16.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Ausgabe 29/16 vom 22.07.2016

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Ihr letzter Schuss
Im Schatten der Krisen: Geldpolitiker attackieren den deutschen Wohlstand

Brexit, Terror, gescheiterter Türkei-Putsch: Verdeckt von den großen Meldungen basteln Notenbanker an einem Desaster.

Der gescheiterte Putsch in der Türkei kam für die deutsche Öffentlichkeit ebenso unerwartet wie das Massaker von Nizza oder kurz zuvor der Brexit. Während der Ausstieg Londons eine verwirrte, fast erstarrte EU zurücklässt, steigern Nizza und das türkische Drama das bohrende Gefühl zunehmender Unsicherheit.

Immerhin, so trösten sich viele Deutsche, leben wir auf einer „Wohlstandsinsel“. Terror und internationale Verwerfungen sind zwar schlimm, treffen aber nur wenige Menschen oder sind weit weg: Die Lage ist ernst, aber nicht ernsthaft existenzbedrohend für unser Leben auf der besagten, glücklichen „Insel“.

Wirklich? Verdeckt von den dramatischen Meldungen blüht den Grundlagen des deutschen Wohlstands in allernächster Zukunft der schwerste Schlag seit dem Weltkrieg. In Generationen Aufgebautes gerät in Gefahr von einer Seite, die es zuletzt kaum noch in die Schlagzeilen schaffte.

Mit der massenhaften Produktion von Geld ohne realen Gegenwert haben die großen Notenbanken über Jahre versucht, die Schuldenlast der Staaten zu mildern und die dümpelnde Weltwirtschaft in Gang zu bringen. Beides ist misslungen: Die meisten Staaten, auch in der Euro-Zone, verschulden sich immer tiefer, die Wirtschaft kommt kaum in Gang. Daher diskutieren Fachleute in zunehmend offener Weise darüber, ob EZB und Co. ihren allerletzten Schuss abgeben sollen: das sogenannte „Helikop­tergeld“.

Der Begriff bedeutet, dass die Notenbanken kleine Geldbeträge direkt an alle Bürger verschenken. Diese sollen das Geld dann ausgeben und so endlich die lahmende Wirtschaft zum Laufen bringen.

Kritische Experten warnen jedoch, eine solche Maßnahme würde wirtschaftlich verpuffen, dafür aber die endgültige Kapitulation der soliden Geldpolitik einläuten. Gratis unters Volk verstreutes Geld untergrabe das Vertrauen in den Wert der Währung weiter, am Ende von Schuldenlawine, Geldschwemme und „Heli­koptergeld“ stehe unweigerlich massive Inflation. Die träfe vor allem Deutsche, da die ihr Vermögen wie kaum eine andere Nation weniger in Aktien oder Immobilien, sondern vor allem in Geld halten.

Die EZB verzerrt schon jetzt den Wettbewerb in einer Weise, die Deutschland besonders trifft, indem sie großen Konzernen direkt Geld zur Verfügung stellt. Dies benachteiligt den für Deutschland so zentralen Mittelstand, der vom EZB-Segen ausgeschlossen ist. Internationale Konzerne können das billige EZB-Geld für die Übernahme der Mittelständler nutzen oder sie am Markt ausstechen. Damit gerät die wichtigste Säule der deutschen Wirtschaft in existenzielle Gefahr.

Deutschland ist nicht bloß vom Terror bedroht. Auch seine wirtschaftlichen Grundlagen werden angegriffen wie noch nie in Friedenszeiten.    Hans Heckel


Frankreich ist im Krieg – aber es kämpft nicht 
Das Attentat von Nizza ist die Folge schwerer Sicherheitsversäumnisse

Der islamistische Terror, ausgeführt von radikalisierten Nordafrikanern, hat jetzt, trotz Ausnahmezustand und Alarmstufe 1, auch auf Südfrankreich übergegriffen. Die französischen Sicherheitsbehörden schei- nen den islamistischen Terror nicht mehr in den Griff zu bekommen. Ein 31 Jahre alter zugewanderter tunesischer Moslem hat auf der Uferpromenade von Nizza nach dem französischen Nationalfeiertagsfeuerwerk 84 Menschen mit einem Lkw brutal niedergewalzt und getötet. Nicht nur die Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat feiern diesen Massenmord im Internet. Weltweit gibt es Hasskommentare in den sozialen Netzwerken, in denen der Massenmord an Unschuldigen als religiöse Tat gefeiert wird.

Frankreich befindet sich im Krieg gegen den islamistischen Terror. So hatten es bereits im letzten Jahr Präsident François Hollande und Premier Manuel Valls nach dem Terrorangriff auf die „Charlie Hebdo“-Redaktion ausgedrückt. Nur haben sie nicht danach gehandelt, sonst hätte man das menschen- und religionsverachtende Lastwagen-Attentat von Nizza verhindert. Der Attentäter hatte es zu leicht, dieses Massaker am französischen Nationalfeiertag, an dem die Menschen sich an Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit erinnern, zu verüben. Jetzt ist aller Welt deutlich geworden, dass der radikale Islam diese Werte hasst. Schon seit einiger Zeit hatte es Aufrufe des IS an seine Sympathisanten gegeben, überall und mit allen Waffen zuzuschlagen, die es gibt. Auch Attentate auf wehrlose Bürger mit Fahrzeugen waren damit gemeint.

Die französischen Geheimdienste waren in Alarmbereitschaft, sie erwarteten einen solchen Anschlag. Seit vielen Monaten rechneten sie auch mit einem oder mehreren Attentätern, die ein Fahrzeug als Tatwaffe benutzen würden. Nachdem im Jahr 2015 in Frankreich bei mehreren muslimischen Terroranschlägen insgesamt 147 Menschen ermordet worden waren, gab es in Paris eine Untersuchungskommission, die das Versagen der sechs französischen Geheimdienste beleuchten sollte. Trotzdem konnte der Anschlag, der in seiner Monstrosität alles bis dahin Vorstellbare übertraf, ungehindert geschehen.

Die Ausrufung des Ausnahmezustandes mit allen dazugehörenden Einschränkungen der persönlichen Freiheitsrechte hat aus Frankreich, das seine Freiheit so liebt, ein Land im Wartestand muslimischen Terrors gemacht. Aber auch nach dem jüngsten Massaker wird wahrscheinlich alles so weitergehen wie bisher. Sollte jedoch der Staat seine Bürger nicht mehr vor dem inzwischen alltäglichen muslimischen Terror schützen können, wird der Front National immer stärker und Marine Le Pen die nächste Staatschefin Frankreichs werden.

Die meisten arabischen Golfstaaten haben in den letzten Monaten ihre Luftangriffe gegen den IS in Syrien und dem Iran ganz eingestellt, Saudi-Arabien und Jordanien haben ihre zurückgefahren. Sie nutzen ihre Flugzeuge lieber, um gegen die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen vorzugehen. Der Krieg gegen den IS ist in den mehrheitlich sunnitischen Ländern der arabischen Halbinsel sehr unpopulär, den überlässt man lieber den westlichen Staaten, darunter Frankreich, das deshalb immer mehr zur Terror-Zielscheibe des IS wird. Dabei hatten alle westlichen Regierungen ursprünglich darauf bestanden, den IS ausschließlich mit islamischen Streitkräften ausrotten zu wollen.                Bodo Bost


Jan Heitmann:
Hinsehen!

Todesstrafe geht gar nicht. Sollte der türkische Möchtegern-Neuzeit-Sultan Recep Tayyip Erdogan seinen Willen gegenüber dem Parlament durchsetzen und seine Gegner zukünftig exekutieren dürfen, wollen Deutschlands Politiker die Türkei auf gar keinen Fall in der EU haben. Ansonsten will man selbstverständlich weiter mit Ankara und seinem Despoten zusammenarbeiten, schließlich könne man „sich seine Partner nicht immer aussuchen“, wie der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) betont. Dazu gehört natürlich auch, dass man weiter über die Visafreiheit für türkische Staatsbürger verhandelt.

Wer für die unkontrollierte Einreise von Türken nach Deutschland plädiert, hätte am vergangenen Wochenende genauer hinsehen und hinhören sollen. Nicht in der fernen Türkei, sondern vor der eigenen Haustür. Dann hätte er gesehen, dass es auch in Deutschland zahlreiche gewalttätige Übergriffe von Erdogan-Anhängern auf Einrichtungen gegeben hat, die der von ihrem Idol zum Erzfeind erklärten Gülen-Bewegung zugerechnet werden. Und dann hätte er hören können, dass die Hunderte, die vor der türkischen Botschaft in Berlin begeistert türkische Fahnen geschwenkt und Erdogan haben hochleben lassen, nicht die Demokratie, sondern Allah gepriesen haben. Sie werden die Vollstrecker von Erdogans unerbittlicher Rache an ihren Landsleuten in unserem Land sein. Damit nicht noch mehr von ihnen hierher kommen und der innertürkische Konflikt  ungehindert in Deutschland mit Gewalt ausgetragen werden kann, darf es keine Visafreiheit für Türken geben.


S. 2 Aktuell

»Dann brauchen wir keinen Staat mehr«
Der Historiker und Politologe Michael Wolffsohn warnt vor Irrwegen in den Bürgerkrieg

Der 1947 in Tel Aviv geborene Michael Wolffsohn entstammt einer jüdischen Familie, die 1939 aus Deutschland nach Palästina fliehen musste. Von 1981 bis 2012 war er Professor für Neuere Geschichte an der Universität der Bundeswehr München. Kürzlich ist sein Buch „Zivilcourage – Wie der Staat seine Bürger im Stich lässt“ erschienen. Die Fragen stellte Bernd Kallina.

PAZ: In Ihrem neuen Buch gehen Sie mit dem so positiv besetzten Begriff „Zivilcourage“ und seinem Verhältnis zum „Staat“ streng ins Gericht. Was haben Sie gegen „Zivilcourage“?

Wolffsohn: Nichts! Ich habe gar nichts gegen Zivilcourage. Aber selbst die beste Zivilcourage, welche eine Tugend ist, kann den Staat nicht aus seiner Pflicht entlassen, für die Sicherheit der Bürger zu sorgen. Der Knack­punkt, auf den ich ziele, ist ja folgender: Wenn der Staat sagt, Ihr müsst mehr Zivilcourage zeigen, heißt das im Grunde genommen, wir sind nicht in der Lage, Euch zu schützen. Und genau aus dieser Pflicht kann und will ich den Staat nicht entlassen, denn dann brauchen wir keinen Staat mehr.

PAZ: Das heißt, dass es letzt­endlich in der staatspolitischen Handlungsweise nicht primär auf die gute Absicht der zu Zivilcourage aufrufenden Akteure ankommt, sondern auf das, was Helmut Kohl in seiner pfälzischen Volkstümlichkeit einmal so bezeichnet hat: „Was hinten raus-kommt.“

Wolffsohn: So kann man das sehen. Aber, zunächst einmal muss man die Frage stellen, warum kommt hinten nichts raus, oder zu wenig, in Bezug auf unsere Sicherheit. Das Phänomen der zunehmenden Gewalt als ein gesamtgesellschaftliches Merkmal ist ja unbestreitbar.

PAZ: Und Ihre Erklärung für die zunehmende Gewalt?

Wolffsohn: Einmal historisch gesehen. Da sticht ins Auge, dass in Deutschland und Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg sich die Akzentuierung vom „wir“ auf das „Ich“ verlagert hat. Verständlicherweise, denn das „Wir“ ist in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vielfältig missbraucht worden, in Deutschland insbesondere vom Nationalsozialismus. Daraus ist dann für die Mehrheit die bedenkliche Schlussfolgerung gezogen worden: Ich bin „ich“ und das „wir“ zählt nichts. Das ist ein riesiges Problem für die Makrosteuerung, sprich die Steuerung in einem Staat. Zweitens ist aufgrund der durchaus erfreulichen Vielschichtigkeit der Gesellschaft die Identifikation mit der Gesellschaft viel schwieriger geworden. Die Gesellschaft besteht heute aus der Addition von Individuen ohne Identifikation. Das aber bedeutet, dass die Konsensfindung außerordentliche Mühen kostet. Die Akzentuierung auf Sicherheit ist aus den genannten Gründen politisch kaum durchsetzbar, weil nicht mehrheitsfähig. Also wurden die Sicherheitsmaßnahmen in unverantwortlicher Weise nach innen und außen zurück­gefahren, dafür aber verstärkt zu mehr „Zivilcourage“ der Bevölkerung aufgerufen.

PAZ: So zum Beispiel beim „Aufstand der Anständigen“. oder im „Kampf gegen Rechts“. Trotz dieser primär symbolpolitischen Aktivitäten steigt die Zahl rechtsextremer Straftaten und somit ist doch das Ziel-Mittel-Verhältnis unstimmig, oder?

Wolffsohn: Das ist richtig. Aber es gibt ja nicht nur ein Ansteigen des Rechtsextremismus, welcher höchst bedauerlich ist, es gibt auch ein Ansteigen linksextremistischer Straftaten. Das bemerkenswerte dabei ist, dass beide Extremismen ungewichtig thematisiert werden: Wenn Sie beispielsweise den letzten Verfassungsschutzbericht nehmen, wo zu recht, objektivierbar und beängstigend, der Anstieg rechtsextremistischer Gewalttaten genannt worden ist. Aber, die Zahl der linksextremistischen Gewalttaten ist noch viel höher. Über die wird allerdings weniger geredet. Das heißt, wir haben eine asymmetrische Dis­kussion aus Gründen, die bekannt sind.

PAZ: Welche Gründe sind das denn?

Wolffsohn: Rechtsextremismus  wird natürlich und zu recht mit dem mörderischen und verbrecherischen Nationalsozialismus gleichgesetzt. Der Linksextremismus dagegen hat sozusagen die Gnade der idealistischen Geburt in der Entstehungsphase der Arbeiterbewegung, die ja ganz zweifellos humanistisch motiviert war. Aber, um die Menschheit zu retten, wurden Millionen von Menschen im real existierenden Sozialismus ermordet und wir haben also hier eine bemerkenswerte, aber wirksame Diskrepanz zwischen Wirklichkeit und Wahrnehmung vom ursprünglich durchaus idealistischen sozialistisch-linken Anspruch und der linksextremen Wirklichkeit.

PAZ: Sie erinnern in Ihrem Buch an die „Aussichten auf den Bürgerkrieg“ von Hans Magnus Enzensberger auf dem Jahre 1993. Durch welche Unterlassungen unserer Funktions-Eliten sind wir dem Bürgerkrieg inzwischen näher gekommen?

Wolffsohn: Durch die nicht ausreichende Durchsetzung der hier vorhandenen Alltagsregeln, sprich Gesetze. Es geht hierbei nicht um Ideologien, fremd oder nicht fremd, sondern um die jahrzehntelange Vernachlässigung der Durchsetzung des Rechtes und der Regeln in unserem Land, aber auch in Europa. Denken Sie an die französischen Vorstädte, an die berühmt-berüchtigten Banlieues oder an die Unerfreulichkeiten in den neuen Bundesländern, Stichwort „Befreite Zonen“. Es gibt in Deutschland immer mehr Gebiete, in welche sich die Polizei schon aus Gründen des Selbstschutzes nicht mehr hineintraut, sogenannte No-Go-Areas. Und wenn man sich die gewachsene Zahl lesenswerter Bücher frustrierter Polizisten und Polizistinnen vor Augen hält….

PAZ: Sie denken an das Buch von Tania Kambouri „Deutschland im Blaulicht – Notruf einer Polizistin“?

Wolffsohn: Wer das Buch dieser griechisch-stämmigen Polizistin gelesen hat, weiß, was Sache ist. Also: Wenn der Staat von sich aus auf sein Gewaltmonopol gegen wen auch immer und vielleicht auch in bester Absicht verzichtet, kann man sich nicht wundern, dass Individuen und Gruppen das „Recht“ selbst in die Hand nehmen. Damit befindet sich aber die Gesellschaft auf dem Weg in den Bürgerkrieg.

PAZ: Was fordern Sie als Konsequenz, um den Gefahren präventiv zu begegnen?

Wolffsohn: Zunächst einmal die Schärfung des Sicherheitsbedürfnisses im gesellschaftlichen Bewusstsein, welches dann auch bei Wahlen diejenigen Parteien stärkt, die etwa für die innere Sicherheit mehr tun wollen. Die ist ja lange Zeit vernachlässigt worden von den meisten demokratischen Parteien. Als einzige Ausnahme nenne ich die CSU in Bayern, wo es ja auch eine deutlich geringere Kriminalität gibt und was ein positives Beispiel darstellt. Zweitens: In einer Gesellschaft, in der Polizisten nicht mehr als „Dein Freund und Helfer“ gelten, sondern als „Bullen und Schweine“ beschimpft werden, kann man sich doch nicht wundern, dass dann diese vermeintlichen Bullen und Schweine, deren Stellenzahlen auch noch erheblich abgebaut wurden, nicht mehr in der Lage sind, in No-Go-Areas für Recht und Ordnung zu sorgen. Oder aus dem Ruder gelaufene Demonstrationen zu befrieden und gegen extremistische Täter vorzugehen.

PAZ: Sie schildern jetzt wohl die politischen Spätfolgen des Ungeistes der 68er Generation, die ja heute im rot-grünen Parteienfeld die Macht in den Händen hat?

Wolffsohn: In der Tat. Viele dieser 68er-Unsinnigkeiten haben als Ursache eine verengte Sicht auf das staatliche Gewaltmonopol, weil es in Deutschland einmal zum dramatischen Missbrauch des Kollektivs geführt hat. Daraus hat sich ein so grundlegendes Misstrauen gegenüber dem Staat an sich entwickelt, das bis heute nicht überwunden ist. Obwohl der Staat nach dem Zweiten Weltkrieg erwiesenermaßen bei allen Defiziten stets demokratisch legitimiert und human motiviert war. Mein Buch soll dazu beitragen, dass sich dramatische Fehlentwick­lungen im Sicherheitsbereich rechtzeitig korrigieren mögen!


Vernichtender Vorwurf
Dem AfD-Politiker Wolfgang Gedeon wird Antisemitismus vorgeworfen, doch dieser ist nicht eindeutig definiert

Die AfD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg hat sich im Streit über ihren Umgang mit dem mittlerweile aus ihren Reihen ausgeschiedenen Abgeordneten Wolfgang Gedeon zerlegt. Dem Mediziner wird vorgeworfen, sich in seinen Schriften antisemitisch geäußert zu haben. Ein Vorwurf, der in unserem Land fast unweigerlich zur gesellschaftlichen Vernichtung führt. Dabei ist das, was unter Antisemitismus zu verstehen ist, alles andere als klar definiert.

Während Judenfeindlichkeit landläufig den Rechten zugeordnet wird, existiert sie in hohem Maß unter Linken, auf andere Art und wenngleich sich diese unentwegt im Lichte der moralischen Empfindsamkeit für Diskriminierungen und Ausgrenzungen sonnen. Inhaltliche Berührungspunkte des Linksextremismus und des Antisemitismus finden sich in der Israel- und Kapitalismuskritik. Dass sich gerade Linke als Gegner der Politik Israels oder des Zionismus hervortun, kommt nicht von Ungefähr. Der linke Antisemitismus hat Tradition und spielt sich eher in verdeckten Varianten ab. Obwohl er im Antisemitismusbericht der Bundesregierung relativiert wird – seine Existenz werde in der Wissenschaft kontrovers diskutiert – ist unstrittig, dass der Linksextremismus seit 1945 an die antisemitischen Positionen der Kommunisten der Weimarer Republik anknüpft. Zu DDR-Zeiten wurde der Antisemitismus in dem Maß als Gesinnung des Faschismus verurteilt, indem eine antiimperialistische Rhetorik in Bezug auf Israel kultiviert und auf der generellen Unterscheidung zwischen Antizionismus und Antisemitismus beharrt wurde.

Auch heute beflügeln Äußerungen die Diskussion darüber, wo die Grenzen zwischen Kritik am Zionismus, an Israel sowie an Juden und antisemitischen Verlautbarungen verlaufen. Wie lange kann einer sagen, er sei „nur“ Antizionist, kein Antisemit, wenn in seinen antizionistischen Aussagen Merkmale antisemitischer Anschauungen zutage treten?

Selbstverständlich ist Kritik an Israel, am Zionismus und an Juden statthaft. Und wieso sollte sie ängstlich formuliert sein? Die Zwischentöne aber entscheiden, ob die Grenzen zum Antisemitismus überschritten sind. Dass vorgebliche Kritik diese Grenze überschritten hat, lässt sich an zwei untrüglichen Merkmalen festmachen: Am Gebrauch von Ressentiments und am Bedienen von Stereotypen.

Schärfe und Unangemessenheit in Äußerungen sowie durchgehende Einseitigkeit in der Argumentation können bereits ein erster Hinweis auf versteckte Ressentiments sein. Das klassische Beispiel hierfür ist der Palästinaverein, der vorgibt, einen „Beitrag zum Frieden im Nahen Osten“ leisten zu wollen und im selben Atemzug einen Satz von Ariel Sharon aus dem Jahr 1933 zitiert, der das Desinteresse der Juden am Aufbau einer Demokratie in Israel belegen soll und die Absicht der Juden, ein ausschließlich ihnen vorbehaltenes Groß-Israel zu errichten. Wie mit einer derart pauschalisierenden und einseitigen Grundannahme ein Ansatz zum Frieden im Nahen Osten gefunden werden soll, bleibt rätselhaft.

Pauschalisierungen finden sich auch im Bedienen von Stereotypen. Dabei werden Beschreibungen von Personen oder Gruppen gewollt einprägsam und bildhaft gehalten und als typisch behauptete Sachverhalte vereinfacht auf diese bezogen. Das Bedienen von Stereotypen ist ein zweiter Hinweis auf Grenzüberschreitungen zum Antisemitismus. Der Satz eines Baden-Württembergischen AfD-Funktionärs „Obwohl Herr Soundso ein Jude ist, ist er für uns ein Gewinn“ ist hier beispielhaft und transportiert die einfache wie rigorose Botschaft, Juden seien üblicherweise kein Gewinn. Eine vorgeblich typische Eigenschaft wird behauptet, wie dies für das Bedienen von Stereotypen bezeichnend ist. Das Bedienen von Stereotypen geht häufig mit dem Einflechten von Ressentiments einher. Äußerungen, die Einzelpersonen oder Verbände beleidigend herabsetzen und gleichzeitig suggerieren, sie seien für das Judentum repräsentativ, sind hierbei ein Mittel der Wahl. H.P.W.


MELDUNGEN

Die Todesliste der Salafisten

New York – Die militanten Salafisten haben ihre „Heiligen Krieger“ jetzt zu Anschlägen gegen 77 Luftstützpunkte der USA und der Nato in der Welt aufgerufen. Außerdem haben sie eine regelrechte Todesliste verteilt, die 8318 Namen und die dazu gehörigen Wohnadressen aufführt. Schwerpunkte sind danach die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich, Südkorea und Brasilien. „Tötet sie kräftig, um Rache zu nehmen für die Moslems“, heißt es in dem Aufruf. Westliche Sicherheitsstellen vermuten, dass die Einzelheiten zu den Terrorzielen durch Hacker-Attacken der „Gotteskrieger“ gewonnen wurden.      FWS

 

Mistkäfer heißt wie Präsident

Prag – Der chinesische Gastwissenschaftler Wang Cheng-Bin an der tschechischen Agraruniversität in Prag hat eine von ihm in der südchinesischen Provinz Hainan entdeckte Käferart in einem Artikel der zoologischen Fachzeitschrift „Zootaxa“ „für seine Führung, die unser Mutterland stärker und stärker macht“ nach Chinas Präsidenten Xi Jinping benannt. Der „äußerst seltene“ Käfer ernähre sich von verrottetem Holz und sei damit eine Metapher auf Chinas Präsidenten, denn dieser sei ebenfalls „eine sehr seltene Person“. Seine massive Kampagne gegen Korruption sei „wie das Fressen von Fäulnis und werde langfristig zum Verschwinden von Korruption führen“. Chinas Zensurbehörden sehen mit der Namensgebung ihren obersten Führer zu einer Art Mistkäfer degradiert und haben alle Medien und Internetdienste des Landes angewiesen, jede Erwähnung der Insektenart zu unterlassen und entsprechende Beiträge umgehend zu löschen.  J.H.

 

PiS will Deutsches tilgen

Breslau – Die niederschlesische Hauptstadt Breslau ist in diesem Jahr Europäische Kulturhauptstadt und präsentiert auch in diesem Rahmen ihre deutsche Geschichte und Kultur. Doch die Stadtratsfraktion der polnischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) stört sich an der deutschen Vergangenheit der Stadt. „Deutschland muss ein für alle Mal den Verlust von Breslau hinnehmen“, heißt es in einem Schreiben der Fraktion an den Bürgermeister. Sie stört sich daran, dass am Rathaus der Stadt keine polnischen Fahnen wehen, dies könnte bei deutschen Touristen „zu falschen Schlüssen“ führen. Geht es nach der PiS-Fraktion, wäre es mit der Ehrung der Breslauer Nobelpreisträger als Ehrenbürger im Rathaus noch im Kulturhauptstadt-Jahr vorbei, sind diese doch ausnahmslos Deutsche. Auch soll Wilhelm Grapow, der Architekt des Hauptbahnhofs aus dem 19. Jahrhundert, nicht weiter mit einer Straße geehrt werden, weil er Deutscher war. Die 1913 erbaute Jahrhunderthalle soll einen „echt polnisch klingenden“ Namen erhalten. Der polnische Minister für Kultur und Nationales Erbe, Piotr Glinski, wiederum will die Breslauer Oper (Opera Wroclawska) zu einer Nationaloper umformen und sie umtaufen. Geleitet werden soll sie dann von einem Direktor auf PiS-Parteilinie. Der parteilose Bürgermeister Rafal Dutkiewicz dagegen ist bemüht, das Image Breslaus als einer weltoffenen europäischen Stadt zu etablieren.       B.B.


S. 3 Deutschland

Mit der CDU für Allah
Islamische Erdogan-Sympathisanten gründen muslimische Initiative in der Union

Sympathisanten des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan haben mit dem Segen der CDU-Parteiführung in Köln eine Initiative „Muslime in der Union“ (Midu) gegründet

Mit „Allahu akbar“-Rufen feuern die Dschihadisten und Salafisten in Syrien und dem Irak gewöhnlich ihre Geschosse auf die „Ungläubigen“ ab. Kürzlich fand die Gründungsversammlung der MIDU, der Initiative „Muslime in der CDU“ in Köln, mit eben diesem Gebetsruf statt. Die Gründungsmitglieder, viele davon kopftuchtragende junge Frauen, erklärten einem Fernsehteam, dass sie sich als konservative sunnitische Muslime verstehen würden. Liberale Erdogan-Kritiker, türkische Aleviten, Kurden oder Muslime, die für die allerdings von der CDU miteingebrachten Armenien-Resolution gestimmt haben, finden sich in dieser Initiative nicht.

Sprecher des neuen Arbeitskreises ist Cihan Sügür, nach eigenen Angaben ein „Social Media Aktivist“, der „als Experte Einwanderung und Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft“ behandelt. Er gibt zu, dass ein muslimisches Bündnis in einer christlichen Partei seltsam wirkt, doch der 25-Jährige argumentiert, dass man sich als CDU-Mitglied „nicht zum christlichen Glauben, sondern zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ bekennen müsse. Ungefähr 30 zum größten Teil junge CDU-Mitglieder muslimischen Glaubens wollen sich so mit ihm in der Partei für ihre Interessen einsetzen. Seit etwa einem Jahr treffen sich Sügür und seine Mitstreiter schon.

Das Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland ist seit der Armenien-Resolution des Bundestages angespannt. Die zwischenstaatlichen Beziehungen sind eingetrübt, auch ein beträchtlicher Teil der in Deutschland lebenden türkischstämmigen Mitbürger lehnt diese Resolution ab. Das Misstrauen wird von Erdogan bewusst verstärkt, um dadurch ein neues Druckmittel gegen die deutsche Regierung zu bekommen. Tiefe Gräben zwischen den Türkeistämmigen tun sich auf, sogar in der Union. Auch Midu-Gründer Sügür ist mehr ein Anhänger von Erdogan als von Angela Merkel. Das konservative türkische Milieu, das die Midu ansprechen will, unterstützt traditionell die türkische Regierungspartei AKP von Präsident Erdogan. Unter den Gründern der Midu-Initiative sind so auch AKP-nahe Organisationen vertreten. Dennoch hat die Midu den Segen von ganz oben, CDU Generalsekretär Peter Tauber schickte sogar ein Grußwort nach Köln.

Ähnlich wie Russlands Staatspräsident Wladimir Putin die Russlanddeutschen für seine Zwecke zu instrumentalisieren versucht, wenn auch nicht im Rahmen der CDU, so möchte Erdogan die türkischstämmigen CDU-Mitglieder für seine Zwecke einbinden. Ankara zeigt großes Interesse an der Organisationsstruktur der Türkeistämmigen in Deutschland. Erdogan hat vor zwei Jahren sogar ein eigenes Amt für die Auslandstürken geschaffen, um diese Beziehungen zu vertiefen. In Holland ist es ihm bereits gelungen, zwei ehemalige sozialdemokratische türkischstämmige Parlamentsmitglieder noch während der Legislaturperiode abzuwerben, die die Erdogan-freundliche Denk-Partei gegründet haben, der dank ihrer populistisch vorgetragenen Argumente und ihrer durch die Medien bekannten Zugpferde gute Aussichten bei Wahlen eingeräumt werden.

Bislang hatte in Deutschland noch keiner der elf türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten die Idee, eine eigen Partei zu gründen. Nach Erdogans Drohung mit dem Bluttest für diese Abgeordneten zur Prüfung ihrer „Türkischkeit“, dürfte deren Sympathie für Erdogan kaum gestiegen sein.

Zu ihrer Gründungsversammlung lud die Midu unter anderem Vertreter des Zentralrats der Muslime sowie der Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.) und der Atib (Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V.) ein. Auch dies sind eher Erdogan freundlich gesinnte Verbände, denen der kirchenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, vor kurzem vorgehalten hatte, dass sie sich als angeblich religiöse Verbände eher um Religion als um Politik kümmern sollten. Das Verhältnis zu den muslimischen CDU-Abgeordneten im Bundestag und den Landtagen ist in den Reihen der Midu nicht konfliktfrei. Mit Oguzhan Yazici, der für die CDU in der Bremer Bürgerschaft sitzt, konnte man nur einen Landtagsabgeordneten gewinnen. Ansonsten fehlten die Schwergewichte unter den muslimischen Amts- und Mandatsträgern der CDU bei der Midu-Gründungsversammlung in Köln. Ihnen wurde deshalb vorgeworfen „weit weg von der muslimischen Basis und den Vereinen und Verbänden“ zu sein. Bodo Bost


Wirklich schizophren?
George Soros kritisiert Angela Merkels Öffnung der Grenzen

Der US-Investor George Soros hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Interview mit der britischen Zeitung „Daily Mail“ vorgeworfen, Chaos nach Europa gebracht zu haben. Nach Ansicht des Multimilliardärs habe die Asylkrise erst durch die Willkommenspolitik der deutschen Kanzlerin jene dramatischen Ausmaße angenommen, die schließlich wegen der fehlenden Grenzkontrollen in vielen Ländern zu panikartigen Zuständen geführt haben. „Merkels Entscheidung, die Grenzen zu öffnen“, so Soros wörtlich, „war eine inspirierende Geste, die aber nicht zu Ende gedacht wurde, weil man die Anziehungskraft der Willkommenspolitik ignorierte. Der plötzliche Einfall der Asylsuchenden riss die Menschen quer durch die EU aus ihrem Alltagsleben.“

Kritik am Agieren Merkels in der Immigrationskrise ist an sich keine Neuigkeit, verblüffend wirkt es allerdings, dass es gerade George Soros ist, von dem eine derartige Schuldzuweisung kommt. Nicht lange ist es her, dass von Soros öffentlich gefordert wurde, die EU „müsse“ in absehbarer Zukunft mindestens eine Million Asylsuchende jährlich aufnehmen. Ins Bild passend, hatten britische Journalisten auf Lesbos in arabischer Sprache verfasste „Handbücher“ für Immigranten gefunden, die von einer Organisation namens „W2EU“ herausgebracht wurden. Im Raum steht seitdem der Vorwurf, dass die jüngste Welle der Massenzuwanderung nach Europa ganz bewusst angeheizt wurde – mit Geldern des Open-Society-Netwerkes von Soros, zu dem W2EU gehört.

Eine mögliche Erklärung für Soros’ Kritik an Merkels Kritik ist, dass ihn nicht die Masseneinwanderung nach Deutschland als solche stört, sondern dass Merkel sie in einer Art und Weise gestaltet hat, die den EU-Skeptikern und -kritikern in der EU im Allgemeinen und den Brexit-Befürwortern in Großbritannien im Besonderen Auftrieb gegeben hat. So äußerte der 85-Jährige die Überzeugung: „Der Brexit und die Flüchtlingskrise gehen miteinander Hand in Hand.“ Einen ähnlichen kausalen Zusammenhang sieht auch der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland, der konstatiert: „Merkel hat England mit ihren offenen Grenzen zum EU-Austritt getrieben.“

Gauland und Soros können ja durchaus in ihrer Analyse der Ursachen des Brexit-Entscheids zu vergleichbaren Ergebnissen kommen, ohne deshalb dasselbe wollen zu müssen. So darf man davon ausgehen, dass während Gauland den Brexit-Entscheid begrüßt, dieser Soros in die Quere zu kommen droht. Denn es ist zu erwarten, dass das britische Nein zur Europäischen Union die EU schwächt und möglicherweise andere Völker in der Union auf die Idee kommen lassen könnte, ebenfalls über ihre Zugehörigkeit abstimmen zu wollen. Eine geschwächte EU mit wenigen Mitgliedern kann jedoch niemand wollen, der die Masseneinwanderung nach Europa will, denn von den demokratisch legitimierten Regierungen in den Nationalstaaten ist mehr Widerstand gegen eine Überforderung ihrer Nationen zu erwarten als von den Eurokraten in Brüssel.

Von daher muss es nicht Schizophränie sein, wenn Soros nun Merkels Willkommenspolitik kritisiert, auch wenn von ihm die Worte überliefert sind: „Ich bin ein bisschen schizophren – das hilft“ und „Ich war mein Leben lang schizophren.“   Norman Hanert/M.R.


Grüne Lehren aus 2013
Steuererhöhungspläne sollen diesmal die eigene Klientel schonen

Vor drei Jahren wurde der Höhenflug der Grünen unsanft gebremst. Bei der Bundestagswahl musste die Partei Federn lassen, auch weil sie als Vertreter von Steuererhöhungen galt. Diesmal soll alles besser werden, doch hausgemachter interner Streit trübt das Bild.

Um eine Diskussion zu vermeiden, die in den Wahlkampf hineinreichen könnte, hat die Partei vor zwei Jahren eine eigene Steuerkommission ins Leben gerufen, die in der vergangenen Woche erste Ergebnisse präsentierte. Das Konzept solle das Wahlprogramm für 2017 vorbereiten, sagte Simone Peter, eine der beiden Parteivorsitzenden. Sie erklärte, dass die Grünen die Steuerpolitik nicht so stark in den Mittelpunkt stellen wollten wie 2013. Statt „detaillistischer Modelle“ solle das Grünen-Programm nur grobe Linien vorgeben.

Bei der zurückliegenden Wahl scheiterten die Grünen vor allem daran, dass ihre Forderung nach einer Regulierung des Spitzensteuersatzes für Unbehagen im Mittelstand ausgelöst hatte. So sollten Single-Einkommen ab 60000 Euro im Jahr höher besteuern werden, was vor allem eine junge, urbane Mittelschicht getroffen hätte – eigentlich eine Kernzielgruppe der Grünen. Einkommen von Alleinstehenden sollen nach dem neuen Konzept erst ab 100000 Euro höher besteuert werden.

Während in diesem Punkt wei-testgehend Einigkeit zu erzielen sein dürfte, gibt es an anderer Stelle bereits erhebliche Differenzen. Simone Peter, die dem linken Flügel zugerechnet wird, plädiert für eine Vermögenssteuer ab einer Million Euro Guthaben. Der Co-Vorsitzende Cem Özdemir vom Realo-Flügel hält dagegen eine Erhöhung der Erbschaftssteuer für sinnvoller. Die Gefahr sei ansonsten groß, dass Vermögende ihr Kapital ins Ausland schaffen und dadurch Arbeitsplätze gefährden, heißt es. Die Realos argumentieren zudem, dass eine Vermögenssteuer verwaltungsaufwendig und schwer umsetzbar sei: „Es ist utopisch zu glauben, dass wir einen politischen Partner finden, der das mitträgt. Zudem gibt es erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken“, sagte Özdemir.

Auch bei der Besteuerung für Familien gibt es noch erhebliches Konfliktpotenzial. Nach Informationen des „Tagesspiegel“ schlägt die Kommission drei Varianten vor: Die erste sehe vor, dass das Ehegattensplitting für Neu-Ehen abgeschafft wird und es einen Bestandsschutz für bestehende Ehen gibt. Nach der zweiten Variante solle das Ehegattensplitting für alle Paare abgeschafft werden, eine Forderung, welche die Partei bereits 2013 erhoben hatte. Um allzu große Konflikte zu vermeiden, bietet eine dritte Variante eine Kombination: Für Neu-Ehen wird das Splitting abgeschafft, für Bestandsehen wird es allmählich abgeschmolzen. Im Gegenzug sollen Familien stärker entlastet werden. Die Vorschläge hierfür reichen von der Einführung einer Kindergrundsicherung bis hin zur Erhöhung des Kinderzuschlags.

Im bewussten Gegensatz zur FDP plädieren die Grünen dafür, den Solidaritätszuschlag beizubehalten. Allerdings sollte die „Ost-Steuer“ zu einer „Abgabe für alle“ umgewandelt werden und Projekte in strukturschwachen Gebieten finanzieren helfen.

Ex-Parteichef Jürgen Trittin, 2013 einer der Spitzenkandidaten, meldete allerdings bereits Bedenken an. Die Partei sei „zu brav“, sagte er und kritisierte den „vorauseilenden Gehorsam“ gegenüber der Lobby der Unternehmensverbände.                P.E.


MELDUNGEN

Lutz Bachmann gründet Partei

Dresden  – Pegida-Chef Lutz Bachmann hat die Gründung einer neuen Partei mit dem Namen Freiheitlich Direktdemokratische Volkspartei (FDDV) bekanntgegeben. Einzelheiten zur Satzung und zu den Gründungsmitgliedern nannte er nicht. Der „parlamentarische Arm“ der Pegida-Bewegung werde nicht in direkte Konkurrenz zur AfD treten, sagte er. Die FDDV werde die AfD beim nächsten Bundestagswahlkampf unterstützen und nur „in ganz, ganz wenigen Landkreisen oder Wahlbezirken“ Direktkandidaten stellen. Es gebe gute Verbindungen zu verschiedenen AfD-Landesverbänden in ganz Deutschland. Er selbst werde keine Funktion in der neuen Partei übernehmen, versicherte Bachmann. FDDV und Pegida würden strikt getrennt. Er wolle „der Lutz von Pegida auf der Straße“ bleiben.       J.H.

 

Awo: Kündigung für AfDler

Magdeburg – Der Landesverband Sachsen-Anhalt der Arbeiterwohlfahrt (Awo) will Mitarbeiter mit AfD-Parteibuch loswerden. Die Geschäftsführung erklärte, dass führende Mitglieder der AfD wiederholt „mit völkischen Parolen“ Stimmung gegen schutzsuchende Menschen machen würden. Dies stehe im unvereinbaren Widerspruch zu den Awo-Grundwerten wie Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz. Deshalb wolle man der AfD „aktiv entgegentreten und ihr Gedankengut bekämpfen“. Bei Mitarbeitern, die sich „rechtsextrem, rassistisch oder menschenverachtend“ äußern würden, sei eine Kündigung anzustreben. Den Vorwurf, dass AfD-Mitglieder unter Generalverdacht gestellt würden, weist die Awo zurück. Die Vereinbarkeit einer Beschäftigung bei der Awo und einer Mitgliedschaft in der AfD werde im Einzelfall geprüft.    J.H.


S. 4 Die angeblichen Vorteile der EU

Keine großen Problemlöser
Auch ohne EU und Euro ist eine gedeihliche wirtschaftliche Entwicklung möglich

Die großen Problemlöser sind weder die EU noch der Euro. Ein Austritt kann daher auch nicht die finale Katastrophe darstellen.

Im Jahr 1998 wurden im oberbayerischen Landkreis Freising im Rahmen einer archäologischen Grabung zwei gravierte Bernsteine gefunden. Bei der Schrift handelt es sich um die Linear B, was auf Kreta, die mykenische Kultur und die Zeit spätestens um 1200 vor Christi Geburt hinweist. Damit ergibt sich, geographisch gesprochen, folgendes Dreieck: Der Bernstein kommt von der Ostsee, wird auf Kreta bearbeitet, findet seinen endgültigen Platz in Oberbayern und das Ganze vor mehr als 3000 Jahren.

Wie konnte das geschehen, ganz ohne Brüssel, die EU, ohne Ein- und Ausfuhr-Bestimmungen, Quoten und Normen? Wie hat man in der Bronzezeit einen konti-nentalen Handel betrieben ohne behördliche Aufsicht, WTO-Regeln und eine gemeinsame Währung? Was in aller Welt haben die Menschen, rückständig, wie sie waren, damals falsch gemacht?

Solche Fragen scheinen sich aufzudrängen, wenn man sich die Reaktionen vor Augen führt, zu denen der Entschluss der Briten geführt hat, die EU zu verlassen. Der allgemeine Tenor lautet: Der Niedergang Großbritanniens steht bevor, der Handel wird einbrechen, die Währung siechen und Arbeitsplätze werden verlorengehen. Es wird der Eindruck erweckt, als wäre die Mitgliedschaft in der EU die Grundvoraussetzung für eine gedeihliche wirtschaftliche Entwick-lung.

Diese Schimäre bildet einen wichtigen psychologischen Unterbau für die gesamte EU. Und das wirkt mit Urgewalt gegen Augenschein und Wirklichkeit. Damit das so bleibt, tun die System-Medien alles, um einige offenkundige Tatsachen unerwähnt zu lassen. So sind beispielsweise die USA der größte Handelspartner Bayerns, dann kommt Frankreich, gefolgt von China. An den Plätzen eins und drei rangieren also Nicht-EU-Länder. Das zeigt: Nicht bei der EU zu sein, bildet kein Handelshemmnis, die Mitgliedschaft keine Garantie. Das ist so, weil Kaufentscheidungen nicht nach Sympathie getroffen werden. Niemand kauft ein Münchner Premium-Auto, weil Deutschland in der EU und daher dem Käufer nahestehend ist, sondern ausschließlich, weil er einen bestimmten Wagen haben will.

Umgekehrt, um beim Auto-Sektor zu bleiben, hat der Import von Toyota oder Nissan niemals unter der Tatsache gelitten, dass Japan vorerst der EU nicht angehört. Das Verhältnis von Handel und Verwaltung ist seit Jahrtausenden so, dass sich der Handel ganz von selber organisiert, und die Verwaltung allenfalls Hürden errichtet. Die oberbayerischen Bernsteine aus Kreta zeigen es.

Falsche Eindrücke werden auch vermittelt, was die Segnungen des Euro angeht. eine Währung, die für ihren Fortbestand monatlich 80 Milliarden Euro zugewiesen bekommt. Wenn schon die Zeiten vorbei sind, in denen eine Währung einen Wert dargestellt hat, und heute der Euro stattdessen Geld kostet, dann erhofft man sich davon wenigstens eine vorteilhafte Wirkung. Doch vergebens. Die EU-Länder, die keinen Euro haben, hauptsächlich diejenigen in Osteuropa, schneiden, was ihr Wirtschaftswachstum angeht, signifikant besser ab als die Euro-Zone. Umgekehrt ist in der Euro-Zone die Arbeitslosigkeit höher als in den EU-Ländern ohne Euro. Auch wenn bei derlei Vergleichen mehrere Faktoren mitspielen, ist doch eines klar: Die großen Problemlöser sind weder die EU noch der Euro. Ein Austritt kann daher auch nicht die finale Katastrophe darstellen.          Florian Stumfall


Unverdientes Eigenlob
Reisefreiheit im Schengen-Raum ist keine Errungenschaft der EU

Was den allermeisten Bürgern eines EU-Landes im eigenen Lebensumkreis am meisten und angenehmsten auffällt, ist, dass wenn sie eine Reise unternehmen, sie nicht mehr wie früher kontrolliert werden. Fast jeder glaubt zu wissen: Das ist eine Auswirkung des Schengen-Abkommens und das verdanken wir der EU. Doch diese Meinung ist nur zur Hälfte richtig. Richtig ist, dass das Schengen-Abkommen die unkontrollierte Reisefreiheit gebracht hat, irrig dagegen die Annahme, dies sei eine Errungenschaft der EU.

Das erste Schengen-Abkommen aus dem Jahre 1985 wurde abgeschlossen zwischen Deutschland, Frankreich und den Benelux-Staaten. Es war eine Vereinbarung zwischen den fünf souveränen Staaten, und keine europäische Autorität hatte damit zu tun. Bemerkenswert ist, dass der EWG-Gründer-Staat Italien nicht dabei war. Auch in der Folgezeit blieb es dabei, dass jede Erweiterung von Schengen Sache der einzelnen Länder und nicht von Brüssel war. Schengen ist ein multilateraler Vertrag der klassischen Diplomatie, bei der Souveräne untereinander ohne einen Mediator oder sonst eine einflussnehmende Macht mit völkerrechtlicher Wirksamkeit eine Vereinbarung festschreiben. Wenn heute die EU irgendein Verdienst an der Schengener Reisefreiheit beansprucht, so ist das eine grobe Irreführung.

Leicht zu erkennen ist dieser Umstand, wenn man die Mitgliedschaften bei EU und Schengen-Abkommen vergleicht. Island, Norwegen und die Schweiz sind Mitglieder bei Schengen, ohne der EU anzugehören. Irland, Großbritannien, Kroatien, Rumänien, Bulgarien und Zypern wiederum gehören dem Schengen-Abkommen nicht an, wohl aber der EU, was im Falle Großbritanniens mit einem Vorbehalt zu versehen ist. Es besteht also zwischen den beiden völkerrechtlichen Systemen so wenig eine Deckungsgleichheit, wie es eine Kausalität des Entstehens gibt. Es sind zwei verschiedene Verträge, die aufeinander wechselseitig keine Bindungswirkung ausüben.

Dabei ist es leicht einzusehen, dass sich die EU-Propagandisten die Gelegenheit, sich mit fremden Federn zu schmücken, nicht leicht entgehen lassen.            F.S.


Die EU ist beileibe kein Friedenswerk

Zu den scheinbar eingängigsten Argumenten für einen möglichst engen Zusammenschluss der EU-Länder gehört der Hinweis auf die friedensstiftende Wirkung der Gemeinschaft. Sicher, unter ihren Mitgliedsländern hat es seit Jahrzehnten keine kriegerischen Konflikte mehr gegeben, doch deshalb ist die EU noch lange kein Friedenswerk. Sie verhält sich im Gegenteil aggressiver als die meisten ihrer einzelnen Mitgliedsländer nach dem Zweiten Weltkrieg. So stünde Deutschland von sich aus, ohne die Verpflichtungen aus ihrer Mitgliedschaft in EU und Nato, mit seinem Militär nicht in 17 Ländern dieser Erde.

Die EU hat Burgfrieden im Innern, doch sie trägt Krieg und Gewalt nach außen. Dazu arbeitet sie eng mit der Nato zusammen auf der Grundlage der „Erklärung der Europäischen Union und der Nato über die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ vom 16. Dezember 2002, letzte Fassung 2007.

Darin bekräftigen Nato und EU „ihre Entschlossenheit, ihre Fähigkeiten zu stärken. Eine stärkere Rolle Europas wird zu mehr Vitalität der Allianz, insbesondere bei der Krisenbewältigung, beitragen.“ Und weiter unten wird als einer der gemeinsamen Grundsätze aufgeführt: „transparente, kohärente und für beide Seiten nutzbringende Entwicklung des gemeinsamen Bedarfs an militärischen Fähigkeiten der beiden Organisationen“.

Damit wird die EU offiziell zu einer militärischen Organisation erklärt. Sie wird durch die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) „in die Lage versetzt, unabhängig Krisenbewältigungseinsätze durchzuführen“. Und wer es nicht wissen sollte: „Krisenbewältigungseinsätze“ sind Kriege.

Unter diesem Aspekt erscheinen Bemühungen von Ländern wie der Ukraine oder Georgiens, in die EU aufgenommen zu werden, politisch wie strategisch in völlig neuem Licht. Wenn Nato und EU ihre Bataillone vor Russlands Grenzen geordnet haben, ist es leichter, von der Moskauer Aggressions-Politik zu reden.               F.S.


Zeitzeugen

Theresa May – Die neue Vorsitzende der britischen Konservativen und Premierministerin des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland scheint gewillt, Nägel mit Köpfen zu machen. „Brexit bedeutet Brexit“, ließ sie als erstes vernehmen, als mit ihrer Wahl mancherorts die Hoffnung verbunden wurde, sie könne das Ergebnis des Volksentscheids revidieren. Mit ihr, so die Tory-Dame, werde es kein zweites Referendum geben. „Es wird keine Versuche geben, in der EU zu bleiben“, versprach sie und erklärte, dass es nun darauf ankomme, für das Land eine neue Rolle in der Welt zu finden. Was die Aussichten angeht, zeigt sich May zuversichtlich. Sie verspricht: „Wir werden ein besseres Britannien bauen.“

Daniel Miller – Der „Texas Nationalist Movement“-Präsident fühlt sich vom britischen Referendum und vor allem von seinem Ausgang überaus angeregt. „Der Brexit hat gezeigt, dass es möglich ist, eine erwachsene Konversation über Unabhängigkeit zu führen und den Wählern das letzte Wort zu geben“, sagte der Texas-Patriot, der mit seiner Bewegung eine Loslösung von den USA anstrebt. Er möchte im Jahr 2018 ein Referendum durchsetzen. Zum britischen „Guardian“ sagte Miller: „Wenn man ‚Großbritannien‘ durch ‚Texas‘, ‚EU‘ durch ‚USA‘ und ‚Brüssel‘ durch ‚Washington DC‘ ersetzt und den Leuten einen texanischen Akzent gibt, würde niemandem ein Unterschied auffallen.“ Eine ähnliche Bewegung gibt es auch in Kalifornien, dem bevölkerungs-reichsten Bundesstaat der USA.

Barack Obama – Der US-Präsident legte sich vor der Brexit-Entscheidung für einen Verbleib Großbritanniens in der EU ins Zeug. Jetzt, nachdem die Entscheidung im gegenteiligen Sinn gefallen ist, zeigt er, dass die weitere Entwicklung auch so nicht ohne Beteiligung der USA ablaufen kann. Beim Nato-Gipfel in Warschau besprach er sich unter anderen eingehend mit dem EU-Ratspräsidenten Donald Tusk und dem Kommissions-Chef Juncker. Dabei nannte er auch den Hebel, der es ihm erlaubt, weiterhin auf das Verhältnis Londons zur EU Einfluss zu nehmen: die Nato, der Großbritannien auch nach dem EU-Austritt unverändert angehören wird.


S. 5 Preussen/Berlin

Laubenpieper wehren sich
Rassismus-Vorwurf zurückgewiesen – zunehmend Reibereien mit türkischen Nachbarn

Zwei türkische Familien wollen in einer Berliner Kleingartenkolonie Parzellen mieten, doch sie werden abgewiesen. Schnell ist von Ausgrenzung und sogar Rassismus die Rede. Bei genauerem Hinsehen ergibt sich allerdings ein etwas anderes Bild.

Öffentlich geworden sind die Vorwürfe gegen die Kleingartenkolonie „Frieden“ in Berlin-Tempelhof durch den Türkischen Bund Berlin-Brandenburg (TBB). Nach dessen Darstellung  sollen die Gespräche zweier Parzellen-Bewerber mit dem Kleingartenverein zunächst gut angelaufen sein, dann habe es nach ein paar Monaten plötzlich eine Absage gegeben. Der Verein habe als Begründung den türkischen Migrationshintergrund der Antragsteller angegeben, der das soziale Gefüge in der Kolonie störe.

„Das sind natürlich eindeutig rassistische Kriterien. Also es geht nicht um die Staatsbürgerschaft, es geht nicht darum, wie lange sie (die Familie) schon hier ist, oder wie gut sie integriert ist, sondern es geht um rassistische Merkmale“, so Kerstin Kühn vom TBB. Nachdem auch noch bundesweit die Medien auf den Vorgang aufmerksam geworden waren, ließen die entsprechenden Schlagzeilen nicht lange auf sich warten.

Der vorherrschende Ton dabei: Pächter mit Migrationshintergrund seien bei den Kleingärtnern generell unerwünscht. Davon kann allerdings keine Rede sein. Der Anteil Nicht-Deutscher in der kritisierten Gartenkolonie liegt sogar deutlich über dem Berliner Bevölkerungsdurchschnitt. So gibt das Statistikamt für das Jahr 2015 an, dass  14,3 Prozent der Bevölkerung Berlins keine deutsche Staatsangehörigkeit gehabt haben. In der  Tempelhofer Gartenkolonie liegt der Ausländeranteil nach Angaben des Vereinsvorsitzenden dagegen bei 25 Prozent.

Mit anderen Worten: Von Abschottung oder Deutschtümelei kann nicht die Rede sein. Im Gegenteil, die Laubenpieper haben Offenheit gezeigt; damit aber ganz offensichtlich nicht nur gute Erfahrungen gesammelt.

Viele deutsche Pächter hätten das Gefühl, dass es gerade mit den türkischen Nachbarn immer mehr Reibungspunkte gebe, berichtete der Vorsitzende des Kleingartenvereins, Helmut Matthes, gegenüber dem Deutschlandfunk. „Sonntagmittag wird Rasen gemäht, und als er daraufhin vom Nachbarn angesprochen wird, da sagt er, was geht mich euer Feiertag an, interessiert mich nicht, wir haben unsere eigenen Feiertage. So etwas können wir in einer Gemeinschaft, in einem Verein nicht gebrauchen.“

Vom Bezirksverband der Kleingärtner Tempelhof heißt es zudem, nichtdeutsche Bewohner hätten sich über „deutsche Nachbarinnen im Bikini und biertrinkende Väter“ beschwert. Mit dem Gefühl von Rückenwind durch Medien und Politiker ausgestattet könnte die Bereitschaft solcher Parzellenpächter, Regeln zu akzeptieren und Toleranz gegenüber einheimischen Sitten zu zeigen, vollends gegen Null tendieren.

Problematisch ist die Kritik an dem Kleingartenverein allerdings noch aus einem anderen Grund: Um eine ausgewogene soziale Mischung zu erhalten, haben sich in der Vergangenheit nämlich viele solcher Vereine durchaus das Recht vorbehalten, Bewerber unterschiedlich zu behandeln.

Genau diese Praxis einer „sozialen Mischung“ ist seit Jahrzehnten auch im Wohnungs- und Städtebau, vor allem aber in der Bildungspolitik gesellschaftlich akzeptiertes Ziel. Unter dem Vorzeichen einer Anti-Diskriminierungspolitik könnte der Ansatz einer sozial ausgewogenen Mischung nicht nur im Fall der Kleingartenanlagen schleichend aufgegeben werden.

Und noch aus einem anderen Grund könnten sich einige Politiker mit ihrer pauschalisierenden Kritik an der Tempelhofer Kleingartenanlage keinen Gefallen getan haben. Schon jetzt baut sich nämlich in vielen Berliner Gartenkolonien immer mehr  Frust gegen die Politik des Senats auf. Vor allem in der Innenstadt bedrohen Wohnungsbaupläne den Bestand einer ganzen Reihe von Anlagen. Bislang sind 83 Prozent der gut 900 Kolonien durch eine Bestandsgarantie gesichert – der Rest ist allerdings nur befristet geschützt. Läuft die Schutzfrist aus, eröffnet sich die Möglichkeit, die Gartenanlagen zu bebauen.

Welche Kolonien möglicherweise betroffen sind, wird ein Kleingarten-Entwicklungskonzept festlegen, das noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll. Angekündigt ist allerdings, dass sich der Senat vor der  Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September nicht festlegen will, welche Gartenanlagen einen Bestandsschutz erhalten und welche zu Bauland werden sollen.

Welche politische Brisanz die Thematik entwickeln kann, wird im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sichtbar. Dort läuft der Versuch einer Wählergemeinschaft namens „Aktive Bürger“, ins Bezirksparlament zu kommen. Ein Motiv für das politische Engagement sind unter anderem die Erfahrungen rund um die Kleingartenkolonie Oeynhausen. In einem Bürgerentscheid für die Rettung der Kolonie in Schmargendorf hatten sich im Mai 2014 rund 85000 Bürger (77 Prozent der Teilnehmer) für einen Erhalt der Kleingartenanlage ausgesprochen. Am Ende bekam der Investor trotzdem vom Bezirk das Baurecht zugesprochen. Im Februar dieses Jahres rollten schließlich die Bagger an und machten rund die Hälfte der Gartenparzellen dem Erdboden gleich.       Norman Hanert


Moslemische Anmaßung
von Theo Maass

Mitte Juli wurde bekannt, dass ein fundamentalistischer Imam beieinem Elterngespräch der Lehrerin seiner Kinder an der Berliner Platanus-Schule den Handschlag verweigert hat, weil die Lehrkraft eine Frau ist. Was dann geschah, ist strittig. Die Lehrerin beendete das kaum begonnene Gespräch. Der Imam stellte einige Strafanzeigen gegen die Lehrerin wegen Beleidigung und Verletzung der Religionswürde.

Die Schulleitung entschuldigte sich schriftlich bei dem Imam für das Verhalten der Lehrerin. Damit will sich der Imam aber nicht zufrieden geben. Es wird ein „offenes und ehrliches Gespräch unter allen Beteiligten“ verlangt. Der Sohn des Imams habe mit ansehen müssen, wie sein Vater „in empfindlichem Maße herabgewürdigt wurde“. Man habe ernsthafte Zweifel, dass die Schule „hinreichend Sorge dafür trägt“, derartige Vorkommnisse künftig zu vermeiden. Im RBB ergriff Kommentator Torsten Mandalka die Partei des Imam: „Spleenig – so ordnet die ehemalige Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John die diversen Handschlag-Streitigkeiten ein, die gerade so durch Europa geistern. Sie hat recht – die Debatte darüber trägt echte Züge von Hysterie.“ Das ist unverschämt. Das Verhalten des Imams ist nichts anderes als der Versuch, der Mehrheitsbevölkerung seines Gastlandes seine Kultur aufzuzwängen. Wer sich das bieten lässt, signalisiert den Beteiligten die Aufgabe seiner Selbstachtung.

Als vor Jahresfrist die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner ein Treffen mit einem Imam absagte, weil er erklärte, er werde ihr nicht die Hand geben, weil sie eine Frau sei, bescheinigte Klöckner ihm, die Verweigerung widerspreche den Werten einer freien Gesellschaft. Allerdings folgten der verbalen Belehrung keine realen Konsequenzen. An der Hamburger Kurt-Tucholsky-Schule glaubte ein moslemischer Schüler auch, seinen Lehrerinnen den Handschlag verweigern zu können. Das Kollegium wollte den Schüler daraufhin vom Abiturball ausschließen, was aber der Schuldirekter nicht wollte. Daraufhin blieben 13 Lehrer dem Ball fern.

In der Schweiz hat die Schulbehörde eine Strafzahlung für Eltern von moslemischen Schülern in Höhe von 5000 Franken für die Handschlagsverweigerung festgelegt. Zwei syrische Brüder im Alter von 14 und 15 Jahren waren dort der Stein des Anstoßes. Zudem stellt ein derartiges Verhalten in der Schweiz nunmehr ein Hindernis bei einer etwaigen Einbürgerung dar.

An der Platanus-Schule täte man gut daran, sich an den Schweizer oder Hamburger Vorbildern zu orientieren. Nächstens verlangen moslemische Schüler vielleicht noch, dass weibliche Lehrkräfte verschleiert zum Unterricht zu erscheinen hätten.


Verdächtige Bestnoten
Zu viele Einser: Fachleute kritisierten Brandenburgs Abitur-Niveau

Erneut rückt Brandenburgs Bildungspolitik in die Kritik. Stolze 230 Schüler beenden 2016 mit der Traumnote 1,0 im Abiturzeugnis die Schullaufbahn. Von 8519 Absolventen haben damit 2,7 Prozent eine glatte Eins. Im Schuljahr 2004/05 waren es bei 11065 Abiturienten nur 104 (0,94 Prozent). So viele Bestnoten gab es in keinem der vergangenen zehn Jahre. Bildungsexperten kritisieren sinkende Prüfungsanforderungen als Grund.

„Brandenburg verstößt mit einem zu geringen Abiturniveau gegen die Bestimmungen der Kultusministerkonferenz“, beklagte schon 2013 der angesehene Mathematiker Helmut Assing. Der habilitierte Wissenschaftler machte sich angesichts bundesweiter Vereinheitlichung von Lernanforderungen die Mühe, das Märker Niveau für sein Fach im Detail zu vergleichen. Das Ergebnis war schon damals verheerend. Assing ermittelte, dass Brandenburg in den Jahren zuvor das Niveau in Mathematik gleich mehrfach gesenkt hatte. Mit der Reform der Oberstufe hatte die Politik die Stundenzahl in Mathematik gesenkt. Darum machte das Land mit einigen eigentlich bundesweit vorgesehenen Inhalten ganz Schluss. Sein Fazit: Schon damals lernten die Schüler in Sachsen in einem Grundkurs mehr als in Brandenburgs Leistungskursen.

Fachkollege Günter Germann aus Sachsen-Anhalt stellte seinerzeit fest, dass in seiner Heimat demnach manche Märker Schüler gar nicht erst zum Abitur zugelassen worden wären. Rot-Rot stritt damals jede Absenkung des Niveaus ab. Doch angesichts der merkwürdigen Bestnoten kritisiert Gordon Hoffmann, Bildungsexperte der CDU: „In den letzten Wochen haben Fachlehrer und Wissenschaftler immer wieder über zu einfache Prüfungsaufgaben geklagt.“ Die Landesregierung müsse feststellen, ob das Niveau sinke, es gehe dabei um die bundesweite Anerkennung der Leistungen der Schüler.

„Wer heute eine Eins hat, hatte früher eine Zwei“, kritisiert Kathrin Wiencek, Vorsitzende des Philologenverbands Berlin/Brandenburg. Inzwischen erlangten 60 bis 70 Prozent der Schüler die Hochschulreife, weil das Abitur inflationär vergeben werde. Diese Entwicklung sei absehbar gewesen. Auch andere Experten kritisieren, es fehlten zwar noch Vergleichswerte aus allen Bundesländern, aber dass ausgerechnet in Zeiten von Lehrermangel und Unterrichtsausfall die Noten besser würden, sei verdächtig.            SG


Furcht vor Tschetschenen
Einreisewelle beunruhigt Politiker und Sicherheitskreise in Potsdam

Im ersten Halbjahr 2016 haben in Brandenburg mehr Tschetschenen einen Asylantrag gestellt als im gesamten Vorjahr. Wie durch eine parlamentarische Anfrage der AfD-Landtagsfraktion bekannt wurde, sind mit 734 Tschetschenen allein in den ersten vier Monaten des Jahres mehr als dreimal so viele nach Brandenburg gekommen wie im Vorjahreszeitraum.

Thomas Jung, der Innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, bezeichnet dies als besorgniserregend. Jung wirft der Landesregieung vor, das Problem mit den tschetschenischen Islamisten zu unterschätzen. Viele steuerten Brandenburg bewusst als Rück­zugsort an, um weitere Straftaten vorzubereiten, vermutet er.

Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) weist den Vorwurf zurück: Auf die Überwachung der Gefährder sei man vorbereitet – allerdings fehle es an Bundespolizisten, die nach der Abschiebung die Wiedereinreise der Tschetschenen verhindern können, so Schröter. Offensichtlich ist allerdings, dass auch im brandenburgischen Innenministerium die sprunghafte Zunahme von Einreisen mit Skepsis gesehen wird: Wolfgang Brandt, der Sprecher des Innenministeriums,  macht darauf aufmerksam, dass der weitaus überwiegende Teil der vom Verfassungsschutz beobachteten rund 70 Islamisten in Brandenburg aus Tschetschenien stamme.

Innenminister Schröter spricht zudem Konflikte in Asylunterkünften an: Tschetschenen gerieten vergleichsweise häufig mit anderen Gruppen aneinander. „Oftmals eskalieren sehr harmlose Dinge, etwa spielende Kinder, die sich in die Haare bekommen haben, bis hin zu sehr deutlichen gewaltsamen Übergriffen“, so Schröter gegenüber dem Sender RBB.

Bekannt wurde zuletzt ein Zwischenfall, bei dem im brandenburgischen Ort Genshagen in einer Asylunterkunft ein Tschetschene auf einen Mitbewohner mit einem Messer losgegangen ist. Auch organisierte Massenschlägereien gehen laut Schröter häufiger von tschetschenischen Asylbewerbern aus.

Für entsprechende Aufregung unter der Bevölkerung sorgte unlängst das Gerücht, dass in Wünsdorf (Landkreis Teltow-Fläming) 1000 Tschetschenen in einer Erst­aufnahmeeinrichtung untergebracht werden sollten. Nach Angaben des Innenministeriums in Potsdam werde es allerdings eine solche Konzentration aber nicht geben.       N.H.


S. 6 Ausland

Konterschlag von langer Hand
Der Putschversuch der Militärs in der Türkei war dilettantisch, Erdogans Reaktion dagegen gut vorbereitet 

Wegen zu vieler Ungereimtheiten verdächtigen viele den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, den Putsch von Teilen der Streitkräfte gegen ihn selbst organisiert zu haben.

Mit einem wie einstudiert erscheinenden Ritual trat Präsident Erdogan acht Stunden nach Beginn des Putsches gegen ihn am Flughafen von Istanbul vor die Presse. Eine gefühlte Ewigkeit lang blieb er vor seinen skandierenden Anhängern stehen, die riefen: „Sag und wir töten, befiehl und wir sterben.“ Und immer wieder: „Allahu akbar!“, den Schlachtruf der Islamisten, den man von den Terrorschauplätzen dieser Welt, aus Syrien und dem Irak, kennt. Zusammengetrieben wurden die Massen durch die Muezzine der Moscheen Istanbuls, die das Volk die ganze Nacht über mobilisiert hatten und die sich als die stärksten Anhänger Erdogans erwiesen. Zu diesem Zeitpunkt war der Putsch, der mit der sinnlosen Sperrung der beiden Bosporusbrücken durch Kampfpanzer begonnen hatte, bereits gescheitert, der Gegenputsch bereits ein voller Erfolg.

Der versuchte „Putsch“, der offenbar von einer Gruppe Offiziere der zweiten Reihe, wohl hauptsächlich aus der Luftwaffe und der Marine, dilettantisch begonnen worden war, wurde mit einem Gegenputsch und vielen Säuberungen gekontert. Zu Gefechten kam es nur im Parlamentsgebäude, dem Generalstabsgebäude der türkischen Armee und dem Hauptquartier der paramilitärischen Sondereinheiten. Insgesamt waren knapp 300 Menschenleben zu beklagen.

Die eingeübte Show am Flughafen war nicht Erdogans erster Auftritt in dieser Nacht. Schon kurz vor Mitternacht, als alle Welt über die Hintergründe noch im Dunkeln tappte, hatte er von seinem Urlaubsort Bodrum aus per Handyvideo bereits den Anhängern des islamischen Predigers Fethullah Gülen im Privatsender CNN-Türk die Schuld am Putsch gegeben. Das war nicht überraschend, denn Erdogan sieht nicht im Militär, sondern in dem Prediger und seinen Netzwerken seit Jahren seine gefährlichsten Widersacher (siehe Seite 24).

Gülen befürwortet die Säkularisierung, die Erdogan rückgängig machen möchte. Bekannt ist sein Satz „Baut Schulen, nicht Moscheen“. Gülens Anhänger gründeten Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Wohlfahrts- und Medienorganisationen in vielen Ländern, während Erdogan selbst keinen Hochschulabschluss vorweisen kann. Mit Erdogan verband Gülen jedoch lange ein gutes Verhältnis. Mit seiner Hilfe gründete Erdogan seine islamisch-konservative AKP, mit der er 2003 die Macht errang, als Gülen bereits in den USA lebte. Gülens Anhänger besetzen wegen ihrer hohen Bildung auch unter Erdogan wichtige Ämter im Staat, er verfügt über ein großes Netzwerk und viel Einfluss, vor allem in der Verwaltung. 2013 kam es wegen der friedlichen Proteste im Istanbuler Gezi Park zum Zerwürfnis, nachdem Gülen deren brutale Niederschlagung kritisiert hatte. Erdogan schloss daraufhin einen Großteil von Gülens Hizmet-Schulen und ließ viele Gülen-Anhänger unter Polizisten, Staatsanwälten und Richtern und Journalisten entlassen oder versetzen. Gülen und seine Bewegung werden seitdem als Terroristen verfolgt, obwohl seine Anhänger nie Bomben gebaut oder zu religiösem Hass aufgerufen haben. Nach dem gescheiterten Putsch verlangt Erdogan die Auslieferung des 75-Jährigen aus den USA, wo er seit 1999 im selbst gewählten Exil lebt.

Möglicherweise habe Erdogan die Putschnacht vom 15. auf den 16. Juli selbst organisiert, sagte Gülen noch in der Nacht der „New York Times“. Verdächtigungen in diese Richtung hatten sich im Laufe der Nacht schnell verdichtet. Grund war vor allem die stümperhafte Ausführung des Putsches, der von allen Parteien verurteilt wurde und keine politische Basis hatte. Fast wie nach Drehbuch schienen die Ereignisse abzulaufen, insbesondere der auf den Putsch folgende Gegenputsch mit seiner großen Verhaftungswelle von 6000 Regierungskritikern anhand von Listen, die lange vorbereitet waren. Nur die Hälfte der Verhafteten waren Militärs, die anderen Juristen, Journalisten und Professoren, die nichts mit dem Putsch zu tun hatten.

Die Unterstützung des Westens für Erdogan während des Putsches war lauwarm. Stundenlang gab es aus den westlichen Hauptstädten keinerlei Reaktionen. Washington und der Westen waren komplett überrumpelt und versuchten zu verstehen, was da in der Türkei ablief. Während Europa Erdogan wegen seines Flüchtlingsdeals noch braucht, hat er in Washington so gut wie jeden Kredit verspielt. US-Präsident Barack Obama hatte einst gehofft, Erdogan könne so etwas wie ein demokratischer Brückenbauer in die arabische Welt werden. Doch stattdessen hat er die dortigen Konflikte mit seinen osmanischen Großmachtgelüsten zusätzlich angefacht.

Der ehemalige US-Nahost-Unterhändler Aaron David Miller schrieb vor dem Scheitern des Putsches auf Twitter: „Erdogan war ein Größenwahnsinniger, der dabei war, ein großartiges Land zu zerstören. Wer wird ihn vermissen?“ Erst als Erdogan in der Nacht die Kontrolle über das Geschehen zurückzugewinnen schien, kamen die ersten Lippenbekenntnisse zur Verurteilung des Putsches aus dem Westen. Nun wollte sich niemand den Zorn von Sultan Erdogan zuziehen.          Bodo Bost


Protest gegen Internetzensur
Putins Anti-Terror-Gesetz schießt übers Ziel hinaus

Wladimir Putin hat ein Gesetzespaket unterzeichnet, das bei russischen Bürgern für  Empörung sorgt. Das sogenannte „Anti-Terror-Gesetz“ zielt eigentlich auf Islamisten ab. Mittels eines staatlichen Informationssystems sollten Daten von Terror- und Extremismusverdächtigen in einer zentralen Datenbank gesammelt werden, um zum Beispiel die Grenzkontrolle zu verbessern. Die Zahl terroristischer Straftaten habe im vergangenen Jahr um 8,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen, so die Begründung des Innenministeriums.

Nachdem die erste Version des Gesetzentwurfs, der die Aberkennung der Staatsbürgerschaft und Ausreisebeschränkungen vorsah, entschärft werden musste, hat die Staatsduma in dritter Lesung ein von der Abgeordneten Irina Jarowaja eingebrachtes „Anti-Terror-Paket“ verabschiedet, das  die Russen kurz  „Jarowaja-Paket“ nennen. Statt ein Veto gegen den umstrittenen Entwurf einzulegen, hat Putin die akutelle Version bereits abgenickt. Diese betrifft praktisch jeden, der das Internet nutzt. Darüberhinaus sieht das Gesetz auch eine Vorratsdatenspeicherung vor. Der Staat darf künftig Einträge in sozialen Netzwerken, Telefongespräche, E-Mails oder Chats für sechs Monate speichern. Zudem soll der Geheimdienst FSB vereinfachten Zugang zu den Daten erhalten. Der russische Bürger wird gläsern.

Weitere Regelungen des Jarowaja-Pakets betreffen die Religionsausübung.  Sollte ursprünglich vor allem radikalen Muslimen die Möglichkeit genommen werden, sich außerhalb von Moscheen zu radikalisieren, so treffen die neuen Bestimmungen nun Gläubige religiöser Minderheiten mit voller Wucht. Denn das Gesetz stellt die Missionierung außerhalb von Gotteshäusern unter Strafe. Es dürfen also keine Gottesdienste mehr in Büros oder Wohnungen gefeiert werden, sondern nur noch in Kirchen. Nichtorthodoxe Religionsgemeinschaften wie Katholiken, Protestanten und anderer Gemeinden verfügen aber schlichtweg mangels Masse nicht über Kirchen, sondern treffen sich in Gemeindesälen, die sich oftmals in normalen Wohnhäusern befinden. Neben 35 Millionen Orthodoxen gibt es neben anderen Gläubigen rund 500000 Katholiken und 20000 Protestanten in Russland. 

Ob das Gesetz, das bereits am 20. Juli in Kraft getreten ist, überhaupt umgesetzt werden kann, ist fraglich. Die drei größten Telekommunikationsanbieter MTS, Megafon und Vympelcom schätzen die Kosten für die Investitionen in die Infrastruktur zur Speicherung der extremen Datenmenge auf 30 Milliarden Euro. Wenn das umstrittene Gesetz umgesetzt würde, könne seine Firma keine Investitionen in den Aufbau der Infrastruktur für die Fußball-WM 2018 stecken, drohte ein Sprecher von Megafon. Auch die russische Post rechnet mit Millionenkosten, die für die Aufrüstung ihrer 42000 Filialen notwendig würden. Die Kosten wollen alle betroffenen Firmen auf den Verbraucher umlegen.

Anhänger des Oppositionellen Alexej Nawalnyj haben für den 26. Juli eine Demonstration in Moskau angemeldet, da das Anti-Terror-Gesetz gegen die verfassungsmäßig garantierte Freiheit des Internets verstößt. Innerhalb weniger Tage haben 45000 Internetnutzer eine an den Präsidenten gerichtete Online-Petition gegen das „Jarowaja-Paket“ unterschrieben. Kommen 100000 Stimmen im Laufe eines Jahres zusammen,  muss die Regierung sich damit befassen.

                Manuela Rosenthal-Kappi


Entehrung eines Helden
Rumäniens Staatspräsident provoziert die Ungarn im Land

Die Aberkennung des höchsten rumänischen Ordens für den EU-Abgeordneten Laszlo Tökés durch Rumäniens deutschstämmigen Präsidenten Klaus Johannis wegen Separatismusvorwürfen erhitzt die Gemüter. Während die Deutschen seit der Wende 1989 das Land fast alle Richtung Deutschland verlassen haben, sind die rund 1,2 Millionen ungarischstämmigen Székler in der Region Siebenbürgen, die 1920 von Ungarn an Rumänien überging, fast alle geblieben.

Die ungarische Regierung hat ihnen bereits in Rumänien ungarische Pässe gegeben. Dennoch werden jetzt Stimmen lauter, welche die Autonomie der Székler in Rumänien fordern. Darin werden sie von der ungarischen Regierung unterstützt, die Tökes, den Wortführer dieser Bewegung, mit einem Ehrenorden für dessen „Mut und Verdienste um die rumänische Revolution“ ausgezeichnet haben. Die Ordensverleihung erfolgte knapp zwei Wochen nachdem Tökés im März der „Stern Rumäniens“, die höchste Auszeichnung des Landes, aberkannt worden war. Tökés hatte ihn 2009 wegen seiner entscheidenden Rolle beim Sturz Ceausescus 1989 erhalten. Die Aberkennung war vom Ehrenrat der Ordensträger beschlossen, durch ein rechtskräftiges Urteil des Obersten Gerichts bestätigt und von Staatschef Johannis umgesetzt worden. Grund dafür waren Tökes’ Forderungen nach einem Budapester „Protektorat“ für die Siebenbürger Ungarn gewesen. Die Aberkennung hat unter den rumänischen Ungarn, aber auch unter vielen Rumänen, zu einem Sturm der Entrüstung geführt. Als erster hatte nämlich Johannis‘ erbittertster Gegner um die Präsidentschaft, der Sozialdemokrat Victor Ponta, bereits im Wahlkampf 2014 diese Ordensaberkennung gefordert. Damit wollte er wohl Johannis unter Druck  setzen, denn die Ungarn in Rumänien und die Rumänen im Ausland waren die beiden Bevölkerungsgruppen, die Johannis 2014 ins Präsidentenamt gehievt hatten. Bei beiden Gruppen hatte er über 70 Prozent der Stimmen erhalten, im Landesdurchschnitt aber nur 55 Prozent.

Johannis war, obwohl er Lehrer, also Staatsbeamter war, nie Mitglied der Kommunistischen Partei oder einer ihrer Jugendorganisationen. Dissident wie Tökes war er allerdings auch nicht. Oppositionelle Tätigkeit wurde in Rumänien viel härter verfolgt als in allen anderen kommunistischen Staaten. „Ich war ein privater Antikommunist“, schreibt Johannis dazu in seiner Autobiografie.

Als Tökés, einst ungarisch-reformierter Pfarrer im westrumänischen Temeswar, von dem gefürchteten Geheimdienst Securitate am 16. Dezember 1989 mit Gewalt deportiert werden sollte, versammelten sich aus Protest Hunderte vor seiner Wohnung. Damit begann der Aufstand gegen Ceausescu und aus dem Aufstand der Rumänenungarn wurde später der Aufstand der Rumänen. Es ist eine vollkommen verkehrte Welt in Rumänien: Korrupte Alt-Kommunisten wie Adrian Nastase, der Ziehvater von Victor Ponta, behalten den „Stern Rumäniens“ und einem tatsächlichen Helden wird diese Auszeichnung entzogen. Unterstützung für diesen Schritt erhält Johannis aus Deutschland. Sein Schulfreund Bernd Fabritius, Präsident des Bundes der Vertriebenen und CSU-Bundestagsabgeordneter, nimmt ihn auf seiner Facebook-Seite in Schutz.       B.B.


MELDUNGEN

Petition gegen Nationalkicker

Moskau – Mehr als 500000 Stimmen hat in kürzester Zeit eine Internet-Petition erhalten, die eine Auflösung der gegenwärtigen russischen Fußballnationalmannschaft verlangt. Nach deren Debakel beim EM-Spiel gegen Wales wurde bekannt, dass anschließend zwei Nationalspieler in einem französischen Club eine Party besuchten, bei der sie Champagner für 250000 Euro spendiert haben sollen. Inzwischen gelten die vermeintlich ehrlosen und snobistischen Spieler vielen als nationale Schande, und es mehren sich in Russland die Sorgen um das Abschneiden bei der Fußballweltmeisterschaft 2018 im eigenen Land.             T.W.W.

 

Abschiebung mit Militärmaschinen

Wien – Österreich wird illegale Einwanderer ab sofort mit Militärmaschinen abschieben. Sein Land sei „gefordert, Rückführungen durchzusetzen, alles andere wäre ein fatales Signal, begründete der sozialdemokratische Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil diese noch vor einem Jahr unter anderem von ihm selbst kategorisch abgelehnte Maßnahme. Hintergrund sind zahlreiche wegen heftiger Gegenwehr der gescheiterten Asylbewerber abgebrochene Abschiebeversuche mit Linienflugzeugen. Allerdings erfordern die Abschiebeflüge mit den Transportmaschinen vom Typ C130 „Hercules“ einen erheblichen Personalaufwand: Neben 15 Flüchtlingen sind knapp viermal so viele Betreuungspersonen wie Ärzte, Sanitäter, Beamte und Dolmetscher an Bord. Vor einem Jahr hatte die FPÖ-Nationalratsabgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein genau die jetzt praktizierte Vorgehensweise bei Abschiebungen gefordert und damit bei Politikern und in den Medien einen Sturm der Entrüstung entfacht.      J.H.


S. 7 Wirtschaft

Wie sehen es die Betroffenen?
US-Meinungsforschungsinstitut befragte Europäer, wie sie die Folgen der Immigrationswelle einschätzen

Die langanhaltende Asylkrise hat Meinungsforscher aus den USA auf den Plan gerufen. Das Pew Research Center ging der Frage nach, wie die betroffenen Europäer die Auswirkungen der Immigrationswelle einschätzen.

Hierzu befragte das nach dem US-amerikanischen Ölindustriellen Joseph Newton Pew (1848–1912) benannte Meinungsforschungsinstitut mit Sitz in Wa­shington in den vergangenen Monaten Einwohner aus den zehn EU-Staaten Italien, Griechenland, Ungarn, Frankreich, Spanien, Polen, Schweden, Niederlande, Großbritannien und Deutschland.

Eine der Kernaussagen der Studie ist, dass sich die oftmals unterstellte „Ausländerfeindlichkeit“ der Deutschen anhand von Zahlen nicht belegen lässt. Obwohl die Bundesrepublik im vergangenen Jahr die meisten Asylsucher in Europa aufgenommen hat, sind hier die Sorgen um die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Zustroms vergleichsweise gering.

Auf die Frage „Flüchtlinge stellen eine Belastung für unser Land dar, weil sie uns Arbeitsplätze und Sozialleistungen wegnehmen“, antworteten nur 31 Prozent der befragten Deutschen mit Ja. Im europäischen Durchschnitt war es dagegen rund die Hälfte, welche die entsprechende Sorge teilte. Besonders kritisch ob der wirtschaftlichen und sozialen Folgen äußerten sich die Bürger in Ungarn (82 Prozent), Polen (75 Prozent), Griechenland (72 Prozent) und Italien (65 Prozent). Erstaunlicherweise bejahten nur 48 Prozent der befragten Briten die Frage, obwohl es im Vorlauf des Brexit-Referendums zu erbitterten Kontroversen über den richtigen Kurs in der Asylkrise gekommen war. Einen ähnlich geringen Zustimmungswert wie Deutschland weist bei dieser Frage nur Schweden auf, das in absoluten Zahlen nach der Bundesrepublik die zweitmeisten Flüchtlinge aufgenommen hat.

Noch größer als die Sorge vor den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Masseneinwanderung scheint die vor den Auswirkungen auf die Sicherheitslage zu sein. In insgesamt acht der Länder äußerte der Umfrage zufolge mehr als die Hälfte der Befragten die Befürchtung, dass die innenpolitische Lage „instabiler“ geworden sei. In Ungarn gaben 76 Prozent der Befragten an, dass die Wahrscheinlichkeit einer „terroristischen Gefahr“ gestiegen sei, in Polen waren es 71 Prozent. In Deutschland haben immerhin 61 Prozent eine ausgeprägte „Terrorangst“. Auch in Großbritannien äußerte sich mehr als die Hälfte besorgt. In Frankreich, wo es in den vergangenen Monaten zwei verheerende Anschläge gegeben hatte, waren dagegen nur 42 Prozent dieser Meinung. Die Forscher interpretieren das in der Weise, dass die gesellschaftliche Debatte in Frankreich dazu geführt habe, dass die Menschen einen differenzierteren Blick auf die Ursachen der Anschläge hätten. Sie würden eher zwischen dem islamischen Terrorismus und „Bürgerkriegsflüchtlingen“ trennen. Dieses mag den Franzosen umso leichter fallen, als sie – zumindest im Vergleich zum deutschen Nachbarn mit seiner Willkommenskultur – kaum welche aufgenommen haben. Insgesamt, so heißt es in der Studie, gebe es in den Köpfen der Europäer „aber eine sehr klare Verbindung zwischen der Flüchtlingskrise und der Terrorgefahr“.

Untersucht wurde auch die Frage, ob der Zuzug von Asylsuchern in den Augen der einheimischen Bevölkerung deren Lebensqualität beeinträchtige. In Deutschland gaben immerhin 31 Prozent der Befragten ein Ja zu Protokoll, lediglich 21 Prozent gaben an, dass die Flüchtlinge einen positiven Effekt bringen würden. Allerdings sagte rund die Hälfte, es sei noch zu früh, um sich ein Urteil zu bilden. Deutschland landet mit diesem Prozentsatz etwa im Mittelfeld der Rangliste, die bei dieser Frage von Griechenland angeführt wird. Dort sagten immerhin 63 Prozent, ihr Land sei durch die Asylsucher weniger lebenswert und nur rund zehn Prozent glaubten an einen positiven Effekt. Selbst im gemeinhin als liberal geltenden Schweden glaubt lediglich etwas mehr als ein Drittel der Befragten (36 Prozent) daran, dass der Zustrom die Lebensqualität erhöhe. Insgesamt herrscht die Meinung vor, die endgültigen Auswirkungen der Völkerwanderung seien bisher nur schwer einzuschätzen.

Dies gilt auch hinsichtlich der Frage, ob sich die Kriminalität durch den Asylsucherzustrom in den EU-Ländern erhöhen werde, denn auch hierzu wurde häufig die Auffassung geäußert, es sei für eine Einschätzung noch zu früh. 30 Prozent der Deutschen bejahten die entsprechende Frage. An der Spitze stehen die Italiener mit 47 Prozent. In Polen, das bisher kaum Asylsucher aufgenommen hat, fürchten lediglich 13 Prozent der Befragten eine Zunahme von Verbrechen.

Auch die Einstellung gegenüber religiösen Minderheiten wurde untersucht. Moslems stoßen vor allem bei den Süd- und Osteuropäern auf Ablehnung. Eine negative Einstellung gegenüber dieser Religionsgruppe haben in Italien 82 Prozent, in Griechenland 67 Prozent, in Ungarn 64 Prozent und in Frankreich 61 Prozent. In Deutschland sind es immerhin noch 40 Prozent. Vorbehalte gegenüber Juden hätten in der Bundesrepublik lediglich fünf Prozent. In Griechenland seien es dagegen mehr als die Hälfte, was die Forscher mit der starken Verankerung der orthodoxen Kirche erklären, die für 78 Prozent der Griechen „eine ganz starke Rolle“ spiele. In Deutschland hingegen erachtete nicht mal mehr ein Drittel „das Christentum als wichtig“. Generell lasse sich der Trend feststellen, dass in eher „unreligiösen Ländern“ die negativen Einstellungen gegenüber Andersgläubigen weniger stark ausgeprägt seien.                Peter Entinger


Multi- statt bilateral
EU strebt Luftverkehrsabkommen mit dem Osten an

Der Luftverkehr in die Türkei, in den Mittleren Osten und nach Asien spielt für die europäische Wirtschaft eine große Rolle. Speziell die Türkei und die Golfstaaten zählen zu den am schnellsten wachsenden Luftverkehrsmärkten. Trotzdem gibt es bislang noch keine gemeinsame Regelung auf überstaatlicher Ebene. Stattdessen haben Deutschland und die anderen EU-Mitgliedsländer auf zwischenstaatlicher Ebene Luftverkehrsabkommen. Das soll sich nun ändern.

Zum ersten Mal wird die Europäische Union über sogenannte Block-zu-Block-Abkommen verhandeln. Der Europäische Rat für Verkehr, Telekommunikation und Energie erteilte der EU-Kommission jetzt Mandate, mit der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean (Association of South­east Asian Nations), den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Katar und der Türkei Verhandlungen aufzunehmen. Ziel ist ein besserer Marktzugang für europäische Fluglinien. Außerdem strebt die EU-Kommission hohe Standards in Bereichen wie Sicherheit vor Anschlägen und Gefahrenabwehr sowie Verbraucher- und Umweltschutz an. Ähnliche Abkommen gibt es bereits mit den Vereingten Staaten und Kanada.

Der Entscheidung ging eine intensive Debatte voraus. So hatte das Europäische Parlament Anfang November 2015 in einer Resolution Maßnahmen gegen die Subventionen gefordert, welche die Regierungen der ölreichen Staaten am Golf an ihre Fluglinien zahlen. Die Parlamentarier forderten Sanktionsmöglichkeiten für den Fall, dass ein Staat gegen die Abkommen verstößt. „Die Fluglinien brauchen die Sicherheit, in einem fairen Wettbewerbsumfeld zu arbeiten, während nicht-europäische Unternehmen die Regeln in der EU respektieren müssen“, sagte Marian-Jean Marianescu von der Europäischen Volkspartei. Allerdings meinte Violeta Bulc, EU-Kommissarin für Verkehr, dass die „angeblichen Subventionen“ von Fluglinien aus den Golfstaaten und die daraus folgenden Probleme erst noch bewiesen werden müssten. Allerdings gab Bulc zu, dass Fluglinien aus Asien und dem Mittleren Osten eine starke Konkurrenz darstellten und meinte, dass zukünftige Vereinbarungen mit diesen Regionen Wettbewerbsverzerrungen verhindern sollten.

Genau darauf richten sich auch die Hoffnungen der deutschen Luftverkehrsbranche. „Mit den Luftverkehrsabkommen sollte eine weitergehende Liberalisierung des Luftverkehrs begleitet und fortentwickelt werden. Bei der Aushandlung von Luftverkehrsabkommen muss allerdings zum einen insbesondere auf ein Level-Playing-Field für die betroffenen Unternehmen geachtet werden und zum anderen sind die Auswirkungen des Abkommens auf die gesamte Luftverkehrsanbindung eingehend zu prüfen“, so Claudia Nehring, Sprecherin des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft.

Die Abkommen könnten sich positiv auswirken. So schätzt die EU, dass das Abkommen mit der Türkei bis 2023 bis zu 48000 neue Arbeitsplätze generieren könnte. Für die Asean-Staaten liegt diese Schätzung bei bis zu 5700 neuen Arbeitsplätzen, und für die Golfstaaten könnten bis 2026 bis zu 8300 neue Jobs entstehen.        Friedrich List


FDP-Image in Gefahr
Geplatzter Verkauf des Flughafens Hahn schadet den Liberalen

Sieben Jahre nach der misslungenen Privatfinanzierung des Nürburgrings steuert Rheinland-Pfalz auf das nächste Scheitern eines Investorgeschäfts zu. War es beim Nürburgring noch der ehemalige Mainzer Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), der einem russischen Käufer auf dem Leim ging und deswegen später zurücktreten musste, so war es jetzt seine Nachfolgerin Malu Dreyer (SPD), die einem chinesischen Finanzinvestor beim Verkauf des verschuldeten Flughafens Hahn zu viel Vertrauen schenkte. Während beim Ausbau des Nürburgrings Steuergelder in Höhe von bis zu einer halben Milliarde Euro verloren gegangen sind, soll jedoch bei dem zurückgezogenen Verkauf des Flughafens Hahn bislang kein materieller Schaden entstanden sein, weil der Landtag noch hätte zustimmen müssen, tröstet man sich bei der Mainzer Regierung. Nach dem geplatzten Verkauf des Flughafens Hahn will die rheinland-pfälzische Landesregierung Strafanzeige gegen den chinesischen Käufer, die Shanghai Yiqian Trading (SYT), stellen. „Wir kündigen den Vertrag wegen arglistiger Täuschung“, sagte die Ministerpräsidentin dem Südwestrundfunk.

Der misslungene Flughafen-Deal ist für die junge Dreier-Koalition in Mainz, an der erstmals seit Jahren auch wieder die FDP beteiligt ist, eine schwere Belastung. Malu Dreyer hatte zwar überraschend die Landtagswahl vom März gewonnen, konnte aber nur mit der zusätzlichen Hilfe der FDP ihre rot-grüne Koalition weiterführen. Der verschuldete Flughafen im Hunsrück gehört zu 82,5 Prozent Rheinland-Pfalz und zu 17,5 Prozent Hessen. Während der kleinere Koalitionspartner, die Grünen, sich hinter die Regierung stellte, schwieg die FDP zunächst. Die Freidemokraten haben seit Mai die vollständige Zuständigkeit für die Wirtschaftspolitik, aber auch für die Infrastruktur. „Diese Koalition ist nicht die Fortsetzung von Rot-Grün, sondern ein neuer Politikansatz“, hatte der FDP-Vorsitzende und Wirtschaftsminister Volker Wissing nach Beginn der Regierungsschäfte großspurig angekündet. Die dilettantische Durchführung der Verkaufsverhandlungen sowie vor allem die Aufdeckung der kriminellen Eigenschaften des Investors durch die Medien und nicht durch die Landesregierung könnte vor allem das wirtschaftspolitische Image der FDP in der neuen Koalition und im Bund schädigen.

Die rheinland-pfälzische CDU-Fraktion hatte zuvor einen Misstrauensantrag gegen Dreyer eingebracht. In einer Sondersitzung des Landtags warf die CDU-Fraktionsvorsitzende Julia Klöckner der Ministerpräsidentin Wählertäuschung bei der Landtagwahl im März vor. Ihr Ziel sei es damals gewesen, sich am Hahn Zeit zu kaufen, um „über die Wahl zu kommen“. Auf die Argumentation der Regierung, man habe nach EU-Regeln die Pflicht gehabt, den Flughafen an den Meistbietenden zu veräußern, sagte Klöckner: „Ich kenne kein EU-Recht, das vorschreibt, mit Betrügern Verträge zu schließen.“ Dreyer räumte zwar im Zusammenhang mit dem Verkauf „schlimme Fehler“ ein, personelle Konsequenzen seien jedoch nicht notwendig. „Wir konnten rechtzeitig die Reißleine ziehen“, so Dreyer.      

                Bodo Bost


MELDUNGEN

Russland größter Getreideexporteur

Moskau – Russland hat die USA als größter Getreideexporteur der Welt abgelöst. Von Juli 2015 bis Juni 2016 exportierte das Land fast 34 Millionen Tonnen Getreide, darunter knapp 25 Millionen Tonnen Weizen. Im Jahr zuvor hatten diese Werte noch 30,5 beziehungsweise 22 Millionen Tonnen betragen. Ein Grund für die hohen Exportzahlen war der günstige Kurs des Rubel. Allerdings trugen auch die hohe Qualität des russischen Getreides, das wegen seiner vollständigen Gentechnikfreiheit zunehmend geschätzt wird, und eine nicht zuletzt den vermehrten Bemühungen um einen Ausbau der Landwirtschaft zu verdankende Rekordernte zu diesem Ergebnis bei. T.W.W.

 

Ohrfeige für Sigmar Gabriel

Düsseldorf – Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel erteilte Ausnahmegenehmigung für die Übernahme der Supermarktkette Tengelmann durch Edeka als rechtswidrig bewertet. Nach Auffassung der Richter hätte Gabriel nicht entscheiden dürfen. Er habe sich in dem Verfahren befangen und nicht neutral verhalten. Damit dürfte sich der geplante Zusammenschluss um Jahre verzögern oder ganz scheitern.                J.H.


S. 8 Forum

Störfall Bikini
von Frank Horns

Manchmal reicht der Blick auf wenige Quadratmeter Grün, um ein ganzes Ökosystem zu begreifen: Die Berliner Kleingartenkolonie „Frieden“ möchte keine weiteren türkischstämmigen Familien mehr aufnehmen (siehe Seite 5). Man fürchtet um das soziale Gefüge. Das Zusammenleben mit bereits ansässigen Immigranten hat sich als schwierig herausgestellt. Die einen stören sich an Nachbarinnen im Bikini und an deren biertrinkenden Ehemännern, die anderen an Koloniebewohnern, die sich komplett abschotten und aus dem Vereinsleben ausklinken.

In der Kleingartenkolonie „Frieden“ mögen Gemüse, Obst und Ziersträucher prächtig gedeihen, ein kunterbuntes Multi-Kulti-Pflänzchen ist nicht darunter, und man muss sich nichts vormachen: Was dort nicht anwächst, wird auch anderswo keine Wurzeln schlagen. Wer Multi-Kulti will, erhält in der Praxis Parallelgesellschaften – ob in der Kleingartenkolonie „Frieden“ oder in der Hochhaussiedlung nebenan. Es gibt kein Gewächs, an dem ebenso schöne Blüten in Preußisch-Blau wie in Türkisch-Rot gedeihen. So etwas sieht das Ökosystem nicht vor.


Wer regiert Berlin?
von Norman Hanert

Im nächsten Jahrzehnt wird „jede Schule angefasst und saniert“, so lautet das Versprechen, das Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller unlängst auf dem Wahlparteitag der SPD abgegeben hat. Sollte das Versprechen zur Schulsanierung als großer Wurf im Wahlkampf gedacht gewesen sein, so kann dieser als gescheitert angesehen werden. Die Berliner SPD verharrt weiter in einem Umfragetief. In der jüngsten Umfrage zur bevorstehenden Abgeordnetenhauswahl im September ist die SPD auf 21 Prozent abgerutscht. Ein so niedriger Wert wurde in Berlin erst einmal, im September 1999, gemessen.

Je länger der Wahlkampf in Berlin andauert, desto deutlicher wird, dass die SPD, aber auch ihr Koalitionspartner, die CDU, mit Versprechen auf Stimmenfang gehen will, die in jedem gut geführten Gemeinwesen eigentlich als Selbstverständlichkeiten gelten. Funktionierende Bürgerämter, eine handlungsfähige Polizei oder die Instandhaltung von Schulgebäuden und Straßen sollten nämlich eine Normalität darstellen, die keiner großen Diskussion bedarf.

Mehr noch. Dass sich die SPD nun ausgerechnet mit dem Thema Schulsanierung im Wahlkampf profilieren will, provoziert bei den Bürgern geradezu bestimmte Fragen: Wer hat in Berlin eigentlich in den letzten Jahren die Regierungsverantwortung getragen? Welche Partei besetzt seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten das Bildungsressort und fast genauso lange die ebenfalls an dem Berliner Schul-Desaster beteiligten Ressorts für Stadtentwicklung und Finanzen?


Schaler Nachgeschmack
von Michael Leh

Jedweder Extremismus ist zu bekämpfen. Das gilt auch für Extremismus im Internet, das kein rechtsfreier Raum sein darf. Zu wenig wird dagegen getan, dass das Internet von in- und ausländischen Extremisten für Hetze, Verleumdung sowie zur Propagierung und Verherrlichung von Gewalt missbraucht wird. Dass die Polizei unter Leitung des Bundeskriminalamtes (BKA) am 13. Juli einen „Bundesweiten Einsatztag zur Bekämpfung von Hass­postings“ veranstaltete, war daher erfreulich und richtig.

Allerdings richtete sich die konzertierte Aktion von mehr als 25 Polizeidienststellen in 14 Bundesländern offensichtlich nur gegen Rechtsextremisten. „Der bundesweite Einsatztag dient auch der Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger beim Umgang mit rechtsgerichteten Äußerungen in sozialen Netzwerken. Wer im Internet auf Hasspostings stößt, sollte Anzeige bei der Polizei erstatten“, erklärte das BKA. Von linksextremen „Hasspos-tings“, die es ebenfalls in großer Zahl gibt, war keine Rede.

Das hinterlässt einen schalen Nachgeschmack. Man fragt sich, ob je eine ähnliche Aktion gegen Linksextremisten stattfinden wird. Das Bundesinnenministerium (BMI) antwortete auf die Frage der PAZ, warum nichts gegen die linksextreme Internetseite „linksunten.indymedia“ getan werde, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die Aktivitäten dieser Internetplattform „seit Jahren“ aufmerksam beobachte. Das ist es aber auch schon – diesen Eindruck bekommt man. Auch bei den Gewalttätigkeiten in der Rigaer Straße in Berlin konnten Linksextremisten unentwegt „linksunten.indymedia“ für Hassreden und zur Unterstützung von Gewalttätern nutzen.

Die Frage der PAZ, wieso seit 2010 (!) die linksextreme Publikation „Prisma“ auf dieser Internetseite stehen kann, ließ das BMI unbeantwortet. „Prisma“ wurde als Printausgabe von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt, weil in dem Heft zu Straftaten (wie etwa das Umsägen von Strommasten oder das Anzünden von Autos) angeleitet wird. Nach der Beschlagnahme stellten die Linken das Heft einfach ins Internet. Die Frage der PAZ, ob es vielleicht technische Probleme gäbe, gegen „linksunten.indymedia“ vorzugehen, ließ das Bundesinnenministerium ebenfalls unbeantwortet. „Bitte haben Sie Verständnis, dass sich das BMI zu Fragestellungen, die sich auf etwaige Verbotsmaßnahmen beziehen, grundsätzlich nicht im Vorfeld äußert“, lautete die pauschale Antwort. Hier wird wohl weiter nur „beobachtet“.


Frei gedacht
Deutschland in Angst: Fürchtet Euch nicht!
von Eva Herman

Während zu Beginn der gigantischen Zuwanderungsströme letztes Jahr noch viele Bundesbürger fröhlich die Welcome-Refugees-Fahnen schwenkten und der Welt ihre Begeisterung über Millionen neuer Mitbürger eindrucksvoll deklarierten, hat sich das Bild inzwischen dramatisch verändert: Angst liegt über dem Land. Das ergab eine aktuelle Studie, die vor wenigen Tagen von der R+V-Versicherung  veröffentlicht wurde. Da heißt es: „Terrorangst und politische Sorgen dominieren in diesem Jahr das Angstprofil.“ Fast drei Viertel aller Bürger fürchten sich vor terroristischen Anschlägen. Mit 67 Prozent ist eine weitere Sorge so hoch wie nie zuvor: Sehr viele Deutsche befürchten, dass es durch den weiteren Zuzug von Ausländern zu Spannungen zwischen Deutschen und hier lebenden Ausländern kommen könnte.

Diese Entwicklung war natürlich vorauszusehen, wenngleich viele Menschen lange für das Problem blind bleiben wollten. Denn nur allzu gerne folgt der gehirngewaschene „deutsche Geist“ lieber vorauseilend dem Oberkommando, bevor er sich eine eigene Meinung, gegen den Strom, zutraut. Doch das Oberkommando scheint die Macht nun zu verlieren, die Bürger werden zum Nach- und SelbstDenken gezwungen. Dass der Hebel Angst erst einmal zur Wirkung kommt, dürfte eine eher befreiende Konsequenz für das Volk haben, das auf diesem Wege erst in die notwendige Lage versetzt wird, Dogmen und Gesinnungsterror zu erkennen und schließlich über Bord zu werfen. Diese Phase des Erkennens steht nun bevor, und sie bahnt zunächst den Weg von Furcht und Unsicherheit.

Seit dem letzten Terroranschlag an der Promenade Nizzas, wo der Attentäter einen Lkw durch eine arglose Menschenmenge steuerte und viele Besucher tötete, ist klar, dass sich zwei Gruppen auf dieser Erde gegenüberstehen: Jene, die alle „Ungläubigen“ töten wollen, und der Rest der Welt. Der „Plan“ geht auf: Angst breitet sich aus. Niemand, der heute sein Haus verlässt, kann noch sicher sein, dass er nicht Opfer eines kriminellen oder sexuellen Übergriffs wird, oder eines Terroranschlags. Dass mit dieser Gefahr, die heute in der Überzahl von islamistischen Fundamentalisten ausgeht, das Verständnis der Bürger für einreisende „Flüchtlinge“, die meist demselben Glauben angehören wie die Täter, dramatisch sinkt, stellt erst die wahre Gefahr für Frieden und Auskommen dar. Zumal nun auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich über lange Monde hinweg einen feuchten Kehricht um die innere Sicherheit Deutschlands scherte, kürzlich selbst zugab, dass  sich unter den Millionen Einwanderern „einige Terroristen“ versteckt hätten. Unterdessen hatte  Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen schon im Frühjahr festgestellt, dass etwa 70 Prozent der Einreisenden keine gültigen Pässe vorlegen würden.

Es brodelt also mächtig im Staate – und in den Seelen der Menschen. Vielen schwant, wie die Sache ausgehen muss. Und die Angst steigt mit. Wer die Lage emotionslos von außen betrachtet (was eher unmöglich ist), der würde dennoch erkennen können, dass diese Veränderung nicht nur negative Folgen hat. Denn, abgesehen davon, dass der blinde Mensch nun sehend werden muss, stellt sich gleichzeitig die notwendige Analyse über das Gute und Böse in der Welt ein. Und zunehmend wächst die Erkenntnis, wie sehr der Vorsatz zum Schlechten (auch im eigenen Handeln) unserem schönen Globus schaden muss. Neue Gedanken zu eigenem Verhalten gegenüber den Anderen stellen sich ein, wir beginnen, uns und unser Verhalten öfter aus moralischer Sicht zu bewerten. Und das ist auch gut so. Denn nur so kann Erkenntnis darüber werden, dass wir so, wie es bislang ging, nicht weitermachen können. Sondern dass wir zu Tugenden wie Rücksicht, Verantwortung und Nächstenliebe gegenüber Mensch, Tier und Natur zurückkommen müssen: Es ist die Erkenntnis über die Schöpfungsgesetze, in denen wir Menschen uns bislang als unwürdig erwiesen und fast ausnahmslos zerstört haben. Ganz im Gegensatz zu den übrigen Lebewesen, denen wir mit unserer egoistischen Art nur Not, Schmerzen und Elend zufügten.

Wir Menschen stehen vor einer großen Aufgabe und einer kaum beschreibbaren Chance: Wir dürfen, angesichts wachsender Not auf der Erde, wieder gut werden. Wie geht das? Erstes Ziel ist es, die Binde von den Augen zu reißen. Kritischer, viel kritischer, muss die Analyse zum derzeitigen Geschehen werden über die Gründe der Verwerfungen unserer schönen Welt. Wer abends den Fernseher einschaltet, um sich über tägliche Ereignisse zu informieren, der soll getrost weiterschlummern: Es sind politisch korrekte Propagandameldungen, die von einem zerstörerischen System verordnet werden, um die Bevölkerung ruhig zu halten. Man muss nicht studiert haben, um die zahllosen Unterschlagungen deuten zu können, welche uns jeden Tag aufs Neue vorgesetzt werden. Oder wie war das noch an Silvester in zahlreichen deutschenn und ausländischen Städten, als ein offenbar gesteuerter Sex-Mob auf tausende unserer Frauen und Mädchen losgelassen wurde, doch bis heute nur stück­chenweise die gruseligen Details durchsickern dürfen, um nur ein Beispiel von unzähligen zu nennen? Also, Augen und Ohren auf, kritisch werden, selbst prüfen! Dafür ist das Internet eine gute Quelle –  und natürlich auch Zeitungen wie diese. Der andere, wichtige Punkt: Unbeirrbar für das Gute und Wahre eintreten, ohne Furcht. Damit ist nicht ein sinnloses Missionieren gemeint, sondern erste Kür ist die Reinigung im eigenen Denken und Tun. Es ist das Konzept der Nächstenliebe, oder, wie Mutter stets mahnte: „Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu.“ Wer das sich müht einzuhalten, wer seine Richtlinien in den zehn Geboten findet, der hat gute Chancen, in die neue Zeit zu gelangen. Denn eine neue Zeit steht uns zweifellos bevor, wenn alle Wirren, Schmerzen und Ängste unter dem Zusammenbruch des alten Systems vergehen mussten.

Noch ein Wort zur neuen Existenzfurcht der Deutschen: Angst ist immer der schlechteste Begleiter. Denn Angst lähmt uns. Wir müssen wissen: Während der Mensch in Furcht versinkt, lacht sich der Teufel ins Fäustchen, denn damit hat er uns im Griff und lenkt uns, wohin er will. Wenn sie angeflogen kommt, diese hässliche, böse Angst, sich hineinbohrt in die Eingeweide, heraufkriechen will bis zum Herzen und in den Hals, so müssen wir in diesem Moment schon dagegen vorgehen. Denn unser freier Wille steht weit über des Teufels Einfluss, so, wie wir auch bei allen Anfechtungen und Verführungen uns ja stets selbst entscheiden können zum Ja oder Nein! Eine Sekunden-Entscheidung! Das ist das Pfund, mit dem wir wuchern sollen! Ein kurzes Gebet nach oben, um Kraft zu haben für dieses Nein!, führt uns schon in die Schöpferkraft, mit der wir stark genug werden, um die Angst zu vertreiben. Wer dies beherzigt und darin niemals nachlässt, wird stark werden. Die unbekämpfte Angst hingegen führt uns in Drangsal und Depression. Ein Blick nach oben, ein entschiedenes Nein!, Vertrauen in die Schöpferkraft, auch ein herzhaftes Lachen, all das lässt uns erstarken: Der Teufel muss flüchten.

Eine neue Zeit bricht an. Es liegt an uns, wie viele Stunden wir der alten Welt, die in Angst liegt, noch widmen wollen.


S. 9 Kultur

Aida mit Elefant in Schwerin
Glamouröse Inszenierung der Verdi-Oper schlägt den Bogen von der Antike in die Gegenwart

Die Schlossfestspiele Schwerin präsentieren sich diesen Sommer mit „Aida“ dem Publikum. Nach der gelungenen Premiere am 8. Juli stehen bis zum 14. August noch jeweils donnerstags bis sonntags insgesamt 22 Aufführungen auf dem Spielplan.

Bei einer Veranstaltung unter freiem Himmel sind die Gedanken aller Beteiligten in erster Linie beim Wetter. Ganz besonders in diesem Jahr, wo der Himmel seine Schleusen immer wieder weit öffnet. Während bei der Derby-Woche auf der Galopprennbahn in Hamburg-Horn wegen wolkenbruchartigen Regens rund zwei Stunden vor Beginn der Veranstaltung der komplette Renntag am Freitag abgesagt werden musste, hatten im gut hundert Kilometer entfernten Schwerin rund zwei Stunden vor der Premiere von „Aida“ die Regenfälle nachgelassen. Zwar tröpfelte es bei der Aufführung auf dem Alten Garten noch ab und zu. Doch als auch der letzte Zuschauer sein Regencape in Form gezupft hatte, verzogen sich die Wolken und gaben zeitweise sogar den Blick auf die Sterne frei.

Die 1993 im Hof des Märchenschlosses der Mecklenburger Herzöge ins Leben gerufenen Schlossfestspiele des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin zogen 1999 von der Schlossinsel aufs Festland, genauer gesagt in den Alten Garten, den geräumigen Platz vor Museum und Theater gleich gegenüber. Auf dem Spielplan stand auch damals „Aida“ von Giuseppe Verdi.

Die große Freitreppe des Museums und seine markante klassizistische Säulenfassade lieferten dazu die perfekte Bühne. Die aufwendige Inszenierung in historischen Kostümen samt einer ganzen Menagerie aus Elefanten, Kamelen und Pferden unterm Sattel und vor dem Streitwagen ist bis heute unvergessen, ja geradezu legendär.

Die Neuinszenierung 17 Jahre später muss diesen Vergleich aushalten. Georg Rootering, der bereits in den Vorjahren „Nabucco“ und „La Traviata“ in Schwerin inszenierte, versucht aber gar nicht, daran anzuknüpfen. Er präsentiert ein anderes Konzept, das die aktuelle Lage in Ägypten und seinen Nachbarländern mit einbezieht. Dabei wird der Aufmarsch der Bühnenarmee durch Projektionen aktueller Bilder von Massendemonstrationen, modernem Kriegsgerät, Ölfeldern und einem rot gefärbten Nil flankiert.

Verdi hatte die Geschichte der Liebe zwischen dem ägyptischen Feldherrn Radamès und der äthiopischen Sklavin Aida in einer fiktiven Zeit um 1550 v. Chr. angesiedelt, als sich die Ägypter tatsächlich mit den Äthiopiern bekriegten. Die Wirklichkeit nachbilden wollte er allerdings nicht. Dennoch konnte auch er sich der aktuellen Politik nicht entziehen und ließ unter dem Einfluss des Deutsch-Französischen Krieges im Sommer 1870 den Librettisten die Verse im berühmten Triumphmarsch folgendermaßen abändern. „Wir haben gesiegt mit Hilfe göttlicher Vorsehung. Der Feind hat sich ergeben.“ Damit zitierte Verdi wörtlich aus dem Telegramm des preußischen Königs und späteren Kaisers Wilhelm I.

Rootering zitiert eine machthabende Generalität. Dazu lässt er den Pharao von Ägypten in entsprechender Uniform auftreten und aus dem Off auf die Bühne projizieren. Amneris, seine Tochter und Rivalin Aidas um die Liebe Radamès’, präsentiert sich dabei weiterhin prinzessinnenhaft historisch. Ein Mix, der sich in der gesamten Kostümierung fortsetzt. Die ägyptische Armee steckt in modernen Uniformen samt Pistolengürteln, die äthiopischen Gefangenen in orangefarbenen Guantanamo-Overalls, der Chor in feinen Seidenkleidern, die an die 20er Jahre erinnern, die Priesterschaft in herrlichen, historisierenden Phantasiekostümen, die der Wind zum Schwingen bringt.

Was die Kulissen betrifft, bleibt sich Romaine Fauchère ihrer modernen geometrischen Linienführung, wie schon in „Nabucco“ und „La Traviata“, treu. Bei „Aida“ wird die inzwischen eigenständige Bühne, unter der das Orchester seinen Platz hat, von Pfeilern beherrscht, welche die Säulenfassade des dahinter liegenden Museums in genialer Weise doublieren. Auf den Elefanten wollte man allerdings auch 2016 nicht verzichten. Trotz lautstarker Proteste von Tierschützern bis kurz vor der Aufführung, die Wildtiere lieber in Freiheit sehen möchten. Dabei war die inzwischen 31-jährige Elefantendame Mala, die ihren viel diskutierten kurzen Auftritt beim Triumphmarsch hat, in den 80er Jahren als Waisenkind nach Deutschland gekommen, nachdem ihre Herde durch Wilderer aus Simbabwe abgeschossen worden war. Mit ihrem Gebieter Sonni Frankello zeigt sie ruhig und brav ihre Kunststücke, verlagert ihre vier Tonnen auf die Hinterbeine, kniet im Kompliment und zieht danach stolz und zufrieden wieder von dannen.

Den über 200 Künstlern stiehlt sie nicht die Schau. Denn mit glamourösen Massenszenen und einer bisher nicht erreichten Tonqualität setzt Schwerin mit der aktuellen „Aida“-Inszenierung nach einem kraftvollen „Nabucco“ und einer etwas schwächelnden „La Traviata“ wieder ein musikalisches Ausrufezeichen. Entsprechend der Idee der Schlossfestspiele, Künstler aus der ganzen Welt nach Schwerin zu holen, sind diesmal Sänger unter anderem aus Tunesien, Südafrika, Italien, Spanien, Südkorea, Syrien, Russland, Österreich, Griechenland, Kanada und Australien dabei.

Gefeierter Star des ersten Abends war die Sopranistin Yannick-Muriel Noah aus Madagas­kar als Aida, die in dieser Rolle bereits erfolgreich durch Europa tourte. Mit opulenter Lyrik und intensiver Darstellung überzeugte sie auch in Schwerin das Publikum. Auf stimmlicher Augenhöhe lieferte Aurore Ugolin als Amneris mit kraftvollem Sopran die leidenschaftliche Gegenspielerin, die auch in den langen Solopartien überzeugte.

Als stimmgewaltiger Bariton beeindruckte Krum Galabow aus Bulgarien in der Rolle des Amonasro, Aidas Vater, besonders in dem berühmten Duett mit seiner Tochter. Und der Tenor Steffen Schantz aus Bad Saulgau überzeugte als Radamès vor allem am Schluss. Ob dieser allerdings wie hier in Mord und Selbstmord enden muss, sei dahingestellt. Vorgesehen hatte Verdi diese Fassung nicht.

Mit „Aida“ beendet auch Generalintendant Joachim Kümmritz seine Arbeit nach 37 Jahren am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin. Er bleibt jedoch weiterhin Intendant vom Theater Neubrandenburg/Neustrelitz, wo am Freitag zeitgleich auf dem Schlossberg „Im weißen Rössl“ Premiere feierte (bis 31. Juli) und leitet als Interimsintendant seit Kurzem auch das Volkstheater Rostock.       Helga Schnehagen

Infos und Karten: www.meck­lenburgisches-staatstheater.de


Trauriges Ende eines Genies
Verarmt und vergessen: Vor 275 Jahren starb Antonio Vivaldi

Die „Vier Jahreszeiten“ sind Musikliebhabern wie Gelegenheitshörern heute so bekannt und vertraut wie kaum ein anderes Werk der klassischen Musik. Doch über Jahrhunderte hinweg wollte niemand etwas vom Schöpfer dieser Komposition, Antonio Vivaldi, hören. Erst nach seinem 250. Geburtstag beschäftigen sich Musiker und Musikwissenschaftler intensiver mit Vivaldis Kunst und stellten fest, wie wertvoll sie war. Grund war ein verarmtes Kloster im Piemont, das 1926 seinen Dachstuhl leerräumte und in den Resten der alten Bibliothek 14 Bände mit bislang unbekannten Kompositionen fand. Seither ist Vivaldi wieder in aller Ohren.

Antonio Lucio Vivaldi kam am 4. März 1678 in Venedig zur Welt – damals eine der pulsierendsten Metropolen Europas. Von seinem Vater, einem Violinisten an der Markus-Kirche, lernte er das Geigenspiel. Allerdings beließ man es nicht beim musikalischen Training, denn die Eltern ließen ihren Sohn bald an den Kirchen San Geminiano und San Giovanni in Oleo zum Priester ausbilden. 1703 wurde Vivaldi zum Priester geweiht, doch Zölibat und Messen lesen waren seine Sache nicht. Lieber unterrichtete er am „Ospedale della Pietà“, einem der vier berühmten venezianischen Waisenhäuser für Mädchen, in denen musikalische Begabungen intensiv gefördert wurden. Die musikalisch ausgestalteten Gottesdienste in diesen Ospedali kamen beinahe öffentlichen Konzerten gleich und gehörten nach den Berichten musikalisch interessierter Venedigreisender zu den Attraktionen des europäischen Musikbetriebs. Wachsenden Ruhm erntete Vivaldi durch virtuose Konzerte vor erlauchtem Publikum und schrieb Oper auf Oper, von denen heute nur 22 Partituren erhalten geblieben sind.

Mitte der 20er Jahre des 18. Jahrhunderts erlebte Vivaldi den Höhepunkt seines Erfolgs. Er gab umjubelte Gastspiele in Wien, Paris, Mantua und Prag. Den Abstieg ins Vergessenwerden leitete ein Standesgenosse, ein Kleriker, ein. 1737 übernahm der erzkonservative Kardinal Ruffo in Venedig das Kommando über die öffentliche Ordnung und machte Schluss mit Maskenbällen, lockeren Sitten und Opern schreibenden Priestern.

In Italien um Ansehen und Einkommen gebracht, suchte der alternde Komponist eine neue Zukunft in Wien, hoffte dort auf eine Anstellung in der Hofkapelle Karls VI. Doch als Vivaldi hier eintraf, stand den Habsburgern der Sinn nicht mehr nach Musik. Karl VI. war tot, der Österreichische Erbfolgekrieg hatte begonnen, Nur ein Jahr später starb Vivaldi völlig verarmt, völlig vergessen und wurde noch am selben Tag, dem 28. Juli 1741, auf dem Spittaler Gottesacker in Wien mit kleinem Geläut beerdigt.

Trotz der überragenden Qualität seines Werkes – über 450 Concerti und 45 Opern – und Vivaldis Bestrebungen, es zu verbreiten, wurde nur ein Bruchteil zu seinen Lebzeiten veröffentlicht. Die meisten Kompositionen wurden nach seinem Tod entdeckt. Seine „Vier Jahreszeiten“ sind heute so bekannt wie Mozarts „Kleine Nachtmusik“, und jeder mag prüfen, ob sich nicht auch das eigene Handy mit Vivaldi-Klängen meldet.   Andreas Guballa


Zu Gold gestolpert
Film über Jesse Owens verrennt sich bei Olympia 1936 in Berlin

Kaum stehen die Olympischen Spiele von Rio de Janeiro vor der Tür, erinnert vom 28. Juli an im Kino ein Film an das sportliche Großereignis von Berlin vor 80 Jahren. In „Zeit für Legenden“ bilden die Spiele von 1936 den Rahmen, um die US-Leichtathletik-Legende Jesse Owens ins heldenhafte Bild zu setzen. Aus US-Sicht stahl das dunkelhäutige Wunderkind mit seinen vier Goldmedaillen Hitler und Co. die Schau, die sich Siegertypen ganz anders vorstellten.

Mit seiner Heroisierung des Jesse Owens gewinnt man den Eindruck, als wollte Regisseur Stephen Hopkins zum monumentalen Olympia-Film von Leni Riefenstahl in propagandistische Konkurrenz treten. Die deutsche Regisseurin taucht als Filmfigur – gespielt von der Holländerin Carice van Houten – alle naselang auf, und gemeinsam mit dem deutschen Weitspringer Carl „Luz“ Long (David Kross), der Owens mit einem Taschentuch als Absprungmarke mit zum Gold verhalf, ist sie eine der wenigen Deutschen, die nicht als Karikatur auftreten. Joseph Goebbels, sonst ein redegewandter Mann, wird hier zum Schweigen gebracht. Denn die Riefenstahl spricht für ihn.

In anderen heiklen Dingen ist der zum Teil im Berliner Olympiastadion gedrehte Film indes um Differenzierung bemüht. Während der vom Kanadier Stephan James gespielte Owens nach dem Training in seiner Heimat die Umkleidekabine verlassen muss, sobald weiße Sportler auftauchen, wundert er sich, dass es im deutschen olympischen Dorf keine Rassentrennung gibt. Hier fühlt er sich wohler als in den USA. Das tat auch Avery Brundage (Jeremy Irons), der sich als Mitglied des nationalen olympischen US-Komitees gegen einen Boykott der Spiele aussprach und dafür von Goebbels mit dem Auftrag zum Bau der deutschen Botschaft in Washington belohnt wurde.

Traditionell öde sind auch Sportlerbiografien. Nimmt man den Film zum Maßstab, wäre Owens nie zu Gold gelaufen: Er kommt nur langsam aus den Startlöchern, nimmt nie richtig Fahrt auf und stolpert über die Historie ins Ziel.                 H. Tews


S. 10 Geschichte & Preussen

Das erste direkt übertragene Schiffsunglück
Vor 60 Jahren sank das italienische Passagierschiff »Andrea Doria« nach einer Kollision mit der schwedischen »Stockholm«

Vor den Augen der amerikanischen Fernsehzuschauer sank der italienische Luxusliner „Andrea Doria“ am 26. Juli 1956 nach der Kollision mit dem schwedischen Passagierschiff „Stockholm“ auf den schwarz-weißen Bildschirmen. Es war das erste große Schiffsunglück, das direkt übertragen wurde. Die Katastrophenberichterstattung hatte ihren Weg direkt in die Wohnzimmer gefunden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden weltweit wieder neue Luxusschiffe in Auftrag gegeben. Die Reederei Italia schickte im Januar 1953 die „Andrea Doria“, benannt nach einem genuesischen Admiral, auf der Transatlantikroute zwischen Genua und New York auf Jungfernfahrt. Sie war die erste Repräsentantin des ultramodernen Nachkriegsdesigns mit stromlinienförmigem Aussehen, einem flachen Schornstein und sehr elegantem Interieur. Es gab im Heck auf drei verschiedenen Decks stufenartig angelegt drei verschiedene Schwimmbäder – für jede Klasse eins – und für Kunstwerke und Ausstattungsdekor, darunter auch eine lebensgroße Bronzestatue des Admirals, wurden über eine Million US-Dollar ausgegeben. Die „Andrea Doria“ war ein beliebtes, fast immer ausgebuchtes Schiff, das gerade die 100. Überfahrt vollbracht hatte. Mit ihrem doppelwandigen Rumpf und den wasserdichten Schotten galt sie als sehr sicheres Schiff.

Auf ihrer letzten Reise von Genua nach New York befanden sich 1134 Passagiere und 572 Besatzungsmitglieder an Bord. Am Abend des 25. Juli 1956 war die „Andrea Doria“ ihrem Ziel schon sehr nah, als sie vor der amerikanischen Küste bei Nantucket in ein dort nicht unübliches Nebelgebiet kam. Von New York aus fuhr das kleinere Passagierschiff „Stockholm“ der Svenska Amerika Linien (SAL) auf dem Weg zurück nach Göteborg in die Nebelbank ein. Beide Schiffe hatten Radargeräte an Bord, die den Kollisionskurs anzeigten, es wurden jedoch keine Funksprüche gewechselt. So kam es zu einer schweren Fehleinschätzung, da beide den Ausweichkurs so wählten, dass sie noch näher aufeinander zusteuerten. Auch das letzte Ausweichmanöver – ein weiterer Kurswechsel der „Stockholm“ und die Beschleunigung der „Andrea Doria“ – brachte die Schiffe noch enger auf Kollisionskurs. Gegen 23.10 Uhr rammte die „Stockholm“ mit ihrem für die Eisfahrt verstärkten Bug die „Andrea Doria“ mittig längsseits und schnitt sie auf zwölf Metern Tiefe auf. Dabei wurden nicht nur die Kabinen, sondern auch leere Treibstofftanks und wasserdichte Abteilungen beschädigt, sodass das Schiff sofort in eine Schieflage kam. Der Bug der „Stockholm“ war schwer zerstört und riss die „Andrea Doria“ beim Lösen noch weiter auf. Diese lief nach der Kollision noch zwei Seemeilen weiter, bis sie zum Halten kam. Erst durch die sofort abgesetzten SOS-Rufe wurde auf beiden Schiffen der Name des jeweiligen Kollisionsgegners bekannt.

Auf der „Andrea Doria“ war durch die schwere Schlagseite innerhalb kürzester Zeit klar, dass das Schiff evakuiert werden musste. Es waren zwar ausreichend Rettungsboote an Bord, allerdings konnten diese nur auf einer Seite genutzt werden. Im Gegensatz zum Untergang der „Titanic“ befanden sich jedoch mehrere Schiffe in nächster Nähe und konnten so mit den eigenen Rettungsbooten unterstützen. Das französische Passagierschiff „Île de France“ erhellte mit seiner Außenbeleuchtung die Unglücksstelle und nahm viele Passagiere und Besatzungsangehörige auf, ebenso die „Stockholm“ und weitere Schiffe. So konnten 1662 gerettet werden, aber 55 starben, davon sechs auf der „Stockholm“. Ein kleines Wunder war das Überleben der 14-jährigen Linda Morgan, die bei der Kollision aus ihrer Kabine auf der „Andrea Doria“ auf die „Stockholm“ geschleudert wurde und dort später verletzt zwischen den Trümmern gefunden wurde. Die „Andrea Doria“ neigte sich immer weiter auf die Seite und sank langsam. Am 26. Juli 1956 um 10.09 Uhr funkte die US Coast Guard den offiziellen Nachruf. Der US-amerikanische Journalist Harry Trask gewann 1957 mit seinem vom Flugzeug aus aufgenommen Foto vom Untergang den Pulitzer-Preis.

Nach der Rettung kam es in New York zu Anhörungen über den Unfallhergang, um nach den Verantwortlichen zu suchen. Unerwartet gab es dann eine außergerichtliche Einigung: Beide Reedereien hatten ihre eigenen Schäden zu tragen, der bei der „Andrea Doria“ immerhin 30 Millionen US-Dollar betrug. Außerdem zahlten sie in einen Opfer-Fonds ein. Allerdings wurde festgestellt, dass auf der „Andrea Doria“ nicht nach den üblichen Kollisionsverhütungsregeln gehandelt worden war und sie zu schnell im dichten Nebel unterwegs war. Auch waren die leeren Brennstofftanks nicht mit Meerwasser geflutet, wodurch die sofortige Schlagseite und das Kentern begünstigt wurden. Später wurde mehrfach versucht, aus dem Schiff noch Wertsachen zu bergen, darunter waren ein fast leerer Tresor, die Schiffsglocke und die Statue des namengebenden Admirals. Das Tauchrevier in etwa 70 Metern Tiefe gilt jedoch als gefährlich, und im Laufe der Jahre starben 16 Taucher.

Die „Stockholm“ konnte New York mit schwer zerstörtem Bug aus eigener Kraft erreichen. Nach der Reparatur fuhr sie noch bis 1959 für die Svenska Amerika Linien und wurde danach an die VEB Deutsche Seereederei verkauft. Als „Völkerfreundschaft“ mit Heimathafen Rostock war sie von 1960 bis 1985 für etwa 300000 Passagiere ein zeitweiliges Zuhause auf hoher See. Während der Kuba-Krise im Oktober 1962 passierte die „Völkerfreundschaft“ als einziges Schiff die US-Blockade und wurde danach im Hafen von Havanna gefeiert. Der bekannte DDR-Fernsehkapitän Gerd Peters begann 1963 seine nautische Ausbildung auf dem Schiff und musterte dort bis 1981 immer wieder als Offizier und Kapitän an. Nach dem Verkauf wechselte es die Namen ebenso oft wie die Reedereien. Verwendungen als Unterkunft für Asylanten in Norwegen, Ausstellungsschiff in Lissabon und Beschlagnahmung in Marseille wegen Insolvenz folgten, aber auch erneute Charter-Kreuzfahrten. 2016 ist die ehemalige „Stockholm“ unter dem Namen „Astoria“ wieder in Fahrt und kann als eines der dienstältesten Kreuzfahrtschiffe der Welt den 68. Geburtstag feiern. Geradezu makaber mutet an, dass das Schiff, welches das bis dahin größte und schnellste Passagierschiff der Flotte Italiens versenkte, zeitweise (1993–2000) den Namen „Italia I“ beziehungsweise „Italia Prima“ trug.       Britta Heitmann


Preußisch-britisches Rennen von Berlin nach Jüterbog
Vor 175 schlug August Borsigs erste Lokomotive das 1A1-Modell des englischen Marktführers Robert Stephenson and Company

Vor 175 Jahren siegte die erste funktionsfähige preußische Lokomotive aus der Maschinenfabrik von August Borsig in einem spektakulären Wettrennen von Berlin nach Jüterbog über ein Modell von Stephenson und zerstörte dadurch den Mythos von der englischen Überlegenheit im Dampflokbau.

Mit Beginn der industriellen Revolution wuchs in Preußen schlagartig der Bedarf an Dampfmaschinen für die vielen Öl- und Sägemühlen sowie Textilfabriken und Zuckersiedereien. Hierin erkannte der frühere Breslauer Zimmermann und nunmehrige Maschinenbauer August Borsig seine große unternehmerische Chance und handelte dementsprechend. Unter Einsatz sämtlicher Ersparnisse in Höhe von 8500 Talern kaufte er im November 1836 ein Gewerbegrundstück vor dem Oranienburger Tor in Berlin, um dort die Maschinenbauanstalt und Eisengießerei A. Borsig zu etablieren. Diese begann zum 1. Januar 1837 mit der Produktion von 116200 Schrauben für die Gleisanlagen der Berlin-Potsdamer Eisenbahn. Das hierzu erforderliche Startkapital stammte vor allem vom wohlhabenden königlichen Hofkleidermacher Johann Simon Freytag, weil die Banken dem 32-jährigen Firmengründer keinen Kredit gewähren wollten.

Anschließend ging Borsig, der ab dem 22. Juli 1837 auch über eine eigene Eisengießerei verfügte, zum Bau der so sehr nachgefragten Dampfmaschinen über. Außerdem kümmerte er sich nebenher noch um die Reparatur oder Wartung der britischen beziehungsweise US-amerikanischen Lokomotiven, die damals in Preußen im Einsatz waren. In diesem Zusammenhang studierte Borsig deren Konstruktion sowie die während des Betriebes zutage getretenen Mängel. Dabei interessierten ihn vor allem die beiden dreiachsigen Modelle von William Norris aus Philadelphia namens „Prussia“ und „Amerika“. Sie galten als recht zuverlässig, konnten aber aus Borsigs Sicht durchaus noch verbessert werden.

Deshalb entwickelte der später von einigen Wirtschaftshistorikern als „preußischer Japaner“ Apostrophierte eine eigene Lokomotive, indem er diverse wohlüberlegte Änderungen an den Norris-Typen vornahm, ansonsten jedoch Bewährtes aufgriff. Heraus kam dabei 1840 die „A. Borsig“ mit deutlich verlängertem Kessel sowie optimierter Anordnung der Achsen und Antriebszylinder. Bei dieser Kreation handelte es sich um die zweite in Deutschland erdachte, gefertigte und dann auch zum Einsatz gekommene Lokomotive – nach der „Saxonia“ des Dresdner Professors Andreas Schubert – und die erste, die in Preußen entstand, weil frühere Versuche gescheitert waren. So wollten die Bergbeamten Carl Heinrich Eckardt und Johann Fried­rich Krigar in der Königlichen Eisengießerei englische „Dampfwagen“ mit Zahnradantrieb nachbauen, stolperten aber zwischen 1816 und 1834 über die zahlreichen Tücken der Technik. Genauso erging es später Ludwig Kufahl, dessen Eigenkonstruktion trotz erteilter Betriebsgenehmigung als Fehlschlag galt.

Dahingegen war Borsigs Lokomotive überaus gelungen. Sie verbrauchte deutlich weniger Wasser und Brennmaterial als die ausländische Konkurrenz, konnte jedoch mehr Kraft auf die Schienen übertragen. Des Weiteren brillierte die Lok mit ihrer hohen Fahrstabilität, die aus der zusätzlichen Stützachse unter dem schweren Stehkessel resultierte. Ein entscheidender Vorteil war zudem die Möglichkeit der Befeuerung mit Holz – dadurch ließ sich viel von der teuren englischen Steinkohle einsparen. Außerdem schätzten die Maschinisten die „A. Borsig“ wegen der leichten Feuer- und Dampfhaltung sowie der unkomplizierten Umsteuerung des Antriebs während der Fahrt.

Um die trotzdem noch zögerlichen preußischen Bahnen zu überzeugen, die bei der Anschaffung von Lokomotiven lieber auf Altbekanntes setzten, schlug Borsig vor, ein Wettrennen zwischen seiner Konstruktion und einem 1A1-Modell des englischen Marktführers Robert Stephenson and Company zu veranstalten. Unverbürgten Berichten zufolge soll der Unternehmer das Angebot im direkten Gespräch mit dem damals neuen König Friedrich Wilhelm IV. gemacht haben. Jedenfalls zeigte sich der Monarch klugerweise bereit, dem einheimischen Produkt eine Chance zu geben.

Daraufhin fand am 21. Juni 1841 die erste Probefahrt der Borsig-Lok auf einer Teilstrecke der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn-Gesellschaft zwischen Berlin und Großbeeren statt. Diese verlief ohne jeden Zwischenfall, weshalb die „Vossische Zeitung“ hernach voller Euphorie schrieb, mit der Demonstration der Funktionstüchtigkeit der „Vaterländischen Lokomotive“ sei „denn nun der Beweis geliefert, daß wir die Lokomotive nicht übers Meer zu holen haben, und eine Fabrik unserer Vaterstadt (Berlin) hat sich den Ruhm erworben, uns in dieser Beziehung völlig zu emancipieren.“ Kurz darauf, am 1. Juli, war die eingleisige Strecke zwischen dem Anhalter Bahnhof und Jüterbog fertiggestellt, so dass die Wettfahrt über 68 Kilometer oder neun preußische Meilen führen konnte.

Das Spektakel startete in der Frühe des 24. Juli 1841. Zuvor durchlebte die Borsigsche Truppe freilich noch einige höchst bange Momente, denn ihre Lokomotive streikte plötzlich. Schließlich fanden der Konstrukteur und sein Werkmeister Müller die Ursache. Entweder handelte es sich dabei um einen zu fest gespannten Antriebskolben oder um lose sitzende Bolzen in der Schiebersteuerung – die Quellen vermelden hierzu Widersprüchliches. Auf jeden Fall roch das Ganze sehr nach Sabotage seitens der Konkurrenz. Andererseits gewährte der englische Lokführer Robson den Deutschen dann in höchst sportsmännischer Manier zehn Minuten Vorsprung. Doch die Dampflok aus Preußen kam nicht etwa nur um diese Zeitspanne eher in Jüterbog an, sondern lag am Ziel sogar 20 Minuten vor dem Gegner von der Insel, was der persönlich anwesende Stephenson mit ungläubigem Erstaunen quittierte.

Durch diesen grandiosen Sieg, der ihm den Roten-Adler-Orden IV. Klasse eintrug, begründete Borsig seinen Ruf als „Lokomotiv-König von Berlin“. Naheliegenderweise kaufte die Berlin-Anhaltische Eisenbahn-Gesellschaft nun das Gefährt, das sich dergestalt blendend bewährt hatte. Dem folgte der kometenhafte Aufstieg des Borsigschen Unternehmens zum Fast-Monopolisten in Preußen. So stammten 1854 bereits 67 der 69 von den verschiedenen Bahnunternehmen im Königreich erworbenen Lokomotiven aus dem Werkskomplex in der Chausseestraße, der im Volksmund bald nur noch „Feuerland“ hieß.      

                Wolfgang Kaufmann


S. 11 Geschichte & Preussen

Dreiteilung statt Habsburgs Hegemonie
Mit dem Vorfrieden von Nikolsburg versuchte Napoleon III. nach der Schlacht von Königgrätz, die Trias-Idee zu verwirklichen

Zum einen wünschte Preußens Ministerpräsident Otto von Bismarck eine Einmischung der anderen, nichtdeutschen Großmächte in den Deutschen Krieg zu vermeiden. Zum anderen betrachtete er den Bruderkrieg als einen Kabinettskrieg und verfolgte keine Kriegsziele, die einem Verständigungsfrieden mit Österreich im Wege standen. Das waren gute Voraussetzungen für einen schnellen Friedensschluss nach der von Preußen gewonnenen Entscheidungsschlacht von Königgrätz.

„Wenn wir nicht übertrieben in unseren Ansprüchen sind und nicht glauben, die Welt erobert zu haben, so werden wir auch einen Frieden erlangen, der der Mühe wert ist. Aber wir sind ebenso schnell berauscht wie verzagt, und ich habe die undankbare Aufgabe, Wasser in den brausenden Wein zu gießen und geltend zu machen, dass wir nicht allein in Europa leben, sondern mit noch drei Mächten, die uns hassen und neiden“, schrieb Bismarck sechs Tage nach der Schlacht von Königgrätz an seine Ehefrau.

Das mit dem Hass und dem Neid war schon ein wenig übertrieben, aber in der Tat waren die drei am Krieg nicht beteiligten Großmächte Großbritannien, Russland und Frankreich darauf bedacht, dass die Gewichtsverschiebung im internationalen Gleichgewicht durch den preußischen Sieg bei Königgrätz (siehe PAZ Nr. 26) eben dieses europäische Gleichgewicht der Großmächte nicht destabilisierte und sie selber marginalisierte.

Eine besondere Rolle spielte dabei Frankreich, dass seit der Niederlage Russlands im Krimkrieg die vorherrschende Macht auf dem Kontinent war. Ähnlich wie sein Onkel Napoleon I. legitimierte Napoleon III. seine Herrschaft nicht mit dem Gottesgnadentum, sondern mit der Zustimmung des Volkes und sah sich deshalb mit der permanenten Notwendigkeit konfrontiert, seine Franzosen mit immer neuen außenpolitischen Erfolgen bei Laune zu halten, was zu einer entsprechend interventionistischen Außenpolitik führte. Bismarck wusste, dass sollte es Napoleon III. gelingen, sich auch in den Deutschen Krieg einzumischen, Preußen bei Friedensverhandlungen mit Österreich nicht nur dessen Interessen, sondern auch denen Frankreichs Rechnung zu tragen hatte.

Seinem Versuch, möglichst schnell zu einer Verständigung mit dem Verlierer von Königgrätz zu kommen, stand Bismarck nicht zuletzt sein eigener König im Wege. Wenn der Ministerpräsident in dem obigen Zitat kritisiert, dass „wir“ „ebenso schnell berauscht wie verzagt“ seien, meinte er damit an erster Stelle Wilhelm I. Im Rückblick spottete Bismarck später, dass es seine beiden größten Schwierigkeiten gewesen seien, seinen Herren erst nach Böhmen hinein- und ihn dann wieder herauszubekommen. Er meinte damit, dass der Souverän erst das Kräftemessen mit der zweiten deutschen Großmacht nicht wagen, aber nach dem Sieg von Königgrätz den Krieg nicht ohne einen Einzug in Wien und einen Siegfrieden beenden wollte. Erst vom Monarchen nicht recht gewollt, war der Krieg nach Königgrätz nun ein vermeintlich gerechter, der mit einer „Züchtigung“ des Gegners zu enden habe. Als „Zuchtmittel“ schwebten dem Hohenzoller erhebliche Landabtretungen des Habsburgerreiches und seiner Verbündeten an Preußen vor. In diesem Falle von Militär wie Kronprinz unterstützt setzte sich Bismarck einmal mehr letztlich gegen Wilhelm I. durch.

Bismarck hatte jedoch kaum eine Chance, Napoleon III. draußen zu halten, denn dieser brauchte sich gar nicht erst ungefragt einzumischen. Das übernahmen die Österreicher für ihn. Wie schon vor dem Kriegsausbruch beim österreichisch-fran­zö­si­schen Geheimvertrag vom 12. Juni 1866 (siehe PAZ Nr. 22) warfen sie sich auch im Krieg hilfesuchend an die Brust des Franzosen. Schon einen Tag vor der Niederlage von Königgrätz hatte der österreichische den französischen Kaiser um Vermittlung gebeten. Drei Tage später sah sich Preußen mit Napoleons Vermittlungsangebot konfrontiert.

Die Preußen schlossen es nicht aus, nötigenfalls nicht nur gegen Österreich, sondern auch noch gegen Frankreich Krieg zu führen. Für diesen Fall setzte Bismarck auf ein Bündnis mit dem Nationalismus. Er hätte versucht, die deutsche Nationalbewegung gegen Frankreich und die ungarische Nationalbewegung gegen Österreich zu mobilisieren. Aber entsprechende Planungen waren für den Worst Case, also den schlimmstmöglichen Fall, vorgesehen. Erst einmal ging Preußen auf Napoleons Vermittlungsangebot ein. Damit war der Kaiser der Franzosen im Boot und Frankreichs Interessen von großer Bedeutung für den Fortgang der Friedensverhandlungen zwischen den beiden deutschen Großmächten.

Am 22. Juli 1866 wurde eine fünftägige Waffenruhe beschlossen, um im preußischen Hauptquartier in der südmährischen Stadt Nikolsburg Friedensverhandlungen zu führen. Diese mündeten in den preußisch-österreichischen Vorfrieden von Nikolsburg vom 26. Juli 1866. Der Präliminarfrieden spiegelt primär die Interessen des Siegers Preußen und des Vermittlers Frankreich wider und sekundär jene Österreichs.

Preußens größter Kriegsgewinn bestand darin, dass Österreich nicht nur auf die Hegemonie in Deutschland verzichtete und die Auflösung des von ihm geführten Deutschen Bundes anerkannte, sondern darüber hinaus einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne seine Beteiligung zustimmte. Der Kaiserstaat wurde dafür nicht nur bei den finanziellen Kriegsentschädigungsleistungen, sondern auch bei den Landabtretungen weitgehend geschont. Der Streit um den gemeinsamen Gewinn aus dem Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 war ein Anlass für den Ausbruch des Krieges zwischen Preußen und Österreich gewesen, und so musste das Habsburgerreich auf seine Ansprüche auf diesen Gewinn zugunsten Preußens verzichten. Von Venetien hatte die Donaumonarchie schon zuvor als Preis für Napoleons Vermittlung gelassen. Die Provinz wurde an Italien weitergereicht und Preußen verpflichtete sich, auf seinen italienischen Verbündeten einzuwirken, dass er dem Vorfrieden zustimmt.

Auf Frankreichs Drängen ging es zurück, dass das siegreiche Preußen sich bei der Ausweitung nicht nur seines Territoriums, sondern auch seiner Interessensphäre auf den Teil Deutschlands nördlich des Mains beschränkte. Auch wurde auf französischen Wunsch hin im Nikolsburger Vorfrieden die Trias-Idee wieder aufgegriffen, sprich die Dreiteilung Deutschlands in Preußen mit seiner polnischen Minderheit, Österreich mit seinen diversen nichtdeutschen Minoritäten und das sogenannte dritte oder reine Deutschland der deutschen Mittel- und Kleinstaaten. Klassischerweise wird diese Idee in den größeren deutschen Mittelstaaten vertreten, nicht zuletzt in der Hoffnung, dass das eigene Königreich dieses „dritte“, „reine“ Deutschland leiten könnte. Doch auch unter den Franzosen, die Deutschland so sehr „lieben“, dass sie froh sind, wenn es mindestens drei davon gibt, hat diese Idee traditionell ihre Anhänger. In der napoleonischen Zeit wurde sie mit Preußen, Österreich und dem Rheinbund verwirklicht. Napoleon III. hoffte nun auf eine Neuauflage dieser Idee mit Österreich, dem von Preußen angestrebten Norddeutschen Bund und einem irgendwie gearteten süddeutschen Bund, von dem die Franzosen hofften, dass er zustande komme. So hatte sich Preußen im Vorfrieden von Nikolsburg ausdrücklich damit einverstanden erklären müssen, dass die südlich der Linie des Mains „gelegenen deutschen Staaten in einen Verein zusammentreten“.

Frankreich und Österreich überließen also Deutschland nördlich der Mainlinie Preußen. Der preußische Kriegssieger machte daraufhin in diesem Teil Deutschlands Tabula rasa nach dem Grundsatz: Die Verbündeten Österreichs werden annektiert, die eigenen Alliierten in den nun zu gründenden Norddeutschen Bund genötigt. Eine Ausnahme bildete das gleichfalls nördlich der Mainlinie gelegene Sachsen. Auf Betreiben Franz Josephs und Napoleons hin, die sich für das Königreich verwendeten, wurde es nicht wie die anderen Verbündeten Österreichs annektiert, sondern wie ein Verbündeter Preußens Mitglied des Norddeutschen Bundes.

Typisch für den Einfluss Napoleons, der bei internationalen Fragen gerne das demokratische Mittel des Plebiszits ins Spiel brachte, ist die Schluss des Schleswig-Holstein betreffenden Artikels III des Vorfriedens von Nikolsburg, in dem es heißt, „daß die Bevölkerungen der nördlichen Districte von Schleswig, wenn sie durch freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen geben, mit Dänemark vereinigt zu werden, an Dänemark abgetreten werden sollen“.

Als Napoleon Macht und Krone im Deutsch-Französischen Krieg längst verloren hatte, kamen die immer noch regierenden Wilhelm und Franz Joseph überein, diese Volksbefragung zu unterlassen. Diese Unterlassung war eine Unterlassungssünde. Ohne sie wäre es 1920 den Siegern des Ersten Weltkrieges nicht so leicht möglich gewesen, unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker die heute noch gültige Staatsgrenze südlich der Volkstumsgrenze zu ziehen.      

                Manuel Ruoff


Ein gebürtiger Kasseler gründete Reuters
Mit dem Einsatz von Brieftauben zwischen Aachen und Brüssel fing der Aufstieg des Nachrichtenagentur-Gründers an

Dass Reuters (bis zur Übernahme durch Thomson) die größte internationale Nachrichtenagentur der Welt war, dürfte bei vielen zum Allgemeinwissen gehören. Schon weniger bekannt dürfte sein, dass der Gründer ein gebürtiger Kasseler war. Er wurde als Israel Beer Josaphat am 21. Juli 1816 geboren, nahm nach seiner Konversion zum Christentum im Jahre 1845 den Namen Paul Julius Reiter an und wurde 1871 durch den Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha zum Freiherrn sowie zwei Jahre darauf von dessen Schwägerin Victoria zum Baron ernannt.

Der Sohn eines jüdischen Händlers und Rabbiners fing im Geschäft eines Onkels an, absolvierte eine Banklehre, heirate eine Bankierstochter und kaufte sich 1847 in eine Buchhandlung ein. Während der 48er Revolution floh der Publizist als aufrührerisch geltender Schriften nach Paris. Dort arbeitete er als Nachfolger des späteren Gründers der ersten deutschen Nachrichtenagentur, Bernhard Wollf, als Übersetzer in der französischen Nachrichtenagentur Agence Havas. Reuter hatte die Branche gefunden, in der ihm schließlich der wirtschaftliche Durchbruch gelang.

Reuter zeichnete sich durch Geschäftstüchtigkeit sowie durch Pfiffigkeit bei der Nachrichtenübermittling aus. Nachdem die erste Berliner Drahtleitung nach Aachen eingerichtet und die preußische Regierung sie für den Privatverkehr freigegeben hatte, erkannte Reuter die Marktlücke, welche die Übermittlungslücke Aachen–Brüssel zwischen den Telegraphenlinien Berlin–Aachen und Brüssel–Paris darstellte. 1850 richtete er auf der rund 140 Kilometer langen Strecke zwischen den beiden Städten einen regelmäßigen Brieftauben-Dienst ein.

Schon früh hatten Reuter elektrische Experimente interessiert. Bereits während seiner Banklehre in Göttingen hatte er Carl Friedrich Gauß und dessen Versuche mit elektrischen Übertragungsmöglichkeiten kennengelernt. Ähnlich wie der preußische Generalstabschef Helmuth von Moltke das militärische erkannte Reuter das wirtschaftliche Potenzial der Telegrafie. Als gelernter Banker spezialisierte er sich dabei verständlicherweise mehr auf die Übermittlung von Wirtschafts- als von politischen Meldungen. Nachdem Großbritannien 1850 durch ein Seekabel von Calais nach Dover an das kontinentale Netz angeschlossen war, ließ Reuter sich endgültig in London nieder, dessen Bedeutung als Welthandelsplatz er richtig erkannte. Er gründete 1851 das „Telegraphic Office“ aus dem über „Continental Telegraph“ und „Mr. Reuter’s Office“ schließlich 1865 „Reuter’s Telegram Company“ wurde. 1857 nahm er die britische Staatsangehörigkeit an.

Ab 1865 betrieb Reuter zwischen Großbritannien und Deutschland sogar ein eigenes Seekabel. 1869 ließ er das erste transatlantische Kabel zwischen Frankreich und den USA verlegen. Ob Brieftauben oder Seekabel, Reuter fielen immer wieder adäquate Mittel ein, um Nachrichtenlücken zu überbrücken und Informationen schneller zu machen. Die Welt fing schon damals an zusammenzuwachsen. Auch außerhalb Italiens, auch außerhalb Nordamerikas wollte man wissen, wie der Sardinische Krieg, wie der Amerikanische Bürgerkrieg verlief. Reuter erarbeitete sich den Ruf, schnell zuverlässige Informationen zu liefern. Das ließen sich die Wirtschaft und die Medien etwas kosten, womit Reuter wiederum ein großzügiges Korrespondenten- und Nachrichtenübermittlungsnetz aufbauen und unterhalten konnte.

1870 teilten Reuter und seine beiden stärksten Konkurrenten – die Agence Havas, für die er einst selber übersetzt hatte, sowie das von seinem Landsmann, Vorgänger bei der Agence Havas und vormaligen Glaubensbruder Bernhard Wolff 1849 gegründete Wolffsche Telegraphenbüro – den internationalen Nachrichtenmarkt unter einander auf. Reuter übernahm das Empire mit Ausnahme Kanadas sowie die Niederlande und Ostasien. Das Land seiner Geburt gehörte nicht zu Reuters Teil der Welt. Und das Unternehmen des 1899 in Nizza gestorbenen gebürtigen Deutschen mit britischem Pass wurde zum Inbegriff angelsächsischer Informationspolitik.

                M.R.


S. 12 Leserforum

Leserforum

Bestätigung

Zu: „Warum verspäten wir uns immer?“ (Nr. 24)

Bestätigung findet der Beitrag über Stalins Angriffsplanung 1941 durch den erfolgreichen Mitverteidiger von Moskau, Generalleutnant Andrej A. Wlassow (1901–1946). Im Juli 1942 war dieser als Oberbefehlshaber der durch Stalin am Wolchow verheizten 2. Stoß-Armee in Gefangenschaft geraten. Eine Befragung fand am 8. August im Offizierslager Winniza/Ukraine statt. Wlassow gegen­über saß der einstige deutsche Botschaftsrat in Moskau, Gustav Hilger (1886–1965), der aufgrund der Aussagen des späteren Oberbefehlshabers der russischen Befreiungsarmee festhielt: „Auf einen deutschen Angriff wäre die Rote Armee nicht vorbereitet gewesen. Trotz aller Gerüchte über entsprechende deutsche Maßnahmen habe in der Sowjetunion niemand an eine solche Möglichkeit geglaubt. Bei den sowjetischen Vorbereitungen habe man die eigene Offensive im Auge gehabt, dagegen seien die Defensivmaßnahmen sehr im Rückstande geblieben.“ Eingang fanden die Gesprächsnotizen im Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht.

Vincenz Oertle, Teufen/Schweiz

 

 

Ja, die USA wollen den Krieg!

Zu: Wollt ihr Krieg? (Nr. 25)

Ja, sie wollen ihn, den Krieg! Nicht Russland, sondern die USA sind der Aggressor, indem sie Europa gegen Russland aufhetzen. Doch auch Russland ist nicht der wirkliche Feind, sondern die EU mit dem Flaggschiff Deutschland. Nach dem Motto: Fuck the EU!

Wir sind den Vereinigten Staaten von Amerika zu wirtschaftsstark (mit einer Bindung zu Russland umso mehr), und wenn uns der Euro und die gezielte Flüchtlingsflut nicht kaputt machen, dann hilft wohl nur noch Krieg. Wir können nur hoffen, dass Putin die Nerven behält und keine militärischen Gegenmanöver macht, denn der kleinste Funke könnte das Desaster auslösen.

Man stelle sich nur einmal vor, die Russen würden Militärmanöver vor der US-Küste abhalten oder auf Kuba Militärbasen errichten. Ein Aufschrei ginge durch die US-gelenkte Medienlandschaft und die Politikerkaste in Europa und speziell in Deutschland.

Heute erleben wir, wie sich Geschichte doch wiederholt: Im 20. Jahrhundert war Deutschland dem „Great Britain“ ein Dorn im Auge. Also musste es zerstört werden. Heute sind die USA der „natürliche“ Nachfolger ihrer angelsächsischen Verwandten. Da bleibt nicht viel Hoffnung.

Eva-Maria Licht, Herrsching

 

 

Vermisst

Zu: Reichsbürger (Nr. 26)

Als pensionierter Polizeibeamter erfuhr ich erst vor einem Jahr von dem Buch von Daniel Prinz „Wenn das die Deutschen wüssten“ von der im Handelsrecht befindlichen Bundesrepublik Deutschland. Da es einfach zu viele Dinge gab, die in den öffentlichen Medien verschwiegen werden, lese ich auch erst seit vier Wochen die Preußische Allgemeine Zeitung.

In der Ausgabe 26 beleuchten Sie die bunte Szene der „Reichsbürger“ beziehungsweise der „Papierterroristen“. Ich vermisse leider einen Hinweis auf das Netzwerk der Staatsangehörigen und die damit verbundenen Gemeindeaktivierungen, angeführt seit 2013 von der Gemeinde Neuhaus i.W. Letztlich sind alle Aktivitäten der bisher unwissend gehaltenen Bevölkerung ein Ausdruck des Strebens nach Wiedereinführung der Staatlichkeit in Deutschland.

Wolfgang Granatowski, Wieda/Harz

 

 

Was kostet die Aufstellung eines Windrades an Energie und Geld?

Zu: Windräder

Wenn ich allerorten Windräder sehe, denke ich nicht nur an die von der Natur durch Luft(-bewegung) kostenfrei geschenkte Energie. Wir sollten auch auf Kosten und Energie schauen, die vor der ersten Kilowattstunde sogenannter Wind-Ernte investiert werden müssen. Man zähle nur die Räder der Schwerst-Transporter. Da allerdings ergeben sich Berechnungsschwierigkeiten, weil die preisgegebenen Daten kaum der Lebenserfahrung entsprechen. Man müsste das realistische Bild wie ein Kriminalist aus Mosaiksteinen zusammensetzen. Dem Wesen nach kann man das nur durch einen Aufruf herausfinden, der Spezialisten erreicht, die wahrheitsgemäß etwas zu den Einzelheiten sagen können. Danach kann man zusammenrechnen.

Was kostet der Abbau des Eisen­erzes, Verhüttung zu Roheisen, Veredelung des Roheisens zu Stahl, sogenannte Stahlkocherei, Walzen der nahtlosen Rohre, Abbau von Sand und Zement für den Spezialbeton, Abbau und Herstellung der Zuschläge für den Spezialbeton, Herstellung und Guss des Betons in die Rohrwandungen, Abflanschen der einzelnen Rohrelemente, Herstellung von Bolzen und Muttern aus Spezialstahl für die Verbindung der Rohrelemente, sinngleiche Herstellung der Flügel und deren Flansche in Spezialwalzwerken, Herstellung und Aufbringung des Anstrichs für das Windrad, Ausheben einer Baugrube für das Fundament eines über 100 Meter hohen (windexponierten) Turms, Herstellung der Armierung aus Spezialstahl für das Fundament, begleiteter Schwersttransport (Maut?) der hunderte von Tonnen schweren Einzelteile an den Standort (von der Allgemeinheit zu tragende Kosten der Verkehrsbehinderungen sind schwer quantifizierbar), Erschließung des Standorts durch fundamentierte Wege, die derartige Transporte aushalten, Aufstellen der Einzelteile mit anzutransportierenden Spezial-Groß-Kränen, Abbau des Kupfererzes für den Generator, Verhüttung des Kupfer­erzes zu Rohkupfer, Galvanisierung (Elektro-Scheidung) des Kupfers, Drahtziehen des Kupfers, Herstellung und Aufbringung der Plastik-Isolierung der Kupferdrähte, Wickeln der tonnenschweren Spulen und Anker sowie Bau des Generators, Herstellung der Notbremse für Havarie und Orkane, Montage des Generators in 100 Metern Höhe, Anbringung der Flügel, Kabel der Verbindungsstrecken im Quadratkilometer großen Windpark zum zentralen Abgabepunkt, Rekultivierungsarbeiten der hektargroßen Baustellen?

Habe ich noch etwas Wesentliches vergessen? Was also kostet realistisch die Aufstellung eines Windrades an Energie und Geld? Weiter wüsste ich gerne, wie viel Energie ein Windrad in seiner Lebensarbeitsleistung abgibt. Ein erbrachter Nutzen ist bei Zwang zu Preis-Diktat-Abnahme nur im Vergleich mit anderen Energieerzeugungen zu errechnen.

Dr. Sven von Erichsen, Lebusa

 

 

Verführer

Zu: Imam verweigert sich der Kultur (Nr. 26)

Nun hat Joachim Gauck im Zusammenhang mit dem islamischen Ramadan an einem gemeinsamen Fastenbrechen in Berlin teilgenommen. Er wollte damit ein Beispiel geben für islamisch-christliche Gemeinsamkeiten. Das muss man sich erst einmal vergegenwärtigen: Ein ehemaliger Pastor nimmt an einer außerchristlichen religiösen Handlung teil. Das könnte man als aktualisierten Baalskult betrachten, mit der Erinnerung daran, wie solch eine Religionsvermischung in der Geschichte Israels den Zorn Gottes herausgefordert hat. Als Staatsoberhaupt stellt sich Gauck an die Spitze derer, die das deutsche Volk verführen. Gauck ist der islamischen Taktik prompt auf den Leim gegangen. Es wird höchste Zeit, dass dieses Irrlicht in der Versenkung verschwindet.

Gerhard Synowzik, Stadtoldendorf

 

 

Vor dem Karren

Zu: In Bayern undenkbar (Nr. 26)

Mit einem bewusst abgesenkten Prüfungsniveau und einer damit einhergehenden weiteren Herabsetzung des Leistungsstandards in der Ausbildung ist niemanden gedient. Spätestens im Studium oder Beruf werden die Defizite deutlich. Begabte sollten eine bestmögliche breitgestreute Ausbildung erhalten. Und die weniger Begabten eine solide schulische Ausbildung, die sie befähigt, ihren Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften. Und dies bitte alles frei von „neuer Aufgaben- und Prüfungskultur“, die nichts weiter ist als das Ausleben einer politischen Ideologie. Denn „Teilhabe“ und „Gleichmacherei“ dienen letztendlich doch nur einer globalisierten Wirtschaft, die jederzeit austauschbare „Arbeitsbienen“ und „Konsumenten“ in ihrem Laufrad benötigt. Und ja, je weniger gebildet der treue deutsche Michel ist, umso besser lässt er sich vor den Karren dieser sogenannten Eliten spannen, die nur das Beste für Deutschland und Europa im Sinn haben.

Barbara Kanwischer, Braunschweig


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Der »Tanzende Wald« stirbt
Flache Wurzeln und fotowütige Touristen haben die krummen Bäume der Kurischen Nehrung geschädigt

Der „Tanzende Wald“ auf der Kurischen Nehrung ist ein beliebter Ausflugsort zwischen Pillkoppen und Rossitten. Weil Besucher sich nicht an die Absperrung halten und auf der Jagd nach Fotomotiven auf die Bäume klettern, droht ihnen das Absterben.

Die Kurische Nehrung ist ein Nationalpark von Weltbedeutung, auf dessen Gelände sich viele Orte in einer malerischen und einzigartigen Landschaft finden. Sie zieht viele Touristen an. Ein solcher Ort, der noch gar nicht so lange öffentlich zugänglich ist hat große Bekanntheit weit über die Grenzen Königsbergs hinaus erlangt: Dort präsentiert sich das seltsame Phänomen, dass die Stämme von Bäumen auf einem bestimmten Waldstück der Kurischen Nehrung kreisförmig gewachsene Stämme haben. Der Abschnitt wird liebevoll „Tanzender Wald“.genannt.

Das Waldstück, das Anfang der 1960er Jahre angepflanzt wurde, befindet sich auf der Düne zwischen den Orten Rossitten und Pillkoppen, wo sich auf dem Schwarzen Berg bis zum Krieg eine Segelflugschule befunden hat. Für die Bildung dieser Anomalien gibt es verschiedene Hypothesen. Neben einem Chemieunfall oder bakteriologischer Verseuchung wurden auch Strahlungen, das Erdmagnetfeld und sogar außerirdische Einflüsse dafür verantwortlich gemacht. Als realistisch wird jedoch angenommen, dass die jungen Triebe der Bäume durch Schmetterlingsrauben beschädigt wurden, die sich von dem oberen Teil der wachsenden Stiele ernährten und dadurch deren Form veränderten.

Vor einigen Jahren wurde auf der Höhe von Kilometer 37 der Kurischen Nehrung eine 800 Meter lange Fußgängerroute eingerichtet, die sofort viele Besucher anzog. Der Touristenansturm, ei-nerseits ein Segen für die Region, hat jedoch zur nachhaltigen Schädigung der fragilen Bäume geführt. Der Lieblingsbaum der Touristen ist abgestorben. Spezialisten der Nationalparkverwaltung haben festgestellt, dass das Wurzelsystem der Bäume und ihre Rinde beschädigt wurden. Schuld seien Touristen, die über die Zäune klettern, welche die Bäume schützen sollen, und so irreparable Schäden verursachten. Sie setzten sich auf die Bäume, berührten sie und versuchten, sich durch den Ring zu quetschen. Ein weiterer kreisförmiger Baum lebt noch. Sechs abgestorbene Bäume mussten gefällt werden.

Ökologen haben wiederholt darauf hingewiesen, dass der „Tanzende Wald“ äußerst empfindlich auf äußere Einflüsse reagiert, da die Wurzeln der Bäume fast an der Oberfläche liegen. Um den direkten Kontakt zwischen Touristen und Bäumen zu verhindern, wurde ein neuer Fußweg angelegt und der Zaun versetzt. Das hält viele Besucher allerdings kaum davon ab, sich vor der bizarren Kulisse der Bäume fotografieren zu lassen.  Nur wenige können der Versuchung widerstehen, ein „Selfie“ mit dem Smartphone zu machen.

Die Parkverwaltung beklagt den Mangel an Mitteln, um Personal einzustellen, das die Bäume schützt. Dennoch ist geplant, bald schon die Route zum „Tanzenden Wald“ zu überwachen.

                Jurij Tschernyschew


Gut besuchte Militärschau in Osterode
Im Vorfeld des Nato-Gipfels stellte Polen auch im südlichen Ostpreußen seine Verteidigungsfähigkeit unter Beweis

Vergangenen Monat fand in Osterode die Messe  „Pro Defense“ statt. Die viertägige Veranstaltung konnte 35000 Besucher aus ganz Polen verbuchen. Der polnische Verteidigungsminister Antoni Macierewicz eröffnete die Ausstellung, die von der Pro-Verteidigungsorganisationund dem Pfadfindertreffen der polnischen  Klassen aus dem ganzen Land begleitet wurde.

Es war die erste Veranstaltung in Polen, deren Thema die Verteidigung war. Auf der Messe wurde die modernste militärische Ausrüstung vorgestellt. Die Besucher hatten die Möglichkeit, unter anderem den deutschen Panzer „Leopard“ 2A4 und 2A5 in polnischem Dienst, den polnischen Panzer PT-91 „Hart“, die Schützenpanzer „Vielfraß“ und BWP-1 sowie den Militärgeländewagen M-ATV MRAP kennenzulernen.

Ihre Ausrüstung zeigte auch die polnische Luftwaffe. Sie stellte unter anderem die Drohnen wie Orbiter v. 2014, BSL Fly Eye, das unbemannte fliegende System E-310 und ihr bemanntes Pendant SW-4 „Kauz“ vor. Auch die Marine nahm teil. Obwohl die großen Militärschiffe in den Häfen an Ort und Stelle bleiben mussten, stellte die Marine Fahrzeuge wie das Boot Zodiac FC-470, das automatische Unterwasserfahrzeug GAVIA und weitere zur Schau.

Neben der Besichtigung und Vorträgen über Waffen und Ausrüstung hatte jeder Besucher die Möglichkeit, die zahlreichen Simulatoren wie den Rollsimulator, den 3D-Fahrsimulator oder den Simulator der Flugabwehr auszuprobieren.

Die Besucher konnten sich auch wie ein Sanitäter auf dem Schlachtfeld fühlen, indem sie den anatomischen Tisch SECTRA oder das Zubehör der Höhenrettung PILOT F-16 benutzten. Für diejenigen, die sich mehr für Waffe interessieren, befanden sich Schießtrainer wie Cyclops 5S in jeder Ausstellungshalle. Die Bewunderer der Robotik hatten die einzigartige Gelegenheit, den Roboter Expert K 04 kennenzulernen.

„Pro Defense“ bot nicht nur die Möglichkeit, das Sortiment der polnischen Rüstungsindustrie in Augenschein zu nehmen. Die Ausstellung ermöglichte auch, das  eigene Wissen über die Zusammenarbeit der Pro-Verteidigungsorganisationen mit der Armee zu erweitern. Dieses Thema wurde während des Kongresses der Pro-Verteidigungsorganisationen sowie bei einer wissenschaftlichen Konferenz unter dem Titel „Die Rolle der Pro-Verteidigungsorganisationen im System der Staatssicherheit“ breit diskutiert.

Die zahlreichen Schauen der am besten ausgebildeten Spezialeinheiten der polnischen Armee begleiteten diese Veranstaltung. Während des ersten Tages hatten die Messebesucher die Möglichkeit, unter anderem die Spezialeinheiten der Kampftaucher „Formosa“ und der Seerettung zu beobachten, die auf dem See Sajmino stattfand. Außerdem wurde die Befreiung von Geiseln aus einem Bus durch die besondere Abteilung der Militärpolizei vorgestellt.

Gleichzeitig führten die Studenten ihr Programm vor, die sich in Osterode auf dem Gebiet der Roten Kasernen bei der Versammlung der Klassen trafen. Sie vertraten die Schulen aus den Ortschaften der östlichen polnischen Provinzen. Das Jugendtreffen in Osterode bot den Jugendlichen die Möglichkeit, ihr Wissen über die Ausbildung, Handlungsoptionenen, Taktik, die Organisation und die Nutzung der neuesten technologischen Errungenschaften des Militärs zu erweitern. Während des Treffens konnten die Teilnehmer die vielen Arten von Waffen und den Charakter des Dienstes in den einzelnen militärischen Einheiten kennenlernensowie Informationen über die Anforderungen und die Qualifikationen gewinnen, die erforderlich sind für eine berufliche Karriere beim Militär. Als Ergänzung des theoretischen Wissens diente ein intensives Programm der polygonalen Praxis, die auf den Trainingspunkten durchgeführt wurde.

Den großen Besucherandrang werteten die Organisatoren als großen Erfolg dieser Veranstaltung. Er zeige das große Interesse an dem Thema der Pro-Verteidigung in der polnischen Gesellschaft.. Leszek Chaburski


MELDUNGEN

Doppelstaatler benachteiligt

Allenstein – Etwa 1400 Beamte, elf Dienststellen und 190 Kilometer polnisch-russische Grenze, so sieht in Zahlen die Ermländisch-Masurische Abteilung des Grenzschutzes aus. In diesem Jahr können beim Dienst in der Region weitere 30 Beamte eingestellt werden. Aber nach Meinung des Kommandanten Tomasz Semeniuk ist die Besetzung vakanter Nachwuchsstellen nicht einfach. Beim Grenzschutz werden nur geeignete Personen mit guter physischer und psychischer Gesundheit angenommen. Das Auswahlverfahren für die Kandidaten ist streng. Kandidaten, die vorbestraft sind oder außer der polnischen Staatsangehörigkeit noch eine andere besitzen, kommen nicht in Frage. Geplant ist, in den nächsten Jahren die Ermländisch-Masurische Abteilung des Grenzschutzes um mehr als 150 neue Beamte zu verstärken. PAZ

 

Telefonnummer für Sicherheit

Allenstein – Ein gesamtpolnisches Sicherheits-Telefon für Touristen ist in Dienst gestellt worden. Unter einer polenweit geltenden Sammel-Nummer erhalten Touristen in etlichen Sprachen Informationen und Hilfen in vielen Situationen wie Lebensgefahr und Krankheit, Verlust von Dokumenten und Diebstahl. Touristischen Organisationen ermöglicht die Sammel-Nummer, Auskünfte über Attraktionen zu geben. Informationen unter:  0048 (608) 599 999 oder 0048 (22) 278 7777, e-Mail: cc@pot.gov.pl. Das Sicherheits-Telefon war in erster Linie für die Teilnehmer am Weltjugendtag im Juli in Krakau gedacht, soll aber über das ganze Jahr gelten. Von Juni bis September von 8 bis 20 Uhr, ausgenommen an Feiertagen, ist es dienstbereit. Es bleibt bis Ende 2020 erhalten.               PAZ

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. 7: Elbing – Jazowa, Baustelle; Liebemühl – Osterode, Baustelle; Osterode – Hohenstein [Olsztynek], Baustelle; Zalusken [Załuski] – Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 7j: Zalusken – Neidenburg [Nidzica], Baustelle. Straße Nr. 15: Rheinsgut [Rynskie] – Mörlen [Morliny], Baustelle. Straße Nr. 16: Osterode – Alt Jablonken [Stare Jabłonki], Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing [Elblag] – Fichthorst [Jegłownik], Baustelle. Straße Nr. 51: Heilsberg [Lidzbark Warminski], Baustelle; Spiegelberg [Sprecowo] – Hochwalde [Ług-wałd], Baustelle; Allenstein – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 59: Moythienen [Mojtyny], Brückenumbau. Straße Nr. 63: Milken, Baustelle; Arys [Orzysz] – Johannisburg [Pisz], Brückenbau. Straße Nr. 65: Goldap – Treuburg [Olecko], Brückenbau; Sdunken – Wiesengrund [Niedzwiedzie], Baustelle.   E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

unsere Ostpreußische Familie schreibt doch die besten Geschichten. Weil sie bewahrte Heimat sind, weil sie auf Erlebtem beruhen, weil sie keiner sinnentstellenden Bearbeitung unterliegen müssen. Das alles trifft für die Geschichte zu, die mir die in Estland lebende Königsbergerin Anne Rekkaro übersandte. Zu meinem Hundertsten – ja, der ist nun auch schon ein paar Monate her, aber ihren Erlebnisbericht bekam ich erst viel später, denn er war irgendwo zwischen all den Glückwünschen auf der Strecke geblieben. Weil sie nichts von mir hörte, auch keinen Abdruck in unserer Zeitung fand, sandte sie mir die Geschichte noch einmal zu – und hier ist sie nun und füllt heute unsere ganze Kolumne aus, obgleich ich ihren eng beschriebenen fünf Seiten-Bericht leider kürzen musste. Das wird mir die Autorin nicht übel nehmen, denn „ich bin für jede Korrektur sehr dankbar“, erklärt sie in beiliegendem Schreiben. Hier ist nun ihre Geschichte von der „Zweiche und anderen Gedenkbäumen“ – und dieser rätselhafte Name allein genügt schon, um zu erahnen, dass es sich um eine außergewöhnliche Geschichte handelt. Was kein Wunder ist im Lebensbericht dieser in Königsberg geborenen, in Estland aufgewachsenen und dort verbliebenen Frau, die erst spät in ihre Geburtsstadt reisen durfte und dort den Spuren ihrer ersten Lebensjahre nachgehen konnte. Und so beginnt Anne Rekkaros Erlebnisbericht im August des Jahres 2005:

„Als ich zum ersten Mal die frühere ostpreußische Grenze bei Tilsit überfuhr, pupperte mein Herz in der Brust. Es war Königsbergs 750. Jubiläumsjahr. Ich kam gerade zum deutschen Fest in Königsberg an. Als ich aus dem Bus stieg, fiel mir ein, dass ich eigentlich die heilige Erde meiner Geburtsstadt küssen wollte – leider gab es dort keine Erde, nur Asphalt und Beton. Ich sah keine Plakate oder Transparente über ,unsere‘ Feier. Schließlich fand ich eine deutsche Frauengruppe, die mich herzlich aufnahm und mit deren Bus ich eine Stadtbesichtigung machen konnte. Mit einigen Frauen aus dieser Gruppe, ehemaligen Schülerinnen der Königin–Luise-Schule, stehe ich heute noch im Briefwechsel.

Damals suchte ich unser ehemaliges Wohnhaus in der Hermann-Allee, die Villa Luise, fand es aber nicht. Ich nahm von dem vermuteten Platz einen kleinen Stein mit, den ich meiner damals noch lebenden Schwester in Erfurt schicken sollte, sie hatte darum gebeten. Zu jener Zeit wusste ich noch nicht, wo unsere Mutter begraben wurde, nachdem sie am 22. April 1947 in Königsberg verhungert war. Ein halbes Jahr früher hatte eine estnische Frau mich Kleinkind gerettet. Man brachte mich nach Estland, wo ich noch heute lebe. So habe ich zwei geliebte Länder: mein Vater- und Geburtsland ist Ostpreußen, mein Heimatland ist Estland. Als ich nun nach drei Tagen nach Estland zurückkehrte, hatte ich den Wunsch, etwas für mein Geburtsland und meine dort verstorbenen Angehörigen zu tun. Ich wusste aber noch nicht, was es sein könnte.“

Das kristallisierte sich erst beim zweiten Besuch Annes in ihrer Geburtsstadt heraus, der im Mai 2007 stattfand. Diesmal hatte sie eine kleine Rotbuche im Topf mitgenommen. Eine Verwandte aus Bonn hatte ihr die Samen geschickt, und einige Baumpflanzen waren in Annes Garten prächtig gediehen. Die Blutbuche wollte Anne zum Gedenken an ihre Mutter pflanzen, denn inzwischen hatte sie mehr über deren bisher unbekannte Grabstätte erfahren, wie sie schreibt:

„Ich hatte das Buch ,Frauen in Königsberg 1945–1948‘ gelesen und wusste jetzt ganz genau, wo unsere Mutter in ein Massengrab geworfen wurde. Eine frühere Nachbarin von uns, Lotte Schwokowski, verstarb einige Tage später als meine Mutter und wurde auf dem neuen Luisenfriedhof im Massengrab beerdigt. In dem musste also auch meine Mutter liegen. Ich suchte dort einen geeigneten Platz und pflanzte eine kleine Buche, der ich schon früher den Namen ,Tränchen‘ gegeben hatte. Unter dem Bäumchen vergrub ich eine Dose mit den Namen und Daten unserer Familie. Das war mein erster Gedenkbaum. Diesmal fanden wir auch die Villa Luise mit dem noch erkennbaren Gartenhaus.

Bei meinem dritten Besuch in Königsberg im Mai 2009, auf dem mich meine gute Freundin aus Hamburg, Brunhilde Krüger, mit ihrer Tochter Milena begleitete, besuchten wir auch ,Tränchen‘ und sahen mit Erschrecken nur alte Knospen, kein Blatt an den Zweigen. Offensichtlich war dem Bäumchen das Umpflanzen nicht bekommen. Ich hatte zwar wieder einen Topf mit Baumpflanzen mitgenommen, zwei kleine Eichen, aber diese waren für mein kleines Schwesterchen Monika gedacht. Sie war als acht Monate altes Kleinkind im Winter 1945 in Rauschen verstorben, wohin unsere Familie evakuiert worden war. Bei dem Transport auf dem offenen Lastwagen hatte sich das Kind erkältet und war mit Lungenentzündung in das Krankenhaus gebracht worden. Bei der nächtlichen Bombardierung waren die Fensterscheiben über dem Bettchen zerbrochen, die Scherben heraus gefallen, die kleine Monika war erfroren. Wo sie begraben wurde, weiß niemand mehr.

Jetzt fuhren wir Drei zusammen nach Rauschen. Dort suchte ich nahe beim Seestrand einen Platz auf einer bewaldeten Düne, um dort zwei Eichen zu pflanzen. Warum zwei? Weil ein Wunder geschehen war: Aus einer Eichel waren zwei Setzlinge gewachsen. Ich hatte noch nie gehört, dass so etwas geschehen kann. Also dachte ich: Gut, eine Eiche ist für Monika, die andere für unseren Bruder Frank, der als Viereinhalbjähriger im verseuchten Königsberg verstarb. Es war ein Jahr älter als ich. Seine Eiche kann neben der Schwestereiche als Seelenstütze wachsen – so dachte ich. Also pflanzte ich die beiden Bäume zusammen, weil ich sie nicht trennen konnte, und nannte sie ,Zweiche‘. Jetzt hatten auch diese meiner Geschwister ihre Gedenkbäume.“

Es dauerte sechs Jahre, bis Anne Rekkaro zum vierten Mal ihre Geburtsstadt besuchen konnte. Inzwischen war viel geschehen. Sie hatte harte Zeiten durchlebt, ihren Mann beerdigt, ihr geliebtes Landhaus verkauft, war nach Haapsalu, dem alten, schönen Kurort an der Küste, gezogen. Und hatte gerade vor dieser Königsbergreise einen schrecklichen Autounfall erlebt, bei dem sie unbeschadet blieb. „Wieder ein Wunder, wie es in meinem Leben schon mehrmals geschehen ist“ – so ihre dankbaren Worte. Über diesen Besuch, bei dem sie in unserem „Königsberger Wanderer“ Jörn Pekrul einen seelenverwandten Begleiter fand, haben wir schon geschrieben. Fokussieren wir uns also auf die Frage: Was wurde aus den Gedenkbäumen? Da gibt es einige Überraschungen, wie Anne berichtet:

„Auch diesmal hatte ich aus Estland eine Baumpflanze mitgebracht, eine Eibe. Mit diesem Taxusgewächs wollte ich das ,Tränchen‘ auf dem Luisenfriedhof ersetzen. Wie groß war mein Erstaunen und noch größer die Freude, als ich die Rotbuche in bestem Zustand vorfand. Das Bäumchen reichte mir schon bis zum Nabel und hat viele kräftige Blätter, die eine schöne Baumkrone bilden. Leider ist die Rotfärbung nur schwach, das Grün überwiegt. Das macht aber nichts, ,Tränchen‘ lebt und wächst. Ich machte die Stelle unkrautfrei und fand, dass es noch Platz genug gab, um dort die Eibe zu pflanzen. Sie trägt den Namen ,Triste‘ und ist ein Gedenkbaum für meinen Bruder Peter, der nach Mutters Tod als Elfjähriger nach Litauen fuhr, um mit anderen ,Wolfskindern‘ zu betteln, und verschollen blieb. Wir haben verschiedene Institutionen in der BRD und früheren DDR bemüht, ich habe ihn in Litauen und durch das sowjetische Rote Kreuz und den Halbmond in Moskau suchen lassen – alles umsonst. Jetzt hat er wenigstens seinen Gedenkbaum ,Triste‘ in Königsberg.

Auf dieser letzten Königsberg-Reise fuhr ich auch nach Rauschen, denn ich hatte gehört, dass Winterstürme und Überflutungen der Küste geschadet hätten. Ich ging meine ,Zweiche‘ suchen. Es war hilfreich, dass ich den Ort damals gut aufgezeichnet hatte, so fand ich die Stelle. Da wuchs aber nur eine windzerzauste Eiche, nein, das war keine „Zweiche“ mehr. Also taufte ich das Bäumchen um in ,Elegie‘ – im Gedenken an meine kleine Schwester Monika. Wir waren einmal eine Großfamilie mit sechs Kindern gewesen. Zwei von ihnen und unsere Mutter haben ihre Gedenkbäume, von den anderen Geschwistern hatten Dieter und Karla ein langes und nachvollziehbares Leben als Eltern. Der kleine Frank hat seinen Baum im Sturm verloren – und unser Vater hat noch keinen. Immer noch leider ich darunter, dass er seine Kinder nicht taufen ließ, denn ein Taufschein oder eine Eintragung in das Kirchenbuch hätte mir meine Identität bestätigt. Alle Familiendokumente gingen verloren – leider!

Wenn jemand jetzt fragt: Was gibt einem denn solch ein Gedenkbaum? Da kann ich nur sagen: Seelenruhe, Verbindung zu meinen Familienmitgliedern, die nicht mehr leben, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu dem Land, in dem ich geboren wurde. Ich bin ein Baummensch, ich liebe Bäume, spreche mit ihnen, sogar in Gedanken, wenn ich nicht bei ihnen bin. Gedenkbäume stützen uns in schweren Zeiten.“

So sind auch die von ihr gepflanzten Gedenkbäume in Königsberg und Rauschen für sie lebende Mittler zu den Verstorbenen. „Vielleicht gibt der Herrgott, der mich so vielmals retten ließ, mir noch Zeit und Kräfte für Frank und Vater Gedenkbäume zu pflanzen. Vorerst aber: Gutes Wachsen für Tränchen, Triste und Elegie.“ Das wünschen wir auch, liebe Anne Rekkaro!

Eure Ruth Geed


»Wir wollen mit dem Standort Synergien sammeln«
Die Deutsche Minderheit in der Republik Polen hat in Oppeln ein »Forschungszentrum der Deutschen Minderheit« gegründet

Mit der Gründung eines „Forschungszentrums der Deutschen Minderheit“ hat die Minderheit einen lange gehegten Wunsch in die Tat umgesetzt. „Wir wollen mit dem Standort an der Oppelner Eichendorff-Caritasbibliothek, die ja deutsche Literatur sammelt, vor allem Synergien nutzen“, sagt Bernard Gaida, der Vorsitzende des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), der Dachorganisation der Deutschen Minderheit in der Republik Polen mit Sitz in Oppeln. Das klingt logisch, weist zugleich jedoch auch auf das Dilemma einer mehr als halbherzigen öffentlichen Förderung hin.

Das Institut, das sich mit der Erforschung der Geschichte der deutschen Volksgruppe nach 1945 in Polen und den polnisch besetzten beziehungsweise unter polnischer Souveränität stehenden Gebieten Ostdeutschlands und deren Vorgeschichte beschäftigen wird und daraus auch aktuelle gesellschaftliche Belange der Volksgruppe in die öffentliche Debatte einbringen soll, war jahrelang Thema der sogenannten Rundtischgespräche zwischen Deutscher Minderheit, Polonia in der Bundesrepublik Deutschland und beiden Regierungsseiten. Die polnische Seite schaffte es stets, die Rundtischgespräche mit dem vermeintlichen Makel zu überlagern, es gäbe eine „Asymetrie“, da die Polen in der Bundesrepublik Deutschland im Gegensatz zu den Deutschen in der Republik Polen nicht als Minderheit anerkannt seien, während man in der Weimarer Republik noch anerkannt worden sei. Gerne griffen dies deutsche Medien auf, ohne zu thematisieren, dass es autochthone Polen eben nur in den Grenzen des Reiches in Masuren und Oberschlesien gab. Im Modus des ständig schlechten historischen Gewissens wurde in der „Gemeinsamen Erklärung über die Förderung der deutschen Bürger polnischer Herkunft und Polen in Deutschland und der deutschen Minderheit in Polen“ vom Juni 2011 die Erstellung eines teuren Web-Portals für alle polnischen Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland garantiert. Dies sollte zusätzlich zu bereits öffentlich geförderten Einrichtungen geschehen. Hingegen gab es für die Deutschen in der Republik Polen das laue Bekenntnis der Dritten Republik, eine „wissenschaftliche Analyse der undemokratischen Praktiken des kommunistischen Polen gegenüber polnischen Bürgern deutscher Nationalität und Staatenlosen dieser Nationalität während des kommunistischen Regimes“ durchzuführen. Diese geringe Hürde meinte man dann mit einer Tageskonferenz in Gleiwitz erfüllt zu haben. Auch hatte der Tagungstitel nur den Schluss zugelassen, die bösen Kommunisten seien schuld an allem. Es habe sich um eine Unterdrückung ohne gesellschaftliche Substanz gehandelt, die natürlich auch erst nach der Vertreibung angesetzt habe. Als die Deutsche Minderheit das Thema eines eigenen Instituts auf der Agenda behielt, wurde eine Förderung in einer Höhe in Aussicht gestellt, welche die Bezahlung einer wissenschaftlichen Hilfskraft kaum erlaubt hätte.

Mit dem nun gegründeten Institut nimmt die Deutsche Minderheit das Heft des Handelns bei bescheidener Förderung selbst in die Hand. Statt eines Historikers oder Politikwissenschaftlers wurde Michael Matheja von der Technischen Universität Kattowitz zum Vorsitzenden gewählt. Matheja sieht dies nicht als Makel: „In unserem wissenschaftlichen Beirat haben wir ja Geisteswissenschaftler versammelt“, sagt er durchaus selbstbewusst. Denn Matheja kann vor allem damit aufwarten, zusammen mit seiner Frau den wohl aktivsten Ortsverband der Deutschen Minderheit in der Republik Polen in Tost [Toszek] zu führen, wenn man als Maßstab die Qualität der Aktivitäten nimmt. So hat es Matheja stets verstanden, zum Beispiel über Fahrradtouren mit erstaunlichem Teilnehmerfeld die einfachen Mitglieder an historische Orte zu führen. Ob bei den bescheidenen Möglichkeiten jedoch ein häufigerer Blick auch nach Pommern, Niederschlesien oder Masuren möglich ist, darf bezweifelt werden. Denn die Gründung des Instituts ist nur durch den VdG, den Oppelner Bezirksverband der Deutschen Minderheit, das in Oppeln und Gleiwitz ansässige und von der Deutschen Minderheit geführte Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit (HDPZ), die Deutsche Bildungsgesellschaft (DBG) sowie den Karl-Borromäus-Verein der Oppelner Caritasbibliothek ausgegangen.                Edmund Pander


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 102. GEBURTSTAG

Staats, Erwin, aus Gollen, Kreis Lyck, am 26. Juli

ZUM 100. GEBURTSTAG

Göbel, Christel, geb. Schulz, aus Lyck, Hindenburgstraße 40, am 24. Juli

ZUM 97. GEBURTSTAG

Matthes, Dr. Christel, aus Wehlau, am 22. Juli

Nadrowski, Anna, aus Heinrichsdorf, Kreis Neidenburg, am 23. Juli

Vogel, Brigitte, geb. Rockstroh, aus Friedrichshof, Kreis Ortelsburg, am 27. Juli

ZUM 96. GEBURTSTAG

Böhnke, Herta, aus Genslack, Kreis Wehlau, am 22. Juli

Burger, Frieda, geb. Machmüller, aus Allenburg, Kreis Wehlau, am 23. Juli

Wichert, Gertrud, geb. Malessa, aus Balden, Kreis Neidenburg, am 28. Juli

ZUM 95. GEBURTSTAG

Burger, Dora, geb. Josuttis-Sie-genthaler, aus Lyck, Bismarckstraße 36, am 26. Juli

Drescher, Erna, aus Lauken, Kreis Ebenrode, am 28. Juli

Felke, Helene, geb. Kaminski, aus Dietrichsdorf, Kreis Neidenburg, am 23. Juli

Heyduck, Alfred, aus Treuburg, am 25. Juli

Kraushaar-Rossdeutscher, Christel, aus Lötzen, am 30. Juli

Kurtz, Edeltraut, geb. Liebich, aus Prostken, Kreis Lyck, am 23. Juli

Litzbarski, Lene, geb. Cybulla, aus Gross Schläfken, Kreis Neidenburg, am 25. Juli

Otto, Hilde, geb. Lorenzen/Lojewski, aus Millau, Kreis Lyck, am 28. Juli

Sauer, Erika, geb. Gottschling, aus Kirpehnen, Kreis Samland, am 25. Juli

Weiß, Elfriede, geb. Bartels, aus Reinlacken, Kreis Wehlau, am 24. Juli

ZUM 94. GEBURTSTAG

Greifenberg, Hildegard, geb. Kukowski, aus Martinshöhe, Kreis Lyck, am 26. Juli

Griesel, Emmi-Wanda, geb. Brussas, aus Sentken, Kreis Lyck, am 25. Juli

Herrmann, Fritz, aus Herzogskirchen, Kreis Treuburg, am 27. Juli

Tiedtke, Lisbeth, geb. Lange, aus Rastenburg, am 28. Juli

ZUM 93. GEBURTSTAG

Mäckle, Irmgard, geb. Pallasch, aus Altkirchen, Kreis Ortelsburg, am 23. Juli

Riecken, Hildegard, geb. Glaubitt, aus Steintal, Kreis Lötzen, am 27. Juli

Schimnossek, Elisabeth, aus Willkassen, Kreis Treuburg, am 25. Juli

Strodt, Ursula, geb. Ruhnau, aus Mensguth, Kreis Ortelsburg, am 23. Juli

Wagner, Heinz, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 25. Juli

Wasilewski, Mathilde, geb. Kaminski, aus Millau, Kreis Lyck, am 23. Juli

ZUM 92. GEBURTSTAG

Brendel, Antonie, geb. Bemba, aus Königsfließ, Kreis Lötzen, am 26. Juli

Krupp, Gertrud, geb. Wolff, aus Willkassen, Kreis Treuburg, am 28. Juli

Marzischewski, Heinz, aus Schönhorst, Kreis Lyck, am 23. Juli

Matzeit, Ella, geb. Broszeit, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 25. Juli

Menzemer, Lieselotte, geb. Karaschewski, aus Regeln, Kreis Lyck, am 22. Juli

Schuba, Hildegard, geb. Reetz, aus Seedranken, Kreis Treuburg, am 24. Juli

Zabel, Margarete, geb. Krüger, aus Neidenburg, am 25. Juli

ZUM 91. GEBURTSTAG

Abbott, Eva-Maria, geb. Paprotka, aus Treuburg, am 25. Juli

Bacher, Georg, aus Scharfeneck, Kreis Ebenrode, am 26. Juli

Bottke, Helene, geb. Siminoff, aus Seehag, Kreis Neidenburg, am 27. Juli

Bülles, Herta, geb. Mortzeck, aus Skottau, Kreis Neidenburg, am 28. Juli

Clemens, Edith, geb. Druba, aus Zeysen, Kreis Lyck, am 23. Juli

Ewert, Ulrich, aus Sangnitten, Kreis Preußisch Eylau, am 25. Juli

Falk, Elsa, aus Werschen, Kreis Gerdauen, am 25. Juli

Fiedrich, Kurt, aus Altkirchen, Kreis Ortelsburg, am 24. Juli

Hänsel, Edith, geb. Schein, aus Georgenswalde, Kreis Samland, am 28. Juli

Hammann, Waltraut, geb. Schönhoff, aus Grunau, Kreis Heiligenbeil, am 22. Juli

Holubek, Sonja, geb. Gall, aus Wehlau, am 22. Juli

Joswich, Erika, geb. Ballnus, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 24. Juli

Klipp, Liesbeth, geb. Jackson, aus Windau, Kreis Neidenburg, am 22. Juli

Kruse, Eva-Edith, geb. Sieloff, aus Schakendorf, Kreis Elchniederung, am 25. Juli

Lange, Dorothea, aus Pfaffendorf, Kreis Ortelsburg, am 24. Juli

Nikulski, Irmgard, aus Gollen, Kreis Lyck, am 22. Juli

Peters, Ursula, geb. Ellmer, aus Lengfriede, Kreis Ebenrode, am 28. Juli

Radigk, Herbert, aus Frischenau, Kreis Wehlau, am 25. Juli

Schweers, Lieselotte, geb. Hein, aus Treuburg, am 22. Juli

Spindelmann, Marlies, geb. Belgard, aus Pobethen, Kreis Samland, am 22. Juli

ZUM 90. GEBURTSTAG

Heinsch, Gertrud, geb. Dehnert, aus Alt Kriewen, Kreis Lyck, am 25. Juli

Homp, Fritz, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 25. Juli

Mack, Erna, geb. Stach, aus Omulefofen, Kreis Neidenburg, am 23. Juli

Meya, Waltraud, geb. Kullack, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 27. Juli

Mick, Hilda, geb. Crispin, aus Auerbach, Kreis Wehlau, am 27. Juli

Rosenberger, Ernst, aus Spallwitten, Kreis Samland, am  26. Juli

Rutkowski, Helmut, aus Georgenswalde, Kreis Samland, am 26. Juli

Schunder, Waltraud, geb. Bara-nowski, aus Gutfeld, Kreis Neidenburg, am 24. Juli

Schwill-Engelhardt, Ingrid, aus Lyck, am 28. Juli

Stiller, Alfred, aus Schönhorst, Kreis Lyck, am 25. Juli

Waldhausen, Herta, geb. Jopp, aus Soffen, Kreis Lyck, am  26. Juli

Weiß, Christel, aus Norkitten, Kreis Wehlau, am 24. Juli

Wienandt, Brunhild, geb. Horn, aus Wehlau, am 23. Juli

ZUM 85. GEBURTSTAG

Bartsch, Adalbert, aus Germau, Kreis Samland, am 26. Juli

Christoleit, Martin, aus Roddau Perkuiken, Kreis Wehlau, am 23. Juli

Forke, Friedel, geb. Blasko, aus Schwentainen, Kreis Treuburg, am 28. Juli

Foss, Herbert, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 23. Juli

Harz, Hedwig, geb. Zins, aus Ebenrode, am 26. Juli

Labusch, Horst, aus Babanten, Kreis Ortelsburg, am 24. Juli

Mielenz, Gertrud, geb. Ostrowski, aus Ulleschen, Kreis Neidenburg, am 25. Juli

Olvermann, Helga, geb. Stanneck, aus Lyck, Lycker Garten 78, am 26. Juli

Rohde, Horst, aus Bladiau, Kreis Heiligenbeil, am 22. Juli

Schakeit, Erwin, aus Köllmisch Damerau, Kreis Wehlau, am 22. Juli

Scherlies, Rudi, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 25. Juli

Spieß, Eva, geb. Erretier, aus Schanzenort, Kreis Ebenrode, am 23. Juli

Stieg, Erdmute, geb. Klinger, aus Stolzenau, Kreis Ebenrode, am 26. Juli

Taranowski, Georg, aus Groß Leschienen, Kreis Ortelsburg, am 23. Juli

Tessendorf, Ruth, geb. Faust, aus Lyck, am 28. Juli

Wedekin, Gertrud, geb. Tobe, aus Tölteninken, Kreis Wehlau, am 25. Juli

Wilhelm, Meta Anna, geb. Burkatzki, aus Brodau, Kreis Neidenburg, am 22. Juli

Witzleben, Helga, geb. Naujok, aus Sommershöfen, Kreis Elchniederung, am 22. Juli

ZUM 80. GEBURTSTAG

Adomat, Günter, aus Ebenrode, am 22. Juli

Bleich, Hans-Joachim, aus Hohenwalde, Kreis Heiligenbeil, am 23. Juli

Breder, Dorothea, geb. Zimmermann, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 27. Juli

Christoph, Dr. Ingeborg, geb. Sanftleben, aus Karpfenwinkel, Kreis Schloßberg, am27. Juli

Cziesso, Werner, aus Seliggen, Kreis Lyck, am 24. Juli

Ellmer, Marlene, geb. Thiede, aus Freieneck, Kreis Ebenrode, am 25. Juli

Gerlach, Siegfried, aus Giesen, Kreis Treuburg, am 22. Juli

Hagemann, Gabriele, geb. Gorontzi, aus Ortelsburg, am 26. Juli

Hasselbrack, Irene, geb. Graßmann, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 22. Juli

Hertzeberg, Elsbeth, geb. Schmidt, aus Alexbrück, Kreis Ebenrode, am 28. Juli

Jelinski, Ulrich, aus Kleschen, Kreis Treuburg, am 25. Juli

Jensen, Anneliese, geb. Wassel, aus Groß Engelau, Kreis Wehlau, am 23. Juli

Kohl, Waltraud, geb. Sieg, aus Birkenmühle, Kreis Ebenrode, am 26. Juli

Kukla, Heinz, aus Roggen, Kreis Neidenburg, am 22. Juli

Luedicke, Hilmar, aus Buttken, Kreis Treuburg, am 26. Juli

Metzeroth, Erika, geb. Stepputis, aus Nautzwinkel, Kreis Samland, am 28. Juli

Plickat, Fritz, aus Disselberg, Kreis Ebenrode, am 24. Juli

Polter, Irmgard, geb. Neumann, aus Groß Engelau, Kreis Wehlau, am 22. Juli

Potschka, Dr. med. Klaus, aus Mensguth, Kreis Ortelsburg, am 23. Juli

Rehra, Liesbeth, geb. Kolakowski, aus Hellengrund, Kreis Ortelsburg, am 28. Juli

Sadlowski, Horst, aus Liebenberg, Kreis Ortelsburg, am 27. Juli

Sander, Regina, geb. Meier, aus Ortelsburg, am 24. Juli

Schulz, Erna, geb. Bruweleit, aus Dachsrode, Kreis Wehlau, am 23. Juli

Suttka, Erika, geb. Kaczenski, aus Wilhelmsthal, Kreis Ortelsburg, am 23. Juli

Viehöfer, Manfred, aus Lyck, am 27. Juli

Vollmar, Gisela, geb. Beschorner, aus Grünhayn, Kreis Wehlau, am 27. Juli

von Breitenstein, Winfried, aus Insterburg, am 27. Juli

Warneke, Anneliese, geb. Gollub, aus Merunen, Kreis Treuburg, am 25. Juli

Wattenbach, Helga, geb. Witt, aus Neuendorf, Kreis Lyck, am 25. Juli

Welte, Magdalena, geb. Klein, aus Alt Passarge, Kreis Heiligenbeil, am 23. Juli

Wieschollek, Werner, aus Grammen, Kreis Ortelsburg, am 23. Juli

Zander, Dieter, aus Lyck, am 25. Juli

Zieske, Udo, aus Seedranken, Kreis Treuburg, am 23. Juli

ZUM 75. GEBURTSTAG

Baas, Waltraud, geb. Froese, aus Peterswalde, Kreis Elchniederung, am 22. Juli

Berger, Hannelore, geb. Stockfisch, aus Lerchenborn, Kreis Ebenrode, am 25. Juli

Born, Ilse, geb. Napierski, aus Wallendorf, Kreis Neidenburg, am 27. Juli

Bredow, Klaus, aus Klemenswalde, Kreis Elchniederung, am 28. Juli

Dewes, Marianne, geb. Rümelin, aus Wehlau, am 24. Juli

Duve, Heidrun, geb. Jabs-Borbe, aus Altengraben, Kreis Tilsit-Ragnit, am 27. Juli

Franke, Gisela, geb. Ammoser, aus Neukuhren, Kreis Samland, am 28. Juli

Jakisch, Karin, geb. Nareyek, aus Widminnen, Kreis Lötzen, am 28. Juli

Janz, Siegfried, aus Neuginnendorf, Kreis Elchniederung, am 24. Juli

Klingner, Anna, geb. Kühn, aus Althöfen, Kreis Neidenburg, am 22. Juli

Nowicki, Wilfried, aus Weißensee, Kreis Wehlau, am 23. Juli

Paltinat, Erhard, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 23. Juli

Piel, Margot, geb. May, aus Schanzenort, Kreis Ebenrode, am 22. Juli

Raulin, Barbara, geb. Schaschke, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 24. Juli

Seifried, Christa, geb. Petschulat, aus Rauterskirch, Kreis Elchniederung, am 24. Juli

Skupch, Max, aus Goldensee, Kreis Lötzen, am 28. Juli

Staats, Günter, aus Langenberg, Kreis Elchniederung, am 27. Juli

Sturmowski, Werner, aus Grieben, Kreis Ebenrode, am 24. Juli

Diamantene Hochzeit

Gellner, Hans, aus Wallenrode, Kreis Treuburg, und Ehefrau Hannelore, geb. Clausen, am 28. Juli

Reddel, Wedi, aus Schlawe, Pommern, und Ehefrau Hedwig, geb. Simon, aus Schanzenort, Kreis Ebenrode, am 28. Juli


S. 16-17 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ELCH-NIEDERUNG

Kreisvertreter: Manfred Romeike, Anselm-Feuerbach-Str. 6, 52146 Würselen, Telefon/Fax (02405) 73810. Geschäftsstelle: Barbara Dawideit, Telefon (034203) 33567, Am Ring 9, 04442 Zwenkau.

Im Hotel Esplanade, Bahnhofstraße 8, Bad Nenndorf, findet vom 9. bis 11. September das Kreistreffen und die Mitgliederversammlung der Kreisgemeinschaft statt. Hier ist das Programm:

Freitag, 9. September

14 Uhr: Eröffnung des Tagungsbüros im Foyer

14 Uhr: Delegierten-Versammlung im Raum Zürich

14 Uhr: Treffen im Restaurant

16 bis 18 Uhr: Film- und Diavorführung im Raum Luzern (UG)

Sonnabend, 10. September

9 Uhr: Eröffnung des Tagungsbüros

ab 9.30 Uhr: Treffen im Restaurant

10 bis 12 Uhr: „Du sollst ein Segen sein – Katharina von Rauter“ – Lesung von Frau Brand-Berg und Bilder aus dem Heimatarchiv, vorgestellt von W. Nienke. Beide Veranstaltungen finden im Raum Luzern statt.

12 Uhr: Mittagessen

14 Uhr: Eröffnung der Mitgliederversammlung durch den Vorsitzenden mit Totenehrung. Die geistlichen Worte spricht Pfarrerin Erika Juckel. Das Grußwort hält Landrat Friedrich Kethorn, Grafschaft Bentheim. Im Anschluss folgen die Berichte der Kirchspielvertreter sowie Wahlen und Ehrungen

Ab 16 Uhr: Gemütliches Beisammensein, plachandern

16 bis 18 Uhr: Weitere Bilder, Filme, Bilderfassung im Raum Luzern

Ab 18 Uhr: musikalische Unterhaltung

Sonntag, 11. September

10 Uhr: Gottesdienst in der Kirche Steinhude, Besuch des Agnes-Miegel-Hauses, Ausklang im Hotel

 

GERDAUEN

Kreisvertreter: Walter Mogk, Am Eichengrund 1f, , 39629 Bismark (Altmark), Telefon (0151) 12 30 53 77, Fax (03 90 00) 5 13 17. Gst.: Doris Biewald, Blümnerstraße 32, 04229 Leipzig, Telefon (0341) 9600987, E-Mail: geschaeftsstelle@kreis-gerdauen.de.

Gemäß Paragraf 5 Nummer 4 unserer Satzung vom 29. September 2012 sind wir verpflichtet, den Termin der nächsten Kreistagssitzung, die für den 3. September, 9.30 Uhr, im Hotel Hansen in Rendsburg, Bismarckstraße 29, anberaumt wird, vor der Ladungsfrist in der Preußischen Allgemeinen Zeitung bekanntzugeben. Alle Vorstands- und Kreistagsmitglieder sowie die Mitglieder des Ältestenrates erhalten rechtzeitig die Einladung zur Kreistagssitzung mit den aktuellen Tagesordnungspunkten zugeschickt.

Zu unserem diesjährigen Hauptkreistreffen laden wir alle Landsleute aus dem Kreis Gerdauen sowie alle, die sich unserem Heimatkreis verbunden fühlen oder sich dafür interessieren, am 3. und 4. September in unsere Patenstadt Rendsburg ein. Unser Veranstaltungsort ist das Hotel Hansen in der Bismarckstraße 29, in dem uns Räume zur Verfügung stehen. Folgendes Programm hat unser Festausschuss zusammengestellt:

Sonnabend, 3. September

9 Uhr: Öffnung des Veranstaltungsraumes im Hotel Hansen (Infostand mit Büchern, Heimatandenken und Marzipan; Öffnungszeiten werden vor Ort festgelegt)

9.25 Uhr: Begrüßung

9.30 bis 11.30 Uhr: Kreistagssitzung

10 bis 12 Uhr: Filmvorführungen über Ostpreußen vor 1945 und den Kreis Gerdauen nach 1945

Im Laufe des Tages besteht Gelegenheit zum Kennenlernen und Wiedersehen von Landsleuten aus dem Heimatkreis und zum direkten Kontakt mit Ihren Kirchspielvertretern (nach der Kreistagssitzung)

14 bis 16 Uhr Filmvorführungen über Ostpreußen vor 1945 und den Kreis Gerdauen nach 1945

14 bis 16 Uhr: Möglichkeit zum Besuch unserer Heimatstube in der Königinstraße 1

16.30 bis 18 Uhr: „Das Wiegenlied der Wolfskinder“ – Lesung von Brigitte Trennepohl (Gerdauen/Ibbenbüren) aus dem gleichnamigen historischen Roman von Johanna Ellsworth, der unter anderem auf den Erlebnissen Gerdauener Wolfskinder beruht

18.30 Uhr Begrüßung und gemeinsames Abendessen, anschließend gemütliches Beisammensein mit Musik und kleinen Einlagen (eigene Beiträge der Landsleute sind herzlich willkommen), musikalische Begleitung durch Helmut Randel.

Sonntag, 4. September

9 Uhr Öffnung des Veranstaltungsraums im Hotel Hansen (Infostand mit Büchern, Heimatandenken und Marzipan; Öffnungszeiten werden vor Ort festgelegt)

9.30 bis 10.30 Uhr Möglichkeit zum Besuch unserer Heimatstube in der Königinstraße 1

11 Uhr: Feierstunde im Veranstaltungsraum des Hotels Hansen, musikalischer Rahmen durch Helmut Randel, Begrüßung durch den Kreisvertreter, Festrede des Landrates Rolf-Oliver Schwemer, geistliches Wort und Totengedenken mit dem Rendsburger Propst Matthias Krüger, Schlusswort des Kreisvertreters, gemeinsamer Gesang des Ostpreußenliedes

14 bis 16 Uhr Filmvorführungen über Ostpreußen vor 1945 und den Kreis Gerdauen nach 1945. (Änderungen vorbehalten)

 

GOLDAP

Kreisvertreter: Stephan Grigat, Telefon (05231) 37146, Fax (05231) 24820, Heidentalstraße 83, 32760 Detmold. Geschäftsstelle: Annelies Trucewitz, Hohenfelde 37, 21720 Mittelnkirchen, Telefon (04142) 3552, Telefax (04142) 812065, E-Mail: museum@goldap.de. Internet: www.goldap.de.

Die Kreisgemeinschaft lädt herzlich zum 21. Goldaper Sommerfest am 23. Juli  ab 14.30 Uhr auf dem Gelände des Hotels „Lesny Zakatek“ am Goldaper See ein.

Im Mittelpunkt des Sommerfestes werden Geselligkeit mit Musik und Tanz und die Völkerverständigung stehen. Daneben wird den Besuchern ein ansprechendes Kulturprogramm geboten. Unter anderem wird der Chor der Neidenburger Deutschen Minderheit auftreten. Für Essen und Trinken ist selbstredend gesorgt.

Die Kreisgemeinschaft erwartet auch 2016 zahlreiche Gäste aus der Deutschen Volksgruppe und ebenso aus der Bundesrepublik Deutschland. Am Sonntag, dem 24. Juli um 15 Uhr wird in der Goldaper Alten Kirche ein evangelischer und teils zweisprachiger Gottesdienst unter Leitung von Pfarrer Dawid Banach stattfinden. Auch zu diesem Gottesdienst wird herzlich eingeladen.

 

GUMBINNEN

Kreisvertreterin: Karin Banse, Wiesengrund 9, 29559 Wrestedt, OT Wieren, Telefon (05825) 642, E-Mail: karin.banse@t-online.de, Internet: www.kreis-gumbinnen.de.

Donnerstag, 4. August, Berlin: Treffen der örtlichen Gruppe um 13 Uhr im Restaurant „Mazedonia“, Hans-Sachs-Straße 41, 12205 Berlin (am S-Bahnhof Lichterfelde). Informationen: Joseph Lirche, Senftenberger Ring 52 d, 13435 Berlin, Telefon (030) 4032681.

 

INSTERBURG − Stadt und Land

Vorsitzender Stadt & Land: Reiner Buslaps, Am Berg 4, 35510 Butzbach-Kirch-Göns, Tel.: (06033) 66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: R.Buslaps@t-online.de. Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt & Land e. V.,  Geschäftsstelle, Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld, Postfach 111 208, 47813 Krefeld, Tel.: (02151) 48991, Fax (02151) 491141, E-Mail: info@insterburger.de, Internet: www.insterburger.de, Bürozeiten: Montag – Freitag von 8 bis 12 Uhr.

Heimatgruppe Kiel: Treffen in jedem Monat am zweiten Donnerstag im Café Rebecca in der Matthias-Claudius-Kirche in Kiel-Suchsdorf. Informationen: Hellmut Jucknat, Telefon (0431) 311972.

Heimatgruppe Köln: Treffen jeweils am vierten Mittwoch im Monat. Die nächste Zusammenkunft ist am Mittwoch, 27. Juli. Informationen: Carola Maschke, Telefon (0221) 796942, E-Mail: C.Maschke@netcologne.de.

 

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Vom Sonnabend, 27., bis Sonntag, 28. August, findet unser diesjähriges Kreistreffen statt. Jeder, der kommen möchte, ist willkommen. Wir treffen uns im „Kiek in“, einem Hotel und Tagungszentrum in Neumünster (Gartenstraße 32, Telefon 04321/419960). Das Programm:

Sonnabend, 27. August

13.30 Uhr: Saalöffnung

14 Uhr: Mitgliederversammlung (die Tagesordnung wird satzungsgemäß zwei Wochen zuvor in der PAZ veröffentlicht.)

15.30 Uhr: Gelegenheit zu Kaffee und Kuchen (Selbstbedienung an der Theke)

16.30 Uhr: Gerta Heykena, Ostpreußin, unterhält mit Gesang, Gitarre und Geschichtchen

18 Uhr: Gelegenheit zum Abendimbiss (Selbstbedienung)

19 Uhr: Auftritt von „Stimme der Heimat“, der Singegruppe des Deutschen sozial-kulturellen Vereins in Gizycko (Lötzen)

19.45 Uhr: Dia-Multi-Visions-Schau von Roland Marske, Berlin: „Ostpreußen – eine Reise von Danzig über Masuren und Königsberg zur Kurischen Nehrung“ (Dauer 105 Minuten)

Nur am Sonnabend wird nach der Mitgliederversammlung ein Tisch mit den Verkaufsangeboten der Kreisgemeinschaft im Saal vorhanden sein, ebenso ein Tisch, an dem Auskünfte zum Bereich Familienforschung gegeben, beziehungsweise Fragestellungen und Suchwünsche entgegengenommen werden.

Sonntag, 28. August

9 Uhr: Saalöffnung

Es besteht die Möglichkeit, Gutscheine für das Mittagessen (zwei Gerichte zur Auswahl) zu erwerben.

Gunhild und Wolf Hergenhan aus Kiel präsentieren wunderschöne Jostenbänder, handgewebte Schals und feine Scherenschnitte.

10 Uhr: Beginn der Feierstunde, Begrüßung durch den Kreisvertreter Dieter Eichler, Andacht von Pastorin Döge-Baden-Rühlmann, Totenehrung, Grußworte.

 Den Festvortrag von Wolfgang Freyberg, Direktor des Kulturzentrums Ostpreußen im bayerischen Ellingen zum Thema „825 Jahre Deutscher Orden. Seine Bedeutung in Geschichte und Gegenwart“.

„Land der dunklen Wälder“

Deutschlandlied (3. Strophe)

Musikalische Umrahmung unter anderem  durch die Mandolinengruppe Einfeld und „Stimme der Heimat“

12.30 Uhr: Gelegenheit zum Mittagessen

15.00 Uhr: Ende der Saalnutzung

An beiden Tagen hat das Lötzener Heimatmuseum, Sudetenlandstraße 18H, geöffnet: Sonnabend von 10 bis 16 Uhr und Sonntag von 12 bis 16 Uhr. Archivbesuche sind an diesen Tagen nicht möglich.

 

LYCK

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesensee, Diesberg 6a, 41372 Niederkrüchten, Telefon (02163) 898313. Stellvertr. Kreisvertreter: Dieter Czudnochowski, Lärchenweg 23, 37079 Göttingen, Telefon (0551) 61665. Karteiwart: Siegmar Czerwinski, Telefon (02225) 5180, Quittenstraße 2, 53340 Meckenheim.

Am 27. und 28. August findet das 62. Lycker Kreistreffen in unserer Patenstadt Hagen in Westfalen statt. Der Vorstand der Kreisgemeinschaft lädt jetzt schon alle Lycker aus Stadt und Land zur Teilnahme an diesem Treffen herzlich ein. Die Veranstaltungen finden, wenn nachstehend nichts Abweichendes vermerkt ist, im sogenannten Sinfonium der Stadthalle Hagen, Wasserloses Tal 2, statt. Das Programm:

Sonnabend, 27. August

13 Uhr: Öffentliche Kreistagssitzung im Hagener Rathaus, Rat-hausstraße 13

15 Uhr: Öffnung der Stadthalle

17 Uhr: Kranzniederlegung an den Gedenksteinen im Stadtgarten Hagen

19 Uhr: Heimatabend

Sonntag, 28. August

9.30 Uhr: Öffnung der Stadthalle

11 Uhr: Feierstunde

13 Uhr: Zusammenkunft des Arbeitskreises „Mittlere Generation“ im Clubraum 1 der Stadthalle

14 Uhr Begrüßung und gemütliches Beisammensein

18  Uhr Ausklang

... , bitte kommen Sie, vor allem an Sonntag, zahlreich nach Hagen. Sie zeigen damit, dass wir noch da sind. Ein Tipp: Wenn Ihnen die Reise allein aus Altersgründen zu beschwerlich scheint, bitten Sie (soweit vorhanden) Ihren Enkel oder Enkelin, Sie nach Hagen zu fahren. Wir haben die Erfahrung, dass Enkel dieses gern tun. Sie wollen nur angesprochen werden. Im Umkreis von etwa 200 Kilometern, das ist Bremen, Hannover, Kassel und Frankfurt, ist es möglich, ohne Übernachtung nach Hagen zu kommen. Morgens hin, spät nachmittags zurück. Also auf Wiedersehen in Hagen!

Ihre Kreisvertreterin Bärbel Wiesensee

Die Kreisvertreterin Bärbel Wiesensee hatte ein straffes Programm bei ihren letzten Arbeitsbesuch in Lyck. Hier ist ihr Bericht:

Mitte Juni war es wieder soweit, ich flog von Düsseldorf aus nach Warschau. Ich hatte extra eine frühe Maschine gebucht, um am Nachmittag in Lyck zu sein. Der Flieger landete pünktlich in Warschau und ich erreichte den Bus um 9.15 Uhr. Normalerweise dauert diese Fahrt viereinhalb Stunden, an diesem Tag aber sechs. Der Grund: Der Bau der Via Baltica verursacht viele Staus.

Am selben Abend besuchte ich in Lyck noch einen Landsmann, um ihm die Bruderhilfe auszuzahlen. Der nächste Tag galt dem Besuch der Bürgermeisterin von Jucha, Ewa Jurkowska-Kawalko. In angenehmer Atmosphäre hatten wir einen regen Informations- und Gedankenaustausch. Die Gespräche wurden von Gudrun Lassalle ins Polnische übersetzt. Sie hat mit ihrer Mutter lange in Jucha gelebt und konnte Fragen der Bürgermeisterin zu Jucha aus der Erinnerung beantworten.

Die Gemeinde Lyck-Land hat in diesem Jahr ein neues Gebäude bezogen. Es ist die Kaserne in der Yorckstraße. Das Gebäude wurde nach den modernsten Anforderungen saniert. Ich hatte dort ein ausführliches Gespräch mit der Chefsekräterin Frau Wojciechowska, die mir helfen wird, die denkmalgeschützten zivilen Friedhöfe im Kreis Lyck herauszufinden.

Am Wochenende erwartete mich dann eine besondere Aufgabe: Das Corps Masovia Königsberg zu Potsdam kam zu einem Besuch nach Lyck. Diese Studentenverbindung hatte ich zu ihrem 186. Stiftungsfest nach Lyck eingeladen. Viele Abiturienten des Lycker Gymnasiums hatten in Königsberg studiert und so war die Verbindung hergestellt. Das Lycker-Wochenende begann mit einem Grillabend am Ramecksfeldersee. Die Herren sangen beim Sonnenuntergang das Ostpreußenlied und es folgte mit allen Strophen das Masurenlied von Dewischeit. Am nächsten Tag waren eine Stadtführung, mit Aufsuchen des alten Gymnasiums, und die Fahrt mit der Kleinbahn angesagt. Alle Herren waren von Lyck, dem ansprechenden Stadtbild, und der masurischen Landschaft restlos begeistert.

Der nächste Tag, ein Sonntag, war der Termin für die Auszahlung der Bruderhilfe im Wasserturm, den Räumen der ,Deutschen Minderheit. Die Einladungen zur Auszahlung hatte ich schon drei Wochen vorher an die Vorsitzende des Vereins der Deutschen Minderheit abgegeben, als ich mit einer kleinen Delegation aus unserer Patenstadt Hagen den Wasserturm aufgesucht hatte. Mit vielen persönlichen Gesprächen verlief die Auszahlung in vertrauensvoller Atmosphäre. Der Sonntagabend wurde gekrönt mit einem Konzert in der großen Kirche. Der uns bekannte Chor Kontrapunkt nahm sich Antonio Vivaldis ,,Die vier Jahreszeiten“ an. Auch das Lied ,,Gloria in excelsis Deo“ wurde vorgetragen. 

Mit unserem Heimatbeauftragten Werner Dombrowski und dem Beauftragten für die Gräberfürsorge in der Heimat, Lothar Trinoga, besprach ich die Besichtigungsfahrten der zivilen Friedhöfe und Soldatenfriedhöfe. Für die persönliche Verteilung der Hagen-Lycker-Briefe nehme ich mir in jedem Jahr viel Zeit, denn es ergeben sich regelmäßig aufschlussreiche Begegnungen. Ein Besuch bei Stadtpräsident Tomasz Andrukiewicz war für mich vereinbart worden. Der Stadtpräsident erläuterte mir das Projekt zur Restaurierung der vielen Hausfassaden aus deutscher Zeit. In diesem Jahr werden wieder etwa 20 Häuser restauriert. Für das Jahr 2017 gab er mir Termine an, bei denen in Lyck viele kulturelle Veranstaltungen stattfinden werden. In unserem Gespräch bat ich ihn zu überlegen, ob die Möglichkeit bestehen würde, einen Platz, eine Straße oder eine Schule nach Siegfried Lenz, dem Ehrenbürger der Stadt Lyck, zu benennen. Er versprach, diesen Vorschlag zu überdenken.

Ein weiterer Besuch galt dem Direktor der Caritas von Lyck, Dariusz Kruczynski. Mit ihm besprach ich die Sammelaktion für Lyck, die jedes Jahr von drei Pfarrgemeinden aus Nettetal durchgeführt werden. Mostolten, der Heimatort meiner Mutter und Großeltern, wurde auch wieder von mir aufgesucht. Einen Friedhofbesuch musste ich wetterbedingt verschieben, solch ein starkes Unwetter hatte ich bisher in Masuren noch nie erlebt. Zum Glück schien nach wenigen Stunden wieder die Sonne und ich konnte die Gräber meiner Urgroßeltern aufsuchen. Es war eine arbeitsreiche Woche für mich, aber ich freue mich immer, wenn ich als Repräsentantin der ehemaligen Bewohner von Lyck wahrgenommen werde.

 

RASTENBURG

Kreisvertreter: Hubertus  Hilgendorff, Tel. (04381) 4366, Dorfstr. 22, 24327 Flehm. Gst.: Patenschaft Rastenburg: Kaiserring 4, 46483 Wesel, Tel. (0281) 26950.

Der Kreis Wesel und die Kreisgemeinschaft der Rastenburger laden am 20. und 21. August zum 60. Hauptkreistreffen nach Wesel. Das Programm:

Sonnabend, 20. August

9.30 Uhr: Abfahrt mit dem Bus am Hotel Kaiserhof zum Friedhof in Wesel

10 Uhr: Kranzniederlegung auf dem Friedhof an der „Trauernden Vesalia“, Caspar-Baur-Straße

10.30 Uhr: Kranzniederlegung am Ehrenmal an der Schillkaserne in Wesel und Besichtigung der Traditionsstube

14 Uhr: Gemütlicher Nachmittag im Biergarten des Hotels Kaiserhof

19 Uhr: Geselliges und gemütliches Beisammensein in der Niederrheinhalle, Wesel. Musikalische Begleitung durch den Männergesangsverein „Bleibtreu“ aus Hamminkeln

Sonntag, 21. August

9 Uhr: Einlass in die Niederrheinhalle, Möglichkeit zum Frühstück

9.30 Uhr: Evangelischer Gottesdienst in der Gnadenkirche, Wackenbrucher Straße 82,

10 Uhr: Katholischer Gottesdienst in der Kirche Herz-Jesu in der Feldmark, Wesel

14.30 Uhr: Hauptkreistreffen in der Niederrheinhalle

–             Musikeinführung durch die Blasmusik Lackhausen

Begrüßung durch den Kreisvertreter Hubertus Hilgendorff

Gemeinsames Singen von „Land der dunklen Wälder“

Ansprachen von Heinrich Friedrich Heselmann, stellvertretender Landrat des Kreises Wesel, und von Ulrike Westkamp, Bürgermeisterin der Stadt Wesel

16 Uhr: Großer Zapfenstreich mit der Blasmusik Lackhausen und dem Tambourcorps Wesel-Fusternberg

16.30 Uhr: Geselliges Beisammensein

Zum 60. Hauptkreistreffen gehören auch eine Mitgliederversammlung und eine Kreistagssitzung. Beginn ist am Sonntag,

21. August, um 11 Uhr in der Niederrheinhalle. Die Tagesordnung:

• Begrüßung durch den Kreis-

vertreter

• Feststellung der Anwesenden

und Genehmigung des Proto-

kolls vom Vorjahr

• Bericht des Kreisvertreters

• Kassen- und Prüfungsbericht

• Entlastung des Vorstands und

der Kassenführung

• Haushaltsplan 2017

• Heimatbrief „Rund um Ra-

stenburg“

• Bildband

• Rastenburger Treffen 2016

und 2017

• Verschiedenes

Anträge beziehungsweise Vor-schläge zur Tagesordnung sind bis zum 10. August einzureichen.

 

PREUSSISCH EYLAU

Kreisvertreterin: Evelyn v. Borries, Tucherweg 80, 40724 Hilden, Telefon (02103) 64759, Fax: (02103) 23068, E-Mail: evborries@gmx.net. Kartei, Buchversand und Preußisch Eylauer-Heimatmuseum im Kreishaus Verden/Aller Lindhooper Straße 67, 27283 Verden/Aller,  E-Mail: preussisch-eylau@landkreis-verden.de, Internet: www.preussisch-eylau.de. Unser Büro in Verden ist nur noch unregelmäßig besetzt. Bitte wenden Sie sich direkt an die Kreisvertreterin Evelyn v. Borries, Telefon: (02103) 64759 oder Fax: (02103) 23068, E-Mail: evborries@gmx.net

Aus dem polnischen Teil des Heimatkreises erreicht uns die Nachricht, dass der „Kleine Grenzverkehr“, der seit 2011 gilt, vom 4. Juli an für einen Monat aufgehoben sei. Dies ist bedauerlich für die Menschen entlang der polnisch-russischen Grenze, darunter viele deutsche Heimatverbliebene, die zu Tausenden von eben diesem Grenzverkehr leben. Sie müssen jetzt wieder verstärkt zur Erntearbeit in den Westen fahren. Die Sperrung wurde von der polnischen Regierung verfügt, „im Zusammenhang“ mit dem Nato-Gipfel in Warschau vom 8. bis 9. Juli und dem Weltjugendtag vom 20. bis 31. Juli in Krakau. Dort wird Papst Franziskus erwartet. Die russische Seite hat als Reaktion die Grenze ihrerseits gesperrt. Reisende mit einem russischen Visum können die Grenze nach wie vor passieren, jetzt  sogar etwas zügiger, weil der „Ameisenhandel“ ruht. Die gleiche Regelung gilt übrigens für die Grenze zur Ukraine, wo bereits im Jahr 2008 ein entsprechender Kleiner Grenzverkehr eingeführt worden war. 

 

SCHLOSSBERG (PILLKALLEN)

Kreisvertreter: Michael Gründling, Große Brauhausstraße 1, 06108 Halle/Saale. Geschäftsstelle: Renate Wiese, Tel. (04171) 2400, Fax (04171) 24 24, Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen (Luhe).

Als Russland nach dem Zweiten Weltkrieg den Norden Ostpreußens in Besitz nahm und die kleine deutsche Grenzstadt Schirwindt schleifen ließ, hat der Litauer Antanas Spranaitis die Reste des östlichsten deutschen Siedlungsgebietes und die Spuren seiner Bewohner zusammengetragen und in seiner Garage eine kleine Gedenkstätte für Schirwindt eingerichtet, die inzwischen ein neues Domizil erhalten hat.

Während Deutschland seinen jahrhundertealten Grenzposten längst vergessen hat, existiert heute in Naumiestis, der ehemaligen Schwesternstadt Neustadt, eine „Schirwindter Stube“, ein Museum zur Erinnerung an eine ganz besondere alte deutsche Stadt. Gegründet und aufgebaut wurde es von von einem  ganz besonderen Menschen – dem Litauer Antanas Spranaitis. Am 13.Juli ist er in Naumiestis beerdigt worden. Damit ist sein großer Wunsch, noch einmal nach Deutschland zu kommen und seine Freunde zu treffen, nicht mehr in Erfüllung gegangen.

Wir danken Antanas Spranaitis dafür, dass er unsere „verschwundene Stadt“ vor dem Vergessen bewahrt hat und werden ihn immer in ehrender Erinnerung behalten – solange es noch Schirwindter gibt.

Hella Giesler, Gemeinschaft der Schirwindter

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Am 22. Juli wird die Ausstellung „Tilsit – die Stadt ohne Gleichen“ im Tilsiter Museum für Stadtgeschichte eröffnet. Auf 28 Tafeln wird in deutscher und russischer Sprache eine Fülle von Informationen, Bildern, Karten und Archivstücke, vermittelt. Für alle, die keine Gelegenheit haben, die Ausstellung persönlich in Augenschein zu nehmen, wurde ein Katalog herausgegeben, der den Inhalt der Ausstellungstafeln in vollem Umfang wiedergibt. Auf 30 Seiten im Din-A4-Format erfährt man die Geschichte der Stadt von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Es gibt Abhandlungen zur Ordensburg Tilse, zur Stadtgründung, zur Entwicklung im 17. und 18. Jahrhundert, zum Tilsiter Friedensschluss, zum Leben im

19. Jahrhundert und in der Zeit der beiden Weltkriege. Mehrere Seiten schildern Tilsit als Handelszentrum, als Verkehrsknotenpunkt, als Industriestandort, als Garnisonsstadt. Dargestellt werden die Tilsiter Schulen, die Glaubensgemeinschaften und Gotteshäuser, die Königin-Luise-Brücke und die Tilsiter Denkmäler.

Die Broschüre lässt den Leser die Atmosphäre des Tilsiter Lebens nachempfinden und macht es möglich, in die verschiedenen Epochen der Metropole einzutauchen. Sie kann von der Stadtgemeinschaft Tilsit auf Spendenbasis erworben werden unter der Anschrift: Manfred Urbschat, Bahnhofstraße 82, 03051 Cottbus, E-Mail urb.man@freenet.de, Telefon (0355) 535544.


S. 18-20 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Marius Jungk, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Montag, 8., bis Sonntag, 21. August: BJO-Sommerfahrt ins Memelland. Weitere Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

Freitag, 30. September, bis Montag, 3. Oktober, Bad Honnef: BJO-Herbstseminar und BJO-Bundestreffen. Thema des Seminars:  „150 Jahre Deutscher Krieg – Preußen und Österreich in Geschichte und Gegenwart“. Weitere Informationen finden Sie unter: www.facebook.com/events/ 1032910313418878/ 2

Donnerstag, 24., bis Sonntag, 27. November: Adventstreffen im ostpreußischen Osterode. Informationen: www.junge-ostpreus-sen.de/47-0-Aktivitaeten.html

Donnerstag, 29. Dezember, bis Dienstag, 3. Januar: Silvesterfahrt nach Ostpreußen: Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – Freitag, 5. August, 17 Uhr, Gedenkplatte auf dem Schloßplatz in Stuttgart: Chartafeier. Alle Landsmannschaften und Heimatgruppen sind eingeladen. Um zahlreiches Erscheinen bei dieser wichtigen Feierstunde wird gebeten.

Stuttgart – Mittwoch, 27. Juli, 14.30 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat, Stuttgart: Kulturnachmittag. Filmvorführung von Herrn Schulze über die Reise der Landesgruppe zum Deutschlandtreffen 2014 in Kassel. Die Reise ging über Holland mit vielen schönen Eindrücken und Erlebnissen. Die Landsmannschaft Westpreußen und Gäste sind herzlich eingeladen.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Altmühlfranken – Freitag, 29. Juli, 19 Uhr, Kastaniengarten, Gastwirtschaft Röschelskeller, Gunzenhausen: Sommerabend der Landsmannschaften.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Bartenstein – Anfragen zu gemeinsamen Treffen bei Elfi Fortange, Telefon (030) 4944404, 

Königsberg – Freitag, 12. August, 14 Uhr, Johann-Georg-Stuben, Johann Georg Straße 10, 10709 Berlin-Halensee. Anfragen: Elfi Fortange, Telefon (030) 494 44 04

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremen – Busfahrt der Landsmannschaft Ostpreußen und Westpreußen e.V., Bremen. nach Greifswald und Neubrandenburg vom 7. bis 9. Oktober zum 21. Ostpreußentreffen Mecklenburg-Vorpommern in Neubrandenburg inklusive Besuch des Pommerschen Landesmuseums in Greifswald. Das Programm:

Freitag, 7. Oktober

10 Uhr: Abfahrt, ZOB Bremen

ca. 16 Uhr: Ankunft im Mercure Hotel Greifswald

ab 18 Uhr: Abendessen im Hotelrestaurant

Sonnabend, 8. Oktober

8:45 Uhr: Bustransfer nach Neubrandenburg

10 bis 17 Uhr: Besuch des

21. Ostpreußentreffens

17.30 Uhr: Rückfahrt zum Mercure Hotel Greifswald

ab 19 Uhr: Abendessen im Hotelrestaurant

Die Teilnahme am Ostpreußentreffen ist nicht zwingend, stattdessen kann auch individuell in Greifswald geblieben oder in Neubrandenburg die Stadt besichtigt werden.

Sonntag, 9. Oktober

9:40 Uhr: Bustransfer zum Pommerschen Landesmuseum in Greifswald

10 bis 11.30 Uhr: Führung im Pommerschen Landesmuseum

11.45 bis 14.00 Uhr: individuelle Mittagspause in Greifswald

14.30 Uhr: Rückfahrt nach Bremen

ca. 20.30 Uhr: Ankunft in Bremen (ZOB)

Der Preis beträgt pro Person 193 Euro im Doppelzimmer und 229 Euro bei einer Übernachtung im Einzelzimmer. Zu den Leistungen zählen: Fahrt im modernen Reisebus, zwei Übernachtungen im Vier-Sterne-Mercure-Hotel Greifswald (Am Gorzberg, 17489 Greifswald), zwei Frühstücksbüffets, zwei Abendessen, einmal Hin- und Rücktransfer zum 21. Ostpreußentreffen in Neubrandenburg, einmal Eintritt für das 21. Ostpreußentreffen, einmal Eintritt und Führung im Pommerschen Landesmuseum.

Anmeldungen bis zum 1. August bitte an Julita Venderbosch, Telefon (0421) 4854633.

 

HESSEN

Vorsitzender: Ulrich Bonk, Stellvertretender Vorsitzender: Gerhard Schröder, Engelmühlenweg 3, 64367 Mühltal, Telefon (06151) 148788

Wiesbaden – Sonnabend, 23. Juli, 15 Uhr, Kleingartenverein am Wasserwerk, Erbenheim: Sommer-Gartenfest mit dem bewährten Duo Budau/Dr. Hübenthal. Wegen der Essens-Disposition bitte bis zum 15. Juli bei Irmgard Steffen, Telefon (0611) 844938 anmelden. Am Grill werden Steaks und Würstchen zubereitet, dazu gibt es Kartoffelsalat oder Brötchen. Zu Beginn steht Kaffee und Kuchen bereit. Das Gartenfest findet bei jeder Witterung statt; überdachte Bereiche stehen zur Verfügung.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Landesgruppe – „Der Verlust der Heimat, Vertreibung, Flucht, Gewalt, Krankheit und Hunger sind schmerzliche Erfahrungen, auch 70 Jahre nach Kriegsende, die das Leben einzelner, aber auch ganze Gesellschaften prägen.“ Das war eine der Kernaussagen der Bundesvorsitzenden der ostpreußischen Frauenkreise, Uta Lüttich, die sie an den Anfang ihres Vortrages über ihre Arbeit und die der von ihr betreuten Frauenkreise in der Jahreshauptversammlung der Landesgruppe Niedersachsen stellte. Zunächst aber leitete die Landesvorsitzende, Barbara Loeffke, die Veranstaltung mit einem Gedenken an die verstorbenen treuen Ostpreußen ein. Jahrzehntelang haben sie mit ihrem Einsatz für die Heimat die Erinnerung an das Ordensland und seine mehr als 750-jährige Geschichte wachgehalten. Die Versammlung gedachte auch der gefallenen Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkriegs, die mit ihrem Einsatz und ihrem Leben das von unzähligen hilflosen Frauen und Kindern gerettet haben.

Uta Lüttich fand dann aufmerksame Zuhörer mit ihrem Vortrag über ihre Arbeit für die ostpreußischen Frauenkreise. Ausgehend von der reichen Kultur Ostpreußens, die in Literatur, Malerei, Musik und Philosophie ihren Ausdruck findet, leitete sie dann zur Geschichte und dem tragischen Schicksal der östlichsten Provinz des Deutschen Reiches über. In einem kleinen Exkurs erzählte sie, wie sie für Ostpreußen durch ihr Elternhaus geprägt wurde. Daher war es für Uta Lüttich selbstverständlich, in der Landsmannschaft aktiv zu werden. 1988 wurde sie zur Landesfrauenleiterin der Ost- und Westpreußen in Baden-Württemberg gewählt, zehn Jahre später zur Bundesvorsitzenden. Nicht nur umfangreich, sondern äußerst vielseitig sind seitdem die Aufgaben, die zu bewältigen sind.

Etwas ganz Besonderes war und ist die von der Landsmannschaft Ostpreußen unter ihrer Leitung alle zwei Jahre in Allenstein durchgeführte Werkwoche zur Vermittlung von ostpreußischen Handarbeitstechniken, die im Jahr 2017 zum zwölften Mal stattfinden wird, an der bis zu 25 Teilnehmerinnen aus den deutschen Vereinen betreut werden können. Unterstützt wird Uta Lüttich von zwei Werkmeisterinnen. Und natürlich wurden und werden auch die in der Heimat notleidenden Menschen betreut. Viele Hilfstransporte, lange Zeit auch von der langjährigen niedersächsischen Frauenleiterin, Frau Heckendorf, organisiert, gingen nach Ostpreußen. (Anmerkung der Landesgruppe: Unvergessen sind dabei auch die zahllosen Aktivitäten von Irmchen Börnecke bis zu ihrem Tode für die notleidenden Deutschen in Ostpreußen.).

Und wie sieht die Arbeit in der Gegenwart aus, was musste 2015 bewältigt werden? Uta Lüttich konnte die 61. Werkwoche mit 44 Teilnehmerinnen, darunter sieben aus dem südlichen Ostpreußen, mit Ausstellung der erarbeiteten Handarbeiten durchführen, sodann das Kulturhistorische Seminar im Ostheim, ebenfalls mit Teilnehmerinnen aus Ostpreußen zum Thema „Ost-und Westpreußische Gedenktage 2015, Teilnahme am Herbstmarkt des Kulturzentrums Ellingen, Kulturtagung der Nord-ostdeutschen Landsmannschaften, Mitwirkung am Tag der Heimat in Stuttgart, Vortragsveranstaltungen im Haus der Heimat in Stuttgart, Teilnahme an der Preußischen Tafelrunde in Pforzheim sowie zahlreiche Vorträge bei den Kreis- und Frauengruppen in Baden-Württemberg und natürlich Teilnahme an den Bundesvorstandssitzungen – um hier nur die wichtigsten ihrer zahlreichen Aktivitäten aufzuzählen.

Zum Schluss ihres Vortrages appellierte sie an die Delegierten: „Unsere Aufgabe ist es jetzt, unsere Kinder und Enkel an die Heimat der Ahnen heranzuführen, damit 750 Jahre Deutscher Osten nicht vergessen werden.“

Barbara Loeffke dankte Uta Lüttich mit herzlichen Worten für ihre Teilnahme an der Jahreshauptversammlung, ihren sehr informativen und engagierten Vortrag und vor allem für ihren jahrzehntelangen ehrenamtlichen Einsatz für Ostpreußen.

Ihrem Jahresbericht stellte die Landesvorsitzende einen Rück-blick auf den Deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag voran und streifte aktuelle Fragen und Probleme der Deutschland- und Ostpolitik der Bundesregierung. So positiv die Verständigung mit den osteuropäischen Nachbarn und den heutigen Bewohnern unserer Heimatgebiete ist, so bleiben doch manche Fragen offen und der Schmerz um den Verlust der Heimat ist unvermindert. Barbara Loeffke wandte sich auch den Zielen und Aufgaben unserer Landsmannschaft zu. Oberste Priorität haben – nach den von der Landsmannschaft erarbeiteten Zielen, zusammengestellt in einem Informations-Blatt – insbesondere „die Bewahrung des deutschen kulturellen Erbes Ostpreußens“ und „der Erhalt der deutschen Volksgruppe in Ostpreußen“. Um die Kultur und Geschichte Ostpreußens einer breiten Öffentlichkeit nahe zu bringen, gilt es, das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg und das Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen ideell und materiell zu unterstützen, da die Förderung von Bund und Land im Vergleich mit Landes- und bundeseigenen Museen und Kultureinrichtungen recht bescheiden ist.

Einen eindrucksvollen Einblick in die Arbeit der landsmannschaftlichen Gruppen gaben die Be-zirks-, Kreis- und Ortsvorsitzenden. Sie ließen erkennen, dass der Zusammenhalt der Ostpreußen unvermindert groß ist und in den regelmäßigen Zusammenkünften die Erinnerung an die Heimat im Mittelpunkt steht, aber auch aktuelle Probleme aus der Politik erörtert werden. Noch immer werden Transporte mit Hilfsgütern nach Ostpreußen für notleidende Landsleute organisiert; Reiseberichte, Ausflüge und Besuche von Ausstellungen und Unternehmen runden das Programm ab. Unvergessen ist die Berlin-Fahrt der Gruppe Buxtehude zum Tag der Heimat 2015. Eine Reise nach Schlesien ist für dieses Jahr geplant. Das Zusammengehen mit anderen Landsmannschaften bereichert das Programm. Hier gilt es, in Zukunft auch die Zusammenarbeit mit dem Bund der Vertriebenen zu vertiefen.

Mit dem Dank für die aufopferungsvolle ehrenamtliche Arbeit für Ostpreußen und dem Wunsch, die Anliegen der Vertriebenen weiter auch in der Öffentlichkeit zu vertreten, schloss die Landesvorsitzende die Versammlung. Gemeinsam wurde das Ostpreußenlied gesungen.

Die Jahreshauptversammlung war auch der Anlass, eine besondere Auszeichnung zu verleihen. Uta Lüttich überreichte Fitz Folger das Goldene Ehrenzeichen. Lesen Sie die Laudatio auf Seite 20.

Oldenburg – Zusammen mit den anderen Landsmannschaften Oldenburgs und der Gemeinschaft der evangelischen Schlesier, die auch für das Kulturprogramm verantwortlich zeichneten, machten wir am 13. Juli eine Kulturfahrt zu der evangelischen Notkirche in Bakum, Kreis Vechta. Es ist eine der wenigen noch erhaltenen Notkirchen des Architekten Bartning, die nach dem Krieg in vielen Gemeinden errichtet wurden, wo evangelische Flüchtlinge und Vertriebene in vorwiegend katholische Gemeinden eingewiesen worden waren. Sie sind alle im gleichen Stil gebaut, in Fertigbauweise, sehr schnell und leicht zu errichten.

Während viele Notkirchen im Oldenburger Land abgebaut, versetzt oder durch Neubauten ersetzt wurden, ist die Kirche in Bakum noch im Originalzustand von 1951 erhalten. Ein weiterer Besuch führte uns in das Schwedenheim in Cloppenburg. Initiiert und finanziert durch die Innereuropäische Mission in Schweden wurde hier 1948 ein Aufnahmeheim und Hilfszentrum für Flüchtlinge und Vertriebene in Cloppenburg erschaffen, das 1965 von der Diakonie Oldenburg übernommen wurde. Es besteht noch heute als Familienzentrum, das sich als Verbund unterschiedlicher evangelischer Einrichtungen den Nöten und Sorgen von Familien widmet. Eine große Schar Teilnehmender freute sich über beide Objekte, weil sie ihnen viel Neues und bisher Unbekanntes aus unserer eigenen Geschichte vermittelten.

Im August machen wir Sommerpause. Rechtzeitig zum September laden wir wieder ein.

                Gisela Borchers, Vorsitzende

Osnabrück – Dienstag, 26. Juli, 16.30 Uhr: Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 152: Kegeln.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorffsaal, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland unter der Leitung von Radostina Hristova.

Gütersloh – Der Ostpreußischer Singkreis trifft sich in unregelmäßigen Abständen montags von 15 bis 17 Uhr in der Elly-Heuss-Knapp-Realschule, Moltkestraße 13. Neue „Drosseln“ sind immer willkommen. Kontakt: Renate Thamm, Telefon (05241) 40422.

Wuppertal – Sonnabend, 6. August, 14 Uhr, Kolkmannhaus, Hofaue 51, Wuppertal-Eberfeld: Treffebn der Ostpreußenrunde. Die sonst am zweiten Sonnabend im Monat stattfindende Runde wurde um eine Woche vorverlegt. Die Septemberrunde fällt aus, weil am 11. September der Tag der Heimat begangen wird (Beginn ist um 14 Uhr. Veranstaltungsort: JohannGregor-Breuer-Saal, Auer Schulstraße 9, 42103 Wuppertal).

– Nachruf –

Die Gruppe trauert um ihr sehr geschätztes Mitglied Otto Lingnau, geboren am 2. Januar 1926 in Patricken, Kreis Allenstein, verstorben am 12. Juni 2016 in Wuppertal. Von Ostpreußen über Karlsruhe ist er 1996 nach Wuppertal umgezogen und hat sofort durch Vermittlung der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen Kontakt zur Ortsgruppe aufgenommen.

Über viele Jahre hinweg war er im Vorstand tätig. Viele erinnern sich mit großem Vergnügen an seine Auftritte als Nikolaus. Otto Lingnau hat zu Weihnachten und Ostern mit seinen aus Holz selbst gefertigten Ostereiern, Osterhasen, Küken, Weihnachtsmännern, Engeln und anderen Figuren viel Freude bereitet. Im Juni 2010 wurde Otto Lingnau mit der Silbernen Ehrennadel ausgezeichnet. Wir werden ihn nicht vergessen.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle,  Telefon privat (0345) 2080680.

Gardelegen – Freitag, 29. Juli, 14 Uhr, Begegnungsstätte der VS Gardelegen: Liedernachmittag.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner, Julius-Wichmann-Weg 19, 23769 Burg auf Fehmarn, Telefon (04371) 8888939, E-Mail: birgit@kreil.info

Landesgruppe – Zur Delegiertenversammlung am 26. Juni konnte der Landesvorsitzende Edmund Ferner 61 Teilnehmer im „Haus der Heimat“ in Kiel begrüßen. In eindrucksvollen Worten gedachte Joachim Rudat der Toten der Weltkriege, der Soldaten und zivilen Opfer, der Toten durch Flucht, Vertreibung und Verschleppung nach dem Krieg. Sein Gedenken galt auch den im letzten Jahr verstorbenen Landsleuten.

In seinem Grußwort führte der Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV) in Schleswig-Holstein, Fedor M. Mrozek, den Wahlspruch 2016 der Vertriebenen „Identität schützen – Menschenrechte achten“ an. Er nahm Bezug auf den Tag der Heimat in Neumünster am 20. Juni mit dem Festvortrag von Frank Lubowitz über das Thema „Die Aufnahme und Versorgung deutscher Flüchtlinge nach dem zweiten Weltkrieg in Dänemark – 1945 bis 1949“.

Der Landesvorsitzende Edmund Ferner führte in seinem Rechenschaftsbericht aus, dass er seit der letzten Vertreterversammlung 28 Termine und Veranstaltungen besucht und dabei einige Vorträge gehalten hat. Eingehend nahm er Bezug auf eine gegen Agnes Miegel geführte Kampagne wegen angeb-licher nationalsozialistischer Betätigung. In Heiligenhafen wird die Umbenennung einer nach Agnes Miegel benannten Straße gefordert. Als großer Kenner der Vita von Agnes Miegel könne er eindeutig beweisen, dass sie nie antisemitisches Schriftgut verfasst hat, wie das von einem wissenschaftlichen Doktoranden unbelegt behauptet und von SPD, Grünen und FDP dort zu dieser Kampagne genutzt wird.

Unter zwei Tagesordnungspunkten sangen die Teilnehmer deutsche Volkslieder. In unnachahmlicher Weise trug Hildegard Henning in ostpreußischer Mundart eine Geschichte vor, wie man in Ostpreußen feierte und wie jetzt bei uns gefeiert wird. Sodann gab sie eine Geschichte in schleswig-holsteinischem Platt zum Besten.

Peter Gerigk berichtete über die letzte Versammlung der OLV in Bad Pyrmont. Der Schatzmeister ließ dann den Kassenbericht für das Jahr 2015 folgen. Die Kassenprüferinnen hatten die Kasse für einwandfrei befunden. Einstimmig durch die Versammlung wurden die Kassenführung und der Vorstandes. entlastet. Der Schatzmeister erläuterte dann den Haushaltsplan 2016. Es folgte die einstimmige Genehmigung.

Nach den Ehrungen (siehe Foto) hielt Professor Ludwig Steindorff einen beachtenswerten Vortrag über „Königsberg – Kaliningrad, eine Stadt mit zweifachem Erbe“. Bis 1945 wies die Geschichte von Königsberg weitgehend bruchlos viele Gemeinsamkeiten mit anderen Ostseestädten auf. Die Universitätsstadt Königsberg entwickelte sich zu einem bedeutenden kulturellen Zentrum für ganz Ostmitteleuropa. Im sowjetischen Kaliningrad galt demgegenüber lange die Devise, der Stadt eine andere Identität zu geben, die ausschließlich in der Gegenwart des realen Sozialismus begründet war. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat ein Paradigmenwechsel eingesetzt. Der Vortrag wurde untermalt von vielen Lichtbildern erhaltener oder instandgesetzter Gebäude und von Bauten der Nachkriegszeit.

Die Landesfrauenbeauftragte Gisela Harder berichtete über ihre Teilnahme am Ostpreußischen Sommerfest 2016 in Allenstein. Unter Verschiedenes wurde berichtet, dass einige Städte und Kommunen bei der Austellung von neuen Ausweisen oder Reisepässen den polnischen Namen des Geburtsortes einsetzen. Die Annahme solcher Ausweise sollte verweigert werden. Die Geburt erfolgte in Deutschland. Es könnten sich später Nachteile ergeben, zum Beispiel bei der Beantragung der Rente. Laut einer Weisung der Bundesregierung kann die Zurückweisung mit Erfolg geschehen. Die Delegiertenversammlung wurde mit dem Singen des Ostpreußen-liedes abgeschlossen.

Uetersen – Sonntag, 24. Juli, 15 Uhr, Haus Ueterst End: Sommerfest mit dem Verein zur Erhaltung Ostdeutschen Kulturgutes, dem Schleswig-Holsteinischen Heimatbund und dem K.v.D.


Unermüdlich und mit hohem Ansehen
Fritz Folger erhielt jetzt das Goldene Ehrenzeichen der Landsmannschaft Ostpreussen

Für Barbara Loeffke war es eine Herzensangelegenheit, Fritz Folger eine besondere Ehrung zukommen zu lassen, erklärte die Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen im Rahmen der Feierlichkeit. Bei der Jahreshauptversammlung der Landesgruppe wurde ihm von Uta Lüttich, Bundesvorstandsmitglied und Vorsitzende der Landesgruppe Baden-Württemberg, unter großem Applaus das von der Landsmannschaft Ostpreußen verliehene Goldene Ehrenzeichen überreicht. Seine Verdienste wurden in der Urkunde mit folgenden Worten gewürdigt: „Die Landsmannschaft Ostpreußen verleiht Herrn Fritz Folger für seine hervorragenden Verdienste um Heimat und Vaterland das GOLDENE EHRENZEICHEN.“ Hier ist Barbara Loeffkes Laudatio auf Fritz Folger.

In Elbing am 28. Februar 1936 geboren, verbrachte Fritz Folger die ersten neun Jahre seines Lebens sorglos auf dem elterlichen Bauernhof in Bunden/Kreis Preußisch Holland. Aus dem Paradies der Heimat wurde er am 21. Januar 1945 herausgerissen, als für ihn und seine Mutter die Flucht aus Ostpreußen in einem Güterwagen der Reichsbahn begann. Vom Bahnhof Schlobitten führte der Weg zunächst zu dem 300 Kilometer entfernten Kolberg in Pommern. Diese Fahrt dauerte sechs Tage und sechs Nächte, während der er sich erst spät wieder ausgeheilte gesundheitliche Schäden zuzog. Auf eigene Faust flohen Mutter und Sohn weiter nach Kiel, wo Sie am neunten Geburtstag von Fritz Folger bei Verwandten das „rettende Ufer“ erreichten. Von dort wurden sie nach Plön evakuiert. Dank des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes erhielten Mutter und Sohn ein Lebenszeichen vom Vater, der zum Volkssturm eingezogen worden war. Die Familie wurde nun endlich wieder vereint. Nachdem der Vater den Lebensunterhalt zunächst als Knecht verdient hatte, konnte er dank glücklicher Umstände einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb zur Bewirtschaftung übernehmen, wodurch die Familie nach Betzhorn, Kreis Gifhorn kam. Hier endete der Fluchtweg.

Da die finanziellen Verhältnisse der Eltern für ihren Sohn weder den Besuch einer höheren Schule noch eines Studiums erlaubten, ging Fritz Folger nach Beendigung der Volksschule auf die Handelsschule und machte anschließend eine Kaufmannslehre. Nebenbei absolvierte er einen Fernlehrgang mit dem Abschluss „Praktischer Betriebswirt“. Seine berufliche Laufbahn begann er in seinem Lehrbetrieb; von dort wechselte er in einen renommierten Handelsbetrieb für Baumaschinen, Baugeräte, Lastwagen et cetera. Dank Fleiß und Tüchtigkeit stieg er in dem Unternehmen bald beruflich empor und avancierte zum Prokuristen, Leiter des Rechnungswesens und schließlich zum Geschäftsführer der inzwischen zur Firmengruppe Palucki expandierten Firma; später wechselte er zur Firma Richard Meyer-Uetze. Im Jahre 1979 gründete er mit zweien seiner damaligen Kollegen die „OGM Obst-Gemüse-Maschinen-Handelsgesellschaft mbH“, die 1994 mit dem Renteneintritt der Gesellschafter aufgelöst wurde.

Früh verlor Fritz Folger seine Eltern, seine Mutter bereits 1955 mit 58 Jahren und seinen Vater 1967. 1961 schloss Fritz Folger seine erste Ehe, aus der zwei Töchter hervorgegangen sind. Im Juni 1968 zog er mit seiner Familie in das neu erworbene Haus in Braunschweig. Seine erste Ehe wurde 1992 geschieden. Im Jahre 2004 erfolgte die Vermählung mit Monika Bötticher, die seine ehrenamtliche Arbeit treu mitträgt und unterstützt. Ein wenig Ausgleich für seine starke berufliche Inanspruchnahme brachte über lange Jahre hinweg der Chorgesang, dem Fritz Folger auch heute noch aktiv nachgeht. Für 60 Jahre aktives Singen wurde ihm die Goldene Ehrennadel verliehen.

Der Wunsch, für die Heimat Ostpreußen aktiv zu werden, wurde nach der ersten Ostpreußenreise im Jahr 1972, der bald weitere folgten, ausgelöst. Schnell zeigte sich, wie eng die innere Bindung an die Heimat war. Mit DIA-Vorträgen, Ergebnis seiner Ostpreußenreisen, brachte er seinen Landsleuten, aber auch allen an Ostpreußen Interessierten, seine unvergessene Heimat nah. Es war für ihn selbstverständlich, dass er dem Ruf, Ortsvertreter seines Heimatdorfes Bunden zu werden, folgte. Pünktlich zum 600jährigen Ortsjubiläum im Jahre 1986 konnte er eine 200 Seiten umfassende Chronik mit vielen Bildern seines Heimatdorfes der Öffentlichkeit übergeben.

Mit der politischen Wende des Jahres 1989 eröffneten sich zahlreiche neue Perspektiven für die Arbeit für und in Ostpreußen, so auch für seinen Heimatkreis Preußisch Holland. Aufgrund der vor allem während der Ostpreußenreisen gewonnenen Kenntnisse wurde Fritz Folger 1990 von der Kreisgemeinschaft zum Heimatbeauftragten berufen. Zunächst kümmerte er sich um die in der Heimat verbliebenen Deutschen, die bis dahin kaum Kontakt zueinander gehabt hatten. Und so versuchte Fritz Folger, ähnlich wie in Schlesien, einen Deutschen Verein zu gründen. Seine Bemühungen wurden von Erfolg gekrönt. Unter etwas ungewöhnlichen Umständen, nämlich im Anschluss an den evangelischen Gottesdienst in der St. Georgenkirche in Preußisch Holland, konnte Fritz Folger im Juli 1991 den Deutschen Freundschaftskreis für die Stadt und den Kreis Preußisch Holland gründen. Durch die verbindliche Art von Fritz Folger gelang durch gute Kontakte zu den polnischen Behörden, insbesondere zum Bürgermeister und Mitgliedern des Stadtrates, die humanitäre Unterstützung der Deutschen.

Bei diesen Aktivitäten blieb es nicht. Innerhalb von zwei Jahren, von 1995 bis 1997, besuchte er sämtliche der über 90 Landgemeinden und die Städte des Kreises Preußisch Holland und fotografierte alles Sehenswerte aus deutscher Zeit, um daraus einen Bildband „Preußisch Holland heute – unsere Heimat in Bildern“, der von der Kreisgemeinschaft herausgegeben wurde, zu erstellen. Sein „Meisterstück“ aber wurde Band 1 des zweibändigen Werkes „Das Kirchspiel Marienfelde–Kreis Preußisch Holland/Ostpreußen–Chronik-Geschichte-Dokumentation“. Dieser Band 1 der Dokumentation mit einem Umfang von 629 Seiten hatte eine wochenlange Arbeit im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin erforderlich gemacht.

Zusätzlich stellte Fritz Folger sein Wissen auch in Niedersachsen in den Dienst der Heimat. 1992 wurde er zum Vorsitzenden der Landsmannschaft Ostpreußen – Ortsgruppe Braunschweig gewählt und 2003 trat er in der Bezirksgruppe Braunschweig der Landsmannschaft Ostpreußen die Nachfolge von Waltraud Ringe an und wurde Stellvertretender Vorsitzender in der Landesgruppe Niedersachsen. Als der Bund der Vertriebenen seine Hilfe erbat, verweigerte er sich nicht und übernahm 2008 den Kreisverband Braunschweig des BdV. 

Fritz Folger erfreut sich eines hohen Ansehens nicht nur bei seinen Landsleuten, sondern bei allen, die ihn mit seinem Engagement für Ostpreußen kennen und schätzen gelernt haben. Dank seines unermüdlichen Einsatzes für die Kreisgemeinschaft Preußisch  Holland, der in den Veröffentlichungen Ausdruck findet, wird für die Nachwelt ein lebendiges Bild von dem jahrhundertealten Siedlungsland Ostpreußen in die Zukunft getragen.

Der Einsatz von Fritz Folger für seine Heimat Ostpreußen wurde von der Landsmannschaft Ostpreußen bereits durch die Verleihung des Silbernen Ehrenzeichens gewürdigt. Sein Wirken ist öffentlich und geht über den engeren landsmannschaftlichen Bereich hinaus.

In Würdigung seiner außergewöhnlichen Leistungen und seines vielfältigen Einsatzes für Ostpreußen verleiht die Landsmannschaft Ostpreußen Herrn Fritz Folger das Goldene Ehrenzeichen. 


S. 21 Lebensstil

Die Stadt, die man hören kann
Polens heimliche Hauptstadt Krakau in diesem Jahr Teffpunkt der römisch-katholischen Weltjugend – Auch der Papst ist dabei

Seit 1984 veranstaltet die römisch-katholische Kirche ihren Weltjugendtag. In diesem Jahr findet das Treffen für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 15 und 30 Jahren aus aller Welt in Krakau statt. Aus diesem Anlass wird auch der Papst in der zweitgrößten Stadt Polens weilen.

Jeder Ort, jede Stadt berührt die Sinne. Doch nicht überall ist die Wahrnehmung so eindeutig wie in Krakau. Polens alte und bis heute heimliche Hauptstadt erkennt man mit geschlossenen Augen: am Klappern der Pferdehufe. Die Polen nennen die Gespanne, die bis in die Nacht hinein durch Krakaus historisches Zentrum fahren, schlicht Droschke oder, noch prosaischer, Pferde-Taxi. Doch so prachtvoll und gepflegt wie Pferde, Wagen und Kutscher sich präsentieren, müsste es eigentlich Cabriolet de Luxe mit zwei PS heißen.

Das historische Zentrum von Krakau, Polens zweitgrößter Stadt ganz im Süden des Landes, steht seit deren Eröffnung 1978 auf der Unesco-Welterbeliste und ist dabei so jung wie alt, so elegant wie gemütlich, so quirlig wie besinnlich, so überraschend wie vertraut, so national wie international und fleißig dabei, diese großartige Mischung stets weiter zu perfektionieren.

An oberste Stelle haben die Krakauer dabei ihre Pferdedroschken gesetzt, die seit dem 19. Jahrhundert durch die Stadt fahren, und maximal fünf Personen befördern. Doch erst heute bilden sie eine glamouröse Luxusmarke, die ihresgleichen sucht. Eine Marke in Schwarz-Rot-Weiß: schwarz-rote Prunkgeschirre mit silbernen Beschlägen, weiße Landauer und in Schwarz-Weiß gekleidete Kutscher, die glänzende Polnische Warmblutpferde lenken, in der Regel Passgespanne, diese allerdings in allen Pferdefarben. Selbst beim Hufbeschlag hört die Übereinstimmung nicht auf. Krakaus Droschkenpferde laufen auf stoßdämpfenden Sohlen, das heißt mit kräftigen Gummipolstern unter den Eisen.

Krakaus gesamte Altstadt ist Fußgängerzone und für den Straßenverkehr gesperrt. Man kann sie zu Fuß erobern, aufs Fahrrad steigen oder in einen Elektrowagen à la Golfplatz. Am erholsamsten und stilvollsten jedoch ist es, man steigt in die Kutsche.

Startpunkt ist der Hauptmarkt mit den Tuchhallen und der Marienkirche, der mit seinen enormen Ausmaßen von 200 mal 200 Metern als Europas größter mittelalterlicher Platz gilt. Krakaus Droschkengewerbe ist ein einträgliches Geschäft. Kein Wagen muss länger als fünf Minuten auf den nächsten Fahrgast warten. Der Kutscher kommentiert während der Fahrt die Sehenswürdigkeiten. Er erzählt vom weltberühmten Veit-Stoß-Altar in der Marienkirche und der „Dame mit dem Hermelin“ von Leonardo da Vinci im Königsschloss auf dem Wawel, von Nikolaus Copernicus und Papst Johannes Paul II., die an Krakaus altwehrwürdiger Jagiellonen-Universität studierten. An Polens ältester und nach der Karls-Universität in Prag Mitteleuropas zweitältester Alma Mater sind noch heute 200000 Studenten eingeschrieben.

Auf dem sogenannten Königsweg führt die Fahrt immer geradeaus durch die Altstadt, vorbei am Wawel, dem Residenzhügel über der Weichsel mit Königsburg und Kathedrale, bis ins jüdische Viertel Kasimierz. Seit Stephen Spielberg hier 1991 den Film „Schindlers Liste“ drehte, hat es sich allen Schrecken der Vergangenheit zum Trotz zum Szeneviertel entwickelt, unüberhörbar an der eingängigen Klezmer-Musik, ein Gemisch aus altjüdischer Volksmusik, Balkan-Rhythmen und Zigeunerklängen. Besonders schön ist diese, wenn Bands wie „Legend of Kasimierz“ spielen, die 2015 sogar beim Schleswig-Holstein-Musikfestival dabei war. Weiteren Einblick gibt das weltberühmte Festival der Jüdischen Kultur, das hier seit Anfang der 90er Jahre alljährlich im Juni und Juli stattfindet.

Besonders rund um den Hauptmarkt erscheint das Gastronomie-Angebot endlos. Dennoch kann es passieren, dass man im Sommer keinen Platz findet. Spätestens dann sollte man sich den Marktplatz von unten ansehen, um festzustellen, dass die ganze historische Pracht auf Müll, Mist und Matsch gebaut ist. Zur 750-Jahr-Feier von Krakaus Neugründung wollte man Krakaus Herzstück eine Schönheitskur verpassen. Die Neugründung war 1257 erfolgt, nachdem die Stadt während des Mongoleneinfalls 1241 zerstört worden war. In der neu gegründeten Stadt galt übrigens das Magdeburger Recht, das von vielen Städten in Polen und Russland übernommen worden war.

Was als oberflächliche Kosmetik gedacht war, entpuppte sich als archäologische Sensation und wurde von 2005 bis 2010 zu einer einzigen Ausgrabungsstätte. Die Fülle und Qualität der rund 11000 Funde führte dazu, dass unter den Tuchhallen (Eingang) ein über 3000 Quadratmeter großes unterirdisches Museum eingerichtet wurde. In situ, denn die Ausstellung befindet sich genau auf der Ebene, die noch vor 1000 Jahren der eigentliche Marktplatz war. Der Grund: Im Mittelalter hat man die Abfälle, darunter den Mist der vielen Tiere, nicht beseitigt, sondern regelmäßig mit Sand und Stroh zugeschüttet. Allein im 14. Jahrhundert wuchs die Stadt auf diese Weise in 50 Jahren um drei Meter, so dass Erdgeschosse bald zum Keller wurden.

Über Jahrhunderte war Krakau wichtiger Schnittpunkt transkontinentaler Handelswege, von der Ostsee zum Mittelmeer, von Ost- nach Westeuropa, von Nowgorod nach Wien, Nürnberg und Köln. Nürnberg und Leipzig sind bis heute wichtige Partnerstädte. Dabei fanden gigantische Transaktionen statt, vor allem beim Verkauf von Salz, Kupfer, Blei und Tuch, mit Salzblöcken von bis zu 2,5 Tonnen, Kupferscheiben von 20 bis 40 Kilogramm und Bleistücken bis zu 700 Kilogramm.

Der Handel machte Krakau so reich, dass im 14. Jahrhundert das erste Anti-Luxus-Gesetz eingeführt wurde. Blickt man auf die alte Wasserversorgung oder in die noblen Fachgeschäfte für Schuhe, Fibeln, Schnallen, Messer, Waffen, Schmuck, Kinderspielzeug, Glücks­spiele, Waagen und Gewichte, Kämme, Pinzetten oder Ohrstäbchen, ist der einstige Wohlstand unübersehbar.

Doch Krakau wäre nicht Krakau, gäbe es seit Mai 2011 nicht auch ein Museum für internationale Gegenwartskunst. Das „Mocak“ befindet sich in den Räumen der ehemaligen Emaillewarenfabrik von Oskar Schindler. Und Krakau wäre nicht Krakau, gäbe es jenseits der Weichsel nicht auch das 1994 eröffnete Museum der Japanischen Kunst und Technik, das 2002 sogar vom japanischen Kaiserpaar besucht wurde.

                Helga Schnehagen


»Pack die Badehose ein«
Am Berliner Wannsee gibt es Riviera-Gefühl mitten in der Großstadt

Fast jedem ist dieser Schlager von 1951 der damals kleinen Cornelia Froboess be­kannt. Einem breiteren Publikum wurde dadurch auch der be­rühmte Wannsee im Südwesten Berlins, heute Bezirk Steglitz-Zehlendorf, ein Begriff. Wer die Tore der bedeutendsten Freizeiteinrichtung Berlins, des Strandbads Wannsee, durchschreitet, dem eröffnet sich ein Panorama­blick der Sonderklasse: Feiner gelber Ostseestrand, der sich am Ostufer des Großen Wannsees verteilt, gespickt mit Strandkörben, in denen sich Erholungssuchende an der brandenburgischen Riviera tummeln. Wer den bewaldeten Horizont ausblendet, kann sich ganz schnell weit weg träumen.

Aus einer gesellschaftlichen Bewegung heraus, der Großstadt entfliehen zu wollen, wurde um 1907 am Wannsee ein 200 Meter breiter Uferstreifen als erste öffentliche Badestelle ausgewiesen. Zurück zur Natur sollte es gehen, um die Enge der Millionenstadt wenigstens am Wochen­ende hinter sich zu lassen. Der Kaufmann Bernhard Frankenthal pachtete 1909 das Areal und eröffnete das „Freibad Wannsee“, bestehend aus einem Herren-, Damen- und einem Familienbad.

Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde durch Eingemeindung der umliegenden Orte die Stadt zur Millionenmetropole „Groß-Berlin“. 1924 übernahm der Berliner Magistrat das Freibad und weitere zwei Jahre später wurde die „Freibad Wannsee GmbH“ gegründet. Hermann Clajus, Berliner SPD-Stadtverordneter, wurde zum ersten Geschäftsführer gewählt und veränderte das Aussehen des Freibades nun nach seinen Vorstellungen. Umkleidezelte wurden durch Holzbauten nach Entwürfen des Stadtbaurates Ludwig Hoffmann ersetzt, sanitäre Anlagen ausgebaut und die Länge des Badestrandes erweitert. Auch hatte das Bad nun ganzjährig geöffnet.

Aber auch in Berlin tat sich viel. Die S-Bahnstrecke von Erkner nach Potsdam wurde 1928 in Betrieb genommen. Nun konnten Berliner von „jwd“, janz weit draußen, viel schneller hierher reisen. Die Anzahl der Badegäste stieg auf 900000 im Jahr und überschritt somit die Kapazitätsgrenze des beliebten Erholungsortes. Der Berliner Magistrat beauftragte den Stadtbaudirektor Martin Wagner und den Architekten Richard Ermisch mit der Planung eines Neubaus. Im Stile der Neuen Sachlichkeit sollten mit modernsten Methoden des Stahlskelettbaus vier mit Klinker verkleidete Hallen entstehen, deren Dächer als Sonnenterrasse dienten. Wegen der Weltwirtschaftskrise konnte nur die Hälfte der geplanten Anlagen realisiert werden. Nach einjähriger Bauzeit wurden die Gebäude 1930 eingeweiht. Das modernste und größte Binnenfreibad Europas verfügte über einen 1300 Meter langen Sandstrand, Hallen, Terrassen zum Sonnenbaden und Flanieren, Restaurants, Geschäfte, Duschräume, vielerlei Sportmöglichkeiten und einen weiträumigen Freizeitpark.

Kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten verlor Hermann Clajus sein Mandat als SPD-Stadtverordneter und sein Amt als Geschäftsführer des Wannseebades. Am 18. März 1933 nahm er sich in den dortigen Diensträumen das Leben. Die gemeinnützige „Strandbad Wannsee GmbH“ wurde 1935 liquidiert und das Freibad 1937 der Bezirksverwaltung Zehlendorf angegliedert. Seit 1935 wurde Juden durch ein Schild am Kassenhäuschen das Baden nicht mehr erlaubt und ab 1938 auch gesetzlich verboten.

Gleich nach Ende des Zweiten Weltkrieges kam das Bad unter sowjetische Militärverwaltung. Ab 1947 gab der US-Stadtkommandant das Gelände wieder zum Baden frei. Im selben Jahr wurde eine Gedenktafel für Hermann Clajus am Haupthaus angebracht. Das Strandbad gehört seit 1996 zu den neu gegründeten Berliner Bäderbetrieben. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen erfolgten durch die Stiftung Denkmalschutz Berlin zwischen 2004 und 2007 mithilfe finanzieller Förderung durch die Stiftung Deutsche Klassenlotterie. Somit konnte das Freibad im Jahre 2007 zu seinem 100. Geburtstag zur Freude zahlreicher Berliner wieder für den Badebetrieb geöffnet werden.  Silvia Friedrich


Hoffnung für Blinde
Chip bringt Teil des Sehvermögens zurück

Erblinden gehört wohl zu den einschneidendsten Krankheitserfahrungen überhaupt. Therapiemöglichkeiten gibt es kaum. Allerdings ist es inzwischen möglich, mit modernster Technik einen Teil des Sehvermögens wieder herzustellen. Zum ersten Mal seit zwölf Jahren haben nun Ärzte an der Klinik für Ophthalmologie [Augenheilkunde] des Kieler Universitätsklinikums Schleswig-Holstein einem Patienten einen Sehchip in die Netzhaut implantiert. Darüber hinaus ist es die erste Operation dieser Art im norddeutschen Raum.

Der Betroffene leidet an der sogenannten Re-tinitis pigmentosa. Das ist eine genetische Erkrankung, bei der die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut nach und nach absterben. Als Kind und Jugendlicher konnte er noch sehen, ist aber nach und nach erblindet. Ein Ärzteteam um Institutsleiter Professor Johann Baptist Roider setzte dem Patienten daher einen Mikrochip in die Netzhaut ein. Der Chip ist 17 Millimeter dick und nimmt eine Fläche von drei mal drei Millimetern ein. Das ist ungefähr die Größe eines Stecknadelkopfes. „Durch die Platzierung unter der Netzhaut können erstmals die natürlichen Blick­zielbewegungen und Blickrichtungen des Auges genutzt werden, um ein Bild zu erzeugen. So können Gegenstände ohne Kopfbewegungen erfasst werden“, sagt Roider. Seine Energie bezieht der Chip zum Teil aus Fotodioden, zum Teil über eine Induktionsspule hinter dem Ohr, die mit einer externen Stromquelle verbunden ist.

Nach Angaben der Klinik hat der Patient die Operation gut vertragen. Er kann jetzt helle Objekte auf einem dunklen Untergrund oder Lichtquellen erkennen. Das Ärzteteam um Professor Roider erwartet, dass der Chip mehrere Jahre hält. Allerdings ist dieser Chip erst rund zehn Pa-tienten eingepflanzt worden, so dass die tatsächliche Funktionsdauer noch nicht bekannt ist. Der Chip selbst eignet sich nur für Patienten, die früher sehen konnten, heute aber nicht mehr als einen Lichtschein wahrnehmen können. Denn nur wenn sie sehfähig waren, ist die Sehrinde im Gehirn ausgebildet, und die anderen Schichten der Netzhaut sind funktionsfähig.

Weltweit haben bisher 30 Patienten den Netzhaut-Chip erhalten, so in Tübingen, Dresden, Oxford, Budapest und Singapur. Das Kieler Institut plant nach diesem Erfolg weitere Operationen.       Friedrich List


S. 22 Neue Bücher

Eine Zukunft, die keine ist
Berührende Kinderschiksale

Das Wort „verstörend“ ist ein großes Wort, und man sollte es eher sparsam einsetzen. Der Duden gibt die Umschreibung „aus dem seelischen Gleichgewicht bringen“ an. Auf den neuen Roman des in Vorarlberg und Wien lebenden Schriftstellers Michael Köhlmeier trifft es aber zweifelsfrei zu.

Der Textumfang ist gering – was dazu beiträgt, dass man sich völlig in die von Köhlmeier gezeichnete Atmosphäre fallen lassen kann und das Buch erst wieder aus der Hand legen muss, wenn man die ganze Geschichte der sechsjährigen Yiza, des „Mädchens mit dem Fingerhut“, gelesen hat. Der Autor versteht es meisterhaft, den Leser in eine bestenfalls unschöne, im schlimmeren Fall abstoßende und immer kalte Welt zu ziehen, mit Figuren, denen er nie so richtig nahe zu kommen scheint, und ihn dennoch durch die Handlung zu treiben.

Die Erzählung spielt in einer ungenannten mittel- oder westeuropäischen Großstadt und deren Umland. Begriffe wie „Stiege“ oder „Heustadel“ deuten auf Österreich oder Süddeutschland hin. Yiza wird täglich von einem Onkel losgeschickt. Bei einem Lebensmittelhändler, der sie nicht kennt, lässt sie sich versorgen. Sie ist eine Fremde, die Sprache versteht sie nicht. Zunächst verschwindet sie allabendlich, um von besagtem Onkel wieder mitgenommen zu werden. Eines Tages aber wird sie allein stehen gelassen. Sie findet nicht zurück zum Geschäft, übernachtet wegen der Kälte in einem Müllcontainer und wird schließlich in ein Kinderheim gebracht. Eine Schwester schließt das Mädchen, welches offenbar leicht Zuneigung auf sich zieht, sehr schnell ins Herz. Und dennoch ist da immer Distanz („Weil man ihr gesagt hatte, das Kind verstehe ihre Sprache nicht, fiel es ihr besonders leicht, Gutes zu sagen...“). Ein 14-jähriger, Schamhan, der ebenfalls im Heim untergebracht ist, spricht ihre Sprache, bietet ihr Schutz und schenkt ihr einen Fingerhut – den Yiza wie einen Schatz hütet. Schamhan und ein deutlich jüngerer Freund, Arian, fliehen und nehmen das Mädchen mit.

Kein Wort über die Herkunft der Kinder – die Namen und die Speisevorlieben („Huhn oder Lamm“) geben Raum für Spekulationen. Die fehlende Nähe, die sprichwörtliche Sprachlosigkeit – nur Schamhan spricht die jeweilige Sprache der beiden anderen – lasten stark. Yiza ist Leid- und Leitfigur, doch weitgehend passiv.

Die drei Kinder schlagen sich durch, hungern, frieren und stehlen. Sie werden von der Polizei aufgegriffen. Die Flucht gelingt nur Yiza und Arian – die eng zusammen bleiben, jedoch nicht miteinander kommunizieren können. Sie brechen ein und lassen sich in einem Gewächshaus nieder. Die Besitzerin entdeckt sie, holt die inzwischen erkrankte Yiza zu sich und verjagt Adrian. Die ältere Frau gibt sich liebevoll und kümmert sich um das Mädchen, hält es aber quasi gefangen.

Am Ende erschlägt Arian – ein Kind – die Frau. Mit Yiza geht er einer Zukunft entgegen, die keine ist. In gewisser Weise haben Yiza und Arian schon zuvor zusammengefunden, in einem – gemeinsamen – Traum reden sie sogar miteinander. Dies ist die vielleicht einzige Stelle des Buches, die als wirklich schön bezeichnet werden kann. Man mag Details oder die ganze Handlung metaphorisch aufgeladen deuten oder die Geschichte als Schilderung realer Gegebenheiten auf sich wirken lassen und sich fragen, warum es hier so schwer fällt, Mitleid zu empfinden. Eine seltsame Faszination hält in jedem Fall von der ersten bis zur letzten Seite an.   Erik Lommatzsch

Michael Köhlmeier: „Das Mädchen mit dem Fingerhut“, München, Hanser-Verlag, 2016, 140 Seiten, 18,90 Euro


Im Griff der Räuber
Josef Braml nimmt die Demokratie der USA unter die Lupe

Sachkundig führt der Autor in das Selbstverständnis der amerikanischen Demokratie ein und zeigt ihre guten wie ihre schlechten Seiten. Braml ist „USA-Experte“. Er leitet die Redaktion des „Jahrbuchs Internationale Politik“ in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Schon die Vorbemerkung hat es in sich: Im „Land der Freien“ hätten die Besitzenden seit jeher den Ton angegeben, seien die USA im Griff der „Räuberbarone“ gewesen. „Wirtschaft und Politik in den USA werden wieder von Ölmagnaten, vom militärisch-industriellen Komplex, von Immobilien- und Finanzimperien und den Giganten der Medien und der Informationstechnologie wie Google und Apple beherrscht.“

Die US-Notenbank betreibe „Sozialismus auf hohem Niveau“: „Indem die Verluste der Finanzakteure sozialisiert wurden, hebelte der als Notenbank verkleidete Staat die Grundlage kapitalistischer Ordnungen aus, nämlich das Haftungsprinzip: dass jene, die Fehler begehen, dafür die Verantwortung tragen.“ Durch das Gelddrucken der Notenbanken und die niedrigen Zinsen enteigne der Staat die Sparer. Wenn der Souverän, der Bürger, entmündigt werde, dann sei das demokratische Fundament bereits ausgehöhlt. Braml: „Im global vernetzten ,Raubtierkapitalismus‘ treiben die ,Märkte‘ ohnehin schon die überforderten Politiker, insbesondere auch jene der Europäischen Union, vor sich her“. Auch die Europäische Zentralbank habe kein anderes Rezept, als sinnlos neues Geld zu drucken.

Braml fordert einen unabhängigen Staat: „Der Staat soll weder den Wirtschaftsprozess zu steuern versuchen noch die Wirtschaft sich selbst überlassen: staatliche Planung der Formen – ja; staatliche Planung und Lenkung des Wirtschaftsprozesses – nein.“ Er fordert, „die kritischen Fähigkeiten des Menschen“ freizusetzen, doch wie solle das gelingen, wenn die Bürger auf die Experten- und Medienmeinung angewiesen seien, um sich ein Bild von dem machen zu können, was in der Welt geschieht? Sie können vor lauter Desinformation, Manipulation und Propaganda die Wahrheit nicht mehr erkennen. „Politik werde in den USA von Gleichgesinnten gemacht, deren Netzwerke Politiker, Lobbyisten, Medienvertreter und Experten umspannen. Repräsentanten sollten den Willen des Volkes repräsentieren, doch das täten sie nicht. Kein Wunder, dass das „Vertrauen“ in die eigene Regierung auf ein Rekordtief gesunken sei. Das gelte längst auch für Europa.

Das Buch ist übersichtlich in sechs Großkapitel gegliedert und lenkt aus immer anderer Perspektive den Blick auf Defizite und offene Wunden. In dem Kapitel „Die Macht der Wirtschaft – wo das Geld über die Politik entscheidet“  kritisiert Braml, dass in den 1990er Jahren die USA das „Turbotriebwerk der Finanzliberalisierung“ starteten, doch nach dem Finanzcrash samt Bankenpleiten werde „die Illusion einer freien Wirtschaft vom Staatstropf genährt“, mit dem Geld der Staatsbürger. Doch schon laufe man einer neuen Illusion nach, dem Zauberwort „Big Data“. Wer die Macht der Daten habe, verfüge auch über Wirtschaftsmacht. Beängstigend sei auch die Macht der Mediengiganten. Die „großen Sieben“ der USA führten das Ranking der weltweit größten Medienkonzerne an. Der Preis? „Weniger Auswahl und noch weniger Qualität.“ Wir näherten uns weltweit einer „Informationswüste“, in der es keine Vielfalt, sondern „nur die Vervielfältigung weitgehend gleicher, häufig sehr leichter Inhalte“ gebe. Wir würden mehr und mehr konditioniert, wie es Pawlow mit seinen Hunden getan hat in Richtung auf eine globale „Schwarmintelligenz“. Den Ton gebe dann eine kleine „Elite“ an, die auf extrem teuren privaten „Elite-Universitäten“ gezüchtet werde. Die „Masse“ habe zu folgen, schnell zu reagieren.

Mit dieser „Spezial-Elite“ würden die „Thinktanks“ als Ideen- und Personalagenturen, werde die US-Verwaltung bestückt, die sich der exekutiven Gewalt des Präsidenten entzögen. Schwachen Parteien stünden starke Interessengruppen gegenüber, die professionell perfekt gerüstet seien und die politischen Entscheidungsprozesse dominierten. Die Lobbyismus-Industrie sei ein rasant wachsender „Industriezweig“, der nichts produziere als Meinungen und Interessen. Bei den Präsidentenwahlen, den Kongresswahlen wie den Senatorenwahlen spiele Geld eine herausragende Rolle, sodass der Spruch „Geld regiert die Welt“ durchaus seinen Sinn habe.

Das Buch erschüttert und macht nachdenklich, insbesondere im Hinblick auf den wie selbstverständlich angenommenen Anspruch der USA, eine „globale Ordnungsfunktion“ zu besitzen, um eine „Weltordnung amerikanischer Prägung“ zu etablieren, auch mit Gewalt.

Wer zu seiner eigenen politischen Mündigkeit beitragen will, der muss das Buch lesen. Wolfgang Thüne

Josef Braml: „Auf Kosten der Freiheit. Der Ausverkauf der amerikanischen Demokratie und die Folgen für Europa“, Quadriga-Verlag, Köln 2016; gebunden, 224 Seiten, 22 Euro


Reisen mit der Angst
Jan Kowalsky erzählt mit viel Komik von gefährlichen Abenteuern

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Und wenn er diese gar nicht machen wollte, noch mehr. Der Illustrator und Autor Jan Kowalsky berichtet in seinem Buch „Als Schisser um die Welt“ von einem, der mitmusste. Seine Frau nämlich liebt das Reisen jenseits des Pauschaltourismus. Und er liebt sein Sofa und seine Frau. Sich zwischen diesen beiden zu entscheiden fällt schwer. Des Öfteren hat er klein beigegeben und seine Furcht vor den wilden Abenteuern unter-

drückt. Lockte ihn seine Frau doch in die entlegensten Gebiete dieses Planeten. Auf einsame Inseln, die man nur nach endloser Reisezeit erreichen kann, in den afrikanischen Busch, nach Asien und in die USA. Die Geschichten in zehn Kapiteln dienen als Ventil seines Unmuts darüber, doch mitgeflogen zu sein und sich den Gefahren des Lebens zwangsläufig gestellt zu haben. Dass am Ende eine Wandlung mit ihm passiert, ist interessant und spannend nachvollziehbar zu lesen.

Dazwischen wirken diese Reisebeschreibungen als sehr unterhaltsame Reiselektüre mit so viel Komik, dass man sich das Ganze auch als verfilmte Komödie vorstellen könnte. In der Phantasie des Autors begegnen ihm menschenfressende Riesenechsen, die allseits grassierende Malaria, Wanderungen durch Schlangengebiete ohne Karte und Wegweiser mit nichts als Nahrung außer getrocknetem Zebra-Fleisch. Auf seiner Schulter thronen seine übervorsichtigen Eltern mit Kuchen in der Hand, um ihn aufs heimische Sofa zu locken, auf der anderen Schulter sein Hausarzt im Teufelskostüm, der ihm rät, sich endlich mal an die Klippen des Lebens zu wagen. Wer genau diesen Humor mag, wird immer wieder lauthals lachen müssen. Kowalsky versah die Berichte zusätzlich auch noch mit lustigen Zeichnungen, in denen die ganze Tragik seines Daseins festgehalten wird.

Herrlich selbstironisch, urkomisch und belustigend, hilft das Buch jedem, dem es ähnlich geht mit geteilten Ängsten durch Wiedererkennungseffekt. Allen anderen dient es als unterhaltsamer Begleiter auf langen Flug- oder Bahnstrecken und macht einfach nur Spaß.         Silvia Friedrich

Jan Kowalsky: „Als Schisser um die Welt. Die Geschichte von einem, der mitmusste“, Goldmann Verlag, München 2015, Taschenbuch, 320 Seiten, 8,99 Euro


Vom Verfolgten zum Außenminister der USA
Niall Ferguson zeichnet den Weg Henry Kissingers vom jüdischen Auswanderer an die Spitze der amerikanischen Politik

Niall Ferugson hatte Zugang nicht nur zu Kissingers privaten Unterlagen, sondern ebenso zu weiteren 8380 Dokumenten und konnte etliche Persönlichkeiten in vielen Erdteilen interviewen, galt Kissinger doch zu seiner Zeit als einflussreichster amerikanischer Politiker. Zu werten ist er als Idealist, dessen Ziele stets Freiheit und Gerechtigkeit sowie ein dauernder Friede waren. Misstrauen hegte er stets gegen „Realisten“, die viele Länder dem Kommunismus überließen, nur um keine Ausein­andersetzung zu riskieren.

Als Jude blieb seiner Familie nur die Auswanderung aus ihrer deutschen Heimat. Doch auch in den USA hatten die Verfolgten es nicht leicht. Neben seiner harten Fabrikarbeit besuchte der junge Flüchtling die Abendschule, sehr bald das New Yorker College, um 1943 US-Soldat zu sein. Nach Kriegsende war er feindselig gegenüber den Deutschen ein­gestellt und hatte lange Zweifel an deren Demokratie-Bekenntnis, um dann doch einen Unterschied zwischen NS-Verbrechern, den vielen Mitläufern und gar den Opfern zu machen.

Sehr früh kritisierte er die unge­nügende Einschätzung Wa-shingtons der sowjetischen Gefahr: Moskau wolle durch Erpressung den Westen allmählich zur Kapitulation zwingen, jede Konzession gegenüber dem Kreml würde nur als Schwäche gewertet. Nach dem Sputnik-Abschuss fürchtete er – zu Unrecht – die UdSSR hätte die USA im Bau von Langstrecken­raketen überholt. „Wir haben uns zu lange für relativ unverwundbar gehalten“, kritisierte er Eisenhower. 1959 wurde er Professor an der Harvard-Universität.

Damals erklärte Chrusch-tschow West-Berlin zur „Freien Stadt“. Für den Fall einer sowjetischen Besetzung forderte Kissinger ein Ultimatum und notfalls einen Krieg „als letztes Mittel, wenn die Freiheit Berlins nicht anders zu verteidigen ist“. Kissinger, der nie zu den Beratungen hinzugezogen wurde, warf Kennedy nach dem Bau der Berliner Mauer „Inkonsequenz, Unentschlossenheit und gescheiterte Politik“ vor.

Die damalige Kuba-Krise sah auch er nicht voraus. Er erachtete sie nicht als echte Kriegsdrohung Moskaus, doch müssten die Vereinigten Staaten für eine Eskalation bis hin zu einem großen Krieg bereit sein und das die Russen fühlen lassen.

Wahres Ziel Chruschtschows war indes, die Amerikaner in Berlin mattzusetzen. Erst relativ spät sah Kissinger diese Verbindung: „Was immer wir in Bezug auf Kuba tun, gibt ihm die Möglichkeit, das Gleiche in Bezug auf Berlin zu tun.“ Umso mehr trat er für die Einheit Deutschlands ein, sie sei die Voraussetzung für eine echte europäische Sicherheit. Sie sei zugleich eine Frage des Prinzips der Selbstbestimmung. Zuweilen scheint dabei die Sorge der USA vor einem neuen Rapallo der Deutschen eine gewisse Rolle gespielt zu haben; auch die negative Erinnerung Kis­singers an das naive Verhalten von London und Paris beim Münchner Abkommen 1938 ist im Buch mehrfach deutlich zu spüren. Beim Vietnam-Krieg wandte Kissinger sich scharf gegen das „halbherzige“ Verhalten Washingtons, wobei der Leser ein recht negatives Bild von den internen Streitigkeiten innerhalb der einzelnen US-Ministerien erhält. Deren allgemeine Ansicht von einem Sieg der USA bezeichnete er relativ früh als „Hirngespenst“. „Die mangelnde Fähigkeit (der US-Truppen), den Guerilla-Methoden des Gegners wirkungsvoll entgegenzutreten, das übertriebene Vertrauen auf die Wirksamkeit der Luftangriffe, die fehlende Kooperation zwischen den Behörden sowie die chronische Schwäche des südvietnamesischen Regimes ließen einen Sieg aussichtslos werden.“

Bereits 1966 fragte er Washington, wie Amerika den Krieg beenden könne, ohne gedemütigt zu werden. Friedensverhandlungen lehnte Hanoi stets ab, auch Versuche von Verhandlungen über Paris und Moskau blieben erfolglos. China zeigte kein Interesse an einem Frieden. Das Ende ist bekannt …

1968 wurde Nixon zum US-Präsidenten gewählt, Kissinger stieg zum Nationalen Sicherheitsberater auf. Damit endet aber auch dieses Buch; seine Jahre als US-Außenminister wird der Inhalt eines zweiten Buches widerspiegeln, das zweifellos noch interessanter sein wird als seine bisherigen Lebensjahre.

                Friedrich-Wilhelm Schlomann

Niall Ferguson: „Kissinger. Der Idealist“, Propyläen-Verlag, Berlin 2016, gebunden, 1120 Seiten, 49 Euro


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S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Die gute Fee / Wie Merkel die Lage am Bosporus klärte, wie unser Leben verändert wird, und warum  Boris Johnson ein schwieriger Buhmann ist

Wieso ist der Mann überhaupt noch an der Macht? Neigte sich die Ära Erdogan nicht schon vergangenen Sommer ihrem Ende entgegen? Zumindest hatte der türkische Machthaber bei den Wahlen im Juni 2015 die absolute Mehrheit verloren. Und Koalitionen kommen für einen, der alles will, kaum in Frage.

Also wurden Neuwahlen für den 1. November 2015 anberaumt. Doch die Umfragen zeigten: Das Ergebnis vom Juni würde sich wohl wiederholen, Erdogan wäre zur Zusammenarbeit mit anderen Parteien gezwungen worden oder hätte von der Spitze seiner Partei abtreten müssen, damit ein anderer das macht.

Es war zum Verzweifeln, aber dann erschien Merkel im Oktober kurz vor dem Wahltag in der Türkei und klärte die Lage. Die türkische Opposition mag sich große Hoffnungen gemacht haben. Schließlich hatten die Berliner Demokraten, auch die von Merkels CDU, doch immer betont, dass sie sich für den Erhalt von Demokratie und Menschenrechten in der Türkei einsetzten und fest hinter der gebeutelten Opposition stünden.

Ja, da stand Merkel wirklich, allerdings nur in dem Sinne, dass man erst hinter jemanden gelangen muss, um ihm einen Dolch in den Rücken zu rammen. So versetzte die deutsche Kanzlerin der eben noch hoffnungsfrohen türkischen Opposition nur wenige Tage vor der Wahl den Todesstoß, indem sie den wankenden Erdogan mit Geschenken nur so überschüttete.

Visa-Freiheit stellte Merkel in Aussicht, die EU-Beitrittsverhandlungen würden ab sofort eine „Dynamisierung“ erfahren (Merkel: „Dieser Prozess hat jetzt begonnen“) und obendrauf werde es noch Milliarden an Euros auf die Türkei regnen. Nach diesen Ankündigungen lag die Opposition zerschmettert in ihrem Blut, Erdogan stand als strahlender Sieger da und auch der letzte Wechselwähler von Istanbul bis Incirlik wusste nun, wo er sein Kreuz machen sollte: Wenn sogar die Chefin der größten Demokratie der EU dem Erdogan so um den Bart geht, kann er ja gar nicht schlimm sein. Am 1. November holte Erdogans AKP mit Bravour die absolute Mehrheit zurück, die in Deutschland lebenden Türken gaben ihr sogar zu 60 Prozent ihre Stimmen. Dermaßen gestärkt ging der AKP-Führer vermutlich daran, jene schwarzen Listen anzufertigen, die er nun, von einem nebulös-dilettantischen Putsch zur absoluten Macht gepuscht, abarbeitet.

Warum aber hat Merkel für Erdogan die gute Fee gespielt? Die CDU-Chefin hatte sich und ihr Land mit ihrer „Willkommenskultur“ metertief in den Morast geritten. Der Türke sollte ihr weitere Massen an Asylsuchern aus dem Orient vom Hals halten. Oder zumindest so tun,  als täte er das, damit die Deutschen den Eindruck gewinnen, es täte sich was. Dafür war Merkel zu allem bereit, auch zum Dolchstoß in den Rücken jener türkischen Oppositionellen, welche in den deutschen Demokraten bis dahin ihre Freunde gesehen hatten.

Ob Erdogan die Hilfe der Kanzlerin zu nutzen weiß und nun seinen Traum vom radikal-islamischen Führerstaat endlich verwirklicht? Da sind wir optimistischer denn je: Der schafft das! Und wenn es einmal haken sollte, ist Merkel sicherlich gern bereit, ihm abermals unter die Arme zu greifen.

Allerdings sollte sie dabei die Entwicklung an der Heimatfront nicht ganz aus dem Blick verlieren. Zwar gibt sich die AfD derzeit alle Mühe, den Regierungsparteien mittels Selbstzerfleischung den Rücken freizukämpfen. Doch das Massaker von Nizza und nicht zuletzt der Amoklauf des jungen Afghanen in der Eisenbahn lassen ungute Gefühle aufkommen.

Grüne und andere Politiker freuen sich ein Bein aus darüber, dass die massenhafte Zuwanderung aus dem Orient das Leben der Deutschen grundlegend verändern wird – besonders der Frauen, darf vermutet werden. Nun aber tritt zunehmend die Aussicht hinzu, dass das Leben vieler Menschen hierzulande nicht bloß verändert, sondern beendet werden könnte durch die Hand des einen oder anderen Schutzsuchenden, der „vor Krieg und Verfolgung Zuflucht bei uns gefunden hat“. Diese Ahnung sorgt für Unmut, mehr und mehr Deutsche haben richtig Angst vor dem radikal-islamischen Terror. Die Bürger wollen Taten sehen, fordern effektiven Schutz und politische Konsequenzen.

Zum Glück hat die Politik den Ernst der Lage erkannt und geht das Übel gemeinsam mit den Sicherheitsorganen energisch an – indem sie im Auftrag von SPD-Justizminister Maas Leuten auf die Pelle rücken, welche ihrer Angst in ungeschlachten Worten im Internet Ausdruck geben. Das ist nämlich „Hatespeech“, zu Deutsch: Hassrede. Solche Reden werden von Beamten und privaten, staatlich geförderten Schnüfflern, darunter auch Linksextremisten, im Netz aufgestöbert, was bis zum polizeilichen Hausbesuch führen kann.

Innenminister de Maizière sagt, völligen Schutz vor Terror-Attacken könne es nicht geben. Da hat er natürlich recht, zumal wenn die Beamten gerade mit etwas anderem beschäftigt sind, etwa dem Aufspüren und Aufsuchen von deutschen „Hassrednern“. Was derweil in den von Erdogans Türkei massiv geförderten Moscheen in Deutschland „geredet“ wird, wollen wir lieber nicht so genau wissen. Das könnte schließlich dazu führen, dass „Rechtspopulisten“ das Gefundene „ausschlachten“.

Immerhin so viel: Im „Handelsblatt“ berichtete Wolfram Weimer im Mai über ein Comic für Kinder, das die staatliche türkische Religionsbehörde Diyanet herausgibt. Dort werde den Kindern vom „Märtyrertod“ vorgeschwärmt, was man wie Werbung für eine Karriere als islamischer Selbstmordattentäter verstehen könnte. Diyanet dirigiert Weimer zufolge die deutschen Ditib-Moscheen immer direkter, was die Gemeinden quasi zu Vorfeldorganisationen der AKP mache. Ob das den Genossen Maas interessiert? Wahrscheinlich nicht besonders. Wenn Sie allerdings auf die Idee kommen sollten, in einem Internet-Kommentar die türkische Moschee-Expansion in Deutschland als „gezielten Feldzug zur Islamisierung des Abendlandes“ zu verunglimpfen, könnten Sie durchaus die Aufmerksamkeit der Behörden und Hilfsschnüffler („Pegida-Jargon!“) erheischen.

Was schimpfen Sie? Da werde auf groteske Weise Gefährlich und Harmlos vertauscht und mit zweierlei Maß gemessen? Selbstverständlich wird es das. Das mit dem zweierlei Maß machen wir doch immer so! Längst nicht nur, wenn es um den radikal-islamischen Terror und die Furcht und Wut der Deutschen geht.

Kurz nach dem Brexit-Referendum erregten sich Medien und Politiker, weil die prominenten Fürsprecher von Londons EU-Abschied „auf Tauchstation“ gegangen seien und sich „der Verantwortung entziehen“, da sie nicht nach den hohen politischen Ämtern strebten, welche den Abschied Britanniens nun durchzuziehen hätten. Der langjährige EU-Gegner Nigel Farage und Londons Ex-Bürgermeister Boris Johnson standen ganz vorn auf der Abschussliste.

Als kurz darauf bekannt wurde, dass die neue Premierministerin Theresa May Boris Johnson zu ihrem Außenminister gemacht hatte, legten die Kritiker eine bemerkenswerte Wende hin. Nun fragten sie aufgeregt, ob es denn angehen könne, dass „so einer“ wie Johnson Außenminister wird.  Eben noch schimpften sie, dass er sich vor hohen Ämtern drücke, dann giften dieselben, dass er eines bekommen hat. Immer wie’s gerade passt.

Johnson passt leider gar nicht, wenn es darum geht, ein Feindbild aufzubauen. Mit seiner robust-freundlichen Art hat er sogar die EU-Außenminister in Brüssel menschlich eingenommen. Für unsere Staats- und Konzernmedien, die so gern im erbarmungslosen Gut-Böse-Kontrast schwelgen, könnte der sympathische Brite noch zum Problem werden.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Rechtsstaat droht zu »erodieren«

Berlin – Der frühere Richter am Bundesverfassungsgericht Udo di Fabio warnt vor einer „Erosion des Rechtsstaats“. Angesichts der sehr geringen Zahl von Verurteilten nach den Kölner Silvester-Exzessen sprach er laut „Focus“ vom „Unvermögen des Rechtsstaats, Straftaten zu ahnden“. Dieses Unvermögen erzeuge Ängste und Sorgen, die sehr ernst genommen werden müssten.  Über Risiken offener Grenzen müsse nüchtern diskutiert werden.              H.H.

 

Trachtenkapelle attackiert

Salzburg – Ein 26-jähriger Bundesdeutscher hat in Salzburg eine Volksmusikkapelle angegriffen, als „Nazis“ beschimpft und mit dem Mittelfinger beleidigt. Dies berichten die „Salzburger Nachrichten“. Die Trachtenträger hatten an der dreitätigen Feier der „Salzburger Volkskultur“ teilgenommen. Der Mann attackierte den Stabführer und riss ihm den Stab aus der Hand. Die Kapellen-Mitglieder übergaben den Angreifer der Polizei.             H.H. 

 

Strippenzieher im Exil?

Sehr schnell machte Tayyip Recep Erdogan den Schuldigen für den Militärputsch und seinen geplanten Umsturz aus. Er beschuldigte seinen in Saylorsburg im US-Staat Pennsyilvania lebenden Erzfeind Fethulla Gülen, mithilfe dessen einflussreicher islamischer Hizmet-Bewegung von den USA aus den Militärputsch eingefädelt zu haben. Der 75-jährige Imam weist alle Schuld zurück und beschuldigt seinerseits Erdogan, den Coup  inszeniert zu haben, um mit harter Hand seine Gegner ausschalten zu können.

Gülen war Anfang der 2000er Jahre ein Mistreiter Erdogans, indem er dessen islamisch-konservative Partei AKP unterstützte und Erdogan so half, die kemalistischen Eliten in der öffentlichen Verwaltung, im Bildungssystem und in der Justiz durch gläubige Muslime zu ersetzen. Gülen hat Millionen Anhänger in der Türkei, gründete tausende Schulen und Wohltätigkeitsorganisationen. Er verfügt über ein weltweites Netzwerk von Stiftungen, die er von seinem Exil aus steuert. Anders als Erdogan setzt die Gülen-Bewegung auf einen Dialog der Religionen und Kulturen, weshalb es schließlich zum Bruch mit Erdogan kam. Gülen kritisierte dessen Konfrontationskurs gegenüber Israel, die Unterstützung der radikal-islamischen Hamas, der ägyptischen Muslimbrüder und der Dschihadisten in Syrien. Erdogan bezichtigte Gülen, der Strippenzieher für die Massenproteste 2013 gewesen zu sein und entfernte Tausende Anhänger Gülens aus dem Staatsdienst und der Justiz und erklärte die Gülen-Bewegung zu einer Terrororganisation.

In den USA gilt Gülen indessen nicht als das Unschuldslamm, als das er sich gerade gibt. Im Mai ermittelte das FBI gegen einige Gülen-Schulen in den USA wegen des Verdachts auf Missmanagement und vielfachen Visabetrug.                 MRK


MEINUNGEN

Autor Klaus Kelle schreibt sich im Blog „denken-erwuenscht“ (15. Juli) seine Wut über die Wehrlosigkeit gegen­über dem islamischen Terror von der Seele:

„Warum haben unsere europäischen Gesellschaften nicht den Mut, diese Leute auszuweisen? Wer hier zu uns kommt und unsere Hilfe bekommt und dann Verbrechen begeht muss raus. Raus! Raus! Raus! Ich höre schon die ersten Beschwichtiger, die jetzt sagen werden: Ja, die müssten raus, aaaaaber ... ihre Heimatländer nehmen sie ja nicht zurück. Und in ihren Heimatländern sind die Menschenrechte nicht gewahrt. Wissen Sie was? Es ist mir sch ... egal. Schafft sie meinetwegen an den Nordpol oder zahlt Devisen an Nordkorea.“

 

 

Thomas Böhm, Chef des Portals „Journalistenwatch“ (19. Juli) benennt die Mitschuld der Politik an der Ausbreitung des islamischen Terrors:

„Egal wohin man schaut, der Islam-Terror hat sich überall breit gemacht, sei es im Kleinen (Messerattacken, Vergewaltigungen) oder im Großen, und er stößt überall auf fruchtbaren Boden, einerseits weil die Bevölkerung politisch korrekt entwaffnet wurde und andererseits, weil sich der Staat immer mehr zurückzieht und seine Bürger für die ,Weltoffenheit‘ opfert.“

 

 

Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke ist besorgt über die Radikalisierung und Brutalisierung am rechten und linken Rand. Gegenüber dem Deutschlandradio (12. Juli) gibt er seiner Furcht Ausdruck, dass die linke Gewalt in Berlin zu Toten führen kann:

„Klassenfeinde, Systemgegner, Bullenschweine, das sind alles Begriffe der Entmenschlichung, die mitschwingen, die aber letztlich gar nicht immer ernst genommen werden, bis dann eines Tages – und ich befürchte, es wird eines Tages möglicherweise wirklich passieren – dann die Umsetzung erfolgt, nämlich der Tod eines der Klassenfeinde, in dem Falle eher wahrscheinlich der beteiligten Polizisten in Kauf genommen wird, und das ist die Dramatik in dieser Hinsicht.“

 

 

Unternehmensberater Daniel Stelter staunt in der „Wirtschaftswoche“ (14. Juli), wie genügsam die Deutschen dem Raub ihrer Vermögen zusehen:

„Obwohl das Vermögen der deutschen Privathaushalte deutlich unter dem Niveau der anderen Euroländer liegt, denken die Deutschen noch immer, sie wären der reiche Onkel Europas. So verdrängen wir auch gerne, dass die tiefen Zinsen nichts anderes sind als eine Subventionierung derer, die bei uns das Geld geliehen haben – in der Regel Staaten und Unternehmen.“

 

 

Anabel Schunke fordert im Portal „Tichys Einblick“ (15. Juli) von muslimischen Zuwanderern, sich von der Religion und Kultur ihrer Herkunftsländer zu emanzipieren, denn:

„Der Islam ist und bleibt die faschistische Ideologie des       21. Jahrhunderts. Sein politischer und kultureller Herrschaftsanspruch ist nicht durch die Religionsfreiheit gedeckt. Die liberale Gesellschaft muss wehrhaft gegen die Gegner der Freiheit und Toleranz sein, sonst verliert sie diese am Ende ebenso.“