20.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Ausgabe 11/16 vom 18.03.2016

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

»Nazi-Keule« ist abgeprallt
Der AfD-Triumph bricht den jahrelangen Linkstrend der Republik

Gelähmt, schockiert, realitätsfern: Die Landtagswahlen haben die etablierte Politik bis ins Mark erschüttert.

Der Schock sitzt tief, aber dass es ein heilsamer Schock wird, musste schon wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale bezweifelt werden. CDU-Vizechefin Ursula von der Leyen drehte das vernichtende Resultat der Union in sein Gegenteil um, als sie den Sieg der SPD in Rheinland-Pfalz und den grünen Triumph in Baden-Württemberg zur Bestätigung für den Asylkurs ihrer Parteichefin Angela Merkel umdeutete.

Es klang, als habe ihr ein durchtriebener Wahlkämpfer der AfD die Sinne vernebelt. Zum einen bestätigte von der Leyen damit die Behauptung der neuen Konkurrenz, dass die Etablierten in Wahrheit eine Einheitspartei bildeten und die AfD die einzige Opposition darstelle, weshalb es egal sei, ob man CDU, SPD, Grüne oder Linkspartei wähle, weil am Ende eh immer dasselbe herauskomme. Zum anderen enthüllte die Verteidigungsministerin ein sagenhaftes Maß an Realitätsferne, denn alle Umfragen belegen, dass die große Mehrheit der Deutschen die Politik des obergrenzenlosen Hereinwinkens klar ablehnt.

Auch die ersten Äußerungen der Kanzlerin lassen erwarten, dass Merkel trotz der historischen Niederlage entschlossen ist, an ihrem Kurs in der Asylpolitik festzuhalten, und wenn es der CDU den Hals bricht. Die Schwesterpartei in Bayern gerät deswegen zunehmend in Bedrängnis, denn sie droht zum „brüllenden, aber zahnlosen Löwen“ („FAZ“) zu schrumpfen, sofern CSU-Chef Seehofer seinem seit Monaten geäußerten Protest gegen Merkels Politik nicht endlich Taten folgen lässt. Aber welche sollten das sein? Man wird sehen.

Die Unbelehrbarkeit der Kanzlerin, die Lähmung an der CDU-Basis und die Ratlosigkeit der CSU eröffnen der AfD die Chance, das zu schaffen, was seit den 1950er Jahren niemandem gelungen ist – nämlich sich als dauerhafte Partei rechts der CDU festzusetzen.

Für die Union mag das bitter sein, doch für die politische Linke ist diese Botschaft weit beängstigender. Wer die Ergebnisse von CDU, AfD und FDP zusammenzählt, bekommt in allen drei Ländern satte bürgerliche Mehrheiten. Mehrheiten links der Mitte waren augenscheinlich der Tatsache geschuldet, dass viele konservativ, rechtsliberal oder einfach patriotisch eingestellte Bürger den Urnen ferngeblieben waren. Die Petry-Partei hat sie zurückgeholt und damit für die gelebte Demokratie wiedergewonnen.

Zudem ist das AfD-Ergebnis ein Zeichen dafür, dass die zuletzt in immer maßloserem Furor geschwungene „Nazi-Keule“ an einer wachsenden Zahl von Deutschen abprallt. Gerichtet war diese Keule nie hauptsächlich gegen echte Rechtsextremisten. Sie diente dazu, die demokratische Rechte zu verleumden, um das Land immer weiter nach links zu rücken. Dieser jahrelange Trend wurde am Sonntag gebrochen.       Hans Heckel


»Auf Sicherheitsaspekte keinen Wert gelegt«
Für Mazedoniens Präsidenten sind jüngste Terroranschläge erst durch »Massendurchwinkerei« an den Grenzen möglich geworden

Der mazedonische Präsident Gjorge Ivanov wirft Deutschland totales Versagen in Sicherheitsfragen vor. In einem Interview mit der „Bild“ kritisierte er, als sein Land Informationen über mutmaßliche Dschihadisten mit Deutschland und Europa habe austauschen wollen, „wollte keiner  unsere Daten. Man hat uns gesagt, ihr seid ein Drittland, wir dürfen die Daten nicht austauschen.“ Auch bei technischer Hilfe zur Ausrüstung für den biometrischen Datenabgleich habe Deutschland immer alles abgelehnt. Bis zu den Anschlägen im November vergangenen Jahres in Paris, so Ivanov weiter, hätte es gar keine Abstimmung der Sicherheitsbehörden in Europa gegeben. Auf Sicherheitsaspekte sei bei der Massendurchwinkerei über den Balkan keinen Wert gelegt worden. Damit hätte die vollkommen offene Balkanroute die Anschläge von Paris, bei denen Dschihadisten 130 Menschen getötet und hunderte weitere verletzt hatten, erst möglich gemacht.

Wie recht der mazedonische Präsident damit hat, lässt sich daran erkennen, dass jetzt bekannt wurde, dass zwei in Österreich verhaftete angebliche Flüchtlinge zum Kreis der Pariser Attentäter gehörten. Es handelt sich um zwei Männer mit gefälschten syrischen Pässen. Beide konnten mittlerweile als ein Algerier von 28 Jahren und ein 34jährigen Pakistani identifiziert werden. Sie hatten Kontakte zu den Terrornetzen von IS und Al Kaida. Welche Rolle sie bei den Attentaten des 13. November genau spielen sollten, ist allerdings noch unklar.

Die französische Zeitung „Le Parisien“ berichtete, dass die beiden Festgenommenen am 3. Oktober 2015 aus der Türkei kommend mit dem selben Boot wie zwei der Paris-Attentäter, die sich vor dem Stade de France in die Luft gesprengt hatten, und 198 weiteren Personen als Flüchtlinge getarnt die griechische Insel Leros erreicht hätten. Dort seien beide Männer allerdings von Beamten der EU- Grenzschutzagentur Frontex wegen ihrer gefälschten syrischen Pässe aufgehalten worden und hätten erst Ende Oktober weiterreisen können. Dadurch hätten sie ihr Ziel Paris nicht rechtzeitig erreicht. Deshalb seien sie auf der damals noch offenen Balkanroute nach Österreich weitergereist und hätten dort einen Asylantrag gestellt, bei dem wiederum Fingerabdrücke genommen worden seien. Die grenzüberschreitende polizeiliche Zu- sammenarbeit in Europa habe dann infolge der übereinstimmenden Fingerabdrücke bei den Ermittlern zur Herstellung eines Zusammenhangs mit dem „Flüchtlingsboot“ auf Leros geführt.

Eine Telefonnummer, die bei den beiden Männern sichergestellt wurde, sowie abgehörte Telefongespräche wiesen die Ermittler dann direkt auf das Umfeld des Pariser Chefattentäters Abdelhamid Abaaoud hin. Abaaoud konnte sich bis zu den Anschlägen im November 2015 offenbar frei im Schengen- Raum bewegen und war mehrmals zur Vorbereitung der Attentate in Griechenland. Er starb bei einem Polizeieinsatz in Saint-Denis im Norden von Paris kurz nach den Anschlägen. Auch zu dem Belgomarrokaner Ahmed Dahmani, der für die Auskundschaftung der Anschlagsziele in Paris zuständig war, und der vor Kurzem in der Türkei verhaftet wurde, haben die beiden in Österreich Festgenommenen nachweislich Telefonkontakt gehabt.

Mazedonien ist seit 2005 EU-Beitrittskandidat. Erst, nachdem der Westbalkanstaat Ende Februar seine Grenzen zum EU-Land Griechenland für den unkontrollierten Zustrom geschlossen hat, sind die Zuwanderezahlen in Deutschland und jetzt auch in Griechenland zurückgegangen.            Bodo Bost

                (siehe Kommentar Seite 8)


Jan Heitmann:
Absurde These

Es ist absurd: Eine Parteivorsitzende legitimiert ihre Politik damit, dass ihre politischen Gegner sie befürworten. Die Wähler jedoch haben ihr Urteil über Merkels angeblich alternativlose Politik abgegeben. Sie haben einer politischen Kraft zum Aufstieg verholfen, welche die Alternative demonstrativ bereits im Namen trägt. Das haben viele nicht getan, weil die AfD sie überzeugt, sondern weil die unter Merkel ihres bürgerlich-konservativen Profils beraubte CDU sie enttäuscht hat. Laut einer Umfrage hat es eine große Mehrheit der AfD-Wähler bedauert, dass die CSU in den drei wählenden Bundesländern nicht auf dem Stimmzettel stand. Also sind viele der sogenannten Protestwähler durchaus offen für eine Unionspartei, sofern diese mit klassischen konservativen Positionen aufwartet. In diese Richtung weist auch das Abschneiden von Reiner Haseloff in Sachsen-Anhalt. Obwohl die AfD hier zweitstärkste Kraft wurde, hat der CDU-Ministerpräsident, der in der Asylfrage zurückhaltend, aber standhaft von Merkels Linie abgewichen war, sein Ergebnis annähernd halten können.

Vor einem Jahrzehnt erging es Gerhard Schröder ähnlich wie heute Angela Merkel. Damals erlitt seine SPD bei einer Landtagswahl eine herbe Niederlage, die der Bundeskanzler nicht anders als ein Misstrauensvotum gegen seine Politik werten konnte. Außerdem schwand sein Rückhalt in der eigenen Partei. Schröder zog die Konsequenzen und führte Neuwahlen herbei. Diese Einsicht wird Merkel niemals zeigen, sondern sogar an ihrem fatalen Kurs festhalten.

Frauke Petry sagt es, Horst Seehofer denkt es und 40 Prozent der Deutschen wollen es: „Merkel muss weg.“ Daraus wird wohl erst bei der Bundestagswahl 2017 etwas werden. Hat die CDU bis dahin nicht aus dem Wahlergebnis gelernt, wird sie mit ihr untergehen.


S. 2 Aktuell

Einäugige Beobachtungsstelle
Frankreichs »Observatorium der Laizität« kritisiert Katholiken, aber verniedlicht die Salafisten

Auch nach den 150 IS-Opfern in Frankreich im vergangenen Jahr leben Kritiker des Islam dort immer noch gefährlich. Dessen ungeachtet ignoriert das sogenannte Observatorium der Laizität  weiterhin die Gefahr durch Salafisten. Als Reaktion hierauf hat sich nun ein parteiübergreifendes Bündnis gegen die Beobachtungsstelle und deren Leiter gebildet.

Frankreich ist seit 1906 ein säkularer Staat, in dem Religion und Staat strikt getrennt sind. Über diese Trennung wacht mit dem  Observatorium der Laizität (Observatoire de la laïcité) eine hochangesehene staatliche Einrichtung, fast im Range eines Ministeriums. Der Staatspräsident der Republik, François Hollande, hat 2013 die Beobachtungsstelle eingerichtet. Mit der Leitung betraute er einen Parteifreund, den vormaligen sozialistischen Minister Jean-Louis Bianco, der dieses Amt heute noch bekleidet.

Seit den beiden Terrorwellen des vergangenen Jahres, die Paris und ganz Frankreich wie kaum etwas seit dem Ende des Algerienkrieges erschüttert hatten, ist die Beobachtungsstelle und vor allem deren Leiter massiv unter Druck geraten. Er hatte es  nicht nur verabsäumt, vor der islamistischen Gefahr zu warnen, sondern die Dimension der Gefahr, die vom Dschihadismus ausgeht, verniedlicht. Seit Jahren hatte sich Bianco auf die Gefahr, die angeblich von katholischen Konservativen ausgeht, welche die Familie und das ungeborene Leben verteidigen wollen, eingeschossen. Den zunehmenden Druck aus der islamischen Ecke in Richtung Geschlechtertrennung in Schulen und öffentlichen Einrichtungen, die Zurschaustellung islamischen Machtpotentials durch öffentliche Gebete in Straßen oder auf Plätzen sowie die Versuche zur Durchsetzung der Ganzkörperverschleierung verschwieg der oberste Wächterrat des Laizismus, obwohl all diese Probleme im Islam selbst umstritten sind.

Kritiker dieser Politik der Beobachtungsstelle wie die Frauenrechtsaktivistin Elisabeth Badinter wurden in die Ecke des Rassismus gedrängt und dadurch mundtot gemacht. Dagegen schwieg die Beobachtungsstelle zu dem islamistischen Sänger der Muslimbruderschaft in Europa, Tariq Ramadan – auch nach dem 13. November als Islamisten des Islamischen Staates (IS) in Paris 140 Menschen kaltblütig ermordeten. Die Massaker des 13. November wurden von der Beobachtungsstelle als kriminelle Taten von Einzelnen abgetan, ohne zu sehen, dass dahinter der IS und vor allem der gesellschaftlich immer mehr vordringende Salafismus stehen. Erstaunlicherweise haben sich hinter die wachsende Kritik an dem Leiter der Beobachtungsstelle auch bekannte muslimische Intellektuelle gestellt.

Kritiker des Observatoriums der Laizität, die den Rücktritt ihres Leiters Bianco fordern, wie die Nationalsekretärin der Radikalen Linkspartei (Parti Radical de Gauche, PRG), Laurence Marchand-Taillade, werden von Islamisten mit dem Tode bedroht und haben Polizeischutz bekommen. Marchand-Taillade zwang mit Unterstützung von Frankreichs Innenministerium die Muslimbruderschaft, ihre Einladung an drei islamische Fundamentalisten zu einer Konferenz in Lille zurückzuziehen. Die fraglichen Islamisten waren der Syrer Mohamed Rateb al-Nabulsi, der Marokkaner Abouzaid al-Mokrie und der Saudi Abdullah Salah Sana’an; sie predigen die Todesstrafe für Homosexualität und bezeichnen die internationale Koalition gegen den Islamischen Staat als „ungläubig“. Die Juden, so behaupten sie, „zerstören die Nationen“ und Musik sei des Teufels, außer der pseudoreligiösen Musik des IS.

Gegen die von der Beobachtungsstelle verharmloste Gefahr des Salafismus hat sich nun ein erstaunliches parteiübergreifendes Bündnis gebildet. Marine Le Pen vom Front National und die sozialistische Stadtteil-Bürgermeisterin von Marseille, Samia Ghali, gehören ebenso dazu wie der jüdischstämmige Richter Albert Levy, der gegen islamische Fundamentalisten ermittelt hat. Immer mehr dieser Kritiker brauchen Polizeischutz, wie der Romanautor Michel Houllebecq, Autor des Romans „Unterwerfung“, oder Éric Zemmour, der Verfasser von „Der französische Selbstmord“.

 Auch der Zeichner Laurent Sourisseau, der das Attentat auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ verletzt überlebte und zusammen mit Chefredakteur Gérard Biard die Leitung des Magazins übernahm, sowie die verbliebenen Karikaturisten leben unter Polizeischutz; und ihre neuen Büros befinden sich an einem geheimen Ort. Dasselbe gilt für Mohammed Sifaoui, der verdeckt in einer französischen Zelle von Al-Kaida lebte und das schockierende Buch „Bekämpft islamistischen Terror“ geschrieben hat. Sein Foto und sein Name erscheinen auf dschihadistischen Internetseiten als die von „Abgefallenen“. Der französisch-algerische Journalist Zineb Rhazaoui ist immer von sechs Polizisten umgeben, der mutige Imam Hassen Chalgoumi, der für ein Burkaverbot eintritt, wird ständig wie ein Staatsoberhaupt beschützt. In Frankreich herrscht immer noch Jagdsaison auf Islamkritiker, selbst nach dem Jahre 2015 und der Dezimierung der Redaktion von „Charlie Hebdo“.               Bodo Bost


Abrechnung mit der Syrienpolitik des Westens
Der französische Parteichef und Abgeordnete Jean-Frédéric Poisson besuchte das Land, statt nur darüber zu reden

Jean-Frédéric Poisson, Vorsitzender der Parti chrétien-démocrate (PCD), einer zu Nicolas Sarkozys Republikanern gehörenden christdemokratischen Splitterpartei, und Abgeordneter der französischen Assemblée Nationale, hat aus Protest gegen die proamerikanische offizielle französische Syrienpolitik Damaskus besucht. Er wurde dabei nicht nur von Präsident Baschar Hafiz al-Assad empfangen, sondern traf auch syrische Abgeordnete. Weder Assad noch die Parlamentarier verstehen nach Poissons Aussage die europäische Unterstützung für die Muslimbrüder und „Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel“, die nicht nur den Großteil der Kämpfer des Islamischen Staates (IS) stellen, sondern auch die sogenannten moderaten Rebellengruppen dominieren. Während die syrische Armee gemeinsam mit Russland und dem Iran alle sunnitischen Aufständischen bekämpfe, belieferten die USA und die Europäer die Islamisten mit Waffen – direkt oder indirekt über verbündete Staaten der internationalen Koalition wie Saudi-Arabien, Katar oder die Türkei.

Diese Länder als Bündnispartner zu betrachten, hält Poisson für den größten Fehler in der französischen und europäischen Außenpolitik, denn die Golfmonarchien und die Türkei unter der Regierung des Islamisten Recep Tayyip Erdogan spielten eindeutig ein doppeltes Spiel. Zwischen 2005 und 2008, als Assad versuchte, sein Land schrittweise zu öffnen, habe Saudi-Arabien nach Aussage syrischer Parlamentarier durch die finanzielle Förderung muslimischer Institutionen wesentlich zur Radikalisierung eines Teils der syrischen Sunniten beigetragen. Assad und seine Regierung hätten die Finanzflüsse damals nicht effizient genug kontrolliert. Dieselben Golfmonarchien seien heute im Wesentlichen für den Krieg in Syrien und die damit einhergehende Flüchtlingswelle verantwortlich. Sie lieferten den islamistischen Rebellen Waffen und bekämpften den IS nur halbherzig. Auch die Türkei gehe nur sehr bedingt gegen den IS vor. Sie versuche vor allem, das Entstehen eines unabhängigen Kurdistan zu verhindern, den befreundeten syrischen Muslimbrüdern dabei zu helfen, das alevitische Regime von Assad zu erledigen, und die ganze Region unter die Herrschaft der Muslimbrüder zu bringen. Bei der Verfolgung letzteren Ziels arbeite die Türkei eng mit den USA zusammen, welche die gesamte Region ebenfalls unter sunnitischer Kontrolle sehen wollten, um sich über ihre guten Beziehungen zu den Golfmonarchien den Zugang zu den Energiequellen des Nahen Ostens zu sichern.

Schon in den ersten beiden Golfkriegen sei es den US-Amerikanern um Öl gegangen, sodass man auch im syrischen Krieg davon ausgehen müsse, dass Öl eine Rolle spiele. Der christliche Patriarch von Damaskus habe diese Hypothese mit den Worten „Unser Blut ist billiger als ihr Öl“ bestätigt. Poisson sieht in der Einnahme der Stadt Palmyra durch den IS den Beleg für das doppelte Spiel der US-Amerikaner und ihrer zwielichtigen Partner vom Golf: „Palmyra wurde von 150 bis 200 Pick-ups eingenommen, die zuvor drei Stunden lang die Wüste durchqueren mussten. Es gibt nur drei Straßen, die dorthin führen. Keiner kann mir erzählen, dass man diesen Konvoi nicht hat ankommen sehen. Es wäre sehr einfach gewesen, den Zug von einander folgenden Autos mit einer Fliegerstaffel zu treffen. Man hat es nicht gewollt.“

Der Franzose hegt deshalb ernsthafte Zweifel am Friedenswillen der Amerikaner: „Gewisse amerikanische Geostrategen glauben, dass sich die amerikanische Weltherrschaft nur dank eines sunnitischen Halbmondes von Wien bis Damaskus, wie zur Zeit des Osmanischen Reiches, vollenden lässt.“ In seinem vor 20 Jahren erschienenen Werk „The Grand Chessboard“ erkläre der ehemalige Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter, Zbigniew Brzezinski, im Detail diese US-amerikanische Strategie. Auch der Kosovokrieg und die Bomben auf Belgrad würden dadurch verständlich. Europa sei stark geschwächt und Russland durch die Schaffung von zwei islamischen Staaten, Kosovo und Bosnien-Herzegovina, im Kernland seines traditionellen Einflussgebietes ein schwerer Schlag versetzt worden. Doch Poisson glaubt nicht, dass sich die US-Amerikaner auch in Syrien gegen die Russen durchsetzen werden. Wladimir Putin habe ein klares geostrategische Ziele in der Region: die Bewahrung der christlichen Präsens im Nahen Osten zur Kontrolle des muslimischen Fanatismus. Sollten in der Region sunnitische Theokratien entstehen, würde der islamische Fanatismus im Südkaukasus weiter angeheizt und Russland dadurch geschwächt – eine für Putin inakzeptable Perspektive. Der Westen unterschätze allerdings bisher, welche Wichtigkeit die Russen der Präsens der Christen im Nahen Osten einräumten.

Poisson ist der Meinung, dass die europäischen Staaten dringend ihre Allianzen überdenken müssen. Assads Regime und die schiitische Theokratie im Iran seien zwar keine mustergültigen Rechtsstaaten, aber im Gegensatz zu den Golfmonarchien und den Muslimbrüdern strebten sie nicht danach, ihr politisch-theokratisches Modell in der ganzen Welt zu verbreiten. „Ganz Europa, und Frankreich ist Teil Europas, hat größtes Interesse daran, dass sich in Syrien nicht ein Regime durchsetzt, das die Sharia, die wir absolut nicht wollen, exportiert.“ Doch Frankreich sei das einzige Land Europas, das heute noch ansatzweise über eine eigenständig schlagkräftige Armee verfüge. Alle anderen Länder hätten ihre Armeen totgespart sowie ihre Sicherheits- und Verteidigungspolitik an die europäischen Institutionen abgetreten. Heute fehle ihnen die Möglichkeit, eigene Interessen zu vertreten.               Eva-Maria Michels


MELDUNGEN

Militärausbilder für Tunesien

Tunis – Großbritannien hat Militärausbilder nach Tunesien geschickt, damit das dortige Militär gegen den IS, dessen Kämpfer aus dem benachbarten Libyen einsickern, gewappnet ist. Das berichtet die Agentur Reuters und beruft sich dabei auf den britischen Verteidigungsminister Michael Fallon. Der Minister vor dem britischen Unterhaus wörtlich: „Eine Gruppe von 20 Militärausbildern begibt sich nach Tunesien, um zur Bekämpfung der illegalen Bewegung von IS-Kämp¬fern über die Grenze mit Libyen beizutragen.“ Fallon versichert zudem, er sei sehr besorgt über die Verbreitung des IS. Allerdings versäumte es der Minister mitzuteilen, ob sich die Aktion im Einvernehmen mit der tunesischen Regierung abspielt oder gar auf deren Verlangen.               FS

 

20 Länder beliefern den IS

London – Laut einer  Studie der britischen Nichtregierungsorganisation Conflict Armament Re­search beschafft sich die Terrororganisation IS die über 700 Stoffe und Bauteile zum Bau von Sprengsätzen auf legalem Wege. Dabei handelt sich um Industriegüter wie Zünder, Sprengkabel oder Transistoren, aber auch um Mobiltelefone oder Chemikalien wie Dünger. Den Recherchen der Konfliktbeobachter zufolge beziehen die Islamisten die Materialien aus über 20 Ländern. Zu den Herkunftsländern zählen unter anderem die USA, Japan, Brasilien und China. Zünder für die Bomben soll die Terrorgruppe vorwiegend aus dem Irak und der Türkei erhalten haben. Dem Bericht zufolge kommen die meisten Firmen und Zwischenhändler für den Bombenbau der Terroristen aus der Türkei.           N.H.

 

Denkmalstreit in Namibia

Windhuk – Nachdem das koloniale Reiterdenkmal von 1912, das einstige Wahrzeichen des deutschen Windhuk, 2013 wegen seiner „kolonialen-militaristischen“ Ausstrahlung beseitigt wurde, gibt es nun auch Bestrebungen, das Denkmal des Stadtgründers Curt von François (1852–1931), das allerdings erst 1965 errichtet wurde, verschwinden zu lassen. Hintergrund ist eine Neubewertung der deutschen kolonialen Vergangenheit des einstigen Deutsch-Südwestafrika. Als erster forderte Usutuaije Maamberua, Abgeordneter der panafrikanisch-sozialistischen Swanu-Partei, den Abbau des Denkmals. Er behauptet, dass nicht von François die Stadt gegründet habe, sondern Jan Jonker Afrikaner (1790-1861). Dieser hatte um 1830 einen Ort namens „Wind Hoock“ gegründet, der mehrfach überfallen und zerstört wurde und als Ort aufgehört hatte zu existieren. Zum Vorkämpfer der Anerkennung von  Curt von François als Stadtgründer wurde sein Urenkel Ruprecht von François. Der 66-jährige Schreiner, der mit einer Namibiadeutschen verheiratet ist, sieht seinen Urgroßvater „in erster Linie als Vermesser und Kartograph, dann erst als Soldat“, sagte er der in Windhuk erscheinenden „Allgemeinen Zeitung“. Er ist sich sicher, dass ohne seinen Vorfahren Windhuk überhaupt nicht entstanden wäre: „So, wie Windhuk angelegt ist, ist es ein Produkt meines Urgroßvaters“. B.B.


S. 3 Deutschland

Die liederliche Klasse
Drogen, Volksverachtung, Machtmissbrauch – wie die politische »Elite« das Land ruiniert

Wie stehen unsere Politiker zu ihrem Volk? Immer stärker wächst der bestürzende Eindruck, von einer Klasse regiert zu werden, der das Wohlergehen ihrer Landsleute herzlich egal ist – eine Bestandsaufnahme.

Möglicherweise lässt sich das Volk mit einer Prise Crystal Meth leichter ertragen. Die synthetische Droge aus Metamphetamin soll euphorisierend wirken. Volker Beck wird einen kräftigen Schuss kristallinen Frohsinns sicherlich bitter nötig gehabt haben, als ihn die Polizei beim Besuch seines Dealers am 1. März gegen 23 Uhr hochnahm. Schließlich gibt es kaum eine deutsche Untugend, einen deutschen Frevel, deren Bekämpfung sich der grüne Bundestagsabgeordnete nicht seit Jahren intensiv widmet. In zahllosen Arbeitsgruppen, Stiftungen und Aktionen bekämpft er, was die dumpf-dumme Seele seiner Landsleute so umtreibt: NS-Verbrechen, Schwulenhass, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit.

Es gehört wenig Spekulation dazu, sich sein innerliches Grinsen vorzustellen, als er vom übermütigen Vorstoß der Nachwuchs-Parteifreunde von der „Grünen Jugend“ am Tag der Deutschen Einheit hörte. In Anspielung auf das Ende der DDR empfahlen sie, dass sich Deutschland nun auch in toto auflösen solle.

Angesichts von Millionen Zuwanderern haben viele Menschen im Land das bestürzende Gefühl, dass genau dieses tatsächlich passiert. Gleichzeitig stellt sich der Eindruck ein, von einer Politikerkaste regiert zu werden, der eben dies herzlich egal ist. Schlimmer noch: Die sogar Freude dabei empfindet. Die Volksverdrossenheit scheint sich letzt­endlich durch alle etablierten Parteien zu ziehen. Unvergessen ist jene Szene auf der CDU-Party zur Bundestagswahl von 2013, als Angela Merkel von Hermann Gröhe, damals Generalsekretär der Partei, eine Deutschlandfahne in die Hand gedrückt bekommt. Die Kanzlerin, sonst in der Öffentlichkeit mit eher sparsamer Mimik unterwegs, zeigte eine Miene tiefsten Abscheus. So schauen Menschen, die gerade entdecken, dass ihnen etwas ziemlich schmutziges und übel riechendes zwischen den Fingern klebt. Mit dem Spruch „Ich will Deutschland dienen“ ist Merkel 2005 als Kanzlerkandidatin angetreten. Angesichts dieser Szene wirkt der Satz so ehrlich wie ein gefälschter 100-Euroschein.

Wer das Volk nicht achtet, wird ihm auch nur nachlässig dienen. Muss eine Ministerin ihre Zeit im Amt wirklich zum Kinderkriegen nutzen? Das Glück der Mutterschaft sei jeder Frau gegönnt, aber selbst der ansonsten bis zur Selbstaufgabe politisch korrekte „Spiegel“ berichtet über massive Probleme im Familienministerium, seit Amtsvorsteherin Manuela Schwesig schwangerschaftsbedingt Kind und Kegel vorzieht statt Kugelschreiber und Konferenzen. Ministerkollege Heiko Maas (50), Vater zweier Kinder aus einer gescheiterten Ehe, gefällt sich darin, der „Bild“ seine prominente Freundin, die Schauspielerin Natalia Wörner, vorzuführen. In Erinnerung geblieben sind auch die Auslassungen von Finanzmanager Jörg Asmussen. Als er 2014 von der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main als beamteter Staatsekretär ins Ministerium für Arbeit und Soziales zu Andrea Nahles wechselte, tat er dies mit der Begründung, dann mehr Zeit für seine Kinder zu haben. Auch dies mag ein verständliches Anliegen sein – allerdings nicht für einen Spitzenbeamten in verantwortungsvoller Position mit einer monatlichen Besoldung von 12360 Euro. Andere wiederum wandern mitsamt ihrem Insiderwissen aus hohen politischen Ämtern in die Privatwirtschaft ab. Lukrative Vorteile winken den flinken Jobwechslern, während alle Nachteile beim Staatsvolk verbleiben. So entsteht das Bild einer liederlichen Klasse, der Wertvorstellungen wie Pflicht und Verantwortung ähnlich fremd sind wie das Volk, das sie regieren sollen.

Sicher, wer derlei vorbringt, verbreitet schnell Lehrerzimmer-Mief und kernseifiges Gouvernanten-Aroma. Aber in diesem Fall geht es um höchste Ämter und die Verantwortung für das Schicksal eines ganzen Landes. Der ARD-Journalist Sven Ingolf Kuntze vergleicht in seinem vielbeachteten Buch „Die schamlose Generation“ die jetzigen Verantwortungsträger – allesamt im nahezu unbegrenzten Wohlstand des Nachkriegsdeutschlands aufgewachsen – mit jenem Francesco Schettino, der die „Costa Concordia“ versenkte. Um eine junge Dame zu beeindrucken, steuerte der unglückselige Kapitän das Kreuzfahrtschiff viel zu nah an der Küste entlang und setzte es schließlich auf Grund. Als ihm das nachfolgende Chaos an Bord zu viel wurde, ging er an Land und beobachtete das Geschehen aus sicherer Distanz. 32 Menschen verloren ihr Leben. Daraufhin zur Rede gestellt, wies er in ehrlicher Empörung jede Verantwortung für das Desaster von sich.

Das klingt erschreckend nach dem typischen Politikerverhalten in Krisensituationen.  

                Frank Horns


Wer sind die »Sonstigen«?
Mehr als 100 Parteien zählt der deutsche Parteienstaat

Roderich Egeler gilt als Mann der Statuten. Und er hat auch kein Problem damit, sich als solcher bezeichnen zu lassen. „Was mich interessiert, sind die Fakten, das Programm ist eher nachrangig.“ Egeler ist der Bundeswahlleiter und tritt als solcher in Erscheinung, wenn er alle vier Jahre bekannt gibt, wer zur Bundestagswahl antreten darf. In der Zeit zwischen den Wahlen verwaltet er das Parteienregister, wacht penibel darüber, ob die Voraussetzungen, die eine Organisation erbringen muss, um den Parteienstatus zu behalten, gegeben sind.

In der Bundesrepublik sind mehr als 100 Organisationen als Partei anerkannt. Dabei gibt es die Platzhirsche, die seit Jahrzehnten um die Macht rangeln. Es gibt neu hinzu gekommene Etablierte wie die Grünen oder die Linkspartei. Und es gibt Senkrechtstarter wie die AfD oder die „Piraten“.

Daneben gibt es aber auch Parteien, die keinerlei Aussicht haben, jemals ein Machtfaktor der Republik zu werden. „Einige von ihnen vertreten ideologische Gruppierungen, die seit Jahren auf dem Markt der Wahlmöglichkeiten ihr Nischendasein fristen. Andere spiegeln als Schmelztiegel aktuelle populistische Strömungen wider, die heute gegründet werden und morgen wieder in die Niederungen des Vergessens verschwinden“, schreibt der „Focus“ über das Phänomen der „Sonstigen“. Für immerhin zwischen vier und sieben Prozent sind diese Formationen zusammengerechnet bei Wahlen gut, doch den wenigsten von ihnen gelingt es überhaupt, nur in die Nähe der Ein-Prozent-Hürde zu gelangen, die bei Landtagswahlen zum Erlangen der staatlichen Parteienfinanzierung nötig ist. Dies schaffen manchmal die Ökologisch-Demokratische Partei, die Tierschutzpartei oder auch die Familienpartei. Es handelt sich bei ihnen um Nischenorganisationen, um Vereinigungen der „reinen Lehre“, die einen Programmpunkt haben, dem sie besondere Wichtigkeit beimessen. Oftmals sind solche Organisationen auch als Abspaltungen von bestehenden Parteien entstanden.

Der Trend zur Parteigründung hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Politikwissenschaftler erklären dies damit, dass die Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunal- und Europawahlen weggefallen sei, Mandate auch mit einem relativ geringen Stimmenanteil zu erreichen seien. Doch schielen Organisationen wie „Die Biker“, die „Violetten“ oder die „Wasserpartei“ wirklich nach einem Abgeordnetensitz? „Manchmal haben wir den Eindruck, dass spontane Ideen in einer Partei münden. Die haben dann in aller Regel nur ein, zwei Dutzend Mitglieder“, sagt der Bundeswahlleiter. So kommt es vor, dass es Parteien schon gar nicht mehr gibt, obwohl sie sich noch zur Bundestagswahl angemeldet haben.

Andere weist Egeler ab. So durfte das „Deutsche Reich“ 2013 nicht antreten. Mittlerweile gibt es die Partei nicht mehr. Immer noch aktiv sind dafür solche, die früher mal in Parlamenten gesessen haben. Die Deutsche Partei (DP) zum Beispiel, die sogar mal Bundesminister stellte, hat heute noch in Hessen und Niedersachsen etwa 100 Mitglieder. Nur noch auf rund 20 Aktive kommt die Stattpartei, die in den 90er Jahren mal in der Hamburger Bürgerschaft saß. Sie hat den Parteienstatus übrigens im vergangenen Jahr verloren und ist nur noch in Sachsen-Anhalt als lokale Wählervereinigung vorhanden.             Peter Entinger


MELDUNGEN

US-Drohnen über Deutschland

Berlin – Um ihren „klaren politischen Willen“ zur Unterstützung der USA und der östlichen Nato-Partner zu demonstrieren, wird die Bundesregierung die von Washington beantragte Verlängerung der Überfluggenehmigung für US-Drohnen bis zum 1. Oktober genehmigen. Der kürzlich durchgeführte Flug einer US-Aufklärungsdrohne von ihrem Stützpunkt auf Sizilien über Deutschland Richtung Russland habe ohne Störungen, Abweichungen und innerhalb des vorgesehenen Luftkorridors stattgefunden, heißt es aus dem Bundesverteidigungsministerium. Die Flüge durch den deutschen Korridor werden vom europäischen US-Luftwaffenhauptquartier in Ramstein beim Bundesverteidigungsministerium, dem Verkehrsministerium und der Deutschen Flugsicherung angemeldet. J.H.

 

Asyl: Noch mehr Minderjährige

Berlin – Wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis90/Grüne hervorgeht, hat sich die Zahl minderjähriger Asylbewerber in Deutschland in den vergangenen drei Jahren mehr als verdreifacht. Im vergangenen Jahr hätten knapp 137500 Minderjährige einen Erstantrag auf Asyl gestellt. Dies entspricht einem Anteil von gut 31 Prozent an allen rund 442000 Erstanträgen. Rund zehn Prozent der minderjährigen Asylbewerber seien ohne Begleitung nach Deutschland gekommen. 2013 hätten knapp 39000 und im Jahr darauf fast 55000 Minderjährige, davon 4400 unbegleitet, erstmals einen Asylantrag gestellt. Die meisten der minderjährigen Asylbewerber im vergangenen Jahr stammen aus Syrien (42097), Albanien (18918), Afghanistan (13772), dem Kosovo (12174), dem Irak (9247) und Serbien (8377).        U.M.


S. 4 Ukraine

Krim als Gradmesser für Erfolg
Poroschenko verspricht, die Halbinsel zurückzuholen – Ukrainer glauben ihm nicht

Auch wenn die ukrainische Regierung die Wiedervereinigung der Krim mit Russland nach wie vor als rechtlich unwirksam bezeichnet und alle Macht der Propaganda auf die Verbreitung ihrer Auffassung richtet, zeitigen diese Mühen nicht einmal im eigenen Land große Erfolge. 

Nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur 112 Ukraina Ende Februar haben sich 72 Prozent der Ukrainer damit abgefunden, dass die Krim nun wieder zu Russland gehört. Nur zwölf Prozent glauben an eine erneute Zugehörigkeit zur Ukraine, vorausgesetzt, es werde genügend politischer und wirtschaftlicher Druck auf Russland ausgeübt.

Damit aber weist Kiew, ohne es zu wollen, auf eines der großen Probleme der Ukraine hin: Sie hat weder politische noch wirtschaftliche Ressourcen, die sie dazu nutzen könnte, den besagten Druck auf Moskau auszuüben. Beharrt sie trotzdem auf dieser Möglichkeit einer Revision, so müsste sie dies zum Anliegen auch des Auslandes machen. Derzeit ist aber niemand in Sicht, der sich wegen der Ukraine übermäßig ins Mittel legen wollte, weder die USA noch die EU. Beide scheinen, nachdem sie die Ukraine destabilisiert haben, ihr Interesse an dem Land zu verlieren, zumal ein solches Interesse eine milliardenschwere Aufgabe wäre.

Der ukrainische Staatspräsident Poroschenko scheint die Lage realistisch zu beurteilen, was die Stimmungslage im Westen angeht. Der Schluss aber, den er daraus zieht, hat mit der Wirklichkeit wenig zu tun. Erst vor Kurzem hat er seinen Bürgern versprochen, die Rückgabe der Krim und Sewastopols an die Ukraine zu bewerkstelligen. „Dieser äußerst schwierige und aussichtsreiche Prozess hat bereits begonnen“, meint Poroschenko. Zu diesem Zweck hat er eine Sondersitzung des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates einberufen, der zum Schutz der nationalen Interessen der Ukraine vor internationalen Gerichtshöfen Klage erheben und Russland zur Verantwortung ziehen soll. Es erstaunt natürlich, warum mit dieser Aufgabe militärische Gremien betraut werden, doch die militärische Komponente von Poroschenkos Plan wird noch deutlicher.

Das Verteidigungsministerium und der Generalstab wurden nämlich vom Präsidenten beauftragt, Vorschläge auszuarbeiten, wie die militärischen Möglichkeiten der Ukraine im Gebiet von Cherson und an der Schwarzmeer-Küste entlang ausgebaut werden können. Noch deutlicher wird der ukrainische Innenminister Awakow. Er erklärte unlängst, die Kiewer Autoritäten würden bereits den Einsatz einer Sondereinheit der Nationalgarde vorbreiten, der die Krim zurückerobern solle. Michail Scheremet, der Vize-Premier der Krim-Regierung, erwiderte darauf: „Die Krim ist endgültig und unwiderruflich gemäß den Anforderungen der russischen, ukrainischen und internationalen Gesetzgebung infolge der Willensbekundung der Bevölkerung in den Bestand Russlands eingegangen.“

In diesem Sinne hat Russlands Präsident Putin Ende Februar in einer Fernseh-Life-Schaltung einen symbolträchtigen Startschuss abgegeben. Er eröffnete den Betrieb eines zweiten Stromkabels auf dem Grund der Meerenge von Kertsch, die die Krim von der Oblast Krasnodar trennt. Ausgangspunkt der Leitung ist auf der Ostseite die Halbinsel Taman, sie hat eine Leistung von 230 Megawatt. Für Mai ist ein weiterer Abschnitt vorgesehen, der für 800 Megawatt ausgelegt sein wird.

Damit verliert die Ukraine die Möglichkeit, der Krim den Strom abzuschalten, wie das in der Vergangenheit bereits geschehen ist. Außerdem haben Ende November ukrainische Extremisten zwei Masten der Stromleitung über Land gesprengt, was auf der Krim einen Notstand verursachte. Insgesamt sind jetzt alle Landverbindungen zwischen dem russischen Festland und der Krim durch die Ukraine gesperrt.

                Florian Stumfall


Harter Wind aus West
USA und EU zeigen sich mit Kiews Politik unzufrieden

Offenbar geht dem Westen angesichts der Syrien- und Flüchtlingsproblematik, mit der sich USA und EU derzeit überwiegend befassen, die Geduld mit der Regierung in Kiew aus. Eine Regierungskrise folgt der nächsten, die geforderten Reformen werden nicht umgesetzt, die Wirtschaft ist marode und das Staatswesen wird von milliardenschweren Oligarchen ausgeplündert. Ehrliche, reformwillige Politiker treten zurück, die Reformen bleiben auf der Strecke. Die Ukraine droht zu einem „failed state“ zu verkümmern.

Das jüngste Treffen im Normandie-Format in Paris brachte an den Tag, dass die Bereitschaft Kiews, das Minsker Abkommen zu erfüllen, gegen Null tendiert. Weder wurde ein Wahlgesetz verabschiedet noch dem Donbass per Verfassungsänderung mehr Autonomie eingeräumt. Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin wiederholte die von Präsident Petro Poroschenko stets vorgebrachte Bedingung, erst müsse die Sicherheit in der Region hergestellt werden. Außenminister Franz-Walter Steinmeier platzte in Paris der Kragen. Er forderte beide Seiten auf, den Lippenbekenntnissen endlich Taten folgen zu lassen.

EU-Kommissionspräsident     Jean-Claude Juncker wurde noch deutlicher: „Die Ukraine wird mit Sicherheit in den nächsten 20 bis 25 Jahren kein Mitglied der EU werden“, sagte er bei einer Rede in Den Haag. Auch von einem Beitritt des osteuropäischen Landes zur Nato könne so bald keine Rede sein.

Nach der jüngsten Regierungskrise in Kiew, bei der Premierminister Arsenij Jazenjuk einem Misstrauensvotum trotze, wurden aus US-Diplomatenkreisen Gerüchte laut, dass er schon bald von Finanzministerin Natalja Jaresko abgelöst werden könnte.

Sowohl die USA als auch die Europäer müssen erkennen, dass es ein Fehler war, die Ukraine vor die Wahl EU und Nato oder Russland zu stellen. Der Kern der Krise liegt darin, dass auf einen Interessenausgleich mit Russland nie eingegangen wurde. Zu dem Schluss kommt auch Henry Kissinger, der dringend zu einem anderen Umgang mit der Ukraine und Russland rät.           MRK


Russland baut Brücke über die Meerenge

Um Blockaden des Personen- und Güterverkehrs auf dem Landwege zur Krim künftig auszuschließen, baut Russland seit 2014 neben den Stromkabeln eine Brücke über die Straße von Kertsch. Diese Meerenge, die das Asow’sche mit dem Schwarzen Meer verbindet, ist an der engsten Stelle vier Kilometer breit. Die Brücke soll im Jahr 2018/19 fertiggestellt sein. Sie ist für eine zweigleisige Eisenbahnstrecke und eine vierspurige Autobahn ausgelegt. Die Länge ihres zentralen Abschnitts wird 19 Kilometer betragen.

Für den Bau werden drei Hilfsbrücken benötigt, von denen eine bereits vollständig, eine zweite fast fertig gebaut ist. „Für die Konstruktion der ersten provisorischen Brücke werden mehr als 3500 Tonnen Material eingesetzt. Die Brückenpfeiler wurden 35 bis 56 Meter tief im Meeresboden verankert. Dies ist der erste Übergang. In Kürze wird es zwei weiterer solcher Brücken geben“, erklärt der Ingenieur Leonid Ryzhenkin.

Die Schnellstraße, die über die Brücke führt, wird 40 Kilometer lang sein. Der Bauleiter Dmitry Gob sagt: „Die Straße wird mit 120 Stundenkilometer befahrbar sein und ist für einen täglichen Verkehr von 36000 Autos ausgelegt.“ Bis zu ihrer Fertigstellung wird der Verkehr über die Meerenge von Kertsch über Eisenbahn- und Autofähren abgewickelt.

Die Idee einer Brücke über die Straße von Kertsch ist sehr viel älter als die Blockaden der Krim durch die Ukraine. Schon vor 100 Jahren wurden die ersten Pläne gewälzt. In jüngster Zeit überwogen die Bedenken, wie man sie auch in Deutschland bei egal welchem Großprojekt zu hören bekommt.

So ist es im Grunde doch die feindselige Politik Kiews, die Russland zu einem Infrastruktur-Projekt verhilft, das überregionale Bedeutung hat. Denn es fügt sich ideal in das schon begonnene chinesisch-russische Vorhaben einer „Neuen Seidenstraße“, die einen eurasischen Wirtschaftsraum herstellen wird.            F. S.


Zeitzeugen

Pawlo Klimkin – Bei seiner Rück-kehr vom Normandie-Treffen in Paris gestand der ukrainische Außenminister, dass es weiter keine Ergebnisse über die Regelung der Situation in der Ostukraine gibt. Die vertraglich geforderten Wahlen im Donbass werde es erst geben, wenn die Sicherheitslage geklärt sei.

Arsenij Jazenjuk – Als einer der Führer der Majdan-Revolution trat er an die Spitze in Kiew. Vor Kurzem überstand der Premierminister zwar ein Misstrauensvotum, aber ihm wird weiterhin Korruption, enge Verbindungen zu Oli­garchen und Widerstand gegen wichtige Reformen vorgeworfen. Die Koalition der Regierung hat die Mehrheit im Parlament verloren. Zunehmend wird auch im Westen über einen baldigen Rück­tritt Jazenjuks spekuliert.

Arsen Awakow – Selbst wenn die Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung nicht mehr an eine Rück­kehr der Krim glaubt, hält Innenminiser Awakow gemeinsam mit Präsident Pedro Poroschenko in seinem Bestreben fest, die Halbinsel zurückzuerobern. Nach eigenen Angaben lässt Awakow eine Sondereinheit der ukrainischen Nationalgarde speziell zu diesem Zweck ausbilden. Der Rückgabeprozess sei zwar „äußerst schwierig“, aber „aussichtsreich“ und habe begonnen.

Henry Kissinger – Der als Architekt der Entspannungspolitik geltende US-Politikwissenschaftler und ehemalige nationale Sicherheitsberater warnt davor, die Ukraine als Vorposten des einen gegen den anderen zu benutzen, wenn das Land überleben und gedeihen solle. Die Ukraine sollte vielmehr als Brücke dienen, statt als Objekt der Ost-West-Konfrontation verheizt zu werden.

Jean-Claude Juncker – EU-Kommissionspräsident Juncker überraschte kürzlich mit einem rasanten Kurswechsel gegenüber der Ukraine. Hintergrund ist ein Referendum, das am 4. April in Holland über das geplante EU-Freihandelsabkommen mit dem osteuropäischen Land durchgeführt werden soll. Juncker befürchtet, dass die zunehmend eurokritischen Holländer, wie 2005 gegen den EU-Verfassungsvertrag, nun gegen den Handelsvertrag stimmen könnten.


S. 5 Preussen/Berlin

Millionenschäden in Turnhallen
Asylbewerber-Unterbringung lässt Kosten explodieren – weiterer Verfall droht

Die Unterbringung von Asylsuchern in Turnhallen hinterlässt Millionenschäden. Woher das viele Geld kommen soll, wissen Schulen und Sportbund nicht – und fürchten Schlimmes.

War in der Vergangenheit nie genug Geld vorhanden, um marode Turnhallen für den Schulsport zu sanieren, gibt sich der Berliner Senat nun offenbar großzügig, wenn es um die Unterbringung von Asylanten in Sporthallen geht: Wie Mark Rackles, Staatssekretär des Bildungssenats, den Schulleitungen aller öffentlichen Schulen Berlins unlängst zugesichert hat, soll für Turnhallen, die mit Asylbewerbern belegt wurden, ein Sanierungsbonus gezahlte werden. Für Hallen mit mehr als 1000 Quadratmetern immerhin 100000 Euro, für kleinere immerhin noch 50000.

Auf den Senat könnte damit eine erhebliche Belastung zukommen. Derzeit sind 49 von rund 1000 Berliner Sporthallen mit Asylbewerbern belegt. Der Fall des Horst-Korber-Sportzentrums macht deutlich, welche Schäden entstehen können, wenn Sportanlagen als Unterkünfte zweckentfremdet werden. Eigentlich vor allem für dem Hochleistungssport gedacht, sind in der Charlottenburger Sportanlage seit September Asylanten untergebracht.

Wie aus einem unlängst bekanntgewordenen Gutachten eines Architekturbüros hervorgeht, haben die wenigen Monate ausgereicht, an der Anlage Schäden in Höhe von 4,3 Millionen Euro entstehen zu lassen. Aus Sicht des Direktors des Landessportbundes, Heiner Brandi, stellt diese Summe sogar nur einen Zwischenstand dar. Er fürchtet mit gutem Grund ein weiteres Anwachsen der Kosten. Bislang ist nämlich geplant, die Hallen erst im August zu räumen. Selbst wenn dann die Beschlagnahme aufgehoben wird, steht nach Einschätzung des Landessportbunds die Anlage wegen Bauarbeiten über Monate nicht zur Verfügung.

Aus Sicht der Steuerzahler ist noch ein anderer Umstand alarmierend. Mit rund 150000 Euro monatlich schlagen auch hohe Betriebskosten zu Buche. Nur mit Erstaunen können die Berliner registrieren, dass derartige finanzielle Belastungen im Fall der Asylbewerber offenbar kein Problem darstellen. In der Vergangenheit hieß es nämlich regelmäßig, es sei nicht genug Geld für die Sanierung von Sportanlagen vorhanden.

Bereits 2015 war bekannt geworden, dass Dutzende Schulen infolge eines massiven Sanierungsstaus ohne eigene Sporthallen auskommen müssen. Praktisch bedeutete dies, dass Schüler bis zu 20 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren mussten, um zumindest in Ausweichhallen am Unterricht teilnehmen zu können. Wie drastisch die Unterfinanzierung in Berlin ist, machen Zahlen deutlich, die ebenfalls im vergangenen Jahr bekannt wurden. Demnach war bereits 2015 bei den Berliner Sportstätten ein Sanierungsstau von 170 Millionen Euro aufgelaufen. Als großer Erfolg vermeldet wurde, dass im Haushalt 2016 die dagegen bescheidene Summe von 13,5 Millionen Euro und für 2017 nochmals 18 Millionen Euro zur Sportstättensanierung bereit gestellt werden. Entsprechend düster erscheinen die Aussichten, wenn jetzt bei einer einzigen Sportanlage hohe Millionenschäden bekannt werden. Für die übrigen mit Asylsuchern belegten Hallen könnten ähnliche Rechnungen blühen. Zu befürchten ist, dass der Zuwanderungsdruck den Sanierungsstau Berlins extreme Dimensionen annehmen lässt, sodass die Stadt in den kommenden Jahren regelrecht verfällt.

So hatte bereits 2015 der Landesrechnungshof davor gewarnt, dass Berlin schon seit 1998 viel zu wenig in den Erhalt seiner Infrastruktur investiere. Die Zeichen sind mittlerweile in der ganzen Stadt an maroden Straßen und Schulen absehbar.

Nicht von der Hand zu weisen sind vor diesem Hintergrund Befürchtungen, dass die Sporthallen nach dem Auszug der Asylbewerber zunächst einige Jahre unbenutzbar bleiben werden. Mangels Geld für Sanierungen wäre dann der schleichende Verfall samt Abriss programmiert. Noch ist nämlich überhaupt nicht absehbar, wie der Senat die Belastungen eigentlich stemmen will.

Im Fall des in Aussicht gestellten Sanierungsbonus für Sporthallen hieß es denn auch bezeichnenderweise: „ohne Rechtsgarantie“. Staatssekretär Rackles  hat den Schulleitungen aller öffentlichen Schulen immerhin zugesichert, dass die Sporthallen nach dem Auszug der Asylbewerber quasi besenrein zurückgegeben würden. Nach den bisherigen Erfahrungen mit dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) scheint allerdings Skepsis angebracht, ob der Senat seine Zusicherungen auch halten kann.

Das Land Berlin hat nämlich nicht nur mit seiner Überschuldung ein riesiges Problem, sondern auch mit dem Zustand seiner Verwaltung. War Berlin über Jahrzehnte für seinen maßlos überbesetzten öffentlichen Dienst bekannt, so hat sich dies seit einigen Jahren drastisch geändert. Ob bei der Polizei, in Bürgerämtern oder in den Schulen, vielerorts wird nur noch in einer Notbesetzung gearbeitet. Als Folge zeigen sich immer öfter ganz offene Zeichen der Überlastung.

So ist im Fall des Horst-Korber-Sportzentrums nicht einmal klar, wie viele Asylbewerber überhaupt in den Hallen leben. Der Landessportbund ist der Meinung, viele Plätze in den Hallen seien gar nicht belegt. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) wiederum hat von 1000 Personen gesprochen, von denen viele aber tagsüber nicht zu sehen seien.                Norman Hanert


Die Schwäche der starken Neuen
von Theo Maass

In den USA hätte man zu derartigen Wahlen Super-Tuesday gesagt. An einem Dienstag finden dort bei den parteiinternen Vorwahlen in mehreren Bundesstaaten Abstimmungen statt, die dann meist den Weg zur Kandidatenkür für das Amt des US-Präsidenten weisen. Etwas Ähnliches fand am letzten Sonntag in Deutschland statt. In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt gab es Landtagswahlen, und sie gerieten zu einer Volksabstimmung über die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Urnengang etablierte endgültig eine konservativ-liberale bürgerliche Kraft rechts der CDU. Die Union, die SPD und die „Linke“ waren die großen Wahlverlierer. Die AfD will nun dafür sorgen, dass Debatten um Schicksalsfragen in Deutschland nicht mehr „ausgeklammert“ werden können.

In Sachsen-Anhalt gibt es jetzt drei große Parteien: die CDU mit Rainer Haseloff an der Spitze und 30 Prozent, die SED-Erben mit Wulf Gallert als Anführer der „Linken“ und 16 Prozent Stimmenanteil sowie die AfD mit ihren 24 Prozent als zweitstärkste Kraft. Die SPD als Volkspartei? Das war einmal.

Regierungsbildungen werden für die Union immer schwieriger, wenn sie den Anordnungen ihrer Bundeszentrale Folge leistet und keine Bündnisse mit der AfD ins Auge fassen will, die in Sachsen-Anhalt immerhin 15 der 43 Wahlkreise direkt gewonnen hat.

Die linke Tageszeitung „taz“ schrieb noch kurz vor der Wahl: „Wenn die AfD in Sachsen-Anhalt auf knapp 20 Prozent hochschnellt, muss noch niemand nervös werden. Das hat Ronald Schill auch geschafft – und wer erinnert sich an ihn?“

Schill trat 2001 sofort in eine Koalition mit der CDU ein, wo seine Partei letztlich verdampft ist. Wehe der AfD, sie erliegt der Versuchung zur Regierungsbeteiligung. Fast müssen Petry und ihre Mitstreiter den Widersachern Merkel oder Gabriel dankbar sein, dass sie keine Koalitionen mit der AfD eingehen wollen. Dort könnte die junge Partei, unerfahren, wie sie notwendigerweise noch ist, ein schnelles Ende finden.

Selbst Opposition spielen wird alles andere als leicht sein für die Neulinge. Die Oppositionsarbeit im Parlament bedeutet für die AfD die Aufzeigung von alternativer Sachpolitik. Die dafür erforderlichen fachkundigen Mitarbeiter zu rekrutieren könnte sich als schwierig erweisen. Welche jungen Fachleute nehmen das Risiko in Kauf, in ihrem späteren Lebenslauf eine Beschäftigung bei der AfD- Landtagsfraktion aufnehmen zu müssen? Wer will die Garantie dafür übernehmen, dass die AfD in einigen Jahren nicht wieder verschwunden ist? Der Aufbau wird hart für die „Blauen“, vor allem dort, wo sie am meisten gewonnen haben – in Sachsen-Anhalt.


Gerichte am Limit
Mehr Asylklagen für Berlin und Brandenburg

Berlins Gerichte bereiten sich auf eine Asyl-Klagewelle vor. Die Gerichte der Metropole seien aber gut vorbereitet, versichert der Präsident des gemeinsamen Oberverwaltungsgerichts (OVG), Joachim Buchheister. Ausschlaggebend für die Menge und Länge der Verfahren ist allerdings nicht die Landespolitik, sondern die Anerkennungspraxis im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – die hat für Berlin bisher kaum Syrer abgewiesen. Die erwarteten Klagen um Asylrechtsschutz hängen zudem stark von der weiteren Zuwanderung ab.

Buchheister erwartet für dieses Jahr deutlich mehr Verfahren abgelehnter Asylbewerber. Die Entwicklung beschleunige sich, so der Jurist auf der Jahrespressekonferenz des OVG. Von der Politik für Brandenburg wie für Berlin ursprünglich geplante Stellenstreichungen bei den Verwaltungsgerichten sind daher vom Tisch. Die Justiz der Mark will 15 weitere Richter einstellen, die überwiegend an den Verwaltungsgerichten arbeiten sollen.

Auch Berlin habe inzwischen alle Vorkehrungen getroffen und personelle Lücken bei den Vorsitzenden der Kammern gefüllt. Im vergangenen Jahr registrierten brandenburgische Gerichte 5700 neue Asylrechtsfälle. Für die drei zuständigen Gerichte Brandenburgs stelle dies beinahe eine Verdopplung der Fallzahlen dar, so Buchheister. Berlin verzeichnete im gleichen Zeitraum mit 2300 neuen Klagen dagegen einen Rückgang um fünf Prozent zum Vorjahr. Verantwortlich für die noch ruhige Lage für die Verwaltungsrichter der Hauptstadt ist die Praxis des Bundesamts, das nur wenige Asylanträge abgelehnt hat. Daher gelangten an der Spree nur wenige Fälle vor die nächsthöhere Instanz OVG: 93 im vergangenen Jahr, im Gegensatz zu 54 im Jahr 2014.

In vielen Fällen urteilte ein Richter allein. Berufung sei nur zulässig, wenn dem Urteil grundsätzliche Rechtsfragen entgegenständen. Ein Urteil in höherer Instanz prüfen zu lassen, könne „in bestimmten Fällen sinnvoll“ sein, so Buchheister. Der Richter sprach kritisch die politischen Bemühungen an, den rechtlichen Einspruch noch auszuweiten: Eine Berufungsmöglichkeit in allen Fällen, für die „ernstliche Zweifel“ an der erst­instanzlichen Entscheidung angemeldet werden, sehe er mit „Kopfschmerzen“. Es  bestehe die Gefahr, dass Asylprozesse „in einer ganz anderen Dimension“ begonnen würden.     SG


Schon wieder verhauen
»Aufstand der Anständigen« für BER endet als Blamage

Der Bau des Berliner Skandalflughafens BER kommt in kein ruhiges Fahrwasser: Nur Tage nachdem BER-Technikchef Jörg Marks einen „Aufstand der Anständigen“ zur rechtzeitigen Fertigstellung forderte, folgt eine geradezu unanständige Ernüchterung – sein Plan geht nicht auf. Der von Marks gerade als „alternativlos“ betitelte Großbau wird jedenfalls nicht, wie von ihm anvisiert, im Herbst 2017 fertig.

Das zuständige Bauordnungsamt fordert jetzt Nachbesserungen bei der Entrauchungsanlage. Der Brandschutz funktioniert demnach immer noch nicht. Eine Verschiebung des gesamten Projekts in das Jahr 2018 mit weiteren Folgekosten wird kaum mehr zu vermeiden sein.

Genau das wollte Marks verhindern, als er Anfang März seinen Weckruf an die Politik startete. In einem internen Schreiben bereitet Marks nun seine Mitarbeiter auf das mögliche erneute Scheitern des Eröffnungstermins vor. Es wäre insgesamt die fünfte Verschiebung des BER-Starts. „Wir müssen die Anforderungen des Bauordnungsamts einbeziehen und sehen, wie wir die Nachbesserungen umsetzen können“, sagte ein Flughafensprecher.

Nach außen will Marks sich noch nicht von seinem Termin verabschieden und ließ den Sprecher verkünden: „Man muss die Auswirkungen bewerten.“ Der für das Bauordnungsamt Dahme-Spreewald zuständige Landrat Stephan Loge (SPD) habe zugesichert, Probleme „baubegleitend“ zu lösen. Verzögerungen sollten so vermieden werden. Marks und die Politik wollten das drohende Scheitern des Zeitplans auch nach einer Krisensitzung am 11. März nicht eingestehen – dank „globaler Erwärmung“ könne man auch Weihnachten bauen, so BER-Chef Karsten Mühlenfeld.

Der „Gesamtmonatsbericht Januar 2016 der Bauüberwachung“ hält indes noch weitere Probleme fest: Alle nötigen restlichen Bauleistungen sind demnach deutlich hinter Plan. Dieser verbleibende „Gesamtleistungsstand“ betrage nur 38 Prozent, magere vier Prozentpunkte mehr als im Vormonat. Die Baustelle sei zudem „ungenügend“ besetzt. Der Bericht erteilt Marks’ Beschleunigungsplänen eine Absage: Da Arbeitskräfte nur bis zu einer bestimmten Zahl gleichzeitig einsetzbar seien, lasse sich der Nachholbedarf bei immer mehr Verzug nicht mehr durch mehr Bauarbeiter ausgleichen. Für die Öffentlichkeit beharren die verantwortlichen Planer weiterhin auf der Eröffnung 2017.     SG


S. 6 Ausland

Wettrüsten im Südchinesischen Meer
China verlegt Jagdflugzeuge auf Paracel-Insel – USA reagieren mit Entsendung eines Flottenverbandes

Im informativen Windschatten des Krieges in Syrien entsteht Tausende von Kilometern entfernt ein Sprengsatz, dessen Detonation die Verwüstungen in Nahost bei Weitem übertreffen könnte. Es geht um das Südchinesische Meer und verschiedene Inselgruppen, die von China beansprucht werden. Um Zweifel an seiner Lesart auszuräumen, hat Peking in den letzten Monaten auf dem Paracel-Archipel und den Spratly-Inseln Fakten geschaffen.

Ende Februar verlegte China Jagdflugzeuge vom Typ Shenyang J-11 und Xian JH-7 sowie ein System von Fla-Raketen-Komplexen des Typs HQ-9 auf Woody, eine der Paracel-Inseln. Die USA antworteten umgehend mit der Entsendung eines Flotten-Verbandes, dem der Flugzeugträger „John C. Stennis“, zwei Torpedobootszerstörer, zwei Kreuzer und ein Flaggschiff der 7. US-Flotte angehören. Peking beharrt darauf, dass China das Recht habe, eine solche „Verteidigungs-Infrastruktur“ zu errichten. Unabhängig davon, dass Taiwan wie Vietnam Anspruch auf die Paracel erheben, ebenso wie diese beiden Staaten und die Philippinen, Brunei sowie Malaysia auf die Spratlies, steht zweierlei fest: Erstens: Die ersten Spuren einer Besiedlung der Atolle stammen aus dem 7. Jahrhundert und sind von Chinesen. Zweitens: Mögen auch die Nachbarn den Chinesen den Besitz streitig machen, so sind diese im Besitz der Inseln. Das ist die Macht des Faktischen.

Wer mit Sicherheit keinerlei Rechte geltend machen kann, sich aber dennoch in den Streit einmischt, sind die USA. So hat im Januar die US-Marine den Raketen-Zerstörer „Lassen“ in die umstrittenen Gewässer geschickt, schon im Januar war der Zerstörer „Curtis Wilbur“ vor den Paracel-Inseln aufgetaucht. Diese Vorfälle kommen einer bewussten und gewollten Provokation gleich. In Peking wurde das auch umgehend so bezeichnet; die USA, so hieß es, verletzten Souveränität und nationale Interessen Chinas. Die Agentur Xinhua schrieb: „Obwohl China dazu aufruft, nicht gegen die Ruhe im Südchinesischen Meer zu verstoßen, haben die USA eine weitere ‚Mission zum Schutz der freien Schiffahrt‘ absolviert.“

Damit nicht genug. Washington verhandelt mit Australien über Rechte für die Stationierung von nuklearfähigen Langstreckenbombern der Typen Boeing B-1 und B-52 sowie Tankflugzeugen. Im vergangenen Jahr hatte Australien solche Pläne geleugnet. Jetzt erklärte die Kommandeurin der US-Luftwaffe im Pazifik, Generalin Lori Robinson, erneut, man sei darüber im Gespräch, „Rotationskräfte, Bomber und Panzer“ in Australien zu stationieren. Die Bomber würden auf Stützpunkten in Tindal und Darwin in Nordaustralien stationiert.

Der chinesische Marinechef Wu Shengli bezeichnete das Vorgehen der USA als provokativ, weil ein „kleiner Zwischenfall einen Krieg in der Region provozieren“ könne. Das scheint die USA wenig zu kümmern. Nach einem recht frischen Bericht des „Zentrums für Strategische und Internationale Studien (CSIS)“ im Auftrag des Pentagon mit dem Titel „Wende Richtung Asien-Pazifik-Region: Möglichkeiten, Präsenz, Zusammenarbeit“ soll die „physische Präsenz der USA in der Region ausgedehnt werden: Die Militärstützpunkte in Japan, Südkorea, Australien und auf der Guam-Insel sollen verstärkt und die asiatisch-pazifische Flotte (United States Pacific Fleet) aufgerüstet werden.“ Die CSIS-Experten empfehlen, einen weiteren Flugzeugträger und mehrere Atom-U-Boote der Los-Angeles-Klasse auf der Guam-Insel und im Indischen Ozean zu stationieren, um den globalen Handel besser kontrollieren zu können.

Derweil steht nach Ansicht westlicher Experten zu erwarten, dass noch in diesem Jahr der erste in China gebaute Flugzeugträger vom Stapel laufen werde. Gleichzeitig dürfte in der Werft Jiangnan ein weiterer Flugzeugträger auf Kiel gelegt werden. Vorerst hat China keine Kriegsschiffe dieser Klasse aus eigener Produktion. Der einzige Flugzeugträger, „Liaoning“, über den China derzeit verfüht, stammt aus der früheren Sowjetunion. Auch wenn China derzeit zur See den USA militärisch noch unterlegen ist, so glaubt doch der russische Marine-Experte Michail Nenaschew: „Es ist nur eine Frage der Zeit. In Bezug auf die Marine-Präsenz in seiner Region und nahe den eigenen Hoheitsgewässern wird sich China in etwa fünf Jahren mit den USA messen können.“

Das dürfte auch im Pentagon bekannt sein, nicht umsonst verstärken die USA ihre Präsenz im pazifischen Raum. Die chinesische KP-Zeitung „Renmin Ribao“ stellt fest: „Die USA wollen den zunehmenden Einfluss Chinas im Südchinesischen Meer eindämmen und ihre Herrschaft auf See festigen. China verteidigt resolut seine nationale Souveränität und seine Sicherheit. Falls die USA ihr Vorgehen im Südchinesischen Meer fortsetzen, wird China gezwungen sein, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen.“

Noch versucht es China mit diplomatischen Mitteln und weist Washington die Verantwortung für die zukünftige Entwicklung zu: „Wir wollen keinen militärischen Konflikt mit den Vereinigten Staaten, aber wenn er kommt, dann müssen wir das akzeptieren.“ Damit zeigt China, dass es lediglich die eigenen regionalen Interessen gewahrt wissen will, während sich die USA global in die internen Angelegenheiten anderer Länder einmischen.

Doch zu den gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen gehören auch solche militärischer Art. Geht es nach der Rhetorik, so sind die Chinesen schon jetzt zu einem Waffengang bereit. „Wenn es die US-amerikanische Grundhaltung ist, dass China seine Aktivitäten zu stoppen hat, dann ist ein amerikanisch-chinesischer Krieg im südchinesischen Meer unvermeidlich“, meint die „Global Times“.         Florian Stumfall


Kleiner, aber effizienter
Militärreform macht Chinas Streitkräfte reif fürs 21. Jahrhundert

Der chinesische Präsident Xi Jinping gab am 3. September 2015 während der Militärparade in Peking zum 70. Jahrestag des Sieges über Japan im Zweiten Weltkrieg bekannt, die Volksbefreiungsarmee (VBA) um 300000 Soldaten reduzieren zu wollen. Auf einer Tagung der Zentralen Militärkommission (CMC), deren Vorsitzender er ist, nannte Xi im vergangenen November erstmals konkret die ehrgeizigen Ziele der Militärreform. Und im Januar dieses Jahres hat die Umstrukturierung bereits begonnen.

Die größte Veränderung stellt dabei die Ersetzung der vier Allgemeinen Abteilungen der CMC durch 15 neue Abteilungen mit spezifischeren Aufgaben dar. Die Abteilung Generalstab (GSD), die den Oberbefehl über die Streitkräfte hatte und die bisherigen sieben Militärregionen der Volkrepublik kontrollierte, ist zur Abteilung Vereinigter Generalstab geworden und nur noch eine Kommandozentrale im engeren Sinne, ähnlich dem amerikanischen Joint Chiefs of Staff. Was einem gemeinsamen Gefechtsstand, der bei der VBA bereits seit dem Irakkrieg 2003 im Gespräch war, lange im Wege stand, war die Fixierung auf die Armee und die konservative Einstellung der militärischen Führung.

Die geheimdienstlichen Tätigkeiten des GSD verrichtet nun die neu geschaffene Strategische Nachschubtruppe (SSF), Nachfolgerin der Allgemeinen Nachschubabteilung, die im Sinne einer integrierten Strategie gleichzeitig zuständig ist für die Entwicklung von Luft- und Raumfahrt. Auf dem modernen Schlachtfeld sind Satellitenpositionierung, Kommunikation und Fernerkundung Schlüsselfaktoren.

Die Allgemeine Politische Abteilung (GDP) hat ihre Kontrolle über das militärische Rechtssystem zugunsten der neugeschaffenen Kommission für Politik und Recht verloren. Ihr Monopol, was Disziplin, Sicherheit und Personalaufgaben anging, ist damit dahin.

Die Allgemeine Rüstungsabteilung (GAD) stufte man erheblich herunter. Sie hat ihre zentrale Rolle bei der Entwicklung von militärischer Ausrüstung eingebüßt, da gemäß den neuen Richtlinien jede Waffengattung dafür selber zuständig sein soll.

Der lange mit dem Tarnnamen „Zweites Artilleriekorps“ versehene vierte, völlig unabhängige Teil der VBA erhielt endlich einen passenden Namen. Dieser mit der russischen Strategischen Raketentruppe vergleichbaren Teilstreitkraft unterstehen nämlich seit 1966 alle interkontinentalen sowie ballistischen Raketen mittlerer und kurzer Reichweite der Volksrepublik.

Der Übergang von Militärregionen zu Gefechtszonen mit einem in seinem Zuständigkeitsbereich (AOR) flexibel agierenden Befehlshaber verbessert die Leistungsfähigkeit der chinesischen Streitkräfte erheblich. Doch nur durch eine bessere Integration und Koordination der vier Teilstreitkräfte wird die VBA eventuell eines Tages auch dem US-Militär gewachsen sein. Eine höhere Effizienz gehört daher zu den Prämissen Xis.

Gleichzeitig rekrutiert er zunehmend hohe Offiziere aus der bisher weniger privilegierten Luftwaffe und Marine. Von der Schaffung neuer Loyalitäten verspricht sich Xi eine bessere Kontrolle des Militärs durch die Kommunistische Partei.

Taiwan und andere Nachbarstaaten haben nun fünf Jahre Zeit, sich darauf einzustellen, dass die VBA im 21. Jahrhundert angekommen ist. Markus Matthes


Gebaren eines Sultans
Erdogan lässt Kritiker wegen Majestätsbeleidigung verfolgen

Wegen Beleidigung des türkischen Präsidenten Tayyip Erdogan wird seit dessen Amtsantritt im August vergangenen Jahres in mindestens 230 Fällen ermittelt. Es trifft vor allem Politiker, Journalisten, Schauspieler, aber auch eine frühere Schönheitskönigin, ein Fußballstar und sogar Kinder sind darunter. Nicht wenige Male erfolgte die Anzeige von einfachen Bürgern, oft jedoch auch durch das Präsidentenamt. So muss sich beispielsweise ein türkischer Philosophieprofessor wegen Präsidentenbeleidigung vor Gericht verantworten, weil er in einem Artikel einen Prozess gegen Staatschef Erdogan wegen Korruption und Verstoßes gegen die Verfassung gefordert hatte.

Überproportional häufig trifft es Karikaturisten. Obwohl der türkische Ministerpräsident Erdogan im Januar 2015 noch unter dem Motto „Je suis Charlie“ mit durch die Straßen von Paris zog, gilt das nicht, wenn sich türkische Karikaturisten mit ihm auseinandersetzen. Zwei bekannte türkische Spötter vom Satiremagazin „Penguen“, der größten und bekanntesten Satirezeitschrift der Türkei, wurden wegen Majestätsbeleidigung verurteilt. Sie hatten Erdogan nach seiner Wahl zum Präsidenten im Sommer letzten Jahres für die Titelseite gezeichnet und ihn dort in der Sprechblase fragen lassen, warum zur Feier seiner Amtseinführung keine Journalisten geschlachtet worden seien.

 Jetzt wurde bekannt, dass unter den der Majestätsbeleidigung Angeklagten auch der türkische Fußballstar Hakan Sükür ist. Sükür, der 2002 die Türkei auf den dritten Platz der Fußballweltmeisterschaft in Südkorea geschossen hatte und als größter türkischer Fußballer aller Zeiten gilt, drohen vier Jahre Gefängnis. Der „Stier des Bosporus“, wie er in der Türkei auch genannt wird, soll auf seinem Twitter-Konto die Beleidigungen vollzogen haben. Da kritischer Journalismus im Fernsehen und den großen Zeitungen kaum noch möglich ist, weichen die Leute aufs Internet aus, doch auch wegen ihrer Tweets werden jetzt häufig Menschen vor Gericht gestellt. Sükür hatte den Fehler begangen, nach dem Ende seiner Fußballerkarriere eine politische angestrebt zu haben und dies auch noch innerhalb der islamistischen Gerechtigkeitspartei von Erdogan, die seit dem Jahr der Fußballweltmeisterschaft in Südkorea an der Macht ist. Als Parlamentsabgeordneter dieser Partei widersetzte sich Sükür einer Entscheidung von Erdogan, seinen einstigen Gönnerzu bekriegen, Fethullah Gülen. Sükür ist ein Anhänger des in den USA lebenden Predigers, der vor zwei Jahren bei Erdogan in Ungnade gefallen ist.

Kritiker bezeichnen Erdogan längst als Sultan von Ankara. Dazu passt auch der Straftatbestand der Majestätsbeleidigung. Ibwohl die Türkei bereits seit 1923 eine Republik ist, zeigt Erdogan immer mehr Züge eines Monarchen. So hat er bereits vor seinem Amtsantritt angefangen, sich ein imposantes Schloss in Ankara zu bauen. Der Vorgängerbau, der noch von Kemal Atatürk einem ermordeten Armenier abgenommen worden war, war ihm zu schäbig geworden. Auch im letzten Schloss der Osmanen in Istanbul, dem Gülhane-Palast, wird Erdogan immer präsenter, so als ob er bereits der neue Sultan sei. Analog zum letzten Sultan Abdulhamid, der sich auch zum Kalifen machte, scheint sich auch Erdogan nicht mit der Rolle eines weltlichen Oberhauptes zu begnügen, sondern greift auch nach der geistlichen Macht. Gerade dass Erdogan den Spott seiner Untertanen so sehr fürchtet, deutet darazuf hin, dass er sich seiner Macht nicht sicher ist.    Bodo Bost


MELDUNGEN

Grenzzäune gegen Asylanten

Riga – Seit der Ukrainekrise sorgen sich die baltischen Staaten verstärkt um die Sicherheit ihrer Grenzen. In Lettland soll für 17 Millionen Euro ein zwei Meter hoher und 90 Kilometer langer Zaun an der Grenze zu Russland hochgezogen werden. Auch Litauen und Estland verschärfen die Personenkontrollen an den Übergängen. Nach Schließung der Balkanroute befürchten die Länder, zur Ausweichroute in die EU zu werden. Sie misstrauen Russland, das Tausende Asylsuchende durchlassen könnte. Nahrung erhält diese Sorge dadurch, dass im vergangenen Jahr rund 6000 Asylbewerber über Russland nach Finnland und Norwegen eingereist sind.          MRK

 

Drohensüchtige suchen Eger heim

Eger [Cheb] – Das westböhmische Eger wird von einer Landplage der besonderen Art heimgesucht. Seit Jahren strömen deutsche Obdachlose und Drogensüchtige in die Region, wo sie leichter Unterschlupf und „Stoff“ finden. Fast jeder Zug aus dem benachbarten Hof bringt weitere Zuzügler. Was die so treiben, haben Ende Februar die Sozialbehörden unter Leitung von Bürgermeister Petr Navrátil detailliert untersucht. Demnach handelt es sich um mehrere hundert deutsche Herumtreiber, darunter in wachsendem Maße Jugendliche und junge Erwachsene. Sie behaupten, sie „brauchen keine Hilfe“, fallen aber medizinischen, sozialen und karitativen Einrichtungen zur Last. Das Gros lebt bereits drei und mehr Jahre hier, ihre Unterkünfte – Klöster, leerstehende Häuser, verlassene Kasernen – verwandeln sich in Brutstätten der Gelbsucht. Die Polizei in Eger ist machtlos und bemüht sich um Verstärkung aus Falkenau und aus Karlsbad.     W.O.


S. 7 Wirtschaft

Patienten sollen Politikfehler ausbaden
Drohende Beitragserhöhungen wegen Masseneinwanderung und EZB-Niedrigzinspolitik

Die Gesetzlichen Krankenkassen haben im vergangenen Jahr ein Defizit in Milliardenhöhe eingefahren. Für 2015 beläuft sich das Minus auf insgesamt 1,14 Milliarden Euro. Das geht aus dem vorläufigen Finanzergebnis 2015 hervor, welches das Bundesgesundheitsministerium vor Kurzem veröffentlichte.

Auf den ersten Blick scheint dieses Resultat nicht besorgniserregendzu sein, weil die Kassen in den vergangenen Jahren immense Rücklagen gebildet haben. Ihre Gesamtreserve betrug zum Jahreswechsel 24,5 Milliarden Euro.

Das Negativ-Ergebnis führt die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) vor allem darauf zurück, dass sie die Versicherten durch niedrige Zusatzbeiträge im vergangenen Jahr entlastet habe. Dafür sind bei einigen Kassen die Grundtarife angehoben worden. Dass viele Kassen ihren Zusatzbeitrag im Jahr 2015 im Vergleich zum Sonderbeitrag aus dem Jahr 2014 abgesenkt hätten, zeige, dass der Wettbewerb zwischen den Kassen um niedrige Zusatzbeiträge funktioniere, teilt das Gesundheitsministerium mit.

Doch innerhalb der GKV kommt seit Wochen eine Debatte in Gang, welche die Bundesregierung am liebsten abwürgen würde. Hinter den Kulissen tobt eine Auseinandersetzung zwischen den Kassen und dem Finanzministerium darüber, wer für die gesundheitliche Versorgung von Asylsuchern aufkommen muss. Die Regelung sieht derzeit wie folgt aus: Nach der Ankunft in einer Erstaufnahmeeinrichtung zahlen die Länder die erste „gesundheitliche Statuserfassung“ und mögliche Impfungen. In den ersten 15 Monaten zahlen dann die Kommunen die Behandlungskosten für Zuwanderer an die Krankenkassen. Einige Bundesländer haben mittlerweile eine Gesundheitskarte eingeführt. „Mit dieser kann der Asylbewerber bei einer akuten Erkrankung direkt einen Arzt aufsuchen und muss nicht zunächst zur Gemeinde, um sich einen Behandlungsschein ausstellen zu lassen“, erklärte ein Sprecher der AOK Nordwest gegenüber dem „Focus“. Dies verringere den Verwaltungsaufwand, die GKV erhalte hierfür eine Bearbeitungspauschale.

Nach 15 Monaten Aufenthalt in der Bundesrepublik haben Immigranten, deren Asylantrag bewilligt wurde, genauso wie Hartz-IV-Empfänger Anspruch auf eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ab diesem Moment ist der Bund für die Erstattung zuständig. Pro Person zahlt der Bund pauschal 90 Euro pro Monat an die Krankenkassen. Doch dieser Beitrag deckt die Kosten nicht, die diese im Gesundheitssystem verursachen. Und durch die weit mehr als eine Million Einwanderer im Jahr 2015 verschärfe sich die Lage, heißt es aus Versicherungskreisen. „Pro 100000 Asylsucher entsteht so in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Defizit von 120 Millionen Euro im Jahr“, schreibt die „Frankfurter Rundschau“. Bis zum Jahr 2017 könne das Defizit auf eine Milliarde Euro anwachsen. Weil Zuwanderer auf absehbare Zeit wenig in die gesetzlichen Krankenkassen einzahlen werden, fordert Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery von der Bundesregierung einen Steuerzuschuss. Er kritisiert, dass der Staat für Hartz-IV-Empfänger, zu denen anfangs sicher viele Immigranten gehören werden, zu wenig an die gesetzlichen Krankenkassen überweise. „Hier muss man nachbessern, nicht nur weil Asylsucher dazukommen.“

Ein Schlüssel zur Lösung liegt in der Hand von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Um die Löcher zu stopfen, könnte er den Steuerzuschuss für die Gesetzliche Krankenversicherung deutlich erhöhen. Derzeit überweist er 14 Milliarden Euro im Jahr, 2017 sind bisher 14,5 Milliarden Euro eingeplant. Schäuble gilt generell als Gegner dieses Zuschusses, eine Steigerung lehnt er kategorisch ab, da er immer noch von der „schwarzen Null“ im Bundeshaushalt träumt. Aus dem Gesundheitsministerium kommt nun allerdings Widerspruch. Werde die Zahlung des Bundes nicht erhöht, dann drohten 2017 „zusatzbeitragsrelevante Mehrbelastungen“, heißt es in einem internen Papier. Händeringend wird nun nach einem Kompromiss gesucht. Eine Diskussion darüber, ob die Kassenbeiträge aufgrund der Flüchtlingskrise kurz vor der Bundestagswahl steigen, gilt als Super-Gau.

Doch nicht nur die GKV plagt sich mit düsteren Zukunftsaussichten, auch die Privaten ächzen unter den Folgen der aktuellen politischen Lage. Seit der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, die Zinsen niedrig hält, erwirtschaften viele Versicherer mit ihren Kapitalanlagen weniger als kalkuliert. Sinkt der Rechnungszins, muss die Lücke über Beitragserhöhungen gefüllt werden. Bei der DKV, Deutschlands zweitgrößtem privaten Krankenversicherer, steigen die Tarife zum April teilweise um bis zu 130 Euro im Monat. „Alleine die niedrigen Zinsen führen zu einer Beitragssteigerung von drei bis fünf Prozent“, erklärte ein DKV-Sprecher gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“. Das Blatt konstatiert, dass die „Wucht der Zinspolitik“ nun beim Bürger ankommt. „Mussten Sparer oder Lebensversicherer bisher mit ansehen, dass ihr Erspartes etwas geringer ausfällt, hatte dies eher etwas Virtuelles. Nun sind aber konkret Hunderttausende von zum Teil rapiden Mehrkosten betroffen“, schreibt die Zeitung. Die Probleme sollen zum Teil allerdings auch hausgemacht sein. Viele Anbieter hätten junge Leute mit Billig-Tarifen geworben, die sie nun nicht mehr erfüllen könnten, heißt es bei der Kölner Rating-Agentur Assekurata.      

                Peter Entinger


Mangelnde Begabung
Vielen Asylsuchern fehlen nicht nur Deutschkenntnisse

Hieß es lange Zeit, mit den sogenannten Flüchtlingen kämen „gut ausgebildete Fachkräfte“ nach Deutschland, so machten sich inzwischen Ernüchterung und Skepsis breit. So machte der Bildungsökonom Ludger Wößmann darauf aufmerksam, dass zwei Drittel der jungen Syrer und nahezu ebenso viele junge Albaner selbst in ihrer Muttersprache nur einfachste Aufgaben lösen können. „Nach internationalen Bildungsstandards müssen sie in Bezug auf die Beteiligung an einer modernen Gesellschaft als funktionale Analphabeten gelten“, so Wößmann unlängst in einem Beitrag für die Fachzeitschrift „Forschung & Lehre“. „Diese Jugendlichen können in Deutschland, selbst wenn sie Deutsch gelernt haben, vermutlich kaum dem Unterrichtsgeschehen folgen, und ihnen wird zumeist die nötige Ausbildungsreife für die hiesigen Betriebe fehlen“, so die Warnung des Münchner Bildungswissenschaftlers.

Auf der Tagung „Talents in Motion“ des European Council for High Ability (ECHA), die Anfang März in Wien stattgefunden hat, ist inzwischen noch ein anderer Befund im Zusammenhang mit der Immigration nach Europa angesprochen worden. Jugendliche mit Immigrationshintergrund haben demnach im Durchschnitt nicht nur weniger Erfolg in der Schule als Einheimische, sie sind offenbar auch in Förderprogrammen für Begabte seltener vertreten.

Laut dem Psychologen Haci Halil Uslucan ist dafür ein kulturell verengter Blick auf den Begriff „Begabung“ die Ursache: „Wir haben hier einen verengten Blick auf das, was in Westeuropa als kulturell außergewöhnlich gut gilt.“ Aus Sicht Uslucans sind Tests so sprachlastig oder auf die hiesige Kultur fokussiert, dass „Zuwandererkinder dabei nicht ihre Stärken zeigen können“. „Gerade im Kontext der Flucht- und Zuwanderungsdebatte kann es Menschen geben, die etwas außergewöhnlich gut können, für die wir aber keine Wertschätzungen in Industriegesellschaften haben, weil sich das hier nicht rentiert, finanziell auszahlt oder eine gesellschaftliche Reputation fördert.“ Neben Lehrern, Erziehern und Psychologen sind aus Uslucans Sicht deshalb auch Kulturschaffende gefragt, Leistungen aus anderen Kulturkreisen wie den türkischen Kolbasti-Tanz oder das Spielen der Langhalslaute Saz stärker zu würdigen, so der Psychologe gegenüber der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“. Gefordert wurde von Uslucans in diesem Zusammenhang ein breiterer Begriff von Begabung.

Nicht auszuschließen ist, dass derartige Forderungen nach einer Neudefinition des Begriffs „Begabung“ langfristig tatsächlich in die Bildungspolitik einfließen. Beitragen dürfte dies zu einer weiteren Aufweichung des klassischen Bildungsbegriffs. Aus Sicht des Bildungsexperte Hans-Peter Klein befindet sich Deutschland mit dem vor einiger Zeit eingeführten „progressiven“ Bildungskonzepten schon jetzt „auf dem Weg in die Inkompetenz“. In einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“ warnte Klein vor der Kompetenzorientierung in der Bildungspolitik, welche die Vermittlung von Bildung und Wissen verdrängt. Das Ziel sei die Hochschulreife für jeden, der einen Text lesen und verstehen kann. „Man muss nur wissen, wo es steht“, so der Bildungsforscher.             Norman Hanert


Grexit wieder aktuell
Trotz Rettungspaketen nehmen Griechenlands Finanzprobleme zu

Nach drei Rettungspaketen inklusive einem massiven Schuldenschnitt wird nun erneut die Möglichkeit eines Grexit, eines Austritts Griechenlands aus der Euro-Zone, zum Thema. Wie der britische „Guardian“ berichtet, diskutieren in Griechenland Geschäftsleute und Banker in vertraulichem Gespräch die Möglichkeit, bei einer weiteren ökonomischen Zuspitzung eine Parallelwährung zum Euro einzuführen. Gikas Hardouvelis wird mit den Worten zitiert: „Ich glaube, die Situation ist gefährlicher als im letzten Sommer“, so die Einschätzung des des ehemaligen griechischen Finanzministers.

Vor dem Hintergrund, dass Griechenland inzwischen mehrere Rettungspakete erhalten hat, kann die neu aufgeflammte Diskussion um einen Grexit nur als Zeichen eines Scheiterns der bisherigen „Rettungsstrategie“ gewertet werden. Immer stärker drängt sich der Verdacht auf, dass Griechenland als Mitglied der Euro-Zone nicht wieder auf die Beine kommen wird. Tatsächlich hat sich die Lage Griechenlands seit dem letzten Rettungspaket im August 2015 nicht verbessert. Mit einer Jugendarbeitslosigkeit von rund 50 Prozent und einer allgemeinen Arbeitslosenquote von fast 25 Prozent bildet Griechenland das Schlusslicht Europas. Erschwerend ist nun hinzugekommen, dass infolge der illegale Massenzuwanderung über die griechischen Inseln die Buchungszahlen von Reisenden drastisch einbrechen und der Tourismus immer größeren Schäden nimmt.

Eingetreten ist obendrein eine Situation, die einige Beobachter bereits im Jahr 2015 prognostiziert hatten. So hatte ein Wirtschaftsforscher in einer Analyse für den Wirtschaftssender CNBC im vergangenen Jahr gemutmaßt, dass die Stimmung in den ersten Wochen und Monaten des Jahres 2016 bei den Geldgebern Griechenlands kippen werde.

Tatsächlich scheint die Geduld mit Griechenland vor allem beim Internationalen Währungsfonds (IWF) inzwischen aufgebraucht zu sein. Selbst unter dem Druck seiner Mitgliedsstaaten stehend, verlangt der IWF etwa, dass in Griechenland zusätzliche Maßnahmen im Volumen von neun Milliarden Euro umgesetzt werden. Erklärtes Ziel ist es, in den kommenden Jahren ein Plus im Staatshaushalt zu erreichen. Dafür hält man es beim Währungsfonds für nötig, dass Griechenland Erleichterung bei den Schulden erhält, aber auch noch tiefere Einschnitte ins griechische Rentensystem vorgenommen werden.

Der letzte Punkt ist aus Sicht der Regierung in Athen politischer Selbstmord. Proteste und Straßenblockaden, die das Land seit Jahresanfang überzogen haben, lassen zweifeln, dass weitere Reformen und Einsparungen noch umsetzbar sind.

Auf der anderen Seite läuft Griechenland die Zeit davon. Im Sommer muss Griechenland größere Zahlungen leisten. Eine weitere Rate aus dem im Sommer 2015 aufgelegten dritten Rettungspaket wollen die Geldgeber aber erst auszahlen, wenn es eine Einigung mit Athen gibt.

Dazu gekommen sind inzwischen auch noch Meinungsverschiedenheiten zwischen den Geldgebern IWF und Eurogruppe. Einig ist man sich, dass Griechenland Erleichterungen bei der Schuldenrückzahlung braucht, strittig ist, wie groß das Entgegenkommen ausfallen und wer die daraus resultierenden Verluste schultern soll. N.H.


MELDUNGEN

Konsumbremse Zuwanderung

Wien – Einer Analyse des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) zufolge hat der starke Anstieg der Einwanderung in die Alpenrepublik den Lohndruck erhöht, sodass in der Folge Konsum und Wachstum gelitten hätten. Das Wifo rechnet damit, dass der Überhang auf dem Arbeitsmarkt weiter zunehmen wird und sich der Lohndruck vor allem in den unteren Einkommensgruppen weiter verschärft. Das Wifo gilt mit seinem jährlichen Budget von rund 12,5 Millionen Euro als größte Denkfabrik des Landes.              N.H./PAZ

 

Kontrollen bei Rüstungsexporten

Berlin – Wie schon bei Kriegswaffen, will die Bundesregierung künftig auch beim Export von sonstigen Rüstungsgütern nach der Lieferung „Vor-Ort-Kontrollen“ durchführen, um die Angaben der Empfänger über den Verbleib der Güter zu überprüfen. Die Empfänger müssen sich bei der Abgabe der sogenannten Endverbleibserklärung verpflichten, diese Kontrollen zu dulden. Damit führt Deutschland als erstes EU-Mitglied ein System ein, bei dem die Rüstungsexportkontrolle nicht mit dem Erteilen einer Genehmigung endet. J.H.


S. 8 Forum

Schlecht gelaufen
von Florian Stumfall

In den Beziehungen zwischen Moskau und Ankara herrscht Eiszeit. Seit im November des vergangenen Jahres die türkische Luftwaffe ein russisches Kampfflugzeug, das über Syrien operierte, abgeschossen hat und sich überdies die Hinweise darauf mehren, dass dies auf oberste Anordnung geschah, läuft es schlecht für die Türkei. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte den Luftzwischenfall damals einen „Stoß in den Rücken“ genannt und „ernsthafte Folgen“ angekündigt. Diese sind in der Zwischenzeit eingetreten.

Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass sich die Türken eine wesentliche Restriktion im Handel mit Russland selbst zuzuschreiben haben. Trotz des angespannten Verhältnisses zwischen den beiden Ländern bestand bei den jüngsten Verhandlungen über die Einfuhr von Erdgas aus Russland die türkische Seite auf erheblichen Import-Rabatten. Nachdem sich die Partner darüber nicht einig werden konnten, kürzte der russische Energie-Riese Gazprom seine Lieferung um fast ein Viertel. Damit geht der gesamte russische Export von Erdgas in die Türkei um 23 Prozent zurück. Diese Entwicklung fällt umso mehr ins Gewicht, als zuvor das Projekt „Turkish Stream“ gescheitert war. In dessen Rahmen sollte russisches Gas über die Türkei nach Europa geleitet werden, als Ersatz für das bereits vereinbarte Projekt „South Stream“, das die EU auf Druck aus den USA zu Fall gebracht hatte.

Seit Dezember 2015 ist auch ein russischer Lebensmittelboykott in Kraft. Er betrifft neben weiteren Agrarerzeugnissen Geflügel, Tomaten, Gurken, Zwiebeln, Orangen, Trauben und Äpfel. Derzeit sind in der Türkei 190000 Tonnen Obst und Gemüse eingelagert, die für Russland vorgesehen waren – verderbliche Ware, die man wohl abschreiben kann. Die Liste der Sanktionen gegen die Türkei ist damit nicht zu Ende. Seit Beginn dieses Jahres ist es russischen Arbeitgebern verboten, türkische Staatsbürger neu einzustellen. Außerdem wurde die Visafreiheit für Türken, die seit 2010 gegolten hatte, wieder aufgehoben. Die Arbeit im Rahmen der russisch-türkischen Kommission für Handels- und Wirtschaftszusammenarbeit dürfte eingestellt werden. Auch im Bausektor kommt es für die Türken zu Einbußen. Moskau erlebt seit Jahren einen Bau-Boom, von dem auch türkische Firmen profitieren. Das steht nun in Frage. Von Regierungsprojekten sind die Türken bereits ausgeschlossen.

Der Bereich der türkischen Wirtschaft, der die Sanktionen mit am meisten zu spüren bekommen dürfte, ist der Tourismus. Zehn Prozent aller Türkei-Reisenden kommen aus Russland, im Jahr vier Millionen. Seit die russische Regierung ihren Bürgern nahegelegt hat, von Türkei-Reisen abzusehen, sind die einschlägigen Buchungen landesweit völlig eingebrochen.

Für die Türkei werden sich diese Maßnahmen unangenehm bemerkbar machen, denn Russland ist ihr drittgrößter Handelspartner, während die Türkei für Russland nur den fünften Rang einnimmt.

Rückblickend dürfte die türkische Regierung daher nicht mehr viel Freude an dem Abschuss des russischen Kampfjets haben. Auch eine Anerkennung, die ihr dafür zuteil geworden ist, macht die Folgen nicht wett: Die Regierung in Kiew hat den türkischen Piloten, der die russische Maschine vom Himmel geholt hatte, zum „Helden der Ukraine“ ernannt.


Mazedonien sei Dank
von Bodo Bost

Nach Angaben des stellvertretenden griechischen Verteidigungsministers Dimitris Vitsas kommen seit Schließung der sogenannten Balkanroute nur noch rund 700 Menschen pro Tag auf den griechischen Inseln an. Vor der Schließung dieses von Bundeskanzlerin Angela Merkel im September geöffneten Ventils illegaler Zuwanderung lag die Zahl bei 2000 bis 3000 pro Tag. Dennoch gehörte Merkel auf dem EU–Türkei Gipfel zu den heftigsten Kritikern einer Schließung der Bal­kanroute.

Anders dagegen Bundesinnenminister Thomas de Maizière, der den deutlichen Rückgang der Asylbewerberzahlen in Deutschland auf dem Brüsseler Gipfel lobte: „Die Flüchtlingsbewegung entlang der Balkanroute hat nun das Ende erreicht.“ Die Zahl der in Deutschland ankommenden Zuwanderer betrage inzwischen „weniger als ein Zehntel der hohen Zahlen vom letzten Herbst“. Die Zeit des Durchwinkens sei vorbei, sagte de Maizière, ohne sich wohl mit seiner Kanzlerin abgesprochen zu haben. Der Schub-Effekt der Immigration, der durch die Kriege und desolate wirtschaftliche Lage in den Herkunftsländern erzeugt werde, sei zwar nicht verschwunden, aber der Sog-Effekt, der durch die offenen Grenzen und die nicht vorhandenen Schutzmaßnahmen in den Aufnahmeländern bislang erzeugt wurde, habe jetzt ein Ende gefunden.

Allerdings besteht der zweite große Sog-Effekt, die von der Merkel-Regierung propagierte unbegrenzte Aufnahmebereitschaft Deutschlands, weiter. Wie stark dieser ist, kann man an der griechisch-mazedonischen Grenze sehen. Dort sind Menschen gestrandet, die Hals über Kopf aus ihren Herkunftsländern einfach aufgebrochen sind, ohne sich vorher über die einzelnen Länder zu informieren, die zwischen ihrem Heimatland und Deutschland liegen. So ist vielen Flüchtlingen, die eigentlich nur Deutschland im Kopf hatten, gar nicht bekannt, dass Griechenland im Gegensatz zu Mazedonien ein EU- und sogar Schengen-Staat ist.

Von daher steigt auch die Zahl der Flüchtlinge, die in Griechenland gar kein Asyl beantragen wollen, sondern nur auf eine Weiterreise gewartet hatten. Pro Woche werden jetzt erstmals bis zu 300 Flüchtlinge wieder von Griechenland in die Türkei zurückgeschickt. Es handelt sich vor allem um Menschen aus Pakistan, Bangladesch, Marokko, Algerien und Tunesien. Zwischen Griechenland und der Türkei gilt seit 14 Jahren ein bilaterales Rück­führungsabkommen. Zumindest für diese Wirtschaftsflüchtlinge, die eigentlich gar kein Asyl wollen, sondern Asyltourismus betreiben, hat die Schließung der Balkanroute dazu geführt, dass Deutschland die  langwierige und kostenintensive Prüfung eines Asylbegehrens jetzt erspart bleibt. Mazedonien sei Dank.


Frei gedacht
Wahl egal: Rassistische Politik geht weiter
von Eva Herman

Während sich ein paar Leute in Deutschland vom Massenmedien-Getöse zu den Landtagswahlen am vergangenen Wochenende anstecken ließen, blieb die Faktenlage für ihre Zukunft gleichermaßen trostlos: Der Untergang der deutschen Kultur, der europäischen Vielfalt ebenso, ist beschlossene Sache. Daran wird auch ein AfD-lastiges Sachsen-Anhalt nichts mehr ändern. Gewiss, mancher politisch denkende Bürger hatte der untreuen Kanzlerin „ordentlich eins zu verpassen“ geglaubt, als er der AfD seine Stimme gab. Doch was hat er erreicht? Nichts! Und wenn ganz Deutschland unter AfD-Herrschaft käme, und wenn Frauke Petry sogar Bundeskanzlerin würde, nichts, rein gar nichts würde sich verändern: Die Beschlüsse zur Abschaffung Deutschlands und Europas Eigenständigkeit sind gefasst; die Auflösung individueller Kulturen, Tradition, der Sprache sowie ebenso die Beendigung der hellen Hautfarbe in Europa sind besiegelte Sache! Keine Sorge, die Beweise dafür liegen offen, die Zeit der Verschwörungen ist vorbei, da erwiesenermaßen ja alles, was wir täglich lesen und hören, Verschwörungen sind. Längst schon wurden diese Horrorpläne festgelegt, diese werden, nun für unsere Augen ganz deutlich sichtbar, Schritt für Schritt umgesetzt.

Wer bislang davon noch nichts gemerkt oder gehört haben will, ist indes selbst schuld: Spätestens seit letztem Jahr hätte er die Chance gehabt, aus seinem Tiefschlaf aufzuwachen, nachzuschauen, zu forschen. Denn dass der anschwellende und offenbar nie mehr enden wollende Flüchtlingsstrom nicht mit rechten Dingen zugeht, liegt klar auf der Hand für jeden gesunden Menschengeist. Noch weniger leuchtet das Verhalten Angela Merkels ein, die wie ferngesteuert wirkt mit ihrer Mantra-artigen Worthülsenschleife: Wir schaffen das. Obwohl sie noch vor zehn Jahren genau das Gegenteil gesagt hatte. Einen Quark schaffen wir das! Niemand kann das schaffen, kein Land der Welt, und das weiß auch jedermann. Wir sollen es auch gar nicht schaffen, aber je später die Öffentlichkeit dies bemerkt, umso reibungsloser lassen sich die Pläne umsetzen. Nur die Deutschen checken das offenbar immer noch nicht, während andere Länder sich inzwischen zu verbarrikadieren suchen, ihre Grenzen dichtmachen und Deutschland drohen. Aber, wie gesagt, es gibt immer noch große Teile der Bevölkerung, die bequem vor sich hin dösen, ziellos durch ihr sterbendes Land taumeln und die einfach abwarten, was „die da oben“ sich noch so alles ausgedacht haben. Die heillose Wut, die einen hin und wieder über so viel selbstverleugnende Ignoranz, über so viel vorsätzliche Todessehnsucht der eigenen Landsleute überkam, ist indes verflogen: Was stürzen will, soll doch endlich stürzen. Es hat eh keinen Wert mehr.

Wer es bis zu diesem Absatz geschafft hat, soll nun einige Fakten mit auf den Weg bekommen, über die er in einem ruhigen Moment gerne nachdenken mag. Ich werde diese Informationen nicht kommentieren, damit jeder unbeeinflusst damit umgehen kann. In einem Vortrag vor der L`Ecole Polytechnique im französischen Palaiseau sagte am 17. Dezember 2008 der damalige französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy wörtlich zu Europas Zukunft beziehungsweise zu den Plänen einer neuen Weltordnung: „Was ist also das Ziel? Das Ziel ist die Rassenvermischung! Die Herausforderung der Vermischung verschiedener Nationen ist die Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Es ist keine Wahl, es ist Verpflichtung. Es ist zwingend. Wir können nicht anders. Wir riskieren sonst die Konfrontation mit sehr großen Problemen. Wir werden uns wandeln müssen, und wir werden uns wandeln. Wir werden uns alle zur selben Zeit verändern: Unternehmen, Regierungen, Bildung, politische Parteien. Und wir werden uns zu diesem Ziel verpflichten! Wenn das nicht vom Volk freiwillig getan wird, dann werden wir staatliche, zwingende Maßnahmen anwenden.“

Weitere Fakten: Der Rat für Nachhaltige Entwicklung, dessen Sitz bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist, hat ein mehr als 200-seitiges Papier herausgegeben mit dem Titel „Dialoge Zukunft, Vision 2050“. Hierin wird die Zukunftsaussicht geschildert, die man bei der GIZ, die übrigens die Bundesregierung regelmäßig unterstützt bei der Verwirklichung ihrer Ziele der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung, in wenigen Jahrzehnten für Deutschland in einer „Art Neuer Weltordnung“ prognostiziert: Alles wird gleich sein. Menschen, Länder, Hautfarben. In der Rubrik „Verbarium“ wird ein fiktives Wörterbuch für ausgestorbene Begriffe im Jahr 2050 dargestellt. Unter der Bezeichnung „Menschen mit Migrationshintergrund“ heißt es: „Nicht mehr benötigt, da Menschen so ,gemischt‘ sind, dass jeder einen Migrationshintergrund hat“. Auch Ausländer soll es 2050 nicht mehr geben: „Wegen der Gründung des Europäischen Staates. Es spielt keine Rolle mehr, wo jemand herkommt“, heißt es in dem Papier.

Und dann wäre da noch der US-amerikanische Militärstratege und ehemalige Regierungsberater, Thomas P.M. Barnett, durchsetzungsfreudig und einflussreich bis in die höchsten Ämter der US-Regierung. Dieser offenbart in zweien seiner Bücher, wie wir uns eine globalisierte Welt unter US-Dominanz vorzustellen haben. Die Buchtitel: „The Pentagon’s New Map“ und „Blueprint for Action“. Der unabhängige Autor Thomas Mehner berichtet, dass Barnett die Globalisierung als ein System gegenseitiger Abhängigkeiten beschreibe, „was dazu führt, dass Nationen und die in ihnen stattfindenden wirtschaftlichen Prozesse wie auch der einzelne Mensch nicht mehr selbstbestimmt agieren, sondern nur noch durch Einflüsse von außen gesteuert werden, und sich, was die Nationalstaaten angeht, letztlich auflösen müssen. Der Mensch als einzelner Individualist wird damit abgeschafft, die Menschheit zu einer manövrierfähigen Masse ohne eigenen Willen gemacht.“ Nationale Grenzen, unabhängige Staaten, sich voneinander abschottende Religionen und alles, was mit Traditionen zu tun hat, wird abgeschafft. Barnett wörtlich: „Das Endziel ist die Gleichschaltung aller Länder der Erde. Sie soll durch die Vermischung der Rassen herbeigeführt werden. Mit dem Ziel einer hellbraunen Rasse in Europa. Hierfür sollen in Europa jährlich 1,5 Millionen Einwanderer aus der dritten Welt aufgenommen werden. Das Ergebnis ist eine Bevölkerung mit einem durchschnittlichen IQ von 90, zu dumm, um zu begreifen, aber intelligent genug, um zu arbeiten.“ Wer Widerstand gegen die Globalisierung leiste, müsse mit dem Schlimmsten rechnen – der Militärstratege wörtlich: „So yes, I do account for nonrational actors in my worldview. And when they threaten violence against global order, I say: Kill them.“

Die Pläne der Global-Extremisten gehen auf. Letzte Stimmen der Vernunft verklingen langsam. Im Laufschritt werden wir gleichgemacht. Der tschechische Präsident Miloš Zeman sagte in seiner Weihnachtsansprache 2015: „Falls Sie in einem Land leben, in dem Sie für das Fischen ohne Angelschein bestraft werden, jedoch nicht für illegalen Grenzübertritt ohne gültigen Reisepass, dann haben Sie das volle Recht zu sagen, dieses Land wird von Idioten regiert.“ Dieses Land? Nein – die ganze Welt!


S. 9 Kultur

Tanz der jungen Wilden
Walzer und Rock ’n’ Roll am Kurfürstendamm − ZDF erinnert an die Glanzzeit von Berlins Prachtboulevard

Die Zeiten, als der Kurfürstendamm glänzender Mittelpunkt Berlins war, sind längst vorbei. In dem Dreiteiler „Ku’damm 56“ lässt das ZDF das Wirtschaftwunder über die Straße rollen.

„Das zwanghafte Heraufbeschwören einer heilen Welt, zelebriert in Filmen, Schlagern und Mode, steht in krassem Widerspruch zu der nahen, verheerenden Vergangenheit“, sagt Annette Hess, die Drehbuchautorin über die 50er Jahre. Sie, die auch die Bücher für die Erfolgsserie „Weissensee“ geschrieben hat, war schon immer von der Zeit fasziniert. Ihre damals jungen Eltern erzählten ihr viel von dieser Welt der Gegensätzlichkeiten: Wirtschaftswunder und Narben des Zweiten Weltkrieges, Verdrängung und aufkommende Rebellion der Jugend, erstarrte Konventionen, Prüderie und Freizügigkeit. Nicht zu vergessen die Teilung in Ost und West.

Wenn man sich die filmische Auseinandersetzung der gesellschaftlichen Strukturen anschaut, sind es immer Männer, die aufbegehrten. Sei es Horst Buchholz in „Die Halbstarken“ (1956) oder James Dean in „... denn sie wissen nicht, was sie tun“ (1955). Frauen wirkten stets nur als schmückendes Beiwerk. Autorin Hess wollte genau das ändern. Sie hätte zum Beispiel auch gerne in den „Halbstarken“ die darin agierende Karin Baal im Mittelpunkt gesehen. Doch dafür war die Zeit noch nicht reif. Bei Hess rücken die Frauen der Zeit in den Fokus. „Ich wollte von den jungen Frauen erzählen, die es doppelt schwer hatten, ein eigenständiges Leben zu leben“, sagt sie, „denn sie kämpften nicht nur mit der bigotten Moral jener Zeit, sondern darüber hinaus mit einem biederen, festsitzenden Rollenverständnis.“

Ein Blick auf die Gesetzeslage von damals macht es deutlich: Verheiratete Frauen konnten nur mit Einverständnis des Mannes berufstätig sein. Bis zum Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes am 1. Juli 1958 konnte der Ehemann ohne Zustimmung seiner Frau ihr Arbeitsverhältnis kündigen. Aber auch in der Folgezeit war für Frauen eine Erwerbstätigkeit nur möglich, wenn ihre Familie nicht darunter litt. Es nimmt nicht wunder, dass einziges Streben vieler Frauen in dieser Zeit war, einen „guten Mann“ zu finden, an dessen Seite manche dann am Standesamt auch „promovieren“ konnte nach dem Motto: „gesellschaftlicher Aufstieg durch Eheschließung“.

Austragungsort des Schicksals der Filmheldinnen ist die Tanzschule „Galant“ am Ku’damm 56 in Berlin. Hauptanliegen der ge­strengen Mutter Caterina Schöllack, gespielt von Claudia Michelsen, ist es, ihre drei Töchter bestmöglich unter die Haube zu bringen, wobei es gleichgültig ist, ob der Zukünftige wesentlich älter, gefühlskalt, brutal oder „abartig“ veranlagt ist. Mit strengem Regiment führt sie ihre Tanzschule. Im Programm, bestehend aus Standardtänzen, zeigt sich die erzkonservative Haltung der Besitzerin.  Als „galant“ bezeichnet man im alltäglichen Sprachgebrauch das zuvorkommende Verhalten eines Mannes gegenüber einer Frau.

Dass sich Herren auch in einer von strikten Regeln bestimmten Zeit nicht unbedingt an diese Maßgabe hielten, zeigt der Dreiteiler bereits in der ersten Folge. Der Zuschauer erlebt die Ge­schichte aus der Perspektive der Tochter Monika, die von der Mutter als Versagerin angesehen wird. Monika wurde wegen ungebührlichen Verhaltens aus der Hauswirtschaftsschule geworfen. Mehr schlecht als recht versucht sie, sich unter den Augen der gestrengen Mutter in der Tanzschule nützlich zu machen. Als eine ihrer Schwestern nun endlich in den alles heilenden Ehehafen segelt, wird Monika zu später Stunde in der menschenleeren Wohnung, die sich über dem Festsaal befindet, von einem geladenen Gast vergewaltigt. Die Rechtlosigkeit und Anfeindungen, mit denen das Mädchen konfrontiert wird, lassen einen erschüttern.

Emilia Schüle spielt Tochter Eva. Auch sie zeigt sich schockiert über die Stellung der Frau in der damaligen Zeit. Sie hatte bisher die 50er Jahre als eine bunte Zeit im Wiederaufbau nach dem Krieg gesehen. Erst das Rollenstudium zeigte ihr die Hintergründe dieser Ära. Sie strebt als Krankenpflegerin die Ehe mit einem fast 60-jährigen Professor der Medizin an. Sie hat also, wie die Mutter, immer nur die Zu­kunft im Blick, mit Villa in Dahlem und finanziell abgesichert. Dumm nur, dass ein junger Typ aus Ost-Berlin ihre Lebenspläne kreuzt. Für Monika wartet die Befreiung in der neuen Musik des Rock ’n’ Roll.

Aber nicht nur starke Frauenbilder werden hier transportiert, sondern auch Männerfiguren, die einem unmenschlichen System zum Opfer fallen. Homosexuelle Handlungen galten als Straftat. Der frisch verheiratete Ehemann der dritten Schöllack-Tochter versucht, sich mit zweifelhaften medizinischen Methoden von seiner „Krankheit“ heilen zu lassen.

Den Machern des Dreiteilers war es wichtig, deutsche Ge­schichte in anspruchsvoller Fernsehunterhaltung greifbar zu ma­chen. Erfahrene Produzenten wie Nico Hoffmann und Benjamin Benedict stehen hinter dem Projekt. Sie realisierten schon die Ge­schichtsdramen „Unsere Müt­ter, unsere Väter“ oder „Dresden“.

„Die Motivsuche nach einem geeigneten Ku’damm hat uns viel Zeit gekostet“, sagt Regisseur Sven Bohse. Eine Straße in Berlin-Charlottenburg wurde dann mit großem Aufwand zum Ku’damm der 50er Jahre. Wer sich von der herausragenden Ausstattung nicht blenden lässt, wird sich schnell eines dicht gewebten Stoffes be­wusst, dessen Charaktere tiefer und verflochtener sind als an­fangs vermutet. Der schöne Schein trügt.        Silvia Friedrich

Das ZDF zeigt den Dreiteiler am 20., 21. und 23. März jeweils um 20.15 Uhr. Im Anschluss an den ersten Teil folgt die Dokumentation „Ku’damm 56“. Am 15. und 22. März folgt um 20.15 Uhr die Doku „Wir Nachkriegskinder“.


Griff ins Mittelalter
Ausgerechnet am Karfreitag hat eine Hebamme ihren großen Aufritt

Hebammen aus der Zeit des Mittelalters haben derzeit im Fernsehen Konjunktur: Nachdem SAT.1. bereits den zweiten Teil seiner „Wehmutter“-Saga mit Josefine Preuss in der Rolle der Geburtshelferin ausstrahlte und das ZDF „Lena Lorenz“ ins Rennen schickte (neue Folgen ab 7. April), hält „Das Erste“ an Karfreitag um 20.15 Uhr mit „Das Geheimnis der Hebamme“ dagegen. Das Epos nach dem Buch von Sabine Ebert zeigt das 12. Jahrhundert, wie es Kostümausstatter und Regisseure lieben: Die Gesichter der fränkischen Siedler, die un­ter Leitung des Ritters Christian nach Osten ziehen, sind mit Dreck verschmiert, die Kleider werden von Kordeln gehalten, man meint den Ruß der Feuer zu riechen, im Vorspann kratzt Heilerin Marthe einem Lämmchen die Hufe frei.

Auch die beiden Widersacher scheinen einem Bilderbuch entstiegen, in dem Weiß gegen Schwarz, das Gute augenfällig gegen das Böse kämpft: Der blonde Ritter Christian (Steve Windolf) reitet einen Apfelschimmel, sein schwarzhaariger Gegner Randolf (Sabin Tambrea) passenderweise einen Rappen. Malerisch auch der knorrige Franz Xaver Kroetz als Markgraf Otto, hoheitsvoll dessen Frau Hedwig (Susanne Wuest), deren Gesicht einer Gemme ähnelt.

Die Hauptfigur Marthe vertraute Regisseur Roland Suso Richter der erst 20-jährigen Ruby O. Fee an. In ihrer überwiegend stummen Rolle verlässt sich die in Costa Rica geborene Schauspielerin auf die Wirkung eines verschleiert-wissenden Blicks, der nichts verraten darf. Warum ihr Spiel so verhalten bleibt, wird in Rückblenden erklärt: Weil Marthe schon als Kind ihre an Wunder grenzende Heilkunst zeigte, wurde sie der Hexerei bezichtigt. Um ihre Tochter zu retten, opferte sich die Mutter, auch eine Hebamme. Dieses Trauma zwingt die Tochter zu schweigen. „Das war die größte Herausforderung meiner Rolle“, sagt Ruby O. Fee, „ich trage ein Geheimnis in mir und darf nicht darüber reden.“

Gelungen ist die Bildsprache des Films, die den beschwerlichen Treck mit Flussüberquerungen und Wanderungen durch unberührte (tschechische) Landschaften in opulenten Bildern einfängt. Historisch interessant, dass die Siedler in ihrer neuen Heimat auf Silberminen stoßen und dabei ein Verteilungskampf beginnt – die Markgrafschaft Meißen als Vorläufer des Jahrhunderte später ausbrechenden Goldrausches am kanadischen Klondike.

Der dreistündige Film bietet alles, was Genre-Liebhaber lieben: Dunkles Mittelalter, Liebe zwischen einem blonden Ritter und einer geheimnisvollen Heilerin mit übersinnlichen Kräften, Einblicke in das völlig rechtlose Leben der Frauen zu jener Zeit, Ränke und Strategie-Spiele zu Hofe. Und doch bleibt ein schales Gefühl: Die ganze Ge­schichte wirkt gelegentlich wie aus dem Mittelalter-Setzbaukasten zusammengefügt, aufdringlich unterlegt mit sakralen Chorgesängen. Unverständlich auch, warum der Zuschauer drei Stunden lang vor dem Fernseher ausharren muss. Das zieht sich irgendwann – genauso wie der Treck der Siedler von Franken in die Mark Meißen.          Anne Martin


Frisch ausgepackter Altar
Unterlindenmuseum in Colmar nach Sanierung wiedereröffnet

Colmars Unterlindenmuseum ist für den „Isenheimer Altar“ weltberühmt. Doch es hat weit mehr zu bieten. Seine Sammlungen umfassen Objekte aus den letzten 7000 Jahren. Allerdings waren Sammlungspräsentation und Infrastruktur in die Jahre gekommen. Die moderne Kunst fristete mangels Ausstellungsfläche ein Schattendasein. Für frischen Wind haben die 44 Millionen Euro teuren Baumaßnahmen der vergangenen drei Jahre gesorgt.

Das Museum hat seine Fläche auf 8000 Quadratmeter verdoppelt. Seine Gebäude gruppieren sich um den neu hergerichteten Unterlinden Platz. Auf der einen Seite stehen frisch renoviert der Kreuzgang und die Kirche des im 13. Jahrhundert erbauten Do­minikanerinnenklosters, die 1853 zum Unterlindenmuseum umgewidmet wurden. Auf der anderen Seite befinden sich hinzugewonnene Häuser: das 1906 errichtete ehemalige Stadtbad und der mit Kupferplatten und Ziegelsteinen verkleidete Neubau nach Entwurf des Architektenbüros Herzog & de Meuron.

Der Rundgang ist von den archäologischen Funden im Untergeschoss des Altbaus bis zur Moderne im Neubau chronologisch inszeniert. Eine mit französischer Landschafts- und Porträtmalerei ausgestattete unterirdische Galerie verbindet die Gebäude. Auch die Kunst im Neubau ist überwiegend französischer Herkunft, darunter figurative Malerei von Fernand Léger sowie abstrakte Bilder von Pierre Soulages. Zu den Höhepunkten zählt ein von Picasso autorisierter Wandteppich, dessen Vorbild sein berühmtes Anti-Kriegsbild „Guernica“ ist.

Das Museum besitzt Frankreichs wertvollste Sammlung deutscher Kunst des Mittelalters und der Renaissance. Deren be­deutendstes Werk – der Isenheimer Altar – wurde um 1512 für die Kirche der Antoniterpräzeptorei von Isenheim geschaffen. Dieses Kloster hatte sich der Pflege von Kranken verschrieben, die vom „Antoniusfeuer“ befallen waren. Verursacht wurde die mit Schmerzen verbundene Erkrankung durch einen Roggenpilz: das „Mutterkorn“. Der „Grünewald“ genannte Maler Mathis Gothart Nithart und der Bildschnitzer Niklaus von Hagenau waren mit der Herstellung des Altars beauftragt. Er ist der Passion Christi und dem heiligen Antonius ge­widmet, von dem man sich Genesung vom „Antoniusfeuer“ versprach.

Den Altar zeichnen die Ausdrucksmacht der Lichtregie und Figuren aus. Ein Schreckensbild ungeheuerlichen Leidens bietet Grünewalds Gemälde des Gekreuzigten dar. Wie triumphal ist dagegen Jesu nächtliche Auferstehung inszeniert: Er schwebt über dem Grab und ist im Be­griff, sich zur reinen Licht­erscheinung zu entkörperlichen. Eine eindrucksvolle Darstellung des heiligen Antonius hat Niklaus von Hagenau beigesteuert. Die farbig gefasste, lebensgroße Holzskulptur präsentiert ihn als Respekt einflößenden Greis, der würdevoll über den Besuchern des Unterlindenmuseums thront.   Veit-Mario Thiede

Geöffnet Montag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 20 Uhr, Dienstag geschlossen. Eintritt: 13 Euro. Info im Internet: www.musee-unterlinden.com


MELDUNGEN

Achenbach neu zu entdecken

Baden-Baden − Am 19. März wird im Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts LA8 die Ausstellung „Revolutionär und Malerfürst“ eröffnet, in der bis zum 28. August Werke des Malers Andreas Achenbach (1815–1910) gezeigt werden. Die Ausstellung ermöglicht die Wiederentdeckung und Neubewertung des wohl berühmtesten Mitglieds der Düsseldorfer Malerschule. Zu sehen sind selten oder nie öffentlich präsentierte grafische Werke und Gemälde: italienische, skandinavische und rheinische Landschaften, Aquarelle, Ölstudien, konzentrierte Notate seiner vielen Reisen, Skizzenbücher sowie seine politischen Karikaturen. Adresse: Museum LA8, Lichtentaler Allee, 76530 Baden-Baden. Internet: www.la8.de       tws

 

Die Stillleben des van der Ast

Aachen − Im Suermondt-Ludwig-Museum ist die erste monografische Ausstellung zu Balthasar van der Ast (geboren 1593/94 in Middelburg, gestorben 1657 in Delft) zu sehen. Sie zeigt bis zum 5. Juni die bedeutendsten Werke des niederländischen Meisters, der zu Lebzeiten einer der erfolgreichsten Stilllebenmaler in den Niederlanden war. Die Ausstellung „Schöner als die Wirklichkeit“ ist das Ergebnis einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen dem Aachener Suermondt-Ludwig-Museum und der Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha. Es ist gelungen, nicht weniger als 36 Ge­mälde und zwölf Arbeiten auf Papier van der Asts zusammenzutragen. Adresse: Suermondt-Ludwig-Museum, Wilhelmstraße 18, 52070 Aachen. Internet: suermondt-ludwigmuseum.de  tws


S. 10 Geschichte

Am Rande des Kriegseintritts
Die Versenkung der »Sussex« vor 100 Jahren belastete die Beziehungen der USA zu Deutschland schwer

„Krieg mit Amerika“. Diese Vorstellung erfüllte die Reichsleitung mit höchster Sorge, seit die ersten US-Bürger durch deutsche U-Boote ums Leben gekommen waren. Die Versenkung des Dampfers „Sussex“ am 24. März 1916 schien sie vorübergehend Realität werden zu lassen.

Anfang März 1916 hatte der Dis­put zwischen Militärs und Politikern um die Führung des U-Boot-Krieges einen vorläufigen Höhepunkt erreicht (siehe PAZ Nummer 9). Besonders Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg hatte immer davor gewarnt, das rück­sichtslose Versenken von zivilen Schiffen könne zu einem Bruch mit den USA führen und schwerwiegende Folgen haben. Schon bald kam es zu einem der von ihm befürchteten Zwischenfälle, durch den sich das Verhältnis zu den USA tatsächlich dramatisch verschlechterte. Nur wenige Tage zuvor hatte Bethmann Hollweg noch mit den drastischen Worten, man werde Deutschland „wie einen tollen Hund erschlagen“, vor einem Krieg mit den USA gewarnt. Am 24. März 1916 begegnete UB 29 unter dem Kommando von Oberleutnant zur See Herbert Pustkuchen im östlichen Teil des Englischen Kanals dem im Kanalfährdienst eingesetzten französischen Passagierschiff „Sussex“, das keinerlei Kennzeichen trug. In der Annahme, dass es sich bei dem Schiff um ein Hilfsfahrzeug feindlicher Seestreitkräfte handelte, ging der U-Boot-Kommandant ohne Warnung zum Angriff über. Von den an Bord befindlichen 325 Passagieren wurden 80 bei der Torpedierung getötet oder verletzt.

In seinem Kriegstagebuch und im Verlauf der von der Marine angestellten Untersuchungen gab Pustkuchen an, dass das Schiff zwar wie ein Kanaldampfer ausgesehen habe, er es allerdings wegen seines eigentümlichen und üblicherweise nur bei Kriegsschiffen vorkommenden Hecks für einen Minenleger habe halten müssen. Außerdem fühle er sich in dieser Annahme durch die Tatsache bestätigt, dass sich das Schiff außerhalb der von der Admiralität für die Handelsschifffahrt vorgeschriebenen Route bewegt habe.

Durch diesen Verlust wurde eine erhebliche Kriegsgefahr mit den USA heraufbeschworen, denn viele amerikanische Politiker waren nun endgültig der Meinung, dass ihr Land diese neue Herausforderung Deutschlands aus Gründen der Selbstachtung annehmen müsse. Da das Wrack der „Sussex“ geborgen, nach Boulogne eingebracht und dort untersucht werden konnte und zudem der Lauf des Torpedos von einigen Passagieren beobachtet worden war, konnte es keinen Zweifel daran geben, dass der Verlust des Dampfers auf ein deutsches U-Boot zurückzuführen war. Alle deutschen Unschuldsbekundungen und Erklärungsversuche, in denen von Minentreffern und ähnlichem die Rede war, mussten daher von vornherein sinnlos sein. US-amerikanische Staatsbürger waren zwar bei dem Zwischenfall nicht ums Leben gekommen, wohl aber körperlich und materiell geschädigt worden, sodass sich der US-Präsident Woodrow Wilson schließlich nach mehreren von Berlin nur unzureichend beantworteten Anfragen zur Abfassung einer scharfen Protestnote veranlasst sah. In seinem Schriftsatz vom 20. April verurteilte er die rück­sichtslose deutsche Seekriegführung und forderte ultimativ die unverzügliche Aufgabe des U-Boot-Krieges in der gegenwärtigen Form. Außerdem machte er unmissverständlich deutlich, dass ihm bei weiteren Zwischenfällen dieser Art letztendlich keine andere Möglichkeit als ein Abbruch der Beziehungen zum Deutschen Reich bliebe.

Trotz gegensätzlicher Rechtsauffassungen innerhalb der deutschen Führungsspitze über die Führung des Unterseehandelskrieges blieb Wilsons scharfer Protest nicht ohne Folgen für die deutschen Seekriegsmaßnahmen. Vier Tage später ordnete der Admiralstab unter dem Druck des Reichskanzlers an, dass der Unterseehandelskrieg bis auf Weiteres nur nach den Regeln der Prisenordnung geführt werden dürfe. Da der Chef der Hochseeflotte jedoch den Handelskrieg mit U-Booten unter diesen Bedingungen als undurchführbar betrachtete und seine Boote nicht unnötigerweise gefährden wollte, rief er am 27. April alle U-Boote der Hochseeflotte vom Handelskrieg zurück, wodurch der U-Boot-Krieg gegen Großbritannien vorübergehend vollständig zum Erliegen kam.

In der Auseinandersetzung um das weitere diplomatische Vorgehen zur Beilegung dieser schweren Krise in den deutsch-amerikanischen Beziehungen prallten die gegensätzlichen Meinungen der militärischen und der politischen Führung erneut aufeinander. Der deutsche Botschafter in Washington, Graf Johann Heinrich von Bernstorff, der die Lage zu Recht auch weiterhin als äußerst kritisch einschätzte, warnte seine Regierung nachdrücklich vor unbedachten Äußerungen und empfahl sogar eine zeitweilige Einstellung aller Aktivitäten deutscher U-Boote, also auch der Operationen der nicht der Hochseeflotte unterstellten Einheiten, die mittlerweile befehlsgemäß ausschließlich in Einklang mit der Völkerrechtsordnung durchgeführt wurden. Die Militärs lehnten dies kategorisch ab und konnten den Kaiser davon überzeugen, dass die Erfolge der U-Boote in den zurückliegenden Wochen gezeigt hätten, dass Großbritannien auf dem Wege des unbeschränkten Unterseehandelskrieges in die Knie gezwungen werden könne. Dagegen bringe die Aufrechterhaltung der Beziehungen zu den USA keine direkten Vorteile, und ein Zerwürfnis mit Washington müsse zudem nicht notwendigerweise auch Krieg mit Amerika bedeuten.

Anlässlich eines Besuches des US-Botschafters im deutschen Hauptquartier wurde deutlich, dass die Warnungen Bernstorffs nicht unangebracht waren. Botschafter James W. Gerard erläuterte den Standpunkt seiner Regierung und ließ keinen Zweifel daran, dass die Geduld seines Präsidenten in der Frage der deutschen Praktiken im Unterseehandelskrieg endgültig erschöpft sei. Andererseits stellte er in Aussicht, dass seine Regierung im Falle eines raschen Einlenkens der Reichsleitung bereit sein werde, entschiedener gegen die britische Handelssperre vorzugehen. Nachdem sich zuvor bereits die Spitze des Auswärtigen Amtes den Ansichten Bernstorffs angeschlossen hatte und auch die Marineführung zugeben musste, dass die meisten Versenkungserfolge ohnehin im Überwasserangriff erzielt worden waren und dass das Versenkungsergebnis einen Krieg mit den USA keinesfalls rechtfertigen könne, verfehlte die deutliche Warnung des US-Amerikaners ihren Eindruck auf den Kaiser nicht. So erklärte sich der Monarch am 30. April mit der Einstellung des Unterseehandelskrieges ein­ver­standen und befahl bis auf Weiteres eine ausschließlich militärische Verwendung der U-Boote.

In der deutschen Antwortnote vom 4. Mai, deren Grundtenor in einem der ernsten Krisensituation nicht angemessenen scharfen Ton gehalten war, wurde den amerikanischen Forderungen nachgegeben und erklärt, dass der Unterseehandelskrieg grundsätzlich und in allen Seegebieten unter Beachtung völkerrechtlicher Grundsätze geführt werde. Dafür werde verlangt, dass die US-Regierung Schritte unternehme, um die britische Regierung zur Wiederanerkennung der Freiheit der Meere zu veranlassen. Für den Fall, dass diese Bemühungen ohne Erfolg bleiben sollten, wurden neue, „der Sachlage angemessene“ Maßnahmen in Aussicht gestellt. Diese Note ist bemerkenswert, hatte die Reichsleitung damit doch das klare Versprechen abgegeben, eine Gefährdung US-amerikanischer Staatsbürger durch die Operationen deutscher U-Boote fortan praktisch auszuschließen. Damit hatte das Deutsche Reich selbst ein wichtiges Präjudiz für die zukünftige Entwicklung der deutsch-amerikanischen Beziehungen geschaffen.

Schließlich konnte die „Sussex“-Krise, die Historiker beider Seiten als einen Wendepunkt in der US-amerikanischen Haltung zu Krieg und unbedingter Neutralität ansehen, am 8. Mai 1916 mit der Abgabe eines deutschen Schuldanerkenntnisses und eines Schadenersatzangebotes beigelegt werden. Obwohl die Dis­kussion um die Führung des U-Boot-Krieges in Deutschland während des weiteren Verlaufs des Jahres 1916 nie verstummte, kehrte zunächst wieder Ruhe in den deutsch-amerikanischen Beziehungen ein. Wieder einmal hatte sich gezeigt, dass der bedingungslose U-Boot-Krieg ein untaugliches Mittel zur Seekriegführung war, wenn man einen Bruch mit den USA vermeiden wollte.       Jan Heitmann


Durch den Ärmelkanal

Nachdem der Morsetelegraph erfunden war, wurde vor allem bei den Erfindern und Forschern der Wunsch stärker, auch die menschliche Stimme durch einen elektrischen Apparat zu transportieren. Philipp Reis entwickelte 1861 bei Laborexperimenten eine Konstruktion, die er Telefon nannte. Der erste Satz, den er durch das Kabel schickte, soll gelautet haben: „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat.“ Andere hatten sich ebenfalls daran gemacht, eine technische Lösung zu entwickeln, so zum Beispiel Alexander Graham Bell, Elisha Gray und Thomas Alva Edison.

Bahnbrechend war die Entwick­lung passender Kabel, die Telefongespräche über eine Distanz von 500 Metern oder sogar zwei Kilometern ermöglichten. Mit diesem Schritt bekam das neumodische Telefon Aufwind, das nur wenige als ein Gerät mit Zukunft sahen.

Ein erstes Telegrafenamt wurde 1877 in Berlin eingerichtet, 1881 begann der Aufbau von Fernsprechnetzen in Deutschland. Nachdem die ersten Netze innerhalb der Städte entstanden waren, wurden ab 1883 Telefonleitungen zwischen größeren Städten möglich. Im Jahr 1900 wurde die erste Telefonleitung zwischen Berlin und Paris genutzt.

Das Fräulein vom Amt wurde ein Beruf. Weibliche Stimmen waren aufgrund ihrer höheren Frequenzen besser zu verstehen als die Stimmen von Männern. Die Vermittlung der Telefonate etablierte sich rasch, war jedoch einem Unternehmer ein Dorn im Auge. Der US-Amerikaner Almon Strowger hegte den Verdacht, dass seine Konkurrenz mit dem Fräulein vom Amt gemeinsame Sache machte und ihm die Kunden wegschnappte. So machte sich der Bestattungsunternehmer daran, einen Wählvorgang zu entwickeln, der eine Leitung direkt produzieren konnte. Schon 1889 war er erfolgreich, 1891 ließ er sich sein automatisches Telefonvermittlungssystem patentieren.

Im dem Jahre in dem Strowger sein Patent anmeldete, ist auch das erste Telefonat von Paris nach London geführt worden. Das Gespräch wurde über ein Nachrichtenkabel durch den Ärmelkanal übermittelt, ein Meilenstein für die Telefonie. Schon 1850 war ein erster Anlauf unternommen worden, ein Kabel durch den Ärmelkanal nutzbar zu machen. Das Kabel war jedoch nicht haltbar. Ein Fischerboot mit seinem Netz reichte aus, um eine Unterbrechung hervorzurufen. Einige Zeit später wurden erneut Tests mit sogenannten armierten Seekabeln durchgeführt. Sie ermöglichten eine Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung. Doch auch diese Kabel hatten noch keine zufriedenstellende Haltbarkeit vorzuweisen. Schließlich war ein Kabel mit einer speziellen Ummantelung entwickelt, dass sich als belastbar genug erweisen konnte. Nun zeigten sich Probleme bei der Ausbringung. Länge und Gewicht der Kabel machten es notwendig die Schiffe für die Verlegung besonders auszustatten. Unter anderem kamen Kabelbremsen zum Einsatz, die ein zu schnelles Abrollen des Kabels verhindern sollten.

Vor 125 Jahren war es dann so weit. Am 18. März 1891 wurde die erste Fernverbindung zwischen London und Paris über das Seekabel St. Margarets Bay fertiggestellt. Die offizielle Eröffnung fand am 23. März 1891 statt.           

                Stephanie Sieckmann


S. 11 Preussen

Der Zahn war nicht immer hohl
Vor 125 Jahren wurde der Grundstein zum Altbau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche gelegt

Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis­kirche gehört zu den Sehenswürdigkeiten West-Berlins. Außer der „Puderdose“ (Hauptbau) und dem „Lippenstift“ (Turm) gehört zu dem Ensemble auch der „hohle Zahn“. Im Gegensatz zu den Nachkriegsbauten des Architekten Egon Eiermann reicht die Geschichte von Franz Heinrich Schwechtens Altbau bis in die wilhelminische Zeit zurück.

Wilhelm II. hatte ein gestörtes Verhältnis zu seinen Eltern, der Mutter Victoria und dem von ihr stark beeinflussten Vater Friedrich III. Der liberale Fried­rich III. verhielt sich zwar loyal zu seinem Vater, aber er verfolgte eine andere politische Linie als der konservative Wilhelm I., was ihr Verhältnis belastete. Da verwundert es nicht, dass Wilhelm II. seinen Großvater mochte. Anfänglich mochte er auch dessen Kanzler Otto von Bismarck, aber das hatte sich über die Zeit so sehr geändert, dass er diesen 1890 zum Rücktritt drängte. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass Wilhelm II. für seinen Großvater die Bezeichnung „Wilhelm der Große“ durchsetzen und ihn als Heros der neusten preußischen und deutschen Geschichte hervorheben wollte.

In diesem Sinne regte Wilhelm die Errichtung einer Gedächtnis­kirche für seinen Großvater in seiner Hauptstadt an. Im Juni 1890, wenige Monate nachdem Wilhelm Bismarck entlassen hatte, wurde ein Wettbewerb für ein „dem Andenken des Hochseligen Kaisers Wilhelm I.“ gewidmetes Gotteshaus ausgeschrieben. Der Sakralbau sollte dem Anlass entsprechend repräsentativ sein, 1500 Gläubigen sollte er einen Sitzplatz bieten und Wilhelm II. eine königliche Loge. Das Rennen machte Franz Heinrich Schwechten. Der Architekt war in Berlin kein unbekannter. Mit dem Anhalter Bahnhof hatte er in Berlin bereits eine größere Visitenkarte abgegeben. Der Historist war Kölner und ließ sich von der rheinischen Romanik inspirieren. Das war Wilhelm II. nicht unlieb, galt der romanische Stil ihm doch als Ausdruck des unverfälscht Germanischen.

Wilhelm II. ließ es sich nicht nehmen, mit seiner Ehefrau an der Grundsteinlegung am 94. Geburtstag seines Großvaters teilzunehmen. Im Jahre darauf erhielt das Areal zu Ehren seiner Gattin den Namen Auguste-Viktoria-Platz. Unter dem Protektorat Auguste Victorias war 1888 der Evangelisch-Kirchliche Hilfsverein gegründet worden, aus dem 1890 der Evangelische Kirchenbauverein hervorging, der wiederum offizieller Bauträger war. Die Leitung über die Bauprojekte hatte Ernst Freiherr von Mirbach und damit der Oberhofmeister der Kaiserin.

Bereits vier Jahre nach der Grundsteinlegung wurde die Kirche eingeweiht. Allerdings war bis dahin nur der Chorraum fertig gestellt. So dauerte es doch noch elf Jahre, bis der Bau vollendet war. Es lag aber auch an der aufwendigen Innenausstattung. Sie kostete nicht nur viel Zeit, sondern auch Geld. Mit 6,41 Millionen Mark kam die Kirche fast zehnmal so teuer wie geplant. Geld war zweitrangig, ging es doch schließlich um ein „nationales Denkmal, das uns und alle zukünftigen Geschlechter erinnern soll an die unvergleichliche Größe und das unermessliche, weltgeschichtliche Verdienst des ersten Deutschen Kaisers“.

Angesichts dieser hohen Symbolik darf man unterstellen, dass die Alliierten gar nicht so unglück­lich waren, dass ihre Bomben 1943 einen Brand bewirkten, der sowohl zum Zusammenbruch des Dachstuhls über dem Kirchenschiff als auch zum Abknicken der Spitze des Hauptturms führte. Jedenfalls waren die Siegermächte gegen einen Wiederaufbau, zu dem es dann ja auch nicht kam. Stattdessen wurde ab 1959 neu gebaut.

Der Architekt des Neubaus, Egon Eiermann, hatte den vollständigen Abriss der Reste des Vorgängerbaus vorgeschlagen, nachdem 1956 bereits damit begonnen worden war, den einsturzgefährdeten Chor abzureißen. Statt entsprechend Eiermanns Vorschlag alles abzureißen, wurde indes die 71 Meter hohe Ruine des alten Hauptturms bautechnisch gesichert und ist uns als Mahnmal gegen den Krieg, als „hohler Zahn“, bis zum heutigen Tag erhalten geblieben. Manuel Ruoff


Preußens Statthalter in Sachsen
Nach der Völkerschlacht bei Leipzig übernahm Eberhard von der Recke für die Sieger die Verwaltung

Dass Sachsen preußisch werde, war seit den Tagen Fried­richs des Großen eine preußische Wunschvorstellung. Durch die Wirrungen der napoleonischen Kriege geriet dieses Ziel in greifbare Nähe. Während Fried­richs II. Großneffe König Fried­rich Wilhelm III. Anfang 1814 einen Seitenwechsel von Napoleon zu dessen Gegnern vollzogen hatte, blieb Sachsens König Fried­rich August I. trotz einiger zaghafter Versuche, sich den Gegnern Bonapartes anzunähern, bis zur entscheidenden Völkerschlacht von Leipzig und damit im eigenen Land auf der Seite des Franzosenkaisers. Während Letzterer sich Richtung Westen absetzte, blieb der Sachse in der Heimat, um die Sieger zu empfangen – und wurde von diesen festgenommen und nach Fried­richsfelde in die Gefangenschaft geführt.

Anschließend übernahmen Preußen und Russland die Kontrolle über Sachsen und richteten dazu am 21. Ok­tober 1813 das General-Gouvernement der Hohen Verbündeten Mächte (zumeist Generalgouvernement Sachsen genannt) ein, das dem Zentralverwaltungsdepartment für die besetzten Gebiete des Reichsfreiherrn Karl vom und zum Stein unterstand. Die Leitung des Gouvernementsrates übernahm zunächst der russische Generalmajor Nikolaj Repnin-Wolkonskj.

Der preußische König und der russische Zar waren sich einig, dass Fried­rich August, der ab 1807 auch Herzog von Warschau war, seine Ansprüche durch sein langes Festhalten am Bündnis mit dem Ursurpator verwirkt habe. Die beiden Verbündeten wurden sich im Prinzip einig, dass Fried­rich Augusts Königreich, sprich Sachsen, preußisch und sein Herzogtum, sprich Polen, russisch werden solle. Insofern war es konsequent, dass die Verwaltung von Sachsen von Russland auf Preußen überwechselte. Am 8. November 1814 übernahm deshalb ein preußischer Zivilgouverneur Sachsens Verwaltung. Die Wahl fiel auf den Freiherrn Eberhard von der Recke, während Fried­rich August weiterhin unter Arrest stand.

Da Preußen sich auf dem Wiener Kongress weigerte, die österreichisch-britische Gleichgewichtspolitik gegen Russland zu unterstützen, sorgten die beiden Großmächte dafür, dass es sich schließlich mit einem Teil seines Nachbarn zufrieden geben musste. Sachsen wurde gespalten in ein autonomes Königreich sowie ein neues preußisches Herzogtum Sachsen, das den Kern der neuen preußischen Provinz Sachsen bildete, eine Teilung, die in den Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt im Prinzip bis zum heutigen Tag Bestand hat.

Da die Siegermacht Preußen auf dem Wiener Kongress auf einen Teil Sachsens hatte verzichten müssen, erhielt sie Ersatz in Westdeutschland in Form der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen. Auch in diesem Zusammenhang spielt Recke wieder eine Rolle. Nachdem aus einem Teil der preußischen Neuerwerbungen im Westen und bereits länger in preußischer Hand befindlichen Besitzungen wie der Grafschaft Mark zum 30. April 1815 die Provinz Westfalen gebildet worden war, erforderte das Protokoll die sogenannte Erbhuldigung. Bei der entsprechenden Zeremonie vom 18. Oktober 1815 in der westfälischen Hauptstadt Münster leisteten die Deputierten aller Stände der neuen Provinz ein formelles Treueversprechen beziehungsweise einen „leiblichen Eid bei Gott“ gegenüber dem König. Der Landesherr weilte dabei freilich nur symbolisch am Ort des Geschehens – in Form von Bildern und verschiedenen Insignien seiner Herrschaft. Außerdem entsandte der Monarch einen Huldigungskommissar, dessen Aufgabe darin bestand, den Schwur stellvertretend für ihn entgegenzunehmen. Diese Ehre kam Eberhard von der Recke zu.

Der am 15. Dezember 1744 auf dem Familiensitz Gut Stockhausen nahe Detmold geborene Jurist gehörte nicht nur dem westfälischen Uradel an, sondern hatte sich auch über Jahrzehnte in Preußens Diensten bewährt. Bereits im Alter von 27 Jahren war er zum Regierungspräsidenten im westfälischen Minden berufen worden. Ab 1780 bekleidete er das gleiche Amt in Kleve. Zum 30. Dezember 1784 holte Fried­rich der Große den Freiherrn ins preußische Justizkollegium, wo er für Fragen des Lehns- und Kriminalrechts zuständig zeichnen sollte. Dem schloss sich bald die Ernennung zum Minister für Schlesien und schließlich dann zum dirigierenden preußischen Justizminister an. In dieser Eigenschaft fungierte Recke zugleich als Präsident des Geheimen Obertribunals zu Berlin und damit des obersten Gerichtshofes des gesamten Königreiches.

Die Gründung dieser Nachfolgeeinrichtung des  Oberappellationsgerichts am 30. November 1782 war einer Initiative Fried­richs II. entsprungen, der schon seit Längerem mit dem Zustand der preußischen Justiz gehadert hatte. Durch das Obertribunal, dessen Präsident ihm ganz direkt unterstellt war, erstrebte der König größeren persönlichen Einfluss auf die Justiz nehmen zu können, obwohl er 1772 in seiner „Allgemeinen Gerichtsverfassung“ zugesichert hatte: „Wir selbst … geben keine Entscheidung, so die Kraft einer richterlichen Sentenz haben.“

Recke schaffte es, sowohl die richterliche Unabhängigkeit zu wahren, als auch Fried­rich den Großen und dessen Nachfolger Fried­rich Wilhelm II. und Fried­rich Wilhelm III. zufriedenzustellen. Allerdings musste er 1807 seinen Hut nehmen, als Preußen infolge des verlorenen Vierten Koalitionskrieges von 1806/7 weitgehend unter französische Kontrolle geriet. Insofern stellte die Rolle, die er nach Frankreichs Niederlage in Sachsen und Westfalen spielen durfte, eine persönliche Genugtuung dar.

Eine weitere Rolle in der Verwaltung der aus der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress hervorgegangenen neuen preußischen Provinzen Westfalen und Sachsen spielte Eberhard von der Recke nicht mehr. Bereits gute neun Monate nach dem Kongress­ende, am 20. März 1816, verstarb der vormalige Zivilgouverneur von Sachsen im nun zur Provinz Sachsen gehörenden Merseburg. Wolfgang Kaufmann/PAZ


Rathenau holte ihn nach Berlin

In Königsberg hätte man dieser Tage seines 140. Geburtstages voller Stolz, voller Freude und Dankbarkeit gedacht: Heinrich Spiero wurde am 24. März 1876 in Königsberg geboren, wieder einer der vielen bedeutenden Ostpreußen, die Berliner geworden sind – so wie einst E.T.A. Hoffmann und wie um die Jahrhundertwende Lovis Corinth, Käthe Kollwitz, Emil Hundrieser – der Schöpfer der verschollenen kolossalen „Berolina“ am Alexanderplatz – wie der Hofschauspieler Adalbert Matkowsky, der Literat Adolf Petrenz, der Musikus Walter Kollo aus Neidenburg, wie auch der Staatsanwalt und so erfolgreiche Romandichter Carl Bulcke und Berlins „Bürgermeister und Poet dazu“, Georg Reicke.

Der Sohn eines großen Königsberger Speditionsgeschäftes studierte an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin, an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau und an der Universität Lyon zuerst Germanistik, dann Jura und Geschichte. In Leipzig promovierte er zum Doktor der Rechtswissenschaften.

Spiero heiratete, bekam vier Töchter und übernahm die Leitung der Hamburger Niederlassung des Familienbetriebes. Nebenbei dozierte er ab 1911 an der Staatlichen Kunstschule des Stadtstaates. Im Ersten Weltkrieg zog es ihn nach Berlin. Walther Rathenau hatte ihn ins preußische Kriegsministerium berufen. Dort leitete er von 1915 bis 1919 die Rohstoffabteilung.

Danach blieb Spiero in der Reichshauptstadt und arbeitete als freier Schriftsteller. Er widmete sich ganz der Literaturgeschichte und der von ihm so besonders geliebten Gegenwartsliteratur. Neben Zeitgenossen galt Autoren der zweiten Hälfte des 19. Jahr­hunderts seine Aufmerksamkeit. 1921 erschien eine Monografie aus seiner Feder über Julius Rodenberg. 1922 und 1928 folgten Schriften über Gerhart Hauptmann und Theodor Fontane. Er wurde zum Verkünder Detlev von Liliencrons und sein Helfer mit Rat und Tat in dessen wirtschaftlicher Bedrängnis. Auch wurde er Herold Wilhelm Raabes, Vorsitzender der Wilhelm-Raabe-Gesellschaft und in diesem Zusammenhang 1931 Ehrendoktor der Universität Göttingen. In der einst so bekannten „Teubner-Sammlung“ erschienen von ihm eine „Geschichte der deutschen Lyrik seit Claudius“ und eine „Geschichte der deutschen Frauendichtung“. Das Erscheinen seiner großen „Geschichte des deutschen Romans“ hat er jedoch – heimgegangen am 8. März 1947 in Berlin – nicht mehr erlebt.

Zwei reizende kleine Bände – „Das poetische Berlin“, Zeugnisse der Vertrautheit mit der Wahlheimat – widmete Spiero einst dem Bürgermeister mit dem Reime: „Und seht, man stellt euch vor, wo genius loci weht: ,Poetisches Berlin – Berlinischer Poet‘!«

Die Stadt an der Spree ehrte ihn vor einigen Jahrzenten durch die Benennung eines Weges im Vorort Westend und die Presse feierte Heinrich Spiero in ihren Gedenkzeilen als einen „Weltbürger“.

Seine große Bibliothek war dem ungewöhnlich belesenen und mit einem glänzenden Gedächtnis begabten Manne stets Zuflucht und Trost. Dieser Ostpreuße des Herzens und des Blutes stand in seinem Leben unter den Versen des alten Poeten aus Memel: „Der Mensch hat nichts so eigen … als Treu erzeigen und Freundschaft halten.“        E.B.


S. 12 Leserforum

Leserforum

Erinnerungen an Hindenburg

Zu: „Ihr ergebener von Hindenburg“ (Nr. 7)

Der russische Generalstab mit Rennenkampff wohnte im Hotel „Dessauer Hof“ meines Großvaters Torner in Insterburg. Meine Großmutter war mit ihren zwei Töchtern und sechs Söhnen zu Verwandten nach Berlin geflohen. Über die Zeit mit der russischen Einquartierung erzählt der Großvater in dem Buch „Dorf im Weltgewitter“ von Gerhard Schultze-Pfaelzer. Als die Russen Ostpreußen verlassen hatten, wohnte Hindenburg mit seinem Stab im Hotel und meine Großmutter kehrte mit den Kindern zurück.

Meine Mutter konnte in dem Lyzeum oft über Hindenburg berichten. Er begrüßte sie mit „Mein kleines Fräulein“. Vor seinem Zimmer stand ein Soldat Wache

– auf Socken. Seinen Wäschezettel schrieb Hindenburg selber. Er war wohl sehr sparsam, und deswegen hießen wohl die Teelichte auch Hindenburglichte. Mein Onkel Helmut, der später neben dem Hotel ein kleines Haus hatte, machte seinen Kindern und mir „Hindenburgtorte“. Das waren drei Scheiben Schwarzbrot mit Schmalz dazwischen.

Als Hindenburg nach dem Krieg wieder Gast in unserem Hotel war, überreichte ihm mein Bruder einen Blumenstrauß, und Hindenburg sagte zu meiner Mutter: „Berichten Sie den Ostpreußen, dass kein Russe ostpreußischen Boden betreten wird, solange ich lebe!“

Ilsegret Böhm, Hamburg

 

 

Wie die Lemminge hinter der Bundes-Zarin her

Zu: Nichts weggenommen (Nr. 9)

„Zarin“ Angela Merkelikow redet einem stets solch einen Knoten ins Gehirn, dass jeder Gesprächspartner Probleme hat, den Faden zu behalten und sie keiner auf ein Thema festnageln kann.

Was soll jetzt werden? Wir stehen vor dem Abgrund. Durch unsere friedfertige Religion scheinbar ans „Gutsein“ gebunden, schauen wir dem Untergang zu und stürzen dem Lemminge-Weibchen Angelikus hinterher.

„Das Volk ist dumm!“ Das kennen wir ja schon aus dunkeldeutscher Vergangenheit. Es scheint wirklich dumm zu sein und lässt sich von einer Führung, die so gut wie nur aus einer Person besteht, lenken. Das ist so undemokratisch, dass vielen erst jetzt bewusst wird, wie schwer Freiheit und Gewaltenteilung zu erzeugen sind. Heutzutage glaubt jeder, Leben bedeute, eine Waschmaschine, einen Trockner, eine Spülmaschine und ein kühles Bier zu haben. Gebt den Leuten ihre „Spiele“, und sie sind fügsam – ein super Mittel, das Volk ruhig zu halten und es gefügig zu machen.

Doch da langsam ein Gewitter aufzieht und die Augen sich öffnen, will diese Regierung ihre Macht behalten will und sich an der Spitze festnageln. So wird Meinungsfreiheit eingeschränkt, Presse zur Regierungsfreundlichkeit angehalten und werden zu guter Letzt die Intellektuellen verfolgt, wie an der Diffamierung der AfD zu sehen ist.

Tonja Warnat, Hannover

 

 

Politisches Unvermögen sät Zwietracht im Land

Zu: In Erdogans Krallen (Nr. 8)

Wenn jetzt in der Türkei Flüchtlingsunterkünfte gebaut werden sollen, ist das die richtige Lösung, da nach Ablauf der kriegerischen Auseinandersetzungen Flüchtlinge gemäß der Genfer Konvention in ihre Länder zurückkehren können. In Griechenland sollte das Gleiche geschehen. Die „Europäische Lösung“ wäre, entsprechende Gelder und qualifizierte, nicht- korrupte Baufirmen der EU zum Bau von Unterkünften zur Verfügung zu stellen. Beide Länder können dann geordnet die Flüchtlinge in die Staaten zurückweisen, in denen kein Krieg herrscht.

Die Wirtschaft in Deutschland muss nicht ihren angeblich großen Arbeitskräftebedarf aus Flüchtlingen schöpfen und deshalb die Flüchtlingsflut begrüßen. Sofern sie Arbeitskräfte aus dem Ausland wünscht, muss die Wirtschaft sich bemühen, diese dort selbst anzuwerben. Dass sich diesbezüglich Politiker zu Handlangern der Wirtschaft degradieren lassen, ist auch ein Grund für hiesiges politisches Unvermögen.

Kanzlerin Merkel sollte auch gegen­über der deutschen Öffentlichkeit und der Machtzentrale in Brüssel deutlich zum Ausdruck bringen, dass die zwölf Millionen deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen entgegen der Genfer Konvention nicht in ihre Heimat zurück­kehren durften, weil die Täter des Unrechtes, Stalin, Roosevelt und Churchill, das unter Bruch des Völkerrechts verhinderten und auch deshalb viele Staaten dieses deutsche Unrechtsbeispiel zum Vorbild nehmen.

Auch der Bund der Vertriebenen, der mehr Vertriebene vertritt, als DGB, Kirchen und alle Parteien zusammen an Mitgliedern haben, sollte Merkel auffordern, die Erfahrungen Deutschlands in Flüchtlingsangelegenheiten politisch zu nutzen. Das heißt, den Bau von Unterkünften in den Ersteinreisestaaten verlangen und nicht die Verteilung von Flüchtlingen in der EU.

Auch in Angelegenheiten der Immigration hat die Kanzlerin dem Wohl des Deutschen Volkes gemäß ihrem Amtseid nicht gedient, sondern dazu beigetragen, dass viele Kritiker oft als Rechtsextreme, Nazis oder Fremdenfeinde verunglimpft werden. So wird andauernd Zwietracht im Volk geschürt, statt den Willen der großen Mehrheit umzusetzen. Die Abwahl einer solchen Politik ist dringend notwendig, um auch der ständigen Forderung nach Volksentscheiden Gehör zu verschaffen.

Siegfried Neckritz, Osnabrück

 

 

Deutsches Ermland

Zu: Aus den Heimatkreisen

Ich erhalte die PAZ von meinen Eltern in Saarlouis. Die PAZ ist die beste informative Zeitung, die ich kenne beziehungsweise die wir kennen.

Eine kleine Kritik sei aber angebracht: Kürzlich las ich in der PAZ, dass das Ermland seit 1990 nicht mehr zu Deutschland gehört. Ich bin Mitglied im Landesverband der hiesigen West- und Ostpreußen und halte bezüglich der völkerrechtlichen Bewertung unserer Ostgebiete auch Vorträge, nicht nur in unserer Partei.

Die Ostgebiete sind nach wie vor deutsch, weil die Bundesrepublik nicht der Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches ist, weil die Bundesrepublik nicht Territorien abtreten kann, über die sie nicht herrscht, weil die Bundesregierung nie von den Betroffenen in den Ostgebieten mittels einer Wahl legitimiert worden ist und weil die Betroffenen ihr Selbstbestimmungsrecht nicht ausüben konnten.

Aus ähnlichen Gründen war die Abstimmung in Gibraltar von der Uno nicht anerkannt worden, weil die Briten als die Besatzungsmacht über den Verbleib oder Nichtverbleib Gibraltars nicht hätten mit abstimmen dürfen, sondern, wie die Uno klarstellte, nur die Nachkommen der 300 Jahre vor 1967 und vor der Besetzung durch die Briten dort lebenden Ur-Einwohner.

Axel Enders, Püttlingen

 

 

Zwangs-Koranisch

Zu: Keine Einzelfälle (Nr. 9)

Ich bin froh, dass die Redaktion der Preußischen Allgemeinen den Mut hat, konstruktiv, objektiv und wahrheitlich die Probleme unseres Lands offen auszusprechen und sie für konservative Werte einsteht. Die Mitarbeiter  dieser Zeitung sind ein wirklicher Segen in der gleichgeschalteten Presselandschaft.

Ich bin ein besorgter Bürger und befürchte, dass unsere kulturellen abendländischen Werte bald nicht mehr bestehen werden. Die jetzige Politik lässt sich im Grunde genommen auf drei Kernaussagen beschränken: Verfehlte Industriepolitik, verfehlte Einwanderungspolitik und verfehlte Außenpolitik.

Gestern sagte mir eine Bekannte, dass ihr Sohn auf eine staatliche Flensburger Grundschule ging. In dessen Klasse gab es kaum noch evangelische Christen, sodass die Schulleitung beschlossen hat, den christlichen Religionsunterricht abzuschaffen und alle Kinder in den Islamunterricht zu stecken (anstatt beispielsweise einen neutralen Ethikunterricht anzubieten). Die besorgte Mutter hat ihr Kind daraufhin sofort von der Schule genommen.

Ich frage mich wirklich, wie man das alles noch ertragen soll. Es ist eine Schande. Und keiner  in Sicht, der diesem Treiben Einhalt gebietet. Wie weit wird das noch gehen?

Daniel Zechendorf, Hamburg

 

 

»So einfach ist das«

Zu: Wenn es an Interesse und Anteilnahme mangelt (Nr. 8)

Ingo von Münch zitiert in seinem − wie immer − lesenswerten Artikel die „Neue Zürcher Zeitung“, die die Besprechung eines Buches mit der Bemerkung ablehnte, „Hätte Hitler den 2. Weltkrieg nicht vom Zaun gebrochen, so wären keine Bomben auf deutsche Städte gefallen. So einfach ist das“.

Es geht noch „einfacher“ – die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt äußerte am 19. September 2015 im ARD-„Morgenmagazin“: „Dresden, das ist vor allem die Frauenkirche, die ist wieder aufgebaut worden, nachdem die Nazis sie zerstört haben.“ Göring-Eckardt verweist erst gar nicht auf die Schuld Hitlers, für sie waren es die Nazis selbst, die die Bevölkerung Dresdens sowie hunderttausende Flüchtlinge bombardiert haben.

Wilhelm Kreuer, Unkel

 

 

Auf den Kopf gestellte Tatsachen

Zu: In Erdogans Krallen (Nr. 8)

Drei Meldungen erregten in der Monopolpresse kürzlich Aufsehen. Die Meldung von Sahra Wagenknecht wurde nicht sachlich kritisiert. Wagenknecht hatte nicht gesagt, dass alle Muslime nur Gäste bei uns sind. Ebenso erging es Horst Seehofer. Er hatte nicht gesagt, dass die Bundesrepublik ein Unrechtsstaat sei.

Auch Frau Petry hatte nicht gesagt, dass sie sich eine Demarkationslinie mit Todesstreifen und Selbstschussanlage wünscht. Hier werden Tatsachen auf den Kopf gestellt, und so kommt der dringende Verdacht auf, dass man davon ablenken wollte, dass vaterländisch ausgerichtete Bürger bei einer Meinungsumfrage mehrheitlich sich eine geschlossenere Grenze wünschen. Eine Grenze, so wie sie unsere Beschützer in Amerika praktizieren. Aber nicht nur an der Grenze zu Mexiko handhaben sie es so, sondern auch bei uns in Deutschland bei der US-Enklave Rammstein.

Unrichtige Angaben führen zu einem unlauteren Wettbewerb. Das ist auch in der Politik so. Oder sollte ich mich irren? Wenn wir unsere Probleme ernsthaft lösen wollen, dann brauchen wir keine Obergrenzen, sondern müssen uns darum bemühen, den Kalten Krieg sofort zu beenden. Über die Blöcke hinweg gab es einmal eine Verständigung, warum nicht heute. So würden wir das Entstehen eines Dritten Dreißigjährigen Krieges verhindern und zum Frieden beitragen. Ist die Uno nur ein zahnloser Tiger?

Nur gemeinsam können wir so investieren, dass Menschen in ihren Heimatländern eine wirtschaftliche Zukunft haben. Dann müssen sie nicht aufbrechen und in anderen Ländern ihre Zukunft suchen. Ist die Weltbank nur eine Schlafstätte für Beamte?

Ernst Reiner Langenfeld, Wuppertal

 

 

Keiner stolpert

Zu: Nun auch östlich der Oder (Nr. 8)

Stolpersteine für NS-Opfer gibt es nun auch östlich der Oder. Während ich diese für berechtigt halte, stolpern weder hierzulande noch in den Nachfolgestaaten der Vertreiberstaaten die Medien und Politiker über die Schicksale von 15 Millionen deutschen Vertriebenen mit drei Millionen Opfern. Wie sprach der Bundespräsident am 6. Mai 2015? In etwa so: Im Namen der Humanität, im Namen der Gleichheit und der Würde, die unterschiedslos allem zukommt, was Menschenantlitz trägt!

Wenn unsere östlichen Nachbarstaaten diese Art der Erinnerung und Anteilnahme für die deutschen Opfer des Kommunismus und zum Beispiel des polnischen oder tschechischen Nationalismus übernehmen würden, hätten sie eine Aufgabe für Generationen.

Werner Blietz, Goch


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Machtkampf um Linienverkehr
Die Stadt Königsberg will den Busfuhrpark erneuern – Streit um die Kosten- und Lastenverteilung

Königsbergs Bürgermeister Alexander Jaroschuk möchte, dass noch vor der Fußballweltmeisterschaft 2018 die stark veralteten Busse des öffentlichen Personennahverkehrs ausgetauscht werden. Doch über die praktische Umsetzung herrscht Uneinigkeit.

Seit Mitte der 1990er Jahre hat die Stadt Königsberg einen Großteil des städtischen Personennahverkehrs an private Unternehmen vergeben. Diese Unternehmen stehen in ständiger Konkurrenz zueinander. Die Folgen bekommen die Bürger, also der Kunde, zuweilen zu spüren, so auch am Morgen des 2. März als sie vergeblich auf die fahrplanmäßigen Busse warteten. Es kam nur noch etwas über ein Drittel der üblichen Busse. Obwohl sich die Gründe für den Ausfall schon seit Längerem angehäuft hatten, kam er für die Bürger dennoch unerwartet. Sie reagierten verwirrt und wütend.

Was war geschehen? 2010 hatte die Stadtverwaltung Verträge mit Transportunternehmen über die Bedienung des Stadtverkehrs mit einer Frist von fünf Jahren abgeschlossen. Im März 2015 hatte sie keine neue Ausschreibung veröffentlicht, weil erst ein neues Verkehrsnetz erarbeitet werden sollte. Die Verträge mit den bisherigen Unternehmern wurden nur um ein Jahr verlängert. Es war vertraglich geregelt, dass die Firmen jährlich zehn Prozent für Investitionen erheben dürfen; laut dem Unternehmen reicht der niedrige Fahrpreis bei Weitem nicht aus, um in neue Busse zu investieren.

Am 1. März sind die Verträge mit den bisherigen Auftragnehmern ausgelaufen, auf neue konnte man sich nicht einigen.

Bürgermeister Alexander Jaroschuk sagte, dass bis zur nächsten Ausschreibung, die in den nächsten sechs Monaten erfolgen werde, die Preise für Fahrten mit Bussen oder Kleinbussen die bisherigen sein werden: 18 Rubel (23 Euro-Cent) für ein Busticket, 22 Rubel (28 Cent) für Trolleybusse, Straßenbahnen und Minibusse.

Laut Angaben der Behörden verkehren in Königsberg täglich zirka 700 öffentliche Verkehrsmittel: zirka 100 des städtischen Unternehmens „KaliningradGorTrans“ sowie 300 große Busse und 300 Minibusse privater Unternehmen.

Um kurzfristig einen Kompromiss zu finden, trafen sich Vertreter der Transportunternehmen,  der Stadtverwaltung und der zuständigen Ministerien zu Gesprächen. Gouverneur Nikolaj Zukanow unterstützte den Wunsch der Stadtverwaltung, die Busflotte ohne negative Folgen für die Bürger zu modernisieren. Noch am selben Abend wurde bekannt, dass die Transportunternehmer eine zusätzliche Vereinbarung mit der Stadt getroffen hatten. Schon am nächsten Tag waren 670 Busse wieder auf ihren Linien im Einsatz. Diese Vereinbarung gilt bis zum 1. Juli 2016. Bis dahin sollen die Ergebnisse der öffentlichen Ausschreibung vorliegen, welche die Regierung im Dezember 2015 angekündigt hatte.

Eines der wichtigsten Kriterien der Ausschreibung ist die Erneuerung des Fuhrparks. Die privaten Gesellschaften argumentieren, dass es in Krisenzeiten unwirtschaftlich sei, Haushaltsgeld für den Kauf von Bussen auszugeben. Während die Busunternehmer umgerechnet 77000 bis 89000 Euro für einen neuen Bus rechnen, gehen die Stadtvertreter von 129000 Euro aus. Die privaten Auftragnehmer stellten der Stadt in Aussicht, ihren Fuhrpark innerhalb der kommenden drei Jahre zu modernisieren, wenn sie dafür ihre Preise frei gestalten können.

Sollte die Stadt Busse auf Rechnung des Gebietshaushalts kaufen wollen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie dies schon in den kommenden zwei Jahren vor der Fußballweltmeisterschaft tun wird. Dann stellt sich die Frage, welche Busse sie einsetzen wird. Russische der Marke „PAZ“ sind zwar günstiger als MAN oder Mercedes-Benz, die deutschen bieten aber mehr Komfort . PAZ-Busse sind für unwegsames Gelände gut geeignet, sind aber aufgrund ihrer schmalen Türen nicht für Behinderte oder Passagiere mit Kinderwagen geeignet, und die Anzahl der Sitze ist vergleichsweise niedrig.

Vor Kurzem hat die Stadt als preiswerte Alternative Busse der Firma „MAZ“ vorgestellt, die im weißrussischen Minsk hergestellt werden.

Neben diesen praktischen Erörterungen gibt es einen Konflikt zwischen Bürgermeister Jaroschuk und dem Stadtratsabgeordneten Sergej Donskij, dem das Unternehmen „Baltavtolajn“ gehört, das einen Großteil des städtischen Verkehrs versorgt. Im Dezember 2015 stellte Jaroschuk einen Interessenskonflikt fest: Donskij ist Leiter der städtischen Verkehrskommission und gleichzeitig Direktor eines Privatunternehmens. Donskij schlug zurück, indem er an Präsident Putin schrieb und sich über Jaroschuk und dessen erste Stellvertreterin Swetlana Muchomor beschwerte. Deren Mann ist Direktor des städtischen Unternehmens „KaliningradGorTrans“ und somit ein Konkurrent des Angegriffenen. Die Folgen dieses handfesten Streits muss der Kunde Bürger ausbaden.

                Jurij Tschernyschew


Stadt der Vernunft
Grafiken im Museum Friedländer Tor

Seit dem 17. März läuft im Museum Friedländer Tor eine Ausstellung mit dem Titel „Stadt der reinen Vernunft“ mit Grafiken vom 17. bis 20. Jahrhundert aus der Sammlung von Denis Dunajewskij. Die Ausstellung zeigt eine eigenwillige Abbildung der Geschichte der Stadt-Landschaft Königsberg Anfang des 17. Jahrhunderts bis Ende der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts – über 300 Jahre aus der Geschichte der Stadtentwicklung. Vor der Erfindung der Fotografie war die Gravur fast das einzige Mittel zur Wiedergabe der städtischen Landschaft, mit ihr wurden Atlanten, Bücher und Druckstücke illustriert.

Der Sammler Dunajewskij sagt: „Wie die Fotografie in unseren Tagen, so war die Gravur damals ein Spiegel verganger Epochen: Städte und Dörfer, Könige und einfache Leute, Krönungen und Szenen des Alltagslebens – nichts ist der Aufmerksamkeit des Gravuers entgangen ... Gravuren sind neben den Fotografien die wichtigste Informationsquelle über das Aussehen der Stadt.“

Dunajewskij ist Philologe von Beruf, Museumsmitarbeiter aus Neigung, Sammler aus Leidenschaft. In seiner Sammlung, die er über zehn Jahre lang erworben hat, befinden sich über 100 grafische Arbeiten verschiedener Perioden aus Königsberg. Die Ausstellung zeigt noch bis Ende Juni über 50 Exponate.                 PAZ

Museum Friedländer Tor, ul. Dzerschinskogo 30, 236004 Kaliningrad, Telefon 007 (4012) 644020, E-Mail: friedlander_tor@mail.ru


Kontroverse über »Die Unschuldigen«
Französisch-polnische Koproduktion in polnischen Kinos – Bischöfe kristisieren den Film

Der kontrovers diskutierte polnisch-französische Film „Die Unschuldigen“ läuft seit dem 11. März in polnischen Kinos. Es ist der neueste Film der französischen Regisseurin Anne Fontaine, auf einer wahren Geschichte basierend. Die polnische Bischofskonferenz kritisert diesen Spielfilm und wirft der Regisseurin „Manipulation“ vor.

In der Tat erweckt der Film „Die Unschuldigen“ viele Emotionen. Die Hauptrollen in der französisch-polnischen Koproduktion spielen Agata Kulesza und Lou de Laage. Die Handlung spielt kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Krankenhaus, in dem Mitarbeiter des Roten Kreuzes nach Vermissten suchen. Im Krankenhaus taucht eine Schwester des nahen Klosters auf und bittet um Hilfe für eine sterbende Frau, eine Nonne, die in den Wehen liegt. Wie sich herausstellt, waren die Schwestern des Klosters einer Gruppenvergewaltigung durch die Soldaten der Roten Armee zum Opfer gefallen.

Der Film, der zuvor in den USA gezeigt wurde, erhielt gute Kritiken. Die Kritiker lobten unter anderem die „hypnotisierende Rolle von Agata Buzek“, „die phänomenale Kreativität von Agata Kulesza“ und das „perfekte Drehbuch“.

Das Drama „Die Unschuldigen“ wurde im südlichen Ostpreußen, vor allem in Wormditt und in dem Marienaltarraum in Krossen und Wormditt gedreht. In der Gemeinde Wormditt wurden schon mehrere polnische Filme gedreht, unter anderem „Venedig“, und die Komödienserie „Höhere Gewalt“. Für viele ist Wormditt das „ermländische Hollywood“.

Das Drehbuch von „Die Unschuldigen“ ist eine fiktive Geschichte, die durch zwei wahre Geschichten inspiriert wurde. Dorota Schreiber-Kurpiers, Historikerin an der Universität Oppeln, führte vor einigen Jahren eine Studie über die russischen Kriegsvergewaltigungen durch, wobei sie Interviews mit Nonnen in der Bundesrepublik Deutschland und in Schlesien führte. Sie fand heraus, dass die Priester, die während des Krieges starben, als Kriegsopfer geehrt  wurden, die Nonnen aber nicht. Nicht, um etwas zu verbergen, sondern aus Unwissenheit, weil niemand es untersucht hatte. Die Nonnen hatten nicht darüber berichtetet, und sie schrieben keine Me-moiren.

Nach Adam Dziurok, dem Leiter des öffentlichen Bildungsamtes des Institutes für Nationales Gedenken in Kattowitz, gab es in den ersten Monaten des Jahres 1945 eine Welle der Verfolgung von Nonnen. Es war die Zeit kurz nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen. Mindestens 80 Nonnen starben allein im schlesischen Oppeln durch die Sowjets. An der Neiße wurden 27 Nonnen von russischen Soldaten erschossen oder zu Tode gefoltert, 150 wurden vergewaltigt. Dziurok beschreibt das in seinem Buch über die Politik der Parteistaatsbehörden gegen die katholische Kirche in den Jahren 1945 bis 1956 in der Provinz Schlesien/Kattowitz.

Jahrelang war es nicht möglich, über diese Verbrechen zu sprechen. Nun läuft der Seligsprechungsprozess  für 16 Nonnen, die am Ende des Zweiten Weltkriegs von den sowjetischen Soldaten ermordet wurden. Sie starben für den Glauben und für die Verteidigung der Keuschheit. Die Schwestern waren deutsche Frauen, im Ermland geboren. Sie flohen nicht mit der deutschen Bevölkerung aus Ostpreußen. Die meisten Nonnen arbeiteten in Krankenhäusern. Sie lebten in folgenden Klöstern: Heilsberg, Wormditt, Guttstadt, Klaukendorf, Allenstein und Braunsberg. Insgesamt wurden damals 104 Schwestern getötet, aber bis jetzt gelang es lediglich, Dokumente über 16 Schwestern zu sammeln.

Der Seligsprechungsprozess dieser 16 Schwestern begann in der Diözese Ermland im Dezember 2004. Bis zu einer Seeligsprechung können bis zu 20 Jahre vergehen. Wenn die vatikanische Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen eine positive Stellungnahme abgibt und der Papst sie bestätigt, werden diese Schwestern die ersten Opfer der sowjetischen Soldaten sein, die auf den Altar gehoben werden.        Leszek Chaburski


MELDUNGEN

Verfolgungsjagd im Kreis Lyck

Bobern – Nahe demDorf Bobern im Kreis Lyck stoppten Polizisten einen 29-jährigen Litauer in einem in West-Deutschland gestohlenen 7er BMW. Als die Beamten den Fahrer anhalten wollten, gab dieser Vollgas. Beim Versuch, mit Hilfe herbeigerufener Kollegen den Fahrer mit einer Straßenblockierung zu stoppen, rammte er ein Polizeiauto. Als der BMW  zum Stehen kam, versuchte der Mann zu Fuß zu fliehen. Der Festgenommene muss sich nun wegen Diebstahls, der Gefährdung von Leib und Leben der Beamten sowie verschiedener Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung verantworten.            PAZ

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. 7: Elbing – Jazowa, Baustelle; Liebemühl – Osterode, Baustelle; Zalusken [Załuski] – Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 7j: Zalusken – Neidenburg [Nidzica], Baustelle. Straße Nr. 15: Rheinsgut [Rynskie] – Mörlen [Morliny], Baustelle. Straße Nr. 16: Osterode – Martenshöh [Marciniaki], Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing – Fichthorst [Jegłownik], Baustelle. Straße Nr. 51: Heilsberg [Lidzbark Warminski], Baustelle; Allenstein – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 53: Ortelsburg, Polska Straße., Baustelle. Straße Nr. 59: Moythienen [Mojtyny], Umbau der Brücke. Straße Nr. 63: Angerburg [Wegorzewo], Erneuerung der Fußgängerzon;  Arys [Orzysz] – Johannisburg [Pisz], Brückenbau; Johannisburg – Gehsen [Jeze] – Woiwodschaftsgrenze, Baustelle.        E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,              
liebe Familienfreunde,

unsere Ostpreußische Familie hat im Laufe ihres nun 30-jährigen Bestehens über Hunderte von Schicksalen berichtet und zu manchem Wiederfinden beitragen können. Eine der schönsten Geschichten haben wir auch in unser erstes Familienbuch „Einfach wundervoll“ mit eingebracht, denn sie zeigte in besonders eindrucksvollem Maße die Irrungen und Wirrungen einer vergeblich erscheinenden Suche, die dann eine unerwartete Wendung nahm. Es handelte sich um die Geschwister Komp aus Königsberg, die nach dem Russeneinfall auseinander gerissen wurden. Der Vater ist vermisst, die Mutter vergewaltigt und verstorben, die beiden Jungen Helmut (15) und Manfred (11) fliehen aus den ihnen zugewiesenen Unterkünften nach Litauen, die fünfjährige Erika verhungert und die sechsjährige Irmgard kommt in ein Waisenhaus. Nachdem die Jungen 1951 in den westlich von Oder und Neiße gelegenen Teil Deutschlands gekommen waren, suchten sie unentwegt nach ihrer kleinen Schwester, stießen aber in der damaligen DDR auf Schwierigkeiten. Helmut erhielt lediglich einen obligatorischen Vordruck, dass die Suche nach der genannten Person zu keinem Erfolg geführt habe. Dann kommt die sogenannte Wende, Helmut hält zum ersten Mal ein Ostpreußenblatt in der Hand und wendet sich an uns mit der Bitte, seinen Suchwunsch nach Irmgard zu veröffentlichen. Die Resonanz ist erfreulich und weist erste begehbare Wege, aber letztendlich dauert es doch einige Zeit mit vielen Bemühungen, bis der Sucherfolg feststeht: Irmgard lebt in einer Stadt im Voigtland gar nicht so weit von ihrem in Waldheim/Sachsen wohnenden Bruder Helmut. Da lebten die Geschwister so nahe beieinander und wussten es nicht. Es lag an einem einzigen fehlenden Buchstaben, dass die Geschwister sich nicht früher gefunden hatten: Die damals Fünfjährige hatte bei der russischen Registrierung ihren Familiennamen mit „Komm“ angegeben. Beim Wiedersehen mit den Brüdern zeigte sie sich unsicher, aber als sie sich an Manfred mit der Frage wandte: „Warum hast du damals gesagt, Irmgard wir holen dich raus?“ – da wussten die Geschwister, dass die zerrissenen Fäden wieder geknüpft waren. Helmut, der nach der „Wende“ sogar nach Königsberg gefahren war, um dort aufgrund neuer Angaben zu forschen, wollte über die geglückte Geschwisterzusammenführung sogar ein Buch schreiben.

Diesen Vorsatz hat er nicht verwirklicht, dafür hat sein Sohn Stephan geschrieben – kein Buch, aber zwei eng beschriebene Seiten Familiengeschichte, der er sogar einen Titel gegeben hat: „Sing, sing, was geschah – Wie die Geschichte der verlorenen Kinder von Königsberg wirklich weiterging“. Und wie die Wahl dieses ostpreußischen Liedes zum Leitmotiv schon ahnen lässt, verlief sie nicht so, wie Helmut Komp es erhofft hatte. Das Auseinanderdriften ihrer Lebenswege machte sich vor allem bei Irmgard bemerkbar, die wohl ihre verlorene Kindheit nicht verkraften konnte. Und so beginnt Stephans Bericht, wo unsere in Buch und Zeitung veröffentlichte Geschichte der Geschwister Komp aufgehört hatte:

„Nach dem Wiedersehen im Jahr 1993, über das das Ostpreußenblatt in der Ostpreußischen Familie am 15. Juli 1995 berichtete, hatte die gefundene Schwester Irmgard nicht die Kraft, uns als ihre alte Familie zu akzeptieren. Hinzu kam der frühe Verlust ihres Mannes kurz nach dem Erstkontakt. Gegenanrufe oder eine Karte von ihr gab es nie. Vater stellte später den Kontakt ganz ein und sagte: Das Leben ist keine Einbahnstraße! Von unserer ehemals großen Familie – die meiner Großmutter Maria, eine geborene Dorsch, eingerechnet – gab es jetzt nur noch meine Eltern und mich, den 1962 geborenen Sohn. Der verfluchte Krieg hatte auch unsere Familie mitten in ihr Herz getroffen, Jahrhundertelang gewachsene Familienstrukturen waren atomisiert, ein ganzes Volk von seinen Wurzeln abgeschnitten. Den größten Teil meiner großelterlichen Familie hatte ich nie gesehen, es gab keine Fotografien, Urkunden oder andere Erinnerungen an die Großeltern und ihre Familien. Vater meinte einmal, bevor er seine Schwester fand: Das Schlimme daran ist die Ungewissheit, du könntest Tür an Tür mit deiner Familie leben und wüsstest nicht einmal, dass es die Deinen sind! – Wenn er nur im Ansatz geahnt hätte, wie nahe er der Realität war.“

Leider erkrankte der Vater an Demenz und übergab seinem Sohn die wenigen „Unterlagen“, die er über die Familien Komp und Dorsch zusammengetragen hatte: einen Haufen ungeordneter Zettel und Kopien, oft vielfach kopiert und kaum noch leserlich. Alles sehr verwirrend für den Sohn, der versuchte, Ordnung in diese Fragmente zu bringen. Bei der mütterlichen Linie Dorsch kam erschwerend hinzu, dass seine Großmutter Maria das Sorgenkind der Familie gewesen war. Ihre Mutter Anna Dorsch verstarb früh, der strenge Vater, der Reichsbahnsekretär Otto Hermann Dorsch, hatte seine jüngste Tochter verstoßen – aus welchen Gründen auch immer. Aber ihre vier Geschwister hielten zu ihr und steckten ihr heimlich etwas zu, als Marias Mann, der Hufschmied Otto Komp, arbeitslos geworden war und der Hunger bei den Komps oft am Tisch saß. Die Lebensläufe der Geschwister Dorsch nahm Stephan zum Anlass, seine Dokumentation unter den erwähnten Liedtitel zu stellen, wie er erklärt:

„Mit ihnen war es wie in dem Lied von den fünf Schwänen. Des Urgroßvaters ganzer Stolz, sein Ältester, der Sanitätsunteroffizier Max war 1944 gefallen, Sohn Walther lebte später in Hamburg und verstarb dort, der dritte Sohn Ernst war 1928 als Boxer nach Salzwedel gegangen und schied freiwillig aus dem Leben, Tochter Else hatte einen Diakon, Friedrich Karl W., geheiratet, und die Jüngste, meine Großmutter Maria, verstarb 1947 in Königsberg an Hungertyphus.“

Licht in die Familiengeschichte hatte ein Schreiben der Heimatortskartei Lübeck gebracht, das Stephan in den Unterlagen fand und in dem seinem Vater mitgeteilt wurde, dass es zum Urgroßvater Dorsch im Jahr 1969 eine Todeserklärung auf Antrag des Amtsgerichtes Nürnberg gegeben habe. Dass sein Vater dieser Mitteilung keine Beachtung geschenkt hatte, konnte sich der Sohn nur damit erklären, dass er nach Lesen des Briefes diesen enttäuscht weggelegt hatte, wie so viele andere Schreiben auch, da dieser zur Suche nach seiner Schwester Irmgard keine Informationen enthielt.

Für den Familienforscher Stephan begann eine Detektivarbeit. Erst schrieb er an das Amtsgericht und bat um Akteneinsicht. Die alte Akte war bereits archiviert und musste angefordert werden. Stephan glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er den Antrag in der Hand hielt: Else W., die Schwester seiner Großmutter, hatte ihn gestellt. Sofort schrieb er an das Einwohnermeldeamt Nürnberg und bat um Auskunft über den Wohnort seiner Großtante. Ihm wurde mitgeteilt, dass die Betreffende nach A. verzogen sei. Im Telefonbuch fand er mehrere Nummern mit dem betreffenden Namen, er rief sofort die erste an und eine Frauenstimme antwortete auf seine Frage nach Else: „Ja, ich bin deren Tochter!“ Es war Gisela, Elses Tochter, eine pensionierte Lehrerin.

„Damit hatte ich tatsächlich meine Königsberger Familie wiedervereint, die vor 82 Jahren durch den Urgroßvater entzweit worden war“, schreibt Stephan Komp, für den sich nun das verknotete Netz seiner Familiengeschichte entwirrte. „Else war es gelungen, mit ihren Kindern Gisela, Martin und Ellen im Januar 1945 aus Königsberg herauszukommen und nach Niedersachsen zu fliehen, sie überlebten den entsetzlichen Hunger und kamen dann glücklicherweise nach Franken zu einer ihnen wohl gesonnenen Bauernfamilie. Ihr Mann war als Kriegsgefangener in die USA deportiert worden und kehrte 1946 zurück. Bei meinem Anruf war Else leider schon vier Jahre tot. Hätte ich doch gleich nach der Wende diese Information gehabt, was hätte ich sie noch alles fragen können! Ihre Brüder Walther und Ernst lebten ebenfalls nicht mehr. Ernst hatte aber drei Kinder, einen Sohn, der leider 2008 nach einer missglückten Operation verstorben war, und zwei Töchter, Heide und Käthe, hinterlassen.

Und mit diesen beiden Kusinen und ihrer Familie kam es 2010 zum denkwürdigen Zusammentreffen der ganzen Familie, dem ersten seit 1928 – es sollte auch das letzte Mal sein. Meine Mutter verstarb drei Monate später. Vater nahm aufgrund seiner Demenz nur am Rande Notiz von dieser gütigen Fügung, ich hatte sogar den Eindruck, dass es ihn nicht besonders interessiere, da er kaum Fragen stellte. Gesprächsthema war die neu entdeckte Familie für ihn nicht, er merkte sich nichts mehr. Jetzt war er es, der die Briefe und Karten von Käthe und Heide nicht mehr beantwortete. Auch die von mir aufwendig erstellten Vergrößerungen von Giselas einmaligen Familienfotos, die seine junge Mutter Maria 1917 als Konfirmandin und in jungen Jahren zeigten, interessierten ihn kaum noch. Die Schwäne waren weit weggeflogen …

Als der Ehemann von Käthe 80 Jahre alt wurde, luden sie uns in die Altmark ein, doch Vater wollte nicht mitfahren. Ich lernte Helga, die Witwe des verstorbenen Sohnes Heinz von Ernst Dorsch und ihren Sohn kennen, die Einzigen, die nun diesen Familiennamen weiter trugen. Bei ihnen durfte ich Einzelkind mit 48 Jahren erfahren, was Blutsverwandtschaft für einen Menschen bedeuten kann. Wie Recht hatte Vater doch mit seiner Vermutung: Unsere Familie lebte bereits zu tiefsten DDR-Zeiten in Falkenstein, Dresden, Hoyerswerda, Salzwedel und Stendal um uns herum, und wir wussten es nicht! Welche Tragik liegt in diesen so unwissend verflossenen Jahren, welcher Verlust durch nie verlebte Stunden und ein nie geteiltes Schicksal einer ganzen ostpreußischen Familie. Mit welchen Maßstäben soll es je von der Nachwelt gemessen werden?“

Mit dieser Frage beendet Stephan Komp diese für die Ostpreußische Familie verfasste Aufbereitung seiner Familiengeschichte, die uns die ganze Breite der Schicksalsfragen von Menschen vor Augen führt, die mit dem Verlust der Heimat auch ihre Bindung zur eigenen Familie verloren. Nicht jeder brachte so viel Geduld und Mühe bei der Suche nach irgendwelchen Spuren auf wie Stephan Komp, der die Nachforschungen seines Vaters weiterführte, als dieser keine Kraft mehr besaß. Das berührt uns sehr, denn wie haben wir damals mit Helmut Komp mitgefühlt, als er von dem Wiedersehen mit seiner Schwester Irmgard berichtete, bei dem er einen Weinkrampf erlitt. Was aber jetzt und noch mehr zählt, ist das Bemühen Stephans um die Familienfindung, obgleich er selber als Angehöriger der Nachkriegsgeneration keine persönliche Verbindung zu der Heimat seines Vaters hatte. Und das spüren wir, wenn auch manchmal nur ansatzweise, in den vermehrten Zuschriften der Kinder und Enkel von Vertriebenen, die uns Ältere als letzte Zeitzeugen hoffen lassen, dass unsere Bemühungen um Bewahrung des noch Abrufbaren nicht umsonst waren und sind. (Stephan Komp, Gallschützer Straße 18A in 04749 Ostrau, Telefon 034362/33788, Fax 034362/33791.)

Eure Ruth Geede


Startet die AfD jetzt auch in Polen durch?
Ein Breslauer schmiedet die nötigen politische Bündnisse – Frauke Petrys Vater stammt aus Militsch

Der Breslauer Medizintechnik- Händler und Betreiber der Facebook-Seite „Schönes Schlesien“ Jörg Giessler klagt: „15 Jahre lang war ich Mitglied der SPD in Essen, Fulda und Schlüchtern. Unter Sigmar Gabriel haben sich die Sozialdemokraten aber noch weiter von der Basis entfernt.“ Ausgerechnet in seiner neuen Heimat Breslau, wo auch sein Sohn zur Schule geht, hat sich der 53-jährige der AfD zugewandt. „Beflügelt von den hervorragenden Wahlergebnissen am Sonntag, werde ich diese Woche in ein Gespräch mit dem Sejmabgeordneten Kornel Morawiecki von der Bewegung Kukiz’15 gehen“, sagt Giessler, der inoffizieller „Polenbeauftragter“ der sächsischen AfD ist. Der Abgeordnete Kornel Morawiecki ist der Vater des polnischen stellvertretenden Ministerpräsidenten und Ministers für wirtschaftliche Entwicklung Mateusz Morawiecki.

Vor zwei Jahren hatte Giessler die damals noch wenig bekannte Frauke Petry angesprochen und nach Breslau eingeladen. Bei einem Dis­kussionsabend im legendären „Schweidnitzer Keller“ am Ring bekannte Petry, dass ihr Vater 1945 aus dem nahen Militsch vertrieben worden sei und sie sich gerne auf die Suche nach ihren Wurzeln, aber auch heutigen Kontakten zu politischen Partnern über die Grenze hinweg machen wolle. Bei diesem Treffen äußerte der Breslauer Rechtsanwalt Alexander Ilgmann die Idee eine „Alternative für Polen“ beziehungsweise „für Europa“ zu gründen. Sollte man sich als politische Kraft der deutschen Volksgruppe positionieren, wäre eine Prozent-Hürde für den Sejm nicht zu nehmen und den Deutschen in der Republik Polen böte sich eine Alternative zur Dominanz der aus Oppeln, dem Sitz des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, dominierten deutschen Volksgruppe. Das polnische Gesetz beschränkt die Vertretung einer Minderheit nämlich nicht auf eine Kraft. Letztlich scheute der Anwalt, der die polnische Staatsangehörigkeit angenommen hat, diese Mammutaufgabe, doch mit Giessler und dem mittlerweile in Görlitz lebenden Ex-Breslauer Peter Stahn sind zwei Mitstreiter nun in der AfD in Görlitz aktiv. Im Hintergrund vermittelt Giessler nun Kontakte nach Polen und war auch Mitideengeber der „Dresdner Erklärung“ der sächsischen Landtagsabgeordneten Karin Wilke, die auf dem AfD-Landesparteitag Ende Februar in Markneukirchen einstimmig angenommen wurde und zur Mäßigung im Umgang mit der polnischen Regierung mahnt. „Die Unterzeichner dieser Erklärung verurteilen den Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht des polnischen Volkes und distanzieren sich von der anmaßenden Sprache, in der diese Kontroverse von deutscher und europäischer Seite vorgetragen wird“, heißt es einleitend.

Die Erklärung ging an führende Vertreter der Deutschen Minderheit. Der Grünberger Vorsitzende Bolesław Gustaw Bernaczek habe sie bereits unterschrieben, der Danziger Vorsitzende und Historiker Roland Hau sowie die Ratiborerin Anna Ronin, die zuletzt nur knapp an der Wahl zur Ratiborer Stadtpräsidentin gescheitert war, hätten diese wohlwollend aufgenommen „und möglicherweise schon unterschrieben“. Giessler wartet dieser Tage auf Post. „Eine Reaktion anderer steht noch aus, allerdings wurde mir – nachdem ich die Erklärung dem deutschen Sejmabgeordneten Ryszard Galla zugeleitet hatte –, von der Breslauer Vorsitzenden und Vizepräsidentin der Deutschen Minderheit in Polen, der aus Oberschlesien stammenden Renate Zajaczkowska entgegengehalten, dass ich ‚für die Minderheit‘ spreche. Unterschrieben habe ich selbst aber als ‚Mitglied‘“, betont der Breslauer. Die Deutsche Minderheit scheint an der Spitze weiterhin CDU-hörig und wird wohl auch dann nervös, wenn die Oppelner Dominanz ins Wanken geraten könnte.

Giessler begründet sein Engagement für die AfD vor allem damit, dass er Anhänger von Basisdemokratie sei. „Die polnische Direktwahl des Präsidenten sehe ich sogar als Vorbild für Deutschland an“, betont er und fügt hinzu: „Europakritisch bin ich ganz und gar nicht. Ich beklage aber, dass so viele Deutsche vom einstigen deutschen Osten nichts mehr wissen wollen. Ich finde es aber gut, dass die polnische Regierung und die polnische Öffentlichkeit viele Standpunkte mit der AfD gemeinsam haben.   Edmund Pander


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 99. GEBURTSTAG

Bieber, Minna, geb. Mein, aus Roßlinde, Kreis Gumbinnen, am 19. März

Karasch, Frieda, geb. Karpinski, verw. Nowitzki, aus Morgengrund, Kreis Lyck, am 22. März

ZUM 97. GEBURTSTAG

Baronas, Kurt, aus Gaistauden, Kreis Tilsit-Ragnit, am 22. März

Hombosch, Ottilie, geb. Warda, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 21. März

ZUM 96. GEBURTSTAG

Aschendorf, Erich, aus Neuen-dorf, Kreis Lyck, am 24. März

Baum, Margarete, geb. Podworny, aus Milussen, Kreis Lyck, am 21. März

Konietzke, Ursula, geb. Schultz, aus Lyck, Prostker Vorstadt, am 23. März

Lolies, Oskar, aus Moschnen, Kreis Treuburg, am 19. März

Rudorf, Elfriede, geb. Bohl, aus Bladiau, Kreis Heiligenbeil, am 24. März

Schall, Erna, geb. Bednarzik, aus Bärengrund, Kreis Treuburg, am 23. März

Stenzeleit, Gertrud, geb. Schmeminoneck, aus Tilsit, Kreis Tilsit-Ragnit, am 22. März

Venohr, Rita, geb. Boguschewski, aus Albrechtsfelde, Kreis Treuburg, am 24. März

ZUM 95. GEBURTSTAG

Essmann, Erika, geb. Godau, aus Weischkitten, Kreis Samland, am 20. März

Kremp, Elfriede, geb. Brzoska, aus Morgengrund, Kreis Lyck, am 19. März

Schmid, Hildegard, aus Goldschmiede, Kreis Samland, am 19. März

ZUM 94. GEBURTSTAG

Beckherrn, Herbert, aus Lyck, Lycker Garten 29, am 22. März

Gysbers, Herta, geb. Hagenbach, aus Klein Engelau, Kreis Wehlau, am 18. März

Hauenschild, Elli, geb. Thurau, aus Elbing, am 22. März

Jeworutzki, Ewald, aus Kornau, Kreis Ortelsburg, am 18. März

Kröhnert, Günther, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 23. März

Mühlmann, Ida, geb. Mehrmann, aus Lötzen, am 22. März

Schwartz, Elfriede, geb. Volkmann, aus Lyck, Otto-Reinke-Straße 4, am 24. März

Sommer, Anna, geb. Waschulewski, aus Millau, Kreis Lyck, am 23. März

ZUM 93. GEBURTSTAG

Blohm, Kurt Willi, aus Auerbach, Kreis Wehlau, am 22. März

Chedor, Hildegard, aus Stradaunen, Kreis Lyck, am 24. März

Freundt, Ursula, aus Geigenau, Kreis Lyck, am 20. März

Herboth, Gisela, geb. Timsries, aus Kripfelde, Kreis Elchniederung, am 21. März

Kastner, Gertrud, aus Lyck, am 22. März

Meyhöfer, Heinz, aus Seedranken, Kreis Treuburg, am 20. März

Orlowski, Max, aus Grünfließ, Kreis Neidenburg, am 19. März

Pawlowski, Otto, aus Gusken, Kreis Lyck, am 24. März

Rasch, Oswald, aus Altwalde, Kreis Wehlau, am 23. März

Schultz, Johannes, aus Lyck, am 20. März

Smoktun, Elsa, geb. Duddek, aus Maschen, Kreis Lyck, am 24. März

ZUM 92. GEBURTSTAG

Conrad, Friedel, geb. Berger, aus Dietrichsdorf, Kreis Neidenburg, am 18. März

Dannat, Liesbeth, geb. Jebramek, aus Langheide, Kreis Lyck, am 18. März

Flick, Engelhard, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 20. März

Grimm, Gertrud, geb. Schudi, aus Widminnen, Kreis Lötzen, am 23. März

Habicht, Heinrich, aus Maldanen, Kreis Ortelsburg, am 22. März

Jedamski, Walter, aus Burdungen, Kreis Neidenburg, am 23. März

Kasper, Benno, aus Elbings Kolonie, Kreis Elchniederung, am 24. März

Mertins, Karl-Heinz, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 20. März

Pachaly, Adelheid, geb. Jackus, aus Kripfelde, Kreis Elchniederung, am 21. März

Schönfelder, Margot, aus Neuendorf, Kreis Lyck, am 22. März

Swida, Rosemarie, geb. Bludau, aus Passenheim, Kreis Ortelsburg, am 19. März

Thalmann, Franz, aus Zimmerbude, Kreis Samland, am 24. März

Wendland, Irmgard, aus Lyck, am 22. März

ZUM 91. GEBURTSTAG

Kepp, Franz, aus Zimmerbude, Kreis Samland, am 24. März

König, Hildegard, geb. Kaupat, aus Schneckenmoor im Gutsbezirk Schnecken Forst, Kreis Elchniederung, am 23. März

Krenz, Gertrud, aus Bartendorf, Kreis Lyck, am 20. März

Kruppa, Alfred, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 22. März

Lawes, Anneliese, geb. Grunau, aus Stosnau, Kreis Treuburg, am 22. März

Meier, Irma, geb. Schmidt, aus Neidenburg, am 21. März

Naujok, Erna, geb. Quednau, aus Biothen, Kreis Wehlau, am 22. März

Oertwig, Rosemarie, geb. Titius, aus Wehlau, am 24. März

Pallasch, Walter, aus Groß Blumenau, Kreis Ortelsburg, am 22. März

Staffeldt, Helene, geb. Roy, aus Tannau, Kreis Treuburg, am 24. März

Stender, Gertrud, geb. Krysewski, aus Steinhalde, Kreis Ebenrode, am 24. März

Wendt, Hans-Heinrich, am 20. März

ZUM 90. GEBURTSTAG

Bantke, Elly, geb. Hantel, aus Klein Steegen, Kreis Preußisch Eylau, am 22. März

Blumenthal, Charlotte, aus Weidenberg, Kreis Tilsit-Ragnit, am 18. März

Bothe, Erika, geb. Kraft, aus Mostolten, Kreis Lyck, am 18. März

Braunstein, Else, geb. Pentzeck, aus Lyck, am 19. März

Czybulka, Fritz, aus Auersberg, Kreis Lyck, am 20. März

Gühne, Gertrud, geb. Knappke, aus Ortelsburg, am 24. März

John, Erna, geb. Bleyer, aus Buschfelde, Kreis Ebenrode, am 21. März

Komm, Alma, geb. Fegletef, aus Schiewenau, Kreis Wehlau, am 22. März

Lichtenstein, Elisabeth, geb. Machowski, aus Freythen, Kreis Ortelsburg, am 19. März

Maier-Solgk, Roswitha, geb. Luft, aus Lötzen, am 23. März

Müller, Herta, geb. Hill, aus Eisenberg, Kreis Heiligenbeil, am 19. März

Murau, Wilma, geb. Arndt, aus Roddau Perkuiken, Kreis Wehlau, am 24. März

Padberg, Horst, aus Ortelsburg, am 21. März

Riedel, Hildegard, geb. Gebert, aus Fließdorf, Kreis Lyck, am 22. März

Schulewski, Ernst, aus Waldwerder, Kreis Lyck, am 24. März

Schulz, Kurt, aus Regeln, Kreis Lyck, am 20. März

Senf, Erich Oskar, aus Worfengrund, Kreis Ortelsburg, am 24. März

Tödt, Irmgard, geb. Niklas, aus Gusken, Kreis Lyck, am 19. März

von Freeden, Charlotte, geb. Matschulat, aus Ebenrode, am 21. März

ZUM 85. GEBURTSTAG

Baader, Irmtraut, geb. Kannenberg, aus Willkassen, Kreis Treuburg, am 19. März

Bieberneit, Grete, geb. Niederstraßer, aus Disselberg, Kreis Ebenrode, am 21. März

Block, Siegfried, aus Altenkirch, Kreis Tilsit-Ragnit, am 18. März

Borkowski, Siegfried, aus Hallenfelde, Kreis Goldap, am 23. März

Bouwer, Erna, geb. Pertek, aus Kobbelhals, Kreis Ortelsburg, am 24. März

Denda, Gerhard, aus Altkirchen, Kreis Ortelsburg, am 23. März

Dudek, Otto, aus Kalgendorf, Kreis Lyck, am 22. März

Ebeling, Edith, geb. Götz, aus Argendorf, Kreis Elchniederung, am 20. März

Fabian, Gunda, geb. Wommer, aus Gimbweiler, Kreis Lyck, am 21. März

Gehlhaar, Dieter, aus Wittenwalde, Kreis Lyck, am 22. März

Grützmacher, Helmut, aus Nassawen, Kreis Ebenrode, am 23. März

Hinz, Gerhard, aus Lindendorf, Kreis Elchniederung, am 21. März

Hoppe, Erika, aus Berndhöfen, Kreis Lyck, am 22. März

Hosenberg, Hubert, aus Klein Rauschken, Kreis Ortelsburg, am 20. März

Koepke, Lydia, geb. Kolles, aus Schertingswalde, Kreis Mohrungen, am 12. März

Kregeloh, Christel, geb. Kuberka, aus Watzum, Kreis Samland, am 22. März

Lother, Käthe, geb. Joswig, aus Mingfen, Kreis Ortelsburg, am 24. März

Lührmann, Hildegard, geb. Weylo, aus Lyck, am 20. März

Möller, Christel, geb. Titt, aus Wilhelmsbruch, Kreis Elchniederung, am 21. März

Rosowski, Siegfried, aus Bärenbruch, Kreis Ortelsburg, am 21. März

Salewski, Gertrud, geb. Seyda, aus Klein Dankheim, Kreis Ortelsburg, am 21. März

Scheffler, Horst, aus Erlenhagen, Kreis Ebenrode, am 23. März

Skrey, Vera, geb. Hansl, aus Fuchshügel, Kreis Wehlau, am 23. März

Stallbaum, Gerhard, aus Landsberg, Kreis Preußisch Eylau, am 22. März

ZUM 80. GEBURTSTAG

Böttcher, Helmut, aus Bottau, Kreis Ortelsburg, am 23. März

Damerau, Hans-Georg, aus Damerau, Kreis Samland, am 23. März

Düputell, Marlies, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 20. März

Höhncke, Helga, geb. Dubnik, aus Lenzendorf, Kreis Lyck, am 22. März

Hürter, Brigitte, geb. Janke, aus Neidenburg, am 22. März

Jaroschinski, Günter, aus Gubitten, Kreis Mohrungen, am 24. März

Klimmek, Klaus, aus Ortelsburg, am 18. März

Krüger, Werner, aus Lyck, und Rogonnen, Kreis Treuburg, am 22. März

Kurt, Werner, aus Lyck, am 24. März

Kurzhals, Erika, geb. Gollub, aus Morgengrund, Kreis Lyck, am 21. März

Murza, Karlfried, aus Kalgendorf, Kreis Lyck, am 21. März

Pauschert, Ingrid, geb. Hedrich, aus Schanzenort, Kreis Ebenrode, am 18. März

Perbandt, Joachim, aus Langendorf, Kreis Wehlau, am 18. März

Plotzki, Hildegard, geb. Depner, aus Erben, Kreis Ortelsburg, am 23. März

Rose, Ingeborg, aus Lötzen, am 24. März

Schenkewitz, Anneliese, geb. Ebert, aus Maschen, Kreis Lyck, am 23. März

Sentek, Bernhard, aus Klein Rauschen, Kreis Lyck, am 18. März

Stecyna, Elly, geb. Kalkstein, aus Waltershausen, Kreis Neidenburg, am 20. März

Sting, Anneliese, geb. Kohnert, aus Schwengels, OT Dothen, Kreis Heiligenbeil, am 23. März

Strümper, Arnold, aus Krupinnen, Kreis Treuburg, am 24. März

Tobias, Brigitte, aus Wehlau, am 24. März

Urbigkeit, Manfred, aus Parnehnen, Kreis Wehlau, am 21. März

Werner, Kurt, aus Lyck, am 24. März

Wiesenberg, Dieter, aus Bürgersdorf, Kreis Wehlau, am 20. März

Wysk, Herbert, aus Roggen, Kreis Neidenburg, am 23. März

Zimmermann, Dieter, aus Ebenrode, am 18. März

ZUM 75. GEBURTSTAG

Bombor, Hans, aus Jürgen, Kreis Treuburg, am 24. März

Deyss, Dorothea, geb. Dietrich, aus Lengfriede, Kreis Ebenrode, am 22. März

Ernst, Edith, aus Klein Schläfken, Kreis Neidenburg, am 19. März

Giese, Hans-Jürgen, aus Treuburg, am 23. März

Gronwald, Rosel, geb. Radusch, aus Karkeln, Kreis Elchniederung, am 21. März

Krafzik, Sigrid, geb. Pendzich, aus Lilienfelde, Kreis Ortelsburg, am 19. März

Krüger, Ingelore, geb. Paape, aus Finkenhagen, Kreis Tilsit-Ragnit, am 18. März

Liske, Heide-Giesela, geb. Lange, aus Wiesenfeld, Kreis Tilsit-Ragnit, am 21. März

Lundschien, Heinz, aus Dünen, Kreis Elchniederung, am 18. März

Papajewski, Horst, aus Materschobensee, Kreis Ortelsburg, am 23. März

Tenscher, Ingrid, geb. Tietz, aus Rogonnen, Kreis Treuburg, am 24. März

Wald, Fredy, aus Strobjehnen, Kreis Samland, am 18. März

Wysk, Günter, aus Eichthal, Kreis Ortelsburg, am 19. März

Goldene Hochzeit

Narkus, Paul, aus Robkojen, Kreis Tilsit-Ragnit, und Ehefrau Helga, geb. Witazak, am 19. März


S. 16-17 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Stefan Hein, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Freitag, 1. April: BJO-Filmabend in der Ostdeutschen Heimatstube Mönchengladbach-Rheydt, Friedensstraße 221, 41236 Mönchen-gladbach, 19 bis zirka 23 Uhr. Weitere Informationen: bjo-west@junge-ostpreussen.de .

Sonntag, 19. Juni: Auch in diesem Jahr nimmt der BJO am Kleinen Ostpreußen- und Schlesiertreffen auf Schloss Burg bei Solingen mit einem Infostand teil. Beginn der Veranstaltung: 11 Uhr, Kundgebung: 14 Uhr.

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Sonnabend, 1., bis Montag, 3. Oktober: BJO-Herbstseminar

Landesgruppe – Mittwoch,  23. März, 18 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart: Peter Wenzel, Referatsleiter der Landsmannschaft Ostpreußen, hat seinen Beamer-Vortrag „Leben und Werke großer Ostpreußen“ zur Verfügung gestellt. Uta Lüttich wird ihn zu Gehör bringen. Der Vortrag bringt uns Leben und Werke bedeutender Persönlichkeiten nahe, die in Ostpreußen geboren sind oder dort ihr Lebenswerk schufen. Ihr Wirken in Kunst und Wissenschaft hat ein Erbe hinterlassen, in dem Ostpreußen weiterlebt. Es können nicht alle Frauen und Männer gewürdigt werden, die sich um Ostpreußen verdient gemacht haben. Peter Wenzel hat sich auf eine kleine Auswahl beschränkt, unter anderem Herzog Albrecht, der letzte Hochmeister des Deutschen Ordens und erste Herzog Preußens, Nicolaus Copernicus, Astronom und Begründer des heliozentrischen Weltbildes, Immanuel Kant, Philosoph und einer der größten Denker des Abendlandes, Hermann Sudermann, Schriftsteller und erfolgreichster Dramatiker seiner Zeit, Lovis Corinth, Ostpreußens großer Maler; Käthe Kollwitz, Grafikerin und Malerin, Richard Schirrmann, Begründer der Jugendherbergen und der Medizin-Nobelpreisträger Fritz Albert Lipmann.

Es erwartet Sie ein interessanter Vortrag, zu dem Sie, Ihre Freunde und Bekannten herzlich eingeladen sind. Der Eintritt ist frei.

Buchen – Dienstag, 22. März, 15 Uhr, Café Breunig: Osterkringel-Essen und „Spiel und Spaß mit dem Osterhas“.

Mannheim –  Wir laden Sie alle recht herzlich zur Teilnahme an einer kombinierten Bus- und Schiffsreise vom 19. Juli bis 4. August ein. Von Mannheim geht es mit dem Bus über Frankfurt-Kassel nach Celle zur Zwischenübernachtung. Am 20. Juli gehen wir mit unserem Bus auf die Fähre und kommen am 21. Juli in Memel an und übernachten dort bis zum 28. Juli im Hotel Amberton. In Heydekrug findet am 23. Juli auf dem Gelände von Hugo Scheu ein Treffen aller Memelländer aus Nah und Fern statt. Diverse Rundfahrten durch das gesamte Memelland gehören selbstverständlich auch dazu. Dann geht es am 28. Juli weiter für zwei Nächte nach Nikolaiken in Masuren. Von hier aus unternehmen wir eine Rundfahrt sowie eine Kanufahrt auf der Kruttinna. Am 30. Juli geht es weiter nach Buchwalde (Buczyniec) und von dort machen wir eine Schiffsfahrt auf dem Oberländischen Kanal nach Elbing. Dort übernachten wir auch.

Am 31. Juli geht es nach einer Stadtbesichtigung von Elbing weiter zur Besichtigung der Marienburg und dann zur Übernachtung nach Danzig. Stadtbesichtigungen von Danzig, Zoppot und Gdingen stehen am 1. August auf dem Programm. Am 2. August geht es über die sagenumwogene Bernsteinstraße nach Stettin zur Übernachtung. Von Stettin geht es am 3. August zurück nach Celle zur Zwischenübernachtung und dem Besuch des Heidegartens in Schneverdingen. Am 4. August geht es zurück nach Mannheim.

Der Preis für die gesamte Busfahrt mit allen Rundfahrten  und Fährüberfahrt beträgt pro Person 1550 Euro im Doppelzimmer und 1950 Euro im Einzelzimmer. Zu den Leistungen während der

17-tägigen Reise zählen sieben Übernachtungen mit Frühstück im Doppelzimmer in Memel, zwei Übernachtungen in Nikolaiken, eine in Elbing, zwei in Danzig, eine in Stettin und zwei in Celle (jeweils mit Halbpension), Grillabend in Nikolaiken, Kanufahrt auf der Krutinna, Schiffsfahrt auf dem Oberländischen Kanal, Führung und Eintritt in der Marienburg, zwei Orgelkonzerte, deutschsprachiger Reiseleiter ab Nikolaiken bis Stettin. Zustiegsmöglichkeiten bestehen auf der Strecke in Frankfurt, Kassel, Celle, Hamburg und Kiel. Ohne Übernachtungen in Celle reduziert sich der Preis. Wir hoffen, Ihr Interesse geweckt zu haben und würden uns auf Ihre Anmeldung bei: Uwe Jurgsties, Telefon (06203) 43229 oder E-Mail: uwe.jurgsties@gmx.de freuen.

Reutlingen – Sonnabend, 19. März, 14 Uhr, Treffpunkt für Ältere, Gustav-Werner-Straße 6a: Zunächst gemütliches Wiedersehen bei Kaffee und Kuchen nach langer Winterpause. Dann folgen die Jahresberichte der Ersten Vorsitzenden Ilse Hunger, der Kassenwartin Marianne Praß, der Kassenprüferin Helga Dehmer-Kaun sowie der Frauengruppenleiterin Erika Manzau-Schmidt. Die Totenehrung wird Andreas Praß vollziehen.

Die Landesvorsitzende Uta Lüttich wird ein Grußwort sprechen. Nach der Pause folgt ein Rück-blick auf das Jahr 2015 in Bild und Ton von Peter Jermann. Ehrungen der langjährigen Mitglieder und Vorträge aus den eigenen Reihen werden zur Unterhaltung beitragen. Mit einem gemeinsamen Essen – Maultaschen und Kartoffelsalat – lassen wir den Tag auslaufen. Gäste sind herzlich eingeladen. Wegen des Essens bitte kurz bei Ilse Hunger anmelden: Telefon (07121) 52541.

Stuttgart – Mittwoch, 6. April, 14.30 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat: Jahreshauptversammlung der Kreisgruppe mit den Berichten des Vorstands. Es gibt einen Ausblick auf den weiteren Jahresverlauf, insbesondere auf die enge Zusammenarbeit mit der Landsmanschaft Westpreußen, Kreisgruppe Stuttgart. Anfang des Jahres 2016 werden intensive Beratungen mit den Verantwortlichen der beiden Landsmannschaften geführt.

Herr Urbat feiert im April seinen 90. Geburtstag und möchte bei der Jahreshauptversammlung den Vorsitz in jüngere Hände übergeben. Wer ist bereit das Amt zu übernehmen, das heißt, sich zur Vorsitzenden beziehungsweise zum Vorsitzenden wählen zu lassen. Herr Urbat ist bereit, auch weiterhin am Mitteilungsblatt der LM Ostpreußen KG Stuttgart mitzuarbeiten. Geplant ist auch – sofern die Zeit reicht – einen Film über Ostpreußen anzusehen.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Ansbach – Sonnabend, 19. März, 15 Uhr, Orangerie: Frühlingssingen, Geschichten und Gedichte aus dem Nordosten.

München – Freitag, 8. April, 14 Uhr, Haus des deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, 81669 München: Frauengruppe.

Nürnberg – Dienstag, 22. März, 15 Uhr, Haus der Heimat, Nürnburg-Langwasser (Endstation der U1): Zu Gast ist die Bezirksvorsitzende Heide Bauer aus Ansbach. Die Veranstalter bitten um zahlreiches Erscheinen. Gäste herzlich willkommen.

Weiden – Die Landsmannschaft traf sich im Café Mitte am Stockerhutpark zur Jahreshauptversammlung. Nach der Begrüßung und dem Totengedenken ging der Erste Vorsitzende Norbert Uschald auf die Veranstaltungen des vergangenen Vereinsjahres ein. Er stellte fest, dass die Kreisgruppe weiterhin sehr aktiv ist. Er bedankte sich bei allen Helfern, besonders bei seiner Familie, für die Unterstützung. Sein Dank ging auch an das fleißige Team von Café Mitte für die hervorragende Betreuung und Bewirtung.

Geplant sind unter anderem wieder eine Muttertagsfeier, ein Gartenfest, eine Erntedankfeier und eine Vorweihnachtsfeier. Uschald lud auch im Namen des Heimatrings zur Segnung des Osterbrunnens am Oberen Markt am Sonnabend, dem 19. März, um 14 Uhr ein.

Nach den Heimatliedern „Land der dunklen Wälder“ und „Westpreußen mein lieb Heimatland“ gratulierte die Kassiererin Ingrid Uschald einigen Mitgliedern zum Geburtstag. Anschließend befassten sich Norbert Uschald, Ingrid Uschald und Ilse Stark in Gedichten und Wortbeiträgen mit dem Themenkreis Frühling und Ostern. So wurden unter anderem an einige in Ostpreußen bekannte Osterbräuche erinnert. Passend dazu stimmten Barbara und Norbert Uschald einige Lieder zur musikalischen Umrahmung an. Danach wurden die Landsleute und Gäste mit einem Ostergeschenk überrascht. Man verabschiedete sich mit dem Lied „Kein schöner Land“ und den besten Wünschen zum bevorstehenden Osterfest bis zum nächsten Heimatnachmittag am Sonntag, dem 3. April um 14.30 Uhr im Cafe Mitte.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Tilsit-Ragnit, Tilsit-Stadt – Sonnabend, 2. April, 15 Uhr, Ratskeller Charlottenburg Otto-Suhr-Allee 102, 10585 Berlin: Gemeinsames Treffen. Anfragen: Hermann Trilus, Telefon (03303) 403881.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Landesgruppe – Sonnabend, 19. März, 10 bis 17 Uhr, Haus der Heimat, Teilfeld 8: Ostermarkt der Ost- und Mitteldeutschen Landsmannschaften. Auch der Ostpreußenstand ist mit einem Angebot heimatlicher Spezialitäten und Literatur vertreten. Gäste sind herzlich willkommen. Das Haus der Heimat ist über die U3-Bahnstation Rödingsmarkt, die S-Bahnstation Stadthausbrücke und die Buslinie 37 (Haltestelle St. Michaeliskirche) zu erreichen.

KREISGRUPPEN

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat (außer im Januar und im Juli) zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

 

HESSEN

Vorsitzender: Ulrich Bonk (kommissarisch), Voltastraße 41, 60486 Frankfurt/M., Telefon (069) 77039652, E-Mail: bonk.ulrich@gmail.com 

Wiesbaden – Sonnabend, 19. März, 15 Uhr, Wappensaal, Haus der Heimat: Jahreshauptversammlung. Die dreijährige Amtszeit des derzeitigen Vorstandes und der Kassenprüfer endet am 19. März, so dass in beiden Fällen Neuwahlen erforderlich sind. Die Tagesordnung: 1) Abstimmung über die Tagesordnung, 2) Feststellung der Anwesenheit und des Stimmrechts, 3) Geschäftsbericht des Vorstandes, 4) Berichte von Schatzmeister und Kassenprüfer, 5) Aussprache zu den Tagesordnungs-Punkten drei und vier,

6) Entlastung des Vorstandes,

7) Wahl des Wahlleiters, 8) Wahl des Vorstandes und der Kassenprüfer, 9) Verschiedenes

Nach dem offiziellen Teil ist ein Vortrag mit Bildern vorgesehen.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Braunschweig – Mittwoch, 23. März 15 Uhr, Stadtparkrestaurant (Eingang Sozialverband), Jas-perallee 42: Gemeinsames Treffen.  Vorgeführt wird der Film „Die Nachbildung der Tempelhüter-Statue und deren Aufstellung in Trakehnen“.

Helmstedt – Donnerstag, 14. April, 15 Uhr, Begegnungsstätte, Schützenwall 4: Gemeinsames Treffen. Informationen: Frau Anders, Telefon (05351) 91111

Oldenburg – Die Landsmannschaft Ostpreußen und Westpreußen nahm sich einen großen Ostpreußen vor: Ernst Wiechert, geboren in Steinort, Kreis Sensburg. Dr. Joachim Hensel, stellvertretender Vorsitzender der Ernst-Wiechert-Gesellschaft, referierte über das Leben und Werk dieses heute oft vergessenen Dichters und Schriftstellers, der nach offenen Worten über den Nationalsozialismus trotz Verfolgung und KZ-Haft in Deutschland blieb. Das reichhaltige Schaffen des Dichters schilderte Hensel intensiv anhand einer Präsentation, wozu seine Frau mehrere Texte las. Zum Abschluss las Heide Hensel die Erzählung „Die Gebärde“, die uns alle in einem beklommenen Zustand hinterließ. Wiechert – der Dichter der Menschlichkeit – war ein begnadeter Pädagoge und beklagte in seinen Werken immer wieder den Verlust des Schweigens. Die Zuhörer hatten am Schluss noch viele Fragen an das Ehepaar Hensel, das eine Reihe von Büchern Wiecherts mitgebracht hatte und verkaufen konnte.

An unserem nächsten Treffen am 13. April hören wir einen Vortrag von Christoph Hinkelmann, Ostpreußisches Landesmuseum Lüneburg, zum Thema „Königsberg – Kaliningrad – eine russische Stadt mit deutscher Seele“. Mitglieder und Freunde sind herzlich willkommen.

                Gisela Borchers,

                Vorsitzende 

Osnabrück – Donnerstag, 31. März, 15 Uhr, Gaststätte „Bürgerbräu“, Blumenhaller Weg 43: Treffen der Frauengruppe: Literaturkreis. – Dienstag, 5. April, 16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 43: Kegeln.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Landesgruppe – Sonnabend, 19. März, 10 Uhr, Haus Union, Schenkendorfstraße, Oberhausen: Die Vorsitzenden der Orts- und Kreisgruppen sowie die Mitglieder des erweiterten Landesvorstandes treffen sich zur Landesdelegierten-, Kultur-, und Frauentagung. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem Beiträge zum Thema „Preußische Treuhand“, „Russland, eine Großmacht kämpft um ihr Leben“ und „Heimatstuben und Heimatmuseen in NRW – die gegenwärtige Lage und die Zukunftsaussichten“. Gegen 16 Uhr erfolgt das Schlusswort.

Bad Godesberg – Jeweils am ersten Mittwoch des Monats, 15 Uhr, Erkerzimmer, Stadthalle: Treffen der Frauengruppe – Jeweils am dritten Mittwoch des Monats, 15 Uhr, Erkerzimmer: Stammtisch. Zu beiden Veranstaltungen sind Gäste herzlich willkommen.

Bielefeld – Donnerstag, 24. März, 15 Uhr, Kreisvereinigung der ostdeutschen Landsmannschaften, Wilhelmstraße 1B, 33602 Bielefeld: Literaturkreis. – Donnerstag, 7. April, 15 Uhr, Kreisvereinigung der ostdeutschen Landsmannschaften: Gesprächskreis der Königsberger und Freunde der ostpreußischen Hauptstadt

– Ostpreußisch Platt –

Freitag, 1.,  bis Sonnabend, 2. April, Brenner-Hotel Dieckmann, Otto-Brenner-Straße 133–135: Arbeitstreffen Ostpreußisch Platt. Schwerpunkte des ersten Tages sind der Vortrag von Walter Rothe zum Thema „Spuren französischer, jiddischer und masowischer Einflüsse in unserem Ostpreußischen Plattdeutsch-Dialekt“, die Reihe „Ditt und datt op Platt“ mit Editha Schreiber und der gemütliche ostpreußische Heimatabend mit Gesang und Vorträgen. Am zweiten Tag wird die zukünftige Arbeit der AG und die Gestaltung der bereits angelegten Website „www.ostpreussisch-platt.de“ diskutiert und festgelegt.

Neue Teilnehmer sind herzlich willkommen. Das Treffen beginnt am 1. April um 13.30 Uhr und endet am 2. April um 12 Uhr mit dem gemeinsamen Mittagessen. Ansprechpartner der AG Ostpreußisch Platt sind der Vorsitzende Burghard Lehmann, Dibberser Straße 54, 28277 Bremen, Telefon (0421) 822897, E-Mail: BurghardLehmann@t-online.de, und der Schatzmeister und Organisator Bruno Romeiks, Salinenstraße 2 b, 59425 Unna, Telefon (02303) 50109.

Dortmund – Montag, 21. März, Heimatstube, 14.30 Uhr, Landgrafenschule (Eingang Märkische Straße): Gemeinsames Treffen.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorfsaal, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland unter der Leitung von Radostina Hristova. –   Sonnabend, 19. März, 12 Uhr, GHH: Vortrag „Das evangelische Pfarrhaus – 300 Jahre Glaube, Geist und Macht“.

Gütersloh – Donnerstag, 24. März, Café im Wohnpark Dr. Murken, Neuenkirchener Straße 12: Osterfeier am Gründonnerstag. Anmeldungen bis spätestens 20. März bei den Mitgliederbetreuern oder Marlene von Oppenkowski, Telefon (05241) 702919.

Lippe – Mittwoch, 23. März, 15 Uhr, Kleiner Festsaal, Stadthalle Detmold: Frühjahrsveranstaltung mit satzungsgemäßer Mitgliederversammlung. Schwerpunkt des Treffens ist nach dem Tätigkeitsbericht des Vorsitzenden und dem Kassenbricht der Vortrag von Walter T. Rix zum Thema „Die letzten Fahrten der Deutschen Reichsbahn von und nach Königsberg“. Dabei wird er aufzeigen, mit welchem ungeheuren Einsatz die deutschen Bahnbeamten und Soldaten es geschafft haben, Züge mit Flüchtlingen und Verwundeten noch in den letzten Tagen in den Westen durchzubringen, aber auch die unermesslichen menschlichen Tragödien beleuchten, die sich abgespielt haben.

Rix ist 1941 in der Mark Brandenburg geboren. Nach dem Studium wurde er zunächst Wissenschaftlicher Assistent und später Wissenschaftlicher Direktor am Englischen Seminar der Universität in Kiel. Wie intensiv er sich mit  Ostpreußen befasst hat, und wie er dem Land verbunden ist, zeigt sein Engagement in zahlreichen Initiativen und Verbänden. Er ist Vorsitzender des Ostdeutschen Literaturkreises, des Kuratoriums Arnau und der Hans-Friedrich-Blunck-Gesellschaft. Den Freundeskreis Ostpreußen und die Arbeitsgemeinschaft Hilfe für Euch hat er mitbegründet. In den letzten Jahren hat er viele Vorträge über Ostpreußen und vor Ostpreußen gehalten, die zum Teil im Internet als Video verfügbar sind.            Hans-G. Ippig.

                Vorsitzender

Wesel – Sonntag, 10. April, 17 Uhr, Heimatstube, Kaiserring 4,: Frühlingsfest mit traditionellem Grützwurstessen. Anmeldungen bis 31. März bei Paul Sobotta, Telefon (0281) 45657, oder bei Manfred Rohde, Telefon (02852) 4403.

Witten – Montag, 21. März, 15 Uhr. Evangelisches Gemeindehaus (EG): Filmbeitrag über Ostern in Ostpreußen.

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Landesgruppe – Sonntag, 3. April, 9.30 Uhr, St.-Matthäus-Kirche, Zinzendorfer Straße 14-16, Chemnitz: Kirchentag der Gemeinschaft der evangelischen Ostpreußen. Er beginnt mit dem gemeinsamen Gottesdienst des Pfarrers im Ruhestand Klaus Plorin und des Pfarrers der Kirchgemeinde Stefan Mestars. Der Kirchentag steht unter dem Motto „Ankommen – Annehmen“. Im Anschluss finden sich die Teilnehmer im Außenbereich der Kirche zur Kranzniederlegung am Denkmal ein.

Nach der Mittagspause werden sich die St. Matthäusgemeinde sowie die Ost- und Westpreußen zu einem interessanten Nachmittag im Gemeindehaus einfinden. Nach der Begrüßung durch den Landesvorsitzenden Alexander Schulz wird Pfarrer Plorin über Ostpreußen als Einwanderungsland referieren. Frank Heinrich, Bundestagsabgeordneter der CDU und Kreisvorsitzender von Chemnitz, wird über seine Arbeit im Arbeitskreis für Menschenrechte in der Bundesregierung berichten und Fragen beantworten. Zum Schluss werden die „Kirchenmäuse“ der Gemeinde mit Liedern und Tanz einen kulturellen Augen und Ohrenschmaus bieten. Der Kirchentag wird gegen 15 Uhr enden. Wir laden alle interessierten zum Kirchentag ein.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle,  Telefon privat (0345) 2080680.

Magdeburg –  Dienstag, 5. April, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen. – Freitag, 8. April, 16 Uhr, TuS Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner. Geschäftsstelle: Telefon (0431) 554758, Wilhelminenstr. 47/49, 24103 Kiel.

Malente – Auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung der Landsmannschaft der Ostpreußen, Westpreußen und Schlesier im Pflanzencenter Buchwald in Krummsee begrüßte der Vorsitzende Klaus Schützler eine Vielzahl der Mitglieder. Besonders wurde der Kreisvorsitzende der Rastenburger, Hubertus Hilgendorf, begrüßt.

Nach Feststellung der ordnungsgemäßen und fristgerechten Einladung zur Jahreshauptversammlung folgte der Jahresbericht des Vorsitzenden mit einem Überblick über die heimatpolitischen Veranstaltungen des letzten Jahres. Dabei wurde die besinnliche Adventsfeier besonders hervorgehoben. Alle Veranstaltungen waren stets gut besucht. Auch viele Gäste konnten begrüßt werden.

Der Bericht des Kassenwartes H. W. Schützler ergab, dass mit den Beiträgen der Mitglieder sehr sparsam gewirtschaftet worden war, so dass dem Vorstand einstimmig Entlastung erteilt werden konnte. Die anschließenden Vorstandwahlen ergaben eine Mischung aus alten und neuen Amtsträgern. Im Vorstand sind: Klaus Schützler, Erster Vorsitzender, Heinrich Buchwald und Klaus Schwarz, Stellvertreter, H.W. Schützler, Kassenwart, Gerda Klemz, Reinhart Locker, Barbara Putzer, Heino Anders, Ernst Grunenberg (Beisitzer), B. Putzer, E. Grunenberg, Kassenprüfer.

Nach dem offiziellen Teil berichtete Heinrich Buchwald über seine jahrzehntelange Kakteenzucht mit Erfolgen in der ganzen Welt. Im abschließenden Schlusswort dankte Klaus Schützler allen für die gute Mitarbeit. Mit dem Gesang des Ostpreußen- und Schlesierliedes schloss die Jahreshauptversammlung.

Mölln – Mittwoch, 23. März,  15 Uhr, Quellenhof, Hindenburgstraße 16: Monatliche Zusammenkunft der Ost und Westpreußen des Ortsverbandes. zur monatlichen Zusammenkunft in dem Quellenhof in Mölln. Herr Kuhlmann, der Leiter des Möllner Bildarchivs, hat aus seinem riesigen Beständen Bilder aus der Entwicklung von Mölln nach 1945 herausgesucht. Es geht um die Zeit, als Mölln überbevölkert war, Wohnraum fehlte und neue Siedlungen gebaut wurden. Diese Entwicklung wird Herr Kuhlmann mit Bildern dokumentieren.

Pinneberg – Sonntag, 20. März, 16 Uhr, Restaurant Mondea,  Mühlenstraße 70d: Jahreshauptversammlung mit Wahl eines stellvertretenden Vorsitzenden, Kassenprüfers und Beisitzers. Anschließend gemeinsames Abendessen.

Uetersen – Freitag, 8. April, 15 bis 17 Uhr, Haus Ueterst End, Kirchenstraße 7: Ein fröhlicher Nachmittag mit Erwin Krüger und seiner Drehorgel.


S. 18 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

KÖNIGSBERG LAND

Kreisvertreterin: Gisela Broschei, Bleichgrabenstraße 91, 41063 Mönchengladbach, Telefon (02161) 895677, Fax (02161) 87724. Geschäftsstelle: Im Preußen-Museum, Simeonsplatz 12, 32427 Minden, Telefon (0571) 46297, Mi. Sa. u. So. 18-20 Uhr.

Nun hat die Kreisgemeinschaft auch zwei Träger des Goldenen Ehrenzeichens der Landsmannschaft Ostpreußen: Manfred Schirmacher und Carl Mückenberger.

Anlässlich des Treffens der Mitglieder der Kreisgemeinschaft im September 2015 in Minden konnte die Kreisvertreterin Gisela Broschei den beiden genannten Kreisausschussmitgliedern, dem Beauftragten für das Samland-Museum und dem stellvertretenden Kreisvertreter im Namen der Landsmannschaft Ostpreußen das Goldenen Ehrenzeichen überreichen. Lesen Sie hier Auszüge aus Manfred Schirmachers und Carl Mückenbergers Laudatio.

Die Gründe, die maßgebend für diese hohe Auszeichnung waren, enthält die Laudatio der Landsmannschaft Ostpreußen, die die Kreisvertreterin verlas. Die wichtigsten Verdienste sollen hier hervorgehoben werden: Bereits in jungen Jahren war der am 28. März 1937 in Postnicken am Kurischen Haff geborene Manfred Schirmacher heimatpolitisch für Ostpreußen tätig. Seit etwa 50 Jahren gehört er dem Kreisausschuss Landkreis Königsberg an. Hier war er zunächst in der Jugendarbeit aktiv. Von 1961 bis 1967 und auch später noch betreute er junge ostpreußische Landsleute, von denen viele in Freizeitlagern zusammenkamen und durch Vorträge, Diskussionen, Bilder und Filme mit der ostpreußischen Heimat vertraut gemacht wurden.

Die größte Aufgabe, die sich Herr Schirmacher selbst gestellt und bis zur Selbstaufopferung ausgeführt hat, war die Errichtung des Samland-Museums in Minden. Dieses hatte in bescheidensten Anfängen und in verschiedenen Einrichtungen des Kreises Minden seinen Anfang genommen. Als im Jahre 2001, nach Abzug des britischen Militärs aus der ehemaligen Defensionskaserne, in Minden das Preußen-Museum NRW eröffnet wurde, stellte die Kreisverwaltung der Kreisgemeinschaft dort Räume zur Verfügung. Es ist Manfred Schirmacher und nicht zuletzt auch seiner Ehefrau zu verdanken, dass hier ein schönes, übersichtliches und alle Bereiche des ehemaligen Landkreises Königsberg umfassendes Museum entstand. Den Eheleuten Schirmacher war es nicht zuviel, mehrmals wöchentlich von Bergkamen nach Minden zu fahren und größtenteils eigenhändig alle Arbeiten vorzunehmen, die für ein zeitgemäßes Museum nötig waren.

Bereits in der Festschrift „55 Jahre Heimatkreisemeinschaft Königsberg (Pr) e.V.“ heißt es: „Die derzeitige Ausstellung, die deutlich die Handschrift des unermüdlichen Koordinators Manfred Schirmacher trägt, soll als ständige Präsentation nicht nur die Angehörigen des Heimatkreises ansprechen, sondern auch breite Bevölkerungskreise.“ Dieser Wunsch hat sich zum großen Teil erfüllt. Vor allem bei Veranstaltungen im Samland-Museum, aber auch im Preußen-Museum, waren die Besucherzahlen sehr erfreulich. Manfred Schirmacher ist ein sehr erfahrener Museumsleiter, da ihm alle Exponate aus seiner eigenen Aufbauarbeit bekannt und geläufig sind. Er hat eine vorbildliche Anordnung der Themen erarbeitet und die Ausstellung in 36 Bereiche gegliedert, so dass ein aussagekräftiges Bild des Heimatkreises entstanden ist

Manfred Schirmachers Wirken ist öffentlich und geht über den engeren landsmannschaftlichen Bereich hinaus. Er hat einen Beitrag dazu geleistet, die heimatliche Gemeinschaft zu fördern sowie ostpreußische Sitten und ostpreußisches Brauchtum wachzuhalten.

Für seine Verdienste wurde Manfred Schirmacher bereits vor über 15 Jahren mit der Silbernen Ehrennadel der Landsmannschaft Ostpreußen ausgezeichnet. In Würdigung seiner außergewöhnlichen Leistungen und seines vielfältigen Einsatzes für Ostpreußen verleiht die Landsmannschaft Ostpreußen Manfred Schirmacher das Goldene Ehrenzeichen.

Die Laudatio der Landsmannschaft Ostpreußen für Carl Mückenberger, der am 24. Juli 1931 in Preußisch Thierau, Kreis Heiligenbeil, geboren ist, greift insbesondere zwei Verdienste des Geehrten auf. Das ist seine erfolgreiche Tätigkeit als stellvertretender Kreisvertreter und als Geschäftsführer der Kreisgemeinschaft seit nunmehr etwa zwölf Jahren. Ein großer Teil seiner Arbeit besteht darüber hinaus in der täglichen Betreuung des Samland-Museums. Nicht unwesentlich hat Carl Mückenberger auch dafür gesorgt, dass das Museum durch weitere Exponate attraktiver wurde. Hier führt er auch Besucher und Besuchergruppen durch die Museumsräume.

Dass auch die Bevölkerung Mindens und ihrer Umgebung immer wieder mit der Arbeit der Kreisgemeinschaft vertraut gemacht wird, dazu haben zum Beispiel seine Veranstaltungen über kulturelle oder historische Themen Ostpreußens beigetragen, die alle zwei Jahre in den Räumen des Preußen-Museums stattfanden. Sie waren stets äußerst gut besucht und fanden auch in der Presse ein gutes Echo. Hervorzuheben ist, dass die Zuhörerschaft zum großen Teil aus Nichtostpreußen bestand und sich anschließend rege an den Diskussionen beteiligte.

Carl Mückenberger, der als einziges Mitglied des Kreisausschusses in Minden wohnt, hält Kontakt zu den Vertretern von Verwaltung und Politik des Kreises Minden-Lübbecke. Bereits 1965 wurde zum Zeichen der Verbundenheit und zur Verdeutlichung des Patenschaftsverhältnisses an der Portabrücke bei Barkhausen, Porta Westfalica, ein Gedenkstein errichtet.

Das neueste Vorhaben, das auf seine Idee, Initiative und Durchführung zurückgeht, ist die Aufstellung eines weiteren Stein des Gedenkens. Es soll des 65-jährigen Bestehens der Kreisgemeinschaft und des 60-jährigen Bestehens der Patenschaft mit dem Kreis Minden-Lübbecke gedacht werden. Ort der Errichtung ist die Nähe zum Kreishaus.

Ein weiteres Anliegen war für Carl Mückenberger der Wiederaufbau beziehungsweise die Restaurierung der Kirche in Arnau, gelegen im ehemaligen Landkreis Königsberg. Als Mitglied des Kuratoriums Arnau hat er, soweit wie möglich, den Vorsitzenden des Kuratoriums Arnau, Dr. Walter Rix, unterstützt.

Carl Mückenbergers Wirken ist öffentlich und geht über den engeren landsmannschaftlichen Bereich hinaus. Er hat einen Beitrag dazu geleistet, die heimatliche Gemeinschaft zu fördern sowie ostpreußische Sitten und ostpreußisches Brauchtum wachzuhalten. Für seine Verdienste wurde er bereits vor zehn Jahren mit der Silbernen Ehrennadel der Landsmannschaft Ostpreußen ausgezeichnet.

In Würdigung seiner außergewöhnlichen Leistungen und seines vielfältigen Einsatzes für Ostpreußen verleiht die Landsmannschaft Ostpreußen Carl Mückenberger das Goldene Ehrenzeichen. Im Namen der Kreisgemeinschaft Landkreis Königsberg spricht die Kreisvertreterin den Geehrten herzliche Glückwünsche aus und gibt ihrer Freude Ausdruck, nun zwei frischbebackene Träger der goldenen Ehrennadel in ihren Reihen zu haben.

                Gisela Broschei,

                Kreisvertreterin

Im Samlandbrief (Frühling 2016, Seite 90) ist für das Groß Otternhagener Treffen irrtümlicherweise ein falsches Datum genannt worden. Richtig ist der

15. bis 17. April. Das Treffen findet in Celle im InterCityHotel statt. Wer näheres wissen will, kann sich an mich wenden, Telefon (0261) 895677.

 

KÖNIGSBERG–STADT

Stadtvorsitzender: Klaus Weigelt.   Patenschaftsbüro: Karmelplatz 5, 47049 Duisburg, Telefon (0203) 2832151.

Das letzte Balliether Heimattreffen fand in Berlin im Hotel Tegeler See vom Donnerstag, den 17. September, bis Sonntag, den 20. September statt. Der 14-köpfigen Teilnehmerkreis war gemischt aus ehemaligen Ottokar-Schülern und Balliethern aus Königsberg. Das Treffen begann bei Kaffee und Kuchen auf den Tegeler Seeterrassen, die dem Hotel gegenüberlagen. Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Schiff vom Tegeler Hafen zur Pfauen-Insel. – Es war ein schöner Ausflugstag, auch Petrus war uns wohlgesonnen. Nach dem Abendessen versammelten wir uns in einem Raum unseres Hotels. Ulrich Busch und Gerhard Godau zeigten alte Filme von Königsberg und Ostpreußen.

Am nächsten Tag stand eine Stadtrundfahrt durch Berlin auf dem Programm. Wir fuhren mit der U-Bahn zum Kurfürstendamm und dann weiter mit einem Stadtbesichtungsbus, der an verschiedenen Stationen stoppte und so die Möglichkeit zum Aussteigen und Besichtigen bot. Das taten wir zum Beispiel auf dem Gendarmenmarkt. Dort schauten wir uns den Deutschen Dom, das Konzerthaus und den Französischen Dom an.  Zu Mittag aßen wir im Gasthaus Julchen Hoppe im Nikolai-Viertel. Beim nächsten Treffen, das wieder in Berlin stattfinden wird, wollen wir uns unter anderem dieses Viertel näher anschauen.

                Anna-Maria Gropius

 

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Sonnabend, 19. März, Lötzener Heimatmuseum in der Patenstadt Neumünster, Sudetenlandstr. 18 H (Böcklersiedlung), 15.30 Uhr: Eröffnung der Kunstausstellung „Weite und Heimlichkeit – Masurische Bilder ostpreußischer Künstler (bis 16. Juli), in Zusammenarbeit mit dem Ostpreußischen Landesmuseum, Lüneburg. Begrüßung: Ute Eichler, Einführungsvortrag Dr. Jörn Barfod, Kustos am Ostpreußischen Landesmuseum. Musikalische Umrahmung: Mandolinengruppe Einfeld. Der Eintritt ist frei

 

LYCK

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesensee, Diesberg 6a, 41372 Niederkrüchten, Telefon (02163) 898313. Stellvertr. Kreisvertreter: Dieter Czudnochowski, Lärchenweg 23, 37079 Göttingen, Telefon (0551) 61665. 

Die Kreisgemeinschaft Lyck veranstaltet vom 8. bis 10. April ein Seminar in Göttingen: ,,Die christlichen Konfessionen und ihre Gotteshäuser im Kreis Lyck“. Seminarort ist das Hotel Rennschuh, Kasseler Landstraße 93, 37081 Göttingen. Das Programm:

Freitag, 8. April

Bis 18 Uhr: Anreise

18.30 Uhr: Gemeinsames Abendessen

20 Uhr: Begrüßung durch die Kreisvertreterin Bärbel Wiesensee, Einführung in das Seminar, Vorstellen der Referenten

20.15 Uhr: „Vom Ordensstaat in ein weltliches Herzogtum“ – Vortrag von Pastor Fryderyk Tegler

Samstag, 9. April

9 Uhr: „1525–1945. Die 420 jährige Geschichte der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde zu Lyck“ – Vortrag von Pastor Fryderyk Tegler

10 Uhr: „Der Kirchenkreis Lyck mit seinen zwölf Kirchspielen“ – Vortrag von Gerd Bandilla

11 Uhr: Kaffeepause

11.15 Uhr: „Die evangelischen Christen nach 1945 in Lyck“ – Vortrag von Günter Donder

12.30 Uhr: Mittagessen

14.30 Uhr: „Die katholischen Christen in Lyck“ – Vortrag von Pater Eduard Prawdzik

15.30 Uhr: Kaffeepause

15:45 Uhr: „Die Baptisten – Gemeinde in Lyck“ – Vortrag von Inge Endert

18 Uhr: Abendessen

19:30 Uhr: Treffen Mittlere Generation

Sonntag, 10. April

9 Uhr: „Die neuapostolische Gemeinde“ – Vortrag von Siegbert-Ernst Fahrun

10 Uhr: „Christliche Gemeinschaft Gromadki“ – Vortrag von Dirk Meiburg

11 Uhr: Abschlussgespräch mit einem Schlusswort von Heidi Mader

12 Uhr: Mittagessen

Danach Heimreise

Weitere Informationen im Internet unter www.kreis-lyck.de, Mittlere Generation. Anmeldungen bis zum 28. Februar per email oder Brief: heidi-mader@gmx.de oder Heidi Mader, Richard-Taylor-Straße 6, 28777 Bremen

 

SCHLOSSBERG (PILLKALLEN)

Kreisvertreter: Michael Gründling, Große Brauhausstraße 1, 06108 Halle/Saale. Geschäftsstelle: Renate Wiese, Tel. (04171) 2400, Fax (04171) 24 24, Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen (Luhe).

Auch in diesem Jahr führt die Kreisgemeinschaft in Verbindung mit dem Landkreis Harburg wieder ein deutsch-russisches Ferienlager vom 10. bis 23. Juli in der Jugendherberge Otterndorf durch. Daran teilnehmen werden Kinder im Alter von zwölf bis 14 Jahren aus Deutschland und aus dem Königsberger Gebiet.

Neben vielen Freizeitaktivitäten wie Sport (Wasserski, Schwimmen, Ballspiele), Moorbahnfahrt, Heidepark, Basteln, steht das Wissen um Ostpreußen auf dem Programm. Auch Tänze und Lieder werden nicht zu kurz kommen. Am Abschlussnachmittag werden kleine musikalische Darbietungen vorgetragen, ebenso Sketche und Tänze.

Es werden auch noch Betreuer gesucht. Der Teilnehmerbeitrag liegt bei 240 Euro. Anmeldungen und Informationen bei: Norbert Schattauer, Landesstraße 19, 21776 Wanna, Telefon (04757) 463, E-Mail: schattauer-wanna@t-online.de.           Norbert Schattauer,

                Kreisjugendbetreuer


S. 19 Heimatarbeit

Eiserne Kunst und Historie in Papier
Zwei Ausstellungen im Haus Schlesien in Königswinter präsentieren ungewöhnliche Facetten der Gleiwitzer Stadtgeschichte

Mit der Doppelausstellung „Eisern gesammelt“ und „Die Post in Gleiwitz von 1817 bis 1945“ setzt das Haus Schlesien im nordrhein-westfälischen Königswinter eine Veranstaltungsreihe fort, die den Sammlerpersönlichkeiten und ihren Kollektionen gewidmet ist. Auch wenn sich Gerhard Biadacz dem filigranen Eisenkunstguss verschrieben und Ingo von Garnier die Faszination der historischen Poststücke für sich entdeckt hat, ist es das oberschlesische Gleiwitz, das eine thematische Verbindung zwischen den beiden Sammlern darstellt.

Den Auftakt zur Sonderschau bildete eine Vernissage, der neben den Sammlern auch zahlreiche Ehrengäste und Freunde des Hauses beiwohnten. Der Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, betonte in seinem Grußwort als Schirmherr der Veranstaltung, dass die Sammlung des aus Gleiwitz stammenden Gerhard Biadacz, exemplarisch das reiche deutsche Kulturerbe Schlesiens dokumentiere.

Der Sammler Biadacz aus Bonn ist gebürtiger Gleiwitzer. Er lebt seit 1979 im Rheinland und befasst sich seit 2007 intensiv mit dem Eisenkunstguss. Der Besuch einer Ausstellung zu den Königlich-Preußischen Eisengießereien Gleiwitz, Berlin und Sayn war der Impulsgeber für die Entwicklung seiner Sammler-Leidenschaft.

Der schlesische Eisenkunstguss erlangte aufgrund seiner Qualität große Bekanntheit. Zu verdanken ist diese einer planvollen staatlichen Förderung, die unter Fried-rich II. Mitte des 18. Jahrhunderts begann. Die Königlich Preußische Eisengießerei in Gleiwitz nahm ihren Betrieb 1796 auf. Die Nachfrage nach Eisen war im 18. Jahrhundert stetig gestiegen, da das Material für militärische Zwecke, für die Industrie sowie in der Architektur und Kunst verwendet wurde.

Vor dem Hintergrund, dass der  preußische Eisenkunstguss ein sehr weitläufiges Gebiet ist, hat sich Biadacz schwerpunktmäßig auf den Gleiwitzer Bereich beschränkt. Im Haus Schlesien ist eine repräsentative Auswahl seiner Plaketten und Skulpturen zu sehen. Zu den Besonderheiten gehören jene, die Otto von Bismarck, Paul von Hindenburg, Gerhart Hauptmann und Ludwig van Beethoven darstellen. Eine Sonderposition nimmt die Eisengussplakette aus dem Jahr 1855 mit der Ansicht der Gleiwitzer Hütte ein. Ihren wirtschaftlichen Erfolg verdankte diese Eisengießerei vor allem ihren Gründern Friedrich Anton Freiherr von Heinitz und dessen Neffen Friedrich Wilhelm Graf von Reden, die die Hütte mit moderner Technik ausstatteten. In der Ausstellung wird mit Plaketten, Skulpturen und Lithographien an von Heinitz und von Reden erinnert.

Die Arbeiten des Künstlers Peter Lipp (1902–1975), der rund 20 Jahre die Geschicke der Gleiwitzer Eisengießerei bestimmt hatte, bilden einen weiteren Sammlungs-Schwerpunkt. Die bekanntesten Werke von Peter Lipp sind große Statuen wie „Der liegende sterbende Krieger“, den er für die Stadt Klodnitz in Oberschlesien gefertigt hat, und „Der trauernde stehende Bergmann“, den er für die Stadt Buggingen in Baden zur Erinnerung an ein schweres Grubenunglück gestaltete. Nach dem zweiten Weltkrieg lebte Peter Lipp in der Bundesrepublik Deutschland.

Vom Eisen zum Papier, von der historischen Kunst zur oft nicht minder interessanten Alltagskultur: Der Sammler Ingo von Garnier aus dem nordrhein-westfälischen Lohmar wurde in Berlin geboren und verbrachte – bedingt durch die Berufstätigkeit seines Vaters in der Verwaltung der Güterdirektion der Familie von Ballestrem – seine Kindheit in Gleiwitz. Aus Verbundenheit zur oberschlesischen Stadt hat sich von Garnier intensiv mit deren Postgeschichte beschäftigt. Im Haus Schlesien ist eine Auswahl seiner Poststücke in der Sonderschau „Die Post in Gleiwitz 1817 – 1945“ zu sehen.

Von Garniers Sammlung zeigt, dass in Gleiwitz seit 1817 ein Postamt betrieben wurde, zuvor gab es 74 Jahre lang eine Postwärterei, die dem Postamt in Tarnowitz unterstellt war. Gleiwitz entwickelte sich im 19. Jahrhundert zu einer bedeutenden Industriestadt, was sich auch in der Postgeschichte widerspiegelt. Bereits im Jahre 1845 wurde Gleiwitz an das Eisenbahnnetz angeschlossen, Später befand sich in Gleiwitz der einzige Flughafen Oberschlesiens. Ab 1925 verkehrten regelmäßig Linienflüge, die auch Luftpost beförderten.

Ingo von Garnier hat schon früh erkannt, dass bunte Briefmarken zwar sehr interessant sind, aber ihm hat es das komplette Briefkuvert mit Stempeln, Aufklebern und Vermerken besonders angetan. Jedes Poststück, das in der Ausstellung zu sehen ist, erzählt eine eigene Geschichte.

Von Garnier hat bereits mehrfach bei philatelistischen Wettbewerbsausstellungen Preise erzielt. Dennoch ist für ihn die Präsentation im Haus Schlesien etwas Besonderes: „Neben Freunden der Philatelie erreiche ich hier auch viele andere Menschen, die sich für die Region Schlesien oder speziell die Stadt Gleiwitz interessieren.“     Dieter Göllner

Die beiden Ausstellungen sind bis zum 8. Mai zu besichtigen. Das Museum ist von dienstags bis freitags zwischen 10 und 17 Uhr geöffnet, an Sonnabenden, Sonntagen und Feiertagen zwischen 11 und 18 Uhr. Eintrittspreise: Drei Euro für Erwachsene, Schüler und Studenten zahlen 1,50 Euro. Weitere Informationen: Haus Schlesien, Dollendorfer Straße 412, 53639 Königswinter, Telefon (02244) 8860, E-Mail: info@hausschlesien.de, Internet: www.hausschlesien.de


S. 20 Heimatarbeit

»Ein See in Ostpreußen ...«
Der 1937 in Elbing geborene Fotokünstler Detlef Orlopp und die Bedeutung früher Kindheitserinnerungen

Er sei „ein wichtiger Autor der deutschen Fotografie der 60er bis 80er Jahre“, erklärte Florian Ebner, Leiter der Fotografischen Sammlung des Essener Museums Folkwang, zur Ausstellungseröffnung in Regensburg. Das dortige Kunstforum Ostdeutsche Galerie zeigt ab sofort bis zum 5, Juni 180 Werke des Fotokünstlers Detlef Orlopp.

Für Kenner und Liebhaber der moderner Fotografie zählt er seit langer Zeit zu den ganz Großen. So stellte er 1973 in Paris, 1977 in Stockholm und 1997 in Mailand aus. 2007 wurde sein Werk anlässlich seines 70. Geburtstages in einer Retrospektive im renommierten Forum für Fotografie in Köln gewürdigt.

In seinem künstlerischen Schaffen standen bei dem 1937 im westpreußischen Elbing geborenen Orlopp zunächst in den 50. Jahren Porträts im Zentrum – Aufnahmen von Jazzbands und deren Musikern, die er im nordrhein-westfälischen Siegen erlebte. Hierher hat es den gebürtigen Westpreußen nach der Flucht, die über Breslau, Danzig, Sachsen und Thüringen führte, verschlagen. Doch prägend bis zum heutigen Tag sind Eindrücke aus der Kindheit – etwa von Bad Salzbrunn im Riesengebirge, wo seine Mutter wegen eines Bronchialleidens behandelt wurde. Das Gebirge und die Felsen blieben in Erinnerung als Motive für seine spätere Kunst. Oder der ein-

drucksvolle Wasserfall nahe dem niederschlesischen Oberschreiberhau, wo er als siebenjähriger Bub war. „Das alles habe ich mit Bewusstheit wahrgenommen“, blickt Orlopp zurück. Das Gleiche gilt für den Ewingsee im ostpreußischen Kreis Mohrungen. Für Orlopp bildet er den Gegenpol: Ein ruhendes Wasser mit den spezifischen Gebilden im Winter, wenn der See zugefroren war und eine Frostschicht drauflag. „Das ist in mir von Anfang an drin, dem war ich immer verbunden. Diese frühen Eindrücke waren und sind ganz wichtig für mich“, stellt der Künstler fest. Dazu kamen später unter anderem Reisen nach Norwegen, wo ihn ebenfalls die Elemente Wasser und Berge faszinierten und zu vielen Bildern motivierten.

Von Siegen zog es Orlopp dann von 1955 bis 1959 zur Lehre beziehungsweise zum Studium nach Köln, Saarbrücken und Essen. Im Jahr 1961 begann er seine Lehrtätigkeit an der Werkkunstschule (später Fachhochschule) in Krefeld, wo er schließlich Professor für Fotografie und Film wurde. Heute lebt und arbeitet Orlopp in St. Goar am Rhein.

Neben Porträts ist die Natur Orlopps großes Thema – Gebirge, Berge, Felsformationen, Seen, Gletscher. Dabei zeigt der Künstler meistens Ausschnitte mit einem ausgeprägten Sinn für Einzelheiten. Orlopp arbeitet ausnahmslos in Schwarz-Weiß, weshalb Lichteffekte eine große Rolle in seinen Bildern spielen. „Steine und Felsformationen porträtiert er wie Menschen“, stellte Agnes Tieze, die Direktorin des Kunstforums Ostdeutsche Galerie, in ihrem Grußwort zur aktuellen Ausstellung fest. Wolfgang Schörnig, der  Vorstandsvorsitzende des Kunstforums, ging in seiner Rede auf einen anderen Aspekt der Kunst Orlopps ein:. „Sie müssen ein Meister der Geduld sein. Man spürt die Ruhe, die von den Bildern ausstrahlt, die Sie in die Bilder gebracht haben. Es ist ein meditativer Effekt, der in der Seele ankommt“.            Markus Bauer

Die Ausstellung „Detlef Orlopp: Nur die Nähe – auch die Ferne. Fotografien“ im Regensburger Kunstforum Ostdeutsche Galerie ist bis zum 5. Juni geöffnet. Führungen werden jeden Sonntag sowie am Ostermontag und am Pfingstmontag um 15 Uhr angeboten. Auch private Führungen sind individuell buchbar


Tagungsband erhältlich!

Ebenso vielseitige wie anregende Vorträge bot der 10. deutsch-polnische Kommunalpolitische Kongress der Landsmannschaft Ostpreußen im vergangenen Okto-ber in Allenstein. Nun ist der Tagungsband (Foto) mit allen Beiträgen erschienen.

Die Kunsthistorikerin Ewa Gladkowska von der Universität in Allenstein ist mit ihren Ausführungen zu „polnisch-deutschen Erinnerungsorten in Ermland und Masuren“ ebenso vertreten wie Kunsthistoriker Christofer Herrmann von der Universität Danzig mit seinem Vortrag über „Back-steinarchitektur im Ostseeraum“. Nachzulesen sind auch die Ausführungen des Historikers Henryk Stronski, Leiter des Forschungsinstitutes für Internationale Beziehungen in Allenstein, über „polnisch-ukrainische Erinnerungsorte und ihre Bedeutung für Polen und Europa“, sowie der Vortrag der Historikerin Ruth Leiserowitz, stellvertretende Direktorin des Deutschen Historischen Instituts in Warschau, über „Juden in Ostpreußen“.

Im Internet lässt sich der Tagungsband kostenlos auf www.ostpreussen.de herunterladen. Dort einfach links auf den Button „Veranstaltungen“ klicken. Dann in der Mitte der Seite den Punkt „kommunalpolitischer Kongress“ anwählen. Der Tagungsband Nummer 10 steht dort zum Herunterladen zur Verfügung.

Wer den Band in Papierform bestellen möchte, kann sich an die Landsmannschaft Ostpreußen wenden: Buchtsstraße 4, 22087 Hamburg. Bitte Rückporto von 1,45 Euro beilegen. Der Band selbst ist kostenlos.


S. 21 Lebensstil

Königs Kinder
Bei den Camphill-Lebensgemeinschaften helfen sich Menschen mit und ohne Behinderungen − Ihr Gründer starb vor 50 Jahren

Nach einem Ort unweit des schottischen Aberdeen hat sich die Camphill-Bewegung genannt, die mit heilpädagogischen Methoden Menschen mit Lernbehinderung unterstützt. Gegründet wurde sie von dem vor 50 Jahren gestorbenen Wiener Kinderarzt Karl König. Inzwischen gibt es weltweit in 20 Ländern über 100 solcher anthroposophischer Einrichtungen.

In der Dorfgemeinschaft Lehenhof auf der Schwäbischen Alb wohnen 300 Menschen mit und ohne Behinderung. Hier gibt es Hausgemeinschaften, Ställe, Felder, Weiden, Gärtnerei, Käserei, Bäckerei, Werkstätten, einen Festsaal und einen Hofladen. Der Lehenhof gehört zur Gemeinde Deggenhausertal im Bodenseekreis und ist eine von insgesamt sechs heilpädagogischen Lebensgemeinschaften der „Camphill-Bewegung“ in Deutschland.

Vor 50 Jahren starb der Initiator der Camphill-Bewegung, der Wiener Kinderarzt Karl König (25. Sep­tember 1902, Wien, bis 17. März 1966, Überlingen). 1964 gründete König den Lehenhof auf einem alten verlassenen Hofgut mit sieben Mitarbeitern und 15 Er­wachsenen mit Behinderung. Die heutigen Bewohner der Dorfgemeinschaft leben in Familien und Wohngruppen. Sie arbeiten auf dem Hofgut oder in den Werkstätten. Auf 90 Hektar wird biologisch-dynamischer Landbau mit Schwerpunkt Milchviehhaltung betrieben. In der hofeigenen Käserei wird Käse für die Selbstversorgung und den Verkauf produziert, in der Bäckerei täglich frisches Brot gebacken. Und in den Werkstätten entstehen Feueranzünder, Schulhefte und anderes.

Die Camphill-Bewegung fußt auf einem christlich-ethischen Theoriegebäude und der Anthroposophie Rudolf Steiners. Dritte Säule dieser heilpädagogischen Ausrichtung ist die ebenfalls von Steiner entworfene Waldorfpädagogik. Bald nach Abschluss seines Studiums in Wien Mitte der 1920er Jahre hatte sich König mit Plänen befasst, „seelenpflege-bedürftigen Kindern“ – nach anthroposophischem Sprachgebrauch: Kinder mit einer Behinderung – zu helfen, indem man ihnen Freiraum für eine ihnen angemessene Entwicklung an einem dafür geeigneten Ort bietet. Eine solche Lebensweise war für ihn nur möglich bei einer Ge­meinschaftsbildung mit der Mitarbeiterschaft.

Durch diese Idee, seine Liebe zu Tieren, zur Landschaft und sein Interesse für eine Landwirtschaft ohne Verwendung von Kunstdüngern zu verwirklichen, kam er in Kon­takt mit Gleichgesinnten, mit denen er bei Striegau das anthroposophisch ausgerichtete, heilpädagogische Institut Schloss Pilgramshain eröffnete. Bemerkenswert: Die Schlossbesitzer, ebenfalls anthroposophisch bewegt, hatten das Anwesen für die Institutsgründung zur Verfügung gestellt und bewohnten fortan die frei gewordenen Kammern ihrer Dienerschaft. Schon damals war die Bodenseeregion ein Zentrum der biologisch-dynamischen Landwirtschaft, deren Aspekte König mit der Heilpädagogik zusam­men­brachte.

Zu Recht gilt König als ein Vordenker der Inklusion, die auf Grundlage der 2006 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) verabschiedeten Behindertenrechtskonvention zur Herstellung der Chancengleichheit für Behinderte in 156 Ländern rechtlich verankert ist. In Deutschland trat die Konvention 2009 in Kraft. In diesem Zu­sammenhang wurden Teilhabe-Gesetze mit weitreichenden Konsequenzen verabschiedet. Seither ist Inklusion in Kindertagesstätten und Schulen vorgeschrieben.

König und seine Mitstreiter konnten seinerzeit nur einem kleinen Teil der behinderten und häufig vernachlässigten Kinder und Jugendlichen durch die Aufnahme in eine der Einrichtungen helfen, die sie in Großbritannien und Deutschland gründeten. „Was bedeutet aber die Zahl von 50 Kindern gegenüber der ungeheuren Zahl von kranken und siechen Kindern nur einer einzigen Großstadt?“ fragte 1928 der Autor eines Zeitungsartikels, der den Wandel von Schloss Pilgramshain in Schlesien zum Heil- und Erziehungsinstitut kommentierte.

Trotz kriegsbedingter Erschwernisse betrieben König und seine Mitstreiter weiterhin die Ausbreitung des erfolgreich praktizierten heilpädagogischen Ansatzes, der später als Camphill-Bewegung bekannt wurde. Aufgewachsen in Wien als einziges Kind ei­nes jüdischen Schuhhändler-Ehepaares, hatte er nach seinem Studium 1927 eine Arbeitsstelle in einer anthroposophischen Kinderklinik angenommen. Zwei Jahre später heiratete er in Schlesien Elisabeth Maasberg aus der Herrnhuter Brüdergemeine, mit der er vier Kinder hatte. 1936 kehrte die Fa­milie nach Wien zurück, wo König eine Kinderarztpraxis eröffnete. Wegen der Verfolgung der Ju­den unter den Nationalsozialisten floh die Familie 1938 über Umwege nach England, wo König 1939 interniert wurde.

Nach seiner Freilassung gründete König mit einer Gruppe von Medizinstudenten auf dem Anwesen Camphill House bei Aberdeen in Schottland die „Camphill Community for Children in Need of Special Care“ als Arbeits- und Lebensgemeinschaft. 1955 entstand mit seiner Hilfe im nord-englischen Yorkshire die erste Camphill-Dorfgemeinschaft für behinderte Menschen jenseits des Schulalters.

König veröffentlichte zahlreiche Schriften und hielt Vorträge. Abgesehen von manchen rein spekulativen, weltanschaulich bedingten Theorien, mit denen er sein Handeln unterlegte, bleibt als Essenz ein großartiges Hilfswerk, das seinesgleichen sucht. 1964 zog das Ehepaar König nach Deutschland in die Nähe des Lehenhofs. Seine letzten Lebensjahre verbrachte König in Brachenreuthe am Bodensee.

Einrichtungen wie der Lehenhof praktizieren Inklusion auf beispielhafte Weise, wenngleich die behinderten Menschen mit ihren Betreuern und deren Familien relativ abgesondert in ihrer Dorfgemeinschaft leben und ar­beiten. In der Umgebung gibt es jedoch vielfältige Kontakte und Beziehungen. Es zeigt sich, dass die Leitgedanken der Inklusion und diejenigen der Camphill-Bewegung nahezu identisch sind.

Für seine Lebensgemeinschaften und Schulen legte König keine Richtlinien fest, gemäß der Auffassung, dass der Mensch stets im Werden begriffen ist: „Identität entsteht erst im Tun. Wir schöpfen aus der Quelle.“ „Normal“ und „nicht normal“ gibt es hier nicht. Die Betreuten und die Heilerziehungspfleger schätzen gleichermaßen ihre lebendige Gemeinschaft in einer Welt ohne Leistungsdenken, Schönheitswahn und hohes Tempo.    D. Jestrzemski


Triumphbogen über Wasser
Vor 425 Jahren wurde Venedigs Rialtobrücke eingeweiht

Heute gilt sie als eine der großen Sehenswürdigkeiten der Stadt Venedig. Vor ihrer Erbauung war die Rialtobrücke dagegen eine der ganz großen Herausforderungen für die Baumeister. Lange Zeit schien es unvorstellbar, eine Brücke aus Stein gemäß den Anforderungen der Serenissima anzufertigen. Sogar Michelangelo reichte einen Vorschlag ein. Die Verhandlungen über die verschiedenen Entwürfe dauerten insgesamt mehr als 60 Jahre. Doch schließlich einigte man sich. Danach ging alles recht schnell. Der Entwurf von Antonio da Ponte wurde 1588 in Auftrag gegeben, die Brücke gebaut und am 20. März 1591 eröffnet. Bis zum Bau der Accademia-Brücke war die Rialtobrücke der einzige Fußweg zur anderen Seite des Ufers. Heute ist sie eine Touristenattraktion.

Die Rialtobrücke verbindet die beiden Ufer des Canal Grande an der Stelle, an der sich schon damals das Handelszentrum Ve­nedigs befand. Die verschiedenen Gewerbe, die sich in diesem Stadtteil angesiedelt hatten und der Markt, der eine große Rolle für die Stadt spielte, hatten Einfluss auf die Entwürfe für die Brücke. Sie sollte keineswegs eine schlichte und einfache Verbindung zwischen den beiden Ufern sein. Die feste Querung aus Stein über den Canal Grande sollte Platz für Läden bieten, überbaut sein, den aufstrebenden Handel repräsentieren und bei Feierlichkeiten das Image der Stadt aufmöbeln. Ganz besonders anspruchsvoll war für die Baumeister die Forderung nach einem beweglichen Mittelteil der Brücke ohne Überbauung, das die Möglichkeit bieten sollte, das Prachtschiff des Dogen passieren zu lassen.

Die ersten Holzkonstruktionen an dieser Stelle, die nach Erwähnungen bereits um das Jahr 1250 herum existiert haben sollen, waren ständig ein Opfer des Zersetzungsprozesses, und der ständige Renovierungsaufwand war entsprechend hoch. Zudem hatte ein Brand Anfang des 16. Jahrhunderts einen großen Teil der damaligen Brücke zerstört. Der Wunsch nach einer Brücke aus Stein war mehr als verständlich. Die heutige Rialtobrücke ist komplett aus Stein erbaut, hat eine Länge von 48 Metern bei einer Breite von 22 Metern und einer Durchfahrtshöhe von 7,50 Metern und besteht aus einem einzigen Segmentbogen.

Doch auch diese Brücke ist nicht haltbar bis in die Ewigkeit. Und so steht just im Jubiläumsmonat ein Gerüst an dem Bauwerk. Möglich geworden ist die Generalüberholung der Brücke, die bereits im Frühjahr 2015 begonnen hat, durch den italienischen Unternehmer Renzo Rosso. Der Mann, der mit Mode sein Geld verdient und unter einem Dach die Marken „Diesel“, „Viktor & Rolf“ sowie  „Dsquared“ besitzt, übt sich darin, soziale Verantwortung zu übernehmen. Auf sein Recht, Transparente mit Werbung für seine Marken an der Baustelle anzubringen, hat der Unternehmer übrigens verzichtet.

Insgesamt hat es von der Planung bis zur Umsetzung der Renovierungs-Maßnahme an der Rialtobrücke dieses Mal nur sieben Jahre gedauert. Und in einem guten halben Jahr sollen die Arbeiten schon wieder beendet sein.                Stephanie Sieckmann


Baggern wie die Zwerge
Seltene Leidenschaft: Die Herstellung von Minibaufahrzeugen

Alle drei Männer haben auch beruflich mit dem Bauen zu tun: Wilfried Meier (58) ist als Bauleiter im Bereich Gebäudetechnik tätig, Manfred Achhammer (49) Wasserwart beim Wasserzweckverband Laber-Naab und Christian Koller (44) Chef beim Bauhof Beratzhausen. Sie verbindet ein Hobby: das Sammeln und zum Teil auch Zusammenbauen von Baufahrzeugmodellen.

Das Hobby ist bei den dreien unterschiedlich ausgeprägt. Einen speziellen Kellerraum mit mehreren Vitrinen und einer großen Baulandschaft en miniature hat Achhammer. Und da wimmelt es nur so vor Kränen, Lkw, Baggern, Raupen, Krädern, Betonmischern, Muldenkippern, Steinbruchgeräten, Gummiradwalzen und weiteren Spezialfahrzeugen. Achhammers Lieblingsmodell ist eine Planierraupe D4 Baujahr 1968, wie er sie während seiner Lehrzeit bei einer früheren Beratzhausener Baufirma kennengelernt hat.

Familiär „vorbelastet“ ist Koller. Sein Vater war viele Jahre bei einem anderen Beratzhausener Bauunternehmen als Baggerfahrer tätig. Von einem Baggerfahrer einer Neumarkter Baufirma hat Koller seinen ersten Modell-Bagger geschenkt bekommen – der Beginn der Leidenschaft. „Die ersten habe ich kartonweise gekauft“, erinnert sich der Bauhof-Chef und spricht von „größeren Werten“, die sich angesammelt haben. Als dann der Nachwuchs kam, reduzierte er aus Zeit- und Platzgründen das Sammeln. „Heute sind die Modelle sehr detailgetreu und daher natürlich teurer. Es ist schon kostspielig geworden“, bekennt er. Aber er interessiert sich weiterhin für das Hobby und hofft, mittelfristig wieder mehr Zeit dafür zu haben.

„Es macht nicht Sinn, alles zu kaufen. Man muss Schwerpunkte bilden“, meint Meier. Bei ihm hat sich eine ganz spezielle Vorliebe entwickelt. „Manche Modelle, die ich wollte, gab es in der bestimmten Farbe nicht“, blickt er zurück. Also gestaltet er seine Baufahrzeuge ganz individuell. Meier möchte zum Beispiel einen Lastwagen, wie ihn die Firma XY hat, in der entsprechenden Farbe, mit dem Firmenlogo an der Fahrertür und dem Firmennamen an anderen Stellen. Das heißt dann, einen vorhanden Modell-Lkw in die Einzelteile zu zerlegen, die ur­sprüngliche Farbe abzubeizen, die neue Originalfarbe (dafür gibt es bestimmte Nummern) aufzubringen, Aufkleber mit Logo und Firmenschriftzug in der Maßstabsgröße herzustellen und am neu lackierten Fahrzeug zu befestigen.

Wenn es dann noch Extras bei den Originalen gibt wie eine zusätzliche Lichtanlage, ist auch das beim Modell um­zusetzen. Und da kommt bei einer Fahrzeugflotte eines Bauunternehmens schon mal eine größere Anzahl an Lkw – vielleicht auch mit Anhänger – zusammen. In zirka zehn bis 15 Stunden entstehen Unikate, auf die Meier stolz ist, und die in seinen Vitrinen Platz finden.

Da es bei den Originalen immer wieder Neuentwicklungen gibt, werden die drei Sammler sicher auch in Zukunft die entsprechenden Modelle zu ordern versuchen. So werden sie dafür sorgen, dass ihre Mini-Baustelle sich stets erweitert.           Markus Bauer


S. 22 Neue Bücher

Wissen für Urlauber
Natur leicht erklärt

Angeblich muss alles immer wieder neu erfunden werden. Und dem nicht enden wollenden Abgesang auf Buch und Zeitung stehen überraschend oft neu gegründete Zeitschriften und Verlage gegen-über. In dieser Kraft des Beginnens wollte sich der Verlag Hoffmann und Campe präsentieren, als er vor zwei Jahren den Atlantik-Verlag gründete. Über Gestaltung und Programm wird die Exklusivität und Spontaneität eines jungen Kleinverlages vorgespiegelt. Teil des Konzepts ist eine Reihe von Büchern mit wissenschaftlicher Unterhaltung. Der erste Band stellt im Titel die Frage „Wie kommt der Sand an den Strand?“ und präsentiert sich als kurzweilige Wissenschaft unter dem Sonnenschirm.

Der Originaltitel erschien 2014 in Turin. Der Autor Andrea Gentile ist Redakteur der italienischen Ausgabe des Magazins „Wired“. Und wie eine dieser flotten Zeitschriften ist auch das Buch aufgemacht. Die Präsentation ist wichtiger als der Inhalt. Der Autor verfolgt das erklärte Ziel, den Strand selbst zum Anlass einer Strandlektüre zu machen. Entsprechend modisch ist die Ausstattung der Klappenbroschur. Peinlich wird darauf geachtet, dass keine Doppelseite zwei gleiche Schriftblöcke zeigt. In großen Abschnitten über Physik, Chemie, Biologie und Umwelt des Meeres sind alle wichtigen Informationen über Meeresströmungen, Salzgehalt, Wellenbildung, Lebewesen und Bionik enthalten. Gewürzt wird es durch eine Reihe launiger Einlassungen, die naturwissenschaftlich unterlegt sind. Diese thematisch passenden Zusatzinformationen sind in grau umrandeten Kästen in den jeweiligen Text eingeschoben. Zahlreiche doppelseitige farbige Illustrationen lockern die Lektüre auf. Der Verzicht auf verwirrende Fotos ist ein Gewinn. Alles ist mit Zeichnungen, Zwischentiteln, Karten und Vignetten klar gegliedert. Wir erfahren, dass Algen keine Pflanzen sind, sondern Ansammlungen einfachster an das Wasser angepasster Organismen. Der Strand wird als eine natürliche Deponie aus Abfallprodukten der Erderosion vorgestellt.

Auch die Frage nach der Berechtigung der Warnung, nicht gleich nach dem Essen baden zu gehen, wird ausführlich der Verdauungsvorgang sowie aktives und passives Ertrinken behandelt. Uns wird davon abgeraten, auf Wunden zu urinieren, die eine giftige Qualle zugefügt hat. Wir erfahren, wie ein flacher Stein so gehalten wird, dass er beim Schleudern übers Wasser so oft wie möglich aufschlägt und weiterfliegt. Nebenbei gesagt, soll der im Buch erwähnte unglaubliche Rekord von 55 Aufschlägen seither schon um weitere 30 Hüpfer übertroffen worden sein. 

Die Art der Zubereitung des Wissens soll den Appetit wecken. Im Hineinschmecken und Nippen erschöpft sich aber auch die Aufgabe dieser Veröffentlichung. Kaum jemand wird sich tiefer mit dem nur an der Oberfläche geritzten Thema beschäftigen. Das ist ebenso unwahrscheinlich wie, dass Jugendliche, die geduldig mehrhundert-seitige fantastische Schmöker wie „Harry Potter“ und „Die Tribute von Panem“ aufsaugen, zu Adalbert Stifters „Witiko“ übergehen werden.

Das nette Büchlein wird an Bahnhofs- und Flughafengeschäften als ein willkommener Zeitverkürzer gekauft werden. Diese Art wissenschaftlicher Unterhaltungsliteratur wurde vom Atlantik Verlag inzwischen mit dem Titel „Wie viel wiegt ein Berg?“ fortgesetzt, und demnächst soll sich die Klärung der Frage anschließen: „Wohin geht das Licht, wenn man ausknipst?“.   Sebastian Hennig

Andrea Gentile: „Wie kommt der Sand an den Strand? Wissenschaft unter dem Sonnenschirm“, broschiert, 200 Seiten, Verlag Hoffmann und Campe 2015, 17 Euro


Kinder ohne Väter
Retortenreproduktion: Alleinerziehende veröffentlicht Ratgeber

Kinderlosigkeit ist häufig ein Thema in den Medien. Wesentlich seltener ist es der unerfüllte Kinderwunsch, obwohl er mehr Menschen in Deutschland betrifft als angenommen. Oft wird er bei kinderlosen Frauen ohne Partner übermächtig, wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben, spätestens ab Mitte 30. Manche Frauen geraten in die Situation, weil ihr Partner keine Familie gründen möchte. Damit erhebt sich für sie die Frage, ob und wie sich der Wunsch, Mutter zu werden, noch rechtzeitig erfüllen lässt, bevor die biologische Uhr abgelaufen ist. Ungeachtet möglicher Vorbehalte in ihrem persönlichen Umfeld prüfen viele die Option, allein eine Kleinfamilie zu gründen. In den vergangenen Jahren hat auch in Deutschland die Zahl der alleinstehenden Frauen zugenommen, die sich ihren Kinderwunsch mit Hilfe einer Samenbank erfüllen.

Um die Thematik in das Licht einer größeren Öffentlichkeit zu bringen, hat die in Berlin lebende Sprachwissenschaftlerin und Übersetzerin Anya Steiner ein informatives und berührendes Buch geschrieben, betitelt: „Mutter Spender Kind. Wenn Singlefrauen Familien gründen“. Steiner ist selbst alleinerziehende Mutter einer 16-jährigen Tochter. Mit ihrem Buch möchte sie dazu beitragen, dass künstliche Befruchtung mittels Spendersamen und alles, was damit zusammenhängt, nicht länger tabuisiert wird. Vor allem für die solchermaßen gezeugten Kinder würde das zu einer bedeutenden Entlastung führen, da sie unter der Geheimhaltung der Umstände ihrer Erzeugung besonders leiden. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie Hänseleien ausgesetzt sind, wenn andere Kinder davon erfahren.

Über ein Internetforum hatte die Autorin Kontakt mit mehr als 100 Frauen und Single-Müttern aufgenommen, die sich großen-teils einer Fertilitätsbehandlung unterzogen hatten. Die meisten waren bereit, im Hinblick auf Steiners Buchprojekt Auskunft zu geben. Einige schilderten ihre Erfahrungen schriftlich, mit anderen führte sie Interviews. Alle im Buch verwendeten Erfahrungsberichte wurden anonymisiert. Da das Buch als Ratgeber konzipiert wurde, kommen auch Experten sowie zwei Männer zu Wort, die als anonyme Samenspender bei dieser Form der Familienplanung mitwirken. Wichtige Aspekte wie die Frage der Kosten einer künstlichen Befruchtung werden berührt. Auch die nicht unkomplizierte rechtliche Lage wird erörtert. Hinsichtlich Erbrecht und Unterhaltspflicht besteht eine rechtliche Grauzone. Daher ist es gängige Praxis fast aller Samenbanken, von der Wunschmutter (oder den Wunscheltern) eine Freistellung zugunsten des Samenspenders sowie des behandelnden Arztes zu verlangen, um beide finanziell abzusichern. Schließlich wird auf die auch für partnerlose Frauen bestehende Alternative hingewiesen, ein Pflegekind aufzunehmen.

Einige der befragten Frauen hatten zunächst in ihrem Bekanntenkreis Ausschau nach einem bereitwilligen Erzeuger gehalten, jedoch ohne Ergebnis. Die Entscheidung der Frauen für eine bestimmte Reproduktionsklinik hing im Einzelfall von der Art und dem Ort der assistierten Empfängnis ab. Im Inland und im europäischen Ausland greift jeweils ein „Dschungel von gesetzlichen Regelungen“, nach denen die Arztpraxen und Kinderwunschkliniken ihre Ausrichtung festlegen. Bis vor Kurzem wandten sich deutsche Single-Frauen mit Kinderwunsch meist an Fertilitätskliniken im europäischen Ausland. Erst seit einigen Jahren bieten auch hierzulande mehrere Samenbanken offiziell alleinstehenden Frauen und lesbischen Paaren die Möglichkeit, ihren Kinderwunsch mittels Fremdsperma zu erfüllen.

In einigen Ländern, darunter Belgien, ist es Frauen, die sich einer Kinderwunschbehandlung unterziehen, generell nicht möglich, den Samenspender selbst auszusuchen.

Äußerst wichtig ist die gründliche Auseinandersetzung mit den Belangen der Kinder. Diejenigen Kinder, deren Erzeuger im Ausland leben, werden niemals Kontakt zu ihren Vätern respektive Samenspendern haben. Für die anderen, deren Erzeuger in Deutschland leben oder lebten, dürfte das ebenfalls zutreffen. Wie geht es nach ein paar Jahren den Single-Müttern, die sich für das Lebensmodell der Kleinfamilie entschieden haben, und wie geht es ihren Kindern? Die Berichte deuten darauf hin, dass es ihnen gut geht. Kleinere Kinder scheinen sich mit der Situation der Vaterlosigkeit abzufinden, wenn sie umsorgt aufwachsen. Doch wie werden sie später damit umgehen? Diese Frage bleibt offen, da die Kinder der Berichterstatterinnen erst ein bis sieben Jahren alt sind.                 Dagmar Jestrzemski

Anya Steiner: „Mutter Spender Kind. Wenn Singlefrauen Familien gründen“, Ch. Links Verlag, Berlin 2015, Paperback, 222. Seiten, 18 Euro


Altbacken und grotesk
US-Journalistin Rebecca Solnit geißelt in ihrem Buch männliche Arroganz

Rebecca Solnit ist eine amerikanische Journalistin und Schriftstellerin, die ihr Hamburger Verlag über Gebühr lobt: „eine der wichtigsten feministischen Denkerinnen unserer Zeit“. „Biss, Komik und stilistische Eleganz“ werden ihr auf dem Buchdeckel bescheinigt, was nicht überzeugt. Solnit ist bestenfalls eine Beobachterin des Feminismus, den sie als „aussichtslos“ ansieht. Ihr Buch zeichnet sich durch weitgehenden Verzicht auf Komik und Biss aus, der längste Text, ein 30-seitiges Tagungsreferat über Virginia Woolf, ist langweilig. Im Gespräch ist Solnit schüchtern und gehemmt – eine Hamburger Wochenzeitung resignierte 2015, man hätte sich die Interviewreise zu ihr sparen sollen. 

Ausgangs- und Angelpunkt der Autorin sind „schwadronierende Männer“, die ihr mit „selbstgefälliger Miene“ die Welt erklärten,  alle „mit einem verächtlichen Grinsen“. Hat die Dame eine Ahnung davon, wie Männer untereinander „dozierend“ und angeberisch schwadronieren? Sie wartet vergeblich auf männliche Entschuldigungen für überflüssige Weltinterpretationen, die ein „Machtgefälle“ mit Tendenz zu „unheilvolleren Formen“ seien. Damit meint sie Vergewaltigungen. In den USA werde der Polizei alle sechs Minuten eine angezeigt, 87000 im Jahr. Alle hätten keine Rasse, keine Religion, keine Nationalität, „aber ein Geschlecht“. Sagt sie, um sich sofort selber zu widersprechen, wenn sie über Gewalt gegen Frauen in Indien, „Ehrenmorde“ in Nahost, Vergewaltigungen als „Waffe in Mali, im Sudan und im Kongo“redet. Diese alle haben Religion, „Kultur“, wie Solnit an Burka, Schleier und anderer „Unsichtbarma-chung“ von Frauen aus Religion oder Tradition erwähnt.

Lieber redet sie seitenlang über Sexübergriffe des ehemaligen IWF-Direktors Dominique Strauss-Kahn von 2011 und streift die Fellatio-Eskapaden, die US-Präsident Bill Clinton 1989 mit einer Praktikantin eingestand. In ihrem Buch klagt die Autorin, dass Sexskandale „alle nach der gleichen Arroganz stinken“ – auch wenn man sie bewusst herabspielt? Solnit hüpft zwischen Themen umher – gleichgeschlechtliche Ehen, häusliche Gewalt, Stalking, „elterliche Rechte von Vergewaltigern“ –, die teils altbacken, teils grotesk und oft falsch verstanden oder missinterpretiert sind. Schade um eine Autorin, die nicht zum klassischen Schreckbild von Feministinnen als „freudlosen Grauröcken“ gehört.           Wolf Oschlies

Rebecca Solnit: „Wenn Männer mir die Welt erklären“, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2015, gebunden, 173 Seiten, 16 Euro


Franz Marc aus einem neuen Blickwinkel
Anlässlich des 100. Geburtstag des Malers betrachtet Wilfried F. Schoeller vor allem dessen Jugend

Pünktlich zum 100. Todestag des Künstlers Franz Marc ist im Hanser Verlag eine neue Biografie des Malers erschienen. Autor ist Wilfried F. Schoeller. Als Professor für Literatur des 20. Jahrhunderts war er an der Universität Bremen engagiert. Darüber hinaus wirkte er als Leiter der Abteilung „Aktuelle Kunst“ beim Hessischen Rundfunk/Fernsehen. Ein Mann, dem man es zutrauen kann, ein gutes Buch zu schreiben. Auch eine gute Biografie.

Doch kann man über einen Künstler, der als einer der Hauptvertreter der Moderne in Deutschland gilt und über dessen Werk und Leben bereits mehrere Bücher veröffentlicht wurden, noch etwas Neues sagen? Ja, Wilfried Schoeller kann es. Er hat gut recherchiert, hervorragend zwischen den Zeilen gelesen und aus den Inhalten der Briefe, die Franz Marc geschrieben hat, interessante Fragen abgeleitet.

Die Tierdarstellungen, die zu den bekanntesten Bildern des Werks von Franz Marc gehören, sind nur ein kleiner Ausschnitt seiner Arbeit und stehen zugleich wie kaum ein anderes Werk als Symbol für die Künstlergruppe „Der blaue Reiter“, die er mit Wassily Kandinsky gemeinsam aus der Taufe hob und leitete. Doch existierte diese Gemeinschaft lediglich kurz, gerade einmal zwei Jahre.  Bücher, die sich allein mit dem Werk beschäftigen, lassen viele wertvolle Aspekte zum Leben des Malers aus. Schon Kindheit und Jugend von Franz Marc werden von Schoeller aus einem etwas anderen Blickwinkel betrachtet. Der Einfluss der Eltern und der dahinter stehenden Familien wird auf prägenden Einflüsse untersucht, gefiltert und scharfsinnig mit den später in der Jugend auftretenden Tendenzen von Marc wieder in Beziehung gesetzt.

Das Spannungsfeld, in dem sich der Jugendliche und der junge Erwachsene Marc befindet, eröffnet Möglichkeiten und stellt zugleich hohe Anforderungen. Gefangen zwischen der religiösen Moral der Mutter und dem Wissensdurst und der geistigen Freiheit des Vaters, kann er es sich selbst am wenigsten Recht machen. Und er entwickelt Selbstzweifel, übt Selbstkritik und hadert immer wieder mit sich. Er zieht sich zurück, lebt introvertiert.

Die Menage à quatre, die Franz Marc mit drei Frauen über erstaunlich lange Zeit pflegt, spielt im Leben des Künstlers eine große Rolle und wird entsprechend eingebunden. Jedoch ohne romantische Verklärung. Die Verletzungen, die bei dieser ungewöhnlichen Konstellation insbesondere seiner zweiten Frau Maria zugefügt werden, legt der Autor schonungslos offen, ohne das Handeln des Künstlers zu verurteilen.

Genau darin liegt an vielen Stellen die Gabe des Autors: Den Künstler in seiner Eigenart, seinem Wesen zu erfassen und darzustellen, ohne zu verklären und ohne zu verurteilen. Die Einflüsse, die Marc handeln lassen, werden genannt, so dass der Leser Beweggründe und Prägungen nachvollziehen und so sein eigenes Bild vom Künstler entstehen lassen kann. Interessant ist die Frage, warum Franz Marc in seinen Briefen häufig über das Malen und über Inspirationen zu Bildern schreibt, es aber für die von ihm erwähnten Phasen, Reisen und Lebens-Abschnitte keine erhaltenen Werke des Malers gibt. Hat er sie im Zuge seiner Selbstkritik vernichtet? Oder hat er nur vorgegeben, „am Werk zu sein“, obwohl er zu dieser Zeit gar nicht malte?

So wie Wilfried Schoeller Franz Marc zeigt, war dieser stets ein Suchender, er forschte, war auf der Pirsch nach Momenten, die berührten, offenbarten, nach einer Gestaltungsweise, die neu und radikal Form und Farbe miteinander in Verbindung setzte. Dazu gehörte sicher auch das Verwerfen von Ideen und Skizzen, die ihm unzureichend erschienen.

Wer dies als Verlust einschätzt, kann sich mit der neuen Biografie etwas näher an den radikalen, den weniger bekannten Künstler Franz Marc heranlesen.

                Stephanie Sieckmann

Wilfried F. Schoeller: „Franz Marc. Eine Biographie“, Hanser Verlag, München 2016, gebunden, 400 Seiten 26 Euro


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S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Augen zu und Finger ins Ohr / Warum man zum »Klub« gehören muss, wie sich Nils Schmid fast verplappert hätte, und woher diese entsetzliche Ratlosigkeit rührt

Es ist schwierig herauszufinden, wie Politik wirklich funktioniert und was die Akteure in Wahrheit antreibt. Also was sich hinter den hohlen Phrasen und dem lauten Gedröhn verbirgt. Gerade deshalb macht uns die Suche nach dem Kern ja so neugierig.

Manchmal muss man in die Ferne wandern, um Antworten zu erlangen. In einer Nachrichtensendung des großen US-Fernsehsenders „Fox“ erlaubte Newt Gingrich dem Publikum einen tiefen Einblick und enthüllte Ungeheuerliches. Gingrich war bis 1999 stolze 20 Jahre lang Abgeordneter des US-Kongresses, zum Ende hin gar Präsident des Repräsentantenhauses, einer der beiden Kammern des Hohen Hauses.

„Fox“ wollte wissen, warum die Mächtigen in der Republikanischen Partei der USA mit solcher Verbissenheit verhindern wollen, dass Donald Trump im Herbst in ihrem Namen für das Präsidentenamt kandidiert. Jetzt kommt’s: Das liege daran, so Gingrich, dass Trump nicht „zum Klub gehört“, weil er „keiner Geheimgesellschaft angehört, weil er die Aufnahme-Riten nicht durchlaufen hat“. Deshalb sei er „unkontrollierbar“ und müsse unbedingt gestoppt werden.

„Klub“? Geheimgesellschaften?? Das war bislang die Sphäre durchgeknallter Verschwörungstheoretiker. Die Realisten unter uns haben sich immer spöttisch zugeblinzelt, wenn solch ein Idiot in gemeinsamer Runde diesen Quatsch verbreitet hat. Indes: Da gibt es ja noch diese Rede von John F. Kennedy, der als frisch gebackener Präsident im Jahre 1961  vor dunklen Hintergrundmächten gewarnt hat. Von der Ansprache existiert eine Aufzeichnung, die man sich im Internet anhören kann.

Kennedy, der mit Sicherheit zum „Klub“ gehörte, wurde bekanntlich erschossen, ebenso wie kurz darauf sein mutmaßlicher Mörder. Um Zweifel an der offiziellen Version zu den Hintergründen des Kennedy-Mordes ins Lächerliche zu ziehen, soll die CIA später den Begriff „Verschwörungstheorie“ erfunden haben. Verblüffend, wie sich bisweilen alles fügt, nicht wahr?

Die Gingrich-Äußerung können Sie sich übrigens ebenfalls im Netz ansehen, geben Sie bei YouTube „Newt Gingrich Vox-News Trump“ ein.

Man muss also zum „Klub“ gehören, um an die Macht zu dürfen. Das erklärt einiges, was bislang rätselhaft erschien, beileibe nicht nur in den USA.

Auch auf das hier können wir uns nun einen Reim machen: AfD-Chefin Frauke Petry hatte sich, wie Sie sich erinnern, von einem Lokalredakteur zu der Äußerung verleiten lassen, dass bei der Grenzsicherung laut Gesetz im äußersten Notfall auch die Schusswaffe benutzt werden dürfe. Sie haben alle mitbekommen, wie die Frau dafür wochenlang durchs Land gejagt wurde.

Als Tübingens grüner Bürgermeister Boris Palmer kurze Zeit später so ziemlich genau das Gleiche sagte wie Petry, geschah hingegen fast nichts. Ein paar Tage lang Geraune, Schluss. Mittlerweile wird der Schwabe in den Medien sogar als möglicher Erbe von Winfried Kretschmann gehandelt, wenn der in fünf Jahren aus Altersgründen nicht mehr für das Amt des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg kandidieren will.

Ist das nicht erstaunlich? Zwei nahezu deckungsgleiche Zitate lösen dermaßen unterschiedliche Reaktionen aus! Ist es vielleicht deshalb, weil Palmer zum „Klub“ der etablierten Parteien gehört und Petry nicht? Rühren daher überhaupt die rüden Attacken auf die AfD?

Der am Wahlabend übel gezauste SPD-Spitzenkandidat in Baden-Württemberg, Nils Schmid, hätte sich in einem TV-Interview fast mal verplappert. Die AfD sei gefährlich, so Schmid, weil sie „die etablierten Parteien von der Macht verdräng ... äh ...“ – fast wäre es ihm rausgerutscht: Weil sie die etablierten Parteien von der Macht verdrängen will. Nicht weil es alles Nazis wären, sondern weil sie an unsere Tröge drängen, unsere Posten, unsere Gehälter, unsere Dienstwagen und all die anderen schönen Privilegien. Deshalb bewerfen wir sie mit allem, was an faulem Obst herumliegt in deutscher Geschichte und Gegenwart.

In der Wahl der Verfemten ist man entsprechend flexibel. Bis 2015 sammelten die Medien alles ein, das geeignet schien, den damaligen AfD-Sprecher Bernd Lucke als verkappten Nazi zu entlarven. Zum Beweis wurde etwa angeführt, dass er mal das Wort „entartet“ in den Mund genommen habe. Dann soll er so in die Menge gewinkt haben, dass seine Hand eine Millisekunde lang die Geste eines Hitlergrußes gestreift haben könnte. Ertappt!

Sie lachen? Ach, der Clou kommt ja erst: Nachdem Lucke 2015 sein Amt verlor und die Partei verließ, hieß es in denselben Medien plötzlich: Mit ihm habe die AfD ihren „gemäßigten, wirtschaftsliberalen Flügel“ verloren. Eben Nazi, jetzt gemäßigt? Woher diese Wende in der Beurteilung? Nun, weil Lucke fortan gegen seine Ex-Partei sturmlief, wurde er gnädig in den „Klub“ wieder aufgenommen – und so mutierte der eben noch hochgradig Nazi-Verdächtige zum „Gemäßigten“ und  „Wirtschaftsliberalen“.

Hat, wie wir seit Sonntag wissen, aber alles nichts genützt. Was soll der „Klub“ denn bloß noch machen, um die dreisten Nichtmitglieder wieder vom Gelände zu vertreiben? Die Ratlosigkeit manifestiert sich auf geradezu erbarmungswürdige Weise in einem Kommentar der linken „taz“.

Schuld am Erfolg der AfD sei vor allem Horst Seehofer, heißt es dort, weil er von der „Herrschaft des Unrechts“ geredet und so sein „Amtssiegel auf die Argumentation der Rechtspopulisten“ gedrückt habe. Schon im nächsten Satz lesen wir dann aber: „Noch verheerender war, dass keine echten Auseinandersetzungen geführt wurden.“ Die einzige relevante Bruchlinie sei zwischen der AfD und allen anderen verlaufen, so die „taz“, die warnt: „So macht man seine Gegner groß.“

Ist das nicht rührend? Die Zeitung beklagt, dass die AfD groß gemacht worden sei, weil alle anderen einer Meinung gewesen seien und sich nicht gestritten hätten. Dann kritisiert sie gleichzeitig mit Seehofer ausgerechnet einen, der eben diese Auseinandersetzung geführt und sich dem Einheitsbrei entzogen hat. Offenbar bemerkt der „taz“-Kommentator den eklatanten Widerspruch gar nicht. Sonst hätte er den Tinnef ja nicht geschrieben. 

Hier drängt ein Dilemma an die Oberfläche, das den gesamten „Klub“ kennzeichnet: Man legt beträchtlichen Wert darauf, „tolerant“ zu sein. Aber wehe, jemand wagt es, eine vom „Klub“ abweichende Meinung zu äußern! Der ist dann „intolerant“, dem gehört das Maul gestopft. Sprich: Wir tolerieren sämtliche Meinungen, solange sie unserer eigenen entsprechen. Eines Tages hat man diese Gewölle aus Betrug und Selbstbetrug derart verinnerlicht, dass einem Kommentare wie der oben genannte passieren, ohne dass man den Widerspruch erkennt.

So spielt das Schicksal: Dominanz macht dumm. Wer über Jahre jeden Blödsinn reden durfte, ohne dass jemand wirkungsvoll widersprechen konnte, der kann irgendwann nicht mehr unterscheiden zwischen der Wahrheit und der eigenen Propaganda. Am Ende verschwimmt alles in einem dicken Nebel und der Überblick geht gänzlich verloren.

Wenn die Wirklichkeit dann plötzlich mit Macht aus dem Busch springt, gehen die meisten vor Schreck zu Boden, schreien hysterisch herum oder erstarren in schockiertem Schweigen. Die ganz Hartgesottenen unter ihnen stecken sich die Finger in die Ohren, schließen die Augen, singen laut ihr altes Lied und tun einfach so, als sei der aus dem Busch gar nicht da.

So hält es Angela Merkel. Sie scheint die einzige im Land zu sein, für welche die drei Landtagswahlen gar nicht stattgefunden haben. Wenn sie die Augen wieder aufmacht, könnte es ihr passieren, dass sie ganz alleine dasteht, inmitten von rauchenden Trümmern, die einmal die CDU waren.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Grenzkontrollen sind billiger

München – Grenzkontrollen kämen die deutsche Volkswirtschaft bedeutend billiger als eine weitere ungeregelte Massenzuwanderung. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Münchener Ifo-Instituts. Danach würden die Kontrollen zwischen 1,36 und 3,36 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Was die Versorgung, Betreuung, Unterbringung und Verwaltung der Asylbewerber kostet, kann nur geschätzt werden. In jedem Falle schlägt hier ein zweistelliger Milliardenbetrag zu Buche.        H.H.

 

Steuergeld für Tortenwerfer

Berlin – Die linke Gruppe, deren Mitglieder die AfD-Politikerin Beatrix von Storch bei einer Parteisitzung in Kassel mit einer Torte beworfen haben, wird aus Steuermitteln bezuschusst. Wie „bild.de“ berichtet, sind an die Gruppe „Peng-Kollektiv“ insgesamt 150000 Euro aus Mitteln der Kulturstiftung des Bundes geflossen. Von Storch fordert ein Ende der Bezuschussung. Die Kulturstiftung lehnt dies jedoch ab.         H.H.

 

Koalitionär der Zukunft?

Eigentlich macht er einen recht kompetenten Eindruck,“ so eine Radiomoderatorin nach der Wahl. Als „Feigenblatt der AfD“, als „freundlich lächelnde Schaufensterfigur, während im Hintergrund im Bund die von Storchs und Petrys ihre schlimmen Sprüche raushauen“, ätzte die Presse vor der Wahl gegen ihn. Erst, seit er das beachtliche Ergebnis von 15,1 Prozent bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg holte, nimmt die Öffentlichkeit Notiz von dem besonnenen Landeschef der Alternative für Deutschland (AfD), Jörg Meuthen.

Der 54-jährige Professor für Volkswirtschaftslehre und Finanz­wissenschaft an der Hochschule Kehl hatte sich nach der Bundestagswahl 2013 entschlossen, der AfD beizutreten. Er gehört zu jenen, die sich enttäuscht von den etablierten Parteien abgewendet haben. Meuthen gehört dem wirtschaftsliberalen Flügel seiner Partei an. Er war ein Unterstützer Bernd Luckes. Als dieser der AfD den Rücken gekehrt hat, war es  für Parteichefin Frauke Petry wichtig, mit Meuthen einen liberalen Vertreter in einem der wichtigsten deutschen Bundesländer zu wissen, um nicht den Rechtsgesinnten in der Partei das Feld zu überlassen. Meuthen selbst distanziert sich von Extrempositionen innerhalb der AfD. Er will gemäßigt konservativ-liberale Positionen durchsetzen. Die Asylkrise habe bei enttäuschten Wählern von CDU und SPD Erinnerungen an die Eurokrise geweckt. In beiden Fällen seien Rechtsbrüche begangen worden.

Auch wenn die etablierten Parteien bislang eine Zusammenarbeit mit der neuen Partei ausschließen, so ist Meuthen davon überzeugt, mittelfristig auch Koalitionen einzugehen. Und er weiß auch schon mit wem: mit der CDU und der FDP, mit denen die AfD die größte Schnittmenge verbinde.          MRK


MEINUNGEN

Die vergangenen drei Landtagswahlen haben Politik und Medien durcheinander gewirbelt. Wir dokumentieren einige herausragende Zitate vom Sonntag und Montag:

FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki in „Spiegel-online“:

„Die Tatsache, dass die AfD in allen Ländern so dramatisch gut abgeschnitten hat, ist ein Beleg dafür, dass viele Menschen das Gefühl haben, dass die Aussage der Kanzlerin, ,Wir schaffen das‘, nicht unterlegt ist mit einer weiteren Erklärung, was das denn bedeuten soll.“

 

 

CSU-Chef Horst Seehofer auf einer Vorstandssitzung seiner Partei:

„Der zentrale Grund ist die Flüchtlingspolitik. Es hat überhaupt keinen Sinn, da vorbeizureden. Das ist ja eine tektonische Verschiebung der politischen Landschaft in Deutschland.“

 

 

Christoph Seils im Magazin „Cicero“:

„Dass die Wahlbeteiligung in allen drei Ländern deutlich gestiegen ist, ist für die Demokratie ein gutes Zeichen. Die AfD war ein Ventil für Protestwähler. Dass sich dieser Protest nach rechts entlädt, wenn sich die Parteien von den Grünen bis zur Union kaum noch voneinander unterscheiden und sich die politischen Lager angesichts der Großen Koalition aufgelöst haben, ist keine Überraschung.“

 

 

Klemens Patek, Kommentator der Wiener Zeitung „Die Presse“:

„Jetzt hat auch Deutschland seine FPÖ. In der Sozialpolitik mögen sich AfD und FPÖ zwar deutlich unterscheiden, jahrelang hieß es aber, in Deutschland könnte sich keine rechte Partei ähnlich der FPÖ entwickeln. Die AfD beweist das Gegenteil.“

 

 

Hans-Martin Esser im Netzportal „Achse des Guten“:

„Es ist erschreckend, wie SPD und CDU meinen, mit verschärfter verbaler Aggression gegenüber der AfD deren Werte zu senken.“

 

 

Thomas Böhm, Chef des Netzportals „Journalistenwatch“:

„All das Gehetze, die Beleidigungen, die Demagogie, die Verleumdungen, die Lügen, verbale wie körperliche Angriffe haben nichts genützt. Im Gegenteil ...“

 

 

Frank Lübberding im Feuilleton der „FAZ“:

„Das gab es auch noch nicht: Eine CDU-Vize-Chefin deklariert bei Anne Will den Sieg anderer Parteien als Erfolg für die Union. Die etablierten Parteien der Bundesrepublik werden zunehmend zu einer Einheit – und werden den Wählern immer fremder.“

 

 

Politikwissenschaftler Werner Patzelt im „Handelsblatt“:

„Das rechte Parteispektrum bekommt derzeit in Deutschland mehr Stimmen. Koalitionen zwischen CDU und AfD wären im Grunde fast überall möglich, sie sind nur politisch nicht opportun. Das heißt: Das sozialdemokratisch-grüne Zeitalter neigt sich fürs Erste dem Ende zu.“