ehemann und Vater.

Im Dienst aber war er ein Mensch mit großer Durchsetzungskraft: Alles dreht sich für ihn darum, gegen vielfachen Widerstand (nicht zuletzt des Königs selbst) eine schlagkräftige, im Volk wurzelnde Armee aufzubauen. An den Freiherrn vom und zum Stein, ebenfalls ein Reformer, schreibt er im April 1813: Er wiederhole, „dass es für den glücklichen Ausgang des Krieges unumgänglich nöthig sei, die Völker in das Interesse zu ziehen, weil ein sicherer Erfolg nicht von der stehenden Armee allein erwartet werden darf.“

Der Edition kann man allerbeste historiografische Arbeit bescheinigen. Ihr leider unumgänglich hoher Preis von 99 Euro macht sie sicherlich nicht für jeden erschwinglich. Aber Landes- und Stadtbibliotheken, auch regionenbezogene Bibliotheken und Museen, gerade solche zu Preußen und Osteuropa, sollten diese Edition vorrätig halten. Nicht nur ist jedes Schriftstück mit Anmerkungen versehen; ausführliche Register erschließen Denkschriften und Aufzeichnungen ebenso wie viele Lebensläufe aus Politik und Militär. Das geografische und das Namensregister schlüsseln die Namen für alle acht Bände auf. Besonders gelungen erscheint ein Glossar damaliger militärischer und ziviler Fachbegriffe – eine wahre Fundgrube.

Umso bedauerlicher ist, dass mitten in die Niederschrift dieses Textes die Nachricht fiel, dass der Mitherausgeber Johannes Kunisch am 2. März im Alter von 78 Jahren gestorben ist. Kunischs erstmals 2002 vorgelegte Biographie Friedrichs des Großen gilt längst als Meisterwerk. Die Scharnhorst-Edition ist nun sein Vermächtnis. Sie setzt einem der großen Preußen ein würdiges Denkmal. An seinem Lebenslauf zeigt sich, wie ein völlig zerstörtes Land aus eigener Kraft, mit großer Energie und andauernder Tatkraft, wieder auf die Beine kommen kann. Dirk Klose

Tilman Stieve (Bearb.), Johannes Kunisch und Michael Sikora (Hg.): „Gerhard von Scharnhorst. Private und dienstliche Schriften. Band 8: Der tragische Vollender“, Böhlau Verlag, Köln Weimar Wien 2014, gebunden, 1020 Seiten, 99 Euro


Einblick in die Welt des 16. Jahrhunderts
Wenig ist über Paracelsus bekannt – Eine Biografie bringt uns den streitbaren Mediziner und Alchemisten jetzt nahe

Der Name des großen Gelehrten ist auch heute noch allgemein geläufig. Theophrastus Bombastus von Hohenheim, der sich 1529 Paracelsus nannte, ist bekannt für sein Wirken als Arzt und in der Arzneimittelkunde. Dabei ist im Vergleich zu anderen Gelehrten und Reformatoren, die an der Schwelle zur Neuzeit lebten, wenig über ihn bekannt, und davon ist vieles ungesichert und umstritten. Heftig angefeindet wurde er auf jeden Fall zu seiner Zeit als Neuerer. Andererseits zeigte er sich äußerst streitbar, was, vorsichtig gesagt, seiner Karriere nicht sonderlich förderlich war. Unstet war dieses Leben, gekennzeichnet von vielen Ortswechseln und ausgedehnten Reisen. In Philosophie, Religion und Alchemie – letzteres galt zu dieser Zeit als Wissenschaft – hinterließ er mindestens ebenso reichlich Spuren wie in der Heilkunde und auf anderen Gebieten. All dies zeigt Pirmin Meier in seinem Buch „Paracelsus. Arzt und Prophet“.

Meier, geboren 1947 im Kanton Aargau, ist promovierter Germanist. Er arbeitet als Gymnasiallehrer und Schriftsteller. Für sein Werk wurde er mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt. Auch der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ war „Paracelsus. Arzt und Prophet“ einiges Lob wert. Aber worum handelt es sich? Keinesfalls um eine klassische Biografie. Man muss sich ein wenig auf das Werk einlassen. Es ist die Epoche der Reformation und umwälzender Neuerungen in den Naturwissenschaften sowie im Geistesleben. Im unmittelbaren Umfeld Paracelsus wirkte der Reformator Ulrich Zwingli.

Meier beschränkt sich nach einer kurzen, über die gesicherten Lebensdaten orientierenden Einleitung zunächst darauf, die Zeit des Paracelsus in Sankt Gallen, wo dieser 1531/32 wirkte, intensiv auszuleuchten. Dieser Zugang führt mitunter von der Person des Gelehrten weg oder muss sich mangels gesicherter Fakten ins Spekulative begeben. Der auf diese Weise gewonnene Einblick in die Welt des Paracelsus hingegen ist beeindruckend, auch wenn es sich nur um einen vergleichsweise kleinen Ausschnitt aus diesem nicht ganz 50-jährigen Leben handelt. Man begegnet Sankt Gallener Bürgern und Gelehrten wie Bartlome Schobinger, Johannes Rütiner oder dem großen Humanisten und Arzt Vadianus. Deren Lebensgeschichten sind ebenso Bestandteil der Darstellung wie etwa die Betrachtungen des Paracelsus über den Regenbogen und seine daraus gezogenen meteorologischen Schlüsse.

Meier liefert weniger eine fortlaufende Erzählung als ein Bild – mit großer Freude am farbigen und ausgearbeiteten Detail. Der rote Faden, Paracelsus, geht zwar nie verloren, aber der Konzentration und dem Einfühlungsvermögen des Lesers in eine spürbar weit zurückliegende Zeit wird doch so einiges abverlangt. Paracelsus kommt mittels seiner oft erst postum publizierten Schriften häufig selbst zu Wort. Die Ausflüge in die Wirkungs-, vor allem aber die Forschungsgeschichte, überschreiten zuweilen sicherlich die Grenze zum reinen Fachbuch – was es ja, trotz allen Anspruchs und der unbestrittenen Kennerschaft des Autors, nicht sein will.

Nach dem ausführlichen Teil über die Zeit in Sankt Gallen setzt der Autor noch einmal mit der Geburt des Gelehrten ein und stellt im zweiten Teil seines Buches vor allem das Werk des Paracelsus mit den vielfältigsten, bis in die unmittelbare Gegenwart reichenden Verknüpfungen dar. Daher eine kleine Warnung: Sofern man kein Spezialist für die europäische Geisteswelt des frühen 16. Jahrhunderts und deren Rezeption ist, hat man bei der Lektüre mehr als einen Kampf zu bestehen – am Ende wird man aber belohnt mit dem Gefühl, in genau diese Welt eingedrungen und einem der bedeutendsten Gelehrten dieser Zeit so nahe als möglich gekommen zu sein.

Erik Lommatzsch

Pirmin Meier: „Paracelsus. Arzt und Prophet“, Unionsverlag, Zürich 2013, gebunden, 470 Seiten, 24,95 Euro


»Komplizierte Persönlichkeit«

Der Historiker Tilman Stieve (57) von der Universität Köln wirkt seit zehn Jahren als Bearbeiter an der Scharnhorst-Edition mit. Im Interview spricht er mit Dirk Klose über deren Entstehungsgeschichte und neugewonnene Forschungserkenntnisse.

PAZ: Wie kam es zur Edition, wer hatte die Idee und wie lange wurde an ihr gearbeitet?

Tilman Stieve: Nachdem die allerersten Anläufe am Ersten beziehungsweise am Zweiten Weltkrieg gescheitert waren, formulierte der Bonner Historiker Walter Hubatsch 1983 das Editionsprojekt neu. Nach dessen Tod nahmen es Johannes Kunisch und Michael Sikora 1990 in Angriff. Ich selbst stieß etwa fünf Jahre später dazu.

PAZ: Von welcher Seite wurden die Arbeiten gefördert?

Stieve: Finanziert wurde die Edition in erster Linie von der Gerda-Henkel-Stiftung und über das Militärgeschichtliche Forschungsamt vom Bundesverteidigungsministerium. Hinzu kamen Beiträge von fünf weiteren Stiftungen, auch zu der vom Geheimen Staatsarchiv besorgten Drucklegung.

PAZ: Im Buch heißt es, dass viele bislang noch unbekannte Dokumente aufgenommen worden seien. Welche Archive waren dafür am ergiebigsten?

Stieve: Nach dem schierem Volumen war es mit weitem Abstand das Geheime Preußische Staatsarchiv in Berlin. Danach folgten die Staatsarchive beziehungsweise Hauptstaatsarchive in Bückeburg, Darmstadt, Hannover, Potsdam und Wolfenbüttel.

PAZ: Ergeben sich durch die Edition neue Bewertungen der Person Scharnhorst oder anderer wichtiger Protagonisten der Befreiungskriege?

Stieve: Am ehesten für Scharnhorsts wenig dokumentiertes Privatleben. Hier werfen zum Beispiel die nun erstmals gedruckt vorliegenden zahlreichen Briefe an Friederike Hensel und ein langer Brief an seine Braut Klara Schmalz neues Licht auf seine komplizierte Persönlichkeit.


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Sag nie wieder »Gutmensch«! / Warum dieses Wort dringend verschwinden muss, wie man Gut und Böse auseinanderhält, und wozu wir uns mit Russland streiten sollen

Wie sorge ich dafür, dass eine Sache, die ich nicht hören will, auch keiner mehr sagt? Sprich: Wie setze ich ein Diskussionsverbot durch? Natürlich auf eine Weise, dass es niemand merkt, sonst fühlen sich die Leute ja bevormundet und kriegen mit, dass ich ihnen brutal über den Mund fahren will. Das macht sich nicht gut.

Also, wie fange ich es geschick­ter an? Nun, für alles, worüber man reden will, muss man ja erst mal einen Namen finden, einen Begriff. Damit die Leute nicht mehr darüber reden können, muss ich lediglich den Namen wieder aus der Welt schaffen.

Ist das wirklich so simpel? Oh ja, ein Beispiel: In den 90er Jahren haben wichtige Leute und ihre weniger wichtigen Hinterherläufer alles daran gesetzt, die Debatte über grassierenden Asylbetrug zu ersticken, die Deutschland damals ziemlich heftig durchgeschüttelt hat. Sie wollten, dass so viele Ausländer wie möglich ins Land kamen, daher musste das Gerede über den Betrug beendet werden.

Um das zu erreichen, erklärten sie das Wort „Asylbetrüger“ zum bösen Hetzbegriff von finsteren Ausländerhassern. Wer es zu benutzen wagte, war demnach als schlechter Mensch gekennzeichnet. Viele trauten sich da nicht mehr, über Asylbetrug und -betrüger zu sprechen. Die Aktion war ein Erfolg.

Ende vergangenen Jahres versuchten sie, den Erfolg mit der Vokabel „Lügenpresse“ zu wiederholen. Ein Komitee brandmarkte den Begriff als „Unwort des Jahres“.

Das ging leider ziemlich in die Hose. Durch die versuchte Brandmarkung hat der Vorwurf „Lügenpresse“ nämlich erst richtig Flügel bekommen und ist seitdem nicht mehr totzukriegen.

Trotzdem kann man es ja noch mal versuchen, dachte sich ein Journalist, und blies in einer großen Tageszeitung zum Sturm auf das Spottwort „Gutmensch“. Das liegt der linken Hälfte des politischen Spektrums schon seit Jahren wie Blei im Magen.

Um das ärgerliche Etikett ein für alle Mal loszuwerden, fährt der Schreiber gleich das ganz fette Geschütz auf und zetert: „Gutmensch sagen eigentlich nur noch Nazis und Idioten ohne sprachliches Feingefühl. Und manchmal – immer noch – Leute, die eine Klammer auf der Nase haben und von dem üblen Geruch nichts mitbekommen.“

Donnerwetter! „Nazi“, „Idiot“, „übler Geruch“ – da ist aber einer sauer! Nach langatmigen, ziemlich nichtssagenden Erörterungen über die Herkunft des geächteten Wortes und seine Verwendung in der Vergangenheit kommt er zum Schluss zu dem hammerharten Urteil: „Es ist völlig egal, ob die Nazis von früher das Wort erfunden haben. Entscheidend ist, dass die Nazis von heute sich den Begriff angeeignet haben.“ Klatsch!

Was bezeichnet „Gutmensch“ überhaupt? Ungeschickterweise bringt der Autor eine recht gute Erklärung von Harald Martenstein, der geschrieben habe: „Der Gutmensch glaubt, dass er, im Kampf für das, was er für das ,Gute‘ hält, von jeder zwischenmenschlichen Rücksicht und zivilisatorischen Regel entpflichtet ist.“

Mit anderen Worten: Der „Gutmensch“ ist einer, der Andersdenkende oder Leute, die anders reden als er, als „Nazis“, „Idioten“ oder Verbreiter „übler Gerüche“ diffamiert, weil er sich einbildet, für das Gute zu kämpfen und daher alles zu dürfen.

Wie Sie sehen, schießt der Autor des Kampfartikels gegen die Benennung von „Gutmenschen“ ein fulminantes Eigentor. Unbeabsichtigt demonstriert er darin, welche Sorte Mensch mit dem Wort zielgenau beschrieben wird: Die, zu der er selbst gehört.

Gutmenschen begegnen uns nicht allein in politischen Kämpfen, wo sie in ihrer unappetitlichsten Ausfertigung mit hassverzerrter Miene brüllend und prügelnd auf Polizisten und Andersdenkende losgehen. Es gibt sie auch im Alltag. Da sind beispielsweise die aggressiven Radfahrer: Weil sie glauben, mit ihrer Art der Fortbewegung die Welt zu retten, weil sie weder Strom noch Benzin verbrauchen, meinen sie, sich an keinerlei Regeln halten zu müssen. Wer das anders sieht und daraus kein Geheimnis macht, muss sich auf wüste Beschimpfungen gefasst machen. Habe ich selbst erlebt.

Gutmenschen sind geübte Heuchler, das zeigen sie uns sogar in der großen Weltpolitik. Mit eingeschränkter Erleichterung haben es unsere Staats- und Konzernmedien verkraftet, dass Marine Le Pens „rechtsextremer Front National“ beim ersten Durchlauf der französischen Kreiswahlen „nur“ so um die 25 Prozent erreicht hat.

Es sind dieselben Medien, die seit Anfang 2014 wie ein Mann hinter der „Majdan-Regierung“ der Ukraine stehen. Sie finden nichts dabei, dass dort Leute mit drinnen sitzen, die selbst ein strammer deutscher Rechts-ganz-außen-Erznationalkonservativer naserümpfend als „Nazis“ verurteilen würde. Tja, der „Gutmensch“ kann alles, darf alles, und ist daher auch für jede erdenkliche Heuchelei zu haben, ihr „Idioten“!

Dabei kann sich seine Position auch schon mal um 180 Grad drehen. Einst waren die deutschen Gutmenschen eher USA-kritisch. Heute marschieren die meisten von ihnen stramm unter dem Sternenbanner.

Was draußen in der Welt „gut“ ist und was „böse“, hängt daher im Wesentlichen davon ab, ob es den US-Interessen nützt. Für die Einsetzung der derzeitigen ukrainischen Regierung hat Washington bekanntlich mehrere Milliarden Dollar bezahlt. Daher muss die nun einfach zu den „Guten“ zählen, Nazis hin, „Rechter Sektor“ her.

Wozu Washington die Ukraine so dringend benötigt, hat George Friedman, Gründer und Chef der sehr einflussreichen US-Denkfabrik „Statfor“, Anfang Februar in Chicago vor erlauchter Runde kundgetan (siehe S. 8).

Nicht der islamische Terror oder iranische Raketen seien die größte Herausforderung für die Weltmachtstellung der USA, China erwähnt er gar nicht, sondern eine Annäherung zwischen Deutschland und Russland. Die zu verhindern sei schon seit 100 Jahren US-Politik.

Deutschland fanden die deutschen Gutmenschen schon immer übel. Ihrem Land in den Rücken zu treten war und ist ihnen eine moralische Pflicht. Egal, zu wessen Nutzen, diesmal eben zu dem der US-Weltmacht. So horchen sie seit Monaten die gesamte Bundesrepublik nach den verruchten „Putin-Verstehern“ ab. Das sind nämlich jene Burschen, welche eine Annäherung der beiden größten Völker Europas immer noch attraktiv finden. Deshalb ist ein deutscher „Putin-Versteher“ auch viel schlimmer als die braunen Bengel von Kiew.

Um Deutschland und Russland dauerhaft auseinanderzutreiben, baut Washington einen Sperr-Riegel zwischen die beiden von Finnland bis zum Schwarzen Meer, weshalb die Ukraine so wichtig ist und jeder Russenhasser dort ein Verbündeter, egal wie braun der sein möge.

Man stelle sich den Horror vor: Statt in die Falle von TTIP und Co. zu tappen, vereinbart Berlin mit Moskau ein umfangreiches Kooperations- und Handelsabkommen. Zu allem Überfluss womöglich bei einem weltweit beachteten Gipfeltreffen am Pregel anlässlich der Feierlichkeiten zur symbolträchtigen Rückbenennung der Stadt Königsberg!

Alles gut, alles schön, aber was bitte hat Madame Le Pen mit alldem zu tun? Sie will den Euro loswerden! Dann käme wohl die Mark zurück. Also ein Deutschland mit einer starken Währung, seiner starken Wirtschaft und befreit von den Mühlsteinen gescheiterter Staaten wie Griechenland. Ein Deutschland, das seine Außenpolitik zudem ganz neu ordnen müsste und dabei seinen natürlichen Partner Russland wiederentdecken könnte.

Entsetzlich! Eine Gefahr für die imperialen Interessen der U ..., nein, es muss natürlich heißen: für Freiheit und Demokratie in der Welt. Da weiß jeder Gutmensch sofort, was er zu bellen hat: Die „Putin-Versteher“ sind die neuen Nazis.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

»Heilige Allianz« als Vorbild

Wien – FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat scharfe Kritik an den Sanktionen gegen Russland geübt. Nicht Moskau sei der Aggressor, vielmehr habe die Nato ihre Grenzen immer weiter nach Osten getrieben. Die USA gössen ständig „Öl ins Feuer“, am Ende drohe ein Dritter Weltkrieg. Als Vorbild für eine europäische Sicherheitsarchitektur schlägt Strache die „Heilige Allianz“ zwischen Preußen, Österreich und Russland von 1815 vor. H.H.

 

Fotos gegen Spionage

Frankfurt am Main – Der US-amerikanische Fotokünstler Travor Pagen plant im Kunstverein von Frankfurt am Main eine Ausstellung mit Aufnahmen von Spionage-Einrichtungen der US-Geheimdienste und des BND in Deutschland. Dazu ruft er zu einem öffentlichen Wettbewerb auf, zu dem jeder, der will, Fotos solcher Einrichtungen schießen und einsenden möge. Der Wettbewerb läuft unter dem Titel „Eagle Eye Photo Contest“. H.H.

 

Die AfD und das »Lob der Torheit«

Selbst Studenten, die dank des von der EU-geförderten Erasmus-Programms einen Studienaufenthalt im Ausland unternommen haben, können wenig mit dem Namen Erasmus von Rotterdam anfangen. Über die Grundkenntnis, dass er ein bedeutender Humanist der Renaissance war, reicht das Wissen meist nicht hinaus. Dass sich jetzt etwas daran ändert, nachdem die AfD eine parteinahe Stiftung zur Förderung der „staatsbürgerlichen Bildung“ nach ihm benannt hat, darf bezweifelt werden.

Jedenfalls ist Erasmus unverfänglich genug, um alles Mögliche nach ihm zu benennen. Etliche deutsche Gymnasien tragen bereits seinen Namen. Denn Erasmus war ein Gelehrter, der gemessen an seiner Zeit in Europa viel herumgekommen ist. Geboren zwischen 1466 und 1469 in Rotterdam, war er erst Klosterschüler in Cambrai, ehe er an der Pariser Sorbonne studierte, in Turin promovierte, in Cambridge sowie Basel lehrte und im heutigen Belgien dem späteren Kaiser

Karl V. Privatunterricht gab. Als einer, der für Toleranz und Weltoffenheit eintrat, kritisierte er Luther offen: kirch­liche Reformen, ja! Reformation, nein! 1536 starb Erasmus im reformierten Basel an Typhus.

Zu Lebzeiten galt er als Kommunikationsgenie, das Kontakt hielt zu fast allen Geistesgrößen seiner Zeit wie Ulrich von Hutten, Melanchton, Johannes Reuchlin oder dem britischen Utopisten Thomas Morus. Er machte sich die jüngst erfundene Buchdruckerkunst zunutze, um sein riesiges Briefkonvolut zu veröffentlichen, aus dem bis heute so geistreiche Sätze zitiert werden wie: „Von den Schlechten verlacht zu werden, ist fast ein Lob.“ Der AfD können solche Sätze Mut machen. Es sei denn, es übergießt sich über sie ein „Lob der Torheit“. So heißt nämlich Erasmus’ bekanntestes seiner rund 150 Bücher. Harald Tews


MEINUNGEN

Christoph B. Schiltz stellt in der „Welt“ (19. März) der EU eine verheerende Diagnose, die bei dem sonst Euro- und Brüssel-freundlichen Blatt aufmerken lässt:

„Die EU steht vor dem Aus. Versierte Europäer mögen diese Beschreibung als apokalyptische Narretei abtun. Natürlich kann man sich noch zehn oder auch 15 Jahre durchwursteln. Aber dann? ... Die Lasten der Krisenfinanzierung werden in den kommenden Jahren stetig steigen und auf immer weniger Schultern verteilt werden – mit Deutschland an der Spitze. Wie soll das gut gehen?“

 

 

Jürgen Elsässer, Chef des Monatsmagazins „Compact“, entlarvt in der April-Nummer seines Blattes, wie die kleinen Leute mit „Mindestlohn“ und „Mietpreisbremse“ hinters Licht geführt werden:

„Arbeiter und arme Leute haben gar nichts von dem Mumpitz. So steht der Mindestlohn so lange nur auf dem Papier, wie die Schengen-Grenzen für ausländische Billiglöhner offen sind – denn diese firmieren trick­reich als Selbstständige, unterbieten damit die inländischen Kollegen und stechen bei Ausschreibungen unsere Anbieter aus. Und die Deckelung der Kaltmieten nützt herzlich wenig, wenn Staat und Kommunen immer dreister bei Strom, Heizung, Wasser und Müll abkassieren.“

 

 

Wolfram Weimer hält die halbherzige Distanzierung der Linkspartei von den linken Gewaltexzessen in Frankfurt für Heuchelei. Im „Handelsblatt“ (19. März) stellt er klar:

„Das Vorgehen der Linkspartei ist in Wahrheit also kein gewaltsamer Ausrutscher, es hat System. Die Linkspartei hat die autonomen Schlägertrupps nicht nur billigend in Kauf genommen. In Wahrheit nutzt sie die Schlagstöcke ihres schwarzen Blocks als ein Mittel der Politik ... Mit dem Fanal von Frankfurt ist der Linkspartei für einen Moment ihre Maske der Friedfertigkeit verrutscht. Diesmal sah man dahinter die Fratzen linker Schlägertrupps.“

 

 

Ein 27-jähriger Polizist beschreibt in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (22. März) seine entsetzlichen Erlebnisse mit den hasszerfressenen linken Gewaltkriminellen bei den „Blockupy“-Krawallen in Frankfurt und fragt:

„Dann heißt es seitens der Führung immer: Rückzug, Rück­zug, Rückzug. Ich will meine Führung nicht kritisieren, ich bin nicht derjenige, der Entscheidungen treffen und verantworten muss. Aber als Beamter in vorderster Linie stelle ich mir manchmal die Frage: Was muss denn noch passieren? Wenn fünf, sechs Streifenwagen brennen, wenn über 80 Kollegen verletzt sind und zehn Häuser entglast sind – wie lange wollen wir Deeskalation betreiben?“

 

 

Die somalisch-stämmige, von Holland in die USA emigrierte Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali warnt im „Spiegel“ (31. März):

„Der Westen ist von Selbstzweifel zerfressen, und wir werden das bereuen. Wir hatten einen großen Einfluss auf die Welt ... Heute ist es fast blasphemisch, wenn man überhaupt von westlichen Werten spricht.“