19.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Folge 31/15 vom 01.08.2015

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Blutiger Wahnsinn
Einwanderungsgesetz: Was die Protagonisten in Wahrheit anstreben

Nun unterstützt auch CDU-Chefin Merkel ein Gesetz zur Einwanderung. Was damit bezweckt wird, führt geradewegs ins Chaos.

Erst aus der Deckung kommen, wenn keine Gefahr mehr droht – dies ist die überaus erfolgreiche Taktik von CDU-Chefin Angela Merkel, die sie auch beim Thema Einwanderungsgesetz angewendet hat. Im Januar ließ sie ihren Generalsekretär, scheinbar als Alleingänger, ein solches Gesetz fordern. Der (vormals starke) Widerstand in den eigenen Reihen blieb diesmal verhältnismäßig lau. Also traut sich nach Monaten des Abwartens nun auch die Parteivorsitzende ans Tageslicht und unterstützt neuerdings das Vorhaben.

Vordergründig geht es um die Bündelung der bislang in zahllosen Gestzen und Verordnungen zersplitterten Zuwanderungsregelungen, die es Ausländern errmöglichen, sich dauerhaft in Deutschland niederzulassen. In der Tat hat sich hier ein gesetzlicher Dschungel ausgebreitet, der nicht selten zu Ergebnissen führt, die dem gesunden Menschenverstand widersprechen. Warum sollte hier nicht endlich Klarheit geschaffen werden?

Doch die Kritiker in der Union sind nicht etwa gegen Klarheit, sie ahnen vielmehr, dass es in Wahrheit um etwas anderes geht. Protagonisten von SPD, Grünen und Linkspartei sagen offen, was sie wirklich anstreben: Auf keinen Fall solle so ein Gesetz das bisherige Ausmaß von Zuwanderung begrenzen. Das Wichtigste sei, dass es nicht weniger, sondern mehr Einwanderung gebe, schallt es aus den Reihen von Sozialdemokraten, Grünen und Linkspartei. Erst vor diesem Hintergrund wird der Widerstand in Teilen der Union verständlich. Allerdings ist es ein Widerstand auf verlorenem Posten, da er die Kanzlerin nun offen gegen sich hat, nachdem diese den politischen Wind mit Hilfe ihres Versuchsballons Tauber ausgiebig studieren konnte.

Strenge Auswahlkriterien, die nur solche Ausländer ins Land lassen, die Deutschland benötigt, die integrationswillig und -fähig sind, werden gerade von den Befürwortern eines Einwanderungsgesetzes verbissen bekämpft. Also dürfte ein Gesetz entstehen, das die deutschen Belange ganz hinten anstellt.

Dies in einem Land, in dem die Integration vieler schon hier lebender Einwanderer krachend gescheitert ist. Dieser Tage erst tauchte ein internes Polizei-Papier aus Nordrhein-Westfalen auf, das Dramatisches enthüllt: In etlichen Städten habe die Polizei die Kontrolle über ganze Straßenzüge an arabische, türkische, rumänische und bulgarische Clans verloren. Sie herrschen jetzt dort, Anwohner und Geschäftsleute werden eingeschüchtert, schweigen aus Angst.

Dies ist nur eine Meldung von Tausenden, die zeigen: Wenn Einwanderung nicht endlich klar gesteuert und begrenzt wird, droht ein blutiges Desaster. Die Antwort der Politikermehrheit darauf aber lautet: „Mehr Einwanderung!“ Das Resultat einer solchen Politik heißt Bürgerkrieg. Hans Heckel


Akte purer Verzweiflung
Ukrainischer Geheimdienst geht gegen kritische Journalisten, Militärs und sogar gegen eigene Leute vor

Die Zahl der Probleme, mit denen die ukrainische Führung zu kämpfen hat, ist groß und ihre Art schwerwiegend. Was aber am schwersten wiegen dürfte, ist der Niedergang des Ansehens der politischen Führung und der Bereitschaft nicht nur der Bürger, ihr zu glauben und zu folgen.

Weil Regierung und Staatspräsident in Kiew wissen, dass ihnen die Loyalität der Menschen verlorengeht, ist es Aufgabe des Geheimdienstes SBU (Sluschba bespeky Ukrajiny), dieser Entwicklung entgegenzusteuern. So hat Präsident Petro Poroschenko den SBU damit beauftragt, gegen Journalisten und andere, die sich in der Öffentlichkeit kritisch bemerkbar machen, mit harten Maßnahmen vorzugehen. Dies richtet sich vor allem gegen Leute, die sich gegen die erneute Mobilmachung wenden, die Poroschenko angeordnet hat, um im Bürgerkrieg einen Erfolg zu erkämpfen.

In einer Kabinettssitzung klagte kürzlich der Präsident: „Vor zwei Wochen hat ein Informationskrieg gegen die Ukraine begonnen mit dem Ziel, die Mobilmachung zu vereiteln. Daran sind Journalisten, sogenannte Journalisten und sogenannte gesellschaftliche Aktivisten beteiligt, die heute eine ebenso große Bedrohung wie der Feind an der Front darstellen.“ Der Staat, so Poroschenko weiter, werde entschieden und kompromisslos dagegen vorgehen. „Der SBU hat bereits eine Höhle ausgehoben, die antiukrainische Aktivitäten generiert hatte, und 19 aktive Mobilisierungskritiker gefasst. Gemäß meinem Auftrag wird der SBU diese Arbeit fortsetzen.“

Allerdings wird er das mit geteilter Aufmerksamkeit und verminderten Kräften tun müssen, denn der SBU sieht sich gezwungen, in den eigenen Reihen zu ermitteln. Der Dienst hat gegen mehr als 40 zum Teil hochrangige Mitglieder eigenen Organisation Untersuchungen wegen Hochverrates eingeleitet. Nachdem der Präsident vor Kurzem den SBU-Chef Valentin Naliwaitschenko entlassen hatte, war es erste Aufgabe seines Nachfolgers Wassili Grizak, Verlautbarungen wie diese zu veröffentlichen: „Mehrere Generale oder Oberste des Sicherheitsdienstes, die Interessen des Staates verraten haben, sind verhaftet.“

Dass sich die Regierung in Kiew auf niemanden mehr verlassen kann, zeigt auch das Beispiel des Generalmajors Alexander Kolomijez, der mit einer Anzahl weiterer Armeeoffiziere zu den Donezker Milizen übergelaufen ist, um, wie er sagte, sein „Heimatland Donbass zu verteidigen“. Was er aus dem ukrainischen Militärkommando berichtet, ist überaus bedenklich: „Ich habe mit vielen Generalen der ukrainischen Streitkräfte gesprochen. Alle sind gegen diesen Krieg. Niemand will kämpfen.“ Doch jeder Widerspruch wird unterdrückt: „Wer nicht einverstanden ist, wird eingesperrt. Deshalb hat man einfach Angst.“

Neben abtrünnigen Geheimdienstlern und kritischen Journalisten werden auch alle Bürger verfolgt, die der Kategorie „inländische Separatisten“ zugeordnet werden. Dafür gelten verschiedene Merkmale, welche die Regierung auf Handzetteln und Plakaten bekannt gemacht hat. Zu den vagen Kennzeichen gehört, dass jemand den Staat bedroht, indem er, und sei es versehentlich, Tatsachen verbreitet, die als Bedrohung geeignet sein könnten. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Berichte, wonach in der Ukraine der Gebrauch der russischen Sprache behindert oder aber das Bekenntnis zum Russentum bestraft werde. Gleichwohl wird verfolgt, wer russische Propaganda verbreitet oder russische Symbole benutzt. Und wer an Demonstrationen gegen die Regierung teilnimmt, ist ebenfalls dran, ob mit oder ohne russische Symbole. Florian Stumfall


Jan Heitmann:
Alles Irre

Langsam kommt ans Licht, mit was für einem Irren Griechenlands Gläubiger bisher verhandelt haben. Für den Fall, dass das Land keine weiteren Milliarden bekommen hätte, plante der linksradikale Flügel der Regierungspartei Syritza einen Austritt aus der Währungsunion. Dem Plan des am 6. Juli zurückgetretenen Finanzministers Yanis Varoufakis zufolge wäre der wie ein Putsch abgelaufen: So sollten der Chef der Zentralbank verhaftet, deren Bestände beschlagnahmt und in die Software der Steuerbehörden eingedrungen werden. Da dies zunächst zu chaotischen Verhältnissen mit geschlossenen Banken und ohne Bargeld geführt hätte, plante Varoufakis die vorübergehende Einführung eines parallelen, nominell in Euro geführten Zahlungssystems, das kurzfristig auf die Drachme umzustellen gewesen wäre. Dabei wäre jeder Steuernummer ein Verrechnungs- konto hinzugefügt worden. Von diesen Konten hätte der Staat dann den Zahlungsverkehr im Land abgewickelt, also quasi digitale Schuldscheine ausgestellt.

So weit die Vorbereitungen zur Durchführung dieses grotesken Plans bereits gediehen waren, so realitätsfern war er. Niemand wäre dumm genug gewesen, die digitalen Schuldscheine ohne gewaltige Abschläge zu akzeptieren, Importe wären damit überhaupt nicht zu bezahlen gewesen. Auch wäre eine Umwandlung der digitalen Werte in Bargeld ebenso ausgeschlossen gewesen wie eine Auszahlung von Bankguthaben. Die Folge wäre ein wirtschaftliches Chaos gewesen, von dem sich das Land erst nach Einführung einer abgewerteten Drachme erholt hätte. Regierungschef Alexis Tsipras hat von all dem gewusst. Damit ist er nicht minder irre als der von ihm geschasste Finanzminister.


S. 2 Aktuell

Der Scheidung folgt der Rosenkrieg
Es sind vor allem Parteifunktionäre und Parlamentarier, die von der AfD zu Luckes »Alfa« wechseln

Während die etablierten Parteien mit ihrem dritten Rettungspaket für Griechenland, aber auch mit ihrer Asylpolitik Steilvorlagen liefern, betreiben die AfD und ihr Lucke-Ableger „Alfa“ lieber Selbstzerfleischung, als sich ihrem gemeinsamen erklärten Ziel zu widmen, Deutschland eine Alternative zur vorgeblich alternativlosen Politik Angela Merkels und Co. zu eröffnen.

Einige Tage, nachdem Bernd Lucke die Partei „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ (Alfa) gegründet hatte, gingen seine ehemaligen Parteifreunde von der Alternative für Deutschland (AfD) in die Offensive. AfD-Pressesprecher Christian Lüth sagte der „Bild“-Zeitung, es sei „erstaunlich, wie viele Programmpunkte schlichtweg von unserem Programm kopiert wurden“. Daher würden „rechtliche Schritte wegen Diebstahls geistigen Eigentums“ geprüft. Dabei soll es unter anderem um Passagen zum Islam sowie zu den Themen Bürgerrechte und Bildung aus den Entwürfen für das noch nicht verabschiedete endgültige AfD-Parteiprogramm gehen. Lucke verwies darauf, dass eine ehemalige AfD-Aktivistin, die mit der Programmarbeit betraut gewesen sei, mittlerweile ebenfalls die Partei verlassen habe und sich seiner neuen Gruppierung angeschlossen habe. Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland sagte, offenbar falle Lucke „nichts ein, deswegen klaut er die Themen von der AfD“. Der Alfa-Vorsitzende wiederum konterte kühl, die AfD habe bislang ja nicht einmal ein verabschiedetes Programm gehabt, es seien lediglich Leitlinien im Umlauf gewesen.

Es gibt aber auch programmatische Unterschiede. So spricht die Tageszeitung „Die Welt“ von „einem Anti-Gauland-Programm“ der Alfa, in dem „Putinisten, Verschwörungstheoretikern und Islamfeinden“ eine klare Absage erteilt werde. In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen Lucke und Gauland in diesen Fragen gegeben.

Während die Abtrünnigen verhältnismäßig ruhig und koordiniert den Aufbau ihrer neuen Partei betreiben, kommt die AfD nicht zur Ruhe. Der nordrhein-westfälische Vorsitzende Marcus Pretzell schrieb in einer internen Facebook-Gruppe, Medienanfragen nach der Anzahl der Austritte sollten mit dem Verweis auf die Sommerferien nicht mehr beantwortet werden. Sein Eintrag wurde prompt öffentlich und von Alfa-Funktionären genüsslich ausgeschlachtet.

Wie hoch die Zahl derer ist, welche die AfD mittlerweile verlassen haben, ist unklar. Zuletzt hatte die Partei rund 3000 Abgänge eingeräumt, aber alleine in der vergangenen Woche kam es in den mitgliederstarken Landesverbänden Bayern und Hessen zu einem regelrechten Exodus. Im Freistaat verließ nahezu der komplette Vorstand die Partei, der ehemalige Vorsitzende und Münchner Stadtrat Andre Wächter sprach von „mindestens 500 Austritten. Tendenz steigend“. Wächters Ausscheiden entwickelte sich in der vergangenen Woche zu einer regelrechten Posse. Lüth verkündete den Austritt „fast des gesamten Landesvorstands um den glücklosen Vorsitzenden André Wächter“ zu einem Zeitpunkt, als die Betreffenden noch in der Partei waren. „Das ist ein starkes Stück, zeigt aber das Niveau, welches innerhalb der AfD mittlerweile dominiert“, sagte Wächter, der die Partei schließlich doch verließ und konstatierte: „Sie ist eindeutig rechtspopulistisch geworden.“

In Bayern zeigte sich in den vergangenen Tagen ein Phänomen, das auch in anderen Landesverbänden zu beobachten ist. Während die Verluste unter den „einfachen Mitgliedern“ vergleichsweise überschaubar blieben, setzte bei Funktionären und kommunalen Abgeordneten eine regelrechte Massenflucht ein. „Die Rücktritte sind schon ein schmerzlicher Verlust für die AfD, weil es sich hauptsächlich um aktive Mitglieder handelt“, sagte Wächter dazu, der mit seinen Mitstreitern zur Alfa gewechselt ist. Einen Parteiwechsel hat auch das hessische Gründungsmitglied Harald Oestreich vor, das 2013 im Main-Taunus-Kreis einen der ersten Verbände der jungen Partei gründete. Seinen Eintritt in die Partei Luckes begründete

Oestreich gegenüber einer Lokalzeitung damit, dass Alfa „zu den ursprünglichen AfD-Grundsätzen einer liberal-konservativen Politik zurückkehrt, die sich gegen rechts und links abgrenzt“. Ausschlaggebend für seinen Rückzug seien die Tumulte auf dem Bundesparteitag in Essen gewesen. „Diese Entwick­lung hatte sich lange vorher schon angekündigt. Nichts gegen sachliche Kritik. Aber was ich als systematische Hetzkampagne – anders kann man die Ausfälle nicht nennen – gegen Bernd Lucke erlebte, war inhaltlich perfide und überschritt verbal das Maß an Erträglichem.“ Der hessische Landesverband, ohnehin extrem zerstritten, steht vor der schwierigen Aufgabe, geeignete Kandidaten für die Kommunalwahlen im kommenden Frühjahr zu finden.

Der Antritt bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sei aber durch den Aderlass „in keinster Weise gefährdet“, wie der Bundessprecher Jörg Meuthen erklärte. Der desig­nierte Spitzenkandidat im „Ländle“ räumte aber auch ein, „dass es die aktuelle Situation viel schwieriger machen wird, die Fünf-Prozent-Hürde zu knacken“. Eine Entscheidung werde erst in zwei bis drei Monaten fallen, allerdings beurteilte er die Chancen für die neue Partei als „nicht schlecht“.

Meinungsforscher und Kommentatoren sind sich dagegen weitestgehend einig, dass die Spaltung der AfD letztlich vor allem CDU und FDP nütze. „Vermutlich werden beide Parteien unter der Fünf-Prozent-Hürde landen“, erklärte Helmut Binkert von INSA und führte aus, „dass die Wähler Streitigkeiten und Zersplitterung nicht mögen“. Forsa-Chef Manfred Güllner erklärte, Luckes neue Partei „sei zu nah an den bestehenden bürgerlichen Parteien. Da fehlt das Alleinstellungsmerkmal.“ Zur AfD bemerkte er, „dass die Wähler im Westen nur begrenzt bereit wären, offen rechte Parteien zu wählen“. Peter Entinger


Westbindung auch bei der Erinnerungskultur
Ende Juni wurden in der Ukraine fünf neue Gedenkstätten an jüdischen Massengräbern des Holocaust eröffnet

In den Orten Rawa-Ruska, Kysylyn, Ostrozhets, Bakhiv und Prokhid, wo zwischen 1941 und 1944 jeweils zwischen 500 und 8000 Juden Opfer des Holocaust geworden waren, wurden Ende Juni Gedenkstätten errichtet. Alle Orte liegen in einem Radius von 200 Kilometern um Lemberg. In ihnen betrug der jüdische Bevölkerungsanteil vor dem Kriege bis zu 80 Prozent. Zum ersten Mal entsteht in dieser Region ein regionales Netzwerk von Holocaust-Gedenkstätten, das durch ein Bildungs- und Informationsprogramm begleitet wird.

Das American Jewish Committee (AJC) leitet die internationale Koalition, welche die Grab- und Gedenkstätten plante. Das deutsche Außenministerium kam für die Kosten auf. Die ukrainische Bevölkerung ist der Adressat. Und die Idee, diese Gedenkstätten zu errichten, stammt von der in der Hauptstadt Frankreichs ansässigen Organisation „Yahad – In Unum“ („Zusammen“ in hebräischer und lateinischer Sprache), die sich der Erforschung von Massenexekutionen in der Ukraine und Weißrussland widmet. Die Organisatoren um den französischen Diözesanpriester Patrick Desbois, der Vorsitzender einer Arbeitsgruppe des französischen Episkopats für die Beziehungen zu den Juden ist, wollen dabei erstmals jenen Teil des Holocaust stärker ins Bewusstsein rücken, der durch das Bild von der industriellen Ermordung der Juden in Vernichtungslagern, für den es bereits große Gedenkstätten gibt, in den Hintergrund geraten ist. Pater Desbois hat dabei den Begriff eines „Holocaust durch Kugeln“ anstatt durch Gas in die Geschichtswissenschaft eingeführt. Ein Großteil der 1,5 Millionen ermordeten ukrainischen Juden ist nämlich nicht in Vernichtungslagern ermordet worden, sondern durch Massenerschießungen in ihren einstigen Wohnorten, bei denen die einheimische Bevölkerung Zeuge wurde. Die jetzt eingeweihten fünf Gedenkstätten an Orten von Massengräbern soll so nur ein kleiner Anfang sein.

Kenner der Geschichte gehen von 2000 unentdeckten oder unerschlossenen Massengräbern in der gesamten Ukraine aus. Von der Erschließung dieser Orte für das aktive Gedenken erwarten die Organisatoren erklärtermaßen eine wichtige Wegmarke für die entstehende demokratische Kultur der neuen Ukraine. Die Projekte, die unter dem englischen Namen „Protected Memory“ durchgeführt werden, sind bislang überwiegend auf Zustimmung bei den lokalen Behörden und auch bei der in der Umgebung ansässigen Bevölkerung gestoßen. Die getöteten Juden werden heute von den Ukrainern auch als ukrainische Opfer angenommen. Manche Ukrainer glauben gar, dass die Ukraine und Israel ein gemeinsames Schicksal verbinde, weil beide Staaten immer noch um ihr Existenzrecht kämpfen müssten.

Die Ukraine hatte bereits unter ihrem ersten nach Westen ausgerichteten Präsidenten, Viktor Juschtschenko, ab 2005 damit begonnen, den Hunger-Holocaust, den Holodomor, einem von den sowjetischen Behörden gesteuerten Hungertod von mindestens 1,5 Millionen Menschen in den 20er und 30er Jahren, zu erforschen und hatte diesem einen eigenen Gedenktag und ein eigenes Museum mit Gedenkstätte in Kiew gewidmet. Der Machtantritt des eher nach Osten ausgerichteten Präsidenten Viktor Janukowitsch hatte dann einen Stopp bewirkt. Erst seit dem Euromajdan vor zwei Jahren, bei dem die Juden gerne von Moskau als Opfer angeblich neofaschistischer Gruppen instrumentalisiert wurden, gibt es ein neues Bewusstsein zur Erforschung der eigenen Geschichte. Den Sowjets war es kein Herzensanliegen, in gesonderter Weise an die nationalsozialistische Judenvernichtung zu erinnern, lieber errichteten sie dort Gedenkstätten, wo jüdische Partisanen zu Opfern wurden.

Der katholische Priester Patrick Desbois ist allerdings nicht unumstritten. So löste er 2007 in Frankreich eine heftige Kontroverse unter Historikern aus, weil er sich gerne als erster Erforscher des „Holocaust mit Kugeln“ darstellte und es unterließ, die bahnbrechenden historischen Vorarbeiten jüdischer und deutscher Historiker wie Raul Hilberg, Martin Broszat, Hans Mommsen oder Dieter Pohl zu erwähnen. Auch die Rolle der einheimischen Bevölkerung am Holocaust wird von Desbois nach Einschätzung vieler Historiker unterbewertet. Auch gab der Priester zu, dass er die Existenz von vielen großen Holocaust-Gedenkstätten aus der Sowjetzeit, wie in Babin Yar, einer Schlucht auf Kiewer Gebiet, oder in der Oblast Winnitza, bewusst heruntergespielt hat. Bodo Bost


MELDUNGEN

Tschechische Versöhnungsgeste

München – Nachdem sich die mährische Landeshauptstadt Brünn offiziell ihrer historischen Verantwortung für die Vertreibung gestellt hatte, folgte eine solche Geste nun auch seitens eines Vertreters des tschechischen Gesamtstaates: Pavel Belobrádek, christdemokratischer Wissenschaftsminister und Vizepremier der Tschechischen Republik, besuchte gemeinsam mit seinem Stellvertreter Arnošt Marks als erstes Regierungsmitglied das Sudetendeutsche Haus in München und legte dort einen Kranz zur Ehrung der deutschen Vertreibungsopfer nieder. Auch wenn beide Besucher mit ihrer Haltung noch einer Minderheit unter den tschechischen Politikern angehören, setzten sie als Angehörige der geistigen Führungsschicht ihres Landes mit ihrer Geste ein deutliches Zeichen gegen den überkommenen Nationalismus der tschechischen Gesellschaft, in der immer noch zwei Drittel die Vertreibung für berechtigt halten. T.W.W.

 

»Freunde auch in Regentagen«

Preßburg/Wien – Die Slowakei bringt für zwei Jahre 500 Asylbewerber aus Österreich unter. Damit wolle sein Land „Schulden zurück­zahlen“, denn Österreich habe unter anderem den Beitritt der Slowakei zum Schengen-Raum unterstützt, erklärte Innenminister Robert Kalinak. Beide Länder seien „Freunde auch in Regentagen“. Die Kosten für Unterbringung und Verpflegung übernimmt die Slowakei, die Betreuungskosten Österreich, das auch für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig bleibt. J.H.

 

Stadtrat für Rückbenennung

Moskau – Die heute amtlich als „Tutajew“ bezeichnete Stadt im zentralrussischen Jaroslawler Gebiet will ihren alten Namen „Romanowsk-Borissoglebsk“ zurück­erhalten. Nach einem Beschluss des Stadtrates ging ein entsprechender Antrag an die Regierung in Moskau. Der Stadtrat möchte mit seiner Entscheidung an das bedeutende historische Erbe der Stadt anknüpfen und damit auch Kulturtouristen anziehen. Die Gegner des Antrages führten ausschließlich die Kosten einer Rück­benennung ins Feld. Selbst die örtlichen Kommunisten erklärten, dass es für den zu Ehren des im Bürgerkrieg umgekommenen Rotarmisten Ilja Tutajew 1918 gewählten Stadtnamen keine Mehrheit unter den Einwohnern gebe, und stellten bei dieser Gelegenheit fest, dass juristisch nichts gegen das Vorgehen des Stadtrates spräche, da es für eine „Umbenennung“ nach russischem Recht keines Referendums bedürfe. Eine Volksbefragung war in verschiedenen Fällen zuvor von kommunistischen Rückbenennungsgegnern als rechtlich erforderlich bezeichnet worden. Angesichts der überwiegend indifferenten Haltung in der Bevölkerung gegenüber den Namen ihrer Städte schien es daher in vielen Fällen problematisch, eine absolute Mehrheit bei einer solchen Abstimmung zu erreichen. Die neue Interpretation der russischen Gesetzeslage selbst seitens der Kommunisten dürfte einer künftigen Entsorgung noch verbliebener kommunistischer Namensaltlasten entgegenkommen und nicht zuletzt die für den 300. Kant-Geburtstag angedachten Rückbenennungen der Städte des Königsberger Gebiets erleichtern. T.W.W.


S. 3 Deutschland

Neue Pläne in Richtung Fiskalunion
François Hollande schlägt für Kerneuropa ein Parlament, eine Wirtschaftsregierung und einen Haushalt vor

Der Bundestag hat gerade grünes Licht für ein drittes Rettungspaket für Griechenland gegeben, da formiert sich bereits eine Allianz, die den totalen Zugriff auf die deutschen Steuereinnahmen plant.

Frankreichs Präsident François Hollande hat in einem Artikel für das „Journal du Dimanche“ Vorschläge zu einer radikalen Neuordnung der Eurozone angekündigt. Nach den Pariser Vorstellungeb sollen die Gründungsmitglieder der EU, Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Luxemburg und die Niederlande, nicht nur ein gemeinsames Parlament und eine Wirtschaftsregierung erhalten, sondern auch ihre Haushalte zusammenlegen. Nur „mehr Europa“ könne dazu führen, die Währungsunion stabil zu machen, so die Begründung für den geplanten Komplettumbau der EU.

Die tatsächlichen Motive dürften allerdings weniger in der Sorge um Europa als in französischem Machtkalkül zu suchen sein. Mit dem Aufstieg des Front National zeichnet sich in Frankreich ein einschneidender politischer Wandel ab, der die Sozialisten möglicherweise für lange Zeit von der Macht verdrängt. De­sas­tröse Umfragewerte sprechen dafür, dass Hollandes Parti

socialiste im Rennen um die nächste Präsidentschaft nahezu chancenlos ist. In einem Euro-Parlament könnten Frankreichs Sozialisten allerdings weiterhin eine wichtige Rolle spielen, wenn sie etwa mit den deutschen Sozialdemokraten, „Linken“ oder Grünen koalieren.

Charme haben die Euro-Pläne aus Pariser Sicht aber auch noch aus einem anderen Grund. Als gescheitert angesehen werden muss nämlich der bisherige Versuch der französischen Eliten, mit Hilfe des Euros der Wirtschaftskraft Deutschlands Fesseln anzulegen. Unübersehbar ist die Bedeutung Deutschlands innerhalb der Euro-Zone gewachsen – als Falle hat sich der Euro stattdessen für Frankreich selbst herausgestellt. In dieser Situation könnte eine Euro-Wirtschaftsregierung aus Pariser Sicht zu einem rettenden Befreiungsschlag werden. Zu befürchten ist nämlich aus Sicht der deutschen Steuerzahler, dass über einen gemeinsamen Haushalt und einen entmachteten Bundestag einem totalen Zugriff auf die deutschen Steuereinnahmen kaum noch Grenzen gesetzt sind. Dieses wäre ein weiterer Schritt hin zu einer Fiskalunion, bei der die fehlende Wettbewerbsfähigkeit von Ländern wie Frankreich dauerhaft durch die Abtretung deutscher Steuereinnahmen kompensiert würde.

Mit Forderungen, die in diese Richtung gehen, ist allerdings nicht nur aus Paris zu rechnen. Wie inzwischen feststeht, wird ab September der Posten des Chef-Ökonomen beim Internationalen Währungsfonds (IWF) mit dem US-Amerikaner Maurice Obstfeld besetzt sein. Die Personalentscheidung wird in der Wirtschaftspresse als klare Botschaft gegen die deutsche Politik aufgefasst. Der Obama-Berater Obstfeld hatte bereits in der Vergangenheit dafür plädiert, Deutschland solle ohne Auflagen die Schulden der südeuropäischen Krisenstaaten übernehmen.

Es ist bereits bei den jüngsten Verhandlungen mit Griechenland erkennbar geworden, dass sich die Bundesregierung nicht unbedingt auf den Währungsfonds verlassen kann. Denn nicht nur mit der Rückendeckung Obamas und des italienischen Regierungschefs, sondern auch des IWF war es Frankreichs Führung gelungen, dass der deutsche Finanzminister von seinem Grexit-Vorschlag abließ. Zum Entsetzen der EU-Kommission und der französischen Regierung hatte Wolfgang Schäuble die Ansicht vertreten, dass für Griechenland ein Euro-Austritt die beste Lösung sei. Dass man in Berlin inzwischen offenbar bereit war, mit einem Euro-Rauswurf ein disziplinierendes Exempel zu statuieren, kam einem Tabubruch gleich. Jahrelang galt die Parole, eine Mitgliedschaft in der Euro-Zone sei unumkehrbar. Bedenklich ist jedoch, dass die Bundesregierung ganze fünf Jahre gebraucht hat, um von einem sturen „alternativlos“ auf ein Prüfen von Optionen umzuschalten.

Angesichts dieses zähen „Lernfortschritts“ ist zu erwarten, dass noch viel Zeit vergehen wird, bis man in Berlin eine Lösung für die Euro-Krise in Erwägung zieht, die es zumindest aus deutscher Sicht wert wäre, sehr viel stärker diskutiert zu werden: der Austritt Deutschlands aus dem Euro. Bislang ist die Rückkehr zur Deutschen Mark immer noch tabuisiert. Argumentiert wird dabei meist, dass eine harte Währung für Deutschlands Exportwirtschaft ein Wettbewerbsnachteil sei. Doch dabei wird geflissentlich ignoriert, dass deutsche Hersteller auch mit harter Währung jahrzehntelang auf den Weltmärkten erfolgreich waren. Von sinkenden Importpreisen, etwa für Vorprodukte, würde nicht nur die Industrie profitieren, sondern dank massiver Kaufkraftgewinne auch die Bevölkerung. Auf der anderen Seite könnten die südeuropäischen Länder durch einen Euro ohne Deutschland zu ihrer lange praktizierten weichen Währungspolitik zurückkehren.

Norman Hanert


Bitte schön, nicht im Zelt!
Warum so viele Verbände ihr Herz für Asylbewerber entdecken

Hunderttausende von Asylbewerbern und Flüchtlingen? Kein Grund zur Panik, verkündete gerade Stephan Articus, Geschäftsführer des Deutschen Städtetages. Beim Interessenverband der hiesigen Metropolen ist man überzeugt, dass noch wesentlich mehr aufgenommen werden können. „Wir sind ein Land mit sehr viel Potenzial“, weiß CDU-Mitglied Articus.

Aber bitte schön nicht in Zelten, verlangt Bernd Seiters, Ex-Bundesinnenminister und Präsident des Deutschen Roten Kreuzes. Das wird ab Oktober zu kalt. Natürlich muss dabei auch der gesundheitlichen Versorgung der Flüchtlinge höchste Priorität eingeräumt werden, fordert der Bundesverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP). Professor Michael Krämer, Präsident des BDP, sorgt sich: „Die Zeit drängt, denn Flüchtlinge haben bisher aufgrund gesetzlicher Regelungen nur eingeschränkten Zugang zur medizinischen und psychotherapeutischen Regelversorgung.“

Einen sprachgewandten Übersetzer brauchen sie ebenfalls. Der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) hat sich gerade zu Wort gemeldet und den unbekümmerten Einsatz von Laiendolmetschern kritisiert. Ein Übersetzungsfehler könne fatale Folgen haben, wenn es um medizinische und juristische Fragen gehe. Wer mag da schon auf die Kosten schauen. Professionelle BDÜ-Dolmetscher erhalten pro Stunde beispielsweise in Berlin laut Justizvergütungsgesetz 70 Euro, Laienübersetzer nur 13 Euro.

Das Wohl der Asylbewerber liegt vielen Verbänden und Organisationen intensiv am Herzen – besonders denjenigen, deren Mitglieder kräftig von der Situation profitieren können. Nur einer bleibt vom öffentlichkeitswirksamen Besorgtheitsgetöse ausgeschlossen: der betroffene Bürger vor Ort. Ein Mitspracherecht über Flüchtlingsunterkünfte hat er in der Regel nicht. So lässt das Berliner Bezirksamt Neukölln in einer Infobroschüre keine Zweifel über die Machtlosigkeit seiner Bezirksbewohner aufkommen: „Es handelt sich hierbei nicht um eine stadtplanerische Umgestaltung der Wohngegend, sondern um die Durchsetzung von Bundes- und Landesrecht. Der Senat ist gesetzlich verpflichtet, die Obdachlosigkeit von Asylsuchenden und Flüchtlingen zu verhindern.“

In Hamburg zieht ein Team aus zwei Architekten, einem Brandschutzbeauftragten und einer Beamtin durch die Stadt, um freien Grund auszuspähen. „Parkplätze, Festwiesen, Zirkus- und Grünflächen – grundsätzlich nehmen wir alle Flächen“, verriet Bettina Prott, die zuständige Beamtin in der Sozialbehörde dem „Hamburger Abendblatt“. Die Bewohner der Hansestadt können froh sein, wenn sie überhaupt noch informiert werden. In einem Park im Stadtteil Jenfeld sahen sich die dortigen Bürger von einem Tag auf dem anderen einer Zeltstadt für 800 Menschen gegenüber. Bleibt andernorts Zeit, geplante Notunterkünfte anzukündigen, lässt die Beamtin Prott keinen Zweifel, worum es bei den Veranstaltungen geht: Die Bürger sollen lernen, mit der „neuen Wirklichkeit“ zu leben. „Sie müssen verstehen, dass Flüchtlinge hier dazugehören.“ Falls das Verständnis ausbleibt, steht der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) bereit. „Kein ausreichender Schutz für 400000 Flüchtlinge ohne private Sicherheitsdienste“, lautete die Überschrift einer Stellungnahme des Verbandes, in der er generös Bund, Ländern und Behörden seine Dienste anbietet. Frank Horns


MELDUNGEN

Kopftuchverbot wird aufgehoben

Hannover – Niedersachsens rot-grüne Landesregierung will das bisher geltende Kopftuchverbot für Lehrerinnen an niedersächsischen Schulen aufheben. Wie das Kultusministerium mitteilte, reagiere sie damit zum einen auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März, durch das die Karlsruher Richter ihre bisherige Rechtsprechung geändert und eine konkrete Gefährdung des Schulfriedens im Einzelfall zur Voraussetzung für ein Kopftucherbot erklärt hatten. Zudem werde mit der Aufhebung des Kopftuchverbots das wichtigste Hindernis für den Abschluss eines Staatsvertrags mit muslimischen Verbänden beseitigt. Dieser ist eines der zentralen integrationspolitischen Projekte der Landesregierung. J.H.

 

»Offene Grenzen sind Unfug«

Hannover – Ralf Meister, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover, mahnt in der Flüchtlingsdebatte zu realistischen Einschätzungen. Forderungen nach offenen Grenzen für alle seien „Unfug“. „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht in das romantische Idyll hineinbegeben, alle Menschen könnten nach Deutschland kommen und einen Asylantrag stellen. Das ist eine Illusion“, sagte der 53-jährige Leitende Geistliche der größten Landeskirche der EKD der „Neuen Presse“. Das Asylrecht gelte bei Verfolgung, nicht bei Armut. Menschen, die etwa aus dem Kosovo oder Albanien kämen, hätten damit keinen Anspruch auf Asyl. Zugleich betonte er, Deutschland könne noch mehr Flüchtlinge aufnehmen. Die Aufnahme bedrohter Menschen gehöre „zu den Kennzeichen einer humanen Gesellschaft. Er forderte die Parteien auf, in der Flüchtlingsfrage gemeinsame Lösungen zu finden, denn das sei „kein Thema, das zerstritten werden“ dürfe. J.H.


S. 4 »New Horizons«

Dringend gebraucht
Die »New Horizons« beschert der Nasa endlich einmal wieder einen Erfolg

Das konnte die US-Weltraumbehörde Nasa wirklich dringend gebrauchen: Nach der Einstellung des Space-Shuttle-Programms und diversen Pannen mit alternativen Raumtransportern gab es am 14. Juli endlich wieder einmal Grund zum Feiern, als die Raumsonde „New Horizons“ den Zwergplaneten Pluto erreichte und mit der Übermittlung erster spektakulärer Bilder begann.

Damit leitete die Nasa eine neue Phase der Erforschung des Sonnensystems ein, denn über den Pluto sowie auch den gesamten Raum jenseits der Bahn des letzten großen Planeten Neptun wusste man bisher nur sehr wenig – selbst das leistungsstarke Hubble-Weltraumteleskop konnte hier kaum weiterhelfen.

Fest stand lediglich, dass der Pluto, der etwa ein Fünftel der Größe der Erde aufweist, die Sonne einmal in knapp 248 Jahren umkreist und rund 5,7 Milliarden Kilometer von uns entfernt ist. Seine Oberflächentemperatur liegt bei etwa minus 220 Grad – höhere Temperaturen sind wegen der dünnen Stickstoff-Kohlenmonoxid-Methan-Atmosphäre nicht möglich. Dabei droht selbst diese einzufrieren, weil der Pluto sich auf seiner elliptischen Bahn seit einiger Zeit von der Sonne entfernt, was zu weiterer Abkühlung führt. Falls das passiert, wäre die Beobachtung der Oberfläche des Himmelskörpers noch komplizierter, als dies ohnehin schon durch die große Distanz der Fall ist. Deshalb drängte die Nasa bereits seit Anfang der 1990er Jahre auf eine Mission zum Pluto. Allerdings dauerte es dann letztlich doch bis zum 19. Januar 2006, ehe die „New Horizons“ mittels einer Atlas-V-Rakete ins All geschossen wurde, wobei der Start beinahe daran scheiterte, dass der Hurrican „Wilma“ das Trägersystem beschädigte.

An Bord der 478 Kilogramm schweren Sonde, die zum Schluss mit 40000 Kilometern pro Stunde auf ihr Ziel zuraste, befinden sich unter anderem zwei Kamerasysteme namens „Ralph“ und „LORRI“, deren Auflösung so hoch ist, dass sie Details der Pluto-Oberfläche von bis zu Hausgröße erfassen können. Dazu kommen fünf Messgeräte, darunter eines, das von Studenten der University of Colorado entwickelt wurde und der Untersuchung des kosmischen Staubes dient. Die Energie für diese Technik liefert eine Atombatterie, die elf Kilogramm Kernbrennstoff enthält. Zur Übermittlung der Messergebnisse und Fotos verfügt die „New Horizons“ über die Parabolantenne HGA. Allerdings ist deren Datenübertragungsrate wegen der enormen Entfernung extrem niedrig. Sie beträgt gerade einmal 400 bis 1000 Bit pro Sekunde – weniger als bei einer schlechten Handyverbindung. Deshalb ist Geduld angesagt, was weitere Fotos vom Pluto und dessen Mond Charon betrifft. Die Übermittlung aller diesbezüglichen Bilddaten dürfte sich wohl noch bis November 2016 hinziehen.

Wie immer bei solchen Weltraummissionen wurde natürlich auch wieder massive Kritik an den Kosten laut – in diesem Falle betrugen sie 700 Millionen US-Dollar. Dabei ist zu bedenken, dass die „New Horizons“ nach ihrer Pluto-Passage in den Kuiper-Gürtel am Rande des Sonnensystems vorstoßen wird, wo diverse Kometen und andere kleinere Himmelskörper kreisen. Sollte sie dabei auch nur ein bisher unbekanntes Objekt entdecken, das dereinst zur Gefahr für die Erde werden könnte, hätte sich die 700-Millionen-Dollar-Investition allein schon deshalb gelohnt. Durch die verlängerte Vorwarnzeit bekäme die Menschheit dann nämlich vielleicht überhaupt erst die Gelegenheit zu rechtzeitigen Gegenmaßnahmen.

Wolfgang Kaufmann


Die nächsten Ziele
Was die »New Horizons« im Kuiper-Gürtel erwarten könnte

Mit dem Vorbeiflug am fast sechs Milliarden Kilometer entfernten Pluto hat die Sonde „New Horizons“ noch lange nicht den Rand unseres Sonnensystems erreicht, wie vielfach behauptet wird. Vielmehr trat sie damit in den Kuiper-Gürtel ein, der auf die innere und äußere Planetenzone folgt. In diesem könnte sich dann auch ein bisher unbekannter, größerer und somit regulärer neunter Planet verbergen. Das jedenfalls glauben Forscher wie Professor Michael E. Brown vom California Institute of Technology, dem zwischen 2003 und 2005 bereits die Entdeckung der Kleinplaneten Eris, Makemake und Sedna gelang, die allesamt deutlich jenseits des Pluto ihre Bahnen ziehen – Sedna sogar in einer Entfernung von bis zu 150 Milliarden Kilometern.

Die Theorien über die Existenz von weit draußen im Kosmos kreisenden „Supererden“ oder Gaskugeln beruhen auf der Tatsache, dass die Bahnen mancher Kometen Störungen aufweisen, die sich im Grunde nur durch das Gravitationsfeld solcher Himmelskörper erklären lassen. Zwei davon könnten die hypothetischen Planeten Tyche und Eurydice sein, von denen uns sagenhafte 2,2 beziehungsweise 4,8 Billionen Kilometer trennen sollen und über die John B. Murray von der Open University in Milton Keynes sagt, dass sie möglicherweise sogar den vierfachen Durchmesser des Jupiters, also des größten bisher bekannten Planeten des Sonnensystems, aufweisen.

Ein derartiger Riese würde dann bereits zur sogenannten Oortschen Wolke gehören, deren Vorhandensein ebenfalls noch nicht definitiv nachgewiesen wurde, aber doch als weitestgehend gesichert gilt. Diese Ansammlung von weiteren Eis- und Gesteinskörpern soll das Sonnensystem wie eine gigantische Schale umschließen und einen Durchmesser von bis zu 30 Billionen Kilometern haben. Darüber hinaus wird vermutet, dass aus der Oortschen Wolke immer wieder Kometen und Asteroiden ins Innere des Sonnensystems gelangen und dabei auch die Erde treffen. Verantwortlich hierfür sei, so die Astronomen Marc Davis, Piet Hut und Richard A. Muller, der extrem lichtschwache Zwergstern Nemesis. Selbiger würde alle 27 Millionen Jahre in die Oortsche Wolke eintreten und die dort befindlichen Objekte von ihren Umlaufbahnen ablenken. Davon zeuge nicht zuletzt auch das in periodischen Abständen auftretende Artensterben auf unserem Planeten infolge vernichtender kosmischer Einschläge.

Allerdings wird die Existenz von Himmelskörpern wie Tyche, Eurydice und Nemesis im Moment noch von der Mehrzahl der Fachwissenschaftler bestritten. Aber das galt ja bis vor wenigen Jahren auch für die Kleinplaneten jenseits der Plutobahn. Gewissheit könnten hier möglicherweise neue leistungsstarke Beobachtungsinstrumente bringen wie beispielsweise das Large Synoptic Survey Telescope mit einen Spiegeldurchmesser von 8,4 Metern, das Anfang 2022 auf dem Cerro Pachón in Nordchile in Betrieb gehen soll. W.K.

Und vielleicht macht „New Horizons“ in den nächsten Jahren ebenfalls noch die eine oder andere spektakuläre Entdeckung innerhalb des Kuipergürtels oder den Weiten des Alls jenseits desselben, bis den Instrumenten der Sonde dann gegen 2025 die Energie ausgeht.W.K.


Ist Pluto ein Planet oder ein Zwergplanet?

Der Pluto wurde am 18. Februar 1930 durch Clyde Tombaugh entdeckt, der als Beobachter am Lowell-Observatorium in Flaggstaff (Arizona) tätig war. Damit endete die 25 Jahre währende Suche nach dem „Planeten X“ jenseits des Neptuns. Seinen Namen verdankt der Pluto der Internationalen Astronomischen Union (IAU).

76 Jahre lang galt der Pluto als regulärer neunter und damit äußerster Planet unseres Sonnensystems. Dann erfolgte die Entdeckung der Eris und anderer bislang unbekannter Himmelskörper innerhalb des Kuiper-Gürtels, woraufhin die IAU am 24. August 2006 die neue Klasse der Zwergplaneten schuf und in die selbige auch den Pluto einordnete, dessen offizielle Bezeichnung seitdem nur noch ganz schlicht „134340“ lautet.

Allerdings ist diese Entscheidung der IAU durchaus umstritten: Neuerdings mehren sich die Stimmen, die dafür plädieren, Pluto den Planetenstatus zurück­zugeben, weil er ja die wesentlichsten Eigenschaften eines Planeten aufweise, als da wären die runde Form und die Umlaufbahn um die Sonne. In diesem Sinne äußerten sich 2014 auch Owen Gingerich und Dimitar Sasselov vom Harvard-Smithsonian Center, wonach sie hinzufügten: Ein Zwerghamster sei doch trotzdem noch ein Hamster, wieso gelte dies nicht analog für Planeten?!

Von Pluto sind derzeit fünf Monde bekannt, deren Entdeckung zwischen 1978 und 2012 erfolgte, nämlich Charon, Styx, Nix, Kerberos und Hydra. Die vier letztgenannten haben nur einen Durchmesser von maximal 45 Kilometern, während der Charon mit 1200 Kilometern fast halb so groß wie der Pluto ist. Deshalb wird auch vereinzelt von einem Doppelplanetensystem Pluto-Charon gesprochen. W.K.


Zeitzeugen

Alan Stern – Während der „New Horizons“-Mission fungiert der renommierte US-Astrophysiker und Planetologe als leitender Wissenschaftler. 2009 war er einer der aussichtsreichsten Kandidaten des neugewählten Präsidenten Obama für den Posten des Direktors der Weltraumbehörde Nasa – lehnte dann jedoch dankend ab.

Gerard Pieter Kuiper – 1951 veröffentlichte der Mond- und Planetenforscher einen Aufsatz mit dem Titel „On the Origin of the Irregular Satellites“. Darin stellte er die These von einem gigantischen Staubgürtel jenseits der Neptunbahn auf, in dem die Kometen entstehen. Das führte 1988 zur Benennung dieser Außenregion des Sonnensystems nach Kuiper, obwohl inzwischen bekannt geworden war, dass der irische Astronom Kenneth Edgeworth 1943 schon ganz ähnliche Ideen geäußert hatte.

Percival Lowell – Um den Pluto zu finden, setzte der wohlhabende Sohn eines US-amerikanischen Textilfabrikanten praktisch sein gesamtes Vermögen ein. Deshalb stand er dem Ruin nahe, als er 1916 starb. 14 Jahre später fanden die Mitarbeiter des von ihm gegründeten Observatoriums zwei Fotoplatten, die Lowell 1915 höchst eigenhändig belichtet hatte. Auf diesen ist auch der Pluto abgebildet. Das jedoch war Lowell seinerzeit entgangen.

Michael F. Brown – In einem Interview mit der „New York Times“ äußerte der Entdecker diverser transneptunischer Zwergplaneten: „Wir sind ziemlich sicher, dass es dort draußen etwas gibt, was so groß ist, dass wir aufhören können, uns über Möchtegern-Dinge wie Pluto zu sorgen.“ Damit meinte er einen Planeten „größer als die Erde“ in etwa 150 Milliarden Kilometern Entfernung.

Barack Hussein Obama II – Der 44. US-Präsident ist trotz diverser anderslautender Sonntagsreden kein besonderer Freund der Raumfahrt: So legte er unter anderem die Mondflugpläne seines Vorgängers George W. Bush auf Eis und verordnete der Nasa einen harten Sparkurs. Das hinderte ihn aber nicht daran, anlässlich der Pluto-Passage der „New Horizons“ via Twitter zu verkünden, dieser Erfolg zeuge wieder einmal von „amerikanischer Führungsstärke“.


S. 5 Preussen/Berlin

Staat zahnlos gegen Schleuser
Berliner Prozess gegen Profiteure des illegalen Massenzustroms: Milde Urteile zu erwarten

In Berlin erwartet ein mutmaßlicher Chef-Schleuser eine milde Strafe in einem beispielhaften Prozess. Jüngste Versprechen der Politik, Schleuser härter zu bestrafen, verpuffen.

Bundesweit ermittelt die Polizei vor dem Hintergrund stark anschwellender Zuwandererströme vermehrt gegen Schleuser. In Brandenburg nahm die Bundespolizei im ersten Halbjahr dieses Jahres 44 Schleuser fest, im Vorjahreszeitraum nur 22, gab die Bundespolizei vor wenigen Tagen bekannt.

Die Zahl der dabei entdeckten Eingeschleusten ist allerdings von 311 auf 181 gesunken. Die Schleuser schützten ihre „Klienten“ offenbar immer erfolgreicher, selbst für den Fall, dass sie selbst auffliegen. Ein Vergleich mit den illegal Eingereisten, die ohne Hilfe von Profis kamen, aber aufgegriffen wurden – hier stieg die Zahl von 332 auf 599 – legt nahe: Wer auf den Schleuser verzichtet, läuft eher Gefahr, erwischt zu werden.

Allerdings wird hier ohnehin nur die Spitze des Eisbergs sichtbar: Die Zahl derer, die ganz unbehelligt nach Deutschland gelangen, liegt deutlich über dem Niveau all dieser Fallzahlen. Dies belegt der rapide angewachsene Ansturm auf die Erstaufnahme-Einrichtungen.

In Berlin ging die Polizei im Januar im Rahmen einer bundesweiten Großrazzia gegen Schleuser vor. Im Februar verhaftete sie erneut zwei Tatverdächtige. Sie sollen 64 Ausländer illegal nach Berlin geschmuggelt haben. Die dabei aufgedeckten Banden verknüpfen das Geschäftsmodell Menschenhandel mit dem Geschäft mit Falschgeld, Drogen und Waffen sowie mit Pass- und Urkundenfälschung, so die Erkenntnis der Ermittler.

Für die Politik ist es somit höchste Zeit zu handeln, denn es geht um weit mehr als Menschen, die vor Krieg und Gewalt fliehen wollen und dazu jedes Mittel nutzen. Die Größenordnung der Schleusungen und die Ohnmacht der Politik droht ein jetzt eröffneter Gerichtsprozess offenzulegen. Der angeklagte mutmaßliche Haupttäter, ein

30-jähriger Ägypter, soll mit seinen Komplizen vorrangig Syrer nach Europa geschleust haben. Ab 11. August wird das Berliner Landgericht weiter verhandeln.

Für Geld brachte der Ägypter mehr als 300 Menschen nach Italien, Österreich und Deutschland, so die Anklage. Die Route führte über die genannten Staaten aber auch bis nach Skandinavien. Die Bande verdiente laut Staatsanwalt rund 400000 Euro mit den eingeschleusten Einwanderern. Der Ankläger wirft dem mutmaßlichen Haupttäter vor, von Dezember 2013 bis September 2014 systematisch geschleust und seine Opfer über ein regelrechtes Netzwerk ausgenutzt zu haben.

Die anderen mutmaßlichen Komplizen in Berlin werden nun gesondert strafrechtlich verfolgt. Die Bande baute den Menschenhandel laut Anklage zu einem Geschäft aus, der Angeklagte handelte laut Staatsanwalt „im Rahmen der Bandenabrede“ und verlangte allein für die Fahrt von der italienischen Nordgrenze bis nach Deutschland 750 Euro pro Person von seinen „Kunden“. Bis zu 17 Menschen drängten die Schleuser in ihre kleinen Transporter.

Im Vergleich zu den bisher aufgedeckten Fällen legen die Vorwürfe gegen den Bandenchef völlig neue Dimensionen und enorme Verdienstmöglichkeiten im Schleusergeschäft offen. Das kriminell erwirtschaftete Geld lockt: Im Mai stand der Berliner Bestatter eines islamischen Beerdigungsinstituts nach einer Razzia im dringenden Verdacht, Pässe von Verstorbenen an Schleuser verkauft zu haben. Rund 5000 Euro soll er pro Dokument kassiert haben.

Monatelang ermittelten allein in diesem Fall Bundes- und Landespolizei, 80 Beamte durchsuchten Geschäftsräume und Wohnungen. Im Fall des jetzt vor Gericht gestellten mutmaßlichen Bandenoberhaupts gelang es den Ermittlern immerhin, 50 Fälle für eine Anklage gerichtsfest zusammenzutragen.

Die europaweit verzweigte Bande flog auf, weil der Bundespolizei regelmäßig die zur Schleusung genutzten Fahrzeuge ins Netz gingen, besonders im Grenzgebiet zu Dänemark. Der Fall kann somit auch als juristische Bestätigung der von Dänemark verschärften Grenzkontrollen gelten. Für die Verschärfung der Kontrollen war das Königreich von deutschen wie von anderen EU-Politikern massiv attackiert worden. Sie warfen Kopenhagen vor, die „Freizügigkeit in der EU“ zu gefährden und damit das europäische Einigungsprojekt zu torpedieren.

Dennoch droht der deutschen Justiz eine Schlappe. Sogar die eindeutig überführten Täter haben kaum ein hartes Urteil zu befürchten. Drei mutmaßliche Komplizen des 30-Jährigen erwarten ihr Verfahren wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens.

Ein 38-jähriger Mann, der Italien als Drehscheibe der Schleusungen nutzte, erhielt zwar zwei Jahre und zehn Monate Gefängnis. Doch zwei weitere Täter, die als Kontakt in Berlin dienten. kamen mit Bewährungsstrafen davon. Ausschlaggebend waren dabei die Geständnisse der Täter.

Und: Selbst mit dem Hauptangeklagten könnte es noch in diesem August eine sogenannte Verständigung geben. Die Prozessbeteiligten kündigten eine entsprechende Prüfung an. Ein Teilgeständnis verbunden mit einer milden Strafe oder einer Strafe zur Bewährung sind bei einem solchen Ausgang realistisch. Das Urteil wird im Oktober erwartet. Die „abschreckende Wirkung“ derartiger Urteile auf die professionelle Schleuser-Szene dürfte sich in Grenzen halten, fürchten Beobachter.

Sverre Gutschmidt


Globalisierung in Zehlendorf
von Theo Maass

Dieser Tage fand sich rätselhafte Werbung in den Briefkästen der Haushalte im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf. CDA stand drauf. Was mag das sein?

Da gibt es den Convent Deutscher Akademikerverbände, eine überregionale Beratungs-, Entwicklungs- sowie Vermittlungsgesellschaft mit Schwerpunkt im Finanzdienstleistungsbereich in Königswinter namens CDA, einen Hersteller von Speichermedien mit Sitz in Suhl und wer weiß was noch. Soll ich denen etwas abkaufen?

Nein, die „Sozialausschüsse der CDU – die christlich-demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA)“ hatten meinem Briefkasten einen Besuch abgestattet. Was wollen die? Gleich vier Zettel! Eine Aufforderung, ihnen beizutreten, zwei Blätter der Frauensektion der Vereinigung über ihre Aktion zum „Equal Pay Day“ (angeblich werden Männer und Frauen unterschiedlich entlohnt) aus dem März 2015 und schließlich – sozusagen aus aktuellem Anlass – ein Blatt, das sich mit der beabsichtigten Schließung eines der letzten Industriebetriebe in Steglitz-Zehlendorf beschäftigt: dem Getränkedosenhersteller Rexam.

Vor der Vereinigung gab es in dem Berliner Nobelbezirk einige Industriebetriebe, die aber durch den Wegfall der Berlinförderung fast gänzlich verschwunden sind. Die CDA war zu Zeiten von Hans Katzer und Norbert Blüm in den 70ern eine feste politische Größe in der CDU. Heute ist man bescheiden geworden und verteilt Flugblätter gegen eine Betriebsschließung: Abgesehen von der Einflusslosigkeit haben die Sozialausschüsse der CDU auch inhaltlich wenig zu bieten. Lohndumping, Sozialabbau, breite Verarmung bei der unteren Mittelschicht – hat man je etwas von der CDA dazu gehört?

Bezirksbürgermeister Norbert Kopp – auch von der CDU – fordert ein Überdenken der Konzernleitung Rexam. „Na so was“, hätte jetzt Thomas Gottschalk gesagt. Die 165 Beschäftigten lernen jetzt die auch von der CDU mit zu verantwortende Globalisierung kennen und werden dabei wohl unter die Räder kommen. Der Dosenhersteller Rexam kommt aus Großbritannien. Das Berliner Werk ist eines von 55 im Konzern. US-Hersteller Ball wolle Rexam für sechs Milliarden Euro übernehmen, hieß es, und müsse vermutlich aus kartellrechtlichen Gründen sein Berliner Werk dicht machen. Tja liebe CDU – so geht Globalisierung. Wer ständig der „one world“ nachhängt und die Vertretung nationaler Interessen rückständig und engstirnig findet, der soll sich wegen popeliger 165 Arbeitsplätze nicht so haben. Die CDA versucht aber, in ihrem Flugblatt den Bürgern einzureden, sie habe Gewicht genug, die unternehmerische Entscheidung von Rexam zu beeinflussen. Wer’s glaubt!


Furcht vor dem »Märtyrer«
Wegen Holocaust-Leugnung hinter Gittern: Horst Mahler todkrank

Die Stadt Brandenburg an der Havel als künftige Pilgerstätte für die deutsche Neonazi-Szene – dies ist die Sorge, welche im Land Brandenburg Sicherheitsbehörden beschäftigt, seit bekannt wurde, dass Horst Mahler, der wohl prominenteste Häftling der JVA Brandenburg, schwer erkrankt ist und in Lebensgefahr schwebt.

Inzwischen 79-jährig, verbüßt Mahler seit 2009 eine zehnjährige Freiheitsstrafe wegen Volksverhetzung und Leugnung des Holocausts. Medienberichten zufolge hat die Staatsanwaltschaft Potsdam bereits im Juli den Vollzug der Haftstrafe wegen einer schweren Sepsis unterbrochen. Nach Informationen der Familie war Mahler Mitte Juli der linke Unterschenkel amputiert worden.

Die Voraussetzungen, dass ein Horst Mahler vor dem Hintergrund dieser Entwicklung künftig zu einem Märtyrer der Neonazi-Szene avanciert, hat die Politik zum Teil selbst geschaffen. Seit in den 80er Jahren die Leugnung des NS-Judenmordes unter Strafe gestellt wurde, ist der entsprechende Paragraf unter Juristen umstritten. Zum einen wird mit der Strafandrohung tief ins Grundrecht der freien Meinungsäußerung eingegriffen, darüber hinaus stellt sich die Frage nach der Zweckmäßigkeit.

So hatte sich 2008 Ex-Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem sehr kritisch zum Leugnungsparagrafen geäußert. „Ich würde als Gesetzgeber die Holocaust-Leugnung nicht unter Strafe stellen“, so Hoffmann-Riem. Als habe er die Entwicklung um Horst Mahler vorausgesehen, hatte der Jurist bereits damals gewarnt, es sei generell „politisch klug, Ventile zu belassen, anstatt Märtyrer zu schaffen“.

Zweifel an dem Paragrafen hat inzwischen auch Ex-Innenminister Otto Schily: „Den Holocaust zu leugnen ist gewiss abscheulich, moralisch verwerflich, grotesk und töricht. Aber deshalb über Jahre ins Gefängnis?“, so Schily im Zusammenhang mit der Inhaftierung seines früheren RAF-Anwaltskollegen Horst Mahler.

Tatsächlich muss sich die deutsche Justiz den Vorwurf gefallen lassen, dass zum Beispiel jugendliche Intensivtäter selbst bei schweren Gewalttaten oftmals mit erstaunlich milden Urteilen davonkommen. Regelmäßig angeführt wird dabei das Argument „Gefängnisstrafen bessern niemanden.“ Dass „Meinungsdelikte“ ungleich härter und unnachsichtiger geahndet werden, scheint für einen freiheitlichen Rechtsstaat erstaunlich. Norman Hanert


Gegen Homo-Ehe
Klatsche der CDU-Basis für Parteiführung

Die Mitgliederbefragung der Berliner CDU hat ein klares Mehrheitsvotum gegen eine „Ehe für alle“ ergeben. Mit „Stimme überhaupt nicht zu“ votierten 45 Prozent der Befragungsteilnehmer, mit „Stimme voll und ganz zu“ dagegen nur 35 Prozent. Die Antwortmöglichkeiten „Stimme eher zu“ und „Stimme eher nicht zu“ waren auf jeweils sieben Prozent der 4501 gültig abgegebenen Stimmkarten angekreuzt.

Auch wenn man die letztgenannten Antwortmöglichkeiten mit berück­sichtigt, hatten die Gegner der „Homo-Ehe“ somit zehn Prozentpunkte Vorsprung vor den Befürwortern. Ein Prozent der Teilnehmer enthielt sich der Stimme, zwei Prozent kreuzten „Teils/Teils“ auf der Wahlkarte an und drei Prozent „Ich finde das Thema nicht so wichtig“.

Dieses Ergebnis hatte man in der Parteiführung weder erwartet noch erwünscht. Der Generalsekretär der Berliner CDU, Kai Wegner, hatte vor der Abstimmung in einem Interview erklärt: „Wir sind beim Christopher Street Day präsent, wir haben zahlreiche bekennende homosexuelle Mandatsträger. In aktuellen Umfragen sprechen sich 62 Prozent der CDU-Mitglieder für eine Gleichstellung aus.“ Und: „Ich bin ganz optimistisch, dass am Ende unsere Mitglieder einen Beschluss treffen, der zu unserer Partei und zu unserer Stadt passt.“ Berlin ist bekanntlich die Hauptstadt der Schwulen und Lesben. Der Landesvorsitzende Frank Henkel erklärte bei der Bekanntgabe der Ergebnisse, er selbst habe sich für die Option „Stimme eher zu“ entschieden. Michael Leh(siehe Kommentar Seite 8)


Klage gegen »Nudelmonster«

Das Potsdamer Landgericht hat die Klage des Vereins „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ (FSM) zu entscheiden, mit der die Anerkennung als Religionsgemeinschaft begehrt wird. Vereinsaktivist Rüdiger Weida verstand es in der Vergangenheit, öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. FSM hat in Deutschland 3500 Fans auf Facebook und angeblich 130 aktive Anhänger. Weida richtete auf seinem Anwesen in Templin die „erste pastafarianische Kirche weltweit“ ein. Unter dem „Altar“ steht ein Kasten Bier. Einiges Aufsehen erregte Weida damit, dass er in Templin einige Hinweisschilder seiner „Nudelmessen“ unterhalb der offiziellen Hinweisschilder der christlichen Religionsgemeinschaften anbrachte, bis das Ordnungsamt sie wieder entfernte. Über Weidas Motive herrscht Rätselraten. Einige Kritiker werfen ihm vor, lediglich finanzielle Interessen zu verfolgen. Ein Versuch von Baptisten, mit ihm zu diskutieren, hat Weida selbst torpediert. Hans Lody


S. 6 Ausland

Christlich und nicht aus Afrika
Wenn schon, dann wollen die östlichen EU-Mitglieder integrierbare Asylsuchende und keine Islamisten

Ganz im Sinne der südeuropäischen EU-Mitgliedsstaaten und der Asylbewerberlobby gibt die Bundeskanzlerin das Dublin-Abkommen auf. Doch was soll an dessen Stelle treten? Im Osten der EU formiert sich schon einmal der Wiederstand gegen eine Umverteilung.

Für Angela Merkel ist das Dublin-Abkommen ein Auslaufmodell: „Darüber müssen wir auf EU-Ebene sprechen, da haben wir dringenden Reformbedarf. Es hat sich gezeigt, dass diese Verträge überholt sind“, sagte sie im Sommerinterview des ZDF. „Dublin“ regelt das Verfahren bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus Nicht-EU-Staaten. Zusammengefasst besagt es, dass das Land für die Unterbringung von Asylanten zuständig ist, in dem der Antragsteller zuerst EU-Boden betreten hat. An dieser Praxis wurde schon in der Vergangenheit häufiger Kritik geübt. Die Lobby-Organisation „Pro Asyl“ sprach gar davon, „dass über Deutschland ein Flugzeug abstürzen müsse, damit die Insassen dann Anrecht auf Asyl hätten“. In der Tat sind die Lasten ungleich verteilt. So sah sich Italien jahrelang einen schier ungebremsten Zustrom von sogenannten Bootsflüchtlingen aus Afrika ausgesetzt. Die Bilder dieser humanitären Ka­tastrophe gingen um die Welt. Die italienischen Behörden kapitulierten, ließen viele Personen einfach nach West- und Mitteleuropa weiterreisen, wo die Bundesrepublik das beliebteste Ziel war.

Nicht ohne Grund setzt sich die Bundesregierung mittlerweile für festgelegte Flüchtlingsquoten ein: „Wir brauchen einen genauen Schlüssel, der eine gerechte Verteilung gewährleistet“, sagt die Kanzlerin und fordert, dass auch die wirtschaftlich schwächeren Länder aus dem Osten der EU ihren Beitrag leisten. Doch dagegen regt sich erbitterter Widerstand. Neben Tschechien und der Slowakei lehnten auch die baltischen Staaten das angedachte Quotensystem ab, mit dem vor allem die südeuropäischen Länder entlastet werden sollten.

„Die einzelnen Regierungen wissen am besten, was sie im Rahmen gemeinsamer Solidarität leisten können“, sagte der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka nach einem Treffen mit seinem slowakischen Kollegen Robert Fico, gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Man versucht das Problem, vom reichen Zentrum an die Ränder zu verlagern“, erklärte Fico. Sobotka warf der EU-Kommission vor, die Debatte mit ihren neuesten Vorschlägen für ein Quotensystem auf unnatürliche Art und Weise anzuheizen. „Das schadet der Migrationsdebatte in Europa mehr als es nützt“, sagte er. Sein Land habe sich im Mai freiwillig bereit erklärt, 70 Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Tschechien habe zuletzt zudem sehr vielen Ukrainern Zuflucht geboten. „Nicht nur im Süden Europas, auch im Osten steht man vor einer schwierigen Lage. Wir können die Probleme des Südens nicht auffangen“, sagte Sobotka.

Hinzu kommen in diesen Ländern innenpolitische Probleme. Die Proteste gegen die Aufnahme von Flüchtlingen haben dort eine andere Qualität als beispielsweise in Deutschland. „Wir sind hier zu Hause – Die Slowakei den Slowaken“, forderten mehrere Tausend Menschen in der slowakischen Hauptstadt Bratislava (Pressburg) dem Aufruf nationalistischer Gruppen zum Protest gegen die europäischen Flüchtlingsquoten.

In den vergangenen Tagen wurde auf EU-Ebene erbittert darum gerungen, wer wie viele Flüchtlinge aufnehmen solle. Und aus den östlichen EU-Mitgliedsstaaten kam zunehmend der Wunsch, man möge sich auf Asylbewerber christlichen Glaubens beschränken. Der slowakische Regierungschef Robert Fico warnte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Unter islamische Flüchtlinge können sich sehr leicht Terroristen mischen.“ Deshalb wolle seine Regierung bevorzugt Christen aus Syrien aufnehmen, um weniger Ängste in der Bevölkerung hervorzurufen. In Slowenien, wo im vergangenen Jahr 14 Asylanträge positiv beschieden wurden, kam es bei einer Demonstration „gegen die Islamisierung Europas“ gar zu gewalttätigen Ausschreitungen. Der tschechische Ministerpräsident Sobotka erklärte, die Vorgehensweise der EU sei heuchlerisch und nicht hinnehmbar: „Je mehr Zeit wir auf die Diskussion über Quoten verschwenden, desto mehr Zeit verlieren wir für Lösungen, die wirklich helfen, die Flüchtlingskrise zu beenden.“

Auch in den stabilen baltischen Staaten wie Estland hält sich die Begeisterung über eine Dublin-Reform in engen Grenzen. „Bei der Aufnahme von Flüchtlingen würden wir christliche Migranten bevorzugen. Diese Gruppe sei nach Ansicht der Regierung leichter in dem baltischen Land zu integrieren, sagte Sozialminister Margus Tsahkna der Nachrichtenagentur BNS. „In den Krisengebieten haben Christen schwere Verfolgung erlitten“, sagte er zur Lage der christlichen Minderheiten in den Konfliktregionen des Nahen Ostens. Regierungschef Taavi Roivas erklärte, etwa 100 Flüchtlinge könnten jährlich Aufnahme finden: „Aber wir wollen selbst entscheiden, wen wir aufnehmen.“

Das wollen übrigens auch die Polen: Bei einer repräsentativen Umfrage sprachen sich 70 Prozent der Befragten gegen eine Aufnahme von Flüchtlingen aus Afrika aus. In Polen finden im Herbst Parlamentswahlen statt. Das Thema Zuwanderung dürfte das zentrale Thema sein. Es wird ein heißer Herbst erwartet.

Peter Entinger


Ende der geheimen Allianz
Türkei beteiligt sich am Kampf gegen das Terror-Kalifat des IS

Nach Jahren des Wegsehens beginnt Ankara jetzt zu handeln. Erstmals fliegt die Türkei Angriffe gegen die Terrororganisation IS, und erstmals geht sie dabei grenzübergreifend vor. Die türkische Regierung erlaubt den USAauch nach monatelanger Verweigerung, den Luftwaffenstützpunkt Incirlik für Schläge gegen den IS zu nutzen. Auslöser der aktuellen Offensive ist der Selbstmordanschlag eines jungen türkischen IS-Anhängers in Suruc an der syrischen Grenze, bei dem 32 Menschen ums Leben kamen. Der IS glaubte offenbar, durch diesen Angriff auf eine sozialistische, prokurdische Jugendgruppe auf türkischem Boden die innertürkischen Spannungen zwischen den Volksgruppen anheizen zu können. Offenbar haben sich die Islam-Terroristen dabei jedoch verkalkuliert.

Durch die Aufkündigung der stillen Allianz riskieren beide Partner viel. Der IS konnte über die Türkei seine gesamte Logistik abwickeln, die meisten Nachwuchskämpfer aus aller Welt konnten vor dort ungehindert nach Syrien einreisen. Öl-Handel und Schmuggel von Altertümern, fast die gesamten Einnahmequellen des IS, liefen über die Türkei. Der IS agierte bislang im türkischen Sinne, er bekämpfte nicht nur das Regime des verhassten alawitischen syrischen Machthabers Baschar al-Assad sondern vor allem die Kurden, die in Nordsyrien ähnlich wie im Irak eine autonome Zone als Vorläufer eines eigenen Staates errichten wollen. An dieser politischen Interessenlage hat sich jedoch bislang nichts geändert. Von daher kommen Zweifel an der Dauerhaftigkeit und Ernsthaftigkeit des türkischen Engagements gegen den IS auf. Diesen Verdacht bestärkt hat die Tatsache, dass die Türkei neben ihren Angriffen auf den IS auch militärische Lager der kurdischen PKK im Irak angegriffen hat.

Die Kurden, die bislang die Hauptlast des Kampfes gegen den IS tragen, fühlten sich durch die geheime Allianz zwischen der Türkei und dem IS besonders bedroht, deshalb hatten kurdische Kämpfer nach dem Selbstmordattentat in Suruc zwei türkische Soldaten ermordet, die Helfer des IS gewesen sein sollen. Wollte die Türkei dem IS wirklich einen tödlichen Schlag versetzen, müsste sie jeglichen Nachschub unterbinden und IS-Sympathisanten im eigenen Lande ausnahmslos strafrechtlich verfolgen. Daran zweifeln jedoch viele Kenner, obwohl Erdogan bei Razzien nach dem Anschlag von Suruc in 13 Provinzen mehr als 250 Menschen festnehmen ließ. Darunter waren jedoch nicht nur IS-Sympathisanten, sondern auch kurdische und linksextremistische Aktivisten, von denen einer sogar erschossen wurde.

Das militärische Eingreifen der Türkei in Syrien dürfte das Chaos in dem seit vier Jahren vom Bürgerkrieg geschundenen Nachbarland noch weiter vergrößern. Bislang konnte der IS von solchem Chaos immer am meisten profitieren. Wenn die Türkei jetzt den IS von der gemeinsamen Grenze zurückdrängt, wird er seine Positionen im Landesinnern zu stärken versuchen. Leidtragende werden dann auch die vielen Flüchtlinge sein, die nun noch schwerer über die Grenze gelangen können. Das größte Risiko geht die Türkei aber auf eigenem Boden ein. Hier leben mehrere tausend Sympathisanten und Mitläufer der Terrororganisation, auch unter den 1,5 Millionen Flüchtlingen aus Syrien, die sich in der Türkei aufhalten. Sie könnten mit Bomben und Terroranschlägen, womöglich gegen Touristen, eine ganz neue Gefahrenlage für die Türkei schaffen und das Land empfindlich treffen. Bodo Bost


Regierungswechsel erwartet
Taiwans Kuomintang bei Präsidentschaftswahl fast chancenlos

Bei der taiwanesischen Präsidentschaftswahl im Januar 2016 kann es nur eine Gewinnerin geben, denn erstmals treten zwei Frauen gegeneinander an. Die in Taiwan seit Mai 2008 wieder regierende Kuomintang (KMT) hat auf ihrem Parteitag am 19. Juli in Taipeh die Vizepräsidentin des Parlaments, Hung Hsiu-chu, offiziell als Kandidatin für die zusammen mit der Parlamentswahl am 16. Januar 2016 stattfindenden Präsidentschaftswahlen aufgestellt. In ihrer Dankesrede erwähnte die 67-Jährige das Festhalten am gerade ins Parteiprogramm aufgenommenen „Konsens von 1992“ zwischen Taiwan und der Volksrepublik, auf dessen Basis man die friedlichen beiderseitigen Beziehungen weiterentwickeln wolle. Darunter versteht die KMT, dass es nur ein China gibt, auch wenn beide Seiten der Taiwanstraße diesen Punkt unterschiedlich interpretieren.

Die größte Oppositionspartei, die Democratic Progressive Party (DPP), strebt im Gegensatz zur KMT nicht die Wiedervereinigung an. Abgesehn von diesem Dissens wird im bevorstehenden Wahlkampf die Lebensqualität auf der Insel im Mittelpunkt stehen. Gerade junge und alte Menschen leiden unter den stetig steigenden Lebenshaltungskosten, müssen sie sich doch mit niedrigen Einstiegslöhnen beziehungsweise Pensionen zufrieden geben.

Es wird allgemein erwartet, dass die KMT die nächsten Wahlen verliert, da viele Taiwanesen noch mehr chinesischen Einfluss befürchten und die Wirtschaft trotz eines Touristenbooms vom Festland nicht so recht in Schwung kommt. Hung ist eine Verlegenheitslösung. Die der alten Garde zuzurechnenden Politiker besitzen im Volke kaum noch Glaubwürdigkeit und neue Hoffnungsträger möchten sich nicht in ein bereits verloren geglaubtes Rennen schicken lassen. Selbst in ihrer eigenen Partei ist Hung aufgrund ihrer konservativen Ansichten nicht unumstritten.

Die DPP hatte bereits im April ihre Parteichefin, Tsai Ing-wen, offiziell für die Präsidentschaftswahl nominiert. 2012 war sie zwar am jetzigen Amtsinhaber Ma Ying-jeou gescheitert, doch diesmal ist sie klare Favoritin. Tsai gilt als Pragmatikerin und Garantin der Eigenstaatlichkeit. Der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu China wird nicht abgelehnt, aber engere politische Bindungen an den roten Riesen sieht man in ihrem Lager dagegen mit großer Skepsis.

Die Zeit scheint reif für eine taiwanesische Staatspräsidentin. Zwar gibt es auch in anderen asiatischen Ländern bereits weibliche Führungskräfte, doch im Gegensatz zu Ländern wie den Philippinen, Südkorea oder Indien haben weder Tsai noch Hung bei ihrem jeweiligen Aufstieg von einflussreichen Familienmitgliedern profitiert.

Allerdings verdankt Tsai schon ihrer Familie die Möglichkeit, an der Cornell Law School zu studieren und in London zu promovieren. Hung dagegen ist die Tochter eines kleinen staatlichen Angestellten, der im Zuge der antikommunistischen Säuberungen in den 50er Jahren in Ungnade fiel und nach einem Gefängnisaufenthalt nie mehr Arbeit fand.

Deshalb versucht man nun, Hung als Anwalt der kleinen Leute hinzustellen, während Tsai als Tochter von Grundstücksspekulanten präsentiert wird. Dieses durchsichtige Manöver von Sympathisanten der weltweit reichsten Partei dürfte von den Wählern allerdings durchschaut werden und einem überragenden Sieg Tsais nicht im Wege stehen. Markus Matthes


MELDUNGEN

Nähert Kim sich dem Süden an?

Pjöngjang – Der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un hat die Witwe des früheren südkoreanischen Präsidenten Kim-Dae-jung zu einem Besuch eingeladen und ihr sogar angeboten, sie mit einem Flugzeug abholen zu lassen. Obwohl es zwischen beiden Landesteilen weder Reise- noch Postverkehr gibt, hatte die 93-jährige Lee Hee-ho im Jahre 2011 an der Beerdigung von Kims Vater teilgenommen und zu dessen Todestag Blumen nach Pjöngjang geschickt. Ihr verstorbener Mann hatte die als „Sonnenschein-Politik“ bekannte Annäherung an den Norden betrieben. Welches Ziel Kim mit der Einladung an Lee verfolgt, ist unbekannt. F.W.S.

 

»Nazi« wegen Heereskritik

Wien – Weil sie eine kritische Analyse der Sicherheitslage Österreichs erstellt hatte, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die Ministerialbeamte Monika Donner vom Wiener Bundesverteidigungsministerium. Wie ihr die Disziplinarabteilung des Ministeriums eröffnete, wird der Juristin vorgeworfen, „üblicherweise dem Nationalsozialismus zuzuordnende Äußerungen“ getätigt zu haben. Donner hatte Größe und Zustand des stark reduzierten Bundesheeres kritisiert und Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Umwandlung von der Wehrpflichtigen- zur Berufsarmee geäußert. Pikant: Im Mai hatte sie in den Medien bemängelt, dass jeder, der in Österreich eine unliebsame Meinung äußere, Gefahr laufe, als Nazi abgestempelt zu werden. Die in Österreich populäre Donner hatte bereits als Panzeroffizier Karriere gemacht, bevor sie vor dem Verfassungsgericht erstritt, dass sie auch ohne geschlechtsanpassende Operation formal als Frau auftreten, leben und arbeiten darf. J.H.


S. 7 Wirtschaft

Wenig Zeit teuer erkauft
Trotz dritten Hilfspaketes lässt sich ein griechischer Schuldenschnitt wohl höchstens bis 2016 aufschieben

Katastrophen seien oftmals nur aufgeschoben und nicht abgewendet, so lautet eine der Erkenntnisse, die einst der 1881 in Wien geborene und 1956 in Zürich gestorbene Bankier und Nationalökonom Felix Somary mit Blick auf die Turbulenzen des 20. Jahrhunderts formuliert hat. Der Fall Griechenland könnte das „Orakel von Zürich“ nun posthum noch einmal bestätigen.

Als irreführend könnte sich speziell die Hoffnung herausstellen, mit einem neuen Hilfspaket in Höhe von über 80 Milliarden Euro eine Weile Ruhe in der Causa Griechenland erkauft zu haben. So warnt eine Prognose, die unlängst von der Citi-Bank vorgelegt wurde, dass der eigentliche Krisenhöhepunkt für die griechische Bevölkerung erst noch bevorsteht – trotz dritten Rettungspaketes. So erwartet die Citi-Bank schon für das kommende Jahr einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 29 Prozent und eine Inflation von 22,5 Prozent. Wie akut das Thema Schuldenschnitt beziehungsweise Staatsbankrott ist, macht die Prognose deutlich, dass bereits bis 2017 der Schuldenberg des griechischen Staates auf 235 Prozent der Wirtschaftsleistung angestiegen sein werde.

Diese düsteren Erwartungen bei der Citi-Bank passen zu dem, was der Wirtschaftsinformationsdienst Bloomberg bei einer Umfrage unter Ökonomen herausgefunden hat: Demnach erwartet eine große Mehrheit von 71 Prozent spätesten im Jahr 2016 einen Austritt Griechenlands aus dem Euro. Große Skepsis herrscht unter den befragen Volkswirten ebenfalls, ob die 86 Milliarden Euro, die Griechenland nun noch einmal erhalten soll, tatsächlich ausreichen werden.

Schnell als Fata Morgana erweisen könnte sich ebenso, was nun abermals an Privatisierungserlösen in Aussicht gestellt wurde. Nach dem in den letzten vier Jahren nur Einnahmen von drei Milliarden Euro erzielt wurden, soll nun ein Treuhandfonds dafür sorgen, dass der Verkauf von griechischem Staatsvermögen 50 Milliarden Euro in die Kassen bringt. „Diese Zahl ist heute genauso unrealistisch wie vor vier Jahren“, so die nüchterne Einschätzung beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Ein aktuelles Beispiel aus Spanien macht deutlich, dass tatsächlich große Skepsis angebracht ist, wenn jetzt der Eindruck erweckt wird, Griechenlands Tafelsilber könne nennenswert etwas zum Schuldenabbau beitragen. So endete der Versuch, den spanischen Flughafens „Ciudad Real“ zu privatisieren, in einem Desaster: Einst für die Summe von einer Milliarden Euro errichtet, ging nur ein einziges Gebot über 10000 Euro ein. Zu befürchten ist, dass auch Griechenland ähnliche Beispiele für sinnlos verplemperte EU-Fördergelder zu bieten hat, die sich kaum verwerten lassen.

Insgesamt stellt sich Griechenlands Lage damit so ausweglos dar, dass den „Griechenland-Rettern“ droht, bereits in den kommenden Monaten, spätestens aber im Jahr 2016 Farbe bekennen zu müssen. Zum Leidwesen der Bundesregierung dürfte damit auch das Thema Schuldenschnitt für Griechenland relativ bald auf der Tagesordnung stehen. Bislang vehement abgelehnt, gibt es nun erste Zeichen, dass man in Berlin einlenkt. So hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel noch vor wenigen Wochen erklärt, ein Schuldenschnitt komme nicht in Frage. Im Widerspruch dazu steht, dass ein Vertreter des US-Finanzministeriums Pressevertretern nur kurz darauf mitteilte, vor Wochen habe sich die Debatte noch darum gedreht, ob eine Umstrukturierung der Schulden überhaupt auf dem Tisch sei, mittlerweile gehe es bereits darum, in welcher Form und in welchem Umfang ein solcher Schritt kommen werde.

Inzwischen ist in den griechischen Medien ein weiteres Indiz dafür aufgetaucht, dass die Lage des Landes vermutlich noch düsterer ist, als bislang nach außen dargestellt. In der hiesigen Öffentlichkeit erstaunlicherweise kaum zur Kenntnis genommen, hat sich nämlich die griechische Führung in Moskau und Peking eine veritable Abfuhr eingehandelt. So liegt unter anderem von der als seriös geltenden griechischen Wochenzeitung „To Vima“ ein Bericht vor, dem zufolge Premier Alexis Tsipras bei Wladimir Putin nach einem Zehn-Milliarden-Dollar-Kredit angefragt hat, der die Rückkehr zu einer eigenen griechischen Währung ermöglichen sollte. Fakt ist in jedem Fall, dass weder Moskau noch Peking bereit waren, Griechenland bei den Verhandlungen mit der EU finanzielle Rückendeckung zu geben. Dieser Befund steht im Widerspruch zu der hierzulande gern an die Wand gemalten Gefahr, dass Russland und China versuchen würden, Griechenland als trojanisches Pferd in der EU und der Nato zu nutzen.

Bislang kann nur gerätselt werden, warum Putin Tsipras eine Abfuhr erteilte. Spekuliert wird, dass Russland inzwischen selbst so knapp bei Kasse ist, dass es sich solche Aktivitäten nicht mehr leisten kann. Angesichts der bekannt gewordenen trüben Zukunftsaussichten für Griechenland erscheint allerdings auch möglich, dass im Kreml ein ganz einfaches Kalkül angestellt wurde: Warum Geld in die Hand nehmen, um die EU vom Fass ohne Boden namens Griechenland zu befreien? Norman Hanert


Türkei schaut in die Röhre
Russland ist auf die Gaspipeline Turkish Stream nicht angewiesen

Noch vor Kurzem schien alles so schön klar zu sein: Die USA torpedieren die russisch-europäische SouthStream-Gaspipeline, über die unter Umgehung der unsicheren ukrainischen Gasleitungen der Brennstoff in den Westen geliefert werden sollte, Russland sagt daraufhin dieses Projekt ab und einigt sich mit der Türkei auf eine Alternative durch das Schwarze Meer und Anatolien, „Turkish Stream“ genannt.

Die Türkei erhielt dabei Zusagen satter Rabatte auf ihren Gaseinkauf und nebenher ein bedeutendes geopolitisches Druck-mittel gegenüber den Bal­kanstaaten. Dann aber bekam die türkische Regierung den Hals nicht voll und forderte noch höhere Rabatte – scheinbar war Russland vom Projekt abhängig und damit erpressbar.

Dem war allerdings nicht so: Die russische Gazprom vereinbarte mit verschiedenen europäischen Gasunternehmen den Bau neuer Gaspipelines durch die Ostsee, deren Kapazität die bisher durch die Ukraine nach Mitteleuropa geleiteten Gasmengen durchaus ersetzen kann. Als dann noch die USA durch offenbar von ihr inszenierte Unruhen in Mazedonien Druck auf die dortige Regierung ausübten und diese ihre Zustimmung zu dem zwingend über mazedonisches Territorium verlaufenden neuen Röhrensystem von einem Vertrag Russlands mit der Europäischen Union abhängig machte, legte Russland den Hebel um: Die Verhandlungen mit der Türkei wurden auf Eis gelegt und der Vertrag über eine Lieferung von Röhren mit der italienischen Saipem gekündigt.

Zugleich stellte Russland in Aussicht, den Durchleitungsvertrag mit der Ukraine doch noch ein weiteres Mal zu verlängern, was angesichts eines weitgehend zusammengebrochenen Rück-halts für die gegenwärtige Putschisten-Regierung in Kiew und der völlig aussichtslosen wirtschaftlichen und allgemeinen Lage des Landes durchaus in den Bereich des Möglichen rückt. Selbst wenn sich solche Gedankenspiele zerschlagen sollten, müsste die Türkei ihre überzogenen Ansprüche zwingend zurück­schrauben, sollte sie doch noch ins Geschäft kommen wollen. Die ursprünglich angedachten Bautermine würden sich in jedem Fall bereits jetzt nicht mehr halten lassen, so dass empfindliche Einbußen für die türkische Seite auch bei einer für sie günstigen Weiterentwick­lung nicht abzuwenden sind.

Die nach außen hin boomende türkische Wirtschaft sieht sich ohnehin fundamentalen Problemen gegenüber, die auch einer fundamentalistischen Regierung leicht das Genick brechen könnten, so dass Ankara für jeden Rettungsanker dankbar sein müsste. Am Ende dürfte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach Lage der Dinge in jedem Fall in die Röhre schauen. Thomas W. Wyrwoll


China erstickt im Smog
Die KP hat das Problem erkannt und ambitionierte Umweltziele

China ist wie ein Raucher, der unmittelbar das Rauchen einstellen muss, will er nicht an Lungenkrebs erkranken“, erklärte erst unlängst ein bekannter chinesischer Fachmann. Zu Recht, denn mehr denn je sind die Großstädte des Landes von dieser Mischung aus Ruß, Feinstaubpartikeln und Nebel bedroht. Nach Angaben der Regierung sind rund 500 Millionen Chinesen vom Smog betroffen.

Nach neuesten Informationen aus Peking liegt in 190 Städten die jährliche Feinstaubkonzentration bei 60 Mikrogramm pro Kubikmeter, Am 13. Juni wurden in Peking knapp 50, in Schanghai knapp 80, in der Provinz Rizhao rund 150 und in Hotan über 200 Mikrogramm gemessen. Der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Höchstwert beträgt 25 Mikrogramm.

Die Ursache für die hohen Schadstoffwerte liegt letztlich in dem feierlichen Versprechen der chinesischen Führung, das Lebensniveau ihrer Bevölkerung anzuheben, dem damit zusammenhängenden starken Anstieg der Industrieproduktion und der Tatsache, dass die Kohle immer noch der wichtigste Energielieferant ist. Etwa 70 Prozent des Energiebedarfs werden durch sie gedeckt. Hinzu kommen die Abgase der überaus vielen Autos in China. Ihre Zahl beträgt gegenwärtig rund 130 Millionen. Allein in der Stadt Peking gibt es 5,3 Millionen Automobile.

Die Auswirkungen sind groß. Chinesische Regierungskreise schätzen die Zahl der jährlich durch Folgen des Smogs hervorgerufenen Todesopfer auf 500000. Viele sterben an Atemwegserkrankungen und deren Folgen. Abgesehen von den damit verbundenen menschlichen Schicksalen ist das auch eine volkswirtschaftliche Belastung. Die Fehlzeiten in Industrie, Landwirtschft und Dienstleistungssektor nehmen zu und das Gesundheitssystem sieht sich mit zusätzlichen Herausforderungen konfrontiert. Nicht zuletzt sorgt der Smog für schlechtere Sichtverhältnisse im Straßenverkehr, was zu einer Zunahme der Unfälle führt.

Natürlich weiß die Regierung um die Problematik, dass die von ihr angestrebte Erhöhung des Lebensstandards gegenwärtig nur durch das Verfeuern von Kohle möglich ist, was wiederum den Smog bedingt. Als Sofortmaßnahme hat sie ein Vier-Stufen-Warnsystem eingerichtet, dessen Erfolge aber bisher zumeist gering sein sollen. Die Verantwortlichen beginnen jetzt allmählich mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien und besonders mit der Schließung alter, ineffizienter, schmutziger Kraftwerke. Ebenso soll das Transportwesen im Riesenreich umweltfreundlicher gestaltet werden.

Für die in den kommenden Jahren notwendige Smogreduktion hat Chinas Regierung sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Primär will man die Feinstaubbelastung bis 2017 um ein Viertel senken wie auch den Kohleverbrauch. Vorbild soll alleine schon wegen der vielen ausländischen Touristen Peking sein, wo der Verbrauch von Kohle in zwei Jahren sogar um 40 Prozent gemindert werden soll. Bis 2020 soll ein Fünftel des Energiebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Und in der Hauptstadt wird eine Begrenzung der Zahl der Autos auf sechs Millionen angestrebt. Ob China diese Ziele wirklich wird realisieren können, steht in den Sternen.

Friedrich-Wilhelm Schlomann


MELDUNGEN

Turbinen für die Krim

St. Petersburg – „Das deutsche Unternehmen Siemens wird Gas­turbinen für die Krim liefern“, war in der russischen Wirtschaftszeitung „Wedemosti“ zu lesen. Sofort standen die Gralshüter der westlichen Sanktionen gegen Russland auf dem Plan, welche eine von der Ukraine unabhängige Stromversorgung der Krim zu unterbinden suchen. Gerne hätte man Siemens als Sanktionsbrecher ertappt und in Reaktion darauf als Mitbewerber auf dem Weltmarkt ausgeschaltet. Wie die Petersburger Siemenstochter SGTT erläuterte, werde sie die Turbinen jedoch nicht auf die Krim liefern, sondern nach Taman und damit in unmittelbare Nachbarschaft zur Krim. Das falle nicht unter die Sanktionsregelung. T.W.W.

 

Millionen für ein paar Tausend

Brüssel – Fast jeder zweite Arbeitslose, der in den vergangenen Jahren aus dem Europäischen Globalisierungsfonds unterstützt wurde, hat eine neue Arbeit gefunden. Was die EU-Kommission jetzt stolz verkündete, betrifft indes nur knapp 7700 Personen. Der Fonds ist für Arbeitnehmer gedacht, die bei Massenentlassungen ihre Stelle verloren haben. In den vergangenen zwei Jahren stellte die EU dafür 114,4 Millionen Euro bereit. U.M.


S. 8 Forum

Fette Aufträge
von Frank Horns

Selten hat man so warmherzige und besorgte Pressemeldungen gelesen – und das auch noch von Verbänden und Einrichtungen, die ansonsten eher Staubtrockenes zu vermelden haben. Der „Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer“ sorgt sich um die reibungslose Kommunikation mit Asylsuchenden und Flüchtlingen. Der „Bundesverband der Sicherheitswirtschaft“ bekennt sich dazu, die Zugewanderten mit bestausgebildetem Personal vor allem Unbill schützen zu wollen (siehe Seite 3). Wird demnächst die „Deutsche Sanitärwirtschaft e. V.“ auf die unterägliche Situation hinweisen, dass bislang kaum ein Flüchtlingsheim über Whirlpools verfügt? Der deutsche „Bundesverband Automatenunternehmer“ könnte nachziehen und im Sinne einer menschwürdigen Unterbringung mindestens einen Spieleautomaten für jede Notunterkunft fordern.

Die scheinheiligen Verlautbarungen diverser Interessenverbände machen deutlch, wofür die Asylbewerberflut auch steht. Sie ist ein großes Geschäft, das vielen Branchen schlicht und einfach eine fette Auftragslage beschert.


Schuss ins Knie
von Michael Leh

Das hat erst mal gesessen. Trotz einer Suggestivfrage und massiven linken Mediendrucks stimmte eine klare Mehrheit der Berliner CDU-Mitglieder gegen eine „Ehe für alle“. Generalsekretär Kai Wegner machte ein langes Gesicht bei der Bekanntgabe des Ergebnisses in der Berliner Landesgeschäftsstelle. Vorher hatte Wegner, einer der Befürworter der „Homo-Ehe“ in der Parteispitze, noch erklärt, man werde das Ergebnis für „verbindlich“ erachten, unterschiedliche Meinungen seien zu respektieren. Doch jetzt begann er gleich zu relativieren. Das Ergebnis sei nur durch die älteren Parteimitglieder zustande gekommen, die Jungen hätten ja ganz anders abgestimmt. Letzteres sei eine „gute Entwicklung“, erklärte er im RBB, und man müsse „weiter werben“, es müssten „wahrscheinlich weiter Vorurteile und auch ein Stück weit Ängste“ abgebaut werden. Eine Respektierung unterschiedlicher Meinungen sieht anders aus.

Der CDU-Landesvorsitzende Frank Henkel hatte vor der Abstimmung aus seiner Meinung ein Geheimnis gemacht und erklärte jetzt, er habe mit „eher dafür“ gestimmt. Ohne dies näher zu begründen, sagte er auch noch: „Ich glaube, dass wir auf Dauer gleichgeschlechtliche Partnerschaften vollkommen gleichstellen müssen.“ Damit bleibt die Linie maßgeblicher Führungskräfte der Berliner CDU vorgezeichnet. Auch Henkels Stellvertreter Thomas Heilmann hatte für die „Öffnung der Ehe“ geworben. Für die Befürworter der „Homo-Ehe“ in der CDU war die von ihnen betriebene Abstimmung jedoch ein Schuss ins Knie.


Deutsche Verantwortung?
von Norman Hanert

Auf den ersten Blick schien es ein Fall zu sein, wie ihn vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender gern und mit schöner Regelmäßigkeit präsentieren. Ein gut ausgebildeter Afrikaner flieht vor dem Chaos in Nordafrika über das Mittelmeer, um in Deutschland Schutz und Zuflucht zu finden. Was die dargebotene Geschichte aus der medialen Flut der „Lampedusa-Schick­sale“ heraushebt und wirklich interessant macht, sind die angeführten Motive des Asylbewerbers. Der Arzt aus dem Sudan hatte lange in Libyen gearbeitet und gutes Geld verdient – die maßgeblich von Großbritannien und Frankreich initiierte Intervention in Libyen hatte jedoch seine komplette Lebensplanung über den Haufen geworfen. Die Europäer haben mir meine Existenzgrundlage zerbombt – nun sollen sie für mich sorgen, so die knappe Begründung des Afrikaners.

Ob damit die Kriterien erfüllt sind, die eigentlich für eine Anerkennung als politischer Verfolgter notwendig sind, ist fraglich. Die vorgetragene Argumentation sollte dennoch nicht voreilig abgetan werden. Tatsächlich hatte Libyen nämlich den höchsten Lebensstandard und das beste Gesundheitssystem Afrikas, bis man in Paris, London und Washington glaubte, mit militärischen Mitteln einen Regierungswechsel in dem Land herbeizwingen zu müssen. Vier Jahre nach dem Eingreifen kann das Resultat nur als Desaster bezeichnet werden. Libyen ist zum Austragungsort eines permanenten Bürgerkrieges, zu einem gescheiterten Staat geworden. Der Verfall staatlicher Strukturen hat dazu geführt, dass Libyen mittlerweile die wichtigste Zwischenstation bei der illegalen Einwanderung nach Europa ist.

Während auf EU-Gipfeln ausgiebig darüber dis­kutiert wird, wer die Lasten der Migrationsströme trägt, die der Zerfall Libyens ausgelöst hat, herrscht zu einer anderen Frage erstaunlicherweise bislang völliges Schweigen. Nicht diskutiert wird, wer eigentlich ursächlich die Verantwortung für das eingetretenen Chaos trägt.

Ebenfalls weitgehend in Vergessenheit geraten ist, welche Vorwürfe gegen die deutsche Außenpolitik erhoben wurden, weil Berlin im Fall Libyen militärisch nicht mitziehen wollte. „Manche EU-Partner halten die EU offenbar für eine humanitäre Hilfsorganisation“, so der damalige französische Außenminister Alain Juppé in Anspielung auf Deutschlands Zögern, als es darum ging, in Libyen einen Machtwechsel herbei zu bomben. Dass die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und Italiens von ihrem Anteil am Zerfall Libyens mittlerweile nichts mehr wissen wollen, ist nur zu verständlich. Völlig unklar bleibt jedoch, was hiesige Medien und Politiker dazu bewegt, unentwegt von „deutscher Verantwortung“ zu reden, wenn es um das in Nordafrika angerichtete Chaos geht.


Frei gedacht
Deutschland und seine Richter
von Eva Herman

Letzte Woche hat das Bundesverfassungsgericht das Betreuungsgeld gekippt. Mit dieser Entscheidung machten die höchsten Richter deutlich, dass man hierzulande den familiär geprägten Gemeinschaftssinn endgültig abschafft. Deutschlands gesetzlich geregelte Lebensformen lauten: Männer und Frauen in den Job, Kleinstkinder in fremde Hände. Mit diesem mit dem Sozialismus aufs Engste verwandten Modell hat sich das höchste Gericht endgültig als Verbündeter der klassischen Familie verabschiedet. Noch 1999 hatte Karlsruhe den Familien Wahlfreiheit angeboten, als im sogenannten Betreuungsurteil verkündet wurde, dass „die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern“ sei (BVerfGE 99, 216, 231). Das seit kurzer Zeit erst existierende und mit 150 Euro mehr als bescheidene Betreuungsgeld, das von meist links-grüner Seite nicht selten als „Herdprämie“ diffamiert worden war, ist hingegen kaum mehr als eine kleine Anerkennung der elterlichen Erziehungsleistung gewesen. Aber es war wenigstens etwas. Doch auch dieser Krümel ist nun vom Tisch. Stattdessen soll der bundesweite Krippenausbau weiter forciert werden, obwohl längst klar ist, dass der durchschnittliche Kita-Qualitätsstandard nicht selten vergleichbar ist mit so mancher Einrichtung für Massentierhaltung. Wohlgemerkt, es geht hier um nicht weniger als die prägenden ersten Lebensjahre eines Menschenkindes. Spannenderweise kostet ein Kita-Platz zwischen 1000 und 2000 Euro monatlich, je nach Region. Dafür scheint immer noch genügend Geld da zu sein, was zeigt, dass es sich hier nicht um eine Preis-, sondern um eine Gesinnungsfrage handelt. Dass die Karlsruher Richter einstimmig entschieden, zeigt umso mehr die klare Linie des Systems; dass die wohlgelittenen Herrschaften in roter Robe als Begründung ihrer Entscheidung angeben, das Betreuungsgeld sei Länder- und nicht Bundessache, darf lediglich als letztes Manöver betrachtet werden, um ans vorgegebene Ziel zu kommen: die Zerschlagung der kleinsten gesellschaftlichen Zelle, die Vernichtung der Familie, nicht selten auch heute noch Vorbildort für Verantwortung, Verlässlichkeit, Moral, Liebe.

Nicht zum ersten Mal in unserer Geschichte haben skrupellose Systeme diese Zerstörungsprogramme aufgelegt, um das Individuum Mensch zu destabilisieren, um den Einzelnen zu einem Ja-sagenden Mitläufer des stumpfen Kollektivs abzurichten. Schon in der Nazizeit hatte das politische System festgelegt, dass Babys von ihren Müttern getrennt werden sollten, um nicht „verzärtelt“ zu werden, um „starke, belastbare Menschen“ zu schaffen. Das Experiment en­de­te in einem Desaster.

Welche Ziele hinter dieser Vernichtungsmethode steckten, dürfte jedem Menschen mit nur minimalster Allgemeinbildung geläufig sein. Formuliert hatte den Zweck dieser widernatürlichen Menschenhaltung einst schon der 1820 geborene Politiker und Karl-Marx-Verbündete Friedrich Engels, als er die kommunistische Familienpolitik vor etwa 150 Jahren wörtlich erläuterte: „Die Beschäftigung der Frau in der Fabrik löst die Familie notwendig gänzlich auf, und diese Auflösung hat in dem heutigen Zustande der Gesellschaft, der auf der Familie beruht, die demoralisierendsten Folgen, sowohl für die Eheleute wie für die Kinder. Eine Mutter, die nicht Zeit hat, sich um ihr Kind zu bekümmern, ihm während der ersten Jahre die gewöhnlichsten Liebesdienste zu erweisen, eine Mutter, die ihr Kind kaum zu sehen bekommt, kann diesem Kinde keine Mutter sein, sie muss notwendig gleichgültig dagegen werden, es ohne Liebe, ohne Fürsorge behandeln wie ein ganz fremdes Kind, und Kinder, die in solchen Verhältnissen aufgewachsen, sind später für die Familie gänzlich verdorben, können nie in der Familie, die sie selber stiften, sich heimisch fühlen, weil sie nur ein isoliertes Leben kennengelernt haben, und müssen deshalb zur ohnehin schon allgemeinen Untergrabung der Familie bei den Arbeitern beitragen. Eine ähnliche Auflösung der Familie wird durch die Arbeit der Kinder herbeigeführt.“ Michael Gorbatschow nahm 1987 in seinem Buch „Perestroika“ übrigens zu genau diesen sowjetischen Familienmaßnahmen, die Land und Gesellschaft lange Zeit total verändert und fast völlig zerstört hatten, Stellung. Angesichts verfallener Familienstrukturen und im Lichte von über 40 Millionen Alkoholikern schrieb Gorbatschow wörtlich:

„Wir haben erkannt, dass viele unserer Probleme im Verhalten vieler Kinder und Jugendlicher – in unserer Moral, der Kultur und der Produktion – zum großen Teil durch die Lockerung familiärer Bindungen und die Vernachlässigung der familiären Verantwortung verursacht werden. Dies ist ein paradoxes Ergebnis unseres ernsthaften und politisch gerechtfertigten Wunsches, die Frau dem Mann in allen Bereichen gleichzustellen.“ Diese Worte Gorbatschows wurden übrigens in derselben Zeit veröffentlicht, in der in Westdeutschland die feministischen Debatten über die Fremdbetreuung der Kleinstkinder zugunsten der arbeitenden Frau an Nachdruck gewannen.

Ganz ehrlich: Manchmal sehne ich mich nach der Zeit zurück, in der ich davon ausging, dass wir an gewissen Missständen noch etwas ändern könnten. Ich sehne mich auch nach den Gesprächen mit Gleichgesinnten, die damals in die Hände spuckten und zuversichtlich sagten: „Das kriegen wir schon hin, wenn wir nur wollen.“ Ich gestehe, dass ich tatsächlich für längere Zeit der Annahme nachhing, dass wir den Sturz Deutschlands noch aufhalten könnten. Doch diese Hoffnung ist gestorben. Denn jene Menschen, die sich als unsere Politiker ausgeben, werden nichts ändern. Sie können nicht, weil sie nichts entscheiden dürfen. Sie wollen auch nicht, weil sie als Handlanger des Systems längst ihre eigenen Vorstellungen über Bord haben werfen müssen. Eigentlich tun sie mir leid, diese Leute. Denn sie sind nicht mehr oder weniger als die berühmten Fähnlein im Winde. Geradeso wie auch die sogenannten höchsten Richter Deutschlands. Sie alle dienen einem System, das Land und Leute zerstört, um der Gewinnmaximierung einzelner Monopolisten Vorschub zu leisten. Welchen Nutzen ziehen sie selbst unterdessen daraus? Reicht es wirklich aus, dieses bisschen offizielle Genugtuung als Amtsträger in einem menschenverachtenden System? Genügen die paar Taler, um morgens und abends dem Blick in den Spiegel standhalten zu können? Wissen sie wirklich, was sie tun?

Als ich einst meine öffentliche Position eintauschte gegen eine unbequeme Zukunft, weil ich über die verheerende Entwicklung der Familienpolitik zu debattieren begann, erntete ich von zahlreichen prominenten Mainstreamkollegen Miss­achtung. Doch zehntausende Briefe besorgter Mütter, Väter, verzweifelter Familien hatten mir die innere Verfassung unserer Gesellschaft klargemacht: Die Menschen leiden darunter, dass ihnen die natürlichsten aller Lebensgrundlagen wie Familie, Zusammenhalt und Liebe entzogen werden. Sie leiden unter der zunehmenden Verrohung der gesellschaftlichen Strukturen. Bei jedem Verständnis für diese Sorgen jedoch frage ich mich nun immer öfter: Warum, um alles in der Welt, wehren sie sich immer noch nicht?


S. 9 Kultur

Cranach d.J. in neuem Licht
Zum 500. Geburtstag würdigt Sachsen-Anhalt das Werk des großen Meisters in mehreren Ausstellungen

Lucas Cranach der Jüngere, ein bedeutender Maler der Renais-sance, erblickte in Wittenberg das Licht der Welt. Mit der Landesausstellung „Cranach der Jüngere 2015“ feiert Sachsen-Anhalt das Ereignis.

Lucas Cranach der Jüngere wurde am 4. Oktober 1515 in Wittenberg geboren. 500 Jahre später widmet die Lutherstadt dem Maler bis zum 1. November mit der Landesausstellung Sachsen-Anhalt 2015 das bis dato umfassendste Bild über sein Leben und Werk und gibt der Cranach-Forschung damit neuen Schwung.

Nach dem frühen Tod seines älteren Bruders Johannes, genannt Hans, 1537 wurde Lucas d. J. der designierte Chef der Werkstatt seines Vaters Lucas Cranach der Ältere, den die Malerei schon zu Lebzeiten nicht nur reich, sondern auch zum „Star“ gemacht hatte. Nach dem endgültigen Weggang des Vaters aus Wittenberg im Juli 1550 ging die volle Verantwortung für den Betrieb noch vor dessen Tod 1553 in Weimar auf ihn über.

Dieses Datum ist wichtig, da von da ab die Zuschreibung an Lucas d.J. eindeutig ist, wobei das Problem der Scheidung der Hände in dem schablonenhaften Werkstattbetrieb mit seinen zahlreichen Angestellten natürlich bleibt. Zum Verständnis der Cranach-Zeit gehört, dass sich das eigenständige Künstlerprofil der „Marke“ Cranach unterordnete. Denn Vater Lucas hatte etwas geschaffen, was im damaligen Reich einzigartig war: die Entwicklung eines spezifischen Stils, der es ihm ermöglichte, die vielen Aufträge bei gleichbleibend hoher und nahezu einheitlicher Qualität mit einer großen Schar von Gesellen und Hilfskräften zu bewältigen.

Lucas d.J. mag das ähnlich gesehen haben. Denn ein autonomes Selbstbildnis von ihm gibt es (bisher) nicht. Entsprechend sind die vielen hundert bekannten Cranach-Werke in der Regel nur mit dem Werkstattzeichen signiert: der geflügelten Schlange. Nur zwei kleine Bilder in der Ausstellung besitzen daneben die Initialen der Brüder Hans und Lucas d.J.

„Kein anderer mit einem Fürstenhof (hier: Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen) in vertraglicher Bindung stehender Werkstattbetrieb konnte im damaligen Reich vergleichbare Umsätze und Gewinne tätigen ...“, ist im Katalog zu lesen. Dass es dem jüngeren Cranach gelang, diese produktive Werkstatt mit unvermindert hoher Qualität erfolgreich fortzuführen, wird daher bei seinem Begräbnis 1585 auch besonders gewürdigt.

Dennoch, da ist sich die Kunstgeschichte schon länger einig, gelang es dem Jüngeren vor allem als Porträtist sein eigenes künstlerisches Talent zu zeigen, indem er das von seinem Vater entwickelte und immer weiter stilisierte Porträtschema durch lebensnahe Charakterstudien ersetzte. Das Bildnis seines Vaters von 1550 ist dafür vielleicht das bekannteste Beispiel.

Mit der Präsentation der Porträtstudien von 13 sächsischen Fürsten und ihren Verwandten aus dem Musée des Beaux Arts in Reims ist den Wittenberger Kuratoren ein Coup gelungen, der den Titel der Ausstellung „Entdeckung eines Meisters“ rechtfertigt. Nur ein einziges Mal wurden die großartigen Zeichnungen bisher als geschlossenes Konvolut ausgestellt: 1951/52 in den USA. Ansonsten waren immer nur einzelne Blätter zu sehen. Dass sie jetzt am Standort ihrer Entstehung vollständig bewundert werden können, ist der Höhepunkt der Landesausstellung.

Zehn der Blätter sind um 1540 entstanden, drei werden auf die Zeit um 1545/1550 datiert. Nach neuesten Forschungen stammen sie alle von Lucas Cranach d.J. Die Zeichnungen gehörten einst zum Fundus der Cranach-Werkstatt, die damit über das Bildnis-Monopol der sächsischen Fürsten verfügte und so jederzeit neue Aufträge oder Nachbestellungen schnell und einfach erledigen konnte.

Der französische Miniaturmaler Jacques Philippe Ferrand hatte die Blätter 1687 auf einer Deutschlandreise von einem unbekannten Sammler erworben. Als sein Sohn Antoine Ferrand de Monthelon 1748 in Reims eine Zeichenschule ins Leben rief, wurden sie zum Lehrmaterial für seine Schüler. Mit seinem Nachlass kamen sie in den Besitz der Stadt Reims und bildeten den Grundstock des neu gegründeten Museums der Schönen Künste.

Als sie 1770 erstmals inventarisiert wurden, stufte man sie als „Köpfe von Albert (sic!) Dürer“ ein. Bald jedoch wurden sie auf einem Speicherboden des Rathauses ausgelagert und erst 1853 wiederentdeckt. Nach der Restaurierung (Doublierung) ordnete man sie Hans Holbein zu. Erst 1881 erkannte der Museumskustos Charles Loriquet in ihnen Blätter der Cranach-Werkstatt, von denen er zehn dem älteren Cranach und drei dem Sohn zuschrieb. Auch das 20. Jahrhundert bescherte den Zeichnungen – kriegsbedingt – ein wechselvolles Schicksal. Erst 1921 kehrten sie endgültig ins Reimser Museum zurück.

Mit insgesamt 120 Werken von über 60 internationalen Leihgebern widmet sich die Landesausstellung im frisch sanierten Augusteum direkt neben dem Lutherhaus vielen Aspekten, bleibt aber überschaubar. Den Anspruch auf eine vollständige Werkschau erhebt sie nicht. Dafür bieten sich die beiden authentischen Außenstellen am Anfang von Wittenbergs historischer Meile, der rund 1000 Meter langen fast schnurgeraden Hauptstraße durch die Altstadt – beginnend mit der Schlosskirche, an dessen Tür Luther seine 95 Thesen schlug, und endend am Augus-teum und Lutherhaus – als Ergänzung an.

Nach nur wenigen Minuten steht man vor den beiden stattlichen Cranach-Höfen Schlossstraße 1 und Markt 4. In letzterem, dem Geburtshaus von Lucas d.J., betritt man „Cranachs Welt“ und erhält einen Ein- und Überblick über die Familiengeschichte – sie verbindet sich angeblich sogar mit Goethe –, die Themen und Motive der Cranach-Werkstatt und den Werkstattprozess.

In „Cranachs Kirche“ St. Marien, der weltbekannten Predigtkirche von Martin Luther und Grabstätte von Lucas d.J., wurden die Cranachwerke im Chor für die Ausstellung aufwendig restauriert. Allen voran der große Reformationsaltar von 1547/48, von dem ein Film in der Sakristei das Vorher und Nachher zeigt. Besonders interessant ist dabei die neue Farbigkeit, die sich nach der Reinigung dem zarteren Kolorit des Jüngeren annähert und damit auch ein neues Licht auf das cranachsche Gesamtwerk wirft.

Angeschlossen sind die Schauen „Cranach in Anhalt. Vom alten zum neuen Glauben“ im Johannbau in Dessau und „Cranach im Gotischen Haus in Wörlitz“ im Wörlitzer Park. Zudem gibt es Korrespondenz-Projekte in ausgewählten Cranach-Kirchen der Region. Helga Schnehagen

Öffnungszeiten: Wittenberg Augusteum Montag bis Sonntag 9 bis 18 Uhr; St. Marien Mo bis Sonnabend 10 bis 18, Sonntag ab 12 Uhr; Cranach-Haus Montag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr; Dessau Johannbau Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr; Wörlitz Gotisches Haus Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr. Internet: www.cranach2015.de


Scharfe Kurven
Austellung in Kelheim erinnert an »Ratisbona«-Rennen

Der Ausstellungstitel „Scharfe Kurven, heiße Reifen!“ mag vielleicht die Atmosphäre von sexy Boxenludern vermitteln. Es geht zwar um Rennsport, aber zu einer Zeit, als hübsche Damen noch nicht das Umfeld von Auto- und Motorrad-Meisterschaften prägten. Der Untertitel gibt detaillierter Auskunft: Die Bergrennen in der und um die niederbayerische Kreisstadt Kelheim stehen im Fokus – und die waren über fast sechs Jahrzehnte ein weit über die Region hinaus bekannter Zuschauermagnet.

Über 30 Jahre sind die Rennen auch schon Geschichte. Aber für die Menschen im Landkreis Kelheim und den Nachbarkreisen ist der Ihrlersteiner Berg („Rennstrecke“) ein fester Begriff, die Straße dort bis heute für Fahrzeuglenker aller Art eine Herausforderung – aber auch eine Freude zu fahren, wenn man die Tücken kennt. Das Archäologische Museum der Stadt Kelheim, das sonst viel weiter in die Historie blickt, widmet den „Ratisbona-Bergrennen“ zwischen 1924 und 1981 eine kleine Ausstellung. Die Bezeichnung „Ratisbona“ rührt daher, dass der gleichnamige Regensburger Motorsportclub diese Wettbewerbe organisiert hat. Mitte der 20er Jahre, als der Erste Weltkrieg und die Nachkriegsnöte überwunden waren, setzten sich die zwei- und vierrädrigen Fahrzeuge allmählich durch, andererseits hatte die Bevölkerung nun auch wieder Zeit, Lust und Geld für derlei Dinge.

Die Atmosphäre der 20er Jahre vermitteln in Fotos, teils sogar großformatig, an den Wänden, aber auch das eine oder andere Exponat. Man lernt Motorradfirmen kennen, die man nie zuvor gehört hat und die es heute nicht mehr gibt. So zum Beispiel eine belgische Saroléa, Baujahr 1928, mit 350 Kubikzentimeter Hubraum, zehn PS, Dreiganggetriebe und 90 Stundenkilometer Spitzengeschwindigkeit. Ein Kelheimer hat damit 1929 am Ratisbona-Bergrennen teilgenommen.

Neben Motorrädern der verschiedenen Klassen, Gespannen, Autos der diversen Hubraumgrößen bis hin zu Formel-Fahrzeugen gab es auch Wettbewerbe für Seifenkisten. Solche finden sich in der Ausstellung – und alles, was drumherum wichtig ist: Ausrüstung, Benzinkanister, Feldtelefon und -kabeltrommel, Plakate, Pokale, Presseberichte, Rennanzug, Sturzhelm. Erinnert wird an Motorsportgrößen, die hier am Start waren, auch wenn die Rennen „nur“ zur Bayerischen beziehungsweise Südbayerischen ADAC-Bergwertung zählten: Rudolf Caracciola, Hans Stuck sen., Klaus Enders/Ralf Engelhardt (mehrfache Gespannweltmeister), Sepp Greger, Toni Mang. Heute in der Bundesrepublik Deutschland fast nicht mehr bekannte Autofirmen wie Steyr Puch oder damals erfolgreiche Fahrzeuge heutiger Autobauer wie BMW 700 werden wieder ins Bewusstsein gerufen. Aber auch die Schattenseiten – Schwerverletzte und Tote – werden nicht verschwiegen. Vor allem die Tatsache, dass in den 70er Jahren die Fahrzeuge immer leichter und schneller wurden, die Rennstrecke aber im Wesentlichen unverändert blieb, führte letztlich dazu, dass Anfang der 80er Jahre die Tradition zu Ende ging. Markus Bauer

Archäologisches Museum, Lederergasse 11, 93309 Kelheim, bis 8. November, Di. bis So. 10 bis 17 Uhr. Eintritt: 3 Euro. Tel. (09441)10409, E-Mail: mu-seum.kelheim@t-online.de.


Eine wiederbelebte Liebe
Werke des deutschen Autors Heinrich E. Jacob auf Mazedonisch

Das schöne südmazedonische Städtchen Ohrid, am gleichnamigen Bergsee gelegen und mit ihm in den Unesco-Listen des Welterbes verewigt, gilt als „balkanisches Jerusalem“. Hier hat um 900 der Heilige Kliment die zweitälteste Universität Europas geschaffen, hier veranstaltet seit 1973 die Universität der Hauptstadt Skopje alljährlich wissenschaftliche Konferenzen. Skopje war noch lange unter dem türkischen Namen „Üsküb“ bekannt, Reminiszenz an über 600 Jahre osmanischer Herrschaft. „Liebe in Üsküb“ heißt der Roman, den 1932 der deutsche Autor Heinrich Eduard Jacob (1898–1967) veröffentlichte und den jetzt ein deutscher Wissenschaftler in Ohrid „wiederbelebte“.

Der längst vergessene Jacob war zu Lebzeiten ein wahrer Erfolgsautor. Seine Musikerbiografien über Haydn oder Mozart wurden in elf Sprachen übersetzt und waren in den USA schulische Pflichtlektüre. Seine dokumentarische Erzählung „6000 Jahre Brot“ war 1944 ein Welterfolg. Im Mai 1931 inspirierte ihn eine Jugoslawien-Reise zu „Liebe in Üsküb“ – der geistvoll-amüsante Blick auf das Liebesleben der jungen Cäcilie, der noch 1972 als postume Fortsetzungs-Publikation in der Baseler „Nationalzeitung“ Leser entzückte.

Entzückt waren jetzt die in Ohrid versammelten Wissenschaftler von Jacobs Führung durch „das große und wilde Gebiet Mazedonien“, mit seinen „schöne Menschen, eine Mischrasse voller Ruhe“ und seine „duftreichen Ebenen“, „von Opium getränkt“. Opium? Daran erinnern heute nur noch die angeritzten Mohnkapseln im mazedonischen Staatswappen. Auch anderes verschwand, das Jacob mit verblüffender mazedonische Landes-, Kultur- und Geschichtskenntnis ausbreitet, etwa die Skopjer Boulevards und Gebäude, die im Erdbeben von 1963 untergingen. Manches überdauerte in unvergänglichem Reiz: „Ohrid war die letzte Stadt der Slawen vor der albanischen Grenze. Diese Grenze lief mitten durchs Wasser, auf einem Hügel lagen Überreste römischer Festungen“. Hier irrt Jacob. Er meint den Herrschersitz des Mazedonen-Zaren Samuil aus dem 10. Jahrhundert. Hinter Ohrid weitere Juwelen: „Nach einer Stunde kam Sveti Naum, das stolze Kloster des heiligen Naum, weiß, eine große Galeere des Friedensgottes, lag es im Ochridasee.“

So ist Mazedonien bis heute, dabei leichter als bei Jacob zu erkunden: „Aus Üsküb auf der vorzüglichen Heerstraße zehn Stunden nach Ohrid.“ Heute dauert es knapp drei Stunden, nach Fertigstellung der Europäischen Verkehrskorridore, Teilstücke VIII und XD, wird man in Mazedonien noch rascher reisen. Auf historischen Routen, die schon Jacob kannte: „die Via Egnatia der Römer, lief von hier ans Ägäische Meer“. Sein „Üsküb“ wird übrigens bald übersetzt in Mazedonien erscheinen. Wolf Oschlies


S. 10 Geschichte

Von Menschenhand angerichtete Apokalypse
Vor 70 Jahren warfen die Vereinigten Staaten von Amerika die Atombombe auf Hiroshima

Sie nannten sie „Little Boy“. Der Name war an Zynismus nicht zu übertreffen. Das „Baby“ der Forschergruppe um den Physiker J. Robert Oppenheimer in Los Alamos (New Mexico) war die furchtbarste Waffe, die Menschen je erfanden. Am 6. August 1945 warf ein US-amerikanischer Bomber die mit Plutonium-35 gefüllte Atombombe über Hiroshima ab.

Der „Kleine Junge“ explodierte in 600 Metern Höhe in einem gigantischen Feuerball. Drei Tage später traf eine zweite Atombombe – „Fat Man“ – Nagasaki. In beiden Städten starben schätzungsweise 230000 Bewohner sofort oder in den Wochen und Jahren danach an den Folgen der Verstrahlung. Frauen brachten verkrüppelte Kinder zur Welt. Hiro­shima ist seitdem ein Synonym für die Apokalypse, angerichtet von Menschenhand.

Pathetisch verkündete US-Präsident Harry S. Truman der ahnungslosen Welt am Tag danach den Abwurf der ersten Atombombe: „Die Kraft, aus der die Sonne ihre Macht bezieht, ist auf diejenigen losgelassen worden, die dem Fernen Osten den Krieg brachten.“ Die Bomben bewirkten, was die US-Amerikaner mit ihnen bezweckten. Drei Monate, nachdem Deutschland kapituliert hatte, ergab sich auch das japanische Kaiserreich. Der Zweite Weltkrieg war beendet.

Der „Vater der Atombombe“ genannte J. Robert Oppenheimer war entsetzt über die Folgen seiner Forschung. Er weigerte sich, an der Entwicklung der Wasserstoffbombe mitzuarbeiten, und wandte sich gegen das atomare Wettrüsten der USA und der UdSSR im Kalten Krieg. Der asketisch wirkende, zum Mystizismus neigende Mann war deutsch-jüdischer Abstammung. Seine Familie lebte in New York, wo er am 22. April 1904 geboren wurde. Er studierte in Harvard, Cambridge und in Göttingen bei dem Nobelpreisträger für Physik Max Born. 1942 erhielt er von der US-amerikanischen Regierung den Auftrag, der ihn vom Wissenschaftler zum „Zerstörer der Welten“ werden ließ. So bezeichnete er sich später in Anlehnung an die heilige Schrift der Hindus, Bhagavad Gita, in einem Interview.

Meldungen des Geheimdienstes hatten die US-Regierung im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs aufs Höchste alarmiert. Eine Forschergruppe um Werner Heisenberg experimentiere in Deutschland an der Entwicklung einer Nuklearwaffe und sei bereits weit fortgeschritten. Zutrauen konnte man es den Deutschen. Dem Chemiker Otto Hahn war 1938 am Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut die erste Kernspaltung gelungen, die Grundlage für den Bau einer Atombombe. Tatsächlich standen die Wissenschaftler um Heisenberg noch am Anfang. Aber auch der in die USA emigrierte Albert Einstein glaubte an den Erfolg seiner deutschen Kollegen. In einem Brief vom 2. August 1939 warnte er Präsident Franklin D. Roosevelt. Als sich die Gerüchte um eine Atombombe der Nationalsozialisten immer mehr verdichteten, gab Roosevelt den Startschuss für das „Manhattan Projekt“.

Unter strengster Geheimhaltung errichteten die US-Amerikaner mitten in der Wüste das Los Alamos National Laboratory. Ein Team aus US-amerikanischen, kanadischen und britischen Forschern unter der Leitung von Oppenheimer sollte den Deutschen zuvorkommen. Am 16. Juli 1945 wurde die Plutonium-Testbombe in Alamogordo auf einem 30,5 Meter hohen Turm aus Stahl gezündet. Die Druckwelle breitete sich über eine Entfernung von 160 Kilometern aus. Die Bombe trug den Namen „Little Gadget“, zu Deutsch etwa kleines Spielgerät.

Die Atombombe sollte Deutschland treffen, doch sie wurde erst nach der Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 einsatzbereit. Die Japaner kämpften weiter den „Großen Ostasiatischen Krieg“. Der Nachfolger von Präsident Roosevelt, Harry S. Truman, sah in der neuen Superbombe das Mittel zur schnellen Beendigung des Kriegs im pazifischen Raum.

Die US-Amerikaner wählten Hiroshima aus, weil dort die Führung der 2. Japanischen Hauptarmee stationiert war. Die meisten der 225000 Bewohner waren aber Zivilisten. In Nagasaki befanden sich die Mitsubishi-Rüstungsbetriebe. Der Befehl zum Abwurf der Atombomben kam aus dem Land, das sie ursprünglich hatten verwüsten sollen, aus „Haus Erlenkamp“ am idyllischen Griebnitzsee in Potsdam. Dort wohnte die US-Delegation während der Potsdamer Konferenz. Unterdessen waren „Little Boy“ und die zweite, für Nagasaki bestimmte Bombe auf die Südseeinsel Tinian transportiert worden. Zwei Tage vor dem geplanten Einsatz, am 4. August, erhielt Pilot Paul Tibbets den Auftrag, nach Hiroshima zu fliegen. Er nannte sein Flugzeug „Enola Gay“, so hieß seine Mutter. Ein Geistlicher segnete die Maschine und ihre Besatzung: „Allmächtiger Vater, wir bitten Dich, denen beizustehen, die sich in die Höhen Deines Himmels wagen und den Kampf bis zu unseren Feinden vortragen.“

Um 8.16 Uhr Ortszeit in Hiro­shima stieg der Atompilz 13 Kilometer in die Höhen des Himmels, 20 Minuten später sank sein radioaktiver Niederschlag auf die Erde. Abertausende Menschen verglühten, ihre Schatten brannten sich auf den wenigen noch stehen gebliebenen Häuserwänden ein. Das Gleiche geschah drei Tage später in Nagasaki. Die Überlebenden leiden bis heute an Krebs, Leukämie und psychischen Krankheiten. Man nennt sie in Japan Hibakusha. Sie werden häufig diskriminiert aus Furcht, die Schäden durch die Radioaktivität könnten vererbbar sein. Der Friedenspark am Fluss Aioi in Hiro­shima erinnert an den Atombombenabwurf. Alljährlich finden am 6. August hier und in aller Welt Gedenkfeiern statt.

Der „Vater der Atombombe“, J. Robert Oppenheimer, arbeitete nach Kriegsende als Berater der US-Atombehörde. Als Gegner des atomaren Wettrüstens machte er sich viele Feinde. In der McCarthy-Ära wurde er als Sympathisant der Kommunisten vom FBI überwacht und verlor sein Amt. John F. Kennedy veranlasste 1963 seine Rehabilitierung. Oppenheimer starb am 18. Februar 1967 an Kehlkopfkrebs. Klaus J. Groth


Erstmals überwindet eine Bahn Grenzen
Vor 175 Jahren wurde Deutschlands fünfte Fernbahn eröffnet: die Magdeburg-Köthen-Halle-Leipziger Eisenbahn

Am 18. August 1840 wurde die Eisenbahnlinie zwischen dem preußischen Magdeburg und dem sächsischen Leipzig in Betrieb genommen. Bei der 119 Kilometer langen Strecke handelte es sich zwar schon um die fünfte Fernbahn Deutschlands, aber dafür um die allererste Eisenbahntrasse der Welt, die über Staatsgrenzen führte.

Schon vier Jahre bevor der Nationalökonom Friedrich List 1833 mit seinem Vorschlag zur Schaffung „eines allgemeinen deutschen Eisenbahnsystems“ an die Öffentlichkeit trat, hatte der Kaufmann und Stadtrat Matthäus Ludwig Wucherer aus Halle angeregt, eine Bahnlinie zwischen Magdeburg und Leipzig zu bauen. Und damit stieß er auch sofort auf vielfältige Zustimmung. So begrüßte der Leipziger Stadthauptmann Johannes Ludwig Hartz die Idee aufs Wärmste und führte im Oktober 1829 erste Sondierungsgespräche mit Wucherer. Ein weiterer Befürworter des Projektes war Gustav Harkort, der in der Messestadt mit englischen Garnen handelte und zu den Begründern des Eisenbahn-Comittees Leipzig gehörte, dessen erklärtes Ziel darin bestand, Lists Visionen in die Tat umzusetzen.

Dabei hatten die Eisenbahnen­thusiasten in Leipzig und Halle die Rechnung ohne die Magdeburger Kaufmannschaft gemacht. Diese befürchtete, durch das Vorhaben ihren Standortvorteil beim Handel mit Kaffee, Rohrzucker und Spirituosen einzubüßen, der sich aus Magdeburgs Lage an der Elbe und die direkte Schiffsverbindung zum Hamburger Hafen ergab. Deshalb kamen die Pläne Ende 1829 wieder zum Erliegen.

Allerdings stieß die Blockadehaltung der Magdeburger in der Folgezeit auf mancherlei Kritik. So wies Friedrich List 1833 darauf hin, dass die Eisenbahn einen wirtschaftlichen Aufschwung mit sich bringen werde, von dem alle profitieren könnten. Zudem beschloss das Leipziger Eisenbahn-Comittee, den Magdeburger Oberbürgermeister August Wilhelm Francke zu einer seiner Sitzungen einzuladen und zum Ehrenmitglied zu ernennen. Damit gewannen die Befürworter der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn einen einflussreichen Verbündeten. Francke, der 1831 zum Oberbürgermeister auf Lebenszeit gewählt worden war, überzeugte die störrischen Kaufleute seiner Stadt und wandte sich dann am 13. Juni 1835 mit einer Eingabe an die preußische Staatsregierung, in der es etwas umständlich, aber doch eindeutig hieß: „Es scheint als eine für die Stadt Magdeburg und ihren Handelsstand unerläßliche Notwendigkeit, sich durch eine schleunige Anlegung einer Eisenbahn nach Leipzig sowohl ihre Teilnahme am Eisenbahnverkehr, der sich zweifelsohne bald über das nördliche Deutschland erstrecken wird, als auch überhaupt ihre Teilnahme an dem Großhandel sicher zu stellen, welcher bald nicht mehr durch ihre Lage an der Elbe gesichert sein möchte.“

Dem folgte am 12. März 1836 der formelle Antrag auf Genehmigung der Bahnlinie. Darüber hinaus wurde am 2. April 1837 eine entsprechende Aktiengesellschaft gegründet. Diese verfügte in kürzester Zeit über ein Kapital von rund drei Millionen Talern, weil die Zeichnung der Aktien überaus erfolgreich verlaufen war. Letztlich stand doppelt so viel Geld zur Verfügung wie gebraucht wurde. Deshalb sah König Friedrich Wilhelm III. keinen Hinderungsgrund, der Magdeburg-Köthen-Halle-Leipziger Eisenbahn-Gesellschaft, kurz Magdeburg-Leipziger Eisenbahn-Gesellschaft, per Allerhöchster Kabinetts-Ordre vom 13. November 1837 die Konzession für den Betrieb zu erteilen. Der wiederum sollte gemäß dem detaillierten Konzessionsvertrag erfolgen, den Francke mit dem Geheimen Staatsminister Christian Rother ausgehandelt hatte, wobei die hierbei gefundenen Regelungen dann gleich noch in das preußische Eisenbahngesetz vom 3. November 1838 einflossen.

Allerdings führte die Bahnlinie nicht nur durch preußisches Hoheitsgebiet, sondern berührte auch die Territorien des Königreiches Sachsen und des Herzogtums Anhalt-Köthen. Von dieser Seite aus zog sich die Konzessionierung noch bis zum 18. September 1840 hin. Das führte aber zu keiner Verzögerung des Streckenbaus. Dieser begann am 17. April 1838, nachdem bereits im November 1835 Messpfähle zwischen der Magdeburger Innenstadt und dem Vorort Buckau in den Boden gerammt worden waren. Ein reichliches Jahr später, am 29. Juni 1839, konnte der erste, 15 Kilometer lange Teilabschnitt zwischen Magdeburg und Schönebeck in Betrieb genommen werden.

Wie zeitgenössische Quellen berichten, startete die Jungfernfahrt morgens um 8.15 Uhr im Bahnhof der Domstadt und endete 25 Minuten später in Schönebeck. Als Zugmaschine für die 13 Waggons fungierte eine Lokomotive englischer Bauart, die auch von einem englischen Lokführer namens Turner bedient wurde. Einen Tag später begann dann der planmäßige Personenverkehr auf der Strecke. Dabei kam es bereits am 8. Juli zu einem Unfall, als die Lok mitsamt dem angehängten Zug gegen die Prellböcke des Magdeburger Bahnhofs krachte. Dies forderte zwar keine Opfer, führte aber zur sofortigen Entlassung Turners.

Ebenfalls recht zügig gingen die weiteren Teilstrecken in Betrieb: Der Abschnitt zwischen Schönebeck und der Saalebrücke bei Calbe konnte am 9. September 1839 freigegeben werden, dem folgte die Eröffnung der Strecke von Calbe nach Köthen zum 19. Juni 1840. Nur einen Monat später wiederum war es dann bereits möglich, von Magdeburg bis nach Halle zu fahren. Und am 18. August 1840 lief schließlich auch der erste Zug im neuerrichteten Magdeburger Bahnhof in Leipzig ein. Dieser lag nur einen Steinwurf vom Endpunkt der Leipzig-Dresdner Eisenbahn entfernt, weshalb es keine sonderlichen Umstände bereitete, gleich noch bis in die sächsische Hauptstadt weiterzureisen.

Für die Aktionäre der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn-Gesellschaft sollte sich die Bahn schnell als Goldgrube erweisen: Bereits 1840 gelangte eine Dividende von vier Prozent zur Ausschüttung und in späteren Jahren stieg die Gewinnbeteiligung sogar bis auf 24 Prozent des Aktienwertes.

Angesichts der hervorragenden finanziellen Situation des Unternehmens lag es nahe, noch ein zweites Gleis zu legen. Dieses Vorhaben wurde am 15. Januar 1843 abgeschlossen, womit nun auch der planmäßige Güterverkehr auf der Strecke gesichert war.

Die Erfolgsgeschichte der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn-Gesellschaft endete am 1. Juni 1876. An diesem Tage erfolgte die Übernahme durch die ebenfalls private Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn-Gesellschaft, die dann ihrerseits zum 20. Dezember 1879 in den Besitz des preußischen Staates überging. Wolfgang Kaufmann


S. 11 Preussen

Scheidemanns preußisches Pendant
Der sozialdemokratische Ministerpräsident Paul Hirsch starb vor 75 Jahren in Berlin

Im Zuge der Novemberrevolution wurde Paul Hirsch im Freistaat Preußen, was sein Parteifreund Philipp Scheidemann im Deutschen Reich wurde: der erste einer überschaubaren Reihe von Ministerpräsidenten.

Als Folge der Novemberrevolution wurde wie im Deutschen Reich auch in dessen Bundesstaaten die Monarchie abgeschafft. Dem Kaiserreich folgte die Weimarer Republik und dem Königreich Preußen ein gleichnamiger Freistaat. Und so wie Philipp Scheidemann im nachrevolutionären Deutschland, übernahm Paul Hirsch im nachrevolutionären Preußen Regierungsverantwortung. Auch die Kürze ihrer Regierungszeit verbindet die beiden.

Im Gegensatz zu Philipp Scheidemann wuchs Paul Hirsch allerdings nicht im westelbischen Preußen, sondern in der bran­den­bur­gischen Ucker­mark auf. Am 17. November 1868 kam der Spross einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Prenzlau zur Welt. Wie Scheidemann verlor Hirsch bereits als Kind seinen Vater. Anders als Scheidemann musste Hirsch seine schulische Laufbahn jedoch nicht aus finanzieller Not abbrechen. Vielmehr besuchte er nach dem Umzug der Familie nach Berlin dort von 1879 bis 1888 das Gymnasium zum Grauen Kloster.

Der Gymnasialausbildung folgte standesgemäß ein Universitätsstudium. An der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität studierte er erst Medizin, wechselte jedoch später zu einem politischeren Fach, der Volkswirtschaftslehre. Er arbeitete in studentischen Reformgruppen mit und wurde schließlich in den 90er Jahren SPD-Mitglied.

Ähnlich Scheidemann arbeitete auch er als Schriftsteller und Journalist. Ab 1896 gab er mit seinem Kollegen und Parteifreund Curt Baake die „Politisch-parlamentarischen Nachrichten“ heraus.

Ähnlich wie Baake betätigte sich auch Hirsch ab 1899 als Stadtverordneter in der Kommunalpolitik Berlins. Parallel dazu gelang ihm 1908 der Sprung in die Landespolitik. Nach der Parlamentswahl vom 3. Juni jenes Jahres gehörte er mit sechs weiteren Genossen zu den ersten Sozialdemokraten, die in das preußische Abgeordnetenhaus einzogen. Dort brachte er es bis zum Fraktionsvorsitzenden.

Im Ersten Weltkrieg versuchte Hirsch wie Scheidemann, ein Auseinanderbrechen der SPD über der Frage der Kriegsfinanzierung zu verhindern, und entschied sich, als dieser Versuch gescheitert war, für die Mehrheitssozialdemokratie. Während der Novemberrevolution bildete sich wie im Reich so auch in Preußen ein von Mehrheits- und Unabhängigen Sozialdemokraten dominierter Rat der Volksbeauftragten als Revolutionsregierung. Die Spitze war paritätisch besetzt. Neben dem Unabhängigen Sozialdemokraten Heinrich Ströbel wurde Hirsch einer der beiden Vorsitzenden. Zudem war der Mehrheitssozialdemokrat in dem Rat neben dem Unabhängigen Sozialdemokraten Rudolf Breitscheid für das Ressort Inneres zuständig. In dieser Funktion entließ Hirsch am 4. Januar 1919 den zum linken Flügel der Unabhängigen Sozialdemokraten gehörenden Berliner Polizeipräsidenten Emil Eichhorn, nachdem dieser sich geweigert hatte, gegen die im Stadtschloss untergebrachte Volksmarinedivision vorzugehen. Aus Protest gegen diese Entlassung verließen die Unabhängigen Sozialdemokraten den Rat der Volksbeauftragten und Hirsch blieb als alleinige Spitze und damit Regierungschef Preußens übrig. Am 13. März 1919 trat die verfassungsgebende preußische Landesversammlung, das preußische Pendant zur Nationalversammlung auf Reichsebene, zusammen und bestätigte sein Mitglied Hirsch als Regierungschef Preußens.

Als Mann an Preußens Spitze hatte Hirsch vor allem damit zu tun, Zerschlagungsabsichten abzuwehren. Von jenen, die derartige Absichten hegten, seien hier drei Typen genannt. Da sind zum einen „Beutepreußen“ wie Konrad Adenauer aus den erst vergleichsweise spät zu Preußen gekommenen westelbischen Gebieten. Dann sind da jene, die, ähnlich wie die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg, Preußen vorwarfen, ein Hort des Militarismus zu sein. Als dritte Gruppe seien die Zentralisten genannt, denen ein Zentralstaat nach französischem Vorbild mit ungefähr gleichgroßen Verwaltungseinheiten vorschwebte. Gerade die Sorge vor Letzterem ließ die Lokalpatrioten in den vormaligen König­reichen Süddeutschlands – allen voran die Bayerische Volkspartei – zu maßgeblichen Verbündeten des preußischen Regierungschefs werden.

Als Argument für den Erhalt Preußens führte der Sozialdemokrat dessen Tugenden an: „Preußens Aufgaben sind noch nicht erfüllt. Auf den Geist der Freiheit, der Ordnung und der Arbeit gestützt, soll es noch einmal der deutschen Nation und ihrer künftigen friedlichen Größe dienen. Preußens beste Eigenschaften, Arbeitsamkeit und Pflichttreue, braucht auch das Deutsche Reich zum Wiederaufbau.“

Außer dem Erhalt von Preußens Größe galt das Streben des alten Berliner Kommunalpolitikers auch der Schaffung eines Groß-Berlin. Auch bei diesem Großthema war Hirsch erfolgreich. Am 25. April 1920 beschloss der Preußische Landtag mit den Stimmen von Hirschs (Mehrheits-)Sozialdemokraten, der Unabhängigen Sozialdemokraten und der linksliberalen Deutschdemokraten das Groß-Berlin-Gesetz. Mit dessen Inkrafttreten am 1. Oktober des Jahres wurden die sechs kreisfreien Städte Berlin-Lichtenberg, Berlin-Schöneberg, Berlin-Wilmersdorf, Charlottenburg, Neukölln und Spandau sowie aus den umliegenden Kreisen Niederbarnim, Osthavelland und Teltow die Stadtgemeinde Cöpenick, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke eingemeindet. Die Bevölkerung Berlins verdoppelte sich dadurch auf 3,8 Millionen, das Stadtgebiet vergrößerte sich um mehr als das Zwölffache auf 878 Quadratkilometer.

Zu dieser Zeit stand Hirsch allerdings schon nicht mehr an der Spitze Preußens. Er war trotz dessen schnellen Scheiterns ein verspätetes Opfer des Lüttwitz-Kapp-Putsches vom 13. März 1920 geworden. Nachdem ihm seine Partei mehrheitlich mangelnde Energie und Wachsamkeit während der kritischen Tage vorgeworfen hatte, trat er am 24. März des Jahres mit seiner Regierung zurück.

Während heutzutage Spitzenpolitiker nach ihrem Sturz oder Rück­tritt in der Regel ausgesorgt haben und sich als „Elder Statesman“ zumindest aus dem operativen Geschäft der Politik zurück­ziehen, war das bei Hirsch anders. Ähnlich wie Scheidemann machte er auf ungleich nachrangigeren Posten weiter. Vorerst blieb er in Berlin, arbeitete von Juli bis April 1920 als parlamentarischer Staatssekretär im preußischen Volkswohlfahrtsministerium und ab dem Februar 1921 als Stadtrat und stellvertretender Bürgermeister in Charlottenburg.

1925 wurde Hirsch dann als Bürgermeister nach Dortmund berufen. Unter dem seit 1910 amtierenden, also noch aus der Kaiserzeit stammenden, bürgerlichen Oberbürgermeister Ernst Eichhoff versuchte der Sozialdemokrat, seine Erfahrungen bei der Schaffung Groß-Berlins auf Dortmund zu übertragen. Das Gros der Eingemeindungen nach Dortmund erfolgte 1928/29 und damit in der Amtszeit Hirschs als dessen Bürgermeister.

Seine Planungen gingen von nachhaltigem wirtschaftlichem Wachstum aus. Stattdessen kam die Wirtschaftskrise. Ebenfalls 1929 zog auch der erste Nationalsozialist in Dortmunds Stadtparlament ein. Vor diesem Hintergrund ersuchte Hirsch 1932 um vorzeitige Pensionierung. Von seiner Aufgabe in Dortmund entbunden, zog er zurück nach Berlin. Dort erlebte und erlitt der sozialdemokratische Jude das Dritte Reich. Er verlor seinen Pensionsanspruch und wurde mit seiner Frau in ein Zimmer eines nur für Juden bestimmten Hauses eingewiesen. Am 1. August des Kriegsjahres 1940 starb der 71-Jährige an Schwäche und Unterernährung.

Manuel Ruoff


Wie und warum Bismarck zum Grafen wurde
Durch die vor 150 Jahren geschlossene Gasteiner Konvention wurde der Deutsche Krieg von 1866 um ein knappes Jahr verschoben

Im Frieden von Wien, der den Deutsch-Dänischen Krieg zwischen Dänemark sowie Preußen und Österreich beendete, trat der dänische König am 30. Ok­tober 1864 die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an die deutschen Sieger ab. Es stellte sich nun die Frage, was die Österreicher und Preußen mit ihrem Kriegsgewinn anfangen sollten. Der preußische Ministerpräsident hatte bereits vor dem Krieg erklärt: „Die up ewig Ungedeelten müssen einmal Preußen werden.“

Einen analogen Wunsch gab es auf Seiten der süddeutschen Großmacht nicht. An einer Exklave am anderen Ende Deutschlands war die Donaumonarchie nicht interessiert. So schien sich anzubieten, dass Österreich zugunsten Preußens auf seine Ansprüche auf die Herzogtümer gegen entsprechende Kompensationen verzichtete. Da Preußen – nicht zuletzt aufgrund seiner Sparsamkeit und des auf dem Wiener Kongress erhaltenen Ruhrgebietes – finanziell und wirtschaftlich leistungsfähig war, bot sich eine Kompensation in finanzieller Form an. Preußen war zu einer derartigen Scheckbuchdiplomatie bereit. Und Österreich war chronisch klamm und konnte nicht zuletzt wegen der Kosten des vorangegangenen Krieges gegen Dänemark eine Finanzspritze gut gebrauchen. Allerdings wollte der österreichische Kaiser Franz Joseph aus Gründen des innerdeutschen Gleichgewichts einer Vergrößerung Preußens um die Herzogtümer nicht ohne eine Ausdehnung Österreichs zustimmen.

Bevor er der Erweiterung Preußens ohne territoriale Kompensation zustimmte, unterstützte er lieber die legitimen Ansprüche von Friedrich Christian August von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg auf Schleswig-Holstein. Ein selbständiger schleswig-holsteinischer Mittelstaat war eher im Interesse Österreichs als Preußens, da die deutschen Mittelstaaten in der Regel aus purem Selbsterhaltungstrieb eher zu Österreich als zu Preußen neigten. Berlins immer wieder erkennbare Tendenzen, Deutschland unter seiner Führung einen zu wollen, bedrohten die Selbstständigkeit der Mittelstaaten. Wien hingegen musste aus purer Staatsräson einen deutschen Nationalstaat verhindern, wären die Grenze eines solchen doch quer durch den Vielvölkerstaat verlaufen und hätten ihn gespalten.

Nicht nur, dass Preußen an einem weiteren deutschen Mittelstaat also nicht interessiert sein konnte, Friedrich Christian August war auch noch ein Liberaler, und so ließ sich Bismarck erst einmal grundsätzlich auf die österreichische Forderung nach territorialen Kompensationen ein.

Am 24. August 1864 forderte der österreichische Außenminister Bernhard von Rechberg bei einem Besuch Bismarcks und seines Königs in Schönbrunn, die preußische Unterstützung bei der österreichischen Rückgewinnung der Lombardei als Kompensation. Die Feindschaft Italiens und dessen Schutzmacht Frankreich war Bismarck jedoch ein zu hoher Preis.

Nach der Ersetzung Rechbergs durch Alexander von Mensdorff-Pouilly am 27. Oktober 1864 wurde von österreichischer Seite als territoriale Kompensation Hohenzollern und die Grafschaft Glatz an der Grenze Schlesiens zu Österreich gefordert. Diese Lösung scheiterte am ent­schiedenen Widerstand König Wilhelms I., der von der schlesischen Eroberung Fried­richs des Großen nichts zurück­zugeben willens war.

Preußen war nun zumindest formal bereit, sich auf den österreichischen Vorschlag eines eigenständigen Schleswig-Holstein unter Friedrich Christian August einzulassen, verband dieses jedoch mit Forderungen, die aus dem Mittel- einen preußischen Vasallenstaat gemacht hätten. Exemplarisch hierfür ist die Forderung, dass die Soldaten des Mittelstaates ihren Fahneneid nicht etwa auf dessen Herrscher, sondern auf den Preußens leisten sollten.

Obwohl die Lage verfahren, die österreichischen und preußischen Forderungen meilenweit voneinander entfernt waren, kam es nicht schon damals zum Bruch zwischen den beiden Siegern über die Kriegsbeute. Die auf tönernen Füßen stehende Großmacht im Süden, die ihre besten Zeiten längst hinter sich hatte, scheute einen weiteren teuren Krieg und war entsprechend um eine Einigung bemüht. Und zu Bismarcks Leidwesen war die finanzielle Vorbereitung Preußens auf einen Krieg gegen die andere deutsche Großmacht noch nicht abgeschlossen, und so ließ er sich auf die österreichischen Bemühungen um eine wenigstens provisorische Verständigung ein.

Vor 150 Jahren begleitete Bismarck seinen König auf einer Kur im österreichischen Bad Gastein. Dort besuchte ihn Österreichs Gesandter Gustav von Blome. Im Hotel Straubinger erarbeiteten beide die Gasteiner Konvention und unterzeichneten sie am 14. August 1865.

Gemäß der Konvention wurde die Verwaltung Schleswig-Holsteins provisorisch geteilt. Ungeachtet der Verantwortung beider Siegermächte für Schleswig-Holstein als Ganzes übernahm Preußen die Verwaltung Schleswigs und Österreich die Holsteins. Lauenburg überließ Franz Joseph Wilhelm I. für zweieinhalb Millionen dänische Thaler. Darüber hinaus bekam Preußen bezüglich Holstein zwei Heerstraßen von Lübeck nach Kiel und von Hamburg nach Rendsburg sowie das Recht, einen Kanal zwischen Nord- und Ostsee zu bauen, eine Telegrafenverbindung zu errichten sowie in Kiel einen befestigten Flot­ten­stütz­punkt einzurichten.

Wilhelm I. war dankbar für die vermeintliche Lösung des Problems und verlieh seinem Ministerpräsidenten den Grafentitel. Für Bismarck war die Konvention ein Etappenerfolg auf dem Weg zu einem preußischen Schleswig-Holstein: „In Schleswig also regiren wir vom 1. Sept. ab allein und souverän; hinaus wird man uns dann wohl nicht wieder bringen und es fühlt sich so an, als wolle Österreich uns später Holstein dazu verkaufen; daß wir es so oder so bekommen, bezweifle ich nun nicht mehr.“ M.R.


S. 12 Leserforum

Leserforum

»Ich werde aber bis Pfingsten in Ephesus bleiben«

Zu: Paulus-Brief in Paderborn (Nr. 28)

Die Briefe des Apostels Paulus müssen in der neueren Forschung viel über sich ergehen lassen. Einige werden verdächtigt, gar nicht von Paulus zu stammen, andere werden als Puzzles angesehen, die aus ursprünglich kleineren Schreiben des Apostels zusammengesetzt wurden, und in einigen werden missliebige Aussagen späteren Bearbeitern zugewiesen.

Der obengenannte Artikel scheint dieser Entdeckerfreude zu entsprechen; denn dort wird von dem bekannten Spruch 1. Korinther 13,13 „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen“ behauptet, er sei „an die frühchristliche Gemeinde der reichen griechischen Stadt Ephesus“ geschrieben worden.

Will der Verfasser des Artikels die Forschung mit einer neuen Hypothese beglücken, wonach die Briefempfänger, die nach 1. Korinther 1,2 ausdrücklich „in Korinth“ beheimatet sind - daher die Bezeichnung „1. Korintherbrief“ –, inzwischen als Migranten in das wohlhabende kleinasiatische Ephesus gezogen sind? Oder handelt es sich schlicht um eine Verwechselung zwischen der Stadt der Adressaten (Korinth) und dem Ort, an dem Paulus diesen Brief geschrieben hat? In den persönlichen Bemerkungen gegen Ende seiner Ausführungen bemerkt der Apostel jedenfalls: „Ich werde aber bis Pfingsten in Ephesus bleiben“ (1. Korinther 16,8).

Christian Wolff, Berlin

 

 

»Totschlag der Seelen«

Zu Gutes Geschäft (Nr. 29)

Geschichtskorrekturen oder notwendige Ergänzungen werden heute konsequent ausgeschaltet, wenn sie geeignet sind, die Zwangsvorstellung von der deutschen Allein- oder wenigstens Hauptschuld zu erschüttern.

Die Voraussetzung für das Gelingen einer solchen Perversion ist eine zielstrebig anerzogene Unwissenheit, eine weltfremde Bereitschaft zur Selbstbezichtigung als eines politischen Tugendbegriffs und ein skrupelloser Opportunismus zur Erlangung materieller Vorteile. Das Ergebnis sind unübersehbare Schädigungen der Wahrheitsliebe und damit des Charakters. Der Dichter Hans Grimm sprach schon 1945 von einem „Totschlag der Seelen“.

Die Gegenseite nutzt diese Situation zu Erpressungen aller Art und um eine endlose Tributpflicht aufrechtzuerhalten. Nur Narren können glauben, auf diesem Wege Freunde in der Welt zu erwerben, die diesen Namen verdienen.

Das vorerst letzte Beispiel versuchter Erpressung kommt aus der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Man übergeht, dass Lüderitz legitime Verträge mit den Stammesfürsten schloss, aufgrund deren das Reich seinen Schutz gewährte und also „die Flagge dem Kaufmann“ folgte, dass die Herero- und Hottentottenaufstände von Räubereien und grausamen Morden an deutschen Ansiedlern begleitet waren und daher niedergeschlagen werden mussten, dass die Befriedung darin ihren Ausdruck fand, dass im 1. Weltkrieg gegen die 67000 Buren und Engländer 35000 Eingeborene die hoffnungslos unterlegene deutsche Schutztruppe von 4000 Felddienstfähigen bis zuletzt unterstützten und den Deutschen die Treue hielten, obwohl ihnen nicht verborgen bleiben konnte, dass ohne ihren Beistand der deutsche Widerstand unmöglich gewesen wäre, dass eine Befragung der Stammesfürsten 1918 durch führende Engländer dahin beantwortet wurde, eine Abstimmung würde für die Fortdauer der deutschen Herrschaft ausfallen, dass zahlreiche kulturelle Einrichtungen, Eisenbahnen, Schulen, Krankenhäuser und so weiter geschaffen wurden, die durch die unter Bruch der Zusagen Wilsons geraubte Kolonie den Einwohnern entschädigungslos verblieben. Allein diese Tatsache nimmt allen heutigen Forderungen die Berechtigung.

Klaus Baade, Lüchow

 

 

Unsere Geduld wird überdehnt

Zu: Eldorado für Asylbewerber (Nr. 25)

Alle bisherigen Bemühungen, das Asylproblem in den Griff zu bekommen, mussten scheitern, weil die vorherrschenden Roten, Grünen und Linken von vorneherein eine massenhafte Zuwanderung wollten. Die vorgesehene Umvolkung wurde insbesondere von den Grünen mit zahlreichen abwertenden Sprüchen über Deutschland öffentlich propagiert und gleichzeitig wurden Einwanderer mit immer attraktiveren Sozialdienst-Angeboten angelockt.

Wer weitere Massenzuwanderungen unter anderem damit begründet, dass bei Kriegsende Millionen Flüchtlinge aufgenommen wurden, ignoriert, dass es sich dabei um Vertriebene gleicher Kultur und Sprache handelte, die wesentlich problemloser eingegliedert werden konnten.

Diejenigen, die eine rigorose Rückführung nicht Asylberechtigter und Illegaler fordern, um berechtigten Asylsuchenden eine schnellere Aufnahme und Integration zu ermöglichen, werden mit der Moral- und Nazi-Keule unter Mitwirkung staatlich subventionierter Antifa-Schläger mundtot gemacht.

Dass zukünftig ein weiterer Massenansturm gebilligt wird, beweisen die halbherzigen und unwirksamen Kompromisse der Kanzlerin und ihrer überwiegend rot-grünen Landesregenten, indem nur der Aufnahme-Notstand durch dauerhafte Millionen-Hilfe des Bundes abgemildert werden soll.

Seit Jahrzehnten nehmen die Bürger den Abbau bei Bildung, Gesundheit, Kultur und Sport hin und nehmen Nachteile durch vernachlässigte Sanierungen im öffentlichen Raum in Kauf, weil dafür keine Millionen zur Verfügung stehen. Sie schlucken zusätzliche öffentliche Abgaben und leiden unter finanziellen Einbußen durch Entwertung.

Unsere überdehnte Geduld wird zu mehr Protesten und einem nicht einzuschätzenden Wählerverhalten führen.

Gisela Recki, Troisdorf

 

 

Listige Hellenen

Zu: Bis alles zusammenbricht (Nr. 29)

Bei nüchterner Betrachtung der mittlerweile jahrelangen Schmierenkomödie namens „Griechenland-Rettung“ kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass die Hellenen in Person des Alexis Tsipras einen neuen Volkshelden hervorgebracht haben.

Es ist einfach genial, wie er, noch listiger als der legendäre Odysseus, immer wieder als strahlender Sieger hervorgeht und die gesamten EU-Politiker wie Würste dastehen lässt.

Einer seiner jüngsten Schachzüge war der Austausch des charismatischen Varoufakis, welcher die Aufgabe hatte, den Bösen zu mimen gegen einen „Guten“, der den Zurückhaltenden und Bescheidenen gibt.

Dabei ist es doch längst zum Naturgesetz geworden, dass auf jedes Rettungspaket für Griechenland ein neues folgt. Die europäische Politprominenz hätte es gar nicht nötig, sich immer wieder wie am Nasenring vorführen zu lassen.

Wie wäre es, wenn unsere Kanzlerin in ihrer Freigiebigkeit, ich will ja bescheiden sein, mir so im Vorübergehen mal eben einen Hunderttausender als Finanzhilfe zukommen ließe? Diese würde ich sogar zurückzahlen, vorausgesetzt, ich bekäme zwei Hunderttausender als Rettungspaket, aus dem ich dann einen Teil zurück­fließen lassen könnte. Und wenn die Mittel aufgebraucht sind? Na ganz einfach, das nächste Rettungspaket …

Durch List und Tücke haben sich die Hellenen ein monetäres Perpetuum Mobile geschaffen, während für die europäischen Partner deren ungezügelte Freigiebigkeit mittlerweile zur babylonischen Gefangenschaft wurde.

Alexis Tsipras jedoch gebührt es, dass ihm zu Ehren Statuen mit Lorbeerkranz errichtet werden.

Ralf Möllering, Melle

 

 

Mit Gaucks Suggestion zur Vertreibung ist ein Tiefpunkt erreicht

Zu: Am Ende muss die Gerechtigkeit siegen (Nr. 27)

Es ist alter Brauch, das Völkerrecht je nach Opportunität zu reklamieren, zu ignorieren oder offen zu brechen. Das deutsche Staatsoberhaupt ist Moderator der herrschenden Verhältnisse, nicht Anwalt des Völkerrechts in eigener deutscher Sache. Der Sieg der Gerechtigkeit ist weit entfernt, weil Deutschland erfolgreich dressiert wurde, die Folgen der totalitären Potsdamer Unterwerfungsbeschlüsse hinzunehmen und ihnen als Buße, als gerechte Strafe höhere Weihen zu geben. So ließen sich unsere Politiker 1990 von den Siegermächten zu einer Regelung zwingen, die den Bruch des Völkerrechts einschließt, fasst der His-toriker Helmut Diwald zusammen.

Allerdings ist ein Tiefpunkt erreicht, wenn Gauck suggeriert, dass die Vertreibungen – nur im deutschen Fall wohlgemerkt – überhaupt gerecht sein könnten, sogar eine rechtliche Basis haben könnten. Die verblichene NS-Diktatur muss weiter in Gestalt einer angeblich fortdauernden deutschen Kollektivschuld oder „besonderer deutscher Verantwortung“ für unseren völkerrechtlichen Sonderstatus herhalten. Ganz abgesehen davon, dass die Deutschen in der Endphase des Krieges und in der Besatzungszeit schon genug bestraft, mehr noch, Objekt einer Racheorgie wurden: Das Völkerrecht bindet ausnahmslos Sieger und Besiegte, es kennt keine Ausnahmen und keinerlei Rechtfertigung für Vertreibungen. Wenn schon nicht die Anwendung des Völkerrechts in eigener Sache zu fordern, hätte es einem deutschen Bundespräsidenten ein Anliegen sein müssen, die Siegermächte von 1945 und die Deutschen an die Existenz des Völkerrechts zu erinnern. Das Völkerrecht ist aber nur leere Deklamation oder es bleibt ein Privileg auserwählter Nationen, wenn dessen Präzisierung in eigener Sache unterbleibt. Stattdessen wurde und wird der Welt gezeigt, dass ethnische Säuberungen und Gebietsaneignungen größten Stils, wie sie Polen und die Tschechoslowakei 1945 vorgenommen haben, sich politisch rechnen können. Es ist folgerichtig, dass 1991 in Ex-Jugoslawien und heute in Afrika und im Nahen Osten wieder Ähnliches versucht wurde und wird. Den Deutschen wird betreffs Wiederherstellung der ganzen Nation – Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1983: Deutschland besteht rechtlich in den Zwischenkriegsgrenzen fort – weiter verordnet, ohne echten Friedensvertrag in minderem Rechtsstatus zu verharren. Unser Frieden basiert auf der Wehe-den-Besiegten-Praxis von Versailles und Potsdam, sein Hauptmerkmal ist heute jakobinischer Gesinnungsdruck auf der Basis eines ideologisch verzerrten deutschen Selbstbildes. Es beginnt mit Schulbüchern, wirkt sich in zeitgeschichtlich-politisch uniformen Tendenz- und Kampagnenmedien aus und endet mit einschlägigen Reden des Staatsoberhauptes. Die Gerechtigkeit kann nur Beachtung finden, wenn all dies in einer Zeitenwende überwunden wird.

Wenn man AfD, Pegida und Hogesa als Seismographen sieht, knackt es doch schon stärker im Gebälk. Deutlich muss gesagt werden: Vertreibungen und das Festhalten ihrer Ergebnisse sind reine Machtpolitik. Die Vertriebenen sind mit unserer Nation die bleibenden Verlierer; das Trauma pflanzt sich durch die Generationen fort. Alle Deutschen werden bisher in sehr wirksamen Bewusstseins-Reservaten festgehalten. Wir sollen nur wirtschaftlich erfolgreich sein und ansonsten für den Apparat zahlen.

Bezeichnend ist die nationale Selbstentfremdung, der Drang der offiziellen Intelligenzia nach Auflösung der deutschen Identität in einer multikulturellen Gesellschaft in einem zentralistischen EU-Gebilde. All dies hat seinen Ursprung darin, dass die großen Parteien nicht mehr Anwälte der Nation sind; übrigens auch andernorts in Europa. Akademisch wird attestiert, Nation und Nationalstaat seien bloß Konstrukte. Man will diese auflösen und neu zusammenfügen, wie einst Kaiser Napoleon seine Satelliten-Fürstentümer. Es kennzeichnet die Großkrise, dass wir mit der nied­rigsten Geburtenrate der Welt Zukunftsverweigerer geworden sind. Der freie Journalist Klonovsky spricht von einer entmännlichten, verschwindensbereiten Nation; Sarrazin davon, dass Deutschland sich selbst abschaffe. Es liegt an uns. Mutige, aufklärerische Artikel wie der von Wolfgang Thüne müssen viel öfter erscheinen. Wir sollten in bester deutscher Tradition standhalten: „Es bleibt ein Trotz, trotz alledem und alledem“ mit den Zielen Recht und Freiheit wie in unserer wieder zu vervollständigenden Nationalhymne beschrieben.

Rudolf Kraffzick, Hainau

 

 

Die Sieger wollten es anders

Zu: Am Ende muss die Gerechtigkeit siegen (Nr. 27)

Der Autor W. Thüne hat in seinem Artikel wichtige menschen- und völkerrechtliche Grundsätze betont.

Herr Thüne bezog sich auf das Diktat des Versailler Friedens von 1919, demzufolge schon dem Ende des Ersten Weltkriegs großes Unrecht folgte, indem Deutschland große Gebiete wie fast die ganze Provinz Posen an den neugebildeten Staat Polen verlor, ohne dass man die alteingesessene Bevölkerung befragte. Die Abstimmungen in Oberschlesien mit immerhin beträchtlicher deutscher Mehrheit und besonders das beeindruckende Bekenntnis der Deutschen im ostpreußischen (Masuren) und westpreußischen Abstimmungsgebiet bleiben für uns leuchtende und bleibende vorbildliche Bekenntnisse zur jahrhundertealten Heimat im früheren Deutschordensland.

Herr Thüne vergaß leider klarzustellen, dass in dem westpreußischen Abstimmungsgebiet Marienwerder eine überwältigende Mehrheit der Menschen ebenso wie im Bezirk Allenstein (Masuren) zugunsten Deutschlands votierte. Hier die Kreis-Zahlen: Marienburg (östlich der Weichsel) 98,94 Prozent, Marienwerder 93,5 Prozent, Stuhm 80,3 Prozent, Rosenberg 96,9 Prozent. Die polnischen Stimmen betrugen trotz gewaltigen Propagandadrucks der Polen nur 7,58 Prozent. Man kann vermuten, dass selbst ein Volksentscheid in der gesamten Provinz Westpreußen mit den starken polnischen Bevölkerungsteilen in den Kreisen westlich der Weichsel zugunsten Deutschlands ausgegangen wäre.

Aber die Sieger wollten es anders und schufen so schon damals einen Grund zum Unfrieden mit allem dann folgenden Unheil wie zum Beispiel die Drangsalierung der Deutschen im sogenannten Korridor und später auch Verschleppungen, die mit Ursache des Kriegsausbruchs 1939 sind.

Dietmar Neumann, Neu Wulmstorf


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Theater für die Sommersaison
Rauschener »Bernsteinhalle« als Veranstaltungsort und Touristenmagnet – Lob von Präsident Putin

Nach mehrjähriger Bauzeit hat in Rauschen das neue Theater „Bernsteinhalle“ seine Pforten für Veranstaltungen geöffnet. Vom 17. bis 19. Juli fand die beliebte Unterhaltungsschau KVN dort statt. Präsident Putin lobte den Ausbau der Infrastruktur während seines zweitägigen Besuchs im Königsberger Gebiet.

Was lange währt, wird endlich gut. So heißt es zumindest im Sprichwort. Der Bau des neuen Theaters unmittelbar an der Ostseeküste in Rauschen war schon während der Amtszeit des vorigen Gouverneurs Georgij Boos beschlossen worden, dem eine Vorliebe für große Bauvorhaben nachgesagt wurde. An der Stelle des städtischen Stadions von Rauschen tauchte auch schon bald eine große Baugrube auf, direkt am Steilhang. Die Fertigstellung war ursprünglich für die Sommersaison 2012 geplant. Das Theater sollte zu einem Anziehungspunkt für Touristen werden. Doch die Übergabe des Theaters an die Öffentlichkeit musste aus unterschiedlichen Gründen immer wieder verschoben werden.

Die Realisierung dieses großen Bauvorhabens sollte im Rahmen des staatlichen Zielprogramms zur Entwicklungsförderung der Region erfolgen. Das Theater war auf einer Fläche von 29000 Quadratmetern vorgesehen mit einem Saal für 2000 Personen, einem Raum für die Unterbringung einer Filiale des Ozeanmuseums sowie einem Kinosaal mit 200 Plätzen. Für den Bau waren umgerechnet knapp 26 Millionen Euro bewilligt worden.

Anfang dieses Jahres hatte die Stadt Rauschen einen Wettbewerb ausgerufen, bei dem die Teilnehmer einen Namen für das Theater vorschlagen konnten. Etwa 700 Bürger beteiligten sich. Die Ausschreibungskommission hatte dazu aufgerufen, unter fünf möglichen Namen zu wählen. Diese waren: „Bernsteinhalle“, „Baltic-Halle“, „Oper des Windes“, „Sinfonie des Windes“ und „Baltische Anlegestelle“. Die meisten Stimmen erhielt „Bernsteinhalle“ in der englischen Schreibweise Amberhall. Doch dann entschied man sich letztlich für ein russisch-englisches Wortgemisch „Jantar Hall“ (Bernsteinhalle), was auch für russische Ohren äußerst befremdlich klingt, da es grammatikalisch korrekt dekliniert eigentlich „Jantarnyj Hall“ heißen müsste.

Um die Eröffnung in der vorgesehenen Frist zu ermöglichen, gingen die Arbeiten zuletzt rund um die Uhr voran. Die Beleuchtung für das Außengelände und die Pflasterung sowie Arbeiten an der Fassade und an der Inneneinrichtung mussten noch fertiggestellt werden. Auf der Großbaustelle waren insgesamt mehrere hundert Arbeitnehmer beschäftigt.

Die erste Aufführung war dann quasi die Generalprobe für das „Festival der Fröhlichen und Wortgewandten“ (KVN), eine traditionelle Unterhaltungsschau, bei der Mannschaften aus verschiedenen Orten gegeneinander antreten, um – neben Gesangseinlagen – auf Fragen des Moderators schlagfertige Antworten zu geben. Diese Schau fand in diesem Jahr erstmals im Königsberger Gebiet statt. Zuvor war es viele Jahre in Jurmala beheimatet. Als im Februar dieses Jahres bekannt wurde, dass das Festival von Jurmala nach Rauschen verlegt werden sollte, garantierte Gouverneur Nikolaj Zukanow die termingerechte Fertigstellung des Theaterbaus zum Fest. Um den Fortschritt der Bauarbeiten zu überprüfen, reiste der Gouverneur häufig nach Rauschen, Für die erste Veranstaltung war die Bernsteinhalle nicht wirklich fertig, bis zum Festival musste noch einiges getan werden.

Es ist zu hoffen, dass das extreme Tempo der Arbeiten keinen negativen Einfluss auf die Qualität hat und das Gebäude nicht so schnell zu bröckeln beginnt, wie es gebaut wurde.

Nur einen Tag nach der ersten Aufführung war der Zugang zum Theater wieder versperrt. Passanten wunderten sich über einen hohen, bewachten Zaun. Die Wächter sagten, sie dürften Personen nur mit persönlicher Genehmigung des Gouverneurs durchlassen. Als ein Journalist seinen Ausweis vorzeigte, sagte man ihm, gerade der Presse sei der Zutritt zu verwehren, um kritische Publikationen zu verhindern.

Eine kritische Grundsatzfrage tut sich dennoch auf: Braucht Rauschen ein solch großes Theater? Seit Lettland einige bekannte russische Künstler zu personae non grata erklärt hat, wurden zwar einige Veranstaltungen nach Rauschen verlegt, doch bald wird der Herbst kommen und das Theater leer stehen. Fehlende Parkplätze machen es für Zuschauer aus anderen Städten der Region ohnehin unattraktiv. Auch wenn das Theater leer steht, bleiben dennoch die vielen Millionen für seinen Unterhalt.

Jurij Tschernyschew


Revitalisierung an der Alle
Schlosspark in Allenstein wird modernisiert

Die Freunde des Schlossparks in Allenstein werden in Kürze nach dessen „Lifting“ wieder einen Aufenthalt an ihrem Lieblingsplatz genießen können. Durch die derzeit laufende Revitalisierung sollten seine natürlichen, künstlerischen und historischen Qualitäten wiederhergestellt werden.

Der Schlosspark liegt im Stadtzentrum entlang der Alle zwischen der Eisenbahnbrücke, dem Schloss und dem Steilhang, auf dem die Garnisonskirche steht. Im Park befinden sich viele Skulpturen wie der „Frosch“, die „Alle“ oder der „Faun“. Am bekanntesten Kunstwerk, dem „Jungen auf dem Fisch“ von Balbina Switycz-Widacka im Brunnen hinter dem „Casablanca“ (Villa Harich), laufen die letzten Renovierungsarbeiten. Dort wie auch im Rest des Parks wurde eine neue energiesparende Beleuchtung eingerichtet. Doch die Wiederbelebung des zentrumsnahen Grüns erforderte weit umfangreichere Maßnahmen. An vielen Stellen wurden Böschungen befestigt, kranke und Passanten gefährdende Bäume entfernt sowie neue Bäume und Sträucher gepflanzt. Außerdem galt es, im ganzen Park die Kleinarchitektur wie Bänke, Mülleimer oder Laternen zu vereinheitlichen, die Oberfläche der Spazierwege zu erneuern und die Kinderspielplätze mit einer neuen Einrichtung zu versehen. Darüber hinaus stehen den Spaziergängern jetzt für die Überquerung der Alle mehrere neue hölzerne Brücken zur Verfügung. Aus Rücksicht auf Behinderte wurden sämtliche Treppen im Park mit Rampen ausgestattet.

Uwe Hahnkamp


Bau geht weiter
Königsberger Synagoge erhält Genehmigung

Der Wiederaufbau der Königsberger Synagoge geht weiter. Nachdem die Arbeiten zur Rekonstruktion der ehemaligen Königsberger Hauptsynagoge auf der Lomse nach der Grundsteinlegung (siehe PAZ Folge 44/5. November 2011) zunächst ohne offizielle Baugenehmigung aufgenommen worden waren, verbot ein städtisches Gericht drei Jahre später deren Weiterführung. Zu diesem Zeitpunkt soll etwa ein Fünftel des Gebäudes bereits errichtet gewesen sein. Wie die Königsberger Stadtverwaltung auf ihrer Internetseite mitteilt, wurde nun eine nachträgliche Baugenehmigung erteilt, die eine Fortsetzung der Arbeiten ermöglicht. Laut der aktuell vorliegenden Bauplanung soll das Gebäude bei seiner Fertigstellung sechs Stockwerke und 9000 Quadratmeter Nutzfläche umfassen. Hierbei ergeben sich entgegen der ursprünglichen Vorgabe eine Reihe von Änderungen gegenüber der ursprünglichen liberalen Synagoge, an deren eingedeutschten Riten und Bräuchen der jetzigen orthodoxen Gemeinde vieles fremd ist. Noch ist unklar, wie die kleine ostjüdische Ortsgemeinde dieses große Haus mit Leben erfüllen will. Die liberale deutsch-jüdische Synagoge wurde 1896 eingeweiht und galt weithin als das schönste Bauwerk seiner Art in ganz Europa. Es wurde im Zuge der sogenannten „Reichskristallnacht“ entweiht und im Krieg durch britische Bomben sowie in ihren Resten später durch die sowjetischen Besatzer zerstört, was in den gegenwärtigen russischen Darstellungen verfälscht wiedergegeben wird. Die neuerrichtete Synagoge trägt auf Russisch wie auf Hebräisch explizit den Namen „Königsberger Synagoge“ und verzichtet auf eine Verwendung des Begriffes „Kaliningrad“, dessen Herleitung von einem ausgewiesenen Stalin-Schergen sowohl der jüdischen Gemeinde als auch ihrem Hauptsponsor, dem Kaufhausmagnaten und ausgewiesenen Königsberg-Freund Wladimir Kazman, suspekt ist. Thomas W. Wyrwoll


MELDUNGEN

Gemeinde setzt auf Ökostrom

Prostken – Die Gemeinde investiert in die ökologische Energie. Auf 45 Gebäuden werden Photovoltaik-Anlagen montiert. Fünf der Gebäude werden öffentlich genutzt, unter ihnen die Schulen in Kölmersdorf und in Großrosen sowie auch die Gemeindeverwaltung in Prostken. Daneben werden Photovoltaik-Batterien auf 40 Wohngebäuden installiert. Die Gemeinde erhält für diese Maßnahme über 240000 Euro von der Europäischen Union Die Installations-Arbeiten enden im Oktober dieses Jahre und die Inbetriebnahme erfolgt im Juni 2016. PAZ

 

Kommission für seltene Bäume

Königsberg – Die Regierung des Königsberger Gebiets hat die Gründung einer Kommission zur Erfassung seltener Bäume und Sträucher bekanntgegeben. Ihr Arbeitsgebiet umfasst insbesondere alte und vom Wuchs her herausragende Bäume, die als Naturdenkmäler klassifiziert werden sollen. Die erste und bisher letzte Erhebung dieser Art fand im Jahre 1985 statt. Nach Angaben der Kommissionssekretärin Natalja Stelmaschtschuk sind besonders in den alten deutschen Forsten zahlreiche interessante Bäume zu finden. Als ältester Baum des Gebietes gilt eine Stieleiche bei Ludwigsort, deren Alter bei einem Stammumfang von mehr als 13 Metern auf über 900 Jahre geschätzt wird. T.W.W.

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. 7: Liebemühl [Miłomłyn] – Osterode [Ostróda[, Baustelle; Osterode [Ostróda] – Hohenstein [Olsztynek], Baustelle; Berghof [Tatary] – Candien [Kanigowo], Baustelle; Palicken [Pawliki] – Powiersen [Powierz], Baustelle; Powiersen [Powierz] – Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 16: Groß Herzogswalde [Laseczno] Fußgängerzonenbau; Kossewen [Kosewo] – Barranowen [Baranowo], Randstreifenarbeiten; Kulessen [Kulesze] – Skomentnen [Skometno], Baustelle. Straße Nr. 51: Bartenstein [Bartoszyce], Baustelle; Allenstein [Olsztyn] – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 53: Allenstein [Olsztyn] – Passenheim [Pasym], Baustelle; Ortelsburg [Szczytno], Randstreifenarbeiten; Puppen [Spychowo] – Friedrichshof [Rozogi], Rasenmähen. Straße Nr. 57: Ortelsburg [Szczytno] – Leinau [Linowo], Baustelle; Groß Schiemanen [Szymany], Baustelle. Straße Nr. 58: Johannisburg [Pisz] – Bialla [Biała Piska] – Staatsgrenze, Randstreifenarbeiten. Straße Nr. 59: Sensburg [Mragowo] –Friedrichshof [Rozogi], Baustelle; Kleinlindengrund [Kokoszki] – Friedrichshof [Rozogi], Rasenmähen. Straße Nr. 65: Bogusze – Staatsgrenze, Baustelle. E..G,


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

es ist wirklich der letzte Versuch, noch etwas über das Schicksal einer Frau zu erfahren, das sich im Januar 1945 in Königsberg im Ungewissen verlor. Obwohl der Suchende, Herr Gerd Pest aus Essen, sich immer wieder um eine Klärung bemüht und alle in Frage kommenden Institutionen angesprochen hat, gab es bisher auch nicht den leisesten Hinweis darauf, wie das Leben der Gesuchten verlief. Sie dürfte vermutlich nicht mehr leben, denn Melina Nickel wäre heute 96 Jahre alt. Aber Herr Pest möchte doch ihr Schicksal geklärt wissen und bittet nun unsere Ostpreußische Familie als letzten Hoffnungsträger, ihm bei der Suche zu helfen. Und so geben wir sein Anliegen an unsere Leserinnen und Leser im Wortlaut weiter:

„Meine Eltern hatten von Ende 1939 bis Januar 1945 eine Hausangestellte mit Namen Melina Nickel, die wir Lina nannten. Die Eltern der am 17. Mai 1919 Geborenen waren Volksdeutsche und betrieben im Kreis Ziechenau eine kleine Landwirtschaft. Ein jüngerer Bruder wurde während des Krieges zum Entsetzen der Eltern zur Waffen-SS eingezogen und geriet in englische Gefangenschaft. Das ist alles, was ich über ihre Herkunft weiß. Unsere Familie: Mein Vater wurde 1943 zur Wehrmacht eingezogen, siedelte im Juni 1944 in Ahnung des kommenden Unheils von Königsberg nach Graudenz/Westpreußen um. Nachdem meine Großmutter Gertrud Pest im August 1944 ausgebombt worden war, wohnte sie zusammen mit Lina in unserem Haus Stadtwald 14 in Juditten. Wie aus beiliegender Kopie ersichtlich, wurde Melina Nickel am 2. Januar 1945 als Luftwaffenhelferin eingezogen. Ich glaube, sie kam zu einer Flakeinheit. Da sie sehr mit unserer Familie verbunden war, wollte sie sich zu uns nach Graudenz versetzen lassen. Als meine Großmutter Ende Januar von Königsberg auf die Flucht ging, riss der Kontakt zu ihr ab.“

Die Familie Pest hatte schon bald nach dem Krieg zwei Suchanzeigen beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) erfolglos gestellt. Weitere Suchanträge blieben, wie schon erwähnt, bis heute erfolglos. Gerd Pest hatte noch im Jahr 2011 bei der Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht Nachforschungen angestellt, leider auch vergeblich. Die einzige Unterlage, die Herr Pest besitzt, ist die von ihm erwähnte Kopie der Einziehungs-Benachrichtigung für Melina Nickel, die der Familie Pest Anfang Januar 1945 zugestellt wurde. Danach hatte sich die junge Frau zur „Heranziehung zum langfristigen Notdienst“ als Luftwaffenhelferin in der Kaserne des Luftgau Kommandos I in der Schleiermacherstraße zu melden. Was sie dann wohl getan hat, denn sie dürfte sich kaum der Beorderung entzogen haben, deren Nichtbefolgung mit Haft, Gefängnis oder Geldstrafe geahndet wurde. Die Hoffnung von Herrn Pest beruht nun aufgrund dieser Urkunde auf den Erinnerungen ehemaligen Luftwaffenhelferinnen, die eine ähnliche Order erhalten hatten und die dann als Flakhelferinnen beim Kampf um Königsberg eingesetzt wurden. Da Melina Nickel damals bereits 25 Jahre alt war, könnten ehemalige, weitaus jüngere Flakhelferinnen diese Suchanfrage lesen und vielleicht einige Hinweise geben. Mehr wagen wir schon gar nicht zu hoffen. (Gerd Pest, Ulmenstraße 14 in 45133 Essen, Telefon 0201/265820.)

Noch vor wenigen Jahrzehnten wäre ein Suchanliegen, das man mit „88-Jähriger sucht 88-Jährige“ betitelt hätte, auf Unverständnis gestoßen, aber heute erweckt es nicht einmal ein Kopfschütteln, denn wir gratulieren ja in fast jeder PAZ-Folge einem oder mehreren Hundertjährigen, und die Reihe der 90er wird immer länger. Da kann man mit 88 schon hoffen, und das tut auch Herr Werner Macholl aus Berlin, der seine gleichaltrige Jugendfreundin sucht. Herr Ulrich Kröner übermittelte uns nach einem Telefongespräch die Suchbitte des geborenen Berliners, der heute in Gundelfingen lebt, und wir reichen sie gerne weiter, denn es wäre ja eine erfreuliche Geschichte, wenn solch ein Wiedersehen nach fast 70 Jahren zustande käme. Zum Glück spielt hier die Flucht keine erschwerende Rolle, denn die letzte Spur der Gesuchten führt ein Jahr nach Kriegsende in das Ruhrgebiet. Sie waren wirklich noch sehr jung, nämlich 16 Jahre alt, als sie sich 1943 in Röschken begegneten, Werner Macholl, der Gast aus Berlin auf Verwandtenbesuch, und Edith Wolff, Tochter von Otto Wolff aus dem im Kreis Osterode gelegenen Ort. Eine nette Jugendfreundschaft, die auch nach dem Krieg fortgeführt wurde, als die Familie Wolff nach der Vertreibung aus der Heimat in Finkenkrug bei Berlin lebte. Den letzten Kontakt hatte Werner zu seiner Freundin im Juli 1946, dann riss er ab. Denn Edith hatte auf einer Zugfahrt einen Bergmann aus dem Ruhrgebiet kennen gelernt, in den sich das junge Mädchen verliebte, denn sie heiratete ihn bald und zog in das Ruhrgebiet. Es kam nie wieder eine Verbindung zwischen Werner und seiner ehemaligen Freundin zustande – vergessen hat er sie aber nicht, denn sonst würde er nicht als 88-Jähriger auf die Suche gehen. Aber wo und wie suchen, wenn nicht einmal ihr Ehename bekannt ist? Als ehemalige Bergmannsfrau könnte Edith Wolff noch heute im Ruhrgebiet leben, aber es ist nicht anzunehmen, dass sie die PAZ liest. Aber vielleicht Bekannte aus der Heimat, mit denen sie Verbindung behielt, oder ehemalige Bewohner von Röschken, die zu Otto Wolff Kontakt hatten. Unsere „Buschtrommel“ hat sich ja schon oft bewährt – vielleicht auch diesmal? (Werner Macholl, Lindenstraße 27 in 79194 Gundelfingen, Telefon 0761/580178.)

Was eine Reise in die Heimat bewirken kann, dafür gibt uns Herr Gerd Birth ein gutes Beispiel. Und vielleicht kann unsere Familie da auch ein wenig mithelfen, denn er verbindet seinen Kurzbericht mit einer Bitte an unsere Leserinnen und Leser. Herr Birth ist für uns kein Unbekannter, wir standen schon öfter miteinander in Verbindung, denn er betreut eine große Gruppe von Landsleuten aus dem Kirchspiel Canditten, seinem Heimatort – zur Zeit sind es 570 Personen, da tauchen schon Fragen auf. Aber diesmal sind es nicht seine Landsleute, die Wünsche äußern, sondern die heutige Bürgermeisterin von Landsberg-Land, und wie es dazu kam, beschreibt Gerd Birth so:

„Im Juni habe ich zusammen mit meinem 50-jährigen Sohn meine heimatlichen Gefilde um Canditten, Landsberg, Bartenstein und viele andere Orte besucht. Dabei hatte ich auch Gelegenheit, die Bürgermeisterin von Landsberg-Land, Frau Bozena Olszewska-Switaj, zu sprechen, eine sehr engagierte und kompetente Frau. Sie hat in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Projekte in ihrem Gemeindebereich Gmina Gorowo Ilaweckie verwirklicht, meist mit EU-Hilfen, wie Straßenbau, Pflegeheim und Rekultivierung von Ödflächen. Sie plant nun, das ehemalige Neuendorf, jetzt Nowa Wies Haweckie, zu einem Luftkurort mit Wellness-Einrichtungen und Moorbädern auszubauen, um in dem grenznahen Bereich neue Arbeitsplätze zu schaffen und diese polnisch-russische Region bekannt zu machen. Das Dörfchen Neuendorf liegt im jetzt polnischen Teil des ehemaligen Kreises Pr. Eylau und zwar nordöstlich von Landsberg. Es war bereits zu deutscher Zeit wegen der idyllischen Lage mit dem großen Waldbestand und dem Flüsschen Elm ein viel besuchter Ort. Der damalige Bauer Richard Sohn in Neuendorf hatte sogar sein Wohnhaus in eine Lungenheilstätte des Kreises für acht bis zehn Patienten ausgebaut und eingerichtet. Auch die Königsberger sollen diesen Ort besucht und wegen seiner erholsamen und guten Luft geschätzt haben. Der Überlieferung nach hat man dieses Dorf auch ,Perle von Königsberg‘ genannt. Auch soll es dort einen großen Torfbruch gegeben haben, aus dem die Bewohner ihr Brennmaterial bezogen.

Die Bürgermeisterin stellt nun in diesem Zusammenhang zwei Fragen, die ich nicht beantworten kann:

Hat es die Bezeichnung ,Perle von Königsberg‘ wirklich gegeben und was steckte hinter diesem Begriff? War der große Torfbruch in Neuendorf als solcher bekannt? Vielleicht können da meine lewen Landslied weiterhelfen?“

Also ich muss da schon passen. Zwar habe ich hier meine herrlichsten Kinderferien verbracht, in einer Wassermühle, einsam zwischen großen Wäldern gelegen, und viele Ortsnamen sind mir vertraut, aber ein Neuendorf geben auch meine genauesten Karten nicht her. Wahrscheinlich wegen der Einwohnerzahl von gerade mal 214 gemeldeten Bewohnern – da ist es gut, dass in meinem verlässlichen „Lange“, dem geographischen Ortsverzeichnis von Ostpreußen, das betreffende Kirchspiel angegeben ist, und das ist Eichhorn, östlich von Landsberg gelegen. Man muss schon auf eine genaue Ortsangabe bestehen, denn schließlich gab es in Ostpreußen 25 Ortschaften dieses Namens, da sind Verwechslungen leicht möglich. Also: Es handelt sich um Neuendorf bei Landsberg, und es muss schon eine zauberhafte Gegend sein, wenn man dieses Dörfchen als „Perle von Königsberg“ bezeichnet hat, die ostpreußische Metropole liegt doch ein gutes Stück nördlich und hatte jede Menge an Schönheit aufzuweisen, was den Namen „Perle“ verdient hätte. Vielleicht war es auch nur ein dankbarer Rekonvaleszent des Bauern Sohn, der dem kleinen Ort diese Bezeichnung gegeben hat. Ob es damals auch schon Moorbäder gegeben hat, wäre auch interessant zu erfahren. Na, wollen mal sehen, ob wir etwas über die „Perle von Königsberg“ erfahren. (Gerd Birth, Kantstraße 30 in 41836 Hückelhoven-Baal, Telefon 02435/616, Fax 02435/920280, E-Mail: g.birth@t-online.de, Internet: www.canditten.de)

Eure Ruth Geede


Im Mantel mit dem Ordenskreuz gegen die Piraten
In Ralswiek geht das 23. Störtebeker-Spiel über die Naturbühne

Er gehört nun einmal zum Rügensommer, der berühmteste oder besser berüchtigste Pirat der nördlichen Meere, der Freibeuter Klaus Störtebeker, der in jedem Jahr um diese Zeit in Ralswiek wieder aufersteht, um für das zu kämpfen, was er Gerechtigkeit nennt. So will es die Sage, so wollen es die Veranstalter der Störtebeker-Festspiele, die auch in diesem Jahr wieder ein aufwendig inszeniertes Spektakel auf die Freilichtbühne bringen, die zweifellos zu den schönsten Europas gehört. Für viele Gäste, die hier an der Ostseeküste ihre Ferien verbringen, gehört ein Besuch der Störtebeker-Festspiele einfach zum Urlaub, zumal Erwachsene wie auch Kinder auf ihre Kosten kommen. Denn es sind Spiele voller Aktionen, voller akustischer und optischer Spieleffekte, die sich in der Naturkulisse der weiten Küstenlandschaft ungehindert entfalten und von allen Plätzen des über 8000 Zuschauer fassenden Freilichttheaters wahrgenommen werden können. Eine Naturbühne wie die am Jasmunder Bodden verlangt eine leicht verständliche Handlung mit einer Grobzeichnung der handelnden Personen – und derer gibt es viele in dem diesjährigen Spiel, wie schon der Titel vermuten lässt: „Aller Welt Feind“. Es ist die 23. Folge, seit im Jahr 1993 das erste Störtebeker-Festspiel über die Freilichtbühne ging. In den jährlich ohne Unterbrechung stattgefundenen Spielen wurden die einzelnen Phasen der wechselnden Herrschaft im Ostseeraum am Schicksal Klaus Störtebekers und seiner Vitalienbrüder behandelt. Als der Pirat am Hamburger Grasbrook hingerichtet wurde, erstand er in der nächsten Folge neu als „Beginn einer Legende“ – Störtebeker durfte nicht sterben! Eine ständig wachsende Besucherzahl ließ das nicht zu. Und so sieht ihn auch das diesjährige Spiel als vor Kraft und Vitalität strotzenden Mann, der zu „Aller Welt Feind“ wurde.

Viel Feind, viel Ehr heißt es zwar, aber auf die pfeifen Berufspiraten wie der junge Klaus Störtebeker und sein älterer Kumpan Gödeke Michels, die – man schreibt das Jahr 1397 – aus der Ostsee vertrieben werden sollten. Im Ostseeraum war nach langen Jahren des Krieges niemand bereit, die Vitalienbrüder aufzunehmen. Sie hatten einen umfangreichen Kaperkrieg gegen die Kaufleute in der Ostsee begonnen, unabhängig davon, woher sie stammten. Damit machten sich Störtebeker und seine Vitalienbrüder alle Mächte zu Feinden. Die Häfen von Stralsund, Wismar und Rostock wurden auf Druck der Hanse für die Likedeeler geschlossen, die nun die für den Ostseehandel strategisch so wichtige Insel Gotland zu einem Seeräubernest machten. Das sah der Hochmeister des Deutschen Ritterordens, Konrad von Jungingen, mit großer Besorgnis. Für den Orden waren die Vitalienbrüder die faktischen Herren der Insel und damit eine ständige Gefahr, außerdem litt der Handel der preußischen Städte unerträglich, so dass sich der Hochmeister im Winter 1397/98 zu einer energischen Aktion gegen Gotland entschloss. Jungingen begründete das später so: „Der gemeine Kaufmann nahm einen gar zu großen Schaden, besonders das Land Preußen und Livland, und dieses länger zuzulassen wäre unverantwortlich gewesen.“

Das ist die historisch belegte Lage im Ostseeraum, in der sich die Aktionen vollziehen, die das diesjährige Piratenspiel auf der Ralswieker Naturbühne grundlegend bestimmen. Das Piratenspiel nimmt einen sehr turbulenten Verlauf. Wie es nun einmal ein Spektakel von dieser Größenordnung verlangt – rund 350000 Zuschauer werden wieder im Festspielverlauf erwartet –, kommen alle sich dafür anbietenden menschlichen Gefühle zum Ausbruch. Liebe, Hass, Gier, Herrschsucht, Betrug und Verrat, die ganze Skala der menschlichen Eigenschaften wird bedient. Wobei man der Fantasie freien Raum lässt, denn die Handlung spielt nicht nur in Visby auf Gotland, sondern auch in Nowgorod, der östlichsten Stadt der Hanse. Dort besitzt der Großfürst Wassili eine Bernstein-Mine, ja, so steht es im Festpiel-Programm, und der ostpreußische Zuschauer ist verwundert. Hat man sich das Bernsteinwerk in Palmnicken zum Vorbild genommen, in dem der Bernstein im Tagebau gewonnen wird und das als das einzige seiner Art in der Welt gilt? Dass in Nowgorod das Gold des Nordens in einer Mine der Erde abgerungen wird, wie man der Story entnimmt, ist jedenfalls neu und bedarf einer Nachprüfung, zumal solche Mengen, wie sie der Großfürst auf der Bühne sichtbar präsentiert, verblüffen: 30 Kilogramm künstlicher Bernstein wurden für die Requisite gegossen und geschliffen! Die Geschichte hat überhaupt diesmal viele Haken und Ösen und sie passen nicht immer, aber es ist ja wie gesagt, ein Spektakel, und da ein Spezialeffekt den anderen jagt, nimmt der Zuschauer sie kaum wahr. Es geht also um den Bernstein, und da tritt auch der Orden in Nowgorod in Aktion in Gestalt des Ritters Ulrich von Jungingen, eines Bruders des Hochmeisters. So weht wieder einmal der weiße Ordensmantel mit dem schwarzen Kreuz über die Freilichtbühne in Ralswiek, ein erfahrener Festspiel-Mime verkörpert den Ordensbruder, denn Ulrich Braun war der erste Störtebeker und blieb es – nun hat er leicht ergraut das Pferd gewechselt, zieht als Jungingen in den Kampf gegen die Piraten, und nimmt Gödeke Michels gefangen, nachdem er dessen Schiff versenkt hat. So viel als kleine Kostprobe aus der Vielfalt der Stunts und Spezialeffekte, die vor allem die jüngeren Zuschauer begeistern, und da besonders die Flüge des Steinadlers, des „Seebegleiters“ der Piratenschiffe. Er gehört nun einmal zum festen Programm der Spiele wie auch Wolfgang Lippert als Balladensänger, der seit nunmehr 15 Jahren dem Spektakel die ruhig-besinnlichen Akzente verleiht. Die Spiele, die allabendlich mit einem großen Feuerwerk über dem Jasmunder Bodden enden, finden bis zum 5. September täglich außer sonntags um 20 Uhr statt. G.F.


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 99. GEBURTSTAG

Hartung, Gertrud, geb. Dawido-nis, aus Tawe, Kreis Elchniederung, am 2. August

ZUM 98. GEBURTSTAG

Hofmeister, Ludwig, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 2. August

Küßner, Edith, geb. Sadlowski, aus Kalthagen, Kreis Lyck, am 1. August

ZUM 97. GEBURTSTAG

Ammon, Hans, aus Wenzken, Kreis Angerburg, am 4. August

ZUM 96. GEBURTSTAG

Curioni, Edith, geb. Worat, aus Schwentainen, Kreis Treuburg, am 4. August

Hungerecker, Rudi, aus Dammfelde/Nettschunen, Kreis Tilsit-Ragnit, am 5. August

Kaminski, Margarete, geb. Kaminski, aus Wehlau, am 3. August

Salka, Willi, aus Pilgramsdorf, Kreis Neidenburg, am 7. August

ZUM 95. GEBURTSTAG

Steidle, Lotte-Sophie, geb. Lyß, aus Schönhorst, Kreis Lyck, am 3. August

ZUM 94. GEBURTSTAG

Bülte, Käthe, geb. Wessel, aus Elchdorf, Kreis Samland, am 7. August

Glinka, Gerhard, aus Wilhelmsthal, Kreis Ortelsburg, am 7. August

Goetzke, Werner, aus Lehmbruch, Kreis Elchniederung, am 6. August

Heinrich, Margarete, geb. Bre-wisch, aus Fließdorf, Kreis Lyck, am 7. August

Mutz, Erna, geb. Meyer, aus Eiserwagen, Kreis Wehlau, am 6. August

Nerreter, Waltraut, geb. Gallin, aus Funken, Kreis Lötzen, am 7. August

Röbig, Erna, geb. Kattenberg, aus Deschen, Kreis Elchniederung, am 2. August

Ruddigkeit, Frieda, geb. Brzoska, aus Reuß, Kreis Treuburg, am 2. August

Vogel, Hilde, geb. Gentz, aus Soffen, Kreis Lyck, am 7. August

Zbikowski, Annemarie, geb. Klein, aus Kleinkosel, Kreis Neidenburg, am 5. August

ZUM 93. GEBURTSTAG

Geyer, Traute, geb. Niklaß, aus Statzen, Kreis Lyck, am 7. August

Lewohn, Heinz, aus Dippelsee, Kreis Lyck, am 1. August

Reimers, Herta, geb. Kröhnert, aus Argendorf, Kreis Elchniederung, am 1. August

Schmitter, Selma, geb. Sucht, aus Stucken, Kreis Elchniederung, am 1. August

Schwentzek, Ernst, aus Rosen-heide, Kreis Lyck, am 3. August

Seher, Lieselotte, geb. Jonigkeit, aus Bredauen, Kreis Ebenrode, am 2. August

Zimmermann, Elsa, geb. Bessel, aus Bieberswalde, Kreis Wehlau, am 4. August

ZUM 92. GEBURTSTAG

Esins, Elfriede, geb. Bembennek, aus Friedrichshof, Kreis Ortelsburg, am 7. August

Faak, Edith, aus Herdenau, Kreis Elchniederung, am 1. August

Judjohn, Erika, geb. Schröder, aus Watzum, Kreis Samland, am 3. August

Klemme, Erna, geb. Zitzewitz, aus Tykrehnen, Kreis Samland, am 1. August

Maslo, Lieselotte, geb. Haupt, aus Kleeburg, Kreis Elchniederung, am 5. August

Pech, Charlotte, geb. Kuhn, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 4. August

Senkbeil, Otto, aus Friedberg, Kreis Treuburg, am 5. August

Siepe, Herta, geb. Haffke, aus Wehlau, am 4. August

Sowa, Ernst, aus Winsken, Kreis Neidenburg, am 2. August

Zywietz, Hildegard, geb. Amenda, aus Heinrichsdorf, Kreis Neidenburg, am 5. August

ZUM 91. GEBURTSTAG

Bieber, Kurt, aus Giesen, Kreis Treuburg, am 6. August

Burchard, Hans-Georg, aus Dis-selberg, Kreis Ebenrode, am 5. August

Drippe, Waltraud, geb. Wiecorek, aus Ortelsburg, am 5. August

Galla, Ruth, geb. Schwarz, aus Giesen, Kreis Lyck, am 6. August

Grunewald, Kläre, geb. Gutzeit, aus Lindendorf, Kreis Wehlau, am 7. August

Kremer, Ewald, aus Finkenschlucht, Kreis Ebenrode, am 3. August

Stullich, Susanne, geb. Zans, aus Andreken, Kreis Lyck, am 7. August

Thelen, Gertrud, geb. Schröder, aus Prostken, Kreis Lyck, am 2. August

Ulke, Elisabeth, geb. Kühne, aus Stullichen, Kreis Angerburg, am 5. August

Willuhn, Elisabeth, geb. Schramma, aus Lenzendorf, Kreis Lyck, am 1. August

Zwaschka, Friedel, geb. Thomas, aus Pilgramsdorf, Kreis Neiden-burg, am 6. August

ZUM 90. GEBURTSTAG

Brünjes, Ruth, geb. Wisbar, aus Hochdünen, Kreis Elchniederung, am 7. August

Greiner, Lore, geb. Preuß, aus Lyck, Soldauer Weg 5, am 2. August

Henselewski, Johann, aus Rundfließ, Kreis Lyck, am 7. August

Kleinau, Elfriede, geb. Schaar, aus Kloken, Kreis Elchniederung, am 6. August

Marek, Emma, aus Fröhlichs-walde, Kreis Ortelsburg, am 6. August

Neumann, Carl Franz, aus Pre-gelswalde, Kreis Wehlau, am 3. August

Pladies, Gerda, aus Gutsfelde, Kreis Elchniederung, am 3. August

Reuther, Elfriede, geb. Kreuzen-stein, aus Groß Hubnicken, Kreis Samland, am 2. August

Rosenfeld, Werner, aus Kurwen-see, Kreis Elchniederung, am 5. August

Waida, Ida, aus Sentken, Kreis Lyck, am 7. August

Wiedenroth, Ilse, geb. Schekorr, aus Rauschen, Kreis Samland, am 3. August

ZUM 85. GEBURTSTAG

Aßsmann, Irmgard, geb. Sche-katz, aus Diebauen, Kreis Treuburg, am 1. August

Bölck, Frieda, geb. Thiel, aus Poppendorf, Kreis Wehlau, am 7. August

Debus, Charlotte, geb. Piassek, aus Albrechtsfelde, Kreis Treuburg, am 7. August

Engel, Ursula, geb. Weckwerth, aus Kuglacken, Kreis Wehlau, am 1. August

Epp, Eva-Maria, geb. Pauleit, aus Hochdünen, Kreis Elchniederung, am 5. August

Gemballa, Ursula, geb. Borchert, aus Adlersdorf, Kreis Lötzen, am 1. August

Heimberg, Gerda, geb. Ruhnau, aus Garbnicken, Kreis Preußisch Eylau, am 4. August

Jeschick, Heinz, aus Treuburg, am 2. August

Kisser, Hildegard, geb. Ballay, aus Groß Dankheim, Kreis Ortelsburg, am 1. August

Kleemann, Christel, geb. Dommick, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 6. August

Kleinschmidt, Martha, geb. Antke, aus Hügelwalde, Kreis Ortelsburg, am 3. August

Kumutat, Rudolf, aus Skören, Kreis Elchniederung, am 6. August

Laupichler, Elisabeth, geb. Brockschmidt, aus Stadthausen, Kreis Wehlau, am 2. August

Lehmer, Gertrud, geb. Moskwa, aus Thalheim, Kreis Neidenburg, am 6. August

Panskus, Rose-Marie, aus Neu Schiemanen, Kreis Ortelsburg, am 4. August

Pietsch, Helga, geb. Matties, aus Warsche, Kreis Elchniederung, am 7. August

Rudat, Kurt, aus Wilhelmsbruch, Kreis Elchniederung, am 7. August

Rühlemann, Hedwig, geb. Ollesch, aus Moddelkau, Kreis Neidenburg, am 5. August

Schlennstedt, Annemarie, geb. Müller-Heinemann, aus Lyck, Hindenburgstraße 65, am 7. August

Scholz, Johanna, geb. Ballay, aus Groß Dankheim, Kreis Ortelsburg, am 1. August

Skorczyk, Jürgen, aus Preußisch Eylau, am 3. August

Stier, Traute, geb. Eigenfeldt, aus Mühlenkreuz, Kreis Elchniederung, am 1. August

Syperek, Horst, aus Wiesenhöhe, Kreis Treuburg, am 3. August

Uhlke, Ursula, geb. Karpinski, aus Dankfelde, Kreis Lötzen, am 2. August

Wiechmann, Hildegard, geb. Gollan, aus Groß Schöndamerau, Kreis Ortelsburg, am 4. August

ZUM 80. GEBURTSTAG

Bartling, Elfriede, geb. Kowalski, aus Klein Schläfken, Kreis Neidenburg, am 1. August

Becker, Heinz, aus Lindental, Kreis Elchniederung, am 4. August

Bimte, Ilse, geb. Loch, aus Schnippen, Kreis Lyck, am 6. August

Busch, Gerhard, am 4. August

Forstreuter, Friedrich, aus Blumenthal, Kreis Schloßberg /Pillkallen, am 6. August

Gerstmann, Hildegard, geb. Puzicha, aus Markshöfen, Kreis Ortelsburg, am 1. August

Griese, Ruth, geb. Meier, aus Sanditten, Kreis Wehlau, am 4. August

Gritzan, Günter, aus Wilhelmshof, Kreis Ortelsburg, am 1. August

Grzywazewski, Ursula, aus Spiegelberg, Kreis Allenstein, am 1. August

Hammerschlag, Hannelore, geb. Kalweit, aus Damerau, Kreis Ebenrode, am 6. August

Heinrich, Gerhard, aus Sensburg, am 3. August

Hösel, Uwe, aus Jägersdorf, Kreis Wehlau, am 5. August

Kniza, Margot, aus Ortelsburg, am 3. August

Kollmorgen, Ruth, geb. Kalipke, aus Rhein, Kreis Lötzen, am 4. August

Konopka, Gertraud, geb. Kun-hardt, aus Klein Rauschen, Kreis Lyck, am 5. August

Labusch, Gertrud, geb. Waschk, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 6. August

Leitgeb, Lieselotte, geb. Reinhardt, aus Wehlau, am 2. August

Leitschuh, Ilse, geb. Deggim, aus Rossitten, Kreis Samland, am 2. August

Lotz, Margot, geb. Wasinski, aus Kleinkosel, Kreis Neidenburg, am 4. August

Riemann, Traute, geb. Rautenberg, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 2. August

Schüler, Lothar W., aus Neiden-burg, am 2. August

Unger, Gisela, geb. Bigalke, aus Willenberg, Kreis Ortelsburg, am 1. August

Wegner, Helmut, aus Mulden, Kreis Lyck, am 5. August

Woyczieniuk, Waldemar, aus Bartendorf, Kreis Lyck, am 6. August

ZUM 75. GEBURTSTAG

Baerwalde, Erna geb. Waldzus aus Ibenhorst, Forst, Kreis Elchniederung, am 2. August

Döring, Elisabeth, geb. Rimkus, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 6. August

Hübner, Erika, geb. Ballnus, aus Argendorf, Kreis Elchniederung, am 3. August

Jaschob, Lore, geb. Schnetka, aus Georgenswalde, Kreis Samland, am 4. August

Kempka, Wolfgang, aus Wallen, Kreis Ortelsburg, am 1. August

Klein, Sigrid, geb. Radau, aus Rudau, Kreis Samland, am 3. August

Licht, Gert, aus Bürgerhuben, Kreis Elchniederung, am 7. August

Schöttke, Renate, aus Zimmerbude, Kreis Samland, am 5. August

Symanski, Dietmar, aus Glauch, Kreis Ortelsburg, am 5. August

Tomoscheid, Klaus, aus Wargenau, Kreis Samland, 2. August

Wanka, Margot, geb. Krzykowski, aus Krummfuß, Kreis Ortelsburg, am 1. August

Diamantene Hochzeit

Korth, Arnold, aus Prökelwitz, Kreis Mohrungen, und Ehefrau Lisa, geb. Masemann, am 6. August


Kulturtag in Berlin
Der Bund der Vertriebenen lädt ein

Der Polizeichor wird ostdeutsches Liedgut vortragen, Volkstanzgruppen werden „Buntes aus den Dörfern der Heimat“ aufführen – dies sind nur einige der Programmpunkte beim Kulturtag der Landsmannschaften am Sonnabend, 26. September, im Berliner Rathaus Zehlendorf in der Kirchenstraße 1–3. Die Veranstaltung des Landesverbandes der Vertriebenen (BLV) steht unter dem Motto „Kultur verbindet – Freunde zu Gast“.

Neben den Vorführungen bieten die Informationsstände der Landsmannschaften im Foyer des Rathauses Gelegenheit zu Begegnungen und Gesprächen. Beginn ist um 10 Uhr mit einer ökumenischen Andacht. Danach wird der Kulturtag im Bürgersaal feierlich von Rüdiger Jakesch, dem Landesvorsitzenden des BLV eröffnet. Die letzte Veranstaltung des Tages beginnt um 14 Uhr, wenn die Autorin Eleonora Hummel aus ihrem Roman „In guten Händen, in einem schönen Land“ liest. Weitere Informationen: Berliner Landesverband der Vertriebenen, Forckenbeckstraße 1, 14199 Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de


S. 16 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Stefan Hein, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Breslau – 26. September: In der niederschlesischen Stadt Breslau findet dieses Jahr das Kulturfestival der Deutschen Minderheit in der Jahrhunderthalle statt. Es wird nur alle drei Jahre veranstaltet und ist durchaus etwas Besonderes. Die Stadtfahrt dient dazu, sich gemeinsam einen Eindruck von der Veranstaltung zu verschaffen, und bietet Gelegenheit, die schöne Stadt zu erkunden, und das natürlich nicht nur am Tage. Die Teilnehmer treffen sich in Breslau am Abend des 24. Septembers und reisen am 27. September wieder ab. Der Altersschwerpunkt der Stadtfahrt liegt zwischen 16 und 35 Jahren. Die Einladung mit weiteren Einzelheiten findet sich auf www.junge-ostpreussen.de.

Düsseldorf – Freitag, 9. bis Sonntag 11. Oktober, Düsseldorf: Bundestreffen. Am 11. Oktober 2015 steht in diesem Rahmen eine Führung durch das Museum Stadt Königsberg in Duisburg auf dem Programm, das Ende 2015 seine Tore schließen wird. Anmeldeschluss ist der 31. Juli 2015! Späteren Anmeldungen kann kein Platz in der Jugendherberge ga-rantiert werden.

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – Mittwoch 5. August, 17 Uhr, Gedenkplatte auf dem Schlossplatz in Stuttgart: Chartafeier. Alle Landsmannschaften und Heimatgruppen sind dazu eingeladen. Bitte kommen Sie recht zahlreich zu dieser wichtigen Feierstunde.

Göppingen – Jeweils am ersten Mittwoch im Monat trifft sich um 14 Uhr im Lokal Glashaus, Weberstraße 15, 73084 Salach die Kreisfrauengruppe zu ihren Kulturnachmittagen. Ansprechpartner ist Vera Pallas, Telefon (07162) 5870.

Lahr – Donnerstag, 6. August, 18 Uhr, Zarko: Stammtisch.

Stuttgart – Sonnabend, 29. August, 14,30 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat: Die Westpreußen der Stuttgarter Gruppe treffen sich zum interessanten Kulturnachmittag unter Leitung von Herrn Schwalke. Alle Ostpreußen sind herzlich eingeladen.

Ulm/Neu Ulm – – Mittwoch,

5. August, 14 Uhr, Ulmer Stuben: Gemeinsame Fahrt zum Ernsthof bei Ehingen.

Weinheim/Bergstraße – Mittwoch, 5. August, 14.30 Uhr:, Café Wolf: Treffen der Frauengruppe. Thema des Heimatnachmittages ist eine Lesung aus dem Buch „Ihre Spuren verwehen nie. Ostpreußens Beitrag zur abendländischen Kultur“. Diesmal geht es um Simon Dach (1605–1659). Memel ist seine Heimatstadt. Dichterruhm erlangte er besonders mit dem Lied „Ännchen von Tharau“.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Hof – Die Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen hatte zu ihrer Monatszusammenkunft vor der Sommerpause eingeladen. Der 1. Vorsitzende Christian Joachim freute sich, wieder anwesend zu sein und hieß alle Mitglieder und Gäste im Restaurant Altdeutsche Bierstube herzlich willkommen. Traditionsgemäß galten seine besten Wünsche den gewesenen Geburtstagskindern. Er wies daraufhin, dass eine Einladung der Landesgruppe Bayern, Ansbach, vorliege. Es sei eine interessante Landeskulturfahrt nach Warendorf, Minden und Bad Pyrmont von Donnerstag, den 17., bis Sonntag, den 20. September. Diese Reise sei vollgepackt mit vielen kulturhistorischen „Leckerbissen“. Wohnen werde man im „Kaiserbad“ Pyrmont, wo das heimatliche Ostheim die Reisenden noch ein letztes Mal aufnehmen werde, bevor es zum Jahresende seine Pforten schließe.

Als Prominenten des Nachmittags hatte Kulturreferent Bernd Hüttner den herausragenden Schriftsteller der Nachkriegszeit und Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass ausgewählt. Wir alle sehen diesen bedeutenden Zeitzeugen noch vor uns, er verbrachte seine Kindheit in Danzig und starb am 13. April im Alter von 87 Jahren in einem Lübecker Krankenhaus. Am 29. April wurde er im engsten Familienkreis auf dem Friedhof von Behlendorf, Grass’ langjährigem Wohnort, beigesetzt.

Die zentrale Gedenkfeier fand am 10. Mai in Anwesenheit von Bundespräsident Joachim Gauck im Theater Lübeck statt, die Hauptrede hielt der amerikanische Schriftsteller John Irving. Schleswig-Holstein ehrte Grass mit der Trauerbeflaggung öffentlicher Gebäude an diesem Tag. Die Medien würdigten ihn für seine prämierten Romane, einmaligen Plastiken und zahlreichen Auszeichnungen.

Der Vortragende war besonders beeindruckt von seinem kürzlichen Besuch im Günter Grass-Haus in Lübeck. Die Ausstellung „War eigentlich ein schönes Schiff“ zeigt im ersten Teil, wie Günter Grass den Untergang der „Wilhelm Gustloff“ in seinem 2002 erschienenen Buch „Im Krebsgang“ verarbeitet. Sie wurde am 30. Januar 1945 wenige Stunden nach dem Auslaufen aus Gotenhafen vom sowjetischen U-Boot S-13 torpediert und versenkt.

Es war ein bewegender Vortrag. Nach dem gemeinsam gesungenen Westpreußenlied meinte Christian Joachim, er wolle mit seinem Dia-Vortrag nun seine Eindrücke von seinem kürzlichen Familienurlaub auf der Ostfriesischen Insel Juist herüberbringen. Es sei ein Erlebnis, autolos und von der Nordsee umgeben, sich dem Wind und den Gezeiten hinzugeben. Man hänge den Gedanken nach, es könnte in Ostpreußen sein. Es war ein vielseitiger Ausflug in glückliche Tage. Nun wünsche auch er uns eine erholsame Sommerpause.

Großer Beifall war der Dank für beide Vortragenden. Nach dem gemeinsam gesungenen Ostpreußenlied saß man noch länger zusammen.

Nächste Termine: Unsere Monatszusammenkunft findet am Sonnabend, 12. September, um 1

5 Uhr in der Altdeutschen Bierstube statt. Am Sonnabend, 10. Oktober, 10.30, Uhr begehen wir den Tag der Heimat im Jugendzentrum „Q“. Festredner ist der Landrat Oliver Bär. Renate Pfaff

Landshut – Dienstag, 18. August, 14 Uhr, Hotel-Gasthof Zur Insel, Badstraße 16, 84028 Landshut: Gemeinsames Treffen im Garten der „Insel“.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Gumbinnen – 11. August, Berlin: Treffen im Restaurant „Mazedonia“, Hans-Sachs-Straße 41 (am S-Bahnhof Lichterfelde). Weitere Informationen: Joseph Lirche, Telefon (030) 4032681.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

LANDESGERUPPE

Sonnabend, 29. September, 45. Berlinfahrt zum „Tag der Heimat“ unter dem Leitwort „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“ (siehe auch Seite 18).

Wichtige Hinweise zum Programm:

1) Bitte, am Sonnabend, um 7.30 Uhr am ZOB sein, damit wir um 7.45 Uhr abfahren können. Wir bitten dringend, die 35 Euro Reisekosten zu überweisen, beziehungsweise bar in der Geschäftsstelle im Haus der Heimat einzuzahlen.

2) Auf der Hin- und Rückfahrt werden lmbisse gereicht. Im Bus erhalten Sie die Einlasskarte. Sie wird in Berlin in eine Eintritts- und Platzkarte getauscht. Dort gibt es auch ein Festprogramm und weitere Unterlagen über Aktuelles.

3) Eine Ansprache erfolgt um 12 Uhr durch Bernd Fabritius als Präsident des Bundes der Vertriebenen. Die Festrede hält der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil. Das Programm wird musikalisch von den Potsdamer Turmbläsern umrahmt.

4) Nach dem Festakt erfolgt um 15 Uhr eine Kranzniederlegung am Zentralen Mahnmal. Für die „Hamburger“ beginnt eine historische Berlin-Stadtrundfahr.

5) Den Mittagsimbiss nehmen wir am Prager Platz 1–3, 10779 Berlin im „Ristorante San Marino“ ein. Die Reisenden erhalten einen „Bonus“. Danach geht es zum „Reiterdenkmal Friedrich des Großen“, Unter den Linden. Dort verabschieden wir uns nach einem traditionellen Sektumtrunk mit deutschem Volksliedgut von der Hauptstadt Berlin mit einem „Dankeschöngeschenk“ zum Abschied!

6) Um rechtzeitig wieder in Hamburg einzutreffen, planen wir etwa gegen 19 Uhr aus Berlin abzufahren und wollen um 22.30 Uhr in Hamburg sein.

Anmeldung unter: Telefon/Fax (040) 34 63 59, Geschäftsstelle (10–14 Uhr), oder Telefon/Fax: (040) 41924456, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg.

KREISGRUPPEN

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat (außer im Januar und im Juli) zum Singen und zu einem kulturellem Programm um 12 Uhr, im Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125, 22459 Hamburg. Kontakt: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

 

HESSEN

Vorsitzender: Eberhard Traum, Wächtersbacherstraße 33, 63636 Brachtal, Telefon (06053) 708612.

Darmstadt/Dieburg – Die Sommerpause geht langsam dem Ende zu, und die nächste Zusammenkunft im Luise-Büchner-Haus in Darmstadt-Kranichstein findet am Sonnabend, 15. August um 15 Uhr. wie immer mit Kaffee und Kuchen statt. Wie bereits angekündigt, steht an diesem Nachmittag ein Lichtbildervortrag von Karla Wyland unter dem Titel „Auf unserer Wiese gehet was“ auf dem Programm.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Helmstedt – Jeder zweite Donnerstag im Monat, 15 Uhr, Begegnungsstätte, Schützenwall 4: Gemeinsames Treffen. Die nächsten Termine finden am 13. August und am 10. September statt.

Osnabrück – Freitag, 21. August, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Gemeinsames Treffen der Frauengruppe.

Rinteln – Donnerstag, 13. August, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Erwin Kornitzki aus Bückeburg berichtet über „Meine Heimat Ostpreußen und Eindrücke von meinen Reisen dorthin“. Angehörige und Freunde sowie interessierte Gäste sind ebenfalls herzlich willkommen. Auskünfte und Informationen zur landsmannschaftlichen Arbeit in Rinteln gibt es beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat unter Telefon (05751) 5386 oder per E-Mail: rebuschat@web.de

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bielefeld – Montag, 3. August, 15 Uhr, Kreisvereinigung, Wilhelmstraße 1B, 33602 Bielefeld: Treffen der Frauengruppe. – Donnerstag, 6. August, 15 Uhr, Kreisvereinigung: Gesprächskreis der Königsberger und Freunde der ostpreußischen Hauptstadt. – Donnerstag, 13. August, Kreisvereinigung: Ostpreußisch Platt.

Bonn – Dienstag, 28 Juli, 14 Uhr, Nachbarschaftszentrum Brüserberg, Fahrenheitstraße 49: Treffen des Frauenkreises – Dienstag, 4. August, 18 Uhr, Haus am Rhein, Elsa-Brändström-Straße 74: Sommerstammtisch in lockerer Runde.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorff-Saal, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Chorprobe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft „Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland“ unter Leitung von Radostina Hristova. –Mittwoch, 5. August, 15 Uhr, Raum 311, GHH: Ostdeutsche Stickerei mit Helga Lehmann und Christel Knackstädt. – Donnerstag, 6. August, 19.30 Uhr, Raum 412, GHH: Offenes Singen mit Barbara Schoch. – Freitag, 14. August, 17 Uhr, Terrasse, GHH: Grillfest. – Sonnabend, 15. August, 18 Uhr: Feierstunde anlässlich der Ausstelllung der Pommerschen Landsmannschaft „Vertrieben und Vergessen – Pommern in der deutschen und europäischen Geschichte“. Die Ausstellung läuft bis zum 10. September. – Montag, 17. August, 19 Uhr, Konferenzraum, GHH: „Zum 100. Geburtstag von Herbert Hupcka“ – Vortrag von Dr. Guido Hitze. – Dienstag, 18. August, 19 Uhr, Eichendorff-Saal, GHH: Bernd Fabritius, Vorsitzender des Bundes der Vertriebenen ist zu Gast.

Ennepetal – Donnerstag, 20. August, 16 Uhr, Heimatstube, Kirchstraße 52: Monatsversammlung

Leverkusen – Die Landsmannschaft Ost- und Westpreußen KG Leverkusen spricht auf diesem Wege allen ihren Mitgliedern und Gästen ein herzliches Dankeschön aus für ihr Dabeisein bei allen Veranstaltungen und für jede Hilfe. Es ist uns wichtig, weil sehr viele Mitglieder schon über 80 Jahre alt und trotzdem noch immer dabei sind. Am 8 Juli hatten wir eine interessante Tagesfahrt nach Luxemburg – der Bus war voll. Jeden zweiten Mittwoch im Monat kommen wir im Hause Ratibor mit der Frauengruppe und Gästen zusammen – die Stube ist voll – 40 bis 45 Personen.

Es ist nicht nur ein Kaffeekränzchen, es wird viel Kulturelles geboten und gemeinsam gesungen. Für eine Halbtagesfahrt „offiziell ins Blaue“ am 9. September sind schon viele Anmeldungen eingetroffen. Am 6. September zum „Tag der Heimat“ hoffen wir viele Mitglieder und Gäste begrüßen zu können. Bis zum Jahresende hat unsere Landsmannschaft noch einige schöne Veranstaltungen vor unter anderem das Erntedankfest am 3. Oktober und die wunderschöne Weihnachtsfeier am 6. Dezember. Der Inhalt aller unserer Zusammenkünfte ist ganz besonders auf unsere schöne Heimat bezogen. Wir wollen und können sie nie vergessen. Fragen und Anmeldungen: Anna Pelka Telefon (0214) 95763.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz/Stadt – Mittwoch, 19. August, 14.15 Uhr, Fischtor, Anlegestelle der Primus-Linie: Nachmittagsfahrt mit den Schiff in den Rheingau (Rückkehr zum Fischtor gegen 17.05 Uhr)

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle, Telefon privat (0345) 2080680.

Dessau – Montag, 10. August, Seniorenfreizeitstätte Krötenhof, Wasserstadt 50: Berichte aus der Heimat.

Magdeburg – Dienstag, 11. August, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen. – Donnerstag, 13. August, Sportgaststätte Post, Spielhagenstraßestraße: Tag der Heimat.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Flensburg – Dienstag, 4. August, 15 Uhr, AWO Stadtteilcafé Mathildenstraße 22: Vortag von Uwe Carstens, Langenhorn, mit dem Thema: „Das Ende des Zweiten Weltkrieges in Flensburg“ (Hier landete am 5. Mai 1945 auf dem Eisbrecher „Ostpreußen“ Erich Koch, Gauleiter von Ostpreußen, in Zivilkleidung!).

Neumünster – Mittwoch, 5. August, 14 Uhr, Bahnhofstraße / Kirche: Abfahrt zur Kaffeefahrt nach Schafstedt. Busbeteiligung: 5 Euro für Mtglieder, 10 Euro für Gäste. Anmeldung bitte bis zum 31. Juli unter Telefon (04321) 82314. Programmänderung: Am 9. September bittet die Landsmannschaft um

12 Uhr zum Mittagessen im „Restaurant am Kantplatz“ zu Tisch. Anmeldung bis zum 1. September.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 25265.

Schmalkalden – Donnerstag, 6. August, 14 Uhr, Klub der Volkssolidarität: Heimatnachmittag der Kreisgruppe „I. Kant“.


S. 17-18 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

JOHANNISBURG

Kreisvertreter: Dr. Manfred Solenski, Fichtenstraße 14, 26316 Varel, Telefon (04451) 4581, Fax (04451) 9189298, E-Mail: solenski@kreisgemeinschaft-johannisburg.de. Internet: www.kreisge-meinschaft-johannisburg.de

Die Kreisgemeinschaft veranstaltet am Sonntag, 13. September, im Goldsaal des Kongress-zentrums Westfalenhalle in Dortmund ihr 60. Heimatkreistreffen. Es werden Teilnehmer aus vielen Teilen der Bundesrepublik und auch heimatverbliebene Landsleute aus Polen, aus dem Kreis Johannisburg [Pisz] erwartet. Die ofrizielle Feierstunde beginnt um 11 Uhr und endet etwa gegen 12.30 Uhr. Das Festprogramm wird musikalisch umrahmt von einem Musiker sowie einem Chor aus Dortmund. Das Treffen steht unter dem Leitwort „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“.

 

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Sonnabend, 15. August, Heimatmuseum, Sudetenlandstraße 18 H (Böcklersiedlung), Neumünster: „Deutsch(e) in Polen – über deutsche Sprache und Deutschunterricht in Polen“ – Ein Vortrag von Ewa Galka, aus Ostroleka, Polen. Weitere Informationen: Kreisgemeinschaft Lötzen, Ute Eichler, Telefon: (040) 6083003, Fax (040) 608 90 478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de.

 

LYCK

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesensee, Diesberg 6a, 41372 Niederkrüchten, Telefon (02163) 898313. Stellvertr. Kreisvertreter: Dieter Czudnochowski, Lärchenweg 23, 37079 Göttingen, Telefon (0551) 61665. Karteiwart: Siegmar Czerwinski, Telefon (02225) 5180, Quittenstraße 2, 53340 Meckenheim.

Die Stadt Hagen und die Kreisgemeinschaft Lyck laden zu den Veranstaltungen des Kreistreffens vom 29. bis 30. August herzlich ein. Wir feiern die 60-jährige Patenschaft zwischen Lyck und der Stadt Hagen. Das Programm am Sonnabend, 29. August:

13 Uhr: Tagung der Orts- und Bezirksvertreter im Ratssaal des Rathauses.

14,30 Uhr: Öffentliche Kreistagssitzung im Ratssaal des Rathauses.

15 Uhr: Öffnung des Sinfoniums in der Stadthalle.

17 Uhr: Kranzniederlegung an den Gedenksteinen im Stadtgarten Hagen.

18 Uhr: Möglichkeit zur Besichtigung des Archivs, Elbersufer 20.

19 Uhr: Heimatabend im Sinfonium der Stadthalle.

Das Programm am Sonntag,

30. August:

9.30 Uhr: Öffnung des Sinfoniums in der Stadthalle.

11 Uhr: Feierstunde im Sinfonium der Stadthalle.

13 Uhr: Arbeitstagung des Arbeitskreises ,,Mittlere Generation“ im Clubraum der Stadthalle.

14 Uhr: Begrüßung und geselliges Beisammensein im Sinfonium der Stadthalle. Musikalische Umrahmung: Bern Stein.

18 Uhr: Ausklang.

Die Kreistagssitzung am 29. August im Ratssaal des Rathauses, beginnt um 14.30 Uhr. Die Tagesordnung: 1. Eröffnung, Begrüßung, Feststellung der Beschlussfähigkeit und Wahl eines Protokollführers durch die Kreisvertreterin; 2. Totengedenken; 3. Ehrung; 4. Genehmigung der Niederschrift vom 30. August 2014; 5. Berichte: a) aus dem Kreisausschuss, b) der Kreisvertreterin, c) des Karteiwartes, d) der Senioren-und Glückwunschkartei, e) der Archivbetreuerin, f) der Redaktion Hagen-Lycker-Brief und der Internetseite, g) des Bücherversandes, h) des Arbeitskreises Mittlere Generation, i) der Gräberfürsorge; 6. Beratung der Satzungsänderung; 7. Zusammenarbeitsvertrag mit dem Historischen Museum in Lyck, Bericht Oktober 2014; 8. Haushaltsplan 2015; 9. Diesjähriges Heimattreffen; 10. Kreistreffen 2016.

Eine Aufnahme weiterer Themen in die Tagesordnung ist nach Paragraph 16 der Satzung, bis spätestens eine Woche vor dem Tag der Kreistagssitzung bei der Kreisvertreterin zu beantragen.

 

NEIDENBURG

Kreisvertreter: Jürgen Szepanek, Nachtigallenweg 43, 46459 Rees-Haldern, Tel. / Fax (02850) 1017.

Unser diesjähriges Heimattreffen findet am Sonntag, dem 6. September von 9 bis 18 Uhr im Erich-Brühmann-Haus, Kreyenfeldstraße 32, 44894 Bochum-Werne, statt. Der nach Jahrzehnten vom RuhrCongress nach Werne vollzogene Wechsel fand aus Gründen der Räumlichkeiten als auch der unmittelbaren Nähe zur Heimatstube die Zustimmung des Vorstandes. Das neue Lokal liegt genau gegenüber unserer Heimatstube, die am Sonntag für unsere Besucher geöffnet sein wird. Parkplätze sind auf dem Marktplatz Werne, direkt hinter der Heimatstube, reichlich vorhanden. Bei Fragen zur Familienforschung, dem Bildarchiv Neidenburg, wie auch diversen anderen Anliegen werden sich unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter bemühen, zu helfen. Unsere bereits in vierter Auflage erstellten DVDs von allen Neidenburger Heimatbriefen ab 1947, die beiden in den 1980er Jahren herausgegebenen Kreisbücher und Bildbände können sofort beim Kreisvertreter bestellt oder aber beim Heimattreffen erworben werden. Am Sonnabend, dem 5. September findet um 14.30 Uhr die öffentliche Kreistagssitzung im Bildungs- und Verwaltungszentrum der Stadt Bochum, Gustav-Heinemann-Platz (hinter dem Rathaus) statt. Zu beiden Veranstaltungen laden wir herzlich ein.

 

OSTERODE

Kreisvertreter: Prof. Dr. Edgar Steiner, Friedrich-Hegel-Straße 18, 15230 Frankfurt (Oder), Tel. (0335) 539096, E-Mail: Prof.steiner@arcor.de. Geschäftsstelle: Postfach 1549, 37505 Osterode am Harz, Telefon (05522) 919870. KGOeV@t-online.de; Sprechstunde: Di. 9–12, Do. 14–17 Uhr.

Am 20. September findet anlässlich des Hauptkreistreffens in Osterode am Harz (nach der Feierstunde) um 13 Uhr in der Stadthalle, Foyer 2, unsere diesjährige Mitgliederversammlung statt. Die Tagesordnung lautet wie folgt:

1) Eröffnung;

2) Genehmigung der Niederschrift über die Mitgliederversammlung am 13. September 2014 in Osterode am Harz;

3) Entgegennahme des Jahresberichtes des Kreisvertreters;

4) Entgegennahme der Jahresrechnung 2014;

5) Bericht der Rechnungsprüfer;

6) Genehmigung des Jahresberichts des Kreisvertreters und der Jahresrechnung;

7) Erteilung der Entlastung des Vorstandes;

8) Verschiedenes;

Ich bitte um zahlreiches und rechtzeitiges Erscheinen.

 

PREUSSISCH EYLAU

Kreisvertreterin: Evelyn v. Borries, Tucherweg 80, 40724 Hilden, Telefon (02103) 64759, Fax: (02103) 23068, E-Mail: evborries@gmx.net. Kartei, Buchversand und Preußisch Eylauer-Heimatmuseum im Kreishaus Verden/Aller Lindhooper Straße 67, 27283 Verden/Aller, Telefon (04231) 15589, Bürozeiten: dienstags von 13 bis 15 Uhr, E-Mail: preussisch-eylau@landkreis-verden.de, Internet: www.preussisch-eylau.de.

Unser Kreistreffen findet in diesem Jahr turnusmäßig wieder am dritten September-Wochenende, am Sonnabend, dem 19. und Sonnatg, dem 20., in Verden statt. Kommen Sie bitte zahlreich und bringen Sie Familie und Freunde mit! Sie bekunden damit die Heimattreue der Preußisch Eylauer gegenüber unseren Partnergemeinden Stadt- und Landkreis Verden. Es wird wieder viel Interessantes geboten, siehe das Programm im neuesten „Preußisch Eylauer Kreisblatt“ vom Mai.

Wer möchte bei der Archivierung helfen? Die Kreisgemeinschaft sucht dringend einen ehrenamtlichen Helfer für die Einarbeitung der Schriftstücke und anderer Archivalien, die in den letzten Jahren zum bisherigen Bestand des Kreisarchivs hinzugekommen sind. Das Archiv ist im Rahmen eines Computerprogramms in digitalisierter Form erstellt. Die Arbeit erfordert einen PC mit dem Betriebssystem von Windows (mindestens) 7.

Der ideale Arbeitsplatz befindet sich in unserem Dienstzimmer in der Landkreisverwaltung Verden, wo ein solches Gerät steht. Die Tätigkeit ist jedoch auch an jedem anderen Ort mit entsprechender Ausrüstung denkbar. Für die notwendige Anleitung wird gesorgt. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Die Tätigkeit ist – nach Einarbeitung – technisch einfach und bietet andererseits interessante Einblicke in die Geschichte und Landeskunde Ostpreußens. Interessenten-Meldungen beziehungsweise Rückfragen bitte an Gerd Birth, Telefon (02435) 616, E-Mail: g.birth@t-online.de.

Das Preußisch Eylauer Kreisblatt anfordern! Es soll noch Landsleute geben, die eine Beziehung zum Kreis Pr. Eylau haben, aber nicht auf der Versandliste unseres Kreisblatts stehen. Fordern Sie es an! Diese zweimal im Jahr erscheinende Heimatzeitschrift hat auf der Titelseite den Kopf des früheren amtlichen Blatts der Kreisverwaltung bewahrt und berichtet auf fast 100 reich bebilderten Seiten über Gegenwart und Vergangenheit der Region. Viele Autoren, vor allem aus den eigenen Reihen, kommen darin zu Wort. Bestellungen dienstags zwischen 13 und 15 Uhr, Telefon (4231) 15589.

In diesem Jahr wird das Dorf Tharau [Wladimirowo] im Kreis Pr. Eylau 700 Jahre alt. Die Russen wollen das Jubiläum am Sonnabend, dem 3. Oktober 2015, würdig feiern. Die deutsche Seite sollte bei diesem Festakt große Präsenz zeigen, denn Tharau ist nicht nur viele Jahrhunderte ein ostpreußisches Kirchdorf und Gut gewesen, sondern verkörpert auch durch das Lied und die Figur des Ännchens von Tharau eine große Symbolik und Berühmtheit sowohl für die Deutschen als auch für die Russen.

Ich rufe daher alle Tharauer Landsleute, deren Nachkommen sowie alle interessierten Landsleute aus dem Kreis Pr. Eylau und aus Nah und Fern auf, an dieser Jubiläumsfeier teilzunehmen. Nähere Einzelheiten und Meldungen bitte an Joachim Anker, Lyonel-Feininger-Weg 9, 76227 Karlsruhe, Telefon (0721) 494329, E-Mail: joachim-anker@t-online.de.

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Eva Lüders, Telefon/Fax (04342) 5335, Kührenerstraße 1 b, 24211 Preetz, E-Mail: Eva.lueders@arcor.de.

Ein treuer Kraupischker aus dem Dorf Steinflur/Abschruten hat uns am 17. Juli im 94. Lebensjahr nach kurzer schwerer Krankheit verlassen. Wir trauern mit seiner Frau Ingeborg Kumutat, seiner Familie und seinen vielen Freunden um Gustav Kumutat, gestorben in Kiel. Viele Jahre habe ich mit ihm Gespräche über seine geliebte Heimat Ostpreußen geführt. Sein Wissen um die Familiengeschichten seines Dorfes und des Kirchspiels war stets präsent und bis ins Detail stimmig. Mit 18 Jahren zog er in den Krieg und kam mit einer schweren Tuberkulose, für einige Jahre sehr elend und krank, aus russischer Gefangenschaft nach Kiel. Damals hätte er sich nicht vorstellen können, ein so hohes, gesegnetes Alter erleben zu dürfen. Katharina Willemer

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Austragungsort des diesjährigen Heimattreffens ist das Hotel „Esplanade“ in 31542 Bad Nenndorf, Bahnhofstraße 8, Es findet am Sonnabend, dem 12. September, statt. Alle Tilsiter, die schon am Vorabend des Treffens angereist sind, treffen sich am Freitag, dem 11. September ab 19 Uhr im Park-Hotel Deutsches Haus, 031542 Bad Nenndorf, Bahnhofstrasse 22 zur gemütlichen „Tilsiter Runde“.

Am Sonnabend findet dann das Heimattreffen im Grand-Hotel Esplanade, Bahnhofstraße 8 gemeinsam mit unseren Nachbarn aus der Elchniederung und Tilsit-Ragnit statt. Ab 9 Uhr ist Einlass. Ab 10 Uhr erwartet uns ein reichhaltiges Programm. Nach der Eröffnung, dem geistlichen Wort, der Totenehrung und der Begrüßung durch die Kreisvertreter gibt es einen interessanten Vortrag: „Naturschutzgebiet Elchwald – gestern und heute“ von Jürgen Leiste.

Von 11.30 bis 13 Uhr kann ein Mittagessen eingenommen werden. Danach hält der frühere Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm von Gottberg, die Festrede. Um 14 Uhr veranstaltet der „Schaumburger Shanty-Chor“ ein heiteres Konzert, welches anschließend in ein geselliges Beisammensein mit viel Zeit zum Plachandern übergeht. Gegen 17 Uhr wird die Veranstaltung zu Ende sein.

Liebe Tilsiterinnen und Tilsiter! Kommt nach Bad Nenndorf, solange Ihr noch gesundheitlich dazu in der Lage seid. Wir wissen, dass es mit jedem Jahr schwerer wird, lange Reisen zu machen, doch umso mehr gilt es, sich aufzuraffen, ehe es zu spät ist. Lasst uns zusammenkommen, um in geselliger Runde, bei Gesprächen und Begegnungen die Erinnerung an die Heimat wachzuhalten. In einer Zeit, wo man die Erinnerung an Ostpreußen zu tilgen versucht, dürfen wir das Land der dunklen Wälder nicht in Vergessenheit geraten lassen.

 

TREUBURG

Kreisvertreterin: Ingrid Meyer-Huwe, Heinrich-Heine-Straße 51, 30173 Hannover, Telefon/Fax (0511) 884928, E-Mail: eusebius@kabelmail.de. Stellvertreterin: Eva Knierim, Kaiserstraße 38, 58300 Wetter, Telefon (02335) 846853, e-knierim@t-online.de. Geschäftsführerin: Irmgard Klink, Schlehdornweg 30, 47647 Kerken, Telefon (02833) 3984 (Fax: 3970), iklink@gmx.de. www.treuburg.de. Ansprechpartnerin in Ostpreußen: Hannelore Muraczewska, Wisniowa 1, PL 19-400 Olecko, Telefon (0048) 875 20-3180.

25. bis 28. August, Schneverdingen: Treffen Schwalgenort im Hotel Schäferhof, Heberer Straße 100. Weitere Informationen: Günter Meyer, Telefon (05162) 985088.

 

WEHLAU

Kreisvertreter: Gerd Gohlke, Syker Straße 26, 27211 Bassum. Telefon (04241) 5586. 2. Vors. und Schriftleiter: Werner Schimkat, Dresdener Ring 18, 65191 Wiesbaden, Telefon (0611) 505009840. Internetseite: www.kreis-wehlau.de

Das dritte Regionaltreffen der Kreisgemeinschaften Fischhausen, Labiau und Wehlau in Leipzig führten wir am 20. Juni wieder in der nun bereits bewährten Gaststätte des Gartenvereins „Seilbahn“ durch. Die diesjährige Zusammenkunft war auch offen für Interessierte aus anderen Heimatkreisen Ostpreußens ebenso ausdrücklich für Spätaussiedler mit deutschen Wurzeln aus der ehemaligen Sowjetunion.

Zufällig fiel das Datum unserer Veranstaltung mit dem durch unsere Regierung beschlossenen und in diesem Jahr in Deutschland erstmals unter dem Gesichtspunkt „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“ begangenen Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung zusammen, an dem nun jährlich auch an die millionenfache Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert werden darf. Bald wird es nicht mehr möglich sein, mit Hilfe von Veranstaltungen der Mitglieder der Vertriebenenverbände, sondern nur noch mit Hilfe öffentlicher Gedenkpraktiken an die Zwangsumsiedlung der Deutschen infolge des Zweiten Weltkriegs zu erinnern und weiterhin im Bewusstsein der Nachfolgegenerationen zu verankern. Unter diesem Gesichtspunkt wollen wir, solange es von der Teilnehmerzahl her praktikabel ist, weitere Treffen dieser Art für alle Interessierten organisieren und die Erinnerungen an die Heimat pflegen.

Die Vorbereitung und Durchführung des Treffens lag ganz in der Hand von Eberhard Grashoff. Er wurde von seiner Familie und dem bereits aus den vorherigen Treffen bekannten Personenkreis unterstützt. Uwe Nietzelt aus Altenburg gewährleistete in bewährter Weise die technische Sicherstellung der Beschallung und trug damit wieder wesentlich für die Qualität der Veranstaltung bei. Das Personal der Gaststätte „Seilbahn“ war jederzeit kooperativ bei der Vorbereitung und sehr gefällig während der Durchführung der Veranstaltung. Insgesamt haben 131 Landsleute an unserem Treffen teilgenommen, davon die Kreisgemeinschaft Labiau mit 35, die Kreisgemeinschaft Wehlau mit 26, die Kreisgemeinschaft Fischhausen /Königsberg Land mit 42 sowie die Landsmannschaft Deutsche aus Russland mit 28 Heimatfreunden. Die Anzahl der bei der kulturellen Umrahmung mitwirkenden Personen überstieg die 40. Der Saal war also sehr gut gefüllt.

Zur Eröffnung wurden die Glocken des Königsberger Doms und anschließend die Ostpreußenhymne „Land der dunklen Wälder“ zu Gehör gebracht. Bei der Begrüßung wies Eberhard Grashoff besonders darauf hin, dass mit diesem und weiteren Treffen den Teilnehmern weite Reisen zu den zentralen Treffen der Kreisgemeinschaften erspart bleiben und den in Mitteldeutschland lebenden Vertriebenen und deren Nachkommen hier die Möglichkeit gegeben wird, miteinander zu sprechen, sich an die Heimat zu erinnern, ihre Gedanken auszutauschen und die heimatliche Kultur zu pflegen.

Im Namen der Kreisgemeinschaften begrüßten Brigitte Stramm (sie übermittelte auch die Grüße der LO), Monika Ziegler und Helmut Fellbrich die Teilnehmer mit kurzen Ansprachen. Das Programm war so gestaltet, dass auch ausreichend Zeit für die Unterhaltung an den Tischen blieb und insgesamt eine entspannte und ausgewogene Atmosphäre gesichert war.

Mit besonderer Begeisterung wurden die Darbietungen des Ensembles „Sonnenschein“ des Deutsch-Russischen Zentrums Leipzig aufgenommen. Was die Jungen und Mädchen unter der Leitung von Vera Eichler instrumentell begleitet durch Peter Wegelin mit ihren Musikinstrumenten und gesanglich darboten, hatte hohe Qualität und wurde mit viel Beifall belohnt. Den kulturellen Höhepunkt bildete jedoch der Auftritt des Männerchores Leipzig Nord. Die musikalisch absolut sauber und harmonisch mit ausgezeichneter Artikulation und untermahlender Mimik und Gestik vorgetragenen Lieder waren sowohl Hör- als auch Schaugenuss. Entsprechend begeistert folgte auch nach jedem Lied der Applaus. Zwischendurch ergriffen Landsleute das Wort zu abwechslungsreichen Auftritten.

Eine einzigartige und außerordentlich intensive heimatliche Ausstrahlung hatten die Mundartgeschichten der Labiauerin Margarete Ritter in ostpreußischem Plattdeutsch. Wer wie ich einmal als Kind in Ostpreußen das Platt gesprochen hat, fühlte sich durch die den vertrauten Klang der Worte und die erzählten Geschichten in die glückliche Zeit in der Heimat vor der Vertreibung zurück-versetzt. Weiterhin konnten wir uns über die lustig vorgetragenen Gedichte über die Spreewalder Gurke des geborenen Königsbergers Rudi Höpfner freuen. Mit Interesse folgten wir auch dem kurzen Vortrag des Labiauers Arno Lemke über die Kirchen Ostpreußens. Gegen 17 Uhr klang die Veranstaltung aus.

Insgesamt kann man wohl unser Leipziger Regionaltreffen als gelungene Veranstaltung einschätzen. Die teilnehmenden Ehrengäste (Brigitte Stramm von der LO, der Vorsitzende der Landsmannschaft Ost- und Westpreußen in Sachsen Alexander Schulz und das Vorstandsmitglied Sigrid Kaminski, der stellvertretende Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Wehlau Werner Schimkat, der Vorsitzende und Geschäftsführer des Deutsch-russischen Zentrums Sachsen Herbert Schmidt und des Geschäftsführers des Deutsch-Russischen Zentrums Leipzig Manfred Hellmund zeigen die gewachsene Aufmerksamkeit für unser Treffen. Entsprechend groß ist nun das Interesse für das nächste Regionaltreffen, das wiederum im Juni nächsten Jahres am gleichen Ort stattfinden soll.

Helmut Fellbrich


Seehofer und Weil auch dabei
Am 29. August ist „Tag der Heimat“, Erinnerung an Leid und Verlust der Vertriebenen

Um Punkt 12 Uhr am Sonnabend, dem 29. August, ist es soweit. Dann wird der evangelische Theologe und ehemalige Kirchenpräsident Helge Klassohn den Tag der Heimat im Humboldt-Saal der Urania Berlin eröffnen. Heimatvertriebene und Flüchtlinge, Aussiedler und Spätaussiedler, Angehörige der Erlebnisgeneration, aber auch viele Vertreter der Bekenntnisgeneration werden sich eingefunden haben, um unter dem Leitwort „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“ die Auftaktveranstaltung zum Tag der Heimat des Bundes der Vertriebenen (BdV) zu begehen.

Die Festrede wird der Niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil halten. „Seine Landesregierung“, lobt BdV, „nimmt ihre Patenschaft über Schlesien und die Landsmannschaft Schlesien sehr ernst, bezieht die Anliegen der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler konsequent in ihre Arbeit ein.“

Mit der Ehrenplakette des Bundes der Vertriebenen werden die Ministerpräsidenten Horst Seehofer, Volker Bouffier und Stanislaw Tillich. stellvertretend für ihre Bundesländer Bayern, Hessen und Sachsen ausgezeichnet. Noch vor der Bundesregierung haben sie mit ihren landeseigenen Gedenktagen dokumentiert, dass in ihren Ländern die Bewahrung und Aufarbeitung der Geschichte auch der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge eine gesamt­gesellschaftliche Aufgabe ist. Ministerpräsident Seehofer wird bei der Festveranstaltung anwesend sein, die Ehrenplakette auch im Namen der beiden anderen Geehrten annehmen und ein Dankeswort sprechen.

Nach seiner Amtsübernahme im vergangenen November wird BdV-Präsident Bernd Fabritius zum ersten Mal beim zentralen Tag der Heimat sprechen und diese wichtige Veranstaltungsreihe somit eröffnen. Musikalisch umrahmt wird die Veranstaltung von den Potsdamer Turmbläsern. Nach der Veranstaltung sind sämtliche Anwesenden eingeladen, an der Kranzniederlegung auf dem Berliner Theodor-Heuss-Platz an der „Ewigen Flamme“ teilzunehmen.

In diesem Jahr ist am 20. Juni erstmals der von der Bundesregierung eingerichtete nationale Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung begangen worden. Der Tag der Heimat hingegen besteht als zentrale Verbandsveranstaltung bereits seit 1950. Seit nunmehr 65 Jahren erinnert der BdV öffentlichkeitswirksam nach außen wie innen an das Leid und die Opfer, an die materiellen und die ideellen Verluste der deutschen Heimatvertriebenen, Flüchtlinge, Aussiedler und Spätaussiedler. So soll es auch in Zukunft bleiben.

Weitere Informationen: Bund der Vertriebenen. Vereinigte Landsmannschaften und Landesverbände, Godesberger Allee 72–74, 53175 Bonn, Telefon (0228) 810070, Fax (0228) 81007-52, Internet: www.bund-der-vertriebenen.de


»Licht unserer Heimat«
Ab sofort im Lötzener Heimatmuseum zu sehen: die Werke einer herausragenden Grafikerin

Am 25. Juli war es soweit: Im Lötzener Heimatmuseum in Neumünster eröffnete die große Ausstellung über die ostpreußische Grafikerin Liselotte Plangger-Popp. Eine rundum gelungene Veranstaltung, denn für die Betreuer des Heimatmuseums erfüllten sich gleich drei Wünsche: Viele zufriedene Gäste, endlich einmal Musik im schönen Ausstellungsraum erklingen zu lassen und vor allem aus dem Schaffen der Lieselotte Plangger-Popp Besonderes zeigen zu können.

Wohl nach keiner der vorangegangenen Veranstaltungen haben so viele Besucher – über 30 – in diesem Maße übereinstimmend bekundet, dass der Veranstaltungstag rundum gelungen war. Der durch 40 Kunstwerke verwandelte Raum, der anschauliche Einführungsvortrag, die musikalische Umrahmung, das große Interesse derjenigen, die der Einladung gefolgt waren wie auch die Bewirtung – alles zusammen schuf einen harmonischen Nachmittag, der vielen in guter Erinnerung bleiben wird.

Der Erste Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Lötzen, Dieter Eichler, zitierte in seiner kurzen Begrüßungsansprache aus Rudi Didwiszus Buch „Lieselotte Plangger-Popp – Lebensstationen einer ostpreußischen Künstlerin“: „Sie ist ein Licht unserer ostpreußischen Heimat. Mit ihrer Kunst hat sie vielen Menschen Helligkeit, Trost und Freude geschenkt. Ihre Arbeiten erwärmen und ergreifen uns. Und das ist und wird immer Sinn und Aufgabe der Kunst bleiben.“

Jörn Barfod, Kustos im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg, ist zu verdanken, dass diese Ausstellung für das Lötzener Museum möglich wurde. In seinem Vortrag wies er nach, wodurch Liselotte Plangger-Popp mit ihrem Können und ihrer Leistung zu den herausragenden, aus Ostpreußen stammenden Grafikern zu zählen ist. Eindrucksvoll verknüpfte er Informationen über ihren Lebensweg von 1913 bis ins Jahr 2002 mit der Darstellung ihres künstlerischen Werdegangs.

Die Ausstellung empfängt den Besucher mit vertrauten Motiven auf großformatigen Blättern: Marienwerder, der Dom zu Frauenburg, St. Marien in Elbing, Herbststurm am Frischen Haff.

Das Selbstbildnis, ein Farbholzschnitt von 1950, fordert auf zum Vergleich mit dem Selbstporträt, das 1943 als Linolschnitt entstand. Ein Holzstich aus dem Jahr 1942, „In einem masurischen Dorf“, im Format eines Briefmarkenblocks ist das kleinste der ausgestellten Werke und für manchen Betrachter nicht weniger ein-drucksvoll als es die großen Holzschnitte und Lithografien, die Kreide- oder Rohrfederzeichnungen oder die beiden frühen Aquarelle sind.

Neben den zahlreich vertretenen Motiven aus der ostpreußischen Heimat der Künstlerin sind es zwei weitere Themenbereiche, die in ihrer Umsetzung überzeugen: Das Kriegsende mit Flucht und Vertreibungselend – hier exemplarisch das Schicksal der Frauen in das Blickfeld gebracht – und Illustrationen zu literarischen Texten von Mathias Claudius, Agnes Miegel oder Rainer Maria Rilke.

Nicht zu vergessen sind die herausragenden Holzstiche zu „Im Zauber der Kurischen Nehrung“ mit dem Text von Hansgeorg Buchholtz. Auch sind in der Ausstellung Beispiele zu finden für die Beherrschung der Kalligraphie durch Lieselotte Plangger-Popp.

Ob es die Künstlerin gefreut hätte, Musik von Händel und Mozart zu ihren Werken zu hören? Der Berliner Peter Göhring, Violine, und der Hamburger Eck-hard Schlemminger, Viola, gaben ihr Bestes zur Freude der Zuhörer. Der Ausstellungsraum des Lötzener Museums, so die Meinung der beiden Musiker, habe eine gute Akkustik. Für die kommenden vier Monate (bis 21. November) beinhaltet er eine nicht alltägliche, sehenswerte Ausstellung; einen Ausschnitt aus dem Werk einer ostpreußischen Künstlerin, die keinesfalls in das Vergessen geraten sollte.

Ute Eichler

Weitere Informationen: Lötzener Heimatmuseum in der Patenstadt Neumünster, Sudetenlandstraße 18 H (Böcklersiedlung), 24537 Neumünster. Die nächsten Öffnungstage: 15. August, 19. September, 17. Oktober, 21. November, jeweils ab 10 Uhr und – fast jederzeit – nach telefonischer Absprache unter (040) 6083003 (Eichler).


S. 19 Heimatarbeit

Spiegel des Wohlstands
In Warendorf und Lübeck aufgespürt: Ost- und westpreußische Möbelschätze aus Eiche und Palisander

Sie waren zu schwer, zu sperrig und – letztendlich – im Augenblick der größten Not zu unwichtig. Stühle, Schränke, Tische andere Möbelstücke blieben bei Flucht und Vertreibung fast immer zurück. Ein Verlust, denn es handelte sich oft genug um mehr als nur schlichte Gebrauchsgegenstände. Kostbare Stücke wurden über Generationen hinweg vererbt. Andere verbreiteten einfach heimelige Behaglichkeit. Im zweiten Teil seines Artikels über die Wohnkultur in Deutschlands Osten (Teil 1: PAZ Nummer 24, Seite 20) hat PAZ-Mitarbeiter Dieter Göllner die wertvollen Einrichtungsgegenstände im Westpreußischen Landesmuseum von Warendorf und im Haus Hansestadt Danzig in Lübeck begutachtet.

Durch die geografisch günstige Lage im Mündungsgebiet der Weichsel entwickelte sich Danzig zu einem der wichtigsten Handelsumschlagplätze im Ostseeraum. Im 16. und 17. Jahrhundert entstanden prachtvolle Patrizierhäuser, deren Ausstattung vom wachsenden Wohlstand des Großbürgertums zeugten. Kunstvoll geschnitztes Mobiliar prägte die Einrichtung. Selbst die Treppen, die von der Diele in das obere Geschoss führten, waren aufwendig geschnitzte, spiralförmig gewundene Kunstwerke.

Der Danziger Möbelbau entwickelte sich in dieser Zeit auf hohem künstlerischen Niveau, so dass seine Erzeugnisse, insbesondere die Schränke, weit über die Grenzen der Stadt hinaus gefragt waren. Ein besonders wertvolles Stück aus der Sammlung des Westpreußischen Landesmuseums in Warendorf ist ein Danziger Barockschrank vom Ende des 17. Jahrhunderts. Gefertigt ist er aus Palisanderholz. Seine Fassadengliederung weist auf niederländische Vorläufer hin.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erlebte der Danziger Möbelbau eine zweite Blütezeit, die bis in die 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts anhielt. Die Möbel aus dieser Periode verfügen über ein kompaktes Schnitzwerk mit neobarocker Ornamentik. Repräsentative Beispiele dafür sind im Danzig-Zimmer des Westpreußischen Landesmuseums zu sehen. Die Bekrönungen vieler Schränke und Stühle weisen das Wappen der Stadt Danzig auf: das Doppelkreuz unter einer Krone. Gefertigt wurden die Möbel in dieser Zeit zumeist aus dunkel gefärbtem Eichenholz.

Zu den Einrichtungsgegenständen des Danzig-Zimmers gehört unter anderem eine Standuhr aus der Stiftung Beate Sehnke-Schuhmacher, datiert „Danzig um 1900“. Unmittelbar vor der Flucht Beate Sehnkes und ihrer Mutter Dorothea aus Elbing wurde die Standuhr zusammen mit weiteren Möbeln per Eisenbahn nach Zürich versandt. Aus dem Nachlass der 2004 verstorbenen Eltern stiftete die Tochter die Möbel dem Westpreußischen Landesmuseum.

Eine Ergänzung zum Mobilar stellt eine Radierung von Johann Carl Schultz (1801–1873) dar, die den Hausflur eines Danziger Bürgerwohnhauses zeigt. Die Hausflure oder Dielen der Patrizierhäuser aus dem 16. bis 19. Jahrhundert galten als Spiegel des Wohlstandes. Charakteristische Ausstattungselemente waren die reich geschnitzten Schränke, besonders des „Danziger Barock“. Im rückwärtigen Bereich der Diele befand sich meist eine exponierte Wendeltreppe, die mit reichem Schnitzdekor versehen war.

Was im Westpreußischen Landesmuseum eine Radierung zeigt, lässt sich im anderswo sogar real nachempfinden: Im Haus Hansestadt Danzig in Lübeck. Die Besonderheit des Museums besteht im Zusammenklang des äußeren Erscheinungsbildes mit der Darstellung im Innern. Das Gebäude wurde Ende des 13. Jahrhunderts im gotischen Stil erbaut. Das Haus hat es sich zur Aufgabe gemacht, das geschichtliche und kulturelle Erbe der Danziger Region zu sammeln, zu bewahren und zu vermitteln.

Die Innenarchitektur des Museums ist einem alten Danziger Bürgerhaus nachempfunden. Hohe Backsteinwände, Bleiglasarbeiten im großen Fenster zum Wohnhof, Ölgemälde, Schiffsmodelle und Danziger Barockmöbel bilden ein stimmungsvolles Interieur. Heimat ist eben ein kleines bisschen immer auch da, wo man sich häuslich einrichtet. Dieter Göllner


S. 20 Heimatarbeit

Ort der Andacht, Ort des Anpackens
Kaum zu finden und völlig zugewuchert: Der Friedhof von Langenwalde. Dann kamen über 30 freiwillige Helfer ...

Am Anfang stand ein Gottesdienst in der evangelisch-augsburgischen Kirche in Ortelsburg auf dem Programm. Die Teilnehmer waren zum Teil etwas müde nach der nächtlichen Anfahrt durch die Gewitter in Brandenburg, doch die gemeinsame Lagebesprechung beim Kirchenkaffee ließ sich niemand nehmen. Das Ziel der Fahrt vom 6. bis 11. Juli war allen gleich wichtig: Die Säuberung und Instandsetzung des evangelischen Friedhofs in Langenwalde.

Es war für einige nicht das erste Mal, dass sie einen Friedhof wieder zu einem gepflegten und angemessenen Aussehen verhalfen. Arkadiusz Leska, der Vorsitzende von „Heimat“, der Kulturgesellschaft der Deutschen Minderheit in Ortelsburg, datiert die Anfänge des Projekts auf ein gemeinsames Seminar vor drei Jahren. „Damals in Bad Pyrmont haben wir nach Ideen gesucht, wie wir die jüngeren Generationen aktivieren können. Die Idee mit den Friedhöfen kam gut an.“

Bei Gregor Gonsowski vom Ortelsburger Dialogkreis etwa. Der Dialogkreis besteht aus Mitgliedern der jungen und mittleren Generation. Es sind Nachkommen von Ortelsburgern oder Freunde des Heimatkreises. Sie haben es sich unter anderem zum Ziel gemacht, das kulturelle Leben unserer Vorfahren aus dem Kreis Ortelsburg zu bewahren. Gonsowski erläutert wie es weiter ging: „In der Gruppe haben wir uns aber als erstes für den Friedhof in Groß Dankheim entschieden.“

Während der Dialogkreis dieses Teilprojekt eher im organisatorischen Alleingang durchführte, setzte er bereits bei der zweiten Friedhofssäuberung in Montwitz auf Kooperation, wie Gregor Gonsowski betont: „Wir wollten das gemeinsam mit der Gesellschaft „Heimat“ und vor allem mit der örtlichen Bevölkerung machen.“

In Montwitz war der Kontakt mit politischen Entscheidern und Verwaltung im Vorfeld sehr wichtig, denn nach einer Spendensammlung unter den ehemaligen Einwohnern wurde auf dem Friedhof eine Gedenktafel angebracht.

Damals wie auch in diesem Jahr dabei war der jüngste Teilnehmer der Gruppe aus Deutschland, Arndt Bialobrzeski. Sein Vater stammt aus Montwitz, die Mutter aus dem drei Kilometer entfernten Zaręby. Während beide Orte heute in der Woiewodschaft Masowien liegen, verlief noch vor dem Zweiten Weltkrieg genau zwischen ihnen die deutsch-polnische Grenze. „Solche Dinge, die ich auf der Suche nach meinen Wurzeln herausfinde, sind für mich sehr interessant. Aber erst, seit mein Patenonkel Gregor mich zu einem Seminar mitgenommen hat“, gibt Arndt Bialobrzeski zu, „wichtig ist mir aber auch, diesen Orten hier wieder zumindest ein wenig Leben einzuhauchen.“

Auch bei der Wahl des dritten Friedhofs spielten solche persönlichen Bindungen eine Rolle. „Die Familie meines Mannes kommt aus Langenwalde“, sagt Renate Upretzka, „wir waren schon öfter hier und auch ein, zwei Male auf dem Friedhof.“ Kein einfaches Unterfangen, wie sie sich erinnert: „Zum einen ist er nicht einfach zu finden, man muss fast bis zum nächsten Dörfchen Wildheide fahren. Zum anderen war er bis auf ein paar relativ gut erhaltene Grabsteine beinahe zugewachsen.“

Um das zu ändern, arbeiteten in Langenwalde knapp 20 aus Deutschland angereiste Teilnehmer des Ortelsburger Dialogkreises, etwa zehn Personen aus der Gesellschaft „Heimat“, und einige Einheimische zusammen. Dank der in der Vorbereitung geknüpften Kontakte hatten einige Mitglieder der örtlichen Feuerwehr mit dem Ortsvorstehen von Langenwalde Andrzej Bełci-kowski an der Spitze auf dem etwa 300 mal 300 Meter großen Friedhofsgrundstück die größten Bäume bereits entfernt und packten auch weiterhin kräftig mit an.

Auch Alicja Kołakowska, die Bürgermeisterin der Gemeinde Altkirchen, zu der Langenwalde verwaltungstechnisch gehört, schaute bei den Rodungsarbeiten vorbei und versprach, hinterher für eine Umzäunung des Geländes zu sorgen. Das freut Helmut Erlebach aus Waltrop, der dafür zusätzlich Spenden sammeln und im kommenden Jahr den Zaun mit errichten möchte: „Wir haben unter anderem einen Grabstein aus dem Brunnen des Friedhofs holen müssen. Diese Zerstörung ist vermutlich in den 80er Jahren passiert und soll sich nicht wiederholen.“

Der auf diesem Stein zu entziffernde Name „Blasey“ fand sich auf einem Ortsplan mit Namen, den ein Einwohner Langenwaldes 1946 aus dem Gedächtnis erstellt hatte, und den die Teilnehmer als Hilfe bei kniffligen Namen nutzten. Auch Helmut Erlebach, der hier Vorfahren namens Schulz hat, prüfte jeden Grabstein, der unter dem verschwindenden Grün der jungen Bäume und Farne auftauchte. Unter anderem entstand bei der Namenssuche ein erster Plan des frei gelegten Friedhofsgeländes.

Nach Abschluss der Arbeiten wurde der Friedhof in einer kurzen Andacht vom örtlichen katholischen Geistlichen und dem Pfarrer der evangelisch-augsburgischen Kirche in Ortelsburg Alfred Borski neu eingeweiht. Auf die Teilnehmer des Projekts wartete nach diesem positiven Ausklang eine wohlverdiente Zeit der Entspannung – und im kommenden Jahr der nächste Friedhof.

Uwe Hahnkamp


S. 21 Reise

Großprojekt mit visionärem Weitblick
Technische Meisterleistung des vergangenen Jahrhunderts: Vor 80 Jahren wurde die Hochalpenstraße eröffnet

Eines der beliebtesten Ausflugsziele Österreichs, die Großglock-ner Hochalpenstraße, wurde am 3. August 1935 feierlich eröffnet. Mehr als 65 Millionen Besucher haben die Panoramastraße bisher „erfahren“, rund 900000 sind es jährlich.

Die berühmte Alpenstraße, die ins Herz des Nationalparks Hohe Tauern, zum höchsten Berg Österreichs, dem Großglockner (3798 Meter), und seinem Gletscher Pasterze führt, ist eine technische Meisterleistung. Daher möchte sie als erste Straße Europas und eine der ganz wenigen Straßen weltweit auch von der Unesco „geadelt“ werden. Auf dem Weg zum Welterbe wurde sie einen Monat vor ihrem Jubiläum am 3. Juli unter Denkmalschutz gestellt. So wie die in den 50er Jahren entwickelten, noch immer eingesetzten Rotations-Schnee-pflüge vor ihr.

Die Großglockner Hochalpenstraße wurde von Anfang an nicht nur als Alpenquerung, sondern auch als Panoramastraße angelegt. Dazu bettete der mit Planung und Ausführung beauftragte Ingenieur Franz Wallack (1887–1966) sie gefühlvoll in die hochalpine Landschaft ein. In einer Zeit, in der das Automobil in Europa eigentlich nur Behörden, dem Transportwesen und wenigen vermögenden Personen vorbehalten war, prognostizierte er bereits jährlich 19000 Fahrzeuge und 120000 Besucher – und erntete schallendes Gelächter.

Die Zahl war jedoch sogar untertrieben. Schon 1936 kamen 146427 Besucher und 1938 waren es bereits 374465. Dem entspricht die Entwicklung bei den Fahrzeugen, deren Zahl sich mit Blick auf die letzten 20 Jahre zwischen 250000 und 300000 hält. Allerdings mit einer Trendwende: Seit den 80er Jahren rauschen immer mehr Motorräder durch die insgesamt 36 Kehren. Begleitet von zahllosen sportlichen Radfahrern, die sich von Anfang an dazugesellt hatten.

Politisch stand der damalige Landeshauptmann von Salzburg Franz Rehrl (1890–1947) hinter dem Projekt. Ein „Macher“, der sich in Zeiten, in denen nicht nur Österreich unter den Folgen des Ersten Weltkriegs und der Weltwirtschaftskrise litt, mit visionärem Weitblick auf den Fremdenverkehr fokussierte und mit Großprojekten Arbeitsplätze schuf. In der Rekordzeit von nur fünf Jahren wurde die Hochalpenstraße fertiggestellt. Ein Straßenbau von 48 Kilometern, der aus der 37,7 Kilometer langen Durchgangsstraße zwischen Fusch und Heiligenblut sowie zwei Stichstraßen, der 1,6 Kilometer langen Edelweißstraße und der 8,7 Kilometer langen Gletscherstraße, besteht.

Eine umso beachtlichere Leistung, wenn man bedenkt, dass die Straße vor allem durch Muskelkraft entstand. Die schwere Arbeit war in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit trotzdem begehrt: Die Arbeiter wurden gut untergebracht, bestens verpflegt und überdurchschnittlich bezahlt. Insgesamt gab der Straßenbau fünf Sommer lang durchschnittlich 3500 Österreichern Brot. Am Ende erzielte man ein weiteres Rekordergebnis: Die Kosten von umgerechnet 71 Millionen Euro wurden um rund 550000 Euro unterschritten.

Die Großglockner Hochalpenstraße ist in die Jahre, aber nicht aus der Mode gekommen. Seit Eröffnung der Felbertauernstraße 1967 und der Tauernautobahn 1975 gibt es zwar schnellere Nord-Süd-Verbindungen durch die Alpen, dafür erhielt die Großglocknerstraße aber mit der Schaffung des Nationalparks Hohe Tauern 1981 als „Weg in den Nationalpark“ neue Aufgaben. Heute säumen zehn naturkundliche Lehrwege und Infostellen, sechs Ausstellungen beziehungsweise Besucherzentren und vier Themenspielplätze die Straße, bieten Nationalparkranger Wanderungen an und begleiten Ausflugsbusse.

Pasterzen-Gletscher und Großglockner samt Gipfelstürmern ganz nah kommt man in der Beobachtungswarte auf der Franz-Josefs-Höhe, und mit Glück kann man von dort aus auch Gämsen, Steinböcke und Adler entdecken. Dazu entstand 1993 in Zusam-menarbeit mit Salzburgs hochkarätigem Museum Haus der Natur in 2260 Meter Höhe das Haus Alpine Naturschau. Markenzeichen dieser einmaligen Ausstellung über alpine Ökologie ist – wie auch in Salzburg – die anschauliche Präsentation unterschiedlicher Lebenswelten, hier der alpinen.

Besondere Attraktion ist der Film durch den hochalpinen Jahreslauf mit dem Murmeltier als Hauptdarsteller. Manche der lebensnahen Aufnahmen beruhen jedoch weder auf Glück noch geduldigem Warten. Denn dank Herbert Haslinger, Wirt vom Gasthof Fuscher Lacke, und seinen Findelkindern gibt es einen ganzen Stall voll Filmstars: Murmeltiere, die er mit der Flasche großgezogen hat. Und wenn Moritz vor den Gästen vergnüglich unter dem Hemd seines Ziehvaters herumkrabbelt, weiß er um die Wirkung!

Die Alpenstraße über das 2504 Meter hohe Hochtor ist dieses Jahr Teil der Weltausstellung in Mailand, wo sich die Alpenrepublik unter dem Leitthema „Luft“ und „Atem“ – mit Weitblick auf den Klimawandel – als Wald zum Durchatmen präsentiert. Naturschützer haben das Straßenprojekt von Anfang an kritisch begleitet. Doch die sensible alpine Natur und die Auspuffgase scheinen sich gut zu „vertragen“. Dazu trägt neben der luftigen Höhenlage natürlich auch der technische Fortschritt bei und die Tatsache, dass die Straße nur von Mai bis Oktober geöffnet und über Nacht gesperrt ist, sowie eine Tarifpolitik, die gut besetzte Fahrzeuge und Elektromobilität (fünf Ladestationen) belohnt.

Seitdem Wallack und Rehrl mit einem Steyr 100 (32 PS) am 22. September 1934 auf der noch nicht fertiggesellten Straße das Tauernmassiv erstmalig überquerten, ist die Hochalpenstraße mit ihrer gleichmäßigen Steigung von elf Prozent die Teststrecke der meisten Automobilbauer schlechthin. Aber auch Traumziel für Clubfreunde, die hier mit ihren Porsche-Wagen, BMW und anderen mehr oder weniger betagten Automobilen genüsslich im Konvoi durch die Alpen rollen.

Für sportliche Fahrer fand bereits zur Eröffnung 1935 das erste „Großglockner Bergrennen“ statt. Zum Jubiläum erlebt es vom 24. bis 26. September 2015 eine Wiedergeburt. Dauerhaft setzt der mit der Straße eng verknüpften Erfolgsgeschichte des Automobils eine Automobilausstellung auf der Franz-Josefs-Höhe ein eindrucksvolles Denkmal. H. Schnehagen

Weitere Informationen unter www.großglockner.at


Färöer-Inseln im Fieber des Olafsfests
Feiertag, Karneval, Sportereignis und Volksfest: Jedes Jahr im Juli wird die Inselhauptstadt Thorshaven ein Stück bunter

Farbenfroh ist Thorshavn eigentlich das ganze Jahr über. Die Häuser sind bunt, in nordischen Farben gestrichen, blau und rot scheinen besonders beliebt zu sein. Aber am 28. und 29. Juli eines jeden Jahres ist das Bild der Inselhauptstadt der Färöer noch ein Stück bunter. Diese Inselgruppe liegt etwa auf halber Strecke zwischen den britischen Orkneyinseln und Island ziemlich isoliert im Nordatlantik. Ende Juli feiern die Bewohner das traditionelle Olafsfest (Ólavsøka). Und dazu legen sie ihre traditionsreiche, elegant wirkende National-tracht an, die sonst nur zu Hochzeiten getragen wird. Insbesondere die vielen langhaarigen blonden Frauen zeigen sie voller Würde. Es sind lange Kleider aus azurblauem, scharlachrotem oder grasgrünem Stoff. Dazu gehört ein Kragen aus Seide, ein silberner Gürtel oder ein Samtgürtel mit Silberplatten. Manche der Kleider sind einfach weiß, aber immer mit bunten Blumen bestickt. Die Männer tragen überwiegend blaue Jacken, die an bayrische Trachtenjanker erinnern, und darunter rote Westen.

Das Olafsfest hat seinen Namen von dem norwegischen König Olav Haraldsson, dem Heiligen. Es ist ein christlicher Feiertag, an dem das Parlament seinen neuen Sitzungszyklus eröffnet, es ist zugleich Sportereignis, Karneval und Volksfest. Obwohl die Ólavsøka der wichtigste Tag im färöischen Kalender ist, wurde keine Straße und kein Ort nach dem Heiligen benannt. Er war wohl auch nie persönlich auf der Inselgruppe, sondern dort zu Lebzeiten sogar regelrecht unbeliebt. Denn als norwegischer Herrscher hatte er den Färingern hohe Steuerlasten aufgebürdet. Die Legende erzählt, dass Olaf vor einer Schlacht um einen Trunk Wasser bat. Kaum hatte der Bischof es gesegnet, verwandelte es sich in Bier, das Olaf, da Fasttag sei, nicht trinken wollte. Ein zweiter Trunk Wasser wurde zu Honigmet und wiederum von ihm abgewiesen. Als aber das Wasser, das beim dritten Mal herbeigeholt wurde, sich in Wein verwandelte, trank Olav, nachdem der Bischof es ihm ausdrücklich befohlen hatte. Auf diese Legende geht der kultische Brauch zurück, „St. Olafs Minne” zu trinken. Deshalb sieht man an diesem Fest viele Männer und Frauen mit Bierdosen in der Hand. Wenn der Bischof es denn so befohlen hat, kommt man dem Brauch gern nach.

In der Menschenmenge fallen einige auf, deren dunkle Hautfarbe darauf schließen lässt, dass sie keine Nachfahren der Wikinger sind. Aber auch sie tragen die färöische Nationaltracht mit Würde und Selbstverständlichkeit, ihre Integration auf den Inseln ist offensichtlich gelungen.

Dann wieder ziehen Gruppen ebenso festlich gekleideter junger Frauen und Männer durch die Straßen, die dem jeweils anderen Geschlecht flirtende Blicke zuwerfen. Schließlich gibt es nur wenige Gelegenheiten, für junge Menschen von abgelegenen Inseln, Kontakte zu knüpfen. Und bis zum nächsten Ólavsøka dauert es immerhin wieder ein Jahr …

Dass dieser Festtag sich nähert, ist an den Fähranlegern der Inselhauptstadt Thorshavn unschwer zu erkennen. Wenn sich die Heck-klappen der Fähren öffnen, rollen nicht nur Lastwagen und Pkws an Land, ganze Rudercrews schieben ihre Boote auf Trailern über die Rampen. Denn um über See mit ihnen auf eigenem Kiel anzureisen, dafür sind die hochgezüchteten Regattaboote ihren Crews zu kostbar. Die Form der Boote ist elegant geschwungen, die Ähnlichkeit der Bauweise mit den sagenhaften Wikingerschiffen unverkennbar. Bei den meisten laufen die Steven sogar in Drachenköpfen aus, dann sind Buchstaben hineingeschnitzt, die Abkürzungen von Rudervereinen. Diese Abkürzungen kennt jedes Kind auf den Inseln, Rudern ist dort Volkssport und gesellschaftliches Ereignis, die Boote gelten als Kulturgut ersten Ranges und deren Erbauer genießen hohes Ansehen. Das Olafsfest betrachten sie als ihr ureigenes Fest, es ist zugleich Höhepunkt und Ab­schluss der Rudersaison.

Je näher der Olavstag rückt, desto öfter sind Ruderer beim Training in der Bucht von Eystara Vág zu sehen, zwischen der naturbelassenen Halbinsel Tinganes und den Kais für den Containerumschlag. Sie üben, wie sie ihre Boote schnell beschleunigen, um auf der eineinhalb Kilometer langen Rennstrecke ihre Konkurrenten abzuhängen.

Von der Konstruktion her sind diese Boote seetüchtig, sie stammen tatsächlich von Wikingerschiffen ab. Die ersten kamen einmal aus Norwegen, die Inselbewohner bauten sie später aus Treibholz und importierten Brettern. Denn auf den Färöern gibt es keine Bäume. Stark gebaut müssen Boote in den Inselgewässern jedoch sein, denn in den Sunden herrschen kräftige Strömungen und die offene See des Nordatlantiks ist rau. In den Fjorden gibt es zudem starke Fallwinde. Deshalb haben sich Segel auf den Schiffen nicht durchgesetzt, sie brachten die Boote bei starken Böen zu leicht zum Kentern. Als dann Motoren aufkamen, rüstete man die Boote gern damit aus, wobei man die flache Rumpfform beibehielt. Im Hafen von Thorshavn kann man sie heute als Fischerboote oft sehen.

Das Färöboot war über die Jahrhunderte der einzige Bootstyp, der auf den Inseln überhaupt gebaut wurde. Denn der Handel mit Island, Amerika und dem europäischen Festland war lange Zeit ein dänisches Monopol. Das verbot den Insulanern, andere Schiffe zu verwenden, als die der Handelsgesellschaft. Aber mit Wagemut und ihren seetüchtigen Färöbooten unternahmen sie trotzdem Fahrten zu den Shetland- sowie zu den Orkneyinseln und nach Schottland, um in Zeiten des Monopolhandels Lebensmittel zu beschaffen. Damit bewiesen diese Boote ihre Eignung über längere Seestrecken. 1986 ruderte Ove Joensen in einem Färöboot sogar allein nach Kopenhagen, immerhin eine Strecke von 1700 Kilometern.

Bei diesem hohen Stellenwert der Boote verfolgen Hunderte von Zuschauern an Land, zu beiden Seiten der Regattastrecke die Wettkämpfe. Wobei das Geschehen auf der Strecke über Lautsprecher kommentiert wird. Aber auch in den Radio- und Fernsehprogrammen der Färöer laufen Übertragungen vom Regattageschehen. In etlichen Kneipen hocken Gäste vor den Fernsehschirmen, man kann es im Zentrum von Thorshavn nur erahnen, dass dieses Fieber wohl das ganze Land erfasst hat, immerhin geht es um die Ehre auch der abgelegensten Ortschaft, wenn sie denn eine Mannschaft nach Thorshavn entsandt hat

. Eigel Wiese


S. 22 Neue Bücher

Das Wissen der anderen
Missbrauchte Daten

„Was macht ihr mit meinen Daten?“, möchte der Autor und Grünen-Politiker Malte Spitz schon im Titel seines Buches wissen, und diese Frage ist durchaus wörtlich gemeint. Zusammen mit der Co-Autorin, der Journalistin Brigitte Biermann, versucht er herauszufinden, was Behörden, Banken, Mobilfunkanbieter, die Bahn und Fluggesellschaften über ihn wissen und wie diese mit seinen sensiblen Daten umgehen.

Die elf Kapitel des Buches führen durch das fast vollständige Leben des Autors, angefangen bei der Handynummer, über Reisebuchungen bis hin zur Patientenakte. Auf den Spuren dieser Daten führt das Autorenteam eine umfangreiche Korrespondenz und sprícht mit vielen Experten persönlich. Verfassungsrichter sind ebenso darunter wie ein Sprecher des Chaos Computer Clubs oder der „Whistleblower“ Thomas Drake, der die Überwachungspläne der NSA öffentlich machte.

Spitz und Biermann besuchten weltweit Einrichtungen, die mit Daten arbeiten, angefangen von Krankenkassen bis hin zur Zentrale von Google in Mountain View im US-Bundesstaat Kalifornien. Bei alldem wird sehr deutlich, dass jeder Datenspuren hinterlässt, selbst wenn er kein Internetnutzer ist. So dürfen beispielsweise Einwohnermeldeämter persönliche Daten an Dritte weiterverkaufen und die jeweilige Stadt verdient gut daran. Hannover nimmt beispielsweise mit dem Verkauf der Einwohnerdaten rund 320000 Euro im Jahr ein. Was diese Dritten dann mit den Daten anstellen, liegt nicht mehr in der Hand desjenigen, dem die Daten eigentlich gehören.

Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass Datenschutz eine zentrale Machtfrage des 21. Jahrhunderts ist, denn ein beobachteter oder „gläserner“ Bürger ist nicht mehr selbstbestimmt. Durch Überwachung verändert sich eine ganze Gesellschaft, wenn ihre Menschen an Autonomie, Freiheit, Individualität einbüßen.

Betroffen sind auch diejenigen, die sich als „rechtschaffene“ Bürger nicht betroffen fühlen. Wenn man sich an Recht und Ordnung halte, wäre es nicht schlimm, wenn Daten über die eigene Person gesammelt würden. Spitz macht dagegen deutlich, dass auch gesetzestreue Bürger Opfer von Überwachung und Repressalien werden können. Das gilt zum Beispiel bei der Vergabe von Krediten, bei denen oft die sogenannten Scores über deren Höhe entscheiden. Scores sind Werte, die mittels Algorithmen Aussagen über Bonität und Lebensumstände geben. Der ‚gescorte‘ Mensch aber steht im Widerspruch zu einem freien, selbstbestimmten, solidarischen Leben. Auch die Unschuldsvermutung gebe es seit „Big Data“ nicht mehr. Daten werden massenhaft gesammelt und bei Bedarf ausgewertet. Befindet man sich mit seinem Mobiltelefon in der Nähe eines Verbrechens, wird man automatisch Teil der Ermittlung.

Als Grund für die massenhafte Verdatung führt der Grünenpolitiker und die Journalistin Geld an. Daten seien im 21. Jahrhundert eine zentrale Währung geworden, darauf aufbauende Geschäftsmodelle sorgen für Millionenumsätze weltweit. Ein Weg zurück in eine Welt ohne Internet und Mobiltelefone aber ist kaum denkbar. Die Autoren fordern klare Gesetze von Seiten des Staates, transparente Unternehmensstrukturen, die entsprechende Gesetze einhalten, und eine gut ausgestattete Datenschutzbehörde. Nicht zuletzt sei aber auch Eigenverantwortung jedes einzelnen im Umgang mit seinen Daten nötig.

Christiane Rinser

Malte Spitz, Brigitte Biermann: „Was macht ihr mit meinen Daten?“, Hoffmann und Campe, Hamburg 2014, broschiert, 200 Seiten, 17,99 Euro


Mitunter brillant
Stefan Hebels Streitschrift zur Merkelschen Schlafwagenpolitik

Eine fulminante Streitschrift hat Stefan Hebel (59), vielbeschäftigter Journalist bei Zeitungen und TV-Magazinen, hier abgeliefert. Deutlich zeigt sie Fehlentwicklungen auf. In der Wortwahl wendet sie sich heftig gegen die Regierenden und mit allem Nachdruck verlangt sie Korrekturen in Politik und Gesellschaft. Das allgemeine Gefühl, uns gehe es so gut wie lange nicht, kann der Autor nicht teilen. Hebel, der als Leitartikler und Kommentator unter anderem für die „Frankfurter Rundschau“, den „Freitag“ und das Deutschlandradio tätig ist, erklärt gleich zu Beginn: „Wir Deutsche verwechseln das Schlaflied, das die herrschende Politik und ihre Förderer in der Wirtschaft singen, mit der Wirklichkeit. Wir verschließen die Augen vor der Tatsache, dass die Welt uns verändern wird, wenn wir die Welt nicht verändern.“

Ändert sich Deutschland nicht, so Hebel, ist es mit Wohlstand und Sicherheit bald vorbei. Die warnenden Symptome, dass auch die Wohlstandinsel Deutschland krankt, seien nicht zu übersehen: Ein wachsender Anteil von Menschen lebe in Armut. Hinzu kämen die hohe Zahl Langzeitarbeitsloser, die prekäre Situation allein erziehender Mütter, Arbeit im Niedriglohnbereich, vor allem aber die ständig wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. Hier-über werde hinweggesehen. Die Regierung tue alles, die Menschen von Sorgen und trüben Gedanken abzubringen: „Nichts dient der Aufrechterhaltung der bestehenden Verhältnisse so sehr wie eine Gesellschaft, die sich ruhig stellen lässt in dem Traum, es könne so weitergehen wie bisher“.

Die Schuldige ist vor allem „Mutti Merkel“. Schon vor drei Jahren hatte sich Hebel mit seinem Buch „Mutter Blamage“ auf die Kanzlerin eingeschossen. Schon damals stellte er fest: „In mehr als zwei Jahrzehnten Politikbeobachtung habe ich niemals einen derart eklatanten Widerspruch erlebt zwischen dem

Image einer politischen Persönlichkeit und ihrer tatsächlichen Politik. Nie ist es einem Politiker in Deutschland gelungen, derart konsequent auf Kosten der Mehrheit zu handeln und zugleich die Sympathie dieser Mehrheit zu gewinnen.“

Seine damalige Kritik unterstreicht er jetzt am Beispiel mehrerer akuter Politikfelder. Dabei ist er in seiner Wortwahl nicht zimperlich: Ständig „leiere“ Angela ihr „Schlaflied“ beziehungsweise ihr Märchen aus dem Wahlkampf „Uns geht es so gut wie lange nicht“ herunter und präge damit die „Einlull-Strategie“ der Union. Nichts anderes sei die Politik der Regierung als eine „großkoalitionäre Schlafwagen-Politik.“

Daneben bekommt auch – und fast noch zorniger – die SPD ihr Fett weg. Hebel wirft ihr vor, zukunftsweisende Alternativen zur damaligen schwarz-gelben Regierung auf dem Altar der Großen Koalition geopfert zu haben. Das „gefährliche Weiter-so“ verantworte sie darum voll und ganz mit. Auch bei den Grünen sehe es angesichts ihres Verlangens nach einem schwarz-grünen Bündnis nicht besser aus.

Diese Polemik gibt dem Buch die Würze, verdeckt aber ein wenig, dass der Autor durchaus seriös gravierende Defizite in Staat und Gesellschaft nennt. Ob man, wie es Hebel wünscht, den „Kapitalismus ins seiner heutigen Form“ grundlegend ändern kann und muss, ist ein endloses Dauerthema. Bedenkenswert sind konkrete Überlegungen zum „Reformbedarf“ der Sozialsysteme. Der Autor nennt hier die Einbeziehung aller Einkommensarten, die Bürgerversicherung statt gesetzlicher und privater Krankenkassen, die steuerfinanzierte auskömmliche Alterssicherung für Geringverdiener und Mütter. Die Energiewende dürfe zudem nicht zu Lasten des kleinen Mannes gehen.

Wie immer, so auch hier: Vergleichsweise leicht und mitunter brillant ist die Diagnose, viel schwieriger die Therapie. Hebel weicht ihr nicht aus, sondern sieht Zeichen der Hoffnung in den sich überall bildenden Aktionen, die sich gegen bestehende Missstände richten, um eine „Demokratisierung der Demokratie“ zu erreichen. Das reicht von Einzelaktionen etwa einer resoluten Beamtin in Hamburg über Genossenschaftsgründungen für Dorfläden bis zur europaweiten Bürgerinitiative zur Wasserversorgung und den Kampagnen gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP. Wenn immer mehr „Inseln des Widerstands“ entstehen, so die Hoffnung, werde es allmählich großes und festes Land geben. Also aufbegehren und zugleich einen langen Atem haben, so Hebels Fazit seiner lesenswerten Philippika. Dirk Klose

Stephan Hebel: „Deutschland im Tiefschlaf. Wie wir unsere Zukunft verspielen“, Westend Verlag, Frankfurt/Main 2014, broschiert, 240 Seiten, 16,99 Euro


Per Kanu oder Kutsche
Praktisch: Ein Reiseführer für alle, die mit Kindern in die Heide reisen

Passend zu Beginn der Sommerferien erscheint ein Reiseführer für alle Eltern und Großeltern, die es mitsamt Nachwuchs nicht in die weite Ferne zieht. Die „Lüneburger Heide mit Kindern“, schlägt Autorin Kirsten Wagner vor und berichtet über „300 spannende Ausflüge in das Naturparadies zwischen Hamburg und Hannover“.

Dort, im Osten Niedersachsens gibt es Moore, alte Wälder, Flüsse und vitale Dörfer mit alten Hofanlagen und reetgedeckten Häusern. Bekannt wurde die Region vor allem durch die größten zusammenhängenden Heideflächen Mitteleuropas. Viele seltene Tier und Pflanzen finden hier ihren Lebensraum. „Auf der Lüneburger Heide in dem wunderschönen Land ging ich auf und ging ich nieder allerlei am Weg ich fand“, dichtete der aus Ostpreußen stammende „Heidedichter“ Hermann Löns.

Wie viel Spannendes und Aufregendes Kinder am Weg entdecken können, beschreibt nun die studierte Germanistin und Romanistin Kerstin Wagner. Als Mutter dreier Söhne kennt sie sich mit der „Zielgruppe“ aus. Das hat sie schon mit Freizeitführern wie „Hamburg mit Kindern“ oder „Harz mit Kindern“ bewiesen. Ihre Bücher bieten Tipps, die über die üblichen Empfehlungen hinausgehen. So erfährt man in kleinen, farblich hervorgehobenen Texten von den Eigentümlichkeiten der jeweiligen Region. Warum nennt man die Uelzener eigentlich „Ulenköper“, wie geht das „Bauen mit Backsteinen“ und was sind Findlinge? Auch geschichtliche Hintergründe werden nicht vergessen. Es gibt Informationen über die Hanse oder über das weiße Gold von Lüneburg, das Salz.

Praktisch sind die Tipps für kindgerechte Gaststätten und Hotels. Den Kleinen bietet der Reiseführer lehrreichen Spaß mit Herrn Mau, dem Experten für Handwerk und Geschichte sowie Mockes, dem Hasen, der sich für Kunst und Musik begeistert. Die Figuren zeigen kleinen Lesern den Weg zu ihren Interessen, damit jeder Ferientag zum Erlebnistag wird. Per Fahrrad, Draisine, Kanu oder Kutsche lässt sich durch die Lüneburger Heide reisen. Vorgestellt werden Tier- und und Erlebnisparks, Radel- und und Reittouren, Mühlen und Museen, Märkte und Feste, Wasserabenteuer und ein Schiffshebewerk.

Alles in allem ein prall gefüllter Ratgeber, den Eltern im Reisegepäck dabei haben sollten, wenn es in die Lüneburger Heide geht.

Silvia Friedrich

Kirsten Wagner: „Lüneburger Heide mit Kindern. 300 spannende Ausflüge in das Naturparadies zwischen Hamburg und Hannover“, Peter Mayer Verlag, Frankfurt/Main 2015, broschiert, 256 Seiten, 16 Euro


Geschosse, die in Körper einschlagen
Der Erste Weltkrieg aus Sicht des streitbaren Publizisten Jörg Friedrich – quellennah und intensiv, ehrlich statt dogmatisch

Der renommierte Berliner Althistoriker Alexander Demandt sagte einmal: „Ich schätze Jörg Friedrich für seinen Mut, sich gegen den Zeitgeist völlige Unabhängigkeit zu bewahren.“ Und tatsächlich sind die Bücher des Publizisten Friedrich (71) das, was man heute gemeinhin „politisch unkorrekt“ nennt. So zog er in „Der Brand“ sprachliche und faktische Parallelen zwischen dem alliierten Bombenkrieg gegen Deutschland und dem Holocaust – was vielfach als ganz übles Sakrileg empfunden wurde.

Deshalb konnte es das linke Feuilleton auch kaum erwarten, sein neuestes Werk über den Ersten Weltkrieg „14/18. Der Weg nach Versailles“ zu sezieren und zu verreißen: Friedrich polemisiere, relativiere und rechne auf, monierten die üblichen Verdächtigen in den Redaktionen von „FAZ“, „Welt“ und „SZ“, woraufhin der Deutschlandfunk dann noch die reichlich denunziatorische Warnung hinterherschickte, das Buch spiele „revanchistischen Kräften“ in die Hände und verlange auf Grund seiner „höchst bedenklichen Argumentation“ einen „besonnenen und kritischen Leser“.

Dabei spricht Friedrich letzt-endlich nur das aus, was mittlerweile die Spatzen von den Dächern pfeifen, nämlich dass Deutschland keineswegs die Alleinschuld am Ersten Weltkrieg trage. Allerdings sieht er die Frage der Verantwortlichkeit für den Kriegsausbruch gar nicht als so wichtig an. Ihn bewegt vielmehr die Suche nach den Ursachen für die jahrelange sinnlose Fortsetzung des Schlachtens. Friedrich stößt auf mannigfache Gründe: deutsche Naivität, österreichische Dummheit, russische Menschenverachtung, französische Intriganz und britischer Zynismus.

Ein typisches Beispiel für die Auswirkungen der letztgenannten beiden Faktoren ist dabei die Art und Weise, wie das neutrale Griechenland in den Krieg hineingezogen wurde: Großbritannien und Frankreich erzwangen die Abdankung von König Konstantin I. und hoben dann den Putschisten Eleftherios Venizelos aufs Tapet, der anschließend den Mittelmächten den Krieg erklärte.

Ansonsten fällt auch die Intensität auf, mit der Friedrich sich bemüht, möglichst viele Facetten der „Urkata-strophe des 20. Jahrhunderts“ zu zeigen und in diesem Zusammenhang auch nicht zu stark auf die Westfront zu fokussieren, wie dies zahlreiche andere Autoren vor ihm taten. So erfährt der Leser unter anderem eine Menge über die Kämpfe in Ostpreußen sowie auf dem Balkan und in Galizien. Andererseits kommen aber trotzdem wichtige Kriegsschauplätze zu kurz. Zu nennen wären hier beispielsweise die Dardanellen, der Nahe Osten, die Dolomiten-Front und die deutschen Kolonien in Afrika. Ebenso unzureichend thematisiert wird der See- und Luftkrieg, und die technischen Neuerungen im Verlaufe des Krieges spielen gleichfalls kaum eine Rolle. Insofern kann man keineswegs von der großen, umfassenden Darstellung des Ersten Weltkriegs sprechen, welche der Leser vielleicht angesichts des Umfangs von mehr als tausend Seiten erwartet.

Nichtsdestotrotz: „14/18“ ist ein höchst lesenswertes Buch, weil sich der Autor an Quellen statt an vorgegebenen Dogmen orientiert. Des weiteren besticht der Stil: Er lässt die zeitgenössischen Akteure ausführlich zu Wort kommen und verwendet selbst eine überaus lebendige, bildhafte Sprache. Dass dabei manches drastisch und schockierend daherkommt, wie zum Beispiel die akribische Beschreibung der Folgen eines Geschosseinschlages im menschlichen Körper, liegt in der Natur der Sache. Friedrich hierfür zu kritisieren ist Unfug. Das gilt gleichermaßen für die Behauptung, das Buch enthalte „zu viele komplexe Sprachgebilde“. Wer das tatsächlich so empfindet, sollte sich ernsthaft fragen, ob er das nötige intellektuelle Format besitzt, um historische Werke derartigen Kalibers zu rezensieren.

Wolfgang Kaufmann

Jörg Friedrich: „14/18. Der Weg nach Versailles“, Propyläen-Verlag, Berlin 2014, gebunden, 1072 Seiten, 34,99 Euro.


S. 23 Rautenberg Buchhandlung

Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Zwei Frauen, neun Kinder / Wie das Boot doch noch voll wurde, warum das Demonstrationsrecht weg muss, und wieso es demnächst ziemlich hässlich werden könnte

Immer wenn wir meinen, saftiger kann es nicht mehr kommen, setzen sie noch einen drauf. Bebend vor Erschütterung liest man den Deutschen die Leviten: Bis zum 6. Juni sei es zu 202 Übergriffen auf Asylbewerberheime gekommen. Das seien bereits mehr als im gesamten Vorjahr. Schämt euch, ihr finsteren Teutonen!

Nur ganz nebenbei erfahren wir, was da alles mitgezählt wird. Neben Brandanschlägen mit unbekanntem Urheber oder hässlichen kleinen Hakenkreuzmalereien werden auch friedliche Proteste vor Asylheimen offiziell als „Übergriff“ gelistet, berichtet die „Neue Osnabrücker Zeitung“. Sprich: Wer vor so einem Heim eine Meinung zum Thema „Asyl“ äußert, die den Mächtigen nicht passt, begeht eine Untat, die von den großen Medien in einer „Liste der Schande“ aufgeführt wird.

Deshalb soll mit solchen Kundgebungen endlich Schluss sein. Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), fordert eine weitläufige Bannmeile um alle Asylheime der Republik. Einen Kilometer um die Einrichtungen herum sollten alle Demonstrationen verboten werden, um die „Flüchtlinge“ vor „Übergriffen“ (wie eben solchen Kundgebungen) und Ausschreitungen zu schützen.

Sie erinnern sich an die Prognose des Hamburger Sozialsenators Detlef Scheele, die wir hier vergangene Woche zitiert haben? Egal, wo man künftig in der Hansestadt vor die Tür trete, werde man in höchstens einem Kilometer Entfernung auf eine Asylunterkunft treffen, so der SPD-Politiker. Geht es nach dem DPolG-Chef, sollen sich die Hamburger also in die Wälder scheren, wenn sie etwas zur Zuwanderungspolitik sagen möchten.

Allerdings könnte es auch da draußen bald eng werden. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat vorgeschlagen, die Asylsucher in „entvölkerte Gebiete“ der neuen Bundesländer zu verfrachten.

Der Vorschlag erstaunt uns. Noch im vergangenen September tönte der Grünen-Politiker im Gespräch mit der „Zeit“: „Das Boot ist nie voll.“ Soll heißen, Deutschland im Allgemeinen und Baden-Württemberg im Besonderen verfügen über eine schier unbegrenzte Aufnahmefähigkeit.

Das Boot ist nie voll? Dass Kretschmann sich ein Wasserfahrzeug mit unbegrenzter Ladekapazität einbilden konnte, schoben Norddeutsche – ein wenig hochnäsig – auf die Tatsache, dass er im Schwabenland großgeworden ist. Derart fern von jeder Küste mag man so ein Vehikel ja für machbar halten. Wer dagegen Nord- oder Ostsee schon mal „in Aktion“ sah, der hat eine sehr plastische Vorstellung davon, was diese Meere mit einem überladenen Kahn anstellen.

Offenbar ist Kretschmann mittlerweile ebenfalls um diese maritime Erfahrung reicher. In etlichen Kommunen seines Landes dringt die Asylflut schon von außen durchs Speigat und schießt über Deck. Daher werden jetzt Lenzpumpen verlangt, welche die Flut auf andere Schiffe umleiten sollen.

Deren Offiziere werden sich aber freuen. Denn auch in den neuen Bundesländern haben die Politiker mit wachsendem Unmut über die immer höheren Flutwellen zu kämpfen. Im sächsischen Freital herrscht bereits so etwas wie Ausnahmezustand: Jegliche „Zusammenrottung“ ist verboten worden, weil die Demonstrationen gegen Asylbewerberheime nicht abreißen wollten. Das mit der „Bannmeile“ nimmt dort Gestalt an.

Als wenn das nicht schlimm genug wäre, stellt sich für Wendt und ähnlich gestrickte Diskutanten noch ein ganz anderes Problem. Mit der Bannmeile wären die Asylbewerber zwar vor den Deutschen und deren Meinung geschützt. Aber wer schützt die Asylbewerber vor der Hauptgefahr, die sie bedroht – nämlich vor anderen Asylbewerbern?

Seit Anschwellen der jüngsten Flut ist zum Glück noch keiner der nach Deutschland Strömenden von einem Deutschen ermordet oder totgeschlagen worden. Sehr wohl aber fielen bereits mehrere „Flüchtlinge“ den Attacken ihrer Wandergenossen zum Opfer. Jede Woche laufen zudem von irgendwo im Lande Meldungen ein über wüste Schlägereien unter Asylsuchenden.

Warum das kaum für Aufsehen sorgt? Warum niemand „Schande!“ schreit und zu „Solidaritätskundgebungen“ aufruft für die Opfer und deren Angehörige?

Ganz einfach: Erstens, weil sich aus solchen Übeltaten kein politisches Kapital schlagen lässt und zweitens, weil die Asylsucher keine politische Gefahr für die Machthaber darstellen. Demonstrierende Deutsche aber tun das sehr wohl, weshalb es gilt, auch den friedlichsten unter ihnen die „moralische Mitschuld“ an Gewalttaten einer kleinen, durchgeknallten Minderheit in die Schuhe zu schieben.

Dadurch bekommen die Deutschen nämlich Angst, in die Nazi-Ecke geschoben oder mit besinnungslosen Menschenhassern in eine Reihe gestellt zu werden – und verziehen sich artig in ihre Löcher. Ja, liebe Leute: So macht man Politik, Machtpolitik gegen die eigenen Bürger.

Und es klappt hervorragend, oder? ODER? Im fränkischen Mainstockheim ist das passiert, was nie hätte passieren dürfen. Nachdem zwei Dutzend Asylbewerber das Dorf dermaßen terrorisiert haben, dass den Bewohnern der Kragen geplatzt ist und es beinahe zu handfesten Tumulten gekommen wäre, hat die Politik entschieden, das dortige Asylheim aufzulösen und die Insassen woandershin zu verlegen.

Sie haben sich also dem Bürgerwillen gebeugt, so, also wäre das hier eine Demokratie, wo die Bürger was zu sagen haben. Bislang stand den aufmüpfigen Deutschen eine eiserne Front der Mächtigen gegenüber, von denen ihnen barsch beschieden wurde: Wie viele Asylbewerber Deutschland aufnimmt und wo die untergebracht werden, entscheiden wir allein. Wenn ihr nicht kuscht, dann schicken wir unsere Rollkommandos von der „Antifa“ und unsere bellenden Journalisten, die euch vor der versammelten Medienkundschaft zur brauen Minna machen!

Und nun das: Rückzug. Mainstockheim könnte von dem Pöbel, der sich deutsches Volk nennt und sich für den „Souverän“ einer „Demokratie“ hält, als Signal verstanden werden: Es geht, wir können mitreden, wenn wir nur zäh genug darum kämpfen. Eine ka­tastrophale Botschaft, wenn man bedenkt, was noch kommt.

Was kommt denn noch? Nun, 80 Prozent der Asylbewerber und Flüchtlinge sollen junge Männer sein. Wenn die erst Asylrecht haben, dürfen sie ihre Familien nachholen. Das „Darmstädter Echo“ gibt einen Vorgeschmack darauf, wie das werden könnte. In Südhessen habe ein Syrer gerade seine „zwei Frauen und neun Kinder“ nachgeholt, was die aufnehmende Gemeinde „vor eine große Herausforderung“ stelle. Müssen wir also an die Zahl der jungen Männer, die schon hier sind, noch eine Null dranhängen, um zu ermessen, was demnächst über die Grenze drängen wird?

Jetzt mal halblang, keine Panikmache, bitte. Wahrscheinlich sind von denen die meisten ja gar nicht verheiratet und ohne Kinder. Das mag sein, aber was macht das? Ein Mann, der für sich und alle Seinen die sozialen Ansprüche des deutschen Asylstatus genießt, der ist vom Senegal bis Syrien eine geradezu glänzende Partie. Da dürfte die Brautsuche in der Heimat keine große Sache mehr sein.

Das wird dann nicht bloß die deutschen Kommunen „vor eine große Herausforderung“ stellen, sondern auch die großen Staats- und Konzernmedien. Die mühen sich ja jetzt schon bis über den Rand der Erschöpfung hinaus (vor allem der Erschöpfung jeder journalistischen Berufsehre) darum, die Propagandafront zwischen ihren Kunden und der Wahrheit zu verteidigen. Wenn das mit den „zwei Frauen und neun Kindern“ erst so richtig ins Rollen kommt, könnte diese Front zusammenbrechen. Danach dürfte es wirklich spannend werden in Deutschland. Und ziemlich hässlich.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Asyl: Viermal so viele wie 2014

Berlin – Im Juli haben allein in Berlin rund 4000 Personen Antrag auf politisches Asyl gestellt. Das sind fast viermal so viele wie im Juli 2014. Die Behörden, die für Registrierung und Betreuung der Menschen zuständig sind, „arbeiten an der Belastungsgrenze“, heißt es. Mittlerweile ist in einigen Fällen keine Unterbringung mehr möglich. Syrer und Afghanen hätten daher bereits in Parks übernachtet, berichten lokale Medien der Hauptstadt. H.H.

 

Rotes Kreuz feuert Helferin

Wien – Das Rote Kreuz Niederösterreich hat einer Helferin in einer Asylunterkunft fristlos gekündigt, weil sie auf Facebook geschrieben hatte: „300 arme Flüchtlinge in Desginerklamotten und Smartphones“ und „nur gefühlte zehn Prozent echte Flüchtlinge, der Rest reine Schmarotzer und Wirtschaftsflüchtlinge“. Damit habe sie gegen die Regeln verstoßen, die für Rot-Kreuz-Helfer hinsichtlich ihrer Äußerungen im Internet gälten, so ein Sprecher. H.H.

 

Furcht vor Kurdenstaat

Es ist nicht möglich, einen Lösungsprozess fortzuführen mit denjenigen, die die Einheit und Integrität der Türkei untergraben“, so begründet der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan das Ende des Friedensprozesses mit den Kurden. Auslöser für die jüngsten Spannungen war ein Selbstmordanschlag der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in der Grenzstadt Suruç mit 32 Toten, an dem viele Kurden der Regierung in Ankara eine Mitschuld geben, da sie die Aktivitäten der Dschihadisten geduldet habe. Die kurdische Arbeiterpartei PKK rächte sich mit mehreren Attentaten auf türkische Polizisten.

Erdogan will Politikern mit Verbindungen zu terroristischen Gruppen ihre Immunität entziehen. Nach Ansicht türkischer Medien zielt er damit auf Abgeordnete der prokurdischen „Demokrati-schen Partei der Völker“ (HDP), die bei den vergangenen Parlamentswahlen 13 Prozent der Stimmen erhalten hatte. Es liegt aber auch der Verdacht nahe, dass die USA, deren Geheimdienst CIA Beweismaterial für Beziehungen zwischen türkischen Offiziellen und führenden IS-Mitgliedern in die Hände gefallen ist, Druck auf die Türkei ausgeübt haben, den IS endlich zu bekämpfen. Die USA und die Türkei planen, gemeinsam eine Pufferzone im Norden Syriens einzurichten, in die syrische Flüchtlinge zurückkehren können.

Die vereinte IS-Terrorbekämpfung mit den USA dürfte Erdogan eine willkommene Gelegenheit bieten, auch die Kurden in der Türkei zurückzudrängen. Da die Geburtenrate der in der Osttürkei lebenden Kurden deutlich höher ist als die der Türken im Westen und die Dauerkonflikte im Irak und in Syrien die Bestrebungen nach einem eigenen Kurdenstaat beflügeln, ist die  Furcht vor dessen Realisierung in der Türkei gewachsen. M. Rosenthal-Kappi


MEINUNGEN

Was derzeit nach Deutschland dränge, seien zunehmend keine Flüchtlinge mehr, sondern Eroberer, warnt „Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer in der August-Nummer seines Magazins. Er zieht einen beunruhigenden Vergleich:

„Das Schicksal der nordamerikanischen Indianer sei uns eine Mahnung. Sie begrüßten die in England verfolgten Pietisten am Anfang mit offenen Armen. Doch den frommen Kolonisten folgten bald Bewaffnete. Hätten die Rothäute statt naiver Willkommenskultur mehr Selbstschutz praktiziert, hätten sie vermutlich überlebt. Wollen wir die letzten Mohikaner werden?“

 

 

Vermögensverwalter Bert Flossbach weist in „Focus-online“ (22. Juli) die Behauptung zurück, der Euro vereine Europa. Das Gegenteil sei richtig:

„Als ich in den 70er-Jahren als junger Mann per Interrail durch Europa gereist bin, da habe ich kaum Ressentiments gegenüber Deutschland gespürt. Da hatte ich das Gefühl, die Grenzen sind offen. Man musste zwar Geld tauschen, aber es war alles friedlich. Der Euro erscheint mir heute als völlig verfehltes Projekt. Seine eigentlich gedachte Funktion hat sich ins Gegenteil gekehrt. Er ist nicht Frieden stiftend, sondern er spaltet.“

 

 

Auf den Vorwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), der Forderungen nach strikter Zuwanderungsbegrenzung rassistisch nennt, antwortet der Autor Claudio Casula im Netzportal „Achse des Guten“ (23. Juli):

„Sagen wir es so: Wenn ich eine Party veranstalte, überlege ich, wie viele Gäste ich einlade. Wie viele finden Platz, wie viele kann ich verköstigen? 30 schaff’ ich, bei 50 wird’s verdammt eng, eher eine Stehparty. Bei 100 muss ich passen. Bin ich jetzt für Heiko Maas ein Gästehasser, für den man sich schämen muss? Wahrscheinlich, denn ich nehme mir auch noch heraus, selbst zu bestimmen, wen ich hereinbitte.“

 

 

Der russische Präsident Wladimir Putin beschuldigt im Schweizer Sender RTS (27. Juli) die USA, die Zuwandererströme nach Europa mit ihrer Interventionspolitik in Syrien, Irak, Libyen etc. ausgelöst zu haben:

„Sehen Sie, Europa ist jetzt mit einem konkreten Problem konfrontiert, dem Massenzustrom von Migranten. Stand denn aber Europa am Ursprung der Entscheidungen, die zu dieser Situation geführt haben? Man muss ehrlich sein: Diese Entscheidungen kamen von Übersee, mit dem Problem ist aber Europa konfrontiert. Das ist nur ein Beispiel, von denen es viele gibt.“

 

 

Cora Stephan prangert in der „Wirtschaftswoche“ (28. Juli) die Profiteure der Asylflut an, die eine Lösung des Problems aus Eigennutz torpedieren:

„Entweder erledigt sich der Sozialstaat dank wachsenden Zuspruchs selbst – oder er beschränkt sich auf den Club der bereits hier Lebenden. Doch so realistisch hat man es hierzulande nicht gern, vor allem nicht bei einer Lobby, die vom Leid profitiert, das andere zu uns treibt: die Interessenvertretung all jener Sozialdienstleister, die von der Ausdehnung staatlicher Fürsorge profitieren.“