28.03.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Ausgabe 24/16 vom 17.06.2016

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Historisches Versagen
Umfrage: »Brexit« wird wahrscheinlicher – EU droht unvergleichliches Desaster

Europa läuft auf eine dramatische Zäsur zu. Appelle der EU-Eliten scheinen zu verhallen. Auch für Deutschland wird es ernst.

Es bleiben nur noch Tage bis zur historischen Abstimmung über Großbritanniens EU-Austritt am 23. Juni, da sagt eine Umfrage erstmals einen deutlichen Vorsprung für die EU-Gegner voraus. War es bislang ein Kopf-an-Kopf-Rennen, so haben laut der Zeitung „Independent“ die Befürworter des Ausstiegs („Brexit“) ihren Vorsprung gegenüber April von knappen zwei auf satte zehn Prozentpunkte ausgebaut.

Der Ausstieg der zweitgrößten Volkswirtschaft Europas aus der EU wäre der dramatischste Einschnitt in der fast 60-jährigen Geschichte der Gemeinschaft. Er ließe nicht allein die Insel erbeben, sondern zugleich den gesamten Kontinient. Eine tiefe Krise der EU wäre unvermeidlich.

Insbesondere die deutsche Politik geriete in beträchtliche Schwierigkeiten. Berlin stünde ohne starken Verbündeten da gegen die umverteilungssüchtigen Südstaaten der Union. Da Deutschlands Gewicht in einer EU ohne London automatisch anwüchse, wäre mit einem romanischen Gegenbündnis, geführt von Paris und Rom, zu rechnen. Deutsche Vorstellungen von Marktwirtschaft gerieten wohl endgültig unter die Räder.

Was hat die Europäische Union an den Rand eines solchen Desasters geführt? Die Verteidiger der EU-Führung argumentieren, Brüssel sei daran kaum schuld. Der Groll der Völker richte sich vor allem gegen ihre nationalen Regierungen und Polit-Eliten. Die EU sei da bloß der Blitzableiter.

Das ist im doppelten Sinne irreführend. Erstens ist „Brüssel“ nur ein Extrakt jener in Verruf geratenen nationalen Polit-Kasten. Zweitens ist all das, was die Bürger an den nationalen Führungen auszusetzen haben, in der EU immer noch ein wenig ärger: Brüssel ist von den Bürgern noch weiter entfernt, von noch abgeschlosseneren Macht-Zirkeln und undurchsichtigen Netzwerken beherrscht und mischt sich, so das Empfinden, noch unbelehrbarer in die Belange der Menschen ein als die nationalen Regierungen. Dies ist der Eindruck, der sich nicht bloß bei Großbritanniens Bürgern festgesetzt hat.

Die EU-Spitzen feiern die Union als Friedensprojekt, welches die unvernünftigen Völker zur Vernunft gebracht habe. Das zeigt nicht nur eine zutiefst arrogante Sicht. Falscher könnte man auch kaum liegen: Es ist gerade nicht irgendein Völkerhass, der die Europäer auseinander treibt. Es ist das Versagen der Eurokraten, Ideologen und Lobbyisten, die mit ihrem fanatischen Vormarsch zu immer mehr Zentralisierung, zum Euro oder zuletzt mit ihrer katastrophalen Asylpolitik die Gemeinschaft der Völker untergraben haben.

Der europäische Fisch fing am Kopfe an zu stinken. Die Menschen spüren das, von Lissabon bis Helsinki. Daher verhallen die Appelle der Polit-Eliten – zu deren Verblüffung – zunehmend wirkungslos.              Hans Heckel


Obamas 11. September
Der islamistisch motivierte Massenmord von Orlando ist Folge von Untätigkeit, Unfähigkeit und verfehlter Zuwanderungspolitik

Im verheerendsten islamistischen Terrorakt in den USA seit 2001 hat ein afghanischstämmiger  Islamist in Orlando/Florida mindestens 50 Menschen in einer Schwulenbar mit einem Sturmgewehr ermordet. Obwohl es eine Reihe von Indizien und Beweisen zum Hintergrund der Tat gab, vermied es US-Präsident Barack Obama in einer ersten Stellungnahme, von Islamismus oder dem Islam als Hintergrund des Verbrechens zu sprechen, sondern sprach nur von einem „Hassverbrechen“.

Wieder einmal musste das FBI, das den Täter bereits seit 2013 im Visier hatte, eklatante Fehler bei der Beurteilung dieses fanatisierten Islamisten mit afghanischen Wurzeln eingestehen. Denn der Täter konnte ungehindert für eine Sicherheitsfirma arbeiten und so legal die Kriegswaffen erwerben.

Es mehren sich die Hinweise, dass Obama auf dem islamistischen Auge blind ist. Sicher hat er im Nahen Osten die Folgen der Fehler seines Vorgängers George Bush übernommen. Aber anstatt sie zu korrigieren, hat er sie durch seinen überstürzten Abzug aus dem Irak 2011 noch verschlimmert. Dass dieser Abzug zumindest zeitlich mit der Welle der arabisch-sunnitischen Aufstände in Libyen, Syrien, Ägypten, dem Jemen und dem Irak zusammenfiel, erscheint heute keineswegs mehr als Zufall. Aus dieser Welle von angeblich freiheitlichen Aufständen ist das Terrorregime des IS entstanden, das die arabisch-sunnitischen Länder wie ein Krebsgeschwür befallen hat. Erst das Auftauchen und der Siegeszug des IS 2014 haben zu der massiv ansteigenden Flüchtlingswelle nach Europa und in die USA geführt, nicht etwa der mit dem Kampf gegen autokratische Regime begründete Ausbruch der Bürgerkriege 2011. Die einzige verbliebene Weltmacht USA hat die Gefahr, die vom IS ausgeht, massiv unterschätzt und viel zu wenig dagegen unternommen.

Auch in der US-Zuwanderungspolitik, die anders als bei der Massenzuwanderung in Europa auf staatlich gesteuerten Aufnahmeprogrammen beruht, sind jetzt Diskrepanzen festgestellt worden, die nicht mehr mit der bekannten amerikanischen Unbekümmertheit gegenüber Vorgängen, die sich nicht auf dem eigenen Kontinent abspielen, begründet werden können. So wurde festgestellt, dass Christen, obwohl sie zehn Prozent der Gesamtbevölkerung Syriens stellen, weniger als 0,5 Prozent der Flüchtlinge ausmachen, die von den USA aufgenommen werden. Sunnitische Muslime stellen 74 Prozent der Syrer, jedoch 99 Prozent der von den USA aufgenommenen Flüchtlinge. Dabei ist bekannt, dass der IS besonders grausam christliche oder andere religiöse und sexuelle Minderheiten verfolgt, aber die Bevölkerungsmehrheiten von Sunniten weitgehend in Ruhe lässt und sie sogar benutzt, um sich dahinter zu verstecken. Obwohl die USA auch wissen, dass sunnitische Flüchtlinge noch in den Flüchtlingslagern Christen terrorisieren, lassen sie die wahren Opfer im Stich, die Zuflucht im Westen verdienen, während sie deren Verfolger „humanitär“ aufnehmen. So hat die Obama-Regierung eine Politik eskalieren lassen, die sowohl nahöstliche Christen im Stich lässt, als auch US-Amerikaner wie jetzt in Orlando dem Dschihad aussetzt. US-Senator Tom Cotton hatte im März dieses Jahres gesagt: „Ohne Zweifel werden Syrer aller Konfessionen von diesem grausamen Krieg schikaniert und mit unvorstellbarem Leid konfrontiert. Aber nur Christen und andere religiöse Minderheiten sind bewusste Ziele von systematischer Verfolgung und Völkermord.“ Sunnitische Muslime werden nicht geschlachtet, enthauptet und vergewaltigt für die Ablehnung, auf ihren Glauben zu verzichten; ihre Moscheen werden nicht verbrannt. Vor Monaten kommentierte Obama, der als sunnitischer Muslim aufgewachsen ist, den Vorschlag, christlichen Minderheiten bei der Aufnahme den Vorzug zu geben, als „beschämend“: „Das ist nicht amerikanisch. Unser Mitgefühl hat keine religiösen Tests.“    Bodo Bost


Jan Heitmann:
Klare Kante

Seit über zehn Jahren steht der CDU-Politiker Norbert Lammert dem Deutschen Bundestag vor. Seine Aufgaben als dessen Präsident erledigt er souverän, mit der dem hohen Amt angemessenen Würde, wenn erforderlich mit Durchsetzungsvermö- gen und bei passender Gelegenheit auch mit feinem Humor. Derzeit wird er als einer der aussichtsreichsten Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten gehandelt. Von einem Bundespräsidenten erwartet man, dass er das rechte Wort zur rechten Zeit findet. Das hat Lammert  jetzt als Bundestagspräsident getan, als er im Namen des gesamten Parlaments mit deutlichen Worten den Entgleisungen und Anmaßungen des türkischen Möchtegern-Sultans Recep Tay-yip Erdogan entgegengetreten ist – hart in der Sache aber immer noch verbindlich im Ton. Das war klare Kante auf staatsmännische Weise. Nicht zuletzt damit hat er sich dafür qualifiziert, vom zweiten zum ersten Mann im Staate aufzusteigen.

Lammert hat das getan, was eigentlich Bundeskanzlerin Angela Merkel hätte tun müssen. Die aber drückt sich erst feige vor der Abstimmung über die Armenien-Resolution und lässt jetzt die Abgeordneten im Stich. Nicht nur die persönlich geschmähten und bedrohten, sondern alle, denn ein Angriff dieser Art auf Einzelne ist ein Angriff auf das Parlament als Ganzes. Sie aber schweigt zu den Unverschämtheiten aus Ankara und beschränkt sich darauf, diese als „nicht nachvollziehbar“ abzutun. Das war’s. Mehr sind ihr Ehre und Integrität des Bundestages nicht wert. Der Macho Erdogan wird diesen Zurückhaltung als Schwäche werten, die Kanzlerin dafür verachten und sie in Zukunft noch mehr am Nasenring durch die Manege führen.


S. 2 Aktuell

»Alternative zum gescheiterten System«
Interview mit Andreas Mölzer, Vordenker der österreichischen Freiheitlichen

Andreas Mölzer, langjähriger EU-Abgeordneter der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und Herausgeber des Wiener Wochenmagazins „Zur Zeit“, ist der Vordenker seiner Partei. Sein jahrzehntelanges Wirken hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die FPÖ heute im Nationalrat sowie allen neun Landtagen vertreten ist und fast die Hälfte der Österreicher repräsentiert. Das Interview führte Bernd Kallina.

PAZ: Von Ihrem Landsmann Karl Kraus stammt der Satz, dass Österreich eine Versuchsstation für Weltuntergänge sei. Aber die 49,7 Prozent Stimmenanteil, die der FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer im Mai für sich verbuchen konnte, waren ja alles andere als ein Weltuntergang, oder?

Andreas Mölzer: Er war ein phänomenaler Erdrutsch zugunsten des Dritten Lagers in meiner Heimat. Weltuntergangsstimmung war eher auf der Seite der Hofer-Gegner zu verspüren. Dieses überschaubare Österreich, das ja ein europäischer Kleinstaat ist, hat doch in gewisser Sicht eine Vorreiterrolle eingenommen. Und zwar als Sonderfall und europäische Avantgarde, weil es jetzt darum geht, dass eine patriotische Freiheitspartei politische Verantwortung übernimmt und ins Zentrum des politischen Geschehens rückt. Eine Vorreiterrolle, die sicherlich auch für Deutschland von Bedeutung sein kann.

PAZ: Der Philosoph Marc Jongen meinte unlängst in der „Zeit“ zum Ausgang dieser Nationalratswahl, dass das morsche System seine Ressourcen noch einmal zusammengekratzt habe, bevor es umso eindrucksvoller einstürzen würde.

Mölzer: Nun, es ist in der Tat so, dass die Systemerhalter, nennen wir sie etwas salopp eine Art Lichtermeer-Koalition, scheinbar obsiegt hat. Sie umfasst alle etablierten Parteien und Medien, plus die sogenannte Zivilgesellschaft – von den Kirchen bis hin zu den Gewerkschaften und sonstigen Verbänden. Diese Gruppierung verfügt über unerschöpfliche Finanzmittel, über enorme mediale Beeinflussungsmöglichkeiten, und dennoch ist es dieser System-Koalition nur äußerst knapp gelungen, die Hälfte der Menschen für sich zu mobilisieren. Ich lasse einmal die Erörterung der Frage, ob sie nicht unter Umständen vielleicht sogar zu übleren Mitteln greifen musste, um diese hauchdünne Dominanz noch zu erzielen, Stichwort „Wahlbetrug“, außen vor.

PAZ: Wie verhielten sich die österreichischen Leitmedien gegenüber dem FPÖ-Kandidaten Hofer?

Mölzer: Sie waren und sind ein wesentlicher Teil dieser Systemerhalter-Koalition. Fakt ist, dass alle etablierten Medien, von den sogenannten konservativen Blättern bis hin zu den fortschrittlich links-grün orientierten Organen und natürlich auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk, ganz eindeutig auf der Seite des System-Kandidaten standen, des Grünen Van der Bellen. Und dass man sich nicht scheute, mit relativ üblen Manipulationen gegen Norbert Hofer vorzugehen.

PAZ: Was meinen Sie mit „üblen Manipulationen“?

Mölzer: Nur ein Beispiel: Im Zusammenhang mit einem Israel-Besuch von Hofer versuchte der ORF, ihn der Lüge zu überführen, was jedoch nicht gelang. Hofer berichtete nämlich in einer Live-Sendung des ORF von seinem Besuch in Jerusalem vor gut zwei Jahren und äußerte Verständnis für die israelische Sicherheitspolitik unter anderem durch den Hinweis, dass während des Aufenthalts in seiner unmittelbaren Nachbarschaft eine mutmaßliche Terroristin erschossen wurde. Durch eine desinformatorisch angelegte ORF-Befragung mit einem israelischen Polizeisprecher wurde dann der Eindruck erweckt, dass es zum fraglichen Zeitpunkt gar keinen Anschlag gegeben hätte, Hofer also gelogen habe. Und dann muss­te der ORF zähneknirschend in seiner Sendung ZIB 2 eingestehen, dass es da sehr wohl eine Frau gab, die zwar nicht erschossen, aber angeschossen wurde.

PAZ: Warum ist die FPÖ heute dennoch so stark wie noch niemals zuvor?

Mölzer: Sie ist die einzige Alternative zu dem gescheiterten und abgewrackten System, das in Österreich aus dem Parteien-Proporz von Schwarz und Rot seit Jahrzehnten besteht, verstärkt durch die Grünen. Die FPÖ hat es verstanden, die alten ideologischen, dogmengeschichtlichen Ideenstränge, das Nationale nämlich, gewandelt ins Patriotische, zur Erhaltung der eigenen Identität und das Liberale, das Erhalten der eigenen Freiheit, der Selbstbestimmung, der Souveränität gegenüber Brüssel und auch der Bürgerfreiheit, der Meinungsfreiheit, offensiv zu verteidigen. Und diese Mischung, die unter zahlreichen Fehlern und vielen Brüchen und Hochs und Tiefs bewahrt wurde, erweist sich jetzt in einer Krise der politischen Systeme als sehr tragfähig.

PAZ: Sie sehen die FPÖ als Modell für andere nationale und konservative Parteien quer durch ganz Europa. Wie würden Sie dieses Modell in den Struktur- und Grundelementen beschreiben?

Mölzer: Der große Vorteil der FPÖ ist, dass sie als Bewegung und unter Einschluss ihrer Vorläufergruppierungen eine semi-etablierte Partei ist und auf eine 170-jährige Geschichte zurückblicken kann. Schon in der Ersten Republik waren unsere Leute prägend in der Regierung vertreten. Sie war in der zweiten Republik zweimal in der Bundesregierung, das heißt, diese FPÖ ist nicht so leicht auszuschalten, zu unterwandern und zu stigmatisieren. Und sie hat als Repräsentantin des Dritten Lagers ein soziales gesellschaftliches Substrat, was sie im Vergleich zu jenen jungen Parteien, die überall in Europa nach vorne drängen, vorteilhaft auszeichnet.

PAZ: Wie nehmen Sie als langjähriger Beobachter des Dritten Lagers in Österreich den derzeitigen Aufschwung der AfD wahr?

Mölzer: Für uns war die Bundesrepublik Deutschland, zuerst die kleine, dann die vergrößerte nach 1989, immer so etwas wie eine politische Kopfschuss-Zone. Wer da mit einem patriotischen Programm den Kopf über die Schützengräben heraushob, der wurde sozusagen liquidiert und zwar mit allen Mitteln. Ich hoffe also sehr, dass jetzt unter den geänderten politischen Umständen das eklatante Versagen der EU, die Massenzuwanderung, die ja inzwischen ein apokalyptisches Ausmaß erreicht hat, dass die Wahlbürger also aufgrund dieser offenkundigen Notlage eine Partei wie die AfD nicht nur im zweistelligen Bereich wählen, sondern durch massive Unterstützung dazu beitragen, dass sich diese AfD auch etablieren und professionalisieren kann. Denn das politische Handwerk ist auch ein Metier, das man lernen muss.

PAZ: Kommen wir zur von der deutschen Bundeskanzlerin ausgelösten sogenannten „Flüchtlingskrise“. Hat sie durch ihre sintflutartigen Ausmaße die Völker Europas vielleicht sogar mehr wachgerüttelt als die schon vorher mit wachsendem Unbehagen registrierte, schleichende Immigration in unsere Länder?

Mölzer: Es ist in der Tat so, dass man Frau Merkel dieses Verdienst wird zuerkennen müssen, dass sie durch ihre absurde Politik der Willkommenskultur eine Lawine ausgelöst hat, die das Bewusstsein in der schweigenden Mehrheit auf Abwehr erst geweckt hat. Das ist durchaus eine dogmengeschichtliche Wahrscheinlichkeit, die sich vielleicht für den Historiker im Nachhinein herausstellen wird. Allerdings muss man schon sagen, der Wille, hier eine gute Tat zu vollbringen, war sicherlich nicht maßgebend und motivierend bei Frau Merkel. Es war eher eine psychopathologische Entscheidung, die auch typisch ist für den Nationalmasochismus vieler Deutscher.


Sie sollen den Weg in die Nato ebnen
Der ukrainische Präsident kauft systematisch Berater mit Beziehungen zum Nordatlantikpakt ein

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sammelt eine illustre Schar von Ratgebern mit Beziehungen um sich. Als neueste Verstärkung stößt der frühere Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen mit dem Rang eines „Sonderberaters“ zu Poroschenkos Stab. Rasmussen war von 2001 bis 2009 Ministerpräsident von Dänemark. Als solcher befürwortete er 2003 den Krieg der Nato gegen den Irak und verbreitete dementsprechend die Lüge von den Massen­ver­nich­tungswaffen des Saddam Hussein. So qualifizierte er sich für die Nato-Spitze. Vor einem Jahr stellte Rasmussen wohlwollende Überlegungen dahingehend an, dass die Nato allmählich daran denken könne, Waffen in die Ukraine zu liefern. Wenn Russland weiterhin „die Ukraine destabilisieren sollte“, würde der Zeitpunkt kommen, an dem dies notwendig sein werde, meinte er. Poroschenko wird es mit Genugtuung vernommen haben.

Als im Oktober 2014 der Nato-Generalsekretär wechselte, gründete der bisherige Amtsinhaber die Beratungsfirma Rasmussen Global, der nun der ukrainische Auftrag zugefallen ist. Allerdings handelt es sich dabei nicht um den ersten größeren Fischzug. Vor einem Jahr gewann Rasmussen die mutmaßliche US-Investmentbank Goldman Sachs als Kunden. Als „Kommunikationsberater“ soll der ehemalige Nato-Chef für ein besseres Image der übel beleumundeten Bank sorgen.

Die Tätigkeit für Goldman Sachs wird zwar weder der Bank noch Rasmussen zu erhöhtem Ansehen verhelfen, letzterem aber zu einer noch besseren in­ternationalen Vernetzung. Zu Goldman-Sachs-Vertrauten zählen immerhin Männer wie der EZB-Chef Mario Draghi, Paul Achleitner, der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, Henry „Hank“ Paulson, der von 2006 bis 2009 US-Finanzminister war, Robert Zoellick, bis vor wenigen Jahren Präsident der Weltbank, die einstigen italienische Regierungschefs Mario Monti und Romano Prodi, wobei dieser zudem Präsident der EU-Kommission gewesen ist, oder auch Otmar Issing, Chefökonom der Europäischen Zentralbank. Das ist ein erlesener Kreis, dessen Netzwerk-Potenzial Rasmussen mit nach Kiew bringt.

Poroschenko aber setzt nicht nur auf ein Pferd. Zu seinen Beratern gehört auch der US-Senator John McCain, allseits bekannt wegen seiner Bereitschaft, Krieg zu führen, wann und wo immer es auch sein solle. Er ist in den USA auch die treibende Kraft, wenn es darum geht, die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine zu ermöglichen. Ihm zur Seite steht in wechselnden Funktionen der frühere georgische Regierungschef Micheil Saakaschwili, seit seiner Studienzeit in den USA Schützling und Zuträger der CIA. Er wird in seiner Heimat von der Staatsanwaltschaft unter anderem wegen eines Mordauftrags verfolgt, Poroschenko hat ihm die ukrainische Staatsbürgerschaft verliehen.

Weitere Berater Poroschenkos sind der frühere schwedische Ministerpräsident Carl Bildt, der Poroschenko jedenfalls dadurch angenehm aufgefallen sein dürfte, dass er zusammen mit zahlreichen anderen Unterzeichnern eines offenen Briefes dem russischen Präsidenten Wladimir Putin den Vorwurf gemacht hat, er führe Russland in eine Diktatur. Mit dabei auch der frühere slowakische Regierungschef Mikuláš Dzurinda und der frühere litauische Premier Andrius Kubilius. Auch der deutsche CDU-Europa-Abgeordnete und eingeschriebene Putin-Feind Elmar Brok gehört dem Gremium an. Gefragt, ob er als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im EP darin keinen Interessenskonflikt sehe, meinte Brok: „Das ist keine operationelle Aufgabe, wo man jede Woche tätig ist. Das wird von Zeit zu Zeit ein Gedankenaustausch sein – so versteh ich das – wo man mal um Rat fragt.“

Nach außen ist es die offizielle Aufgabe von Poroschenkos Berater-Gremium, Reformen zur Dezentralisierung oder auch Bekämpfung der Korruption zu fördern. Tatsächlich aber dürften den Präsidenten ganz andere Sorgen plagen. Vor Kurzem wurde das Ergebnis einer Umfrage bekannt, bei der die sogenannte Sonntagsfrage gestellt worden war: „Wen würden Sie wählen, wenn …?“ Das Ergebnis war erschütternd, und das nicht nur für die Regierenden in Kiew.

Wie verfahren die Lage im Lande ist und wie unattraktiv das ist, was die politische Klasse an Kandidaten aufbieten kann, kann man daran erkennen, dass die als hochkorrupt beschriebene Gas-Oligarchin Julia Timoschenko noch die meisten Sympathien zu genießen scheint. Laut der Umfrage des Kiewer Instituts für Soziologie sprechen sich bei einer vermuteten Wahlbeteiligung von rund 50 Prozent immerhin 21 Prozent der Wahlberechtigten für die ehemaligen Ministerpräsidentin und Vorsitzende der Partei Batkiwtschina (Vaterland) aus. Poroschenko hingegen könnte derzeit nicht mit mehr als 13,5 Prozent der Stimmen rechnen.

Angesichts solcher Zahlen dürfte Poroschenko ebenso wie seinen ausländischen Beratern klar sein, dass es mit ein paar Reformen nicht getan ist. Das Gremium soll denn auch keine politische Kosmetik betreiben, sondern den Weg der Ukraine in die Nato ebnen. Denn ihre engen Beziehungen zum Bündnis sind, neben dem Hass auf Russland, das einigende Band der verschiedenen Herren, die Poroschenko um sich geschart hat.          Florian Stumfall


MELDUNGEN

EuGH: Keine Haft für Illegale

Luxemburg – Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass Personen, die innerhalb der EU illegal Grenzen übertreten, nicht allein deswegen mit Freiheitsentzug bestraft werden dürfen. Eine Inhaftierung ist demnach nur dann möglich, wenn der illegal Eingereiste einer Aufforderung zur freiwilligen Rückkehr nicht nachkommt. Zudem muss gewährleistet sein, dass Abschiebehäftlinge nicht gemeinsam mit Strafgefangenen untergebracht werden. Mit seiner Entscheidung kippte der EuGH eine französische Regelung, nach der die Einreise eines Drittstaatsangehörigen in das nationale Hoheitsgebiet mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Das verstoße, so der EuGH, gegen die EU-Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG.              J.H.

 

NPD gewinnt gegen Ramelow

Weimar – Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei) darf die NPD nicht als „Nazis“ bezeichnen. Das verstoße gegen seine Neutralitätspflicht und verletze das Grundrecht der Partei auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb, entschied der Thüringer Verfassungsgerichthof am Mittwoch vergangener Woche. Anlass für die Verfassungsklage der NPD war ein Interview Ramelows mit dem Sender MDR Thüringen im Juni 2015, in dem er „an alle demokratischen Parteien“ appelliert hatte, „dass es wirklich keine Gemeinsamkeiten auf der Basis von NPD-Anträgen geben darf. … Die Nazis werden damit aufgewertet.“ Das Gericht entschied, Ramelow habe in diesem Fall nicht als Parteipolitiker agiert, sondern bewusst seine „Amtsautorität in Anspruch genommen“. Das Interview sei in der Staatskanzlei geführt worden und die Landesflagge sei im Hintergrund zu sehen gewesen. Zudem habe die Staatskanzlei den Link zu dem vollständigen MDR-Interview auf ihren offiziellen Kanälen beim Kurznachrichtendienst Twitter und bei Facebook verbreitet. Nach Auffassung von acht der neun Verfassungsrichter hat Ramelow „die Grenzen der Zulässigkeit“ überschritten.             J.H.

 

Frauenordination abgeschafft

Riga – Die evangelisch-lutherische Kirche Lettlands hat die Frauenordination offiziell abgeschafft. Bereits seit seinem Amtsantritt 1993 hat Erzbischof Janis Vanags keine Frauen mehr neu zum Priesteramt zugelassen. Ein Großteil der lettischen Priester und Gläubigen unterstützt die konservative Ausrichtung durch den Erzbischof: Bei ihrer Versammlung stimmten fast 80 Prozent der Syno­dalen für eine diesbezügliche Änderung der Kirchenverfassung. Kritik an der Entscheidung kam vor allem von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die eine Protestdelegation nach Riga schickte, die den lettischen „Glaubensschwestern und -brüdern“ insbesondere einen Verrat an der „freien und offenen Gesellschaft“ vorwarf und ihnen unverhohlen mit einem Entzug von finanziellen Förderungen drohte. Geändert hat dieser auch von den skandinavischen Staatskirchen unterstützte Druck der EKD an der Entscheidung der Letten freilich nichts. Ihre Kirche sieht sich dabei auf einer Linie mit gut einem Fünftel der Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes, darunter denen von Litauen und Polen.                T.W.W.


S. 3 Deutschland

Mit Raubüberfällen zurückgemeldet
Die sogenannte dritte Generation der Rote Armee Fraktion bleibt ein Mysterium

Die der dritten Generation der Rote Armee Fraktion (RAF) zugerechneten Ernst-Volker Staub, Daniela Klette und Burkhard Garweg werden für eine Reihe von Raubüberfällen der jüngsten Zeit verantwortlich gemacht. Wollen sie damit einen geruhsamen eigenen Lebens­abend finanzieren oder aber eine Wiederaufnahme des RAF-Terrors der 70er bis 90er Jahre? Und was ist überhaupt diese sogenannte dritte Generation?

Über die dritte Generation der RAF ist viel geschrieben und noch mehr spekuliert worden. Doch wirklich Handfestes haben weder die staatlichen Ermittler noch Journalisten in den vergangenen Jahren zusammentragen können. Man geht heute davon aus, dass die Ermordung des Unternehmers Ernst Zimmermann, des Siemens-Managers Karl-Heinz Beckurts und des damaligen Deutsche-Bank-Chefs Alfred Herrhausen auf das Konto der Links-Terroristen geht. Auch für einen Sprengstoffanschlag auf die Haftanstalt Weiterstadt in Hessen werden sie verantwortlich gemacht. Wirklich bewiesen ist das jedoch nicht. Bis auf die jeweiligen Bekennerschreiben haben die Ermittler bis heute wenige Spuren.

Nicht einmal die Hälfte der bis zu 20 Mitglieder der dritten RAF-Generation kennt die Bundesanwaltschaft mit Namen. Nur Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld werden der Führungsebene zugerechnet. Grams wurde 1993 bei einem Polizeieinsatz erschossen, Hogefeld festgenommen und verurteilt. Zu den Vorwürfen schweigt sie bis heute. Auch bei anderen vermeintlichen Mitgliedern hatte der Staat wenig Erfolg. Andrea Klump und Horst Ludwig Meyer wurden im September 1999 von der österreichischen Polizei aufgegriffen. Bei einem Schusswechsel kam Meyer ums Leben. Klump wurde zwar wegen terroristischer Taten verurteilt, die Mitgliedschaft in der RAF konnte ihr jedoch nicht nachgewiesen werden und wird von ihr bis heute bestritten. Ebenso ist nicht zweifelsfrei geklärt, ob Ernst-Volker Staub, Daniela Klette und Burk­hard Garweg wirklich zur dritten Generation der Terrorzelle gehörten.

Dennoch sind sie in diesen Tagen in aller Munde. Denn das Trio hat nach jüngsten Erkenntnissen seit dem Jahr 2011 mindestens acht Raubüberfälle in Niedersachsen und Schleswig-Holstein verübt. Dabei erbeuteten die ehemaligen Angehörigen der bereits in den 90er Jahren aufgelösten RAF knapp 400000 Euro. Staub, Klette und Garweg werden seit Ende der 90er Jahre per Haftbefehl gesucht. Vor rund 15 Jahren soll das Trio auch einen Geldtransporter in Duisburg-Rheinhausen überfallen haben. Die Beute betrug damals rund eine Million D-Mark. An den Sturmhauben fanden die Behörden später Genmaterial von Klette und Staub. Danach wurde es ruhig um die womöglich letzten Mitglieder der dritten Generation.

Dass sie in den vergangenen Jahren offenbar mehrere Raubüberfälle begangen haben, erklären Ermittler mit wahrscheinlicher Geldnot. „Als Ex-Terrorist hat man keinen Rentenanspruch“, sagte ein Sprecher des Bundeskriminalamtes (BKA) sarkastisch. Dennoch stellt sich die Frage, ob mit dem erbeuteten Geld nicht womöglich politisch motivierte Aktionen finanziert werden sollen. Dafür gibt es laut BKA derzeit allerdings keine Anhaltspunkte. Die Fahnder sind sich dennoch relativ sicher, dass es sich bei den drei Gesuchten um ehemalige RAF-Leute handelt. So wurden Fingerabdrücke von Staub und seiner Freundin Klette auf Unterlagen in dem Rucksack entdeckt, den Grams am Tag seiner Erschießung bei sich trug. Vergleichbare DNA-Spuren fanden sich nun auch an einigen Tatorten.

Die große Frage, die sich die Sicherheitsbehörden stellen, ist die, wie es drei Ex-Terroristen gelingen kann, mehr als eineinhalb Jahrzehnte unbemerkt im Untergrund zu leben. Gibt es Unterstützer? Gibt es Kontakte zu ehemaligen Gesinnungsgenossen? Als wahrscheinlich gilt, dass die drei zusammengeblieben sind, seit sie sich für ein Leben im Untergrund entschieden haben. „Vielleicht leben sie auf einem Hof mit Tieren und in einer Scheune, in der sie ihre Autos unterstellen“, lässt die Wochenzeitung „Die Zeit“ ihre Phantasie spielen. In einem Auto, dass die Gesuchten offenbar benutzt hatten, waren Strohreste und Hundehaare gefunden wurden. Eine Spur führt in die benachbarten Niederlande. Dort wurde ein Mobiltelefon ausgeschaltet, mit dem einer der Gesuchten Kontakt zu einem Autohändler hatte.

„Gesuchte Straftäter können jahrelang unerkannt leben, solange sie keine öffentlichen Leistungen in Anspruch nehmen und nicht durch Zufall in die Fänge des Staates geraten“, erklärte der ehemalige Generalbundesanwalt Kay Nehm gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Der Journalist und RAF-Experte Butz Peters verweist darauf, dass das angebliche Terrortrio NSU es geschafft hatte, 13 Jahre im sächsischen Untergrund zu leben: „Beate Zschäpe hatte fast ein Dutzend Identitäten, sie ist damit so geschickt umgegangen wie ein Jongleur mit fünf Bällen.“ Peters hält ein Aufenthalt im Ausland nicht für abwegig. Er verweist darauf, dass Städte wie Amsterdam oder Paris bereits zur Hochphase der RAF beliebte Rückzugsorte gewesen seien.

Fahnder des Landeskriminalamtes in Niedersachsen glaubten, kürzlich einen großen Durchbruch errungen zu haben. Sie präsentierten Fotos, die offenbar aus einer Videoüberwachungskamera stammen und die Staub und Garweg zeigen sollen. Woher diese stammen, teilten die Beamten „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht mit. Doch die Resonanz der Bevölkerung sei ernüchternd gewesen. Verwertbare Hinweise gab es keine. Die dritte Generation der RAF bleibt ein Mysterium.          

                Peter Entinger


Wer folgt auf Gauck?
Schwarz-Rot, Schwarz-Grün und Rot-Rot-Grün erscheinen möglich

Seit Bundespräsident Joachim Gauck zum Leitdwesen der Kanzlerin Angela Merkel und der SPD-Spitze um Sigmar Gabriel bekanntgegeben hat, dass er im kommenden Jahr nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren werde, ist in Berlin hektische Hinterzimmerpolitik ausgebrochen. Mehr als 1200 Wahlpersonen werden am 12. Februar 2017 entscheiden, wer nach Gauck in das Schloss Bellevue einzieht. An der das Staatsoberhaupt wählenden Bundesversammlung nimmt neben allen Mitgliedern des Bundestags (derzeit 630) die gleiche Anzahl an Delegierten aus den Bundesländern teil.

Die genaue Zusammensetzung der Bundesversammlung ist noch unbekannt, aber so viel lässt sich wohl sagen: Die Große Koalition aus Union und SPD wird wohl über mehr als 50 Prozent der Delegiertenstimmen verfügen. Gleiches gilt für einen möglichen gemeinsamen Kandidaten von Union und Grünen. Rot-Rot-Grün wird wohl nicht über eine absolute Mehrheit verfügen, die in den ersten beiden Wahlgängen nötig ist.

Dennoch mehren sich Stimmen, die SPD, die Grünen und die „Linke“ mögen sich auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. „Wenn Sigmar Gabriel es ernst meint mit einem politischen Kurswechsel, wäre das ein wichtiges Signal“, sagte Bernd Riexinger der „Mitteldeutschen Zeitung“. „Dafür müss­te jemand gefunden werden, der für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit steht“, so der Vorsitzende der Linkspartei weiter. Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, blies ins selbe Horn. Sie forderte die Genossen auf, einen gemeinsamen rot-rot-grünen Kandidaten zu benennen.

Abgesehen von der SPD müss­ten dabei aber auch die Grünen mitspielen, und so richten sich viele Augen auf sie als mögliches Zünglein an der Waage. Legen sie sich auf einen linken Kandidaten fest, könnte dies bürgerliche Sympathisanten verschrecken, ohne dass sie sicher sein dürften, den eigenen Kandidaten durchzubringen. Doch auch die Unterstützung eines CDU-Kandidaten birgt für die Öko-Partei Risiken. Parteichefin Simone Peter hat nun zur Besonnenheit aufgerufen und erklärt, „es sei erstmal an den großen Parteien zu klären, wer in Frage kommt“.

Sie meint damit die CDU und die SPD, die sich aber gegenseitig zu blockieren scheinen. Mit der Begründung, dass die Union einen Kandidaten der SPD ausgeschlossen habe, schloss der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann seinerseits die sozialdemokratische Unterstützung eines Kandidaten aus der Union aus. Nichtsdestoweniger forderte der Sozialdemokrat: „Wir müssen dennoch miteinander reden in der großen Koalition, aber auch darüber hinaus.“

Aus den Reihen der Union wurden in den vergangenen Tagen einige Testballons gestartet. So wurde der hessische Regierungschef Volker Bouffier gehandelt. Der 64-Jährige führt bundesweit die einzige schwarz-grüne Koalition an. Müss­ten die Grünen ihn nicht quasi schon aus Gründen der Koalitionsräson mittragen?

Gabriel konterte kühl, der Anstand gebiete, erst einmal einen Vorschlag der Kanzlerin abzuwarten. Diese will sich aber erst im kommenden Herbst nach den Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern festlegen. Erst dann wird nämlich die genaue Sitzverteilung in der Bundesversammlung feststehen. P.E.


Nicht ganz bei der Wahrheit
Ausstellung »Polen und Deutsche« im Bundestag zeigt polnische Sicht

Als vor einiger Zeit Polens Parlamentspräsident Marek Jurek bei Bundestagspräsident Norbert Lammert in Berlin war, soll er, wie man später hörte, seinen Gastgeber gebeten haben, doch darauf hinzuwirken, dass in deutschen Darstellungen das Wort „Vertreibung“ durch das Wort „Aussiedlung“ ersetzt wird. Lammert soll dieses Ansinnen freundlich, aber bestimmt zurückgewiesen haben. Diese Wortwahl bestimmt seit Langem die polnischen Darstellungen zum Kriegsende 1945. So auch in einer Ausstellung, die unter dem Titel „Polen und Deutsche – Geschichten eines Dialogs“ gegenwärtig im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages gezeigt wird. Konzipiert wurde sie vom Museum der Geschichte Polens in Warschau,

Zeitlich beginnt sie mit dem Kriegsbeginn 1939 und endet bei der jüngsten Begegnung zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrer polnischen Kollegin Beata Szydło. Auf Polnisch und Deutsch sind die wechselhaften Beziehungen zwischen Polen und Deutschland illustriert. Besondere Ereignisse wie der Warschauer Aufstand, die Begegnung der Kardinäle Döpfner und Wyschinski oder der Kniefall Willy Brandts in Warschau sind auf großen Glaswänden illustriert.

Aus der traumatischen Erfahrung der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg wird eine vor allem moralische Argumentation abgeleitet. Die Deutschen, so heißt es, hätten wegen all ihrer Verbrechen nach Kriegsende kein Recht gehabt, gleichberechtigt behandelt zu werden. Zwischen Juli 1944 und Mai 1945 seien rund 7,5 Millionen Deutsche „aus Furcht vor der Roten Armee“ geflüchtet; nach Kriegsende wurden rund 3,5 bis vier Millionen Deutsche „ausgesiedelt“. Dazu heißt es: „Für die Deutschen bedeutete die Grenzverschiebung den Verlust der Ostgebiete mit den für die deutsche Wirtschaft und Kultur so wichtigen Zentren Breslau und Stettin oder Königsberg, außerdem die traumatischen Erlebnisse von Flucht und Zwangsumsiedlungen, die das Ergebnis des von Deutschland entfesselten und verlorenen Krieges waren.“

Den Schwerpunkt legt die Ausstellung allerdings auf die Versöhnungsversuche von beiden Seiten ab Mitte der 1960er Jahre. Erwähnt werden der Hirtenbrief der polnischen Bischöfe „mit der Bitte um Vergebung“ von 1965 und Bewegungen wie „Pax Christi“ oder der Bensberger Kreis, in Polen der Intellektuellenzirkel „KIK“ oder der „Znak“-Kreis unter Stanisław Stomma. Die Wende wird in den Ostverträgen der sozialliberalen Koalition  gesehen. Am Ende resümiert die insgesamt auf Versöhnung gestimmte Ausstellung den Stand der heutigen Beziehungen: grenznahe Zusammenarbeit, Wirtschaftsbeziehungen, kulturellen Kontakte. Ganz außen vor bleiben die zu geachteten Partnern gewordenen Vertriebenenverbände. Allzu positiv wird die Lage der Deutschen Minderheit und ihrer Verbände dargestellt. Diese sind in Polen längst nicht so akzeptiert, wie die Ausstellung suggeriert.

Auf der allerletzten Tafel dann eine Überraschung: „Heute schaut Polen mit Interesse zu, wie sich in Deutschland das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg und an die Vertreibungen/Zwangsumsiedlungen ändert.“ Hier fällt dieses lang gemiedene Wort „Vertreibung“. Berücksichtigt man, dass die Ausstellung vom Ministerium für Kultur und Nationalerbe gefördert wurde, mag man hierin eine Änderung der bisherigen Haltung Polens erkennen.             Dirk Klose/PAZ


MELDUNGEN

WDR-Mann prügelt Kollegin

Köln – Der für seine tendenziösen und mehrfach unbewiesenen Berichte zum Thema „Doping im Sport“ bekannte WDR-Journalist Hajo Seppelt stand jetzt selbst vor der Kamera. Bei einem Interview  mit einer Kollegin des russischen Senders „Rossija“ verärgerte ihn deren Feststellung, dass für sie persönlich die infolge seines Berichts infrage gestellte Teilnahme Russlands an den Olympischen Spielen wichtig sei. Seppelt warf ihr daraufhin Blödheit vor und beendete das Gespräch, indem er die unerschrockene Russin handgreiflich vor die Tür beförderte. Danach prügelte er im Hotelflur auf den die Szenen dokumentierenden Kameramann ein.        T.W.W.

 

770 Straftaten pro Tag

Wiesbaden – Im ersten Quartal 2016 haben Zuwanderer bundesweit knapp 70000 Straftaten – das sind rund 770 pro Tag – begangen. Das geht aus einem Bericht des Bundeskriminalantes (BKA) über „Kriminalität im Kontext von Zuwanderung“ hervor. Demnach begingen Asylsuchende in mehr als der Hälfte der Fälle Diebstahls- sowie Vermögens- und Fälschungsdelikte, gefolgt von Rohheitsdelikten und Straftaten gegen die persönliche Freiheit. Gemessen am Anteil an der Zuwanderungszahl traten laut BKA Algerier, Marokkaner, Georgier, Serben und Tunesier deutlich überproportional als Täter auf, Syrer, Afghanen und Iraker hingegen trotz hoher absoluter Fallzahlen deutlich unterproportional. Staatsangehörige aus der Balkan-Region fielen überwiegend durch Diebstahls- sowie Vermögens- und Fälschungsdelikten auf, Täter aus Afghanistan, Eritrea, dem Irak, dem Iran, Nigeria, Pakistan, Syrien und Somalia überwiegend durch Vermögens- und Fälschungsdelikte sowie Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit.              J.H.


S. 4 Internetzensur

Grenzen der Meinungsfreiheit
Wie die Politik versucht, die Wirtschaft bei der Internetzensur einzuspannen

Das Internet ist anarchisch und deshalb vielen Herrschenden ein Dorn im Auge. Sie wollen auch das Internet oder zumindest den Internetzugang ihrer Untertanen beziehungsweise Mitbürger kontrollieren. Um sich dem Vorwurf der Zensur zu entziehen, werden entsprechende Eingriffe gegen­über der Öffentlichkeit gerne altruistisch begründet.

Das Internet ermöglicht den weltweiten Austausch von Informationen, Gütern und Dienstleistungen. Online-Dienste wie Facebook bieten Möglichkeiten, Freundschaften zu pflegen oder neue Freunde zu finden. Eine andere Möglichkeit dazu ist der Nachrichtendienst Twitter, zu deutsch etwa „Gezwitscher“. Hier kann man Kurznachrichten und Bilder an Freunde und Bekannte verschicken, die sich ebenfalls ein Twitter-Konto besorgt haben. Aber diese Freiheit und Leichtigkeit hat auch ihre Schattenseiten. Das Netz vermittelt die Illusion von Anonymität. Und eine kleine, aber laute Minderheit kann so Lügen und Hass verbreiten, Leute bedrohen und zu Straftaten auffordern.

Mit dieser Begründung verabschiedete am 31. Mai die EU-Kommission mit den Großen der Branche, darunter Facebook und Twitter, einen Verhaltenskodex zum Umgang mit sogenannten Hassreden. Die Unternehmen verpflichteten sich, mehr gegen Pöbeleien in ihren Netzwerken zu unternehmen. Sie müssen ihre Mitarbeiter entsprechend schulen und die betreffende Äußerung innerhalb von 24 Stunden löschen, den Urheber zeitweilig sperren oder ganz von ihren Diensten ausschließen. Erklärtes Ziel dieser Maßnahmen ist eine bessere Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und herabwürdigenden Äußerungen.

Allerdings ist das längst strafbar. So muss sich beispielsweise der Pegida-Gründer Lutz Bachmann wegen Volksverhetzung verantworten. Der hatte auf seiner Facebook-Seite einschlägige Äußerungen gepostet. Im September 2015 wurde ein 26-jähriger Berliner verurteilt, weil er auf seiner Facebook-Seite Bilder des syrischen Jungen gepostet hatte, der tot an einen türkischen Strand geschwemmt worden war. Der Mann hatte dazu aufgerufen, den Tod des Jungen zu feiern.

Schon länger stehen Internet-Unternehmen wie Facebook und Twitter in der Kritik, weil sie Fremdenfeindlichkeit, Drohungen und regelrechten Hasskampagnen ein Podium böten. Auf beiden Plattformen tummeln sich auch Extremisten jeglicher Couleur. Wer einer Gruppe unangenehm auffällt, wird schnell mit ganzen Kampagnen überzogen. So wurde die Buchautorin und Comiczeichnerin Nadja Hermann Ziel einer feministischen Hasskampagne, weil sie in ihren spöttischen und satirischen Comics niemanden verschont. Diese Art Privatkrieg funktioniert auch in der Gegenrichtung.

Im rot-grün regierten Nord­rhein-Westfalen wurde 2014 beim Oberlandesgericht Köln eine zentrale Stelle für die Bekämpfung von Cyberkriminalität eingerichtet. Schon immer konnten Nutzer von Online-Diensten ihnen problematisch erscheinende Inhalte und Nachrichten melden. Denen gingen dann sogenannte Moderatorenteams nach.

Facebook gibt zwar an, auch in Deutschland Moderatoren einzusetzen, aber das Gros der Filterarbeit lässt das US-Unternehmen wie viele andere von spezialisierten Firmen in Asien erledigen. So tummeln sich in und um Manila zahlreiche Dienstleister, die im Auftrag westlicher Internet-Firmen nach speziellen Inhalten suchen und diese entfernen. Sprachliche und kulturelle Barrieren scheinen keine große Rolle zu spielen, und nicht selten erledigen in Schnellkursen geschulte Netzarbeiter Arbeiten, die in Deutschland von speziell ausgebildeten Polizei-Ermittlern geleistet werden. Noch sind Internet-Unternehmen allerdings nicht verpflichtet, sogenannte Hassäußerungen auch noch zu melden. Andererseits bleibt Menschen, deren Inhalte gesperrt oder gelöscht werden, nur der wenig transparente Beschwerdeweg gegenüber einem Großunternehmen, das seinen Hauptsitz nicht in Deutschland hat.                Friedrich List


Dezentral und global
Netzsperren sind technisch gar nicht so einfach

Die Diskussion über Netzsperren ist fast so alt wie das Internet selbst. Sie wird dadurch komplex, dass sich Inhalte problemlos über Staatsgrenzen hinweg in völlig unterschiedliche Rechtssysteme übertragen lassen. Außerdem entstanden die Vorläufer des heutigen Datennetzes im militärischen Bereich und in der zivilen Forschung als dezentrale und möglichst ausfallsichere Kommunikationsinfrastruktur. Da stand die effektive Kommunikation im Vordergrund, nicht eine möglichst effektive Überwachung.

Unterschiedliche Rechtssysteme machen die Verfolgung von Inhalten schwierig. So ist das Bestreiten des Holocaust, das Zeigen von NS-Symbolen oder die Verherrlichung als verbrecherisch eingestufter NS-Organisationen in Deutschland strafbar, fällt aber in den USA unter die Meinungsfreiheit. Aufforderung zu Straftaten oder die Verbreitung von Kinderpornografie stehen zwar in beiden Ländern unter Strafe, aber die Kooperation von Ermittlern und Gerichten ist schwierig.

Im Prinzip kann jeder mit Netzzugang und Computer eigene Inhalte ins Netz stellen. Bereits Ende der 1990er forderten konservative Stimmen in der Enquete-Kommission des Bundestages über Neue Medien, eine Redaktion vorzuschalten, die auswählt, was ins Netz gelangt. Das war schon damals technisch kaum realisierbar. Im Jahre 2000 entschied der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil, dass ein australischer Bürger für seinen den Holocaust bestreitenden Web-Auftritt auf einem australischen Rechner sehr wohl in Deutschland zur Rechenschaft gezogen werden kann. Im folgenden Jahr sperrte die Bezirksregierung Düsseldorf zwei amerikanische Seiten für deutsche Nutzer.

Das Problem bei Netzsperren ist bis heute, dass sie sich mit geringem technischen Aufwand und minimalen Computerkenntnissen umgehen lassen. Die Anleitungen dazu finden sich – wo sonst – im Internet. Und die chinesische Lösung, den gesamten Internetverkehr über staatseigene und überwachte Server zu lenken, ist selbst bei Befürwortern von Netzsperren unpopulär.         F.L.


Es kann so ziemlich jeden treffen

Die sogenannten Hasskommentare im Internet, speziell auf sozialen Plattformen wie Facebook, Twitter oder in Online-Spielen, sind schon länger ein Thema. Diese Unkultur ist bereits in den Frühzeiten des Internets entstanden, als der Austausch nur über E-Mail-Listen, virtuelle Anschlagbretter oder „boards“ und andere textlich geprägte Formen stattfand.

Dadurch, dass das Internet zum Massenmedium geworden ist, hat auch die Zahl der Betroffenen stark zugenommen. Es kann so ziemlich jeden treffen, der online aktiv ist oder eigene Präsenzen im Netz unterhält, sei es bei Facebook, sei es eine eigene Seite oder ein Blog, auf dem er etwa zu gesellschaftlichen Themen Stellung bezieht.

Um dieses Phänomen besser zu verstehen, untersuchte das in der US-Hauptstadt Washington ansässige Pew Resarch Center zwischen Ende Mai und Ende Juni 2014 die Erfahrungen von rund 2500 Internet-Nutzern.

Danach hatten es die meisten, nämlich 74 Prozent, schon einmal mit der einen oder anderen Form von Online-Belästigung zu tun gehabt. Sie hatten beobachtet, wie andere Nutzer beschimpft, bloßgestellt oder belästigt worden waren, teilweise auch über einen längeren Zeit-raum oder sexuell.

Beschimpfungen und Drohungen sind die häufigste Form. Acht Prozent der Opfer von Belästigungen wurden auch körperlich bedroht, sechs Prozent mit verbalen Obszönitäten bedacht. Mit Gewaltdrohungen mussten sich eher die Männer auseinandersetzen, nämlich 25 Prozent. Dagegen wurden 25 Prozent der weiblichen Opfer sexuell belästigt. Zudem werden Frauen häufiger als Männer im Netz verfolgt und drangsaliert.

Ort der Belästigungen waren zu 66 Prozent die sozialen Netzwerke, gefolgt von den Kommentarseiten von Online-Medien und von Online-Spielen. Die meisten nehmen die milderen Formen wie verbale Rüpeleien kaum noch wahr, weil sie so häufig vorkommen.  F.L.


Zeitzeugen

Stefan Körner – Der Vorsitzende der Piratenpartei sieht die Aktivitäten gegen „Hass-Reden“ kritisch. Seine Partei sieht sie als Zensur. Eine Demokratie muss ein gewisses Maß an Fremdenfeindlichkeit aushalten können, findet er. Für ihn führen die Vereinbarungen nur dazu, dass mehr Kommentare statt weniger geblockt werden. „Das ist schleichende Zensur, und das wollen wir bestimmt nicht“, ist sein Standpunkt.

Nadja Hermann – Herrmann ist Comiczeichnerin, Buchautorin und Bloggerin. Ihre Comics finden sich unter „erzählmirnix“ im Internet. Vor ihrem Spott ist niemand sicher. Feministinnen traten auf Twitter eine Kampagne gegen sie los, weil sie Hermanns Comics als sexistisch empfanden. Hermann wurde über Wochen online beschimpft und bedroht, machte aber die Wüterei öffentlich und verkaufte mehr Bücher.

Vera Jourová – Die EU-Kommissarin aus Tschechien für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung begrüßte die Selbstverpflichtung von EU-Kommission und Internetwirtschaft. „Die sozialen Medien sind unglücklicherweise eines der Werkzeuge, die Terroristen nutzen, um junge Menschen zu radikalisieren, und die Rassisten benutzen, um Gewalt und Hass zu verbreiten.“

Karen White – White ist Europa-Leiterin für politische Beziehungen bei Twitter. Der Online-Dienst steht häufiger wegen politischer Einseitigkeit in der Kritik, etwa weil er antisemitische Äußerungen oder Aufforderungen zum Töten aller weißen Männer duldet und Hasskampgnen gegen einzelne Nutzer toleriert. Sie begrüßt die Vereinbarung mit der EU und will den Stimmen gegen die Online-Hetze mehr Gewicht geben.

Volker Beck – Der Politiker gehört zum linken Flügel der Grünen und beschreibt sich selbst als wertkonservativ und emanzipatorisch. Er zeigte eine Gruppe von Einwanderungskritikern an, weil sie Todesdrohungen gegen ihn verbreitet hatte. Beck hatte das Recht von Muslimas verteidigt, auch in der Schule ihren Schleier zu tragen. „Ich trete für Bürgerrechte ein, aber es gibt auch eine rote Linie“, sagte er.


S. 5 Preussen/Berlin

Klein-Amerika im Osten Berlins
US-Investor Anschutz will gewaltigen Unterhaltungskomplex am Ostbahnhof bauen

Ein völlig neues Ausgehviertel entsteht vor Berlins Ostbahnhof. Der federführende US-Investor Anschutz Entertainment will auf 6500 Quadratmetern ein Großkino, Gastronomie und viel Werbefläche errichten und insgesamt 200 Millionen Euro investieren. Es geht um viele Arbeitsplätze, den Aufschwung im Osten der Stadt, aber erneut auch um die Macht oder Ohnmacht der Berliner Stadtplanung gegenüber finanzstarken Investoren.

Das Gelände um den Ostbahnhof forderte den US-Konzern schon in der Vergangenheit heraus: 2001 erwarb er das einstige Bahnhofsgebiet, 2006 scheiterten seine Pläne für ein großes Aussichtsrad. Die Konkurrenz zum damals geplanten (aber nie realisierten) Riesenrad nahe Berlins Zoo im Westen, dem „Great Berlin Wheel“, war laut Anschutz Entertainment seinerzeit nicht ausschlaggebend, die wahren Hintergründe blieben im Dunkeln. Inzwischen ist Gras über beide Riesenradideen gewachsen.

Der Konzern hat sich auch als Sport-Mäzen und Eigner der Eishockeymannschaft Eisbären Berlin einen Namen gemacht. Das Riesenrad am Zoo kam nie über den symbolischen ersten Spatenstich mit dem damaligen Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hinaus. Während das Riesenradgelände im Westen vergangenes Jahr den Besitzer wechselte und konkrete Pläne ausblieben, schafft Anschutz Entertainment nun vor dem Ostbahnhof Fakten für ein neues spektakuläres Großprojekt.

Die Konzeptbilder zeigen schon, was dort 2018 Realität werden soll: Eine Großhalle, davor Fontänen und hohe Stelen mit viel Platz für Werbung. In den angestrebten 27 Monaten Bauzeit soll ein Zentrum für Unterhaltungsangebote entstehen, das kaum Wünsche offenlässt. Dazu gehören ein Großkino mit 2500 Sitzen, rund 15 Gaststätten, eine Veranstaltungshalle für bis zu 4000 Menschen, ein Bowlingcenter und zwei Hotels, davon ein Designhotel, sowie ein über 400 Quadratmeter großer Biergarten. Die Medien gaben dem neuen Viertel bereits den Namen „Spaßviertel“ und „Spaß-Kiez“.

Tom Miserendino, der Europa-Chef der Anschutz Entertainment Group, startete am 6. Juni das Bauvorhaben mit dem symbolischen ersten Spatenstich. Er beschreibt das angestrebte Niveau als „Weltklasse“. Für die Großanlage auf dem Mercedes-Platz gab der Autobauer und Namensgeber der nahen Großarena nun gemeinsam mit dem US-Investor das Gelände zum Bau frei, nachdem beide im April 2015 erstmals das Projekt vorgestellt hatten.

Der Konzern Hochtief zeichnet als Generalunternehmer verantwortlich für den Baufortschritt der nächsten zwei Jahre. Die Kosten werde man einhalten. Diese Ankündigung lässt sich als Seitenhieb und Abgrenzung zum steuerfinanzierten Bau des Flughafens BER verstehen.

Auch Berlins Politik war vertreten. Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach von „einem wichtigen Projekt, das Berlin verändern wird“. An kaum einem anderen Ort werde die wachsende Stadt so deutlich wie hier, wo rings um die Arena neue Arbeitsplätze entstünden. Neue Investitionen seien wichtig, auch wenn das Projekt umstritten sei – es habe immer wieder Diskussionen gegeben, „wo wir auch als Stadt durchaus selbstbewusst gesagt haben, was aus unserer Sicht an dieser Stelle richtig und wichtig ist“. Der jetzige Kompromiss sei in Arbeitsgruppen mit der Senatsbaudirektorin Regula Lüscher zustandekommen.

Hohe Erwartungen und Freude der Politik über eine konkret werdende Großinvestition, die in Berlin an anderen dafür vom Senat erkorenen Plätzen bisher ausblieb, überlagern die Erkenntnis, dass viele Anwohner dem neuen Zentrum mit gemischten Gefühlen begegnen. Der Bürgermeister selbst erinnerte an die „besondere Geschichte“ des Ortes mit der East Side Gallery vor der Tür. Diesen Ort gab der Senat einst weitreichend zur Bebauung frei, hielt so grundsätzliche Kritik am Einfluss von Investoren auf Architektur und Planung der Stadt wach.

Müller weiß um die Stimmung in Friedrichshain-Kreuzberg. Die linke Szene kritisiert das neue Vorhaben wegen seines kommerziellen Zuschnitts. Firmenlogos, die vorgesehenen übergroßen Werbetafeln und Werbebotschaften auf LED-Bildschirmwänden passen kaum in das Klima des Szenebezirks, in dem jüngst linksmotivierte Gewalt gegen Menschen und Sachen wieder deutlich zunimmt.

Müller sagte mit Blick auf den Einfluss des Bezirks auf den Investor: „Es geht nicht jede Werbebotschaft, nicht jedes Stockwerk, das man noch draufsetzen möchte.“ Trotzdem sei ein guter Kompromiss gefunden. Auch die 4000 neu entstehenden Wohnungen seien ihm wichtig, so Müller.

Sein demonstrativer Glaube an den „Standort Berlin“ ist indes allzu deutlich abhängig vom Plan und Erfolg des Investors: US-Milliardär und Unternehmenschef Phil Anschutz sei der Visionär des neuen Zentrums, das künftig 20000 Menschen Arbeit geben werde, schwärmt Miserendino. Die Initialzündung für den von Müller nachgezeichneten Aufschwung gab allerdings der Daimler-Konzern, als er 2013 seine Deutschland-Vertriebszentrale neben der Arena eröffnete. Für Berlin wird es dieses Mal keine Mieterverdrängung, keine Abrisse geben, stattdessen laut Investor und Politik nur Gewinner. „Es wird viele begeistern, die sich jetzt fragen, ob sie so etwas brauchen“, ist sich Miserendino sicher.  Sverre Gutschmidt


Wahl auf der Kippe
von Vera Lengsfeld

Etwas Peinlicheres als die Dauerverschiebung der Eröffnung des Pannenflughafens BER könne der Stadt nicht passieren, waren viele Berliner überzeugt. Der Senat hat nunmehr bewiesen, dass die Peinlichkeitsskala nach oben weit offen ist. Nun steht in den Sternen, ob die Abgeordnetenhauswahlen wie geplant am 18. September stattfinden können. Die Bürgerämter kommen mit der Registrierung von Zuzüglern oder innerhalb der Stadt Umgezogenen nicht hinterher.

Die Berliner haben schon lange unter der quälenden Langsamkeit ihrer Behörden zu leiden. Wer einen neuen Pass benötigt, muss sich sechs Wochen gedulden, bis er überhaupt seine Unterlagen abgeben darf. Dann kommt die Bearbeitung hinzu, die man nur beschleunigen kann, wenn man dafür zuzahlt. Wer bereit ist, von Pankow nach Spandau oder Köpenick zu fahren, kann die Wartezeit eventuell um einige Tage verkürzen.

Auf ihren Führerschein musste meine Enkelin ein Vierteljahr warten, meine Yogalehrerin ebenso lange auf einen Termin zur Erledigung der Formalitäten für ihre Hochzeit. Mein Sohn benötigt für seine Verehelichung einen Auszug aus dem Pankower Geburtenregister. Er kann nur hoffen, dass es ihm mit dem geplanten Datum im Oktober nicht so geht wie mit dem Wahltermin. Politisch Verfolgte, die sich in Rentenfragen an die Behörden wenden, haben es schwer, überhaupt einen Ansprechpartner zu finden. Die zuständigen Bearbeiter sind seit Monaten bei der Registrierung von Asylsuchenden eingesetzt.

Die Missstände in der Verwaltung sind lange bekannt. Unter dem Druck der Beschwerden wurde bereits 2015 eine „Organisationsuntersuchung“ in verschiedenen Bezirksämtern angeordnet, deren Durchführung 45000 Euro kosten sollte. Der Senat wollte auf diese Weise die „neuralgischen Punkte“ bei den Verfahrensabläufen feststellen. Statt Unsummen an externe Dienstleister zu verschwenden, hätte eine einfache Befragung genügt. Zu hohe Krankenstände, zu wenig Interesse am Bürger, zu viel Selbstbeschäftigung. Nun sollen es 100000 Euro für die „Weiterentwick­lung der Bürgerdienste“ richten.

Statt wenigstens jetzt die Ärmel hochzukrempeln und Ordnung zu schaffen, üben sich die Politiker in gegenseitigen Schuldzuweisungen. Die SPD geriert sich dabei, als hätte sie die letzten 26 Jahre in der Opposition verbracht, statt auf der Regierungsbank zu sitzen. Bürgermeister Müller ist Genosse, ebenso die meisten Bezirksbürgermeister. Bei diesem Hickhack wird klar, dass die Berliner recht haben, die sich fragen, ob die Koalition überhaupt noch handlungsfähig ist. Um die Wahl noch zu retten, soll ab sofort ein wöchentlicher Runder Tisch tagen. Jeder darf dann beklagen, was nicht läuft. Dass das zielführend ist, muss bezweifelt werden. Scheitern ist programmiert.


BER wird Wahl-Risiko
Erneut schwere Versäumnisse: »Aufstand« ins Leere gelaufen

Die Fertigstellung des Flughafens BER wird nicht vor 2018, eher 2019 gelingen – wenn es gut geht. Das sagten der Flughafenplaner Dieter Faulenbach da Costa und der Risiko­manager Peter Hess unabhängig voneinander. Flughafenchef Karsten Mühlenfeld, der vor Kurzem noch eine Großanstrengung aller Baubeteiligten als „Aufstand der Anständigen“ forderte, muss nun gestehen, dass der Brandschutz teils noch nicht einmal geplant ist. Er selbst hat die Arbeit verschoben – anderes schien wichtiger. So gerät das ganze Projekt erneut in Gefahr, kommen neue Kosten hinzu.

Schon 2013 stellte Hess fest, dass der BER nicht vor 2018 in Betrieb gehen kann. Er schrieb den Verantwortlichen einen Brief. Weil er keine Antwort bekam, schrieb er dieses Jahr direkt an Berlins Bürgermeister Michael Müller (SPD). Jetzt antwortete ihm der aktuelle Flughafengeschäftsführer Mühlenfeld. Die Dienste des in Großbauten erfahrenen Risikomanagers Hess werden demnach nicht benötigt.

Die Antwort überrascht, denn Mühlenfelds eigenes Risikomanagement ist festgefahren: Ende Juni ist ein Krisengespräch aller beteiligten Behörden, Regierungen und der Bahn anberaumt, um die entscheidende Brandschutzfrage zu klären. Eine sachgemäße Entrauchung zwischen Bahn- und Flughafenterminal steht nämlich weiterhin aus, wie nun bekannt wurde.

Die Flughafenmacher wissen seit 2012 von dem Problem und seiner Tragweite für das Ganze, schoben es aber beiseite, auch Mühlenfeld. „Das ist das Versäumnis des Flughafens“, muss er nun einräumen. Erst seit diesem Februar lässt er wieder daran arbeiten, und das auch nur, weil die zuständigen Behörden mit Nachdruck Nachweise über eine solche Anlage verlangen.

Die muss nun in größter Eile geplant und die Pläne getestet werden, doch dabei kann wenig Zeit gespart werden. Der BER verliert also Zeit und so kommt die Grundsatzfrage wieder auf die Tagesordnung. Mühlenfeld liefert dem Streit um einen Weiterbetrieb des Flughafens Tegel ungewollt Nahrung. Der Planer, der selbst jüngst Kompromissbereitschaft von den Behörden forderte, reißt Brücken zu den Baubeteiligten ein. Behörden fühlen sich von ihm und der Politik unter Druck gesetzt. Der von Mühlenfeld geforderte „Aufstand“ läuft so ins Leere. Im Wahljahr entwickelt er sich  zum Risikofaktor für die regierende SPD-CDU-Koalition.          SV


In 80 Minuten nach Dresden
Bahn will Strecke nach Süden endlich ICE-tauglich machen

Ein Vierteljahrhundert nach der deutschen Vereinigung und 13 Jahre nach der Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan hat endlich der Ausbau der Bahnstrecke zwischen Berlin und Dresden auf ICE-Standard begonnen. Zurzeit dauert die Bahnfahrt zwischen den Städten fast zwei Stunden. Sie soll auf 80 Minuten verkürzt werden.

Die jetzt begonnenen Bauarbeiten betreffen aber nur den 73 Kilometer langen Abschnitt zwischen Wünsdorf-Waldstadt und Hohenleipisch, der es aber in sich hat. Bei der vorgesehenen Geschwindigkeit von bis zu 200 Kilometer pro Stunde sind beschrankte Bahnübergänge nicht mehr zulässig. Deswegen müssen 18 Straßenbrücken über die Gleise gebaut werden. Neben einer zeitweiligen Sperrung der Strecke wird auch die parallel verlaufende, viel befahrende Bundesstraße 96 für vier Wochen für den Autoverkehr gesperrt.

Die Arbeiten sollen bis Ende 2017 abgeschlossen sein. Das bedeutet aber nicht, dass damit die geplante Bahnverbindung komplett ist. Nördlich von Wünsdorf-Waldstadt sind im Raum Zossen zwar bereits umfangreiche Arbeiten im Gange. Doch erst 2020 soll auch hier der letzte beschrankte Bahnübergang wegfallen.

Die direkte Anbindung an Berlin über die Trasse der historischen „Dresdner Bahn“ ist zudem weiter ungewiss, weil im Berliner Vorort Lichtenrade Klagen von Anwohnern anhängig sind. Zurzeit fahren die Züge von Berlin Hauptbahnhof/Berlin-Südkreuz noch auf der Trasse der Anhalter Bahn. Sie machen einen großen Umweg und erreichen erst in Blankenburg die Dresdner Bahn. Die Kläger in Lichtenrade wollen erreichen, dass die Trasse für den Fern- und Regionalbahnverkehr durch ihr Wohnquartier unterirdisch verlegt wird. Bahnchef Rüdiger Grube glaubt, dass die Fertigstellung des Projekts noch eine Weile dauern könnte: „2026 ist die Dresdner Bahn fertig.“

Eine andere Verbesserung im Bahnverkehr von und nach Berlin könnte dagegen schnell umgesetzt werden: Der seit 2006 für den Fernverkehr, insbesondere den ICE-Verkehr, geschlossene Bahnhof Zoologischer Garten könnte wieder Fernbahnhof werden. Der Berliner Senat drängt schon lange darauf, diesen zentralen Bahnhof wieder zum Haltepunkt für den ICE-Verkehr zu machen. Bahnsprecher Alexander Kaczmarek erklärte, das Unternehmen untersuche „alle Möglichkeiten, das Angebot für unsere Kunden zu verbessern“.               Hans Lody


S. 6 Ausland

Keine »Demilitarisierung des Weltalls«
Warum Washington einen entsprechenden Vorstoß Moskaus bei den Vereinten Nationen ablehnt

Wer immer sich um eine friedliche Welt bemüht, muss sich angesichts der Leistungsfähigkeit der Technik längst auch um den erdnahen Weltraum kümmern. Hier hat sich längst so viel Kriegsmaterial angesammelt, dass es sich dabei um eine eigene Waffengattung handelt. Diese Entwicklung hatte Ende 2015 die russische Regierung bewogen, der Generalversammlung der Vereinten Nationen einen Resolutionsentwurf zur „Demilitarisierung des Weltalls“ vorzulegen. Der Vorstoß aber scheiterte an den USA. Sie lehnten ihn ab.

Nicht, dass man in Washington die Ernsthaftigkeit des Anliegens nicht erkannt hätte, im Gegenteil. Denn fast gleichzeitig präsentierte Präsident Barack Obama dem Kongress einen Bericht über die Politik der USA zur Eindämmung von Gegnern im Weltall. Nicht von Demilitarisierung ist also hier die Rede, sondern davon, die eigene Rüstung zu erweitern und den Gegner waffenlos zu machen.   Obamas Schreiben ging zudem an die Vorsitzenden der Streitkräfte-Ausschüsse beider Kammern, des Senats und des Repräsentantenhauses.

Obama schilderte darin die Aufgabe der Initiative: „die Risiken für die USA und ihre Verbündeten im Weltall zu verringern, sowie die Rechte, den Zugang, die Möglichkeiten, die Nutzung und den Handlungsspielraum der Vereinigten Staaten im Weltall zu schützen und zu bewahren“.

Ungeachtet des russischen Vorstoßes bei der Uno warf Obama gleichzeitig Russland und China vor, die beiden Länder steigerten ihr Potenzial für einen möglichen Angriff auf die USA aus dem Weltraum; vor allem sei Washington beunruhigt wegen möglicher Angriffe auf seine Satelliten.

Die „Washington Post“ hat sich das Thema zu eigen gemacht und schreibt über „Schmarotzer-Sputniks“ und Technologien zum „Blenden“ von US-Militär-Satelliten. Die Zeitung beruft sich auf Quellen im Pentagon, wo man davon spricht, dass man zur Abwehr Milliarden für den Schutz des eigenen Weltraum-Arsenals ausgeben müsse. „Viele unserer Systeme sind groß, teuer, außerordentlich leistungsfähig, aber auch sehr anfällig“, gibt Robert Work zu bedenken, der Erste Stellvertreter des US-Verteidigungsministers.

Bei ihrer Schilderung der russischen Bedrohung allerdings befinden sich die USA in einem propagandistischen Zielkonflikt. Auf der einen Seite können sich die Nato-Länder nicht genug über die Rück­ständigkeit der Russen, die schwerfällige Technik und ihre veraltete Ausrüstung auslassen, um sich selbst der Welt als nachahmenswertes Beispiel zu empfehlen, andererseits müssen sie den Russen doch allerhand Potenzial zubilligen, um ihr Mantra von der russischen Gefahr glaubhaft zu gestalten. Denn wäre Russland so mittelalterlich, wie behauptet wird, welche Gefahr sollte dann von ihm ausgehen? Gleichviel – der Kommandeur des US Strategic Command, Admiral Cecil Haney, sagt: „Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass in Zukunft ein Konflikt im All möglich ist.“

 Genau betrachtet, wäre ein Konflikt heute ohne das All nicht mehr möglich. Ein aktuelles Beispiel dafür gibt der US-amerikanische Raketenschirm in Osteuropa. Mitte Mai ist auf der Militärbasis Deveselu in Rumänien ein Teil des neuen Systems in Betrieb genommen worden, gleichzeitig wurde mit dem Bau einer weiteren Komponente in Reitz [Redzikowo] in Hinterprommern begonnen. Die beiden Standorte sind dadurch funktionell miteinander verbunden, dass sie ihre Daten über zwei Satelliten empfangen und weiterleiten. Dieses Bauteil bildet Nadelöhr und Schwachstelle des ganzen Waffenaggregats. Käme nur einer der beiden Satelliten zu Schaden, so wäre diese gesamte Raketenabwehr militärisch nicht mehr viel wert als Alteisen. Kein Wunder, dass die USA den Weltraum zur militärischen Nutzung lieber für sich allein behalten wollen.

Den üblichen Friedensritualen darf man zurechnen, dass Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei der Inbetriebnahme in Rumänien beteuerte, das System sei lediglich defensiv. Ein offensiver Einsatz sei überhaupt nicht möglich. Und keineswegs richte sich das Projekt gegen Russland. Pentagon-Vizechef Work sagte: „Solange der Iran weiter ballistische Raketen entwickelt, werden die USA mit ihren Partnern daran arbeiten, die Nato und all unsere Verbündeten vor dieser Bedrohung zu schützen.“

Tatsächlich aber liegt der polnische Standort jenseits einer möglichen Flugbahn aus dem Iran und wäre somit unsinnig. Der russische Militärexperte Igor Koro­tschenko hält die Argumente über den Iran für haltlos: „Das ist für Dummköpfe. Die Analyse der Situation zeigt, dass die USA mit ihrer Raketenabwehr vor allem Russland ins Visier nehmen.“ Außerdem haben russische Militärs Bedenken hinsichtlich der Beteuerungen eines rein defensiven Charakters der Systeme. So seien in Deveselu SM-3-Raketen stationiert, deren Startvorrichtungen sich auch für MK-41 eigneten, eine reine Angriffs-Waffe, die auf US-Kriegsschiffen Verwendung findet. „Diese Startanlagen können nicht nur SM-Abfangraketen abfeuern, sondern auch Tomahawk-Marschflugkörper. Es ist also völlig unmöglich zu durchschauen, womit eine solche Anlage konkret bestückt ist“, so ein russischer Militär.

Will man das Bild einer kommenden futuristischen Kriegsführung abrunden, dürfen Laser-Waffen nicht fehlen. Der frühere russische Generalstabschef Juri Balujewski hat schon Ende 2014 bestätigt, dass Russland Laser-Waffen entwickelt, ebenso wie parallel dazu die USA. Diese Waffen sind sehr wirkungsvoll, haben aber den entscheidenden Nachteil, dass sie starke Energie-Quellen benötigen, die von einer feindlichen Aufklärung leicht festgestellt und bekämpft werden können. Wenn es sein muss, aus dem Weltraum.       

                Florian Stumfall


Kirchen zu Moscheen
Viele Gotteshäuser werden vom Islam übernommen und umgenutzt

Im Nahen Osten geht die Präsenz der Christen nach 2000 Jahren angesichts eines gewalttätigen Islams zu Ende. Doch die Liste der an Muslime verkauften Kirchen und Synagogen wird auch in Europa immer länger. Viele sprechen von einem Ausverkauf des Christentums an den Islam.

Wieder einmal versuchen türkische Muslime, aufgepeitscht von einem Imam aus Saudi-Arabien, die Hagia Sophia (Heilige Weisheit) in Istanbul, einst die größte Kathedrale der christlichen Welt, bevor die muslimisch-osmanischen Türken sie 1453 eroberten, in eine Moschee umzuwandeln. Zumindest einen Teilerfolg haben sie bereits erreicht. Vorerst noch auf die Dauer des islamischen Fastenmonats Ramadan beschränkt, wird die 1934 vom Laizisten Kemal Atatürk in ein Museum umgewandelte Hagia Sophia wieder zur Moschee. Der regierungsnahen Morgenzeitung „Sabah“ reicht das nicht. Sie fordert, dass die einstige  Hauptkirche des orthodoxen Christentums über den Ramadan hinaus Moschee bleibt. Da die westlichen Christen mit ihrer Armenienpolitik keine Freunde mehr seien, brauche man auf sie auch keine Rücksicht mehr zu nehmen.

Zahlreich sind im Nahen Osten die zu Kultstellen des Islam verwandelten Kirchen und Synagogen wie etwa die heutige Umayyaden-Moschee in Damaskus, die Ibn-Tulun-Moschee in Kairo oder die Kreuzfahrer-Kathedrale von Famagusta auf Zypern. Auf dem Jerusalemer Tempelberg errichteten die muslimischen Eroberer ihre dritt­heiligste Stätte auf den Ruinen des jüdischen Tempels.

In Europa passiert gerade ähnliches. Fast in jeder modernen europäischen Stadt werden neue Moscheen gebaut oder Kirchen umgewidmet. Es gibt aber auch immer mehr verlassene und profanierte Kirchen. In der niederländischen Provinz Friesland wurden 250 von 720 Kirchen entweder umgewidmet oder geschlossen. Die Fatih Camii Mosque in Amsterdam war einst die Sankt-Ignatius-Kirche. Eine Synagoge in Den Haag wurde zur Al-Aqsa-Moschee. Die Hauptmoschee in Dublin ist eine ehemalige Presbyterianerkirche. In England wird die St. Marks Cathedral nun New-Peckam-Moschee genannt. Die Moschee von Disbury in Manchester war einst eine Methodistenkirche. In Lancashire gaben die Behörden die Genehmigung, die anglikanische Kirche Saint Peter’s in Cobridge zur Madina-Moschee zu verwandeln.

In Belgien, einst eine Wiege des europäischen Katholizismus, werden Dutzende von Kirchen geschlossen. Die Kirche der heiligen Catherine, 1874 errichtet, dominiert Brüssels historischen Stadtkern, sie sollte gemäß einem Vorschlag der Stadt zu einer Obsthalle umfunktioniert werden. Nur die Mobilisierung der Gläubigen vereitelte den Plan.

Auch in Deutschland gibt es einen Ausverkauf von Kirchen. Zwischen 1990 und 2010 hat die Evangelische Kirche in Deutschland 340 Kirchen geschlossen. In Hamburg hat die muslimisch-alevitische Gemeinde kürzlich eine evangelische Kirche gekauft. Die Kirche St. Raphael in Berlin-Spandau ist nun ein Lebensmittelladen. In Trier wurde die St.-Maximin-Kirche, eine der ältesten der Römerstadt, zu einer Schulturnhalle umgebaut. In der Kleinstadt Neunkirchen an der Saar wurden im letzten Jahr allein drei katholische Kirchen profaniert.

Der siebenbürgisch-französische Schriftsteller Emile Cioran stellte Europa einst eine düstere Prophezeiung: „Die Franzosen werden nicht eher aufwachen, als bis Notre Dame zu einer Moschee geworden ist.“ Bodo Bost/PAZ


Rassistisches Vorbild?
Equipe tricolore: Multikulti-Vorzeige-Modell in der Kritik

Die Europameisterschaft im eigenen Land droht nicht nur wegen der Streik- und Terrorgefahr für Frankreich zu einem Fiasko zu werden. Rassismusvorwürfe gegen Trainer und Spieler der französischen Nationalmannschaft spalten und schwächen das einstige Vorzeige-Multikulti-Team Europas.

Mit einer multikulturell geprägten Mannschaft gewann Frankreich 1998 den Welt- und 2000 den Europameistertitel. Die sogenannte Equipe Tricolore schien ein Musterbeispiel für Toleranz und Miteinander im Fußball zu sein. Die französische Nationalmannschaft gilt seit ihren damaligen Erfolgen als Integrationsbarometer, mit einer übertriebenen Erwartungshaltung. Sie muss dort Erfolg haben, wo die Politik seit Jahrzehnten versagt.

Umso schwerer wiegt, dass die Equipe Tricolore mit Rassismusvorwürfen konfrontiert ist. Der algerisch-stämmige Spieler Karim Benzema, der bereits mit der Bemerkung aufgefallen war: „Wenn ich ein Tor schieße, bin ich Franzose, aber wenn ich keins schieße, dann bin ich Araber“, muss bei der EM zuschauen. Der Profi von Real Madrid war im Dezember aus der Nationalelf ausgeschlossen worden, weil er den „Geist der Mannschaft“ störe.

Hintergrund ist die sogenannte Sexvideo-Affäre. Bekannte Benzemas hatten dessen Nationalmannschaftskollegen Mathieu Valbuena von Olympique Lyon mit einem Sexvideo erpresst. Benzema soll auf Valbuena Druck ausgeübt haben, das geforderte Schweigegeld von 150000 Euro zu zahlen. Valbuena, das mutmaßliche Opfer und einer der wenigen weißen Spieler in der Mannschaft, fehlt ebenfalls im 23-köpfigen Aufgebot des zweimaligen Europameisters. Er hatte Benzema schwer belastet. Letzterem drohen bei dem anstehenden Prozess bis zu fünf Jahre Haft. Jetzt erhebt er die Rassismus­keule gegen den Trainer der Nationalmannschaft Didier Deschamps.

Vor sechs Jahren, bei der Weltmeisterschaft in Südafrika, hatte es schon einmal Unfrieden zwischen einem farbigen Nationalspieler und seinem weißen Trainer gegeben. Im Vorrundenspiel Frankreichs gegen Mexiko war es zum Streit zwischen Trainer Raymond Domenech und Spieler Nicolas Anelka gekommen. Der Spieler mit afrikanischen Wurzeln hatte nach einer Beleidigung des Trainers einen Streit ausgelöst, der Team und Coach entzweite. Einige Nationalspieler – darunter auch der bei Bayern-München spielende Franck Ribéry – weigerten sich, zum Training anzutreten. Die ganze Welt schaute zu, wie der Nationalcoach mit einem zerstrittenen Haufen zu kämpfen hatte. An Frankreichs Stammtischen waren sie Verräter der Nation und schon gar keine Kinder mehr derselben.

Es folgten Rassismusvorwürfe gegen den französischen Fußballverband Fédération Française de Football (FFF), der eine Quote für Spieler mit Immigrationshintergrund einführen wollte, elf der 22 Spieler im Kader hatten damals einen solchen Hintergrund.

2013 sorgte Anelka erneut für Aufsehen, damals als Spieler der englischen ersten Liga für West Bromwich Albion. Er feierte einen Treffer mit dem sogenannten Quenelle-Gruß, den der mehrfach wegen antisemitischer Äußerungen verurteilte französische Komiker Dieudonné M’bala M’bala bekannt gemacht hat. Die Geste, bei der eine Hand auf den anderen durchgestreckten Arm gelegt wird, gilt in Frankreich als ver­deck­ter Hitlergruß.   B.B.


MELDUNGEN

2,75 Millionen Syrer in Türkei

Ankara – Nach Angaben der türkischen Katastrophenschutzbehörde haben sich Anfang Mai insgesamt knapp 2,75 Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei aufgehalten. Davon lebten mehr als 260000 in den 26 staatlichen Flüchtlingslagern. Darüber hinaus gibt es den Angaben zufolge eine nicht bekannte Anzahl kommunaler Lager. Die EU hat für die Versorgung der syrischen Flüchtlinge drei Milliarden Euro bereit- und weitere drei Milliarden in Aussicht gestellt. Dabei handelt es sich nicht um pauschale Zahlungen an die türkische Regierung, sondern die Gelder werden von der EU-Kommission in Abstimmung mit Ankara in ausgewählte Projekte gesteckt.  U.M.

 

Mehr Macht für Orban

Budapest – Die ungarische Regierung darf künftig im Falle von Terroranschlägen auch die Armee einsetzen. Das Parlament hat eine entsprechende Verfassungsänderung mit den Stimmen der Regierungspartei Fidesz von Ministerpräsident Viktor Orban und der Oppositionspartei Jobbik beschlossen. Damit darf die Regierung nach einem Terroranschlag oder auch zur Abwehr eines drohenden Anschlags mit einer Zweidrittel-Zustimmung des Parlaments einen sogenannten Terrornotstand verhängen. Dieser erlaubt es ihr, einzelne Gesetze vorübergehend außer Kraft zu setzen oder zu ändern, strengere Grenzkontrollen zu verhängen, öffentliche Versammlungen zu verbieten, das Internet strenger zu kontrollieren und das Militär im Innern einzusetzen. Der Terrornotstand ist auf 15 Tage befristet, kann aber vom Parlament verlängert werden. Die Abgeordneten der linken und liberalen Opposition stimmten gegen die Verfassungsänderung, weil die Regierung damit unnötige Vollmachten erhalte.        J.H.


S. 7 Wirtschaft

Mehr Einwanderung über Blaue Karte
EU-Kommission will sogenannten Hochqualifizierten den Zugang nach Europa erleichtern

Mit dem Ziel, Hochqualifizierten die Einwanderung zu erleichtern, gibt es seit 2009 die sogenannte Blaue Karte EU. Allerdings gilt diese Regelung als kompliziert, daher will die EU-Kommission es hochqualifizierten Ein­wanderungswilligen einfacher machen, in Europa Fuß zu fassen.

Bislang müssen Bewerber für eine Blaue Karte mindestens 50000 Euro im Jahr verdienen, außer sie arbeiten in sogenannten Mangelberufen. Nur Deutschland vergibt bislang Blaue Karten in größerem Umfang. Von rund 30500 Blauen Karten, die in den Jahren 2012 bis 2014 in der EU vergeben wurden, entfielen rund 26000 allein auf die Bundesrepublik. Eine Absenkung der Zugangshürden soll nach den Vorstellungen der EU-Kommission den Weg auf den Arbeitsmarkt leichter machen. Bewerber sollen nur noch einen Arbeitsvertrag vorlegen müssen, der eine Laufzeit von mindestens sechs Monaten hat, bisher waren es zwölf Monate. Sinken soll ebenso die Einkommensgrenze. Bisher müssen Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten mindestens das Anderthalbfache des durchschnittlichen Einkommens im betroffenen EU-Staat verdienen, um Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten.

Doch soll nicht nur der Zugang zur Blauen Karte erleichtert, sondern auch die damit verbundenen Privilegien erweitert werden. So sollen sich seine Besitzer viel unbürokratischer innerhalb der EU bewegen und niederlassen können. Auch der Familiennachzug für Hochqualifizierte soll erleichtert werden. Zur Begründung führt der Kommissar für Migration, Inneres und Bürgerschaft, Dimitris Avramopoulos, an, dass etwa im Gesundheitsbereich Fachkräfte fehlen würden. „Wir sind mit einer schrumpfenden und alternden Arbeitnehmerschaft konfrontiert“, so die Erklärung des Griechen, dessen Heimatland eine Arbeitslosenquote von um die 25 Prozent hat.

Wie bei der nun von Brüssel vorgeschlagenen großzügigeren Handhabung der Blauen Karte war auch bei der Masseneinwanderung aus dem arabischen Raum argumentiert worden, Europa erhalte so mehr Fachkräfte. Inzwischen vorliegende Un­ter­suchungen sprechen jedoch dafür, dass viele Asylbewerber auf dem hiesigen Arbeitsmarkt chancenlos sind.

Untermauert wird dieser Eindruck von einer neuen Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick­lung (OECD). Gemäß dieser Studie gehört die EU mit weiter steigender Tendenz zu den weltweit größten Immigrationszielen. So nahm allein in den 2000er Jahren die Zuwanderung in die 15 alten EU-Staaten um 42 Prozent auf 30 Millionen Personen zu. Die Zahl entspricht immerhin einem Drittel aller in den OECD-Staaten lebenden Immigranten. Allerdings ziehen die Staaten der EU im Vergleich zu anderen Industrienationen deutlich weniger gebildete Zuwanderer an. Die Gruppe der gering Gebildeten konzentriert sich zunehmend in der EU. Diese Struktur der Zuwanderung hat Folgen: So liegt der Beschäftigungsgrad der aus Drittstaaten stammenden Personen in der EU zehn Prozent niedrigerer als im Durchschnitt der OECD-Staaten.

Doch selbst wenn die von Brüssel geplante großzügigere Handhabung der Blauen Karte im Gegensatz zur Masseneinwanderung aus dem arabischen Raum dem Arbeitsmarkt der EU zu einer Einwanderung von Fachkräften in nennenswerter Zahl führen sollte, droht ein anderes Problem. Schon jetzt leiden unterentwickelte Regionen der Welt unter dem Weggang von qualifizierten Arbeitskräften. Auf Fragen nach den Folgen dieses sogenannten Braindrain für die Herkunftsländer, der durch eine großzügigere Handhabung der Blauen Karte noch forciert werden soll, blieb der zuständige EU-Kommissar bislang eine Antwort schuldig.

Ebenfalls weitgehend unbeantwortet bleibt auch die Frage, warum nicht zunächst einmal das einheimische Arbeitskräftereservoir effektiver genutzt wird. Speziell Länder wie Spanien oder Griechenland leiden unter einer hohen Jugendarbeitslosigkeit, aber auch andere EU-Mitglieder leiden unter diesem Phänomen. So weist die offizielle Statistik für die EU eine Arbeitslosenquote um die zehn Prozent aus.

Völlig neue Spannungen auf den Arbeitsmärkten sind zu erwarten, wenn in einigen Jahren die Automatisierung des Wirtschaftslebens im Zuge der sogenannten Industrie 4.0 Fahrt aufnimmt. Noch ist offen, ob es der EU-Kommission gelingt, ihre Pläne für die Blaue Karte vollständig umzusetzen. Sowohl das Europaparlament, als auch die EU-Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag zustimmen. Großbritannien, Irland und Dänemark haben sich entschieden, dabei nicht mitzumachen.           Norman Hanert


Schrumpfkurs in der Kritik
DB Cargo will eigene Loks verkaufen und dann zurückmieten

Nachdem die Gütersparte der Deutschen Bahn im vergangenen Jahr für den ersten Konzernverlust seit zwölf Jahren sorgte, soll eine Schrumpfkur DB Cargo schlanker und effizienter machen. Als Teil des Sanierungspakets will die Bahn unter anderem 215 kleinere von insgesamt 1500 Verladestationen schließen, an denen beispielsweise Waren vom Lkw auf den Zug umgeladen werden.

Nach Berechnungen der Bahn  tragen die auf der Streichliste stehenden Stationen gerade einmal 0,4 Prozent zum Transportaufkommen der DB Cargo bei. Zudem sollen auch 100 Güterbahnhöfe seltener angefahren werden. Den Umsatzverlust hole man allein schon durch die eingesparten Kosten wieder herein, so die Bahn.

Auf der Streichliste stehen ebenso rund 3000 der etwa 18000 Stellen bei DB Cargo in Deutschland. Gleichzeitig will  Jürgen Wilder – erst seit einem halben Jahr Chef von DB Cargo –  die Produktivität der Lokführer heben. Doch das Bahn-Management denkt offensichtlich auch noch über einen Schritt nach, der aus Sicht von Kritikern ein beträchtliches Risiko birgt. Wie Medien berichten, ist bei DB Cargo auch der Verkauf von rund 200 Güter-Lokomotiven an den japanischen Toshiba-Konzern im Gespräch. Das Weggeben der überwiegend älteren Loks soll möglicherweise bis zu 70 Millionen Euro in die Kasse der Bahn spülen.

Kehrseite des Geschäfts wäre allerdings, dass DB Cargo künftig Miete bezahlen müsste, wenn sie per Leasing die Loks wieder nutzen will. Toshiba selbst plant, einen Bestand für Lokomotiven einzurichten, aus dem Bahnen in ganz Europa Fahrzeuge mieten können.

Wie die „Wirtschaftswoche“ anmerkt, hat sich ein Verkauf und Zurückmieten der Firmenflotte, allerdings schon bei Air Berlin als  Kostentreiber entpuppt. Die Flug­linie hat mittlerweile fast die gesamte Flotte an Leasingfirmen verkauft, um kurzfristig an Geld zu kommen. Gezeigt hat sich inzwischen, dass der Schritt die Betriebskosten pro Flug erhöht statt senkt. Air Berlin muss das Fluggerät nämlich relativ teuer zurückmieten, um es weiterhin nutzen zu können.

Ebenso könnte es der DB Cargo ergehen, die ohnehin unter scharfem Konkurrenzdruck der LKW-Speditionsbranche steht. Bislang wollte sich die Bahn zu den aufgetauchten Berichten zu dem konkreten Geschäft nicht direkt äußern. Die Verantwortlichen deuten lediglich an, man plane bei DB Cargo „im Rahmen eines Kooperationsprojekts, den Liefe­rantenmarkt für Güterzug-Loks weiterzuentwickeln“. Fraglich ist, ob es dem Bahn-Management gelingt, den bekannt gewordenen Sanierungsplan vollständig umzusetzen. Die Idee, sich erst einmal zu verkleinern, ehe das Unternehmen ab 2018 wieder auf Wachstum umschaltet, stößt inzwischen nämlich auf scharfe Kritik.

Der Gesamtbetriebsrat von DB Cargo kritisiert, dass das Unternehmen mit dem Schrumpfkonzept einen falschen Weg einschlage. Das Ziel der Sanierung müsse mehr Wachstum sein – und das nicht erst in ein paar Jahren, so Gesamtbetriebsratsvorsitzender Jörg Hensel. Arbeitnehmervertreter versuchen inzwischen, die Politik gegen die Pläne der Bahn zu mobilisieren.            N.H.


Das Klima wird rauer
Peking reagiert auf Konjunkturschwäche mit mehr Protektionismus

Jahrelang galt China als Eldorado für deutsche Unternehmen. Sein Markt schien nach der vorsichtigen Öffnung durch die Regierung in Peking ungeahnte Möglichkeiten zu offenbaren. Doch damit ist es offenkundig vorbei. Europäische Unternehmen beklagen ein zunehmend feindliches Umfeld im Reich der Mitte. Weil einheimische Unternehmen bevorzugt würden, bekämen europäische Unternehmen die wirtschaftliche Abkühlung im Land umso stärker zu spüren, erklärte die Europäische Handelskammer, die jährlich eine Umfrage unter Unternehmern innerhalb der Europäischen Union durchführen lässt. „Die Enttäuschung nimmt zu“, sagte Kammerpräsident Jörg Wuttke gegenüber „Spiegel Online“. Demnach blicken nur noch 44 Prozent optimistisch in die Zukunft. Das ist der schlechteste Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 2007. Sogar während der Finanzkrise lag der Index mit 65 Prozent darüber.

Die wirtschaftliche Schwächephase wirke sich extrem negativ aus. Zudem seien zahlreiche Zusagen seitens der chinesischen Regierung nicht eingehalten worden. „Viele Unternehmen sehen China noch nicht auf dem Weg in eine funktionierende Marktwirtschaft“, sagte Wuttke. Die Wirtschaft des Landes war zuletzt mit 6,7 Prozent so langsam wie seit 25 Jahren nicht mehr gewachsen. Ausschlaggebend für die pessimistische Stimmung scheint zu sein, dass die notwendigen Reformen und der Umbau der chinesischen Wirtschaft zu langsam vorangehen. Wie die Handelskammer mitteilte, werde über wachsende Hürden durch Behörden, kompliziertere Lizenzverfahren, erzwungenen Technologietransfer, unübersichtliche Zulassungsverfahren oder willkürliche Umsetzung von Vorschriften geklagt. Europas Investitionen in China gingen im vergangenen Jahr um neun Prozent auf 9,3 Milliarden Euro zurück. Betroffen sind auch die deutschen Maschinenbauer, die vor Jahren große Hoffnungen auf den neuen Markt setzten. Sie kalkulieren für das laufende Jahr mit einem Umsatzminus von fünf Prozent, was 16 Milliarden Euro ausmachen würde.

Der Ton zwischen den europäischen Regierungen und der Führung in Peking wird zunehmend gereizt. Innerhalb der EU beobachtet man aufmerksam, dass chinesische Unternehmen auf Einkaufstour im Westen sind. Angela Merkel versicherte in der vergangenen Woche bei ihrem Besuch in China, beide Seiten hätten ein Interesse an guten wirtschaftlichen Beziehungen. Aber während der Protektionismus in China wachse, verfolge die Regierung in Peking eine Strategie, im Ausland die Technologie zu besorgen, die China fehle, sagt Wuttke. Die Übernahme des Augsburger Roboterbauers Kuka durch den chinesischen Konzern Midea hatte die Politik zuletzt in Aufregung versetzt. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte bis zuletzt drüber nachgedacht, ein Gegenangebot zu organisieren. Offenkundig eine Retourkutsche, weil die chinesische Regierung bis heute keine „Negativliste“ vorgelegt hat, die Klarheit schaffen soll, wo deutsche Unternehmen investieren dürfen und wo nicht. Nicht nur in der EU, sondern auch in den USA fragt man sich, was die Intention der chinesischen Regierung sei. „Ausländische Unternehmen sind mit einem komplexeren regulatorischen Klima konfrontiert und fragen sich, ob sie in China willkommen sind“, sagte US-Finanzminister Jack Lew.              Peter Entinger

                (siehe Kommentar Seite 8)


MELDUNGEN

Ringen um Rompetrol

Bukarest – Rumänien versucht, die Übernahme von Rompetrol, der zweitgrößten Ölgesellschaft des Landes, durch China zu verhindern. Das Unternehmen war 2007 mit drei Vierteln seiner Aktien an das kasachische Staatsunternehmen KazMunaiGaz verkauft worden. Im Mai wurde eine Aktienmehrheit von 51 Prozent an die chinesische China Energy Company Ltd. verkauft. China erhält damit Zugriff auf Schlüsselunternehmen der rumänischen Ölwirtschaft und auf ein umfangreiches Tankstellennetz. Die rumänische Führung versucht, diese Übernahme zu untergraben, indem sie den Verkauf von 2007 auf dessen Rechtmäßigkeit überprüfen lässt.        T.W.W.

 

EZB kauft Firmen-Anleihen

Frankfurt/M. – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit dem Ankauf von Unternehmensanleihen begonnen und Papiere von Siemens, Renault und der belgisch-brasilianischen Brauerei AB Inbev erworben. Abgewickelt werden diese Käufe über die Notenbanken von Deutschland, Frankreich, Belgien, Finnland, Italien und Spanien. Mit dem umstrittenen Programm will die EZB der Privatwirtschaft mehr Geld verschaffen und sie so zu Investitionen anregen.                U.M.


S. 8 Forum

Perverser Plan
von Hermann Paul Winter

Alle Achtung! Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister und eiserner Verfechter der Politik der Kanzlerin, spricht erstmals über die tatsächlichen Beweggründe für die aus dem Ruder gelaufene Asylpolitik. Dabei bedient er sich aus dem Fundus der Eugenik. Atemberaubend die Gedankenspiele, die sich hier offenbaren. In einem Interview warnte er die Deutschen davor, sich einzuigeln. Eine Abschottung würde dazu führen, dass die Bevölkerung in Inzucht degeneriert. Die Offenheit der Muslime, gerade der türkischen Frauen, könne dies vermeiden helfen.

Nun ist es also raus: Die Sorge um die genetische Entwicklung ist es, die hinter der Strategie steckt, durch unkontrollierte Zuwanderung „frisches Blut“ ins Land zu bringen. Die Äußerung des Ministers wirft allerlei Fragen auf: In welchen Kreisen wird so argumentiert? Wer ist der Vater dieses Gedankens? Steckt hinter diesem Ansinnen ein Plan? Ist die Eugenik ein Thema in Berlin, in der Partei Schäubles? Ist es gar deren Ziel, den Anteil positiv bewerteter Erbanlagen zu vergrößern und den negativ bewerteter Erbanlagen zu verringern?

Sich für die Kreuzung menschlicher Ethnien auszusprechen, ist pervers. Es mag kein Zufall sein, dass Schäuble just zu dem Zeitpunkt mit diesem bisher zurückgehaltenen Argument aufwartet, zu dem der dauerbeleidigte Führer vom Bos­porus Bluttests für türkischstämmige Bundestagsabgeordnete fordert, um zu klären, ob in deren Adern reines Blut fließt. Eine gewisse Seelenverwandtschaft derer, die über Zucht reden und derer, die über Inzucht reden, ist kaum von der Hand zu weisen.

Was geht in Köpfen vor, die sich mit dem richtigen oder falschen Blut von Menschen befassen oder mit Paarungsphantasien von Einheimischen und Zugewanderten? Dass Schäuble explizit die türkischen Frauen ins Spiel bringt – „Schauen Sie sich doch mal die dritte Generation der Türken an, gerade auch die Frauen!“ – reicht ans Obszöne. Selbst wenn man dem Minister unterstellen will, er habe mit seinem Einfall lediglich einen erneuten Vorstoß unternehmen wollen, die fatalen politischen Fehler der Kanzlerin zu decken, so sind doch Überlegungen zu genetischen Bereicherungen im hiesigen politischen Alltagsgeschäft deplatziert.

Nebenbei bemerkt, sollte dem Gründer der Islamkonferenz geläufig sein, dass es die Scharia muslimischen Frauen verbietet, nichtmuslimische Männer zu heiraten. Schäubles Zuchtthese könnte daher im muslimischen Lager durchaus als beleidigender Übergriff verstanden werden.

Unterdessen springen die von den Altparteien regelmäßig beklagten Verschwörungstheoretiker vor Freude im Dreieck. Hatten sie nicht von jeher darauf verwiesen, in unserem Land fände eine „Umvolkung“ statt, der Austausch der Bevölkerung? Schäubles bevölkerungs- und gesundheitspolitischen Phan­tasien sei Dank, können sie sich neuerdings bestätigt sehen.


Deutschland schläft
von Eberhard Hamer

Nun gibt es plötzlich Alarm, weil der chinesische Midea-Konzern den weltführenden Roboterhersteller Kuka in Augsburg übernehmen will. Kuka ist die deutsche Hochtechnologie-Vorzeigefirma für Industrieroboter. Vor allem für den Automobilbau ist sie gerade dabei, zusammen mit Siemens die „Fabrik der Zukunft“ zu entwerfen mit digital gesteuerter Produktion und Logistik.

Würden also die Chinesen Kuka erwerben können, bekämen sie Zugriff auf die Zukunftstechnik der Produktion, hätten sie Einblick in die Planung und Entwicklung nicht nur der deutschen Automobilbranche, sondern auch vieler anderer Kuka-Kunden, und könnten sie den technischen Vorsprung und das Know-how von Kuka für chinesische Firmen abzapfen und im eigenen Lande weitertreiben. So würden sie nicht nur einen technologischen Rückstand aufholen, sondern sich einen Zehnjahresvorsprung und die Zukunft mit einem Schlage sichern können.

Unsere Regierung hätte zwar die Möglichkeit, mit dem Außenwirtschaftsgesetz den Verkauf von Schlüsseltechnologien zu verhindern, hat dies aber gegenüber dem bisher auf diesem Gebiet führenden US-Finanzsyndikat nie gewagt. Inzwischen sind die Chinesen viel aggressivere Aufkäufer als das US-Kapital, weil sie über riesige Dollarguthaben verfügen, die sie nicht wieder loswerden und für die sie aus Furcht vor dem Dollarabsturz dringend und schnell nach irgendwelchen Sachanlagen suchen. Sie kaufen deshalb überall in der Welt auf, was es überhaupt an Sachanlagen zu kaufen gibt.

Die Chinesen haben aber noch einen zweiten Grund für ihre internationale Anlagepolitik: Sie kaufen sich ebenso wie früher die Japaner und bisher die USA in Firmen mit Schlüssel- und Zukunftstechnologien ein, um diese Technologie abzuzapfen und für sich im eigenen Lande zu installieren.

Dieses Geschäft ist jedoch einseitig. Denn die Chinesen selbst haben gesetzlich verhindert, dass sich Ausländer mit mehr als 49 Prozent an Unternehmen in China beteiligen dürfen. Alle ausländischen Investitionen bleiben also unter chinesischer Herrschaft und Kontrolle.

Auch die USA und Frankreich haben gegen den Verkauf von Militär- und Schlüsseltechnologien den „nationalen Sicherheitsvorbehalt“. Sie können somit jeden Verkauf von technologisch oder wirtschaftlich wichtigen Firmen durch staatliches Veto verhindern und haben dies auch in der Vergangenheit immer fleißig gemacht.

Wenn also die Chinesen Zukunftstechnologie einkaufen wollen, müssen sie dahin gehen, wo Regierungen beim Verkauf ihrer nationalen Schlüsseltechnologien schlafen oder uninteressiert bleiben – wie zum Beispiel nach Deutschland.


Gegenwind
Sonderrechte gefährden das allgemeine Recht
von Florian Stumfall

Von dem unscheinbaren ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff ist politisch nur ein Satz übrig geblieben: „Der Islam gehört zu Deutschland.“ Wer sich an die Empörung erinnert, welche diese Aussage damals ausgelöst hat, und die Empörung bedenkt, die es heute auslöst, wenn man dem Satz widerspricht, der mag ermessen, wie schnell sich in weiten Kreisen die Dinge, schlimmer noch, die Gedanken und Wertvorstellungen ändern. Doch wer sich Rechenschaft darüber geben will, ob denn der Islam wirklich zu Deutschland gehöre, der muss zunächst untersuchen, was zum Islam gehört.

Wer die Meinung teilt, „die Männer stehen über den Frauen, weil Gott einem Teil der Menschen einen Vorzug vor dem anderen gegeben hat …“ (Sure 4:34), wer dafür ist, dass vor Gericht die Zeugenschaft einer Frau nur die Hälfte der Aussage eines Mannes zu zählen hat, wer die Frauen im Erbfall benachteiligen möchte (Sure 4:11), und wer meint, es sei zulässig, sich von seiner Frau dadurch scheiden zu können, dass man ihr dreimal diesen Entschluss mitteilt, für den gehört der Islam sicher zu Deutschland. Wer dafür eintritt, dass man Dieben die rechte Hand abhackt (5:38), Ehebre­che­rinnen steinigt und jeden mit dem Tode bestraft, der dem Islam abschwört (63:4), und wer meint, dass mit dem Lesen des Korans der Bildungsauftrag erfüllt sei, für den gehört der Islam zu Deutschland. Wer glaubt, die Trennung von Religion und Staat sei gegen Gottes Willen, ferner, dass der Koran und die Ahadith, die Überlieferungen über Worte und Taten des Propheten, die einzig notwendige und einzig gerechtfertigte Rechtsetzung für den Menschen und Parlamente daher unzulässig seien, für den muss der Islam zu Deutschland gehören. Wer meint, man müsse die Menschenrechte unter den Vorbehalt der Scharia stellen, dem Propheten Mohammed auch in seinem kriegerischen Leben bedingungslos nachfolgen und Ungläubige töten (2:191; 8:39; 9:36), für den gehört der Islam zu Deutschland.

Natürlich – wer hat denn schon den Koran gelesen? Und wenn er es getan hat, was soll er gegen den Einwand eines Imam sagen, die Passagen über Steinigung, Hand abhacken und Christen töten seien missverständlich und im Original anders gemeint? Wer zeigt sich denn gerne misstrauisch, wenn ihm Friedensschwüre entgegengebracht werden? Und vor allem: Wer hat je von der Taqqia gehört, dem islamischen Rechtssatz, wonach ein Moslem gegenüber dem Ungläubigen von der Wahrheitspflicht entbunden ist, er ihn also bedenkenlos anlügen darf, vor allem wenn es darum geht, den Islam zu schützen?

Was sich für den Einzelnen, der kein Arabist und kein Islam-Wissenschaftler ist, als Schwierigkeit erweist, stellt sich im öffentlichen Bereich als unüberwindliches Problem dar. Es geht um die Trennung von Kirche und Staat. In Deutschland ist sie ein unabdingbares Ordnungsprinzip, das inhaltlich mit der Glaubensfreiheit korrespondiert. Im Islam herrscht die gegenteilige Überzeugung. Dort ist der Glaube erste und letzte Instanz für alle Fragen des Lebens und ausdrücklich auch für diejenigen der staatlichen Belange. Das hat zur Folge, dass es für einen Moslem in Deutschland selbstverständlich ist, politische Vorschriften im Konfliktfall als Beeinträchtigung seiner Glaubensfreiheit zu begreifen. Und umgekehrt: Unter Berufung auf seinen Glauben kann er sich hier politische Vorrechte verschaffen.

Es ist eine wenig beachtete Nebenwirkung der Merkel’schen Einladung an die Leidtragenden der Welt, dass sie sich durch die hier herrschende Freizügigkeit auf die gesamte EU erstreckt, wenn auch in der Praxis in unterschiedlichem Maße. Ein Beispiel dafür, wie man das Interesse kulturfremder, namentlich islamischer Völker an einem Aufenthalt in der Gemeinschaft wach erhalten kann, gibt der syrische Flüchtling Daham al-Hasan, der in Dänemark Wohnsitz genommen hat. Er ist mit einer Frau und acht Kindern nach Dänemark gekommen und ist nach eigenen Angaben zu schwächlich, um zu arbeiten. Sein Gesundheitszustand lasse es auch nicht zu, Dänisch zu lernen. „Ich habe nicht nur psychische Probleme, sondern auch physische. Ich leide unter Rücken- und Beinschmerzen.“ Daher lebt er mit Frau und acht Kindern von öffentlichen Zuwendungen. Damit offenbar nicht unzufrieden, hat er jetzt die Genehmigung erwirkt, seine drei weiteren Frauen mit deren zwölf Kindern nachkommen zu lassen.

Fünf andere syrische Flüchtlinge haben offenbar mit den dänischen Gesetzen keine so guten Erfahrungen gemacht. Sie sahen sich veranlasst, gegen die dänische Regierung und den Außenminister persönlich Klage zu erheben. Der Grund: die zu harte Flüchtlingspolitik. Die dänischen Gesetze verletzten Menschenrechte, weil sie Prozesse um den Familiennachzug bis auf drei Jahre aussetzten, so die Beschwerde der Flüchtlinge.

Wer aber meint, so etwas könne nur im libertären Skandinavien geschehen, der irrt. In Rheinland-Pfalz erkannte im Jahre 2004 das Oberverwaltungsgericht auf das Recht eines irakischen Flüchtlings, in Deutschland und auf Kosten des Staates mit zwei Ehefrauen zu leben. Das Gericht stellte fest: „Ist ein politischer Flüchtling nach dem Recht seines Heimatlandes gültig mit zwei Ehefrauen verheiratet, von denen die erste bereits über eine Aufenthaltsbefugnis verfügt und die zweite auf Grund von Duldungen seit mehreren Jahren an der Lebensgemeinschaft teilhat, so kann die Ausländerbehörde gehalten sein, auch der Zweitfrau (trotz Sozialhilfebezugs) eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen.“ Somit war der Klage der Zweitfrau stattgegeben, moslemische Vielweiberei wurde zum Gewohnheitsrecht erklärt und die Sozialkassen zahlen.

Während Beispiele dieser Art vorerst noch eine gewisse Aufmerksamkeit erregen, ist ein anderer Einbruch vor dem Familienbegriff fremder Kulturen längst deutscher Alltag. Seit dem Jahre 1964 gilt unverändert das „Deutsch-türkische Sozialversicherungsabkommen“, das einen steten Fluss von Geldleistungen in die Türkei ga­rantiert. Es bestimmt nämlich, dass die in der Türkei lebenden Angehörigen von Türken, die in Deutschland leben und krankenversichert sind, denselben Versicherungsschutz genießen. Bei dem großzügig vernetzten türkischen Familien-System ist dadurch halb Anatolien in Deutschland mitversichert, kostenlos natürlich.

In dem Vertragswerk sind auch mögliche Missverständnisse berücksichtigt. Sollten Meinungsverschiedenheiten auftreten, wer denn noch als Angehöriger gelten solle und wer nicht, wird eine derartige Streitfrage allein von der türkischen Regierung entschieden. Ansonsten müssen sich im Gegensatz zu dem dänischen Gast-Syrer die heimattreuen Türken nicht einmal nach Europa bemühen, um in den Genuss der Großzügigkeit deutscher Sozialpolitik zu gelangen.

Diese Großzügigkeit gilt sogar über den Tod hinaus. Stirbt ein Mohammedaner in Deutschland, so sind alle seine Frauen berechtigt, Witwenrente zu beziehen, auch wenn sie nie in Deutschland gewesen sein sollten. Und wird er begraben, so ist für ihn die ansonsten geltende Sargpflicht aufgehoben.

Die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, stellt sich so gar nicht mehr. Die Frage ist, ob der christliche Ureinwohner in seinen Rechten minder behandelt wird als die mohammedanischen Einwanderer. Es geht um das Recht der Alteingesessenen und darum, durch Sonderrechte für Minderheiten das allgemeine Recht nicht zu zerstören. Das ist Pflicht des Staates, solange er es noch mit Minderheiten zu tun hat.


S. 9 Kultur

Der erste »Grüne« in Bonn
Ausstellung über die »Parkomanie« des Fürsten Pückler-Muskau in der Bundeskunsthalle am Rhein

Wegen seiner Leidenschaft für die Gestaltung von Landschaftsparks bezeichnete sich Fürst Pückler als „Parkomanen“. Die Bonner Bun­deskunsthalle feiert den grünen Fürsten mit einer prächtigen Schau und einem in Pücklers Manier auf dem Dach des Hauses angelegten Garten.

Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785−1871) setzte seinen lebhaften Enthusiasmus für die Herrlichkeit der Natur in Landschaftsbilder um. Es sind lebendige Kunstwerke, „gemalt“ mit echten Wiesen und Blumenbeeten, Bäumen und Sträuchern, windungsreichen Wasserläufen und den zu stummen Führern erklärten Wegen. Seine Gartenlandschaften in Bad Muskau, Branitz und Potsdam-Babelsberg gehören zu den bedeutendsten Schöpfungen idealisierter Natur.

Die Bonner Bundeskunsthalle präsentiert jetzt die Ausstellung „Parkomanie. Die Gartenlandschaften des Fürsten Pückler“ mit Filmen, Fotografien und einem Dachgarten. Rund 250 historische Bilder, Dokumente und Objekte erzählen vom Werden der Landschaftsgestaltungen des Fürsten, seinen ausgedehnten Reisen, seiner Schriftstellerei und seinen zwischenmenschlichen Beziehungen. Auch das braun-rot-weiße „Fürst Pückler-Eis“ steht im Blickpunkt. Dessen älteste Rezeptur stammt vom königlich-preußischen Hofkoch Louis Ferdinand Jungius, der Pückler 1839 in seinem Kochbuch ein dreischichtiges Sahneeis widmete.

Die wichtigste Person im Leben des Fürsten war Lucie (1776−1854), die Tochter des preußischen Staatskanzlers Karl August von Hardenberg. Pückler heiratete die neun Jahre ältere Dame 1817. Das Paar bezog das Schloss von Muskau, Zentrum von Pück­lers seit 1815 zu Preußen gehörender Standesherrschaft. Sie umfasste mehr als 500 Quadratkilometer und hatte etwa 10000 Einwohner. Mit der beträchtlichen Mitgift Lucies machte sich das Paar an die Landesverschönerung und Parkgestaltung.

Der von der Neiße durchzogene Park, dessen östliche Hälfte heute zu Polen gehört, ist nach dem Zonierungsprinzip gegliedert. Der Bereich intensivster gestalterischer Maßnahmen ist der um das Schloss angelegte Garten. Es folgt der weniger intensiv ausgearbeitete „Pleasureground“ (Vergnügungsanlage), der in den eigentlichen Landschaftspark mit Wiesen und Bauminseln übergeht. Besonders schöne Aussichtspunkte sind bevorzugt mit Silberpappeln markiert und stets mit einer Ruhebank ausgestattet.

Da die Gestaltungsmaßnahmen Unsummen verschlangen, drück­te das Paar bald eine hohe Schuldenlast. „Lou“ und „Schnucke“, wie sie sich gegenseitig nannten, fassten einen verwegenen Plan. Sie ließen sich 1826 scheiden, damit Pückler erneut eine reiche Frau heiraten könne. Der Mitgiftjäger machte sich noch im selben Jahr nach England auf. Die bis 1829 währende, auf Wales und Irland ausgedehnte Tour dokumentierte Pückler in einem vierbändigen Erinnerungsalbum, aus dem Karikaturen des englischen Gesellschaftslebens sowie Grafiken von Landschaftsgärten ausgestellt sind, die Pückler An­regungen für seine eigenen Gartenpläne lieferten. Der von den Briten als „Prince Pick­le – Prinz Saure Gurke“ verspottete Pück­ler hielt Lu­cie über seine Gartenstudien und vergeblichen Brautwerbungsversuche in ausführlichen Reisebriefen auf dem Laufenden. Sie erwiesen sich als Gold wert, lieferten sie doch den Rohstoff für den das englische Gesellschaftsleben schildernden Bestseller „Briefe eines Verstorbenen“ (1830/31).

Nach seiner Heimkehr lebten „Lou“ und „Schnucke“ wieder zusammen. Die Einkünfte aus der Schriftstellerei wurden in die Arbeit an der Muskauer Gartenlandschaft gesteckt. Auf die bezog sich Pücklers nächstes viel beachtetes Buch: „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“ (1834). Der Park weist zahlreiche biografische Bezüge auf. So gibt es etwa das Schnuckental. Zu Spekulationen gibt „Cara’s Pfad“ Anlass. Ist der Name diskreter Hinweis auf Pück­lers spektakulärsten Fehltritt? Er hatte sich von 1834 bis 1840 auf eine Orientreise begeben. In Kairo kaufte sich der Fürst auf dem Sklavenmarkt mehrere junge Mädchen. Eines war ihm besonders lieb. Er nannte es Machbuba. Ausgestellt ist ein Porträtgemälde (1840), das sie in der Tracht eines orientalischen Jungen zeigt. Lucie war empört, dass Pückler seine Machbuba mit nach Muskau brachte. Sie starb wenige Wochen später an Schwindsucht. Indiz dafür, dass der Pfad an sie erinnern soll, ist ihr auf Italienisch geführter Briefwechsel. Pückler begann seine Briefe stets mit „Cara mia Machbuba − Meine liebe Machbuba.“

Beste Beziehungen unterhielt Pückler zum preußischen Königshaus, dem er seinen Fürstentitel zu verdanken hatte. Seine „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“ widmete er Prinz Carl. Ab 1842 leistete er dem späteren Kaiserpaar Wilhelm und Augusta „Gartendienste“ bei der Gestaltung ihrer Sommerresidenz auf dem Babelsberg, an der sich zuvor der berühmte Gartenarchitekt Peter Joseph Lenné versucht hatte. Bis 1847 weilte der grüne Fürst immer wieder auf dem von Natur aus trockenen „Sandhaufen“ Babelsberg, um die Gartengestaltung mit ihren sorgfältig inszenierten Wegebiegungen und Bo­denwellen höchstpersönlich zu leiten. Eine Farblithografie von Paul Graeb (1872) zeigt das dekorative, 1843 errichtete Dampfmaschinenhaus des Parks. Es ermöglichte den Betrieb eines Wasserversorgungssystems, das die Be­grünung des Babelsbergs − und damit Pücklers gartenkünstleri­sche Bemühungen − sicherstellte. Prinzessin Augusta behandelte den Gartenkünstler auffallend herzlich und bezeichnete ihn als „Zauberer“.

Die überschuldete Standesherrschaft Muskau verkaufte Pückler 1845 und bezog mit Lucie seine bis dahin vernachlässigten Branitzer Besitzungen. Er entschloss sich, in dieser „Sandwüste“ eine „grüne Oase“ erblühen zu lassen. Spektakulärer Höhepunkt ist die Pyramidenflur. Die Landpyramide war ursprünglich als Grabstätte für Lucie vorgesehen. Bestattet ist sie jedoch neben dem grünen Fürsten in der Seepyramide. Der Park und die Schlosseinrichtung zeichnen gleichsam seine Lebensreise nach.

Zu den Leihgaben nach Bonn gehören eine Truhe und Stelzenschuhe, die er aus Ägypten mitgebracht hatte. Die im Dachgarten der Bundeskunsthalle errichtete Ro­senlaube mit der vergoldeten Porträtbüste der von Pückler an­gehimmelten Opernsängerin Hen­riette Sontag steht sonst im Branitzer Garten.        Veit-Mario Thiede

Bis 18. September in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bun­desrepublik Deutschland, Fried­rich-Ebert-Allee 4, Bonn. Geöffnet Dienstag und Mittwoch 10 bis 21 Uhr, Donnerstag bis Sonntag 10 bis 19 Uhr. Eintritt Ausstellung und Garten: 15 Euro. Telefon (0228) 9171243, Internet: www.bundeskunsthalle.de. Der Katalog aus dem Prestel Verlag kostet 39,95 Euro. Infos zu den Parkanlagen: Unesco-Welterbestätte Muskauer Park/Park Muzakowski, www.muskauer-park.de. Schloss und Park Babelsberg,  www.spsg.de. Fürst-Pückler-Park und Schloss Branitz, www.pueckler-museum.de


Festival für Jedermann
Meißen lässt mit seinen Burgfestspielen eine alte Theater-Tradition wieder auflebenv

Auf dem Burgberg zeigt das sächsische Meißen Format. Die Al­brechtsburg ist eigentlich keine Burg, dafür aber der erste Schlossbau in Deutschland überhaupt. Der Dom ist vom Vorbild der französischen Kathedralgotik geprägt. Seit vergangenem Jahr bildet der Hof zwischen den gewaltigen Fassaden die Kulisse der Neuen Meißner Burgfestspiele. Letzten Sommer entrückte „Der Glöckner von Notre Dame“ die Besucher nach Paris. Das Hauptstück der diesjährigen, vom 17. bis 26. Juni laufenden, Festspiele führt zum Anfang der alten Burgfestspiele zurück.

Hugo von Hofmannsthals „Je­dermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ wurde durch seine Premiere am 22. Au­gust 1920 in Salzburg in der Regie von Max Reinhardt zum Auslöser einer Welle von derartigen Freiluftveranstaltungen. Fünf Jahre später gelangte das gleiche Stück dann auch vor der Meißner Albrechtsburg zur Aufführung. Im gleichen Jahr wie in Meißen be­gannen in Schwäbisch Hall auf der Freitreppe der Stadtkirche

St. Michael die „Jedermann-Festspiele“. Dort wird bis heute jeden Sommer gespielt. Die Meißner Burgfestspiele fanden dagegen mit Unterbrechungen nur bis 1957 statt. Als das 1851 gegründete Stadttheater 1963 schloss, wurde dessen Bühne zur Spielstätte für Gastauftritte. Eine Wiederbelebung der Burgfestspiele im Jahr der Wiedervereinigung war ebenfalls nicht von Dauer. Erst 2014 fand sich eine Festspielgemeinschaft zusammen, deren potente künstlerische Beiträger der Dom und die Landesbühnen Sachsen sind, hinzu kommen die lokale Winzergenossenschaft und das Meißner Theater. Als Schirmherr konnte Daniel Prinz von Sachsen gewonnen werden. Die Bezeichnung Neue Burgfestspiele soll dabei für einen ge­ordneten Neubeginn und die An­knüpfung an eine alte Tradition stehen.

Mit einer Prozession kostümierter Meißner zum Thema Reformation werden die diesjährigen Festspiele eröffnet. In völlig gender-unkorrekter Wortspielerei wird dazu eingeladen: „Jedermann kann mitmachen.“ Desgleichen zu einem Freiluft-„Gottesdienst für Jedermann“, der nach dem Markusevangelium erörtern soll, ob und wie ein Reicher in den Himmel kommt. Die Theateradaption von Umberto Ecos Roman „Im Namen der Rose“ ist ein Gastspiel des Berliner Kriminaltheaters, das  schon vor fünf Jahren Premiere hatte und jetzt in das pittoreske Umfeld des Meißner Burgbergs verpflanzt wird.

Meißen muss nun seinen Platz finden unter einer ganzen Reihe berühmter Festivals, denen ein historisches Stadtbild einen un­verwechselbaren Rahmen leiht. Ob in einigen Jahrzehnten das Meißner Porzellan und die Burgfestspiele ebenso in einem Atemzug genannt werden wie die Salzburger Festspiele und die Mozartkugeln, bleibt abzuwarten. Dass an der Triebisch deutlich moderatere Eintrittspreise festgesetzt sind als an der Salzach, spricht dafür, dass man sich des Publikums der näheren Umgebung und spontaner Besucher versichern will.      Sebastian Hennig

Programm und Karten: www. neue-burgfestspiele-meissen.de


MELDUNGEN

Kurzer Mozart in Rheinsberg

Rheinsberg −„Der Singende See“, ein stimmungsvolles A-cappella-Konzert am Grienericksee, gibt am 24. Juni den Auftakt zur 26. Spielzeit der 1990 von dem ostpreußischen Komponisten Siegfried Matthus gegründeten Kammeroper Schloss Rheinsberg. 35 junge Sängerinnen und Sänger aus 15 Ländern wird das Festival bis zum 13. August in fast 30 Aufführungen und Konzerten präsentieren. Mit Christopher Holmans „Mozart in 90 Minuten“ gibt es wieder eine Uraufführung (1. bis 3. Juli im Schlosshof). Die Opern „Alcina“ von Händel im Schlosstheater (22., 23., 26., 27., 29. und 30. Juli) und „Tosca“ von Puccini im Heckentheater (5. bis 7., 9. und 10. sowie 11. bis 13. August) sind die großen Inszenierungen der Saison. Vom 5. bis 7. Juli bitten „3 Tenöre“ zur großen Operngala in den Schlosshof. Konzerte im Spiegelsaal und Matineen im Schlosstheater komplettieren den Spielplan. Infos und Karten unter Telefon (033931) 7250 oder www. kammeroper-rheinsberg.de.   tws

 

Berliner Schloss aus neuer Sicht

Berlin − Vergangenes Wochenende nutzten zahlreiche Berliner den „Tag der offenen Baustelle“, um dem Berliner Schloss erstmals aufs Dach zu steigen. Acht Stock­werke mussten er­klommen werden, was die Ausmaße dieses gewaltigen Baukomplexes, des neuen Humboldt-Forums, verdeutlichte. Dabei kam man der prächtigen Kuppel, der Krönung des Eosander-Portals, ganz nahe. Das Portal, benannt nach seinem Erbauer Johann Friedrich Eosander von Göthe, wurde um 1707 unter König Friedrich I. errichtet. In der Schlossbauhütte in Berlin-Spandau rekonstruieren, reparieren und restaurieren Steinmetze und Steinbildhauer aus ganz Deutschland die bildnerischen Überreste des Stadtschlosses, während auf der Baustelle am Ende des Lindenboulevards gearbeitet wird. Jetzt, da das Gebäude an seinem historisch angestammten Platz wieder er­steht, tun sich vergessene Sichtachsen auf, die das alte Stadtbild wieder in seiner Gesamtheit verstehen lassen. S.F.


S. 10 Geschichte & Preussen

»Warum verspäten wir uns immer?«
Das Deutsche Reich kam vor 75 Jahren einem Angriff der Sowjetunion zuvor

Seit dem Sommer 1940 befand sich die Sowjetunion auf scharfem Konfrontationskurs mit Berlin. Der deutsche Versuch, mit dem sowjetischen Außenminister Wjatscheslaw Molotow zu einem Ausgleich zu kommen, scheiterte im November. Die Annahme seiner Forderungen wäre einer Unterwerfung gleichgekommen.

Trotzdem bedeutete die Weisung Adolf Hitlers vom 18. Dezember 1940, einen „schnellen Feldzug“ gegen die UdSSR vorzubereiten, noch keine Entschei­dung. Diese dürfte erst nach dem Bekanntwerden des jugoslawisch-sowjetischen Freundschafts- und Nichtangriffsvertrages vom 6. April 1941 gefallen sein. Die deutsche Führung wuss­te sehr wohl um das Risiko, das sie mit dem Angriff auf die Sowjetunion einging.

Nach einschlägigen Meldungen fand seit April 1941 ein mächtiger Aufmarsch der Roten Armee in Westrussland statt. General­stabschef Franz Halder sah zwar die Drohung, traute aber dem künftigen Gegner nicht die Tat­kraft zum Angriff zu. Ende Mai erhielt er genauere Kenntnis vom sowjetischen Auf­marsch, unterschätzte aber den Gegner gründlich, wie er später eingestand. Gemäß Mobilmachungsplan sollte die Rote Armee 8,7 Millionen Mann bis 1. Juli 1941 ins Feld stellen. Schon am Tage nach dem Kriegsbeginn waren die Sowjets imstande, zu den vorhandenen 5,4 Millionen Mann nochmals 5,3 Millionen einzuberufen. Autoren, die behaupten, dass die Rote Armee im Juni 1941 nicht mobilmachungsbereit gewesen sei, verkennen die Tatsachen oder wollen sie nicht wahrhaben.

Tatsächlich konnte Armeegeneral Georgi Schukow, der Generalstabschef der Roten Armee, 254 Großver­bände, darunter 61 Panzerdivisionen, gegen den Westen aufbieten. 11000 Panzer standen in den grenznahen Militärbezirken. Die Luftstreitkräfte ver­fügten über 15800 Flugzeuge aller Typen. Die Wehrmacht hingegen begann den Angriff inklusive Reserven mit 148 Divisionen, 3300 Panzern und 2700 Flugzeugen.

Die Frontstellung der Roten Armee gegen Deutschland hatte nicht erst als Reaktion auf den deutschen Aufmarsch, sondern schon im August 1940 begonnen. Schukow betrieb nach seinem Amtsantritt im Februar 1941 energisch die Vorbereitungen. Dies betraf auch die Auffüllung der Verbände in Form einer getarnten Teilmobilma­chung. Vom damals weltbesten Kampfpanzer, dem T-34, sollten bis Ende 1941 4000 vorhanden sein. Bis dahin sollten auch 22000 Kampf­flugzeuge produziert werden. Schukow vermehrte die Truppen in den westlichen Militärbezirken so schnell, dass dort schließlich 16 Armeen der soge­nannten Ersten Strate­gischen Staffel standen. Dahinter befanden sich weitere sieben Armeen im Nachrücken beziehungsweise in Aufstellung.

Noch aufschlussreicher sind die vier Aufmarschpläne, von denen die beiden letzteren – vom 11. März und 15. Mai 1941 – eindeutig offensive Züge trugen. Da Schukow und sein Vertreter, General Nikolai Watutin, mit einem deutschen Angriff rechneten, wollten sie diesem gemäß der die Offensive bevorzugenden sowjetischen Militärdoktrin unbedingt zuvorkom­men. Es handelte sich bei den Planungen um keine unverbindlichen Papiere, wie manchmal suggeriert wird, sondern um ganz wesentliche, von Josef Stalin genehmigte Dokumente. Schukow erließ auf der Grundlage des letzten Planes Weisungen an die Befehlshaber der vier westlichen Militärbezirke, in denen er den Armeen, Korps und Divisi­onen genau ihre Aufmarschräume vorschrieb. Er hätte es nie gewagt, diese Weisun­gen ohne Einverständnis Stalins zu erteilen. Die Tat­sache, dass manche Ver­bände erhebliche Lücken bei Mannschaft und Bewaffnung aufwiesen, spricht nicht gegen die Angriffsabsicht.

Als Watutin am 12. Juni den Auftrag erhielt, den Stand des Aufmarsches zu über­prüfen, notierte er: „Der Angriff ist zu beginnen 12.06.“ Wie immer man die Notiz auch deuten mag, der Entschluss zur Offensive stand fest. Watutin bestimmte tags darauf die End-Disposition. Er sah in der Westukraine die Konzentration von zehn Armeen und zehn mechanisierten Korps vor, insgesamt 120 Divisionen mit fast 5600 Panzern. Die Rote Armee hätte damit im Südwestabschnitt eine siebenfache Überle­genheit bei den Panzern erzielt. Diese gewaltige Masse sollte zunächst gegen Krakau, Tschen­stochau und Oberschlesien vordringen; dann sollte der Stoßkeil nach Norden schwenken und gemeinsam mit den aus Weißrussland angreifenden Truppen drei bis vier deutsche Armeen in einer großen Schlacht südlich von Warschau vernichten. Für die zweite Phase der Operation war der Stoß bis zur Danziger Bucht geplant.

Zu den übrigen Indizien für die Angriffsabsicht zählen: die Anlage von frontnahen Nachschublagern; die Vorverlegung der besten Panzerdivisionen in vorspringende Frontbögen; die Aufstellung von fünf Luftlandekorps; die Ausgabe von Sprachführern, die sich nur zum Gebrauch in einer deutschsprechenden Bevölkerung eigneten, sowie die Lagerung von Militärkarten, die bis zur Linie Berlin–Wien–Budapest–Bukarest reichten. Wenn manche Auto­ren behaup­ten, Stalin habe den gewaltigen Aufmarsch nur betrieben, um Hitler abzuschrecken, ignorieren sie die Tatsache, dass die Rote Armee nicht auf Verteidigung vorbereitet war.

Ein weiteres Argument zugunsten der Offensivabsicht: Verteidigungsminister Semjon Timoschenko erließ am 11. Juni einen „Vorbefehl“ an die westlichen Militärbezirke, in dem er anordnete, am 1. Juli zur Durchführung von Angriffsoperationen bereit zu sein. Er rechnete nämlich damit, dass die Wehrmacht zwischen dem 4. und dem 10. Juli zum Angriff gegen England schreiten würde. Diese Information stammte vom Nachrichtendienst, der an die Existenz von acht bis zehn deutschen Luftlande­divisionen glaubte und dies als untrügliches Indiz für eine bevorstehende Invasion Englands wertete. Diese Dienststelle hatte damit die eigene Führung desinformiert. Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Angriff für die Deutschen, falls sie damals die Invasion in England gewagt hätten, vernichtend gewesen wäre.

Die angebliche Überraschung der Roten Armee durch die Wehrmacht, die oft als Beleg für die defensiven Absichten der Sowjetunion angeführt wird, gehört ins Reich der Legende. Timoschenko und Schukow wussten über den Stand des deutschen Aufmarsches genau Bescheid. Zur Überraschung gehören zwei Faktoren: Ahnungslo­sigkeit und fehlende Vorbereitung. Beides traf nicht zu: Die Führung hatte ausrei­chend Kenntnis vom Gegner, und die Armee war keineswegs unvorbereitet. Stalin selbst räumte ein, dass die Deutschen den Wettlauf des beiderseitigen Aufmar­sches gewonnen hätten, denn am Morgen des 22. Juni fragte er halb verärgert, halb selbstkritisch Schukow: „Warum verspäten wir uns immer?“ Heinz Magenheimer


Vollender der allgemeinen Wehrpflicht in Preußen
Durch Kriegsminister Hermann von Boyen wurde wenigstens eine der Reformen der Steinschen Ära vollendet

Neben August Neidhardt von Gneisenau war Hermann von Boyen der wichtigste Mitarbeiter Gerhard von Scharnhorsts bei dessen Bemühungen, die preußische Armee nach der katastrophalen Niederlage von Jena und Auerstedt durch Reformen auf die Höhe des französischen Gegners zu bringen. 1810 wurde er der Direktor der Ersten Abteilung des von Scharnhorst geleiteten Kriegsdepartements. Während Scharnhorst bereits in den Befreiungskriegen fiel, ist Hermann von Boyens historische Bedeutung  jedoch vor allem in der Nachkriegszeit begründet, als er als Kriegsminister Preußens die maßgeblich von Scharnhorst eher provisorisch eingeführte allgemeinen Wehrpflicht mit dem „Gesetz über die Verpflichtung zum Kriegsdienst“ auch für Friedenszeiten festschrieb und im Detail ausführte.

Im Gegensatz zu den Militärreformern Scharnhorst und Gneisenau sowie diversen anderen preußischen Reformern stand Hermann von Boyens Wiege in Preußen. Der Sohn eines Oberstleutnants und Regimentskommandeurs sowie Neffe eines Kavalleriegenerals kam am 23. Juni 1771, also vor 245 Jahren,  in Creuzburg, dem heutigen Kreuzburg, Kreis Preußisch Eylau, zur Welt. Da er schon früh seine Eltern verlor, wuchs er bei einer Tante in Königsberg auf. Dort erhielt er eine ausgezeichnete Bildung und trat 1784 als Gefreiter-Corporal einem Infanterieregiment bei.

In verschiedenen ostpreußischen Garnisonen tat er seinen Dienst, bis er 1788 auf eine Militärschule in Königsberg abkommandiert wurde, die Friedrich der Große zur Weiterbildung junger begabter Offiziere gegründet hatte. Seine freien Nachmittage nutzte er noch für Vorlesungen an der Albertus-Universität, wo er Immanuel Kant über Anthropologie hörte.

Nach einigen Jahren als Frontoffizier bei polnischen Feldzügen wurde er 1806 bei Auerstädt schwer verwundet und gefangengenommen. Ihm gelang jedoch die Flucht, und er schlug sich bis Bartenstein ins preußisch-russische Hauptquartier durch. Im Januar 1808 wurde er als Major in die von Scharnhorst geleitete Militär-Reorganisationskommission berufen. Nach der Schaffung des Kriegsministeriums holte Scharnhorst ihn dorthin nach.

Mit Scharnhorst und Gneisenau versuchte Boyen, ihren König für einen Krieg an Russlands Seite gegen Napoleon zu gewinnen. Doch Friedrich Wilhelm III. stellte stattdessen seine Armee dem Besatzer als Kanonenfutter zur Verfügung. Wie viele Patrioten nahm Boyen daraufhin seinen Abschied und wechselte zu Napoleons nächstem Opfer, Russland.

Nachdem sich das Blatt in Mos­kau gewendet hatte, war es Boyen, der Friedrich Wilhelms das Bündnisangebot des Zaren überbrachte. In Breslau trug er das Seine dazu bei, Friedrich Wilhelm zum Wechsel von der französischen auf die russische  Seite zu bewegen. In den durch Preußens Seitenwechsel ermöglichten Befreiungskriegen nahm Boyen als Oberst im Generalstab und Stabschef unter General Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz teil.

Nach der Abdankung Napoleons und dem Abschluss des Ersten Pariser Friedens wurde Boyen am 3. Juni 1814 zum preußischen Kriegsminister ernannt. Ein viertel Jahr später erließ er sein bedeutendstes Werk: das Gesetz über die Verpflichtung zum Kriegsdienst, das erste Wehrpflichtgesetz seiner Art in der Geschichte. Nun wurde auch für den Frieden festgeschrieben, was in den napoleonischen Kriegen aus der Not geboren war. Grundsätzlich hatten alle Männer zu dienen, wenn auch – eine Abweichung vom Gleichheitsgrundsatz – unterschiedlich lang. Am Anfang stand der Dienst im traditionellen stehenden Heer des Königs. Es folgte der Dienst in der Landwehr. Boyen unterteilte dieses Kind der napoleonischen Zeit in zwei Aufgebote. Im Kriegsfall sollte das kriegstüchtigere erste mit dem stehenden Heer eingesetzt werden und das zweite als Besatzung und Reserve dienen. Die Gewichtung zwischen stehendem Heer und Landwehr erfuhr zwar durch die preußische Heeresreform von 1859 bis 1866 eine nennenswerte antiliberale Veränderung, aber das Prinzip blieb bis zum Ende der Monarchie und der preußischen Armee 1918 erhalten.

Während der Befreiungskriege hatte sich die Landwehr bewährt. Außerdem führte von Boyen als Argument für ihren Beibehalt an, dass Preußen als kleinste der fünf Großmächte kaum ein so großes stehendes Heer unterhalten konnte wie die anderen Mächte, die Landwehr aber bei geringen Kosten eine bedeutende Vermehrung der Streitkräfte darstellte. Trotz dieser Argumentation mit der Staatsräson war vielen Reaktionären die Landwehr als eine vermeintliche Bürgermiliz ein Dorn im Auge. Als der König die Selbständigkeit der Landwehr beschnitt, indem er deren Einbeziehung in den Divisionsverband der Linie anordnete, trat Boyen 1819 als Kriegsminister zurück. Gleichgesinnte schlossen sich Boyens Beispiel an, und so wird an Boyens Rückzug ins Private das Ende der preußischen Reformzeit festgemacht.

Nach dem Tode Friedrich Wilhelms III. machte dessen Nachfolger Boyen erneut zum Kriegsminister. In diese zweite Amtszeit fielen Konflikte des Ministers mit Prinz Wilhelm, dem späteren König und Kaiser Wilhelm I., über die Gewichtung zwischen stehendem Herr und Landwehr, die allerdings nie zu einem persönlichen Bruch führten, sowie die Initiierung der nach ihm benannten Feste Boyen, einer der imposantesten Festungen Masurens. Fast wäre Boyen aus seinem Ministerium getragen worden. Nachdem er im Vorjahr ein zweites Mal zurückgetreten war, starb der Preuße am 15. Februar 1847 in der Hauptstadt. M.R./PAZ


S. 11 Preussen

»Majestät, wir haben den Krieg verloren«
Helmuth Johannes Ludwig von Moltke: Überfordert durch den Namen, den sein Onkel berühmt gemacht hatte

Helmuth Johannes Ludwig von Moltke, ein Neffe des Helden der Einigungskriege Helmuth Karl Bernhard von Moltke (siehe PAZ Nr. 16), bereitete den Ersten Weltkrieg militärisch vor, musste aber seinen Posten bereits im September 1914 räumen. Vor 100 Jahren, am 18. Juni 1916, beendete ein Schlaganfall sein Leben.

Es ist nicht immer vorteilhaft, Träger eines bedeutenden Namens zu sein. Helmuth von Moltke der Jüngere mag das manchmal empfunden haben. Seine militärische Karriere katapultierte ihn an die Spitze des Großen Generalstabes, ungeachtet gelegentlicher Anzeichen von Selbstzweifel. Die Laufbahn des am 23. Mai 1848 in Gersdorf bei Bad Doberan geborenen Helmuth Johannes Ludwig von Moltke war geprägt durch den Ruhm seines Onkels Helmuth Karl Bernhard von Moltke (1800–1891), der in den Einigungskriegen zu einem der erfolgreichsten militärischen Führer der preußisch-deutschen Geschichte wurde.

Am dritten und letzten dieser Kriege, dem Deutsch-Französischen von 1870/71, hatte Moltke der Jüngere bereits ebenfalls teilgenommen. Er kämpfte im Grenadierregiment „König Wilhelm I.“ (2. Westpreußisches) Nr. 7. Bereits in der Zeit nahm er eine Sonderrolle ein. Immer wieder erhielt er Sonderurlaub, um den Onkel bei Kutschfahrten und Ausritten zu begleiten. 1880 wurde er, 32 Jahre alt, in den Großen Generalstab berufen, zwei Jahre später war er Adjutant seines greisen Onkels. Und nur 15 Jahre nach dem Tod des Generalstabchefs Helmuth von Moltke (der Ältere) wurde 1906 abermals ein Helmuth von Moltke zum Chef des Generalstabes berufen.

Wilhelm II. hatte den Wunsch, einen „eigenen Moltke“ zu haben. Moltke der Jüngere erkannte diese Zusammenhänge durchaus. Zwischen dem Monarchen und seinem Generalstabschef bestand ein enges Vertrauensverhältnis. Und deshalb konnte dieser sich die Frage erlauben, ob der Kaiser glaube, „zweimal in der selben Lotterie gewinnen zu können“.

Auch mit seinem Hang zum Spiritismus stand Moltke der Jüngere dem Herrscher nahe. Moltkes Ehefrau Eliza von Moltke-Huitfeldt war überzeugt, durch Gebete einer Anhängerin der Christlichen Wissenschaft von einer schweren Krankheit geheilt worden zu sein. Moltke teilte diese Überzeugung. Das Ehepaar stand in Verbindung mit dem Esoteriker Rudolf Steiner, dessen Schülerin Eliza von Moltke-Huitfeldt war. Moltke der Jüngere galt wie sein Onkel als belesener Mann. Er interessierte sich für Philosophie, spielte Cello und bemalte Porzellan. Als Anhänger der frühen FKK-Bewegung übernahm Moltke das Amt des Ehrenpräsidenten des Berliner Vereins für Körperkultur.

Diese andere, eher weiche Seite des Soldaten Moltke ist insofern interessant, als die gegenwärtig vorherrschende Geschichtsschreibung dazu neigt, den Generalstabschef als hemmungslosen, letztendlich aber unfähigen Kriegstreiber darzustellen. 1912 schrieb die auf Gut Kreisau lebende Ehefrau seines gleichnamigen Neffen, eine geborene Lady Dorothy Rose Innes, an ihre Eltern: „Onkel Helmuth meint, dass es vielleicht Krieg gibt aus dem einfachen Grund, dass alle sich seit Langem darauf vorbereitet haben, und solch Waffenarsenale sind immer eine Gefahr. Aber er glaubt auch, dass absolut kein Grund zu einem Krieg besteht.“ Laut seiner angeheirateten Nichte sagte Moltke der Jüngere aber auch: „Wenn der Krieg kommt, dann kommt er hoffentlich bald, bevor ich zu alt bin, die Dinge richtig zu meistern.“

Am 30. Juli 1914, zwei Tage nachdem Österreich-Ungarn Serbien den Krieg erklärt hatte, telegrafierte Moltke dem österreich-ungarischen Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf: „Für Österreich-Ungarns Erhaltung ist Durchhalten des europäischen Krieges das letzte Mittel. Deutschland geht unbedingt mit.“ Zugleich forderte er die Mobilmachung gegen Russland. Auch das machte ihn nach Ansicht späterer Geschichtsforscher zum Kriegstreiber.

Moltkes Vorgänger im Amt, Alfred von Schlieffen, hatte eine militärische Denkschrift hinterlassen, aus welcher der nach ihm benannte Schlieffenplan entwickelt wurde. In den Grundüberlegungen übernahm Moltke den Plan unverändert. Trotz Schlieffens Mahnung „Macht mir den rechten Flügel stark!“ verstärkte er aber den linken Heeresflügel zu Lasten des rechten. Das sollte sich als Fehler erweisen, denn so geriet die Offensive des rechten Flügels ins Stocken und der Vormarsch kam schließlich zum Stehen.

Am 1. August 1914, unmittelbar vor der Kriegserklärung an Russland und den ersten Kampfhandlungen, verlangte der Kaiser eine Änderung der Pläne. Ihm war signalisiert worden, die Briten würden Frankreichs Neutralität garantieren, falls Deutschland nicht, wie vorgesehen, durch Belgien marschiert. Für Stunden wurden die angelaufenen Vorbereitungen zum Aufmarsch gestoppt. Der Generalstabschef empfand dies als Demütigung, er brach nervlich zusammen. Erholt hat er sich von diesem Zusammenbruch nicht.

Es rächte sich bald, dass Moltke zwei wesentliche Dinge vernachlässigt hatte, die für den Erfolg eines großen Heeres maßgeblich waren und für deren Nutzung sein Onkel berühmt geworden war: die Eisenbahn für den Transport von Truppen und Material sowie die Telegrafie, um Verbindung zu halten. Im Generalstab herrschte zunehmend Unkenntnis, wo welche Truppen standen, besonders die des Gegners. Erschwerend kam hinzu, dass der Kaiser verlangte, Truppen vom Westen nach Ostpreußen zu verlegen, um den russischen Einmarsch zu stoppen. Das beschädigte den Schlieffenplan erheblich, der eine schnelle Niederwerfung Frankreichs mit überlegenen Mitteln vorsah.

Bereits im September 1914 hatte der Große Generalstab kaum noch eine Übersicht über die Lage im Westen. Moltke musste am 9. September die Marneschlacht abbrechen. Er übernahm die Verantwortung für den überstürzten Rückzug. Dem Kaiser soll er gemeldet haben: „Majestät, wir haben den Krieg verloren.“ Ein prophetischer Satz. Bei Hofe wurde Moltke für verrückt erklärt.

Am 14. September 1914 wurde Erich von Falkenhayn zum Chef der Obersten Heeresleitung ernannt. Allerdings blieb der Führungswechsel vorerst geheim, um nicht den Misserfolg eingestehen zu müssen.

Das massenhafte Leiden und Sterben in einem bis dahin unbekannten Ausmaß dauerte bis 1918 an. Helmuth von Moltke erlebte das Ende nicht. Er erlitt am 18. Juni 1916 während eines Festaktes im Reichstag einen Schlaganfall. Einer seiner Söhne sagte, der Vater sei an gebrochenem Herzen gestorben.       Klaus J. Groth


Honeckers Devisenbeschaffer lief am Ende über
Vor einem Jahr starb der gebürtige Berliner Alexander Schalck-Golodkowski – Er ging mit der DDR nicht unter

Zweifellos gehört Alexander Schalck-Golodkowski zu den schillerndsten Figuren deutscher Zeitgeschichte. Der am 21. Juni 2015 in Rottach-Egern gestorbene Preuße war eine Schlüsselfigur des SED-Regimes.

Die Karriere des am 3. Juli 1932 in Berlin-Treptow geborenen SED-Politikers, MfS-Obersten und DDR-Wirtschaftsfunktionärs begann 1959 als Spitzel des ­Staatssicherheitsdienstes. Und als 1966 im Ministerium für Außenhandel die Abteilung „Kommerzielle Koordinierung“ (KoKo) eingerichtet wurde, wurde er deren Leiter. Die Aufgabe der Abteilung war die Beschaffung von Devisen – und das mit wirklich allen Mitteln, seien es die Freikäufe politischer Häftlinge durch Bonn, der Embargoschmuggel westlicher Hochtechnologie, Waffenlieferungen selbst an sich bekämpfende Regime oder der Verkauf von Kulturgut an den We­sten, das bei in der DDR lebenden Privatpersonen beschlagnahmt worden war. Bald hatte KoKo Bankverbindungen in Kopenhagen, Zürich, Lugano, Genf und Wien. Schalck-Golodkowski wurde 1967 Offizier im besonderen Einsatz (OibE) der Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung (AG BKK) und 1975 Oberst des Staatssicherheitsdienstes.

Nichtsdestotrotz erzählte er bei seinen Gesprächen in Bayern überaus viele Interna aus der DDR-Führungsspitze, zweifellos in dem vollen Bewusstsein, seine Mitteilungen würden von anwesenden Mitgliedern des Bundesnachrichtendienstes (BND) gehört oder diesem zugeleitet. Dieser sah ihn nie als Mitarbeiter an, sondern als Opportunisten – der für ihn nützlich war, was der zweifellos auch sein wollte. Umgekehrt berichtete Schalck-Golodkowski dem DDR-Geheimdienst über oft allzu geschwätzige westdeutsche Politiker. Er selber lebte ein einer prachtvollen Villa in Berlin-Schönhausen, Manetstraße 16, die er mit vielem Meißner Porzellan und über 200 wertvollen Gemälden ausstattete.

Am 1. Dezember 1989 verlangten Volkskammerabgeordnete Auskunft über seine angeblichen Konten in der Schweiz. Einen Tag später warnte Rechtsanwalt Wolfgang Vogel ihn vor einer Verhaftung. Nur wenige Stunden danach schrieb Schalck-Golodkowski an den Ministerratsvorsitzenden Hans Modrow, er wolle „kurzfristig“ seinen „Urlaub antreten“: „Ich fahre nicht in die BRD, nach West-Berlin oder Nato-Staaten. Ich bin und möchte Bürger unseres Staates sein und bleiben … Ich verspreche Dir und meinem Staat, dass ich gegenüber niemandem über meine Kenntnisse sprechen werde.“ Gemäß einem erst kürzlich erschienenen seriösen Buch erreichte er bei seiner Flucht unmittelbar danach am 3. Dezember um 0.40 Uhr über den Grenzkontrollpunkt Invalidenstraße West-Berlin, wobei der BND-Oberst Joachim Philipp „im Auftrage des BND“ sehr behilflich war. Zwei Stunden später war der Erich-Honecker-Nachfolger Egon Krenz informiert, der bis zuletzt an Schalck-Golodkowskis Flucht ins Sowjet-Hauptquartier in Wünsdorf geglaubt hatte.

Unbestritten ist, dass Schalck-Golodkowski im Untersuchungsgefängnis in West-Berlin BND-Besuch bekam. Er verbrachte schon bald bis zu seinem Tode einen geruhsamen Lebensabend in Bayern, wo er dem BND sein gesamtes Wissen preisgab. Seine zwei Gerichtsverurteilungen wegen Verletzung von Embargobestimmungen endeten mit „Aussetzung zur Bewährung“ geradezu lächerlich. Hans-Georg Wieck, der von 1985 bis 1990 den BND leitete, berichtete, Bonn hätte dem vormaligen  DDR-Schmuggelkönig sogar eine neue Identität versprochen, was man dort aber leugnet. Derartiges ist überall auf der Welt üblich, indes äußerst selten. Voraussetzungen sind hohe Verdienste um das jeweilige Land, in diesem Falle also die Bundesrepublik Deutschland.                   

                Friedrich-Wilhelm Schlomann


Bonns Milliardenkredit für die DDR

Der Name Schalck-Golodkowski ist untrennbar verbunden mit dem Ost-Berlin 1983 gewährten Milliarden-Kredit, nachdem Mos­kau zur weiteren Hilfe kaum noch bereit gewesen war. Oberflächlich betrachtet stützte das westdeutsche Geld das DDR-Regime, das wirtschaftliche Vorteile erhielt und eine drohende Ernährungskrise vermied. Andererseits erhöhte es dessen finanzielle Abhängigkeit von der Bundesrepublik und die DDR wurde zu menschlichen Erleichterungen gezwungen, was das Ziel von Franz Josef Strauß war.

Das Motiv des Bundesnachrichtendienstes ging wesentlich weiter. BND-Präsident Wieck rief einmal einem kritischen Journalisten telefonisch zu: „Wir müssen die DDR über Wasser halten!“ Nach seinen Überlegungen würde ohne die Kreditgewährung der DDR-Lebensstandard weiter zurückgehen und die ohnehin starke Ablehnung der Bevölkerung gegen ihr System sich weiter verstärken. Einen drohenden offenen Aufstand gälte es unbedingt zu vermeiden. Denn wie schon 1953 in Ost-Berlin und später in Budapest sowie Prag und ebenfalls in den ersten Jahren unter Michail Gorbatschow hätten sowjetische Panzer jegliche freiheitliche Regungen blutig unterdrückt. Nach der Kalkulation des BND aber würde mit zunehmendem Zerfall der UdSSR der Kreml eines Tages gezwungen sein, sich dem Westen zu öffnen – schon um die für Mos­kau überlebensnotwendigen Kredite zu erlangen. Bei einer solchen Politik aber könnten die Panzer nicht mehr schießen, ohne diese unglaubwürdig zu machen.

Bereits 1988 hatte Gorbatschow dem SED-Chef angekündigt, bei Unruhen in der DDR nicht mehr einzugreifen. Mit seiner Nachricht vom 5. Juni 1989 konnte der BND das Bundeskanzleramt davon informieren. Bei den Demonstrationen am 9. Oktober 1989 in Leipzig machte Gorbatschow seine Ankündigung wahr. Trotz Androhungen in der dortigen Presse, Waffengewalt einzusetzen, fiel kein einziger Schuss – auf Befehl des sowjetischen Stadtkommandanten, wie es aus gut informierten Quellen heißt. Es war der Anfang vom Ende der DDR.               F.-W.S.


S. 12 Leserforum

Leserforum

Grüner Pyrrhussieg in Österreich

Zu: Warnschuss aus Wien (Nr. 21)

Die Wahl des Bundespräsidenten in Österreich ist in vielerlei Hinsicht nicht mit dem politischen System in Deutschland vergleichbar. Dies liegt schon an der Ideologie der dortigen Parteien, wie der SPÖ, die sich noch bis 1991 als „sozialistisch“ und nicht sozialdemokratisch bezeichnete, oder der ÖVP, die eher katholisch geprägt ist und somit der Zentrumspartei der Weimarer Republik ähnelt. So sind auch Grüne und FPÖ nicht mit den deutschen Parteien Grünen/Bündnis 90 und der FDP, der Alfa oder gar der AfD in einem Atemzug zu nennen; Ideologie und Historie sind vollkommen anders.

Der Sieg Alexander Van der Bellens (Grüne) war eigentlich im zweiten Wahlgang von vornherein klar, denn es war absehbar, dass Norbert Hofer (FPÖ) mit zirka 35,1 Prozent im ersten Wahlgang nicht siegen konnte. Denn gerade in Österreich gilt die FPÖ für die etablierten Parteien als „enfant terrible“. Somit würden sich die anderen Parteien SPÖ, ÖVP, Grüne, KPÖ, Neos und Team Stronach gegen die Wahl Hofers aussprechen und Van der Bellen unterstützen. So ist es geschehen. Hofer hatte damit eigentlich nicht die Chance zu gewinnen – wer etwas anderes behauptet hat, kennt die Politik und die Medienlandschaft der Republik Österreich nicht. Alles über 35,1 Prozent Stimmenanteil war als ein Erfolg für die FPÖ und ihres Kandidaten zu werten.

Bemerkenswert ist allerdings, dass Hofer – trotz dieses Widerstands – auf 49,7 Prozent der Stimmen kam und sogar auf einen Sieg spekulieren konnte. Dies heißt deutlich, dass die FPÖ aus dem gegnerischen Lager zirka 14,6 Prozent gewinnen konnte. Die FPÖ hat wahrscheinlich von Anfang an gar nicht damit gerechnet, überhaupt so weit zu kommen. Diese Option machte erst das desolate Ergebnis des ersten Wahlgangs für ÖVP und SPÖ auf. Damit war ursprünglich nicht kalkuliert worden.

Bemerkenswert ist auch, dass es über 49 Prozent der Österreicher lieber ist, einen FPÖ-Kandidaten zu wählen als Van der Bellen von den Grünen. Dazu muss man wissen, dass der Wirtschaftsprofessor nie an der renommierten Wirtschaftsuniversität Wien Lehrender war, sondern in der auf diesem Gebiet unbedeutenden Universität Wien dozierte. Seine grüne Ideologie ist sehr links orientiert und fundamental. Das schreckte bei ihm schon oft viele Österreicher ab.

Bei der FPÖ zeigt es sich, dass sie bei den nächsten Nationalratswahlen eine Kraft ist, mit der man rechnen muss – ja, möglicherweise mit Heinz-Christian Strache einen Bundeskanzler in Zukunft stellen kann.

Was auch immer die Analysen zeigen, es war für jenen Teil der Wählerschaft, die Van der Bellen ins Amt half, ein Pỵrrhussieg. Die FPÖ wird die aktuelle Akzeptanz in der Bevölkerung zu nutzen wissen. Wer es schaffte, bei einer Bundespräsidentenwahl ein solch gutes Ergebnis und sogar einen Bundekanzlerwechsel vorab zu erreichen, ist stark genug, in die nächste Regierung einzuziehen. Das wissen auch die Politikinteressierten Österreichs. Und die FPÖ wird nicht locker lassen, um vorzeitige Nationalratswahlen zu fordern. Der überraschend eingesetzte Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) ist kein Politiker von Format wie Kreisky, Sinowatz oder Vranitzky, die eine solche Situation handhaben konnten. Ein frühzeitiges Scheitern des früheren ÖBB-Vorstandchefs Kern ist möglich.

Ein wesentlicher Punkt sollte nicht vernachlässigt werden: Während die Österreicher über EU-Beitritt, Einführung des Euro und den Bundespräsidenten abstimmen dürfen, sind wir Deutsche bei solchen Fragen nur Zaungäste der Politik. Schon allein das macht die österreichische Politik anders und auch interessanter.

Dr. Eibe Hinrichs, Knüllwald

 

 

Das Sozialamt der Welt

Zu: Willkommenskultur? Fehlanzeige (Nr. 22)

Ihr Artikel über die deutschen Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg und der Vergleich mit den heutigen Flüchtlingen haben den Nagel auf den Kopf getroffen.

Meine Eltern und Großeltern haben nicht nur mit dem Verlust ihrer Heimat und ihren Gütern bezahlt und unter unsäglichen Strapazen und Leid haben sie den weiten Weg von Ostpreußen nach Mitteldeutschland still ertragen, sondern auch die Beleidigungen und Demütigungen in der neuen Heimat widerstandslos hingenommen. Niemand hat ihnen die miserablen Unterkünfte gereinigt, sie ärztlich versorgt oder psychologisch betreut. Nein, sie haben angepackt und sich Stück für Stück selbst, soweit es ging, wieder etwas aufgebaut.

Ich habe sie nie jammern hören, oder sie haben sich auch nie beschwert über dies oder das. Sie hatten, gerade in der damaligen DDR, nicht einmal die Chance, sich mit Landsleuten zu treffen und auszutauschen, wie es in vielen Teilen Westdeutschlands möglich war. Es durfte der Name Ostpreußen ja nicht einmal erwähnt werden, da sie sonst als Revanchisten verhaftet worden wären. Sie waren für mich und meine Geschwister immer da und haben uns den Mangel und das Leid nie spüren lassen.

Wenn ich dann heute sehe, wie aggressiv ein großer Teil der Neuankömmlinge aus aller Welt Forderungen stellt, bedient wird und für alles einen Sozialarbeiter zur Seite gestellt bekommt, muss ich sagen, dass hier etwas gewaltig schiefläuft.

Ich habe nichts gegen Flüchtlinge, die durch Krieg und Not zu uns kommen und sich auch hier niederlassen und integrieren. Aber das müssen sie wollen, und wir müssen klare Regeln aufstellen und deren Einhaltung fordern. Eine übertriebene Willkommenskultur macht uns nur zum Sozialamt der Welt, erzeugt Neid und Missgunst in der Bevölkerung und führt langfristig zur Destabilisierung der Sozialsysteme. Die Europäische Union hat in der Flüchtlingsfrage ja bereits aufgehört zu existieren, und der Sinn dieser Union wird jedem, der es bis jetzt noch nicht wusste oder wissen wollte, täglich sichtbarer.

Ich finde, dass es höchste Zeit ist, mit kritischen Stimmen zu dis­kutieren und diese nicht immer gleich in die rechte Ecke abzuschieben. Jeder sollte auch so viel Mut aufbringen, zu sagen, wo der „Schuh drückt“ und was ihm nicht passt. Wir sind eine Republik der Duckmäuser geworden. Wenn ich derzeit Presse und Funk anschalte, fühle ich mich in tiefste DDR-Zeiten zurückversetzt: Es wird gelogen und schöngeredet, dass sich die Balken biegen. Die PAZ ist da eine Ausnahme, und ich danke den verantwortlichen Mitarbeitern dafür.

Jörg Dommert, Dessau

 

 

Elf gute Immigranten müsst ihr sein

Zu: Fasten und Terror (Nr. 23)

Derzeit treffen in Frankreich die besten Nationalmannschaften Europas aufeinander, um am Ende den Fußball-Europameister zu küren. Bei dem Turnier im Jahr  2000 schied die deutsche Mannschaft schon nach der Gruppenphase aus. Das war ungewohnt und enttäuschend für die Mannschaft und die vielen Zuschauer. Vernünftigerweise würde man sagen: kann passieren, eben Pech gehabt. Beim nächsten Mal wird es wieder besser sein. Aber nein, die Experten trieben Ursachenforschung. Neidvoll schaute man auf Frankreich, denn sie gingen als Sieger hervor.

Wie war das möglich? Klarer Fall, Frankreich hatte Fußballer aus Übersee im Kader, daher also die absolute Überlegenheit. Wäre das nicht auch für Deutschland nachahmenswert? Sofort kam der erste Vorschlag vom ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. In Hannover, da spielt ein Afrikaner, der ist qualifiziert, der gehört in die Nationalmannschaft, und prompt, kurze Zeit später, spielte er für Deutschland. Bekam wohl rechtzeitig die deutsche Staatsbürgerschaft. Das Eis war gebrochen. Inzwischen gibt es Spieler aus allen Kontinenten bei uns. Sogar in den untersten Ligen sind sie vertreten.

Wer da jetzt meint, diese Auserwählten würden auch stets den besseren Fußball spielen oder sogar stolz darauf wären, Deutschlands Fahnen hochzuhalten, der irrt. Beim Abspielen der Nationalhymne regt sich bei ihnen keine Lippe. Hier geht es nämlich nur um Geld und nochmals ums Geld. Von Ehre keine Spur.

Die Prämie wird schon vorher ausgehandelt und in Deutschland sind die Gagen doch sehr verlockend. Der sportliche Wert sei dahingestellt. Etwas Gutmenschentum ist natürlich immer dabei. Das Ausland soll erkennen: Seht her, in Deutschland gibt es keine Rassisten mehr. Hier kann jeder Erfolg haben, wenn er nur tüchtig ist und die nötigen Förderer das Ihre dazu beitragen. Mir kann man jedenfalls nicht weismachen, dass es nicht genug gleichwertigen oder sogar besseren Ersatz dafür gibt. So gesehen ist es natürlich ziemlich schwierig, den idealen Nachbarn zu finden, insbesondere bei dieser mobilen Gesellschaft.

Der verstorbene Bundespräsident Theodor Heuss würde sagen: Nun siegt mal schön, und ich füge hinzu: mit oder ohne Nachbarn. Und dies zum Schluss: Bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika hatte sich die französische Nationalmannschaft selbst zerlegt und ist früh ausgeschieden. Der Grund: Die Prämie war zu niedrig, man trat in den Spielerstreik. Unser Nachkriegstrainer Herberger hatte gesagt: „Elf gute Freunde müsst ihr sein, dann klappt es auch mit dem Spiel.“ Das war 1954.

Wilhelm Jäkel, Damme

 

 

Unethische Fehlurteile

Zu: Ein Herz für Schwerkriminelle (Nr. 22)

Die dreieinhalb Jahre wegen versuchter schwerer Vergewaltigung, die der Amtsrichter in Hof verhängt hat, hören sich viel an. Sind es aber nicht. Sie sind es nur, wenn man diese den Zehntausenden von „Urteilen“ mit Bewährung wegen Totschlags, Todfahrens oder Vergewaltigens jährlich gegenüberstellt. Sie sind wiederum wenig, wenn man die jährlich Zehntausende von Fehlurteilen wegen Mord, Totschlag oder Vergewaltigung mit Strafen von lebenslang, fünf, acht und zehn Jahren Haft in Betracht zieht.

Die realen „Strafen“ für reale Straftaten sind seit etwa 1970 nicht mehr dem Wert eines Menschenlebens, seiner Gesundheit und Würde angemessen. Für einen Mord oder Mehrfachmord Lebenslang verurteilte Lebensvernichter werden in 99 Prozent der Fälle nach 15 Jahren auf Bewährung entlassen. Wird für Mord oder Mehrfachmord „die besondere Schwere der Schuld“ festgestellt – als ob nicht alle Morde besonders schwer wären – dann erfolgt für 99 Prozent der Täter die Entlassung nach 17, 19 oder 22 Jahren mit Bewährung. Dies entspricht in keiner Weise der Einmaligkeit und dem hohen Wert jedes einzelnen Menschenlebens.

Für die Tötung (Vernichtung) eines Menschen (Menschenlebens) darf es keine Geld- oder Bewährungsstrafe geben. Gleichfalls nicht für die Schädigung der Gesundheit eines Menschen (durch Gewalt) mit der Folge eines lebenslangen Gesundheitsschadens oder der Arbeitsunfähigkeit.

Alles andere wäre unethisch, verhöhnend und antihumanistisch. Wobei für die Festsetzung von Mindeststrafen Entschädigungsgründe keine Rolle spielen dürfen. Diese Rolle darf nur zum Tragen kommen bei der Festsetzung des Strafmaßes über die Mindeststrafe hinaus. Auch darf, wo es um das einmalige, unersetzbare, hohe Gut eines Menschenlebens geht, nicht gefeilscht werden. Die unterschiedlichste Handhabung des Strafmaßes nach „Jugendstrafrecht“ (14 bis 18 Jahre), „Heranwachsenenstrafrecht“ (19 bis 21 Jahre) und „Erwachsenenstrafrecht“ gleicht einem Feilschen. Wer mit 16 Jahren tötet, hat wie ein 30-Jähriger, der tötet, für sein lebensvernichtendes, verbrecherisches Handeln einzustehen.

Ein großer Schritt wäre getan im Sinne von Euripides’ „Dem Leben kommt an Wert nichts anderes gleich“ und Georg Büchners „Die Unterdrücker der Menschheit bestrafen ist Gnade, ihnen verzeihen ist Barbarei“.

David S. Vischer, Berlin

 

 

Bescheidener Karl

Zu: Von Sigmaringen nach Budapest (Nr. 19)

Seit einiger Zeit beobachten unsere Freunde in Rumänien eine Renaissance des rumänischen Königshauses, schwerpunktmäßig aber Carols I. (Karl I.), dem aus dem Haus Hohenzollern-Sigmaringen stammenden Karl Eitel Friedrich. Was dieser Herrscher für Rumänien getan hat, ist unglaublich. Denn bei seinem Regierungsantritt im 19. Jahrhundert  lag das Land im Grunde völlig am Boden. Das Parlament hatte ihm eine jährliche Vergütung angeboten, die er aber ablehnte mit den Worten: „Wenn ich sehe, in welchem Zustand sich dieses Land befindet, so sehe ich mich außerstande, diese Vergütung anzunehmen.“

Bernd Brandes, Hannoversch Münden


S. 13 Das Ostpreußenblatt

120 Jahre Königsberger Tiergarten
Zahlreiche Besucher am Jubiläumstag – Bürger nehmen kommerzielle Ausrichtung gemischt auf

Ende Mai wurd im Königsberger Tiergarten dessen 120. Jubiläum feierlich begangen. Neben offiziellen Ansprachen gab es vor allem für Kinder zahlreiche Attraktionen, die dem Zoo allerdings die Atmosphäre eines Vergnügungsparks verliehen.

Der Zoo in Königsberg feierte 120. Jubiläum. Am 21. Mai 1896 wurde auf dem Hufenpark nahe der Innenstadt der erste zoologische Garten in Königsberg eröffnet. Ein Jahr zuvor hatte dort die Norddeutsche Gewerbeausstellung stattgefunden. Der Unternehmer Hermann Claas, Leiter der Gewerbeausstellung, initiierte die Gründung des Tiergartens, dessen erster Direktor er wurde.

Während des Kriegs wurde der Zoo stark beschädigt und zerstört, fast alle Tiere starben oder waren davongelaufen. Erst 1947 öffnete der Tiergarten wieder seine Tore für Besucher, in den 70er Jahren wurde er modernisiert.

Am Jubiläumstag versammelten sich so viele Besucher im Zoo, dass es schwierig war, überhaupt an die Gehege heranzukommen. Offensichtlich wurde den Tieren der Trubel zuviel und sie zogen sich in ihre Behausungen zurück. 

Hätte man bei der Eröffnungsfeier eigentlich Gäste und Kollegen aus dem Ausland, vor allem aus Deutschland, erwartet, so trat nach einer kurzen Einführung der Direktorin Swetlana Sokolowa lediglich ein Abgeordneter der Partei „Einiges Russland“, Alexander Pjatikop (amtierender Stellvertretender Stadtrat) auf, der einige Minuten die Anwesenden im Geiste einer Vorwahlkampagne unterhielt. Der Hauptredner versuchte das Publikum mit einigen Zurufen aufzuheitern, erntete jedoch nur spärlichen Applaus. Danach trat auf dem Festplatz eine Kindergruppe auf, nach deren Vorführung die öffentliche Eröffnungszeremonie des Zoojubiläums praktisch zu Ende war.

Am Abend durften die Besucher der Fütterung der Zootiere beiwohnen. Es gab ein Quiz „Reise in die Vergangenheit“, eine Ausstellung von Kinderzeichnungen zum Thema „120 Jahre in der Welt der Tiere“, einen Malwettbewerb auf Asphalt und Führungen mit Zoologen.

Am Tag zuvor wurde im regionalen Dramentheater ein Empfang anlässlich des Zoo-Jubiläums gegeben, zu dem die Vertreter der regionalen und städtischen Behörden geladen waren.

In den vergangenen Jahren wurden im Tiergarten zahlreichen Arbeiten zur Verbesserung der Infrastruktur ausgeführt. Das Zoogelände ist sauber und gepflegt. Dennoch benötigen nach wie vor viele Objekte grundlegende Reparaturen und Neuaufbauten, insbesondere die Gehege für Wölfe, Bären und Löwen.

Eigentlich sollte ein Zoo als Einrichtung für die Erhaltung, Reproduktion und für Tierstudien dienen. Zurzeit entwickelt sich der Königsberger Tiergarten aber eher zu einem Vergnügunspark. Von anderen Parks in der Stadt unterscheidet ihn lediglich das Vorhandensein von Tiergehegen. Auf dem Zoogelände reihen sich viele kommerzielle Objekte aneinander wie Kioske und Verkaufsstände. Die Zeit, als der Zoo eine grüne erholsame Oase inmitten der hektischen Stadt war, gehört der Vergangenheit an. Während ältere Besucher kritisieren, dass der Zoo allmählich die Atmosphäre eines Tiergartens verliert, freuen sich vor allem Familien mit Kindern an den gebotenen vielseitigen Attraktionen. Dieser Gegensatz spiegelt sich auch in den Reaktionen von Besuchern der Jubiläumssfeier wider. Ein älteres Ehepaar beklagte, dass die von allen Seiten ertönende laute Musik und das Geschrei sie daran hindere, in Ruhe die Tiere zu beobachten. Ein kleines Mädchen dagegen erfreute sich am Spielplatz, wo es leckeres Eis gibt und man freilaufende kleine Tiere füttern kann. Seine Mutter fügte hinzu, dass die Kleine besonders das Spiel mit den herumspringenden Ziegen begeistert habe, die ihr Gras aus der Hand fraßen. Ein junges kinderloses Paar erzählte, dass es gerne im Zoo sitze und Kaffee trinke. Sie wollten sich das Affengehege ansehen, aber die Affen hätten ihnen nur ihre Hinterteile gezeigt. Dafür erfreuten sie ein Bär, der mit Gebrüll um Essen bettelte.

Nicht die Anzahl der Tiere sei es, welche die Qualität eines Zoosbestimmten, sondern wie sie von den Menschen wahrgenommen würden, hatte Zoodirektorin Sokolowa vor Publikum gesagt. Mit Fug und Recht kann man behaupten, dass die meisten Besucher glücklich und zufrieden waren, während die Tiere zum Teil genervt und verschreckt waren.

Der Königsberger Tiergarten ist  heute einer der meist besuchten Orte neben den Museen und Kultureinrichtungen der Stadt. Jurij Tschernyschew


»Tannen« – 25 Jahre im Einsatz
Gesellschaft der Deutschen Minderheit feierte ein Vierteljahrhundert ihres Bestehens in Osterode

Ende Mai wurde im Hotel „Sajmino“ in Osterode-Buchwalde gefeiert. Geburtstagskind war die Gesellschaft der Deutschen Minderheit „Tannen“, die auf 25 Jahre ihres Bestehens zurück-blicken kann. Wegbegleiter, Mitglieder und Gäste waren zahlreich zum Gratulieren erschienen.

Im April 1991 wurde die Gesellschaft der Deutschen Minderheit „Tannen“ in Osterode aus der Taufe gehoben und gerichtlich registriert. Zuerst befand sich ihr Sitz beim Magistrat in der ulica Sienkiewicza im zweiten Stock. Doch die sich schnell ausweitenden Aktivitäten der jungen Gesellschaft unter der Leitung von Waltraut Mroczynski erforderten bald andere räumliche Möglichketen. Dank der Kreisgemeinschaft Osterode konnte das „Deutsche Haus“ in der Herderstraße 7 erworben, renoviert und eingeweiht werden, das bis heute der wichtigste Treffpunkt aller Deutschen in Osterode, aber auch offen für alle Bürger ist. Die Mitgliederzahl ist zwar von 1550 im Jahr 1992 auf heute etwa 600 gesunken, doch am vielfältigen Einsatz der Gesellschaft änderte das wenig. Der Vorsitzende der „Tannen“, Henryk Hoch, berichtete von den Erfolgen in der Arbeit für die Bewahrung der Spuren der deutschen Kultur in der Region, aber auch den Erhalt der deutschen Sprache, der mit dem Chor, der Gesangs- und Tanzgruppe der jungen „Tannen“ sowie Sprachkursen und Samstagskindergarten erreicht werden konnte.

Vielerseits wurde ihm stellvertretend für die Gesellschaft „Tannen“ Lob ausgesprochen. Osterodes Vizebürgermeister Norbert Gesek erinnerte an den Beitrag der Deutschen Minderheit und der Kreisgemeinschaft Osterode zur Städtepartnerschaft mit Osterode am Harz, der Vorsteher der Gemeinde Osterode, Bogusław Fijas, betonte das Engagement der Johannitersozialstation, die dank der ursprünglichen Initiative von deutscher Seite viel Gutes bewirkt hat. Der Marschall von Ermland-Masuren, Gustaw Marek Brzezin, durfte als früherer Gemeindevorsteher von Osterode den Wiederaufbau der Kirche in Marienfelde, aber auch den Einsatz für die Schule in Hirschberg [Idzbark] miterleben. Er sparte nicht mit lobenden Worten für die Renovierung des Schlosses und die Wiedererrichtung des früheren Dreikaiserbrunnens, dieses als Säule der europäischen Einheit besonders hervorhob: „Gerade dieses Projekt, das zum zehnten Jubiläum des Beitritts Polens zur Europäischen Union durchgeführt wurde, hat einen positiven, Völker verbindenden Charakter. Wir haben früher viel Hilfe erfahren, und unterstützen heute die Tätigkeit der Gesellschaft.“ Der frühere Osteroder Bürgermeister und Woiwode von Ermland-Masuren sowie jetzige polnische Vizeminister für Landwirtschaft, Zbigniew Babalski, schloss sich dem an, erinnerte sich aber vor allem an die vielen Male, die  Hoch bei ihm vorstellig wurde. „Manchmal, wenn es durch die Tür nicht ging, klopfte er ans Fenster“, beschrieb er die Hartnäckigkeit des Vorsitzenden der „Tannen“ und des Verbandes der Deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren, betonte aber auch: „Henryk Hoch setzte sich nicht für sich persönlich ein, sondern immer für die Menschen, die er vertrat, und für seine heimatliche Region.“

„Jede Arbeit, jeder Erfolg braucht eine Führung, eine Persönlichkeit“, unterstrich auch der Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Osterode, Edgar Steiner, mit Blick auf Hoch. In seiner Ansprache dankte er für die vertrauensvolle Zusammenarbeit bei verschiedenen Projekten seit 1993. Dabei schloss er die zur Feier gekommenen Vertreter der Gesellschaft zur Pflege deutschen Kulturguts „Emil von Behring“ in Hohenstein mit ein, das historisch zum Kreis Osterode gehörte. Gleichzeitig nahm  Steiner Abschied von den Mitgliedern der Deutschen Minderheit seines Kreises, da er im Herbst 2016 sein Amt als Kreisvertreter  abgeben wird. Mit den Worten „So Gott will, sehen wir uns in Kürze wieder“ deutete er aber auch an, dass er auch ohne offizielles Amt weiter an der Arbeit mitwirken wird.

Hoch freute sich über die vielen Gäste, aber auch über die große Zahl der Mitglieder und der Freunde anderer deutscher Gesellschaften: „Der Chor aus Heilsberg von der Gesellschaft ,Warmia’ hat für uns gesungen, einige Vertreter des Hohensteiner Vorstands waren da, und auch mehrere unserer Gründungsmitglieder haben den Weg zur Feier gefunden.“ Zur angenehmen Atmosphäre des Festes, das mit einem gemeinsamen Grillen ausklang, trug auch das dazu passende sonnige Wetter bei, das als Symbol für weitere gute Aussichten für die Gesellschaft „Tannen“ gelten konnte.

Uwe Hahnkamp


MELDUNGEN

»Ausländischer Agent«

Königsberg – Das „Hansebüro Kaliningrad“, die Wirtschaftsvertretung des Landes Schleswig-Holstein im Königsberger Gebiet, wurde von der russischen Regierung überraschend als „Ausländischer Agent“ eingestuft. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung legte die Bundesregierung über die Deutsche Botschaft in Moskau Beschwerde dagegen ein. Auch die von einer Koalition aus SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) getragene Landesregierung in Kiel zeigte sich verschnupft. Europaministerin Anke Spoorendonk vom SSW drohte pikiert, man werde jetzt rasch prüfen, ob es noch eine weitere Zusammenarbeit mit der russischen Seite geben könne. Der „Vormann“ genannte Präsident der Neuen Hanse, Lübecks sozialdemokratischer Bürgermeister Bernd Saxe, äußerte Zweifel daran, dass die Mitgliedschaft von russischen Städten in seiner Organisation fortgeführt werden könne.                T.W.W.

 

Schießübungen im Juni

Arys – Im Juni werden auf dem Truppenübungsplatz in Arys tagsüber zwischen 8 bis 17 Uhr sowie von 22 bis zwei Uhr nachts Schießübungen mit scharfer Munition durchgeführt. Während dieser Zeit, aber auch samstags und sonntags ist Zivilisten der Zutritt zum Truppenübungsplatz wegen der hohen Gefahr strikt untersagt, egal ob sie Holz, forstliche Abfälle oder Patronenhülsen sammeln wollen. Bei Zuwiderhandlung droht ein Bußgeld.               PAZ

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. S7j: Rontzken [Raczki] –  Zalusken [Załuski], Baustelle. Straße Nr. 7: Elbing [Elblag] – Jazowa, Baustelle; Liebemühl – Osterode [Ostróda], Baustelle; Osterode – Hohenstein [Olsztynek], Baustelle; Zalusken [Załuski] – Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 7j: Zalusken – Neidenburg [Nidzica], Baustelle. Straße Nr. 15: Rheinsgut [Rynskie] – Mörlen [Morliny], Baustelle. Straße Nr. 16: Osterode  – Alt Jablonken [Stare Jabłonki], Baustelle; Lyck [Ełk] – Klein Ruttken [Rutki], Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing – Fichthorst [Jegłownik], Baustelle. Straße Nr. 51: Heilsberg [Lidzbark Warminski], Baustelle; Allenstein [Olsztyn] – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 53: Klaukendorf [Klewki] – Groß Purden [Purda], Baustelle; Ortelsburg [Szczytno] - Olschinen [Olszyny], Baustelle. Straße Nr. 58: Bialla [Biała Piska], Baustelle. Straße Nr. 59: Moythienen [Mojtyny], Brückeumbau. Straße Nr. 63: Arys [Orzysz] – Johannisburg [Pisz], Brückenbau. Straße Nr. 65: Goldap [Gołdap] – Treuburg [Olecko], Brückenbau. Straße Nr. 65a: Lyck [Ełk], Baustelle.              E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

es sollte eine heitere Kolumne werden, die so recht zu diesem jungen Sommer passt – für mich immer noch die schönste Jahreszeit mit ihren hellen Nächten, die nicht schlafen gehen wollen, jedenfalls nicht an unseren heimischen Stränden, wie ich sie erleben durfte. Sie blieben unvergessen, auch wenn es eine kaum glaubliche Zeitspanne her ist, weil ich ja inzwischen ein mehr als biblisches Alter erreicht habe. Und dann holte mich abrupt die Gegenwart ein, und die brachte keine gute Nachricht, sondern die Todesanzeige für unseren alten Freund und Mitbewahrer ostdeutschen Kulturgutes in Wort und Schrift: Karlheinz Mose verstarb am 3. Juni in Hamburg. Dass es dem ehemaligen Redakteur gesundheitlich nicht gut ging, konnten meine Gäste und ich an meinem 100. Geburtstag am 13. Februar feststellen. Er war beim Aussteigen aus seinem Auto gestürzt und kam nur mit kräftiger Unterstützung die Treppe hoch. Aber dann wurden es wunderschöne Stunden im Freundes- und Kollegenkreis, in denen Karlheinz Mose auch kräftig in die Erinnerungskiste griff, denn was hatte er nicht alles erlebt auf seinem langen Weg aus der schlesischen Heimat über erste berufliche Stationen im Medienbereich in Westdeutschland bis zu seiner Tätigkeit als Leitender Redakteur bei der „Hörzu“ in Hamburg, die dann sein weiteres Leben bestimmte. Seine Erinnerungen und Erfahrungen konnte Karlheinz Mose auch in unsere Kulturarbeit als Referent in den Seminaren der Landsmannschaft Ostpreußen im Ostheim in Bad Pyrmont einbringen, wo vor allem sein Referat über die „Aktion Suchkind“ eine aufmerksame Zuhörerschaft fand. Er sprach in seiner ruhigen Art, berichtete über seine Mitwirkung an vielen Aktionen im Medienbereich – zu denen auch die Verleihung der „Goldenen Kamera“ gehörte –, wobei er sich selber nie in den Vordergrund stellte, sondern bescheiden blieb, immer fair, niemals verletzend auch in lebhaften Diskussionen. Aber gerade durch diese Zurückhaltung gewannen seine Ausführungen eine hohe Authentizität, die von seinen Zuhörern erkannt und anerkannt wurde.

Aber ein Ereignis blieb in der Erinnerung – nicht nur in seiner, sondern auch in der seiner Zuhörer –, die zu den wundersamsten Geschichten gehören, die ein ehemaliges Flüchtlingskind noch nach Jahr und Tag erleben durfte. In seiner Familie in Frankenstein hatte es eine besonders schöne Weihnachtskrippe gegeben, die mit Sicherheit bei der Okkupation Schlesiens vernichtet worden schien. Wenn Karl-Heinz irgendwo eine Weihnachtskrippe sah – er war ein sehr gläubiger und gelebter Christ –, musste er an diesen Familienschatz denken, der unwiederbringlich verloren schien! Doch als er auf einer seiner ersten Heimatreisen eine Ausstellung besuchte, entdeckte er eine Weihnachtskrippe, die genau so aussah wie die der Familie Mose – und die war es dann auch, wie Karl-Heinz bei näherem Hinsehen feststellen konnte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl für ihn, nach langen Jahrzehnten unverhofft vor der verloren geglaubten Weihnachtskrippe der Familie Mose zu stehen, nun als Relikt aus deutscher Zeit auf einer polnischen Ausstellung präsentiert. Wir haben diese kleine Geschichte veröffentlicht wie so vieles, was aus seiner Feder stammte. Er war nicht nur ein gut informierter Mitarbeiter, sondern auch ein gern gesehener Besucher in den Räumen der Landsmannschaft Ostpreußen in der Hamburger Buchtstraße, stets zu einem fruchtbaren Gedankenaustausch bereit. Ich bin sehr froh, dass wir ihn anlässlich meines Geburtstages noch so kurz vor seinem Tode erleben und im Bild festhalten konnten. Es dürfte eines der letzten Fotos – vielleicht sogar das letzte – sein, das von ihm gemacht wurde.

Und wenn auf dieser Aufnahme auch der Schauspieler Horst Tennigkeit zu sehen ist, mit dem wir ein rege diskutierendes fröhliches Dreiergespann bildeten, so hat das seinen Grund, denn unsere Ostpreußische Familie ist nun einmal ein Netzwerk besonderer Art. Wenn heute am 17. Juni (siehe Erscheinungsdatum der PAZ Nr. 24) das Requiem für Karlheinz Mose im Hamburger St.-Marien-Dom abgehalten wird, steht zur gleichen Zeit Herbert Tennigkeit auf der Bühne der ehemaligen landwirtschaftlichen Realschule im heute zur Republik Litauen gehörenden Pogegen, Kreis Heydekrug und liest aus den Werken ostpreußischer Autoren. Für ihn und seine Zuhörer mehr als ein Zwischenstopp auf der einwöchigen Ostpreußenreise, die der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) veranstaltet, um an den dortigen Kriegsgräberstätten der Gefallenen zu gedenken. Die Reise war so gefragt, dass ein zweiter Bus eingesetzt werden musste, sodass die Gruppe nun fast 80 Teilnehmer zählt. Vor diesem deutschen Publikum wird also Herbert Tennigkeit, der als Kulturträger die Reisenden begleitet, heute lesen und daran denken, dass er auf dieser Bühne bereits einmal agierte, was allerdings schon eine lange Zeitspanne und etliche Grenzziehungen her ist: Als sechsjähriger Lorbass trat er hier in der Rolle des „Däumlings“ bei einer Veranstaltung im Jahre 1943 auf und erntete den ersten Applaus seines Lebens. Denn Herbert wurde hier im Memelland geboren, und wenn er aus dem Fenster des heute von den Litauern auch als Realschule genutzten Gebäudes blickt, sieht er das Wohnhaus, in dem er seine Kindheit verbrachte. Auch das ist eine eigenartige Geschichte, an der unsere Ostpreußische Familie nicht unbeteiligt ist, denn wir haben zu dieser Verbindung zwischen dem VDK und dem Schauspieler beigetragen, der bereits im dänischen Esbjerg eine Feier mitgestaltete. Nun sind es auf dieser Reise mehrere Veranstaltungen, auf denen Herbert Tennigkeit Gedichte und Gedenkworte auf einer ganzen Reihe von Soldatenfriedhöfen spricht.

So findet am heutigen Vormittag in Tilsit eine Gedenkfeier anlässlich des zehnten Jahrestages der Einweihung des Friedhofes statt, auf dem die Gefallenen beider Weltkriege liegen. Auf dem deutschen Soldatenfriedhof befand sich bis 1945 ein Ehrenteil für 514 deutsche und 486 russische im Ersten Weltkrieg Gefallene. Während des Zweiten Weltkrieges war Tilsit Lazarettstadt, und auf dem Waldfriedhof wuchs die Zahl der Soldatengräber ständig an. 1945 wurde die gesamte Fläche eingeebnet. Auf dieser Gedenkfeier wird Herbert Tennigkeit Gedichte von ostpreußischen Dichtern vortragen. Von Tilsit geht es über die Memel nach Pogegen, wo der Schauspieler in dem gut erhaltenen Realschulbau seine Lesung auch aus epischen Werken von Autoren wie Agnes Miegel, Johanna Wolff und Hermann Sudermann halten wird – eine literarische Atempause in dem Mammutprogramm dieses Freitags, das dann in Memel mit einer Gedenkfeier auf der Kriegsgräberstätte, auf der 5000 Gefallene beider Weltkriege liegen, seinen Abschluss findet.

Aber das Programm dieser Gedenkreise des VDK, das in Danzig begonnen hatte, läuft weiter und führt nach einer Fahrt über die Kurische Nehrung und dem Aufsuchen von Soldatenfriedhöfen im nördlichen Ostpreußen nach Insterburg, wo der Besuch der dortigen deutschen Kriegsgräberstätte mit den Feierlichkeiten anlässlich des 20. Jahrestages der Einweihung verbunden ist, auf denen aller Opfer von Krieg und Vertreibung gedacht werden soll. Der Soldatenfriedhof, der zuerst für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges errichtet worden war und der nach dem Zweiten Weltkrieg zum Sammelfriedhof für den ge­sam­ten Ostbereich des russischen Teils Ostpreußens wurde, ist seit 1993 durch drei Jugendlager des VDK instand gesetzt und 1996 eingeweiht worden. Auch dieser Veranstaltung wird Herbert Tennigkeit mit Rezitationen aus den Werken ostpreußischer Dichter einen kulturellen Rahmen geben. Er wird uns nach der Rückkehr von seiner Reise berichten, auf der er sein künstlerisches Schaffen mit einem Kurzaufenthalt im Land seiner Kindheit verbinden konnte. Ob und wie er es wieder fand – wir werden es lesen.

Nicht viele Vertriebene finden Vertrautes aus ihren Kindertagen wieder, und da möchte ich noch einmal meinem Königsberger Landsmann Hans-Georg Balzer das Wort geben. Er hatte für mich zu meinem Hundertsten ein kleines Büchlein mit seinen Erinnerungen geschrieben und gestaltet, ein wunderhübsches Unikat, aus dem ich auch schon einen Beitrag über das Samlandheim in Georgenswalde für unsere Ostpreußische Familie (Folge 15) entnehmen konnte. In einem weiteren Beitrag schildert er den Weg von Rauschen Düne nach Georgenswalde unter dem Titel „Sommer–Sonne–Samlandstrand“, und es ist für ihn der Traumstrand seiner Kindheit. Er lag unterhalb des Fußweges, der von der Hohen Düne zur romantischen Gausupschlucht führte, der Blick auf den tief unten liegenden Strand und die See war geradezu atemberaubend. Hinter der Schlucht erweiterte sich das Bild zu einem einmaligen Panorama: Weit öffnete sich zur linken Seite eine Wiese, sommerblumenbunt und von Birken umsäumt. Dieses Bild unberührter Natur prägte sich dem jungen Betrachter für immer ein. Nach einer kurzen Wegstrecke lockte ein winziges Gartenrestaurant zu kurzer Rast mit selbstgebackenem Kuchen, und immer grüßten weit unten Strand und Meer. Der kleine Ort freundlicher Gastlichkeit trug auch den Namen Ilskefalle – unten am Strand gab es ein größeres Sommerlokal gleichen Namens, das noch heute viele Landsleute kennen. Die kleine Ilskefalle am Wanderweg sei wohl in Vergessenheit geraten, meint Hans-Georg Balzer, aber für ihn ist sie in der Erinnerung noch immer präsent. Kurz vor Georgenswalde nahm ein lichter Hochwald mit altem Buchenbestand den Weg auf, der den Wanderer zum nahen Bahnhof führte, von dem es mit der Samlandbahn zurück nach Königsberg ging. „Ein Winken zum Abschied, auch als Dank für die schönen Stunden am Samlandstrand – dass es einmal ein Abschied für immer sein würde, ahnte damals niemand“, schreibt Herr Balzer und berichtet dann von einem späten Wiedersehen: „Als ich nach 45 Jahren der totalen Abschottung meine ostpreußische Heimat wieder besuchen durfte, suchte ich auch meinen alten Wanderweg entlang der Samlandküste auf. Ich fand ihn nicht mehr wieder. Weite Streckenabschnitte waren durch Abbrüche in den Dünen und brutale Einschnitte, verursacht durch Überbauungen alter und nun als Teilruinen vor sich hingammelnder Ferienlager, unpassierbar geworden. In Jahrzehnten hatte sich die Ödnis überall ausgebreitet. Trotz aller Wehmut über dieses verlorene Paradies aus fernen Kindertagen blieb mir jenes Bild, das sich mir damals unauslöschlich einprägte und unverlierbar bleiben wird bis an das Ende meiner Tage.“

Und somit sind wir in unserer heutigen Kolumne doch noch im jungen, hellen, ostpreußischen Sommer gelandet!

Eure Ruth Geede


Werbe-Ikone oder Sadist?
Schweidnitz sucht den richtigen Umgang mit dem Roten Baron

Jeder kennt ihn, nur nicht die heutigen Bewohner von Schweidnitz, und das, obwohl fast alle ausländischen Touristen nach ihm fragen. Als touristische Attraktion entdeckte den großen Sohn der Stadt als erster Jerzy Gaszynski 2008. Er gründete damals die Red Baron Foundation. Gaszynski hat auch den deutschen Gedenkstein zu Ehren Manfred von Richthofens, der die höchste Zahl von Luftsiegen errang, die im Ersten Weltkrieg von einem einzelnen Piloten erreicht wurde, wiederentdeckt. Gegen den mit 26 Jahren dann doch in Nordfrankreich tödlich getroffenen Flieger, der als Werbeikone für das heutige Schweidnitz stehen könnte, agierte zuletzt vor allem Stadtrat Dariusz Sienko in zahlreichen Interneteinträgen. In einem Beitrag der Seite Swidnica24.pl etwa nannte er Richthofen einen degenerierten Menschen, Sadisten und Verbrecher, der nicht würdig sei, für die 58000-Einwohner-Stadt zu werben.

Das Haus von Richthofens steht in der Striegauer Straße [ul. Sikorskiego] 19. Bis 1945 befand sich im Haus ein Museum zu Ehren des Roten Barons und im anliegenden Park ein Mausoleum des Fliegers. 2010 holte Gaszynski den deutschen Obelisken aus dem Park und platzierte ihn im Garten am Hause derer von Richthofens. Zudem stiftete er aus eigenen Mitteln eine neutral verfasste Gedenktafel mit polnischer Inschrift.

Für von Richthofen als Werbe-Ikone setzt sich auch Sylwia Osojca-Kozłowska, die Leiterin der Stiftung Symbioza (Symbiose) ein. Sie hatte im April zu einer Debatte aufgerufen, um das Thema Roter Baron aus den aufgeheizten Beiträgen der sozialen Netzwerke herauszuholen und nüchtern im Kontext der Zeit zu beleuchten. Dem Aufruf folgten Historiker, Stadtaktivisten, Unternehmer, Stadtpräsidentin Beata Moskal-Słaniewska und ihr Stellvertreter Szymon Chojnowski sowie auch einige interessierte Bürger.

Róza Stolarczyk aus Freiburg [Swiebodzice] in Schlesien, die sich in ihrer Stadt für das Gedenken an den Sinologen Emil Krebs und den Uhrfabrikanten Gustav Eduard Becker eingesetzt hat, provozierte mit dem Vorwurf der Kleingeistigkeit. Viele Menschen könnten bis heute nicht akzeptieren, dass man in Städten lebe, die eine deutsche Geschichte hätten. Und wegen dieser Kleingeistigkeit gelänge es nicht, aus der Vielfalt des Erbes zu schöpfen.

Schon vor etwa zehn Jahren gab es den Vorschlag, an der nach dem Kriege aufgegebenen Museumsstätte mit dem Mausoleum einen „Park der Flugasse“ zu errichten. Die Idee verlief im Sande, ebenso 2016 das Projekt, zumindest eine „Richthofen-Parkbank“ aufzustellen. Das gescheiterte Parkbank-Projekt hatte immerhin neue Fahrt in die Diskussion gebracht, war dies doch für Sylwia Osojca-Kozłowska der Anlass, die Schweidnitzer über Facebook nach Meinungen zu fragen.

In der Stadt zwischen Zobten und Eulengebirge gibt es immerhin bereits ein „Red-Baron-Hotel“, das als einzige Einrichtung öffentlich sichtbar die Fliegerikone als Werbeträger nutzt. Hotelbesitzerin Sylwia Toporkiewicz betont, dass 80 Prozent ihrer Gäste Ausländer seien. „Ich werde nicht vergessen, wie Rudolf Giuliani, der berühmte Bürgermeister von New York, mit seinem Bodyguard im Restaurant eine Minishow aufführte mit den Fokker-Modellen, die er von uns geschenkt bekommen hatte. Sie spielten wie Kinder“, erklärte Toporkiewicz gegenüber dem Portal Swidnica24.pl.

Obwohl die Debatte durch die Diskussion vom April etwas an Schärfe verloren zu haben scheint, agieren politisch Verantwortliche noch verhalten – es könnte ja Wählerstimmen kosten. Immerhin schloss man im April die Debatte mit einer unverbindlichen Deklaration der Stadtpräsidentin, dass sie die Anregungen aufgreifen werde.

Die Familie derer von Richthofens hat sich aus der aktuellen Dis­kussion bislang herausgehalten. Nach einem Besuch von Familienangehörigen in Schweidnitz vor einigen Jahren hatten sich diese allerdings überrascht gezeigt, dass die Stadt damals den Kult um den Roten Baron nicht nutzt. Edmund Pander


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 103. GEBURTSTAG

Reimer, Ursula, geb. Zerrath, aus Schwanensee, Kreis Elchniederung, am 21. Juni

ZUM 101. GEBURTSTAG

Engelke, Hildegard, geb. Sulies, aus Brandenburg, Kreis Elchniederung, am 20. Juni

ZUM 99. GEBURTSTAG

Lüdtke, Ida, geb. Stralla, aus Neuendorf, Kreis Lyck, am 19. Juni

ZUM 98. GEBURTSTAG

Hinden, Harry A., aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 18. Juni

Schlick, Herta, geb. Urban, aus Lyck, Dallnitz/Wasserwerk, am 19. Juni

ZUM 97. GEBURTSTAG

Eder, Erna, geb. Scheidemann, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 21. Juni

Marek, Manfred, aus Grünwalde, Kreis Ortelsburg, am 18. Juni

Neumann, Dorothea, geb. Westphal, aus Rautersdorf, Kreis Elchniederung, am 21. Juni

Roggenbuck, Hans, aus Rauschendorf, Kreis Ebenrode, am 17. Juni

ZUM 96. GEBURTSTAG

Abendroth, Johanna, geb. Kellner, aus Neumühl, Kreis Wehlau, am 22. Juni

Naumann, Elfriede, geb. Stanzick, aus Adelau, Kreis Elchniederung, am 20. Juni

ZUM 95. GEBURTSTAG

Glaser, Egon, aus Reuß, Kreis Treuburg, am 23. Juni

Hagen, Käte, geb. Marx, aus Lötzen, am 17. Juni

Henseleit, Irmgard, geb. Osten, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 22. Juni

Kaminski, Hildegard, geb. Dudda, aus Lyck, am 18. Juni

Kories, Emma, geb. Weber, aus Grieben, Kreis Ebenrode, am 20. Juni

Maslo, Hedwig, geb. Masurek, aus Masuren, Kreis Treuburg, am 22. Juni

Mennong, Herta, geb. Juckel, aus Alt Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 20. Juni

Rogalla, Johanna, geb. Sobottka, aus Binien, Kreis Lyck, am 23. Juni

ZUM 94. GEBURTSTAG

Durnio, Willi, aus Bartzdorf, Kreis Neidenburg, am 18. Juni

Fallbach, Anni, geb. Grudzinski, aus Großalbrechtsort, Kreis Ortelsburg, am 22. Juni

Galka, Wally, aus Eibenau, Kreis Treuburg, am 19. Juni

Kluth, Herbert, aus Monken, Kreis Lyck, am 19. Juni

Paul, Lieselotte, aus Königsberg, am 23. Juni

Peters, Elsbeth, geb. Pietrzenuk, aus Rogonnen, Kreis Treuburg, am 18. Juni

Samoray, Ilse, geb. Lemke, aus Canditten, Kreis Preußisch Eylau, am 18. Juni

Schreiber, Emmi, aus Arys, Kreis Johannisburg, am 22. Juni

Seidenberg, Magdalena, geb. Ohse, aus Schirrau, Kreis Wehlau, am 17. Juni

ZUM 93. GEBURTSTAG

Bessel, Else, geb. Stadie, aus Zohpen, Kreis Wehlau, am 17. Juni

Büdenhölzer, Erna, geb. Kaspereit, aus Wehlau, am 22. Juni

Drenske, Gertrud, aus Steinberg, Kreis Lyck, am 21. Juni

Kwassny, Frieda, geb. Borris, aus Eichensee, Kreis Lyck, am 21. Juni

Lampe, Edith, geb. Reimer, aus Schönwiese, Kreis Elchniederung, am 20. Juni

Malessa, Meta, geb. Kallnich, aus Samplatten, Kreis Ortelsburg, am 17. Juni

Preiß, Ella, geb. Palm, aus Rotbach, Kreis Lyck, am 22. Juni

Schmidtke, Hildegard, geb. Schönfeld, aus Radau, Kreis Heiligenbeil, am 23. Juni

Umlandt, Anni, geb. Wohlgemuth, aus Allenburg, Kreis Wehlau, am 19. Juni

ZUM 92. GEBURTSTAG

Annutsch, Edeltraut, aus Sentken, Kreis Lyck, am 20. Juni

Aukskell, Franz, aus Klein Friedrichsgraben, Kreis Elchniederung, am 19. Juni

Axnick, Gerhard, aus Maldeuten, Kreis Mohrungen, am 22. Juni

Borchardt, Irmgard, geb. Kiewitt, aus Goldschmiede, Kreis Samland, am 21. Juni

Fröhlich, Bruno, aus Lenzendorf, Kreis Lyck, am 22. Juni

Geiger, Rotraut, geb. Kessler, aus Mülsen, Kreis Samland, am 17. Juni

Grotholtmann, Elfriede, geb. Vongehr, aus Brittanien, Kreis Elchniederung, am 17. Juni

Kalinowski, Charlotte, geb. Eichler, aus Ortelsburg, am 18. Juni

Kloss, Edeltraut, geb. Malinski, aus Inse, Kreis Elchniederung, am 18. Juni

Krause, Ursula, geb. Fischer, aus Wehlau, am 20. Juni

Lischewski, Marta, geb. Klein, aus Mensguth, Kreis Ortelsburg, am 20. Juni

Miller, Erika, geb. Schiemann, aus Grünbaum, Kreis Elchniederung, am 21. Juni

Ogilvie, Annemarie, geb. Pilz, aus Haselberg, Kreis Schloßberg, und Neusiedel, Kreis Tilsit-Ragnit, am 22.Juni

Paeger, Herta, geb. Tenninger, aus Lauken, Kreis Ebenrode, am 18. Juni

Peukert, Ida, geb. Neumann, aus Neuendorf, Kreis Wehlau, am 21. Juni

Piotrowski, Elfriede, geb. Boll, aus Dietrichsdorf, Kreis Neidenburg, am 19. Juni

Vongehr, Günther, aus Brittanien, Kreis Elchniederung, am 17. Juni

Wieckenberg, Gertraud, geb. Mauerhoff, aus Treuburg, am 22. Juni

ZUM 91. GEBURTSTAG

Aschmann, Günter, aus Wittenberg, Kreis Preußisch Eylau, am 18. Juni

Fischer, Hedwig, aus Lisken, Kreis Lyck, am 22. Juni

Jordan, Johannes, aus Neidenburg, am 19. Juni

Kibgies, Walter, aus Treuburg, am 18. Juni

Kinder, Horst, aus Alt Passarge, Kreis Heiligenbeil, am 23. Juni

Pietrzik, Traute, geb. Liebergesell, aus Soffen, Kreis Lyck, am 21. Juni

Schwöll, Günter, aus Biegiethen, Kreis Samland, am 22. Juni

Thiel, Rudolf, aus Lakendorf, Kreis Elchniederung, am 17. Juni

Traube, Karen, aus Woydiethen, Kreis Samland, am 23. Juni

Vogt, Dorothea, geb. Zöllner, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 17. Juni

Wischnewski, Walter, aus Hanffen, Kreis Lötzen, am 18. Juni

ZUM 90. GEBURTSTAG

Emmerstorfer, Hildegard, geb. von Glasow, aus Partheinen, Kreis Heiligenbeil, am 17. Juni

Freynik, Johannes, aus Großeppingen, Kreis Neidenburg, am 22. Juni

Führer, Hans, aus Grünweide, Kreis Ebenrode, am 20. Juni

Glaubitz, Horst, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 21. Juni

Kories, Erwin, aus Grieben, Kreis Ebenrode, am 19. Juni

Kröhnke, Gerhard, aus Alt Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 19. Juni

Lange, Elsa, aus Starkenburg, Kreis Wehlau, am 18. Juni

Modregger, Hugo, aus Damerau, Kreis Ebenrode, am 21. Juni

Müller, Lucie, geb. Mrotzek, aus Altkirchen, Kreis Ortelsburg, am 18. Juni

Neckel, Gerda, geb. Gollub, aus Treuburg, am 21. Juni

Radermacher, Irmgard, geb. Scheffler, aus Wehlau, am 17. Juni

Rusch, Hans-Joachim, aus Rhein, Kreis Lötzen, am 23. Juni

Schumann, Hildegard, geb. Pietsch, aus Karkeln, Kreis Elchniederung, am 21. Juni

Seeherr, Ursula, geb. Schachner, aus Lyck, am 19. Juni

Twardy, Reinhold, aus Prostken, Kreis Lyck, am 22. Juni

ZUM 85. GEBURTSTAG

Arndt, Erich, aus Nemritten, Kreis Heiligenbeil, am 20. Juni

Danielowski-Carlsson, Gerti, aus Königsberg, am 22. Juni

Göldner, Jutta, geb. Lange, aus Pluttwinnen, Kreis Samland, am 17. Juni

Graschtat, Erich, aus Baitenberg, Kreis Lyck, am 21. Juni

Hartmann, Hans, aus Canditten, Kreis Preußisch Eylau, am 22. Juni

Heysel, Christel, aus Rundfließ, Kreis Lyck, am 18. Juni

Kammerer, Ella, geb. Pinnau, aus Schwalg, Kreis Treuburg, am 21. Juni

Kiefer, Lucie, geb. Seidler, aus Lyck, Rothof/Fliegerhorst, am 19. Juni

Konstanti, Elfriede, geb. Dombrowski, aus Waiblingen, Kreis Lyck, am 23. Juni

Neschokat, Waltraud, aus Nassawen, Kreis Ebenrode, am 18. Juni

Pallaks, Hilda, geb. Rimkus, aus Dünen, Kreis Elchniederung, am 17. Juni

Rahmsdorf, Martha, geb. Lukaschewitz, aus Lübeckfelde, Kreis Lyck, am 20. Juni

Schindler, Erich, aus Neusattl, Ellbogen, am 18. Juni

Schleger, Horst, aus Bieskobnicken, Kreis Samland, am 18. Juni

Selke, Alice, geb. Fischer, aus Groß Engelau, Kreis Wehlau, am 17. Juni

Sziede, Edeltraud, geb. Maczey, aus Eckwald, Kreis Ortelsburg, am 19. Juni

Wagenländer, Elfriede, geb. Jamm, aus Kattenau, Kreis Ebenrode, am 18. Juni

ZUM 80. GEBURTSTAG

Banke, Edith, geb. Schimkus, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 20. Juni

Barraud, Irma, geb. Bobeth, aus Lank/Eisenberg, Kreis Heiligenbeil, am 23. Juni

Becker, Hans, aus Ebenrode, am 22. Juni

Friedrichs, Helga, geb. Kallinowski, aus Dippelsee, Kreis Lyck, am 18. Juni

Gärtner, Elfriede, geb. Raschdorf, aus Neidenburg, am 19. Juni

Heinelt, Dr. Gerta, geb. Bolz, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 19. Juni

Köhler, Gertrud, geb. Banse, aus Schorningen, Kreis Elchniederung, am 23. Juni

Konrad, Margarete, geb. Rilka, aus Liebenberg, Kreis Ortelsburg, am 21. Juni

Kuhnert, Hartwig, aus Wehlau, am 20. Juni

Makowka, Annemarie, geb. Lumma, aus Groß Schöndamerau, Kreis Ortelsburg, am 17. Juni

Markowa, Elfriede, geb. Haesler, aus Leißienen, Kreis Wehlau, am 17. Juni

Mühlich, Wolf-Dietmar, aus Tilsit, am 19. Juni

Naß, Islind, geb. Schubert, aus Lyck, am 22. Juni

Neumann, Elsa, geb. Ernst, aus Schwengels, Kreis Heiligenbeil, am 22. Juni

Oberlies, Hildegard, geb. Petereit, aus Kreuzingen, Kreis Elchniederung, am 23. Juni

Parsow, Ursula, geb. Günther, aus Schönrade, Kreis Wehlau, am 20. Juni

Ragnitz, Siegfried, aus Klein Rauschen, Kreis Lyck, am 20. Juni

Ratzke, Elli, geb. Jastremski, aus Morgengrund, Kreis Lyck, am 18. Juni

Reiner, Paul, aus Mostolten, Kreis Lyck, am 21. Juni

Rodath, Reinhold, aus Sargensee, Kreis Treuburg, am 23. Juni

Rohra, Egon, aus Ittau, Kreis Neidenburg, am 18. Juni

Schergaut, Helga, geb. Jeworreck, aus Giesen, Kreis Treuburg, am 23. Juni

Schlupp, Lieselotte, geb. Treichel, aus Wilkendorf, Kreis Wehlau, am 22. Juni

Schriefer, Ingrid, geb. Mai, aus Peyse, Kreis Samland, am 21. Juni

Stiemer, Manfred, am 22. Juni

ZUM 75. GEBURTSTAG

Baginski, Ingrid, aus Reuschwerder, Kreis Neidenburg, am 17. Juni

Beerbaum, Ursula, geb. Bagdahn, aus Rauterskirch, Kreis Elchniederung, am 17. Juni

Dörk, Rudi, aus Kleeburg, Kreis Elchniederung, am 23. Juni

Ewert-Köhn, Barbara, geb. Ewert, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 19. Juni

Fasold, Siegried, geb. Preuß, aus Rohren, Kreis Ebenrode, am 17. Juni

Friedriszyk, Elsbeth, geb. Poloschek, aus Freythen, Kreis Ortelsburg, am 22. Juni

Hinkel-Weigel, Siegrid, geb. Stordel, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 21. Juni

Jankowski, Peter, aus Treuburg, am 19. Juni

Kotsch, Helmut, aus Eckwalde, Kreis Elchniederung, am 17. Juni

Mandel, Gerda, geb. Serapin, aus Lindendorf, Kreis Elchniederung, am 19. Juni

Schiweck, Karl-Heinz, aus Klein Stürlack, Kreis Lötzen, am 23. Juni

Schmidt, Dr. Karl-Dieter, aus Gutweide, Kreis Ebenrode, am 21. Juni

Winkler, Erika, geb. Lösch, aus Schönrade, Kreis Wehlau, am 17. Juni


S. 16-17 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Marius Jungk, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Sonntag, 19. Juni: Kleines Ostpreußen- und Schlesiertreffen auf Schloss Burg bei Solingen. Der BJO nimmt mit einem Infostand an der Veranstaltung teil. Beginn der Veranstaltung: 11 Uhr, Kundgebung: 14 Uhr.

Freitag, 24. bis Sonntag, 26. Juni: Wanderwochenende zur Ostpreußenhütte im Salzburger Land. Infos: www.junge-ostpreussen.de/ 47-0-Aktivitaeten.html

Montag, 8., bis Sonntag, 21. August: BJO-Sommerfahrt ins Memelland. Weitere Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

Freitag, 30. September, bis Montag, 3. Oktober, Bad Honnef: BJO-Herbstseminar und BJO-Bundestreffen. Thema des Seminars:  „150 Jahre Deutscher Krieg – Preußen und Österreich in Geschichte und Gegenwart“. Weitere Informationen unter: www.facebook.com/events/ 1032910313418878/

Donnerstag, 24., bis Sonntag, 27. November: Adventstreffen im ostpreußischen Osterode. Informationen: www.junge-ostpreus-sen.de/47-0-Aktivitaeten.html

Donnerstag, 29. Dezember, bis Dienstag, 3. Januar: Silvesterfahrt nach Ostpreußen: Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

– Zeitliche Verschiebung –

Landesgruppe – Nicht um 15 Uhr sondern um 16 Uhr beginnt am Montag 20. Juni, die Gedenkveranstaltung am Mahnmal der Deutschen Heimatvertriebenen im Kurpark in Stuttgart-Bad-Cannstatt. Innenminister Thomas Strobl wird die Festrede halten. Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung findet das 2. Stuttgarter Gespräch im Großen Kursaal in Stuttgart Bad Cannstatt statt. Es ist eine gemeinsame Veranstaltung von UdVF, Junge Union und BdV Baden-Württemberg. – Sonnabend, 25. Juni, 14 bis 18 Uhr, Heimatnachmittag der 5 Landsmannschaften Westpreußen, Ostpreußen, Pommern, Weichsel-Warthe und Deutsch-Balten mit einem Vortrag von Helga Preußner zum Thema „Königin Katharina von Württemberg“. Aus dem Inhalt: Die russische Zarentochter Katharina Pawlowna war schön, klug und auch noch reich. Sie heiratete im Januar 1816 den württembergischen Kronprinzen Wilhelm. In schwerster Zeit kam sie nach Stuttgart und wirkte hier als Königin Katharina von Württemberg sehr segensreich. Kurz nach der Eheschließung trat ihr Ehemann im Oktober 1816 als König Wilhelm I. die Regierung in einer Notzeit mit Missernten, Teuerung und Hungersnot an. Königin Katharina entfaltete eine umfangreiche Wohltätigkeitsarbeit. Bekannt wurde sie durch die Gründung des „Zentralen Wohltätigkeitsvereins“, in dem sie gemeinsam mit bürgerlichen Männern und Frauen an der Linderung der Not arbeitete. Zahlreiche andere Institutionen, zum Beispiel das Katharinenstift und das Katharinenhospital in Stuttgart, die Württembergische Landessparkasse sowie das Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg gehen auf sie zurück. Sie war eine sehr starke Frau, die wusste was sie wollte und es auch durchsetzte. – Anschließend gemütliches Beisammensein. Gäste sind herzlich eingeladen.

Buchen – Sonntag, 26. Juni, 14.30 Uhr, Pfarrscheune (neben der Kirche), Buchen-Hainstadt: Gerda Hildebrandt stellt ihr Buch „Ein Leben – zwei Seiten“ vor. Sie schildert darin die Glanz- und Schicksalsjahre ihrer Großmutter, einer Gutsbesitzerin in Ostpreußen.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Altmühlfranken – Freitag, 29. Juli, 19 Uhr, Kastaniengarten, Gastwirtschaft Röschelskeller, Gunzenhausen: Sommerabend der Landsmannschaften.

Landshut – Dienstag, 21. Juni, 14 Uhr, Gasthof Zur Insel, Badstraße 16, 84028 Landshut: Zusammenkunft. – Dienstag, 5. Juli, 14 Uhr, Minigolf Platz, Mitterwöhr; Gemeinsames Treffen

München – Sonnabend, 18. Juni, 14.30 Uhr, Haus des Deutschen Ostens: „Der deutsche Osten in alten Bildern“ – Filmvorführung. Zu Beginn wird es eine gemeinsame Kaffeetafel geben.

Nürnberg – Dienstag, 28. Juni, 15 Uhr, Haus der Heimat, Nürnburg-Langwasser (die Endstation der U1 liegt gegenüber): Gemeinsames Treffen zum Thema „Schriftsteller aus Ostpreußen“.

Weiden – Beim Heimatnachmittag im Cafe Mitte am Stockerhutpark konnte sich der Erste Vorsitzende Norbert Uschald wieder über einen guten Besuch freuen. Nach der Begrüßung wurden die Heimatlieder „Land der dunklen Wälder“ und „Westpreußen mein lieb Heimatland“ gesungen. Im Anschluss daran gratulierte die Kassiererin Ingrid Uschald den Geburtstagskindern des Monates Juni.

Der Vorsitzende berichtete von der langen Tradition der Sonnwendfeuer und Johannifeiern. Er erklärte, wie aus heidnischen Ursprüngen heraus die heutige Tradition entstand. Anita und Norbert Uschald sorgten danach für die musikalische Unterhaltung. Sie spielten bekannte Lieder und Weisen.

Im Anschluss daran Katharina und Barbara Uschald gemeinsam das Gedicht „Der Werwolf“ von Christian Morgenstern vor. Mit dem Lied „Kein schöner Land“ verabschiedete man sich bis zum Gartenfest am Sonnabend, 25. Juni, 14 Uhr. Es findet wieder im Garten der Familie Uschald statt. Erst nach der Sommerpause trifft sich die Gruppe zum nächsten Heimatnachmittag am Sonntag, 4. September um 14.30 Uhr im Cafe Mitte.        Norbert Uschald,

                Erster Vorsitzender 

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Bartenstein – Treffen der Gruppe. Anfragen bitte an Elfi Fortange, Telefon 4944404, richten.

Gumbinnen, Johannisburg, Lötzen, Sensburg – Dienstag, 21. Juni, 13 Uhr, Restaurant Muna, Albrechtstraße 52, 12167 Berlin: Sommerfest mit Essen. Anfragen für Gumbinnen bei Joseph Lirche, Telefon (030) 4032681, für Johannisburg und Sensburg bei Andreas Maziul, Telefon (030) 5429917, für Lötzen bei Gabriele Reiß, Telefon (030) 75635633.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Kurzfristig war es möglich, das Sommerfest des Bremer Stadtteils Borgfeld mit einem Verkaufs- und Infostand der Bremer Ostpreußen und Westpreußen zu bereichern. Bei schönstem Wetter ergaben sich zahlreiche Gesprächsmöglichkeiten, als Irene Pichottka und der Vorsitzende Heinrich Lohmann einen kleinen Stand innerhalb des Straßenfestes in Bremen-Borgfeld aufbauten. Dem Angebot ostpreußischer Spirituosen-Spezialitäten wurde ebenso zahlreich zugesprochen wie den dargebotenen Schriften. Auch die vorhandenen Alt-Ausgaben der Preußischen Allgemeinen Zeitung und „Der Westpreuße“ wurden zu Werbezwecken restlos verteilt.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Landesgruppe – Sonnabend, 16. Juli, 14 bis 17 Uhr (Einlass ab 13 Uhr), Traditionshaus Lackemann, Litzowstieg 8, 22041 Hamburg-Wandsbek: Sommerfest. Im Programm: Der LAB-Chor unter Leitung von Dieter Dziobaka, Lesungen und Geschichten zum Schmunzeln sowie kleine Film-Einlagen. Das Lokal ist mit der U1 und den Bussen sehr gut zu erreichen. Vom Bahnhof Wandsbek-Markt sind es nur wenige Gehminuten. Wer von der Wandsbeker Marktstraße aus den Durchgang „Hinterm Stern“ zwischen Quarree und Hotel Tiefenthal nimmt, sieht bereits das Traditionshaus Lackemann. Parkmöglichkeiten bestehen im Quarree-Parkhaus P2. Weitere Informationen: Siegfried Grawitter, Telefon: (040) 205784

KREISGRUPPEN

Heiligenbeil – Die Kreisgruppe Heiligenbeil feiert ihr Sommerfest am 18. Juni, um 14 Uhr, im AWO Seniorentreff, Am Gojenboom 46, in den neuen Räumen der AWO, im Stadtteilhaus „Horner Freiheit“. Die Mitglieder der Gruppe wollen ihr „Neues Domizil“ mit allen ihren Freunden und Gästen gebührend feiern. Bei Kaffee und Kuchen, wollen wir in geselliger Runde fröhliche und besinnliche Stunden miteinander verbringen. Sie erreichen den AWO Seniorentreff mit der U3 Richtung Billstedt/Mümmelmannsberg, bis Horner Rennbahn, hier den Ausgang, Am Gojenboom benutzen, direkt daneben ist das Stadtteilhaus „Horner Freiheit“. Für Rollstuhlfahrer und Rollatoren gibt es einen Fahrstuhl, der zum Einkaufszentrum hinaufführt. Von hier sind es dann nur wenige Minuten Fußweg bis zum Stadtteilhaus.

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat (außer im Januar und im Juli) zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de 

BEZIRKSGRUPPEN

Bergedorf – Freitag, 24. Juni, 15 Uhr, Harderskamp 1: Treffen der Frauengruppe zum Thema „Johannistag – was die neun Johanniskräuter erzählen“ mit Kaffeetafel und Erdbeeren

 

HESSEN

Vorsitzender: Ulrich Bonk, Stellvertretender Vorsitzender: Gerhard Schröder, Engelmühlenweg 3, 64367 Mühltal, Telefon (06151) 148788

Wiesbaden – Sonnabend, 18. Juni, 15 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat: Die überwältigenden Schönheit der Nehrungslandschaft mit Wanderdünen und Haff zeigt der Film „Die Kurische Nehrung und die Maler von Nidden“. In Spielszenen ist zu sehen, wie die Künstler in Nidden und der näheren Umgebung lebten und arbeiteten. – Donnerstag, 23. Juni, 12 Uhr, Gaststätte „Haus Waldlust“, Ostpreußenstraße 46, Wiesbaden-Rambach: Stammtisch. Serviert wird Spargel mit Schinken. Es kann auch nach Speisekarte bestellt werden. Wegen der Platz- und Essendisposition bitte unbedingt anmelden bis spätestens 17. Juni bei Irmgard Steffen, (0611) 844938. ESWE-Busverbindung: Linie 16, Haltestelle Ostpreußenstraße. – Sonnabend, 25. Juni, 11 Uhr, Kranichstraße, Wiesbaden-Kohlheck: Feierstunde am BdV-Gedenkstein. – Sonnabend, 25. Juni, 11 Uhr, Kranichstraße, Wiesbaden-Kohl Feierstunde am BdV-Gedenkstein

– Bericht –

Obwohl das Wetter gar nicht mitspielte waren die Besucher des Monatstreffens dennoch der Meinung „Nun will der Lenz uns grüßen“ und sangen freudig die bekannte Weise. Dem stimmte auch der Frauenchor mit einem Strauß bunter Frühlingslieder zu. Es erklangen „Grüß Gott du schöner Maien“, „Im Wald im hellen Sonnenschein“, „Wir tanzen in den Maien“ und „Tausend Silberkätzchen trägt der Weidenbaum“, dessen Liedtitel auch das Motto des Nachmittags war.

Zwischen den weiteren Gesängen zur Mai- und Pfingstzeit erfreuten Helga Kukwa und Lieselotte Paul die Gäste mit Geschichten und Gedichten und zeichneten so ein Bild von der lieblichen Jahreszeit. Beginnend mit dem Gedicht „Zuspruch vor Frühlingsanfang“ ging es weiter mit „Zauber der Johannisnacht“, einer Maienwanderung und einem besinnlichen Abend im Mai.

Weitere Beiträge erzählten von unserer Heimat wie die Beschreibung „Seltene Pflanzen in Masuren“ des ostpreußischen Schriftstellers Walter von Sanden-Guja, der die Tier- und Pflanzenwelt Ostpreußens erforschte und seine Erkenntnisse in zahlreichen Fotografien und Büchern dokumentierte. Auch die vorgetragene Erzählung „Schwäne“ stammt aus der Feder des 1888 in Marienwalde, Kreis Darkehmen, geborenen Ostpreußen und enthält Erinnerungen aus seiner Kinderzeit, die anschließend Chor und Besucher zum gemeinsamen Lied „Zogen einst fünf wilde Schwäne“ animierten. In der Geschichte „Masuren ist auch schön“, einem Ausflug zu den höchsten Bergen des Landes, entwickelt sich ein Streit, welcher Berg wohl ein paar Meter höher sei als ein anderer.

Zum Schmunzeln die Rezitation „Pfingstgeschehen“, die eine amüsante Geschichte von den Streichen eines kleinen Lorbass und seiner überraschenden Läuterung durch einen „heiligen Geist“ an Pfingsten zum besten gibt, und die Erzählung „Schmücket das Fest mit Maien“, einer Liebesgeschichte, die durch einem nicht ganz willkommenen Besuch aus Berlin getrübt wird.

Nach all den erfreuenden Beiträgen an diesem Frühlingsnachmittag fiel es den Besuchern leicht, beherzt in das Schlusslied einzustimmen „Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus“. Viel Applaus gab es am Ende für den Frauenchor und Lieselotte Paul und Helga Kukwa, die beide das gelungene Programm zusammengestellt hatten.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Oldenburg – Eine Lesung von Werken Agnes Miegels stand auf dem Programm im Monat Juni. Annemete von Vogel berichtete uns von dem umfangreichen Werk der Königsberger Dichterin und ihrem Leben, ohne sich in biographischen Daten- und Zahlensammlungen zu verlieren. Sie unterlegte die verschiedenen Schaffensperioden mit passenden lyrischen Texten, aber auch Prosapassagen. Annemete von Vogel, stellvertretende Vorsitzende der Agnes-Miegel-Gesellschaft, die die Dichterin noch persönlich gekannt hat, beeindruckte mit einer ausdrucksvollen, auswendig wiedergebenden Vortragskunst, die die atemlos lauschende Zuhörerschaft in ihren Bann zog. Vom Lied des Nöck über die Frauen von Nidden bis zum dem vollständig vorgetragenen Herzog Samo spannte Frau von Vogel den Bogen über Leben und Werk der Dichterin, deren Gesamtwerk weit über das Thema Ostpreußen hinausgeht. Wir danken Annemete von Vogel für ihr großartiges Referat und die imponierende Darbietung.

Im Juli machen wir am 13. eine halbtägige Kulturfahrt zu der evangelischen Notkirche im Bakum, Kreis Vechta, und zum Schwedenheim nach Cloppenburg. Im August ist Sommerpause und zum September laden wir rechtzeitig wieder ein. Gisela Borchers, Vorsitzende

Osnabrück – Donnerstag, 30, Juni, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Literaturkreis.

Rinteln – Sonnabend, 18. Juni, 19 Uhr, Großer Saal der Evangelischen Stadtmission, Waldkaterallee 1A, Rinteln: Konzertveranstaltung mit dem Kammerchor „Credo“ aus dem ostpreußischen Gumbinnen. Angehörige und Freunde sowie interessierte Gäste aus Nah und Fern sind ebenfalls herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei, Spenden für den Chor und die Arbeit in Gumbinnen werden gern entgegengenommen. Informationen zum Konzert sind unter www.myheimat.de/2757115 anzuklicken. Informationen zur landsmannschaftlichen Arbeit der Gruppe gibt es beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat unter Telefon (05751) 53 86 oder über: rebuschat@web.de

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Landesgruppe – Sonntag, 19. Juni, 11 Uhr, Schloss Burg, Schloßplatz 2, 42659 Solingen: Kulturveranstaltung der Landsmannschaften Ostpreußen und Schlesien.

Bad Godesberg – Jeweils am ersten Mittwoch des Monats, 15 Uhr, Erkerzimmer, Stadthalle: Treffen der Frauengruppe. – Jeweils am dritten Mittwoch des Monats, 15 Uhr, Erkerzimmer: Stammtisch. Gäste herzlich willkommen.

Bonn – Montag, 20. Juni, 8.30 Uhr, Alter Zoll, Bonn: Sommerausflug auf dem Rhein mit der Poseidon. Abfahrt in Bad Godesberg (Bastei): 9 Uhr. Weiterer Einstiegshalt in Königswinter. Die Fahrtkosten betragen 32 Euro, für Senioren ab 60: 22,40 Euro. Informationen: E. Mathiak, Telefon (02222) 9391615 oder bei M. Ruhnau, Telefon (02241) 311395.

Dortmund – Montag, 20. Juni, 14.30 Uhr, Heimatstube, Landgrafenschule (Eingang Märkische Straße): Gemeinsames Treffen.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorffsaal, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland unter der Leitung von Radostina Hristova. –  Montag, 20. Juni, 19 Uhr, Konferenzraum, GHH, „20 Jahre deutsch-polnischer Nachbarschaftsvertrag. Die Zusammenarbeit in der Praxis“ – Vortrag von Cornelius Ochmann. – Donnerstag, 23. Juni, 8.45 Uhr bis 18 Uhr: Tagesexkursion zur Sonderausstellung „Parkomanie – Die Gartenlandschaften des Fürst Pückler“ in der  Bonner Bundeskunsthalle.  – Mittwoch, 29. Juni, 19 Uhr, GHH: „75 Jahre Unternehmen Barbarossa – Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941“ – Vortrag von Professor Dieter Pohl aus Klagenfurt.

 Köln – Dienstag, 21. Juni, 14.30 Uhr, Bürgerzentrum Köln-Deutz, Tempelstraße 41 – 43: Versammlung der Ostpreußenrunde. Dazu schreibt Günter Donder: „Liebe Landsleute, die Sie in Köln und dem Umland wohnen, es war eine schöne Zeit, als wir noch vor wenigen Jahren mit 60 bis 80 Leuten verschiedenen Alters zu unseren Treffen zusammenkamen, um Lesungen zu hören, Lieder zu singen oder auch nur zu plachandern. Weil wir aus finanziellen Gründen die teuren Säle des Kolpinghauses aufgeben mussten, bedeutet es nicht, dass sich an der Sache selbst etwas geändert hat. Wir machen weiter, wie gehabt, nur die Zahl der Anwesenden ist in erschreckender Weise zurückgegangen. Die Gründe sind uns leider unbekannt. Es liegt doch hoffentlich nicht daran, dass manchen Landsleuten die Bindung an unsere Geburtsstätten brüchig geworden oder sogar verloren gegangen ist. Zur Ermutigung sei gesagt, dass der Versammlungsraum im Bürgerzentrum neu überholt worden ist und völlig unserer Vorstellung entspricht. Wir haben die Möglichkeit zu Filmvorführungen und jeglicher anderen Unterhaltung, mit denen wir auch früher unsere Treffen interessant machten. Liebe Ostpreußen, versuchen Sie es doch bitte noch einmal! Besuchen Sie uns an jedem dritten Dienstag im Monat, außer im August, und bringen Sie ruhig neue Ideen mit ins Haus. Wir bedanken uns im Voraus.“

Essen – „Mailieder singen“ und „der Vogel des Jahres“, der Stieglitz, waren die geplanten Themen unserer Versammlung am 28. Mai. Leider musste Julius Wermter, der für das Mai-Singen verantwortlich war, im letzten Moment absagen. So fehlte nicht nur der Chorleiter, sondern auch die Liederbücher. So blieb es beim Ostpreußenlied.

Und der Stieglitz oder Distelfink (Carduelis carduelis) mochte anfangs auch nicht fliegen. Die Technik mit Laptop und Beamer wollten nicht funktionieren. Erst als Nabil Bouazis, unser Wirt, der in Tunesien als Informatiker gearbeitet hatte, seinen PC zur Verfügung stellte, konnten wir den Stieglitz sehen und hören. Wir erfuhren, dass der Bestand in Europa stabil ist. In der Bundesrepublik hat er aber seit Anfang der neunziger Jahre stetig abgenommen hat, (um 48 Prozent). Auch in unserer Heimat nimmt der Bestand ab. Deshalb ist der Stieglitz zum Vogel des Jahres 2016 bestimmt worden.

Der Hauptgrund für die Abnahme des Bestandes in der Bundesrepublik hängt wohl damit zusammen, dass bei uns die Flächen immer intensiver genutzt werden oder als Grünfläche ganz wegfallen. Das gilt auch für unsere Heimat. Wir freuen uns im Frühjahr über die schönen gelben Rapsfelder und vergessen, dass dadurch Lebensraum für viele Tiere erloren geht. Den Zweit-Namen Distelfink hat der Stieglitz bekommen, weil er vor allem im Spätsommer und Herbst häufig auf Disteln und Kletten  anzutreffen ist, wenn er geschickt den Samen heraus pickt.

So ist der zweite Teil unserer Versammlung durch einen Vortrag über einen schönen Vogel zu Ende gegangen, der hier und auch in unserer Heimat zu Hause ist. Wir laden recht herzlich zu unserer nächsten Versammlung am17. Juni, 15 Uhr, in die Gastronomie St. Elisabeth, Dollendorfstraße 51, 45144 Essen, ein. Wir wollen uns dann über Deutschland und seine Stellung in der Welt unterhalten.

                Bernhard Kehren

Neuss – Donnerstag 23. bis Sonntag 26. Juni: Jahresausflug nach Würzburg. Anmeldung: Peter Pott, Zollstraße 32, 41460 Neuss, Telefon (02131) 3843400. Programm bitte anfordern.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz/Stadt – Donnerstag, 23. Juni, 15 Uhr, Mundus Residenz, Große Bleiche 44: Alfred Zachau Berichtet von seiner „Reise nach Ostpreußen“,

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Limbach-Oberfrohna – Donnerstag, 23. Juni: Tagesfahrt mit Besuch der Vertriebenengedenkstätte in Freiberg

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle,  Telefon privat (0345) 2080680.

Magdeburg – Dienstag, 28. Juni, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen. 

Gardelegen – Mittwoch, 22. Juni: Fahrt ins Ruppiner Land mit Schifffahrt. – Mittwoch, 29. Juli, 14 Uhr, Begegnungsstätte der VS Gardelegen: Liedernachmittag.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner, Julius-Wichmann-Weg 19, 23769 Burg auf Fehmarn, Telefon (04371) 8888939, E-Mail: birgit@kreil.info

Landesverband – Sonntag, 26.  Juni, 10 Uhr, Haus der Heimat, Kiel: Vertreterversammlung der  , Landesgruppe Schleswig-Holstein. Die Tagesordnung: 1) Begrüßung, Eröffnung und Feststellung der Ordnungsmäßigkeit der Einladung durch den Landesvorsitzenden Herrn Ferner, 2) Totenehrung, 3) Grußworte, 4) Genehmigung des Protokolls der Vertreterversammlung vom 21. Juni 2015, 5) Rechenschaftsbericht des Landeskulturreferenten, zugleich als Landesvorsitzender 6) Wir singen Volkslieder, 7) Beiträge in ostpreußischer und schleswig-holsteinischer Mundart von Frau Henning, 8) Bericht über die letzte Tagung der OLV in Bad Pyrmont von Herrn Gerigk, 9) Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2015, 10) Bericht der Kassenprüfer, 11) Entlastung des Vorstands und der Kassenführung, 12) Genehmigung des Haushaltsplans für 2016, 13) Ehrungen, 14) Mittagspause, 15) Vortrag „Königsberg – Kaliningrad, eine Stadt mit zweifachem Erbe“ von Professor  Steindorff, 16) Aussprache, 17) Wir singen Volkslieder, 18) Verschiedenes, Frau Harder berichtet unter anderem über das Treffen der Deutschen Minderheit in Ostpreußen, 19) Kaffeetrinken, 20) Die Vertreterversammlung schließt mit dem Ostpreußenlied.

Burg auf Fehmarn – Der jüngste Ausflug der ostpreußischen, westpreußischen und Danziger Landsmannschaft in Burg führte die 40 Mitglieder und Gäste in den Norden von Schleswig-Holstein. Die gute Laune der Reisegesellschaft beeinflusste augenscheinlich das Wetter: Die Sonne schien den ganzen Tag. Nach einem ausgiebigen Frühstück ging es zunächst nach Eckernförde mit Besuch der Bonbon-Kocherei, die in einem historischen Gebäude, einer ehemaligen Räucherei, untergebracht ist.

Nach dem Mittagessen in der ehemaligen „Siegfried-Werft“ ging die Fahrt dann weiter in die ehrwürdige Kreisstadt Schleswig. Nach der Dom-Besichtigung – hervorzuheben ist der 12,60 Meter hohe aus Eichenholz gefertigte Brüggemann-Altar mit seinen 392 geschnitzten Figuren der biblischen Passionsgeschichte begab sich die Gruppe in das Schleswiger Rathaus. Sein neuerer Teil stammt aus dem Jahre 1794, der ältere aus dem Jahre 1234, ehemals wurde er als Kloster genutzt und trägt heute noch den Namen „Graukloster“.

Nach dieser sehr interessanten Begehung wurde eine kleine Stadtführung zum „Holm“ unternommen, bevor es dann zum Wikinger-Turm ging, wo in 100 Meter Höhe mit grandioser Aussicht über die Schlei und Stadt eine Kaffeetafel auf die Gruppe wartete und es danach zurück auf die heimische Insel ging. Brigitte Christensen

Malente – Donnerstag, 23. Juni, 15 Uhr, Restaurant „Gerüchteküche“, Bahnhofstraße 13A: Gemeinsames Treffen mit einem Vortrag des Rechtsanwaltes Thomas Menzel zum Thema „Wie man die Pflegezeit finanziell meistert“. Für jeden teilnehmer gibt es zwei Stück Kuchen und unbegrenzt Kaffee. Anmeldungen bis zum 18. Juni im Blumenhaus Franck (inh. St. Munkelt), Bahnhofstraße 26. Telefonische Anmeldungen unter (04523) 2659 nur in dringenden Fällen,

Pinneberg – Terminänderung – Nicht am Sonntag, 19. Juni, sondern am Sonnabend, 18. Juni, findet um 15 Uhr im Restaurant Mondea, Mühlenstraße 70d der Vortrag „Die preußischen Königinnen“ von Frau Bergener statt.

Uetersen – Dienstag, 5. Juli: „Busfahrt ins Blaue“ gemeinsam mit dem Verein zur Erhaltung ostdeutschen Kulturgutes und KvD.

 

THÜRINGEN

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga an der Elster, Tel. (036623) 231414.

Schmalkalden – Dienstag, 7. Juli, 14 Uhr, Club der Volkssolidarität: Heimatnachmittag der Gruppe „Immanuel Kant“.


S. 18-19 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ALLENSTEIN LAND

Kreisvertreter: Hans-Peter Blasche, Lankerstraße 40, 40545 Düsseldorf, Telefon (0211) 17181290; (02131) 902700 (dienstl.), Telefax (02131) 902430 (dienstl.) Geschäftsstelle: Gemeindeverwaltung Hagen, Postfach 1209, 49170 Hagen, Telefon (05401) 9770. www.allenstein-landkreis.de

18. Juni, Essen: Kirchspieltreffen Grieslienen, Stabigotten, Wemitten, Plautzig und Honigswalde ab 10 Uhr in den Südtiroler Stuben, Freiherr-vom-Stein-Straße 280. Informationen: Hildegard Gerigk, Ginsterweg 7, 40880 Ratingen, Telefon (02102) 471477.

 

ANGERAPP (DARKEHMEN)

Kreisvertreterin: Edeltraut Mai, Weißdornweg 8, 22926 Ahrensburg, Telefon (04102) 823300, Internet: www.angerapp.com

2. bis 3. Juli, Handeloh: Heimattreffen in der Lüneburger Heide im Hotel Fuchs, Hauptstraße 35, Handeloh.

 

ANGERBURG

Kreisvertreter: Kurt-Werner Sadowski. Kreisgemeinschaft Angerburg e.V., Landkreis Rotenburg (Wümme), Postfach 1440, 27344 Rotenburg (Wümme), Landkreis: Telefon (04261) 9833100, Fax (04261) 9833101.

Liebe Angerburgerinnen und Angerburger, die Vorbereitungen für die 62. Angerburger Tage am 17./18. September 2016 sind nahezu abgeschlossen. Der Landkreis Rotenburg (Wümme) als Patenschaftsträger und die Kreisgemeinschaft Angerburg laden dazu recht herzlich in die grüne Kreisstadt Rotenburg an der Wümme ein. Eingeleitet werden die 62. Angerburger Tage am Sonnabend, den 17. September um 9 Uhr mit einer Kranzniederlegung am Patenschaftsstein neben der Angerburger Eiche beim Rotenburger Kreishaus. Ab 9.30 Uhr tagt in öffentlicher Sitzung die Kreisvertretung der Kreisgemeinschaft Angerburg letztmalig als Delegiertenversammlung im großen Sitzungssaal des Rotenburger Kreishauses.

Nach der am 12. September 2015 einstimmig beschlossenen Neufassung unserer bislang gültigen Satzung aus dem Jahr 1997 entscheiden künftig die Mitglieder der Kreisgemeinschaft. Die ab 1. Oktober 2016 gültige Satzung ist im Angerburger Heimatbrief abgedruckt, der im Juni 2016 zum Versand kommen wird. Um 13 Uhr starten wir am Rotenburger Kreishaus zu einer Busfahrt mit Kaffee und Kuchen. Der Kostenbeitrag beträgt unverändert zehn Euro pro Person. Aus organisatorischen Gründen ist eine vorherige schriftliche Anmeldung bis spätestens 7. September an Brigitte Junker, Sachsenweg 15, 22455 Hamburg, nötig.

Das Angerburger Archiv mit der Heimatsammlung ist während der Angerburger Tage von 13 bis 16 Uhr im Dienstgebäude Weicheler Damm 11 in Rotenburg geöffnet. In der Theodor-Heuss-Schule werden Bücher, Karten, Landkarten und anderes angeboten. Die Theodor-Heuss-Schule ist ab 15.30 Uhr für alle geöffnet, die nicht an der Busfahrt teilnehmen und sich mit Freunden treffen wollen. Zum Abendessen (ab 18 Uhr) werden Speisen und Getränke (kleine Karte) angeboten. Ab 20 Uhr wird Monika Seidel vom Löns-Verband aus Walsrode auf unterhaltsame Art an Hermann Löns erinnern, der vor 150 Jahren in Kulm geboren wurde. Danach lassen wir in geselliger Runde den Tag ausklingen.

Am Sonntag, den 18. September ist die Theodor-Heuss-Schule ab 9.30 Uhr geöffnet. Um 11 Uhr findet in der Aula der Schule eine Feierstunde statt. Oberstudiendirektorin Iris Rehder vom Rotenburger Ratsgymnasium wird die Gastrede halten. Nach der Feierstunde besteht Gelegenheit zum Mittagessen. Bei Kaffee/Tee, Kuchen und Getränken treffen sich die Angerburger in der Mensa, um sich mit alten und neuen Freunden auszutauschen. Alle sind herzlich eingeladen und willkommen. Bitte denken Sie auch an die Zimmerreservierung.

 

EBENRODE (STALLUPÖNEN)

Kreisvertreter: Dr. Gerhard Kuebart, Schiefe Breite 12a, 632657 Lemgo, Telefon (05261) 8 81 39, E-Mail: gerhard.kuebart@ googlemail.com.

23. Juni bis 2. Juli: Ostpreußen-Busreise mit den Kreisgemeinschaften Ebenrode und Schloßberg ab Wuppertal mit diversen Zustiegsmöglichkeiten, Informationen: Scheer-Reisen, Leonhardstraße 26, 42281 Wuppertal, Telefon (0202) 500077, E-Mail: info@scheer-reisen.de.

 

GOLDAP

Kreisvertreter: Stephan Grigat, Telefon (05231) 37146, Fax (05231) 24820, Heidentalstraße 83, 32760 Detmold. Geschäftsstelle: Annelies Trucewitz, Hohenfelde 37, 21720 Mittelnkirchen, Telefon (04142) 3552, Telefax (04142) 812065, E-Mail: museum@goldap.de. Internet: www.goldap.de.

23. Juli, Goldap: Sommerfest am Goldaper See. Informationen: Annelies Trucewitz, Telefon (04142) 3552.

 

INSTERBURG − Stadt und Land

Vorsitzender Stadt & Land: Reiner Buslaps, Am Berg 4, 35510 Butzbach-Kirch-Göns, Tel.: (06033) 66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: R.Buslaps@t-online.de. Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt & Land e. V.,  Geschäftsstelle, Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld, Postfach 111 208, 47813 Krefeld, Tel.: (02151) 48991, Fax (02151) 491141, E-Mail: info@insterburger.de, Internet: www.insterburger.de, Bürozeiten: Montag – Freitag von 8 bis 12 Uhr.

Im Rahmen der Partnerschaft der evangelischen Kirchengemeinde St. Nicolai Oranienburg mit der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Insterburg (Tschernjachowsk) ist der Insterburger Kammerchor „Harmonia“ noch bis zum 19. Juni 2016 nach Oranienburg eingeladen. Er gibt hier und in der Umgebung Konzerte. Die nächsten Termine sind:

 Freitag, 17. Juni, 18 Uhr, evangelische Kirche, 16727 Velten.

Sonnabend, 18. Juni, 17 Uhr, Evangelische Kirche, 16515 Oranienburg–Schmachtenhagen.

Beide sind ein gemeinsames Projekt mit dem Ökumenischen Chor Oranienburg an der St. Nicolai-Kirche mit der Messe „Solenelle“ von Louis Vierne für Chor und Orgel.

Der Chor „Harmonia“ ist ein sehr guter vier- bis sechs-stimmiger A-Cappella-Chor, zum Teil auch mit eigenen Solisten (aus dem Chor heraus). Er ist einer der besten Chöre aus dem Königsberger Gebiet. Sein Konzertprogramm besteht aus russischer, deutscher und europäischer geistlicher, klassischer und volkstümlicher Musik. Weitere Informationen erhalten Sie von Konrad und Ruth Schmidt, Telefon (03301) 3077, E-Mail: konrad-ruth.schmidt@t-online.de

Außer in Oranienburg und Umgebung gastiert der Chor auch am Sonntag, dem 19. Juni, in der evangelischen Stadtkirche in 36381 Schlüchtern, Beginn ist um 19.30 Uhr, sowie am Montag, dem 20. Juni in 36396 Steinau in der evangelischen Katharinenkirche, Beginn: 19.30 Uhr. Informationen zu diesen Konzerten erhalten Sie von Pfarrer Manfred Bächler, Telefon (06661) 607131, E-Mail: baechler.schluechtern@t-online.de

Der Eintritt bei allen Konzerten ist frei. Bitte beachten Sie Durch Kollekten bei den Konzerten sollen die Fahrtkosten für den Chor aufgebracht werden.

Heimatgruppe Köln: Treffen jeweils am 4. Mittwoch im Monat. Nächste Zusammenkunft am Mittwoch, 22. Juni.  Informationen: Carola Maschke, Telefon (0221) 796942, E-Mail: C.Maschke@netcologne.de.

Heimatgruppe Kiel: Treffen in jeden Monat am zweiten Donnerstag im Café Rebecca in der Matthias-Claudius-Kirche in Kiel-Suchsdorf. Informationen: Hellmut Jucknat, Telefon (0431) 311972.

 

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Sonnabend, 18. Juni, ab 15.30 Uhr, Lötzener Heimatmuseum in der Patenstadt Neumünster, Sudetenlandstraße 18 H (Böcklersiedlung): Vortrag (mit Bildern) von Dr. Timo Ibsen, Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie, Schloss Gottorf, Schleswig. Er spricht zum Thema „Einem Mythos auf der Spur. Neue Ausgrabungen am frühmittelalterlichen Fundplatz Wiskiauten im ehemaligen Ostpreußen.“, Der Vortrag berichtet nach einer allgemeinen Einführung in die ostpreußische Archäologie über alte und neue Forschungen in Wiskiauten und stellt die Ergebnisse der jüngsten Ausgrabungen vor. (Weitere Informationen unter: www.wiskiauten.eu).

Der Eintritt ist wie immer frei, Spenden sind willkommen. Ab 10 Uhr besteht Gelegenheit zum Besuch der Dauerausstellung und der Sonderausstellung „Weite und Heimlichkeit – masurische Bilder ostpreußischer Künstler“. Die 30 Kunstwerke – überwiegend Leihgaben des Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg – werden noch bis einschließlich 16. Juli zu sehen sein.

 

PREUSSISCH EYLAU

Kreisvertreterin: Evelyn v. Borries, Tucherweg 80, 40724 Hilden, Telefon (02103) 64759, Fax: (02103) 23068, E-Mail: evborries@gmx.net. Kartei, Buchversand und Preußisch Eylauer-Heimatmuseum im Kreishaus Verden/Aller Lindhooper Straße 67, 27283 Verden/Aller,  E-Mail: preussisch-eylau@landkreis-verden.de, Internet: www.preussisch-eylau.de.

Unser Büro in Verden ist nur noch unregelmäßig besetzt. Bitte wenden Sie sich direkt an die Kreisvertreterin Evelyn v. Borries, Telefon: (02103) 64759 oder Fax: (02103) 23068, E-Mail: evborries@gmx.net

Im April dieses Jahres tagte in Verden der Gesamtvorstand der Kreisgemeinschaft Preußisch Eylau. Evelyn von Borries, die Kreisvertreterin, hatte ihn einberufen, weil wichtige Absprachen und Entscheidungen zu treffen waren. Bis auf zwei Mitglieder des Ältestenrats war der gesamte Vorstand erschienen.

Gleich zu Beginn eine erfreuliche Mitteilung: Es stehen wieder die Mittel zur Verfügung, die für eine normale Arbeit benötigt werden. Dies ist erheblichen, zum Teil schmerzhaften, Einsparungen und andererseits den seit 2015, dem ersten Haushaltsjahr nach der Neuwahl, wieder zunehmenden Spendeneingängen zu verdanken. Auch hatte Frau von Borries bei unseren Partnern Landkreis und Stadt Verden auf eine Reduzierung unseres Beitrags zu den Partnerschaftsbegegnungen – bisher ein Drittel(!) der Kosten – hinwirken können.

Mit Geld allein ist es jedoch nicht getan. Die Vorsitzende dankte daher für ihr beispielloses Engagement besonders der Schatzmeisterin und Geschäftsführerin Erika Zschiesche sowie der stellvertretenden Vorsitzenden Christine Bilke-Krause, die, obwohl noch berufstätig, gleich zwei große Aufgaben übernommen hatte, nämlich die Archivarbeit weiterzuführen und für das Erscheinen der Mai-Ausgabe des Pr. Eylauer Kreisblatts zu sorgen. Desgleichen wurde allerseits Gerda Westerkowsky herzlich dafür gedankt, dass sie in sehr aufwendiger Kleinarbeit Kreiskartei und Versanddatei aufgearbeitet hat. Diese zentralen Themen sowie die künftige Präsenz der Kreisgemeinschaft im Gebäude der Kreisverwaltung nahmen einen breiten Raum ein. Auch die Jugendfreizeit und die Bruderhilfe Ostpreußen kamen zur Sprache. Hervorzuheben ist noch, dass eine Arbeitsteilung hinsichtlich der Erstellung des Kreisblatts erreicht wurde.

Anlässlich dieses Treffens besuchten Evelyn von Borries und Erika Zschiesche die vorbildliche Heimatstube, gleichzeitig Geschäftsstelle, Museum und Archiv der Kreisgemeinschaft Goldap in Stade, um hier Anregungen für unsere Arbeit zu erhalten.

Martin Lehmann, Kreisältestenrat

 

SCHLOSSBERG (PILLKALLEN)

Kreisvertreter: Michael Gründling, Große Brauhausstraße 1, 06108 Halle/Saale. Geschäftsstelle: Renate Wiese, Tel. (04171) 2400, Fax (04171) 24 24, Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen (Luhe).

Im Jahre 1516 wurde Schloßberg im Ragniter Hausbuch erstmalig urkundlich erwähnt. In der Kreisgemeinschaft war man sich einig, dieses Jubiläum gemeinsam mit den heutigen russischen Bewohnern zu begehen. Mit der russischen Verwaltung des Kreises wurde langfristig der Rahmen und der Zeitpunkt abgestimmt. Gemeinsam mit dem Busunternehmen Scheer wurde zur Teilnahme an einer Sonderbusfahrt zum 500 jährigem Jubiläum nach Schloßberg aufgerufen. Erfreulicherweise setzte sich am 18. Mai ein voller Bus Richtung Nordostpreußen in Bewegung. Der große Feiertag war für den 21. Mai anvisiert. Im Gepäck hatte die Kreisgemeinschaft Schloßberg ein besonderes Geschenk – eine Ausstellung zur Geschichte Schloßbergs mit umfangreichem Bildmaterial und Texten beziehungsweise Beschreibungen in deutscher und russischer Sprache.

In Schloßberg war am Festtag von russischer Seite der Marktplatz gesperrt und ein kleines Stadtfest mit Bühne, Sitzgelegenheiten und Ständen mit kulinarischen Angeboten aufgebaut. Nach einem Rundgang auf dem deutschen Friedhof und anschließendem Besuch des sowjetischen Mahnmals, welches an der Stelle der zerstörten Kirche heute den zentralen Platz dominiert, nahmen die russischen und deutschen Besucher Platz vor der Bühne.

Zur Eröffnung sprachen eine Abgeordnete der Königsberger Duma, der Rayonchef des Kreises, die Bürgermeisterin und der Schloßberger Kreisvertreter Grußworte. Alle enthielten den Tenor, wie wichtig Begegnungen und Gespräche sind, gerade in Zeiten der Spannungen auf politischer Ebene. Der Rayonchef Wladimir Sytnjuk bedankte sich für die langjährige Unterstützung in vielen Bereichen. Michael Gründling, Schloßberger Kreisvertreter dankte für den herzlichen Empfang der deutschen Delegation und überbrachte auch die Grußworte des Landkreises Harburg, dem Patenkreis der Schloßberger. Weiterhin würdigte er einige Persönlichkeiten, die vor vielen Jahren diese Zusammenarbeit mit den russischen Partnern aufgebaut haben, so gingen die Gedanken zurück zu Georg Schiller, Gerd Schattauer, Arno Litty, Horst Buchholz und Jörg Heidenreich und zu denen, die heute noch maßgeblich aktiv sind wie Norbert Schattauer, Ulla Gehm und dem Ehepaar Schmelz.

Nach diesen Grußworten übernahmen Künstler und Tanzgruppen das Zepter auf der Bühne mit einem Reigen traditioneller Tänze und Musikdarbietungen. Bemerkenswert war gleich der Auftakt, als eine Jugendformation in Trachten das Ostpreußenlied in deutscher Sprache sang.

Am Nachmittag hatte die russische Seite ein Empfang im alten Kinosaal vorbereitet. Reich gedeckte Tische mit Speis und Trank und an den Tischreihen unsere Ausstellung flankierend aufgebaut. Mehrere russische und deutsche Teilnehmer ließen die zurückliegenden 25 Jahre Revue passieren und die Schloßberger konnten die Ausstellung nochmal offiziell überreichen. Auf russischer Seite überraschte man die deutschen Teilnehmer mit vielen liebevollen kleinen Geschenken. Wladimir Sytnjuk überreichte der Kreisgemeinschaft ein von russischen Invaliden sehr kunstvoll gestaltetes Bäumchen. Zu dieser Zeit konnte auch der litauische Konsul als Gast begrüßt werden. Natürlich durfte neben russischem Wodka der Pillkaller nicht fehlen. Helga Anders in Tracht hatte den Pillkaller, Leberwurst und Senf organisiert und vor Ort vorbereitet. Dieser mundete allen vorzüglich und sorgte auch für entsprechenden Spaß, da es nicht allen gelang die Leberwurst und den Schnaps gleichzeitig zu sich zu nehmen.

Die Zeit ging, wie es bei solchen Begebenheiten immer der Fall ist, viel zu schnell zu Ende. Der herzliche Empfang, die bewusste Fokussierung der russischen Seite auf die deutsche Vergangenheit, die Begegnungen und Gespräche haben bei allen einen emotionalen und nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit und den offenen Dialog wollen alle Beteiligten fortsetzen. Ein ausführlicher Bericht über die gesamte Reise erscheint im Heimatbrief.

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Ab 15. Juli wird die Ausstellung „Tilsit – die Stadt ohne Gleichen“ im Tilsiter Museum für Stadtgeschichte präsentiert. Auf 28 Tafeln wird in deutscher und russischer Sprache eine Fülle von Informationen, Bildern, Karten und Archivstücke vermittelt. Für alle, die keine Gelegenheit haben, die Ausstellung persönlich in Augenschein zu nehmen, wurde ein Katalog herausgegeben, der den Inhalt der Ausstellungstafeln in vollem Umfang wiedergibt. Auf 30 Seiten im Din A4-Format erfährt man die Geschichte der Stadt von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Es gibt Abhandlungen zur Ordensburg Tilse, zur Stadtgründung, zur Entwicklung im 17. und 18. Jahrhundert, zum Tilsiter Friedensschluss, zum Leben im 19. Jahrhundert und in der Zeit der beiden Weltkriege. Mehrere Seiten schildern Tilsit als Handelszentrum, als Verkehrsknotenpunkt, als Industriestandort, als Garnisonsstadt. Dargestellt werden die Tilsiter Schulen, die Glaubensgemeinschaften und Gotteshäuser, die Königin-Luise-Brücke und die Tilsiter Denkmäler.

Die Broschüre hilft, die Atmosphäre des Tilsiter Lebens nachzuempfinden und in die verschiedenen Epochen einzutauchen. Sie kann auf Spendenbasis von der Stadtgemeinschaft erworben werden bei: Manfred Urbschat, Bahnhofstraße 82, 03051 Cottbus, E-Mail urb.man@freenet.de, Telefon (0355) 535544.


Das Unbezähmbare
Das Kulturzentrum Ostpreußen zeigt Werke von Dieter Schiele

Pferde und Jagd“ – unter diesem Titel präsentiert das Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen Tiergemälde von Dieter Schiele. Die Sonderausstellung zeigt Trakehner, kapitale Hirsche und das Symbol Ostpreußens, den Elch. Schiele (66) ist Kulturpreisträger des Jagdschutzverbandes. Die Themen, die der in Frankfurt am Main geborene Künstler in Öl-Lasurmalerei umsetzt, zeigen das unbezähmbare wilde Tier, das dem Besucher der Ausstellung entgegenblickt: „Es sind die Augen des Tieres, die meine Aufmerksamkeit fesseln. Die angespannten Sehnen und Muskeln, die Sprungbereitschaft oder auch das in sich ruhende Tier“ – so beschreibt der gelernte Schriftgießer, Bauzeichner und Bautechniker, der sich erst im Alter von 27 Jahren im Hauptberuf der Malerei zuwandte, seine Inspiration.

Die Öl-Lasurmalerei, die er bevorzugt, geriet mit dem Beginn der impressionistischen Malerei fast in Vergessenheit, denn nur die alten Meister haben sich die Zeit genommen, bis zu siebzehn Schichten Farbe aufzutragen. Schiele hierzu: „Jede Schicht muss vollkommen getrocknet sein und jeder Pinselstrich muss, weil er durchscheint, genau wieder an die richtige Stelle gesetzt werden.“

In seiner Begrüßung gab der Direktor des Kulturzentrums Ostpreußen, Wolfgang Freyberg, seiner Freude Ausdruck, dass mit Dieter Schiele ein prominenter Vertreter der Tiermalerei gewonnen werden konnte, der zudem enge Verbindungen zu Ostpreußen hat.  Der Landtagsabgeordneter Manuel Westphal betonte in der Ausstellungseröffnung, dass sich gerade die Räumlichkeiten des Ellinger Deutschordensschlosses für Themen wie Jagd und Jäger eignen. Die größte Herausforderung sei es, das Gefühl der Spannung wiederzugeben und einen Vergleich zwischen Wirklichkeit und malerischem Motiv herzustellen.

Der Künstler selbst, der eine Malschule in Nidda-Bad Salzhausen betreibt und 1998 mit dem Kulturpreis des Deutschen Jagdschutzverbandes ausgezeichnet wurde, erläuterte, dass er das später gemalte Bild weder fotografiert noch in einem Skizzenbuch festhält: „Alles wird im Kopf gespeichert und daraus entsteht danach die Komposition.“

In drei Räumen des Kulturzentrums Ostpreußen sind nun 42 seiner Gemälde zu bestaunen- Bis zum 21. August ist die Ausstellung täglich außer montags von 10 bis 12 und von 13 bis 17 im Kulturzentrum Ostpreußen, Schloßstraße 9, 91792 Ellingen, geöffnet. Weitere Informationen unter Telefon (09141) 86440 oder per E-Mail: info@kulturzentrum-ostpreussen.de.               M. Fritsche


S. 20 Heimatarbeit

Heimatlicher Geist
Das erste Musikwochenende in Helmstedt

Singen und Musizieren, das weitet nicht nur Herz und Sinne, sondern vermag auch neuen Räumlichkeiten eine Art heimatlichen Charme zu verleihen. So erlebten es die mehr als 30 Teilnehmer beim diesjährigen Pfingsttreffen des Arbeitskreises für Nordostdeutsche Musik. Das „Ostpreußische Musikwochenende“ fand, – nach der Schließung des Ostheims in Bad Pyrmont -, erstmals in der „Politischen Bildungsstätte Helmstedt“ statt.

Mit Neugier, etwas Bangen und Unsicherheit kamen sie angereist, die Teilnehmer. Aber nach dem Wiedererkennen vieler Gesichter, herzlichen Begrüßungen und vor allem nach den ersten gemeinsam angestimmten Liedern stellte sich eine Art alte Vertrautheit auch in neuer Umgebung ein. Die wurde mit vereinten Kräften dann eifrig singend, musizierend und schabbernd erobert. Unter den Teilnehmern waren auch „neue“ Gesichter, so zwei ehemalige Waisenkinder aus dem Vorkriegs- und Kriegswaisenhaus Königsberg.

Auch wenn bei Gesprächen die ostpreußische Tonart nur noch vereinzelt anklang, war schon am ersten Abend und dann während des ganzen Wochenendes der heimatliche, ostpreußische Geist im Hintergrund spürbar. Etwas von früher kann unbedingt in den Liedern Bestand haben, das wurde wieder einmal mehr als deutlich.

Und so fühlte sich jeder bald wohl in dem singenden Kreis, der mühelos Altes heraufbeschwor und in die aktuelle Gegenwart transponierte. Musik vermag also nicht nur Unaussprechliches auszudrücken, sie kann auch zeitlos viele Jahre überspringen und zusammenführen.

Unter der Gesamtleitung von Brigitte Schulze, die auch die Volkstänze einstudierte, übernahmen Karin Petersen und Benjamin Mausolf die Chorarbeit. Ein Blockflötenensemble mit einer Gitarre übte für sich und studierte Liedbegleitungen und Tänze ein. Schon vor dem Frühstück wurde der Tag jeweils mit Morgenliedern begrüßt. Die langen Abende in gemütlicher Runde gelangen auch ohne Leitung mit zahllosen Liedern, teils ostpreußischer Herkunft, teils waren es bekannte Wander-, Abend- und weitere Lieder aus dem Volksliedgut. Zwischendurch wurden Frühlingsgedichte rezitiert, sowie kurze humoristische Beiträge vorgetragen. Am Samstagabend stellte Gabriele Engelbert ihr Buch „Sing, sing, was geschah“ (Husum Verlag) vor und las Auszüge daraus.

Das dichte Programm ließ dennoch genug Zeit zu den hervorragend bereiteten Mahlzeiten mit eifrigem Austausch und wechselseitigem Erzählen an den Tischen. Mit Zufriedenheit und Zuversicht auf ein weiteres Treffen im nächsten Jahr verabschiedeten sich die Teilnehmer. Aber die Melodien werden ihnen noch eine Weile in Köpfen und Herzen nachklingen und die Alltage erfrischen. Gabriele Engelbert


»Fünf Romane sollen es noch sein«
Voller Schaffenskraft und demnächst Bundesverdienstkreuzträger: Arno Surminski

Am 27. Juni wird Arno Surminski hohe Ehre zuteil. Dem 1934 im ostpreußischen Jäglack geborenen Schriftsteller wird vom Hamburger Senat der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland überreicht. Anerkannt wird, dass der Schriftsteller, der heute mit seiner Frau Traute in Hamburg lebt, mit seinen Werken („Jokehnen oder Wie lange fährt man von Ostpreußen nach Deutschland“) einen wichtigen Beitrag leistet, die Geschehnisse in Ostpreußen zum Ende des Krieges aufzuarbeiten und gleichzeitig besonders engagiert die Verständigung zwischen den damaligen und den heutigen Bewohnern fördert. PAZ-Mitarbeiter Peer Schmidt-Walter sprach mit dem Erfolgsautoren über stilistische Tricks, Political Correctness und die neuen „Surminskis“.

PAZ: Ihre Beschreibungen beflügeln die Leser-Fantasie immer wieder aufs Neue. Meisterlich, werden Menschen, Stimmungen und Landschaften geschildert. Verraten Sie uns Ihren sprachlich-stilistischen „Trick“?

Surminski: Wenn es ein Trick wäre, könnte ich ihn erklären. Ich rätsele selbst über die emotionale Wirkung meiner Texte. Es liegt wohl daran, dass ich die beschriebenen Vorgänge immer deutlich vor Augen habe. Daraus entsteht dann der Eindruck von „ganz nahe sein“.

PAZ: Die Heimat Ostpreußen ist Ihnen ganz nah, und es ist ein ganz außergewöhnliches Land! Ich bin selber einige Male auf den Gewässern Ostpreußens, insbesondere Masurens, unterwegs gewesen und konnte mich dem Zauber, den Geheimnissen der historisch durchtränkten Landschaft nicht entziehen. Ist es das, was auch Sie immer wieder animiert?

Surminski: Ich kann nur Bücher schreiben über Dinge, die ich kenne. Ostpreußen kenne ich besonders gut, nicht nur von meiner Kinderzeit her, sondern auch von vielen Reisen nach dem Krieg. Außerdem ist Ostpreußen mit dem einsamen Masuren – nicht zuletzt durch das Wirken der Schriftsteller – ein Mythos geworden. Man lebt und arbeitet gern in einem Mythos.

PAZ: Sind Sie mit dem Thema Ostpreußen schon mal in das „kritische Fadenkreuz“ bestimmter politischer Kreise gekommen? Falls ja: Was wurde moniert? Falls nein: Wie schaffen Sie den sprachlichen Spagat zwischen „polical correctness“ und Heimatverbundenheit? Oder quälte Sie auch der Gedanke beim Schreiben, „die Wahrheit könnte vergessen werden“ wie in Ihrer Erzählung „Die Wellen“?

Surminski: Es gab tatsächlich eine Zeit, in der allein die Erwähnung des Namens Ostpreußen in einem Buch Stirnrunzeln auslöste und mit dem Verdacht des Revanchismus belastet wurde. Ich habe das nicht gewusst und meinen ersten Roman naiv „Jokehnen oder Wie lange fährt man von Ostpreußen nach Deutschland“ genannt. Die der politischen correctness nahe stehende Hochliteratur hat ihn logischerweise wenig beachtet. Die Leser haben mich gerettet, indem sie das Buch, das so mutig den Namen Ostpreußen im Titel führte, in großer Zahl kauften und lasen. Immerhin sind es einschließlich der Übersetzungen ins Französische, Schwedische und Russische über eine Million Exemplare.

PAZ: Worauf führen Sie den Erfolg zurück?

Surminski: Die Leser haben das Gefühl, der Autor will sie nicht in eine bestimmte Richtung drängen, sondern beschreibt die Verhältnisse so, wie sie waren und wie sie sie selbst in Erinnerung haben. Sie kommen in meinen Büchern zurück zu ihren eigenen Kindheitserlebnissen.

PAZ: Dabei verstehen sie es auch immer wieder, in Romanen oder Erzählungen, hohe Spannung aufzubauen, fast wie bei einem Krimi – „Kein schöner Land“ ist ja auch quasi einer. Wie lautet das Rezept für ein fesselndes Buch?

Surminski: Spannung entsteht, wenn man nicht alles sagt und erklärt, sondern vieles nur andeutet, was beim Leser dann die Spannung erzeugt. Und er möchte erfahren, wie es ausgeht.

PAZ: Ihr Werk spiegelt in vielerlei Hinsicht Ihr persönliches Schicksal. Viele Leser würden sicherlich gerne eine Biographie von Ihnen lesen. Arbeiten Sie daran?

Surminski: Eine wahrhaftige Autobiographie könnte ich nicht mehr schreiben. Ich habe zu viel Autobiographisches in meinen Romanen und Erzählungen verarbeitet und könnte jetzt nicht mehr genau sagen, was Roman und was Realität war.

PAZ: Haben Sie denn weiteren „Surminskis“ in Arbeit? Und mit welcher Thematik?

Surminski: Ich bin jetzt 81 Jahre alt und will noch mindestens fünf Bücher veröffentlichen. Einige sind in Arbeit, andere schon fertig oder nur angedacht. Über die Themen möchte ich nichts sagen. Es muss ja auch etwas Spannung bleiben.


S. 21 Lebensstil

Sauberer Kraftakt
Seelenreinigung garantiert − Auf wochenlange Pilgerschaft mit einer Waschmaschine namens Mikaela

Das hat noch gefehlt: eine Reisewaschmaschine, die man schnell zur Hand hat, um unterwegs schmutziges Zeug zu waschen. Doch das bleischwere Gerät, mit dem Ludger Bücker auf Wanderschaft ging, diente eher zur Seelenreinigung.

„Mikaela und ich waren nur in den ersten Minuten von Interesse. Viel lieber erzählten die Leute von sich, ihren Problemen und Sorgen“, berichtet Ludger Bücker. Jeden Tag sprachen ihn auf seiner Reise neugierige Menschen an, die viel Spaß mit seinem Unterfangen hatten. 1200 Kilometer legte er in 38 Tagen zu Fuß  zurück. Und das in Begleitung einer ausgedienten Waschmaschine. Das Ding wog im Original 110 Kilo. Nach Ausbau unwichtiger Teile und Befüllung mit Reisegepäck wurden es dann um die 80 Kilo, die es zu schieben galt.

Dass Menschen den Jakobsweg laufen, allen voran der Fernseh­unterhalter Hape Kerkeling, ist bekannt. Dass man aber auf so eine Wanderung geht, ist alles andere als üblich.

„Schon allein der Begriff hört sich schwer an, Wasch-ma-schi-ne!“, sagt Bücker schmunzelnd. Und wer sich in seinen Reisebericht vertieft, bemerkt schnell, wie sehr das Ganze dem Transporteur auf die Knochen und besonders schmerzgeplagten Füße ging. Als er vor einigen Jahren auf einem Schrottplatz in seiner Heimatstadt nach einer Reisebegleitung der etwas anderen Art suchte, kamen für ihn eine Kühlgefrierkombination, ein Elektroherd oder eben dieses Monstrum in Frage.

Bückers Wahl fiel dann aber doch auf die „schöne Mikaela“, wie er sie gleich taufte. Die Einfüllklappe sah lustig aus, wie ein Smiley. Außerdem konnte man im Inneren des Gerätes gut Reisebedarf transportieren. Auf einer Sackkarre schob der heute 50-jährige Krankenpfleger aus Lippetal-Herzfeld seine neue „Freundin“ inzwischen schon zweimal durch deutsche Lande und hielt nun die Erlebnisse in einem Buch fest, das im Goldmann Verlag erschienen ist.

Eine Frage, die sich aufdrängt und jeder immer stellte: Warum das Ganze? Dass er diese ungewöhnliche Reise machte, liege an einem Buch des britischen Komikers Tony Hawks. Darin sei der Autor mit einem Campingkühlschrank einmal um Irland getrampt. Das fand Bücker so witzig, dass er sich entschloss, es dem Iren gleich zu tun. Ein weiterer Anlass war sicher eine Art Auslöser in seinem Leben. „Irgendwann gab es einen Punkt, da war es mir egal, was andere Menschen von mir halten.“ Keine aufgesetzten Rollen wollte er mehr spielen, und diese Reise war eine schöne Gelegenheit, dieses zum Ausdruck zu bringen.

Deutschland und seine Bürger wollte er sich anschauen und sich ein Bild davon machen, ob von der Stimmung des Sommermärchens 2006 noch etwas übrig geblieben sei. Seinen geliebten Hund wollte er eigentlich mitnehmen, wurde aber einsichtig, dass so etwas für ein Tier zu anstrengend werden konnte. So verschob er die Reise so lange, bis das schon ältere Tier das Zeitliche gesegnet hatte. Doch dann ging es los. Sein persönliches Umfeld sei anfangs etwas skeptisch gewesen, doch inzwischen freuten sich viele, wenn er durch seinen Heimatort laufe.

„Ich glaube, einige verstehen jetzt besser, was ich da mache“, fügt er hinzu. In dem kleinen Ort Allensbach in Baden-Württemberg ging es los, auf verschlungenen Pfaden am Rhein entlang zurück bis nach Lippetal. Vielen Menschen ist er begegnet, wobei seine monströse Begleiterin immer als Eisbrecher fungierte. Ein Lächeln riefen beide fast überall hervor. „Es gab so viele nette Menschen, die mir begegnet sind“, sagt er und erinnert sich an eine sehr berührende Situation. Er begegnete einem alten Herren, dessen Frau vor kurzer Zeit verstorben war. „Wie dieser einsame Opi an meiner Seite geweint hat, da hatte ich auch einen Kloß im Hals.“

Aber auch lustige Erlebnisse säumten den langen Weg nach Hause bergauf und bergab. Unter anderem Damen mittleren Alters auf Freiersfüßen, die dem Junggesellen eindeutige Angebote machten. Außer dem Wetter habe er als richtig un­angenehm eigentlich gar nichts empfunden. Die höllischen Schmerzen an Wade und Füßen scheinen inzwischen den zahlreichen bedeutsameren Erinnerungen gewichen zu sein.

Man glaubt es ihm sofort. Statt im Kloster in sich zu gehen, kann man also auch eine beschwerliche Reise machen, um sich und der Menschheit näher zu kommen. Er verlieh sozusagen des Öfteren seine Ohren, hörte den Menschen zu. Auch denen, die niemand mehr beachtet in einer zu schnell gewordenen Gesellschaft. Diese Reise zu unternehmen, sei vielleicht die beste Entscheidung, die er je getroffen habe, behauptet Bücker.

„Unterwegs sind mir viele Menschen mit großen Problemen und Schicksalsschlägen begegnet, die mir gezeigt haben, wie gut es mir geht und wie dankbar ich für mein Leben sein muss. Und mir wurde wieder bewusst, was für ein schönes Leben ich habe.“ So etwas vergesse man leider leicht.

Es interessierte ihn auch, ob die Bürger anderer Nationen Recht damit haben, uns als humorlos und stur zu bezeichnen. „Mein Fazit von den Deutschen ist, dass wir ein sehr tolerantes Völkchen sind. Wir haben das Glück, dass jeder seinen Spleen, und sei er noch so verrückt, ausleben kann. Und fast alle Menschen, denen ich begegnet bin, fanden meine Wanderung Klasse. Unser Humor ist durchaus vorhanden, wenn auch für andere Nationen etwas speziell. Aber so ist das nun mal.“

Die Resultate einer solchen Exkursion sind vorher nicht unbedingt berechenbar. Es zeigen sich manchmal völlig unerwartete Auswirkungen. So hat sich das Leben des Bücker nachhaltig entschleunigt durch diesen Trip, wie er freudig feststellt: „Ich glaube, nach meinen Touren lebe ich bewusster und lasse Stress nicht mehr so an mich herankommen, wie ich es sonst zugelassen habe. Ich bin einfach gelassener geworden und rege mich nicht mehr über jeden Mist auf.“

Für ihn kam ein fast schon therapeutisches Ergebnis dabei heraus. Andere bezahlen für derart heilsame Folgen viel Geld bei psychologischen Coachings. Es war also eine Unternehmung mit philosophischem Erkenntniswert, die Bücker da geglückt ist. Laut Überlieferung zog sich ja auch der griechische Philosoph Diogenes in eine Tonne zurück. Warum dann nicht mit einer Waschmaschine den eigenen Jakobsweg beschreiten?       Silvia Friedrich


Haar und Hund
Waschen, schneiden, Fell föhnen − Auch manche Hunderassen müssen mal zum Friseur

Sobald das Fell juckt, ist es wieder so weit. Parson Russel Terrier-Dame Josy wird von Besitzerin Carmen 130 Kilometer weit zum Hundesalon nach Wedel im Westen Hamburgs gefahren. Und zwar zum Trimmen. Der Begriff trimmen klingt sportlich. Und schweißtreibend. Das ist es aber eher für die Hundefriseurin. Je nach Größe des Hundes und Qualität des Fells dauert das Trimmen, das Zupfen des toten Haares, zwischen ein und drei Stunden.

Immer und immer wieder führt die Hundefriseurin die gleiche Bewegung aus. Mit jedem Handstreich wird Fell zwischen den Trimmstein und den Daumen geklemmt und gezupft. Über die lange Dauer ist das anstrengend. „Ich hab ganz andere Muskeln an den Daumen als andere Leute“, lacht Karin Erbe, die seit zehn Jahren diesen Beruf ausübt und seit fünf Jahren ihren eigenen Salon führt. „Im Winter wird es weniger mit dem Trimmen, weil die Hunde aufhören, Haar abzuwerfen“, erzählt Erbe, „wenn im Frühjahr alle auf einmal kommen, frage ich mich manchmal, was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Morgens einen Airedale-Terrier, nachmittags einen Foxterrier und dazwischen noch zwei Parson Russel anzunehmen? Wenn man den ganzen Tag nur getrimmt hat, sind die Finger abends sehr strapaziert.“

Abwechslung ist also gefragt. Die Arbeit im Hundesalon hält genug davon bereit. „Wir bieten natürlich alles an“, erklärt Erbe. „Wir baden Labradore, wir kämmen Unterwolle aus Australian Shepherds und Golden Retriever. Aber die typischen Salonhunde von früher wie Pudel, Cocker-Spaniel und Yorkshire-Terrier, die gibt es nicht mehr so häufig.“ Dafür gibt es heute mehr Hunde, die gerupft werden müssen. Vor allem verschiedene Terrier gehören seit einigen Jahren zu den Moderassen.

Doch wa­rum ist das Entfernen der losen Haare von Be­deutung? Das Haar sitzt tot in der Haut beziehungsweise in der Wurzel. Darunter sitzt bereits das neue Haar, das sich heraus schieben will. Gezupft wird nur das Fell, das abgestorben und be­reits gelöst ist.

Wichtig ist diese Maßnahme vor allem für die Haut, denn die will atmen, und sie wird durch das Trimmen in der Gesunderhaltung unterstützt. Ist das Fell getrimmt, also das alte Fell herausgezogen worden, erweist sich das Trimmfell eines Terriers als ungemein wetterbeständig. Wasser perlt am Fell ab; durch das feste, dichte Fell, das nach dem Trimmen zurück bleibt, ist der Terrier gut geschützt.

Der Hund sitzt auf dem Frisiertisch, mehr oder weniger still. Das Entfernen des Haares bereitet dem Hund keine Schmerzen. Stillhalten liegt trotzdem nicht jedem vierbeinigen Gast, den Erbe auf den Frisiertisch bekommt. Zwischendurch wechselt Erbe den Trimmstein gegen ein Trimmmesser. Je nachdem an welcher Körperpartie des Hundes sie arbeitet, ist ein anderes Werkzeug gefragt. Beim Trimmen hängt viel von der richtigen Technik ab.

„Man stellt das Haar auf, greift und zieht“, erklärt die gelernte Tierpflegerin, „wenn ich mit dem Handgelenk, in dem ich das Trimmmesser halte, abknicke, schneide ich das Fell ab. Das wäre falsch. Und es besteht die Gefahr, dass ich das nachwachsende Fell abschneide.“ Trimmmesser werden deshalb so stumpf wie möglich bevorzugt. Wer es besonders stumpf mag, zieht sein Messer durch Sand oder über Schmirgelpapier.

Doch es gibt noch einen anderen Grund, die Technik so korrekt wie möglich auszuführen, verrät die Besitzerin eines Misch­lings und eines American Cocker Spaniels: „Wenn man beim Trimmen nicht die korrekte Haltung vermittelt be­kommt, ist es nicht lange durchzuführen. Man be­kommt dann sehr schnell einen Tennisarm oder Sehnenscheidenentzündungen oder auch ein Karpaltunnelsyndrom. Man muss diese Arbeit von der Technik her so ausüben, dass man es auch gesundheitlich durchhält.“

Die Tätigkeit des Hundefriseurs ist kein Ausbildungsberuf. „Man kann immer nur das Ausüben, was man gelernt hat“, meint Erbe, die nach ihrer Ausbildung zur Tierpflegerin zunächst ein Praktikum in einem Salon machte, und dann mehr und mehr in den Beruf hineingewachsen ist. Seit einigen Jahren engagiert sie sich auch im Fachverband, der sich für eine Ausbildungsregelung einsetzt. „Früher gab es vor allem den Pudelfriseur – das ist aber eine ganz andere Technik als bei Terriern. Der Pudel wird geschnitten und geschoren.“ Dazu kommt: Für die Ausbildungen, die auf privater Ebene angeboten werden, gibt es keine Richtlinien im Hinblick auf die Lehrinhalte.

Kein Wunder also, das längst nicht jeder Hundesalon das Trimmen im Sinne des Zupfens von Trimmfell anbietet. Wer diese Leistung im Programm hat, macht die Erfahrung, dass die Kunden auch von weit her anreisen, um ihren Termin wahrzunehmen. So hat Erbe Kunden, die regelmäßig aus Rendsburg oder der Lüneburger Heide kommen.

Parson Russell Josy ist nach knapp einer Stunde fertig. Glück­lich nimmt Besitzerin Carmen ihre frisch gestylte Terrierdame wieder in Empfang. Und vereinbart sofort einen neuen Termin. Schließlich ist klar, dass in etwa drei Monaten wieder Fell nachgewachsen sein wird. Die 130 Kilometer lange Fahrt von ihrem Wohnort, nördlich von Rendsburg, zum Hundefriseur nach Wedel an die Elbe nimmt sie vier Mal im Jahr gerne in Kauf. Was ihr Hund dazu sagt, ist nicht überliefert.             Stephanie Sieckmann


Pandababy lockt Besucher an

Der Tierpark Pairi Daiza im belgischen Brugelette ist um eine seltene Attraktion reicher. Am 2. Juni ist dort nachts ein Riesenpanda zur Welt gekommen. Das nackte, rosa Männchen wog bei seiner Geburt 170 Gramm. Pandamutter Hao Hao nahm ihr Baby sogleich ins Maul: ein Zeichen dafür, dass sie es akzeptiert.

Die Geburt eines Riesenpandas ist etwas ganz Besonderes. Die Tiere stehen auf der Roten Liste gefährdeter Arten der Nichtregierungsorganisation IUCN, und weltweit leben nur noch knapp 2000 von ihnen. Belgien ist nach Österreich und Spanien das dritte Land, dem es in den vergangenen 20 Jahren gelungen ist, in Europa mit chinesischer Unterstützung Riesenpandas zu züchten. Das Pandapärchen lebt seit 2014 in einem Gehege im Chinesischen Garten des Parks mit Bambuswald, Berg und Höhle. Der südwestlich von Brüssel zwischen Mons und Ath gelegene Tierpark ist einer von 17 Zoos weltweit, in denen Riesenpandas leben (Internet: www.pairidaiza.eu).            tws


S. 22 Neue Bücher

Stimme der Kriegskinder
Neubeginn in der Ostzone

Bisher hat man ihnen selten zugehört, sie kaum wahrgenommen. All denjenigen, die als Kriegskinder zwischen 1930 und 1945 geboren wurden. Sie muss­ten funktionieren, aufbauen, durften nicht jammern. Denn den anderen vom Krieg gebeutelten Menschen ginge es ja viel schlechter, erzählte man ihnen. „Es liegt mir am Herzen, die Menschen zu sensibilisieren für unsere Geschichte, auch Verständnis zu wecken für die Eltern und Großeltern“, sagt Autorin Margot Jaeuthe im Nachwort zu ihrem soeben in der Edition Märkische Lebensart erschienenen Buch „Stehaufmädchen“. Sie selber hat als Kriegskind all die traumatischen Dinge erlebt, von denen sie in ihrem Werk berichtet.

Das Schicksal des Waisenmädchens Linda, der Protagonistin, das aus leidvoller Erfahrung lernen musste, stark zu werden und sich selbst zu helfen, sei von ihrem eigenen Erleben geprägt, aber es sei keine Autobiografie, versichert die Autorin. Die Kriegskindergeneration ist heute im Ruhestand und ihre Kinder sind aus dem Haus. Nach traumatischsten Erlebnissen, die sie sicher bis zu ihrem letzten Tag begleiten werden, beginnen nun einige von ihnen endlich zu reden. Jaeuthes kleine Halb-Schwester war Vorbild für die Hauptfigur. Ort der Handlung ein kleines Dorf im Mecklenburgischen. Hier wurde die Autorin geboren, hier wuchs sie auf und erlebte das Kriegsende. So beginnt das Buch mit dem Frühsommer 1945.

Mitreißend schildert sie aus der Sicht des Kindes das Zusammentreffen mit den Russen, die jetzt das Land besetzten. Berichtet von der katastrophalen Ernährungslage, den lebensgefährlichen Schmuggel- und Tauschaktionen ihres Großvaters, der Angst und dem Hunger. Und von grausamen Krankheiten wie Typhus, dem unzählige Menschen zum Opfer fielen. So auch die Mutter der kleinen Linda. Ihr Vater war schon längst auf dem „Felde der Ehre“ gefallen, so wie Millionen andere Soldaten. „Maikäfer flieg, dein Vater ist im Krieg“, singt das Mädchen und versteht den Inhalt nicht. Doch selten passt diese über 200 Jahre alte Weise so sehr wie hier. Denn Liedgutforscher sehen im Fliegenlassen des Käfers eine Bewältigung des eigenen Schicksals. Und genau das hat das „Stehaufmädchen“ wieder und wieder getan. Stellvertretend für Tausende anderer Kinder der Zeit, die diese kinderfeindliche Epoche irgendwie überleben mussten. Sei es in Ost oder West.

Eindrucksvoll webt die Autorin aus vielen Erinnerungen einen Teppich aus Lebensbeschreibungen. Sie lädt die Leser ein, noch einmal den Blick zurückzuwenden in eine Zeit vor 70 Jahren und noch einmal oder erstmals in eine Welt einzutauchen, die vielen heute als fremd und vergangen erscheint. Doch angesichts der Einwandererströme, denen sich gegenwärtig unser Land ausgesetzt sieht, kommt einem das viel näher vor als je zuvor. Geschildert werden auch die Verhältnisse und das Klima in diesem ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden in der Nachkriegszeit.

Jaeuthe studierte nach dem Abi­tur Biologie an der Humboldt-Universität zu Berlin, arbeitete im Klinikum Berlin-Buch und an den St. Hedwig-Kliniken als Diplom-Medizin-Pädagogin und lebt heute in einem kleinen Dorf in Brandenburg. Viele ältere Mitbürger werden sich beim Lesen erinnern, sich ihrer eigenen Geschichte bewusst werden, die sie vielleicht seit Kriegsende verdrängt haben. Endlich fand jemand den Mut, ihnen allen eine Stimme zu geben und die gemeinsame Geschichte aufzuschreiben.            Silvia Friedrich

Margot Jaeuthe: „Stehaufmädchen“, Edition Märkische LebensArt, Storkow 2016, gebunden, 192 Seiten, 19,50 Euro


Das überholte Europa
Thilo Sarrazins Abrechnung mit politischer Realitätsflucht

Nach der Darstellung in seinem neuen Buch „Wunschdenken“ wurde laut Thilo Sarrazin in der Bundesrepublik bis zur Mitte der 50er Jahre eine richtige Politik betrieben. Seitdem aber häuften sich die Fehler: Es begann mit völlig fehlender Reaktion auf die säkularen Geburtenrückgänge; der Aufbau Europas sei in falscher Reihenfolge erfolgt; nach Herstellung des gemeinsamen Wirtschaftsraums hätte eine zentrale Staatsgewalt eingeführt werden müssen, nachdem zuvor die gesamten Außengrenzen gesichert waren und man sich auf gemeinsame Regelungen zur Einwanderung geeinigt hätte.

Die Europäische Wirtschaftsunion schaffte die bisherige Eigenverantwortlichkeit des Staates für seine Finanzen ab, sie sei praktisch zum Risikoverbund geworden, welcher geradezu dazu einlade, die eigenen Probleme auf Kosten anderer zu lösen: Deutschlands Zukunft entscheide sich an der Problematik der Einwanderung, seiner Demografie und ebenfalls an seiner Bildung − nicht hingegen an der Gleichheits-Idee bestimmter Linkskreise, den Genderfragen sowie auch nicht am Klimawandel.

Als den größten Fehler deutscher Nachkriegspolitik wertet Sarrazin die unbedachte und utopische Flüchtlings- und Einwanderungspolitik des Bundes. Mancher Leser wird das eine oder andere Argument als überzogen erachten, doch wird er in keinem anderen Buch eine so ausführliche Darstellung der häufigen Für- und Gegen-Argumente finden.  Die Aufnahme von Flüchtlingen löse jedenfalls kein einziges Problem in deren Heimat. Wirtschaftliche Unzufriedenheit, kriegerische Auseinandersetzungen könnten keinen Asylgrund darstellen, andernfalls müssten wir halb Afrika aufnehmen. Bei einer Ablehnung eines Asylantrags müsse eine Abschiebung erfolgen, tatsächlich aber bleibe der größte Teil der Abgelehnten in Deutschland − auf unsere Kosten.

Auch würden die Einwanderer nicht unseren Wohlstand erhöhen, wie behauptet wird. Die meisten verfügten nur über ein geringes Bildungsniveau, so wie bei ihnen auch die Arbeitslosigkeit besonders hoch sei. Nicht die Anzahl der Einwanderer sei Quelle eines Wohlstands, sondern stets das Niveau ihrer Arbeitsproduktivität. Sorge bereitet dem Autor die Kinderzahl der Einwanderer, die meist mehr Kinder hätten als die Einheimischen, und die in einigen Jahrzehnten die ethischen Deutschen zu einer Minderheit im eigenen Lande machen könnten. Zwangsläufig ändere sich zugleich auch die kulturelle Identität unseres Landes.

Unsere Verfassung garantiere freie Meinungsäußerung, doch gerade in dieser Frage werde sie in den Medien be­hindert. Zweifler, Skeptiker an der Politik der Willkommenskultur diffamiere man als „Neo-Nazis“. Die Phrase von der „fairen Verteilung der Flüchtlinge in der EU“ vernehme die Bevölkerung seit Monaten, tatsächlich wolle nicht einmal Schweden uns einen nennenswerten Teil der Lasten abnehmen.

Ein zentrales Leitmotiv der Gegenwart sei die linke These der Gleichheit. Sie habe das Ziel, durch Senkung von Anforderungen und Leistungsverzichte die so­ziale Gleichheit zu fördern und bisherige Bildungsziele einer auf Gleichheit abzielenden Gesellschaftspolitik unterzuordnen. Eine Minderheit solle sich nicht durch größeres Wissen einen Vorsprung im Leben verschaffen. Es bleibe eine lebensfremde Utopie, weil sie die Verneinung der Realität voraussetze. Es werde immer durch verschiedene Umstände in den unterschiedlichsten Lebensbereichen differenzierte Menschen geben. Die weltweiten PISA-Ergebnisse bewiesen eindeutig, dass Singapur, Süd-Korea, Japan und China eine Spitzengruppe darstellen und die Bildungsleistungen sowohl in Europa als auch in Nordamerika weit überholten.

Ohne Zweifel wolle kein Politiker in seinem „Wunschdenken“ heute daran Gedanken verschwenden, obwohl er es dringend müsste: Werde der anhaltende Vorsprung der Bildungsleistungen in Ostasien gegenüber Europa in einigen Generationen der Vorläufer für eine dauerhaft überlegene Wirtschaftsdynamik sein? Unser Land gehe unruhigen Zeiten entgegen, unser Schicksal liege indessen zum großen Teil in unserer Hand, mahnt der Buchautor und schließt zutreffend: „Von unseren Ideen, unseren Einsichten und unseren Handlungen hängt ab, was wir daraus machen“.                Friedrich-W. Schlomann

Thilo Sarrazin, „Wunschdenken“, DVA, München 2016, gebunden, 576 Seiten, 24,99 Euro


Kantischer Mut
Ostpreußischer Geografieprofessor wagt sich in den »Gegenstrom«

Der Titel ist Programm. Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen. Wer sich ein eigenes Urteil bilden will, muss den kantischen Mut aufbringen und seinen eigenen Verstand benutzen und kritisch zur Sache gehen. Sonst kann er nicht aus dem riesigen Wust an Informationen, mit denen uns täglich der Zeitgeist überschüttet, die Wahrheit herausfiltern.

Der Autor, Königsberger und emeritierter Geografieprofessor an der TU Berlin, bietet in seinem neuen Buch „Gegenstrom oder wider den Stachel gelöckt“ die Gewähr dazu. Der Ostpreuße schaut neugierig hinter die Kulissen und kommt zu dem wenig schmeichelhaften Schluss, dass die Bundesrepublik in der Realität ein „unter einer Mediendiktatur leidender Parteienstaat“ sei, in dem „die Wahrheit den Ruheständlern vorbehalten ist“.

Das Buch ist sehr verständlich geschrieben und in 17 Kapitel gegliedert. Es widmet sich folgenden Themen: „Klimawandel ja – Anthropogene Klimakatastrophe nein!“, „Energiemix oder Energiemurks?“, „Moderne Kunscht“, „Die Migrationshintergründler“, „Diplomstraßenfeger? Nein, keine Akademisierung!“, „Sankt Bürokratius““, „Wie korrekt / verrückt ist die politische Korrektheit?“, „Störfall Computer“, „Politiker und Psychologenkauderwelsch“, „Der Sündenfall der Architekten“. Ein Zwischenfazit lautet: „Ob Souveränität, Finanzhoheit, Bevölkerungsentwicklung, Landschaftszerstörung oder Verhinderung von Infrastruktureinrichtungen, alles droht die Bundesrepublik Deutschland zum Negativen zu verändern: eine höchst bedenklich Perspektive.“

Die klassische Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative habe nur noch eine Alibifunktion. Die tatsächliche Staatsgewalt, die vom Volke ausgehen sollte, liege längst in den Händen der Parteien und Medien. Sie wachten über die „politische Korrektheit“ und den „Mainstream-Konsens“. Wer wage zu widersprechen, werde nicht widerlegt, sondern zum Schweigen gebracht.

Ob Hofmeister über den Klimawandel aufklärt, „eine direkte Korrespondenz von hohem CO2-Gehalt und hoher Temperatur ist nicht existent“, oder die „Dekarbonisierung“ auf den Arm nimmt und von der „Energiewendeka­tastrophe“ spricht, oder den „Biowahn“ brandmarkt − das Buch ist eine wahre Fundgrube, in der der gesunde Menschenverstand nach Belieben wühlen kann. Es ist nichts für „Gutmenschen“, die a priori wissen, „was gut und was böse ist“ und lieber durch einen ideologisch korrekten Windräderwald statt durch einen grünen Laubwald spazieren. Eine angenehme Lektüre. Greifen Sie zu!       Wolfgang Thüne

Burkhard Hofmeister: „Gegenstrom oder wider den Stachel gelöckt“, Literareon im Herbert Utz Verlag, München 2015, broschiert, 152 Seiten, 12,50 Euro


Lupenreiner Österreicher
Unternehmer, Politiker, Urgestein − Hannes Androsch, Kreiskys gescheiterter Thronfolger, zieht eine Lebensbilanz

Nach wie vor mischt sich der österreichische Industrielle und frühere Spitzenpolitiker Hannes Androsch (SPÖ) gern in die gesellschaftspolitischen Debatten seines Heimatlandes ein, sei es durch Interviews oder Buchveröffentlichungen. Unter Bundeskanzler Bruno Kreisky war der ausgewiesene Steuerexperte Androsch von 1970 bis 1976 Finanzminister und von 1976 bis 1981 Vizekanzler. Im vergangenen Herbst erschien seine von ihm autorisierte Biografie unter dem Titel „Niemals aufgeben – Lebensbilanz und Ausblick“, aufgezeichnet von dem Journalisten, Moderator und ehemaligen Chefredakteur Peter Pelinka.

Androsch hält Beteiligungen an zahlreichen Unternehmen, ist Aufsichtsratsvorsitzender der Salinen AG und der staatlichen Bankenholding Fimbag. 2010 wurde er zum Vorsitzenden des Rats für Forschung und Technologieentwicklung gewählt. Und im Jahr 2011 initiierte er das österreichische Bildungsvolksbegehren. Sein Ansehen als anerkannter Elder Statesman hat er sich vor allem durch sein Wirken als Mäzen und engagierter Förderer eines fairen, inklusiven Bildungssystems erworben. Den Ruf des nicht ganz „lupenreinen“ Sozialdemokraten wurde er indessen trotzdem nicht gänzlich los. 1988 war Androsch in einem langen Gerichtsverfahren durch sämtliche Instanzen rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden.

1938 wurde Androsch im Wiener Arbeiterbezirk Floridsdorf geboren. Seine vom Elternhaus her geförderte Karriere als Funktionär in der SPÖ begann 1960 nach Abschluss seines Studiums der Betriebswirtschaft. 1963 heiratete er seine erste Frau Brigitte, mit der er zwei Kinder hat. Als vereidigter Wirtschafts- und Steuerprüfer übernahm er 1966 die Steuerkanzlei seines Vaters und zog ein Jahr später mit 29 Jahren als damals jüngster Abgeordneter in den österreichischen Nationalrat ein. „Niemals aufgeben“ ist aus gutem Grund sein Lebensmotto. Bis 1975 galt er als Bruno Kreiskys Thronfolger, musste dann aber wegen seines andauernden Machtkampfs mit dem „Sonnenkönig“ Kreisky das Feld räumen.

Die politischen Diskrepanzen zwischen den beiden Spitzenpolitikern hatten einen negativen Einfluss auf die Phase der Alleinregierung der SPÖ (1971 bis 1983). Der Streit zwischen Androsch und Kreisky führte zu einer Spaltung der SPÖ-Führungsriege in zwei Fraktionen. Pelinka macht jedoch glaubhaft, dass Kreisky den 27 Jahre jüngeren und „feschen“ Androsch immer mehr als Konkurrenten empfand und daher aus persönlichen Gründen ablehnte.

Wie auch sonst gelegentlich, lässt der Autor an diesem kritischen Punkt Zeitzeugen zu Wort kommen, die ihm für das Buch eigene Texte zur Verfügung stellten. Sind es sonst überwiegend Verwandte und Freunde, deren anekdotische Erinnerungen über Androsch eingefügt wurden, so hat er in diesem Fall die Tagebucheinträge eines der Parteilichkeit unverdächtigen, namhaften ÖVP-Mitglieds hinzugezogen.

1981 übernahm Androsch den Chefposten der damals staatlichen CA Creditanstalt Bankverein, den er 1988 aufgrund der Steueraffäre wieder verlor. Darüber berichtet er im Kapitel „Die Fortsetzung der Jagd“, gemeint ist die Jagd der Medien auf seine Person. Mit der Gründung seiner Consulting-Firma AIC im Jahr darauf begann seine glänzende unternehmerische Laufbahn. Auch im Privatleben gab es für ihn Zuwachs. Mit der Wirtschaftspsychologin Claudia gründete er eine zweite Familie. Sein Sohn Gregor wurde 1997 geboren.

Am Schluss seiner Rückschau berichtet Androsch von seiner Tätigkeit für Wissenschaft und Bildung sowie Forschung und Technologie und streift aktuelle Themen der Innen- und Europapolitik. Abschließend stellt er sich im Interview den teilweise durchaus kritischen Fragen seines Biografen. Zehn gute und nützliche, auf eigenen Erfahrungen basierende Empfehlungen für ein gelingendes Leben hat er im Epilog zusammengefasst. Androsch bezeichnet sie als sein Vermächtnis für seine Kinder und Enkel sowie für alle Jüngeren. Hierzulande ist seine Biografie wohl nur für diejenigen ein gewinnbringender Lesestoff, die sich speziell für unser Nachbarland Österreich interessieren.     Dagmar Jestrzemski

Hannes Androsch: „Niemals aufgeben – Lebensbilanz und Ausblick“, Ecowin Verlag bei Benevento Publishing, Wals bei Salzburg 2015, gebunden, 296 Seiten, 24,95 Euro


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S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Wir waren’s, wer sonst? / Wie erst der Westen die Moslems zu Schwulenhassern machte, was die Thailänder für Auschwitz können, und was für Trottel wir sind

Gerade in aufgeheizten Situationen gilt es, genau zu differenzieren. Man hüte sich vor voreiligen Schlüssen, die pauschale Verurteilungen auslösen könnten.

Wir sprechen natürlich über das Massaker von Orlando im US-Bundesstaat Florida. Im Moment werde noch darüber gerätselt, ob der radikalislamische Täter aus religiöser Verblendung gehandelt habe oder bloß aus reinem Schwulenhass, hieß es tagelang auf allen Kanälen und in fast allen Zeitungen. Das scheint im Moment die brisanteste Frage überhaupt zu sein.

Ein interessantes Rätselraten. In derselben Logik könnten wir uns auch angestrengt fragen, ob die Judenmörder der 1940er Jahre aus der ideologischen Verblendung des Hitlerismus gehandelt haben oder bloß aus reinem Judenhass.

Was diese blödsinnige Unterscheidung bitte schön soll, wollen Sie wissen? Ja, das hätten wir auch gern erfahren. Aber jetzt heucheln wir ein bisschen, denn die Antwort kennen wir doch: Es ist die alte „Hat alles nichts mit dem Islam zu tun“-Platte, die hier aufgelegt wurde.

Dass dieser mörderische Hass auf Schwule in islamischen Ländern besonders dicht gesät ist, kann indes auch der Gutmenschlichste kaum übersehen – ein Dilemma für die „Hat nichts mit dem Islam zu tun“-Fraktion.

In der „Welt“ bietet eine Autorin immerhin eine elegante Lösung an: In islamischen Ländern finde sich zwar eine besonders ausgeprägte Homophobie. Die habe aber eigentlich keine lange Tradition. Kenntnisreich präsentiert sie uns zum Beweis Beispiele homo-erotisch angehauchter Literatur des muslimischen Mittelalters.

Erst im 19. Jahrhundert habe Verklemmtheit Einzug gehalten, und die sei – Sie haben es geahnt – natürlich ein Werk der westlichen Kolonialmächte! Sprich: Wir sind schuld. Als Beweis führt die Autorin ein Werk aus dem   13. Jahrhundert an, das in Damas­kus Ende des 19. Jahrhunderts neu aufgelegt worden sei. Dabei habe man die einschlägigen Passagen in die letzen Seiten des Buches verbannt, damit „der Leser sie zur Not entfernen konnte“. Als der Band wenige Jahre später noch einmal in Beirut herausgebracht worden sei, hätten diese Passagen ganz gefehlt. Die „Welt“-Autorin führt das auf die „Zensurvorschriften der Kolonialmächte“ zurück, wobei der geneigte Leser, der zuvor vom unheilvollen Einfluss des „viktorianischen“ Westens auf die zuvor so tolerante islamische Welt gehört hatte, natürlich an Engländer, Franzosen oder Ähnliches denkt.

Wer aber war wirklich „Kolonialmacht“ in Beirut und Damaskus Ende des 19. Jahrhunderts? Es war das Osmanische Reich, dessen Sultan auch den Titel „Kalif“ trug. Islamischer geht’s kaum. Oder doch: In der Mitte der arabischen Halbinsel herrschten damals wie heute die Saudis, unter deren Regentschaft der Wahhabismus zur religiösen Richtschnur wurde. Dabei handelt es sich um jene radikalislamische Strömung, deren Anhänger man außerhalb Saudi-Arabiens „Salafisten“ nennt. Das sind diese zotteligen Koran-Verteiler, die Sie aus der Fußgängerzone kennen.

Die Saudis hatten nie in ihrer Geschichte eine „westliche Kolonialmacht“ über sich, zumal sich vor der Entdeckung der Ölquellen ohnehin kaum jemand für ihre öde Heimat interessierte. Nur die Küstengebiete des heutigen Königreichs waren fremd beherrscht, aber nicht von Europäern, sondern wiederum von den Türken. Im staubtrockenen Hinterland blieben die Saudis weitestgehend unbehelligt und konnten in aller Ruhe und Abgeschiedenheit eine radikale Version des Islam ausbrüten, deren Auswüchse heutzutage die ganze Welt in Schrecken versetzen.

Also nichts mit „Schuld des Westens“. Was treibt die „Welt“-Autorin zu solch bemerkenswerten Verrenkungen, die dermaßen leicht zu widerlegen sind? Da wuchert allem Anschein nach eine Zwangsvorstellung hervor, die Ihnen auch schon des Öfteren begegnet sein dürfte. Sie zwingt die Befallenen dazu, in alles Unheil auf der Welt eine „Schuld des Westens“, der Europäer, des weißen Mannes oder, im Idealfall: der Deutschen hinein zu operieren. Wenn diese Schuld partout nicht belegt werden kann, dann wird sie eben konstruiert, und sei das Begründungsgebilde auch noch so schlampig zusammengeschraubt.

Was die Schuld der Deutschen angeht, laufen die Zwangsgesteuerten gerade wieder zur Hochform auf. Grünen-Chef Cem Özdemir wirft den Deutschen vor, „Komplizen“ des türkischen Völkermords an den Armeniern gewesen zu sein, weshalb wir eine „Mitverantwortlichkeit“ auf uns geladen hätten.

Kurz zur Sache: Deutschland kämpfte damals (1915) um sein Überleben, ein Riss zwischen Berlin und Konstantinopel hätte ein Katastrophe an der Südostflanke auslösen können. Was also hätte das Reich machen sollen, um die Türken zu stoppen? Genau das ist die schlaue Masche der Hypermoralisten: Sie legen dem Angeklagten Maßstäbe an, denen er nicht ums Verrecken gerecht werden könnte. Damit halten sie ihn unentrinnbar fest in der Falle des Sünders.

Dass es im vorliegenden Fall ausgerechnet ein türkischstämmiger Politiker ist, der den Zeigefinger in Richtung der Deutschen hebt, gibt der Aufführung einen besonders schrillen Klang. Man stelle sich vor, ein deutschstämmiger Abgeordneter im japanischen Reichstag ... ich weiß: Den gibt es nicht. Aber angenommen, es gäbe ihn, und er hielte den Japanern eine „Komplizenschaft“ bei Hitlers Judenmord vor, weil sie damals Verbündete Berlins gewesen seien. Wie lange würde es dauern, bis ihm seine Partei (egal welche) nahelegt, sein Mandat niederzulegen und sich in aller Form beim japanischen Volk zu entschuldigen? Eine Viertelstunde? Drei Minuten? Überhaupt: Waren nicht auch die Thailänder mit den Achsenmächten verbündet? Ob die wohl Bescheid wissen über ihre damit zwingend verbundene „Komplizenschaft“ hinsichtlich Auschwitz? Ich befürchte, die haben keine Ahnung. Wird Zeit, dass Özdemir diese fernöstlichen Pharisäer mal ins Bild setzt.

Er wird es natürlich nicht tun, und wir wissen, warum: Das mit dem Überall-Mitschuld-Haben wird bekanntlich nur bestimmten Gruppen und Völkern untergejubelt. Besonders gern bei den Deutschen, weil die dann immer so schön Männchen machen und, wenn man ein bisschen Druck ausübt, sogar ein hübsches Sümmchen springen lassen.

Andere Völker reagieren auf solche Nachstellereien eher bodenständig, lachen den Ankläger aus oder ziehen ihm verbal ordentlich eins über. Wer käme auf die Idee, Amerikaner oder Briten für die Verbrechen von Roter Armee und Stalin-Regime an deutschen Zivilisten und etlichen osteuropäischen Völkern mitverantwortlich zu machen, nur weil die Westmächte damals Verbündete des Kreml waren? Niemand.

Blitzschnell werden die Maßstäbe danach neu aufgestellt, um welches Volk es sich handelt. So viel zur gepriesenen „Gleichheit aller Menschen“. War wohl nicht so gemeint. Wobei immer diese quälende Frage auftaucht, wer oder was überhaupt „deutsch“ ist. Jahrzehntelang haben wir gelernt, dass wir im Grunde ein buntes Mischvolk seien. Seit Cäsars Zeiten (spätestens!) hätten alle möglichen Ethnien das Ihre hineingetragen, sodass es sowas wie „deutsch“, gar „rein deutsch“, eigentlich nicht gäbe.

Stimmt auf einmal nicht mehr: Mit seinem erstaunlichen Rück­griff auf die völkische Erbguttheorie hat Wolfgang Schäuble auf einmal „Inzucht“, also ein krank machendes Übermaß an „Reinrassigkeit“, bei uns entdeckt, das dringend nach massiver ausländischer Blutauffrischung rufe (siehe Kommentar Seite 8). Was für eine sportliche Wende!

Die Demoskopen fragen immer, wie wir Deutsche unsere Politiker finden. Vielleicht sollten die umgekehrt mal untersuchen, was die Politiker eigentlich über uns, die deutschen Bürger, denken? Sie scheinen uns für ausgemachte Trottel zu halten.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Asylflut über die Oder

Frankfurt an der Oder – In einem vertraulichen Lagebericht, der der „Welt am Sonntag“ vorliegt, klagen Bundespolizisten über eine  sprunghaft angestiegene Zahl illegaler Einreisen über die Oder-Neiße-Grenze. Beamte sprechen von bis zu 1000 Personen am Tag, die größte Gruppe sind offenbar Tschetschenen, unter die sich auch Terrorverdächtige gemischt hätten. Kontrollen fänden mangels Personals kaum statt.   H.H.

 

Polizistinnen im »Hijab«?

Berlin – Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz hat auf „Twitter“ angeregt, deutschen Polizistinnen zu erlauben, den „Hijab“ zu tragen, so die Nachrichtenagentur „idea“. Damit reagierte er auf einen entsprechenden Beschluss der schottischen Regierung. Der „Hijab“ ist eine Bekleidung für streng religiöse Musliminnen. Mit der Maßnahme sollten mehr muslimische Frauen für den Polizeidienst gewonnen werden, so Polenz. Christliche Polizisten haben den Vorschlag scharf kritisiert.           H.H.

 

Wird’s mal eng, kommt Boateng

Spätestens nach der spektakulären Szene im EM-Spiel gegen die Ukraine weiß jeder, wer Jérôme Boateng ist. Der Abwehrchef der deutschen Fußballnationalmannschaft kickte beim Versuch, ein Eigentor zu verhindern, mit einer akrobatischen Aktion den Ball von der eigenen Torlinie und landete rücklings im Netz.

In einem ganz anderen Netz, dem Internet, wird der dunkelhäutige Spieler seit dieser Aktion als Lieblings-Nachbar gefeiert. Das ist als ironische Sottise auf den AfD-Politiker Alexander Gauland gemünzt, der in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) mit dem Satz zitiert wurde: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Dass man Gauland seitdem Immigranten-Hass vorwirft, obwohl er mit seiner Aussage einen unterschwelligen Rassismus im Land ansprechen wollte, ist eine Sache. Eine andere Sache ist, dass er angeblich gar nicht wusste, wer der erst von den „FAS“-Redakteuren ins Spiel gebrachte Boateng überhaupt ist.

Jetzt weiß er es. Der Abwehrspieler von Bayern München kam 1988 in Berlin als Sohn einer deutschen Stewardess und eines ghanaischen Vaters zur Welt. Ebenso wie sein Halbbruder Kevin-Prince Boateng begann seine Profikarriere bei Hertha BSC. Doch anders als der extrovertierte Kevin-Prince, der für die Nationalmannschaft Ghanas spielt, entschied sich der als ruhig und besonnen geltende Jérôme für das deutsche Trikot. Darin wurde er 2014 Weltmeister. Als Stammspieler der Nationalmannschaft kam er auf bislang 61 Länderspiele.

Nach dem Ukraine-Spiel ist er der Held, den jeder zum Nachbarn haben will. Er wehrt jede Kugel eines Angreifers ab, oder, wie im weltweiten Netz gereimt wurde: „Wird’s mal eng, kommt Boateng.“           Harald Tews


MEINUNGEN

Thomas Böhm wundert sich im Portal „jouwatch“ (12. Juni) über die „Tagesschau“ nach dem Massaker von Orlando/USA:

„Immer dann, wenn irgendwo auf der Welt islamische Terroranschläge verübt werden, versucht die ,Tagesschau‘ bis zur letzten Sekunde eben dieses Tatmotiv zu vertuschen. Während längst sämtliche Medien Informationen zum Hintergrund des Attentats preisgeben, eiert der Staatssender herum, als ginge es darum, den Täter unbedingt zu schützen.“

 

 

Peter K. Grimm kritisiert im Portal „sichtplatz.de“ (7. Juni) die „vielen servilen Gesten“, die in Deutschland Muslimen gegenüber vollführt würden, und warnt vor den Folgen:

„Inzwischen hat die Berück­sichtigung islamischer Regeln in Deutschland bereits ein Ausmaß erreicht, das Muslimen signalisiert, ihre religiösen Vorschriften und Bedürfnisse genössen Priorität. Für viele, die aus islamischen Staaten kommen, ist das völlig normal, nur werden sie sich nach solchen Signalen fragen, warum sie sich eigentlich noch an hiesige Gepflogenheiten anpassen sollen, wenn das doch in der Gegenrichtung schon so prächtig funktioniert.“

 

 

Der Chefvolkswirt der Bremer Landesbank, Folker Hellmeyer, tritt in „Focus-online“ (10. Juni) Befürchtungen hinsichtlich eines möglichen US-Präsidenten Trump entgegen:

„Ich halte Donald Trump als neuen Präsidenten für unproblematisch. Immerhin haben wir in den USA eine Präsidialdemokratie und keine Diktatur ... Trump ist eine Antwort auf das Versagen der Politik in den USA. Das Establishment hat sich immer weiter von den Bürgern entfernt. Dieses Ergebnis ist nichts anderes als ein Warnschuss.“

 

 

Der britische Deutschland-Kenner und Cheflektor des Londoner Penguin Verlags, Simon Winder, deutet im „Spiegel“ (31. Mai) auf eine positive Hinterlassenschaft der deutschen Kleinstaaterei:

„Es gibt Dutzende kleine Städte, die ab vom Schuss liegen und dennoch über eigene Theater, Konzert- und Kunsthallen verfügen ... Es gab lange ja kein deutsches Zentrum, keine Hauptstadt wie Paris oder London. Doch dieses angebliche Defizit war auch eine Stärke, es hat Deutschland zu einem kulturellen Kraftwerk gemacht. Ich gehe oft durch sehr kleine Städte und höre von der Straße, wie Leute daheim Musik machen. Das gibt es bei uns so nicht.“

 

 

Die Grünen wollen die Maghreb-Staaten nicht zu sicheren Herkunftsländern erklären. Ramin Peymani, Autor von „Spukschloss Deutschland“, lenkt auf seinem Blog (12. Juni) den Blick in dieser Sache auf die EU:

„Fernab aller deutschen Geplänkel hat sich die ansonsten so regelungsfreudige Europäische Union bis heute auf keine Liste „sicherer Herkunftsländer“ einigen können. Während das Zentralorgan an vielen Stellen tief in die nationale Souveränität eingreift, dürfen sich kriminelle Handlungsreisende weiterhin darüber freuen, dass naive Weltverbesserer ihnen an vielen Stellen des Kontinents die Türen offenhalten.“