24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Ausgabe 40/16 vom 07.10.2016

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Das Monster kommt wieder
Die Krise der Deutschen Bank: Rauchwolken einer globalen Katastrophe

Die Erschütterungen beim größten deutschen Geldhaus machen sichtbar, dass die globale Wirtschaft auf einem Vulkan sitzt.

Mit kühler Berechnung zielte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf den Beifall der Masse, als er die strauchelnde Deutsche Bank mitten in ihrer schwersten Krise frontal angriff. Banken haben einen schlechten Ruf seit der Finanzkrise, das weiß der SPD-Chef, der diese Stimmung für seinen Wahlkampf nutzen will.

Tatsächlich haben die deutschen Geldhäuser massiv zu ihrer Krise beigetragen, die Deutsche Bank als Primus voran. Was wir die vergangenen Wochen gesehen haben, waren nur die Rauchwolken eines grummelnden Vulkans, gefüllt mit undurchschaubaren Finanz-„Derivaten“, von deren Werthaltigkeit nur wenig bekannt ist. Die Deutsche Bank sitzt auf einem Berg von Derivaten im Nennwert von 46 Billionen Euro, dem 17-fachen der deutschen Jahreswirtschaftsleistung – ein apokalyptischer Wert.

Diese hochexplosive Lage ist das Ergebnis einer Bankenwirtschaft, die sich längst vom klassischen Soll und Haben, Gewinn und Verlust getrennt hat und sich stattdessen in theoretischen „Modellen“ verliert, die offensichtlich nicht funktionieren. Und die das Zeug haben, die gesamte Weltwirtschaft jederzeit in eine Krise zu stürzen, die kein Lebender je gesehen hat.

Dennoch ist die Kritik à la Gabriel wohlfeil und sogar heuchlerisch. Es war nämlich die Politik, die das Fundament gelegt hat für dieses Monster, das alles zu verschlingen droht. Namentlich die rot-grüne Regierung Schröder mit ihren Regelungen zur „Liberalisierung“ des Finanzmarkts.

Doch auch die übrigen Parteien des Bundestags können sich nicht verstecken. Sie alle unterstützten die Schaffung des Euro-Systems. Der Euro lockte zunächst die privaten Haushalte der Südländer in eine Verschuldungs-Orgie, weil Kredite wegen Deutschlands Stabilität auch bei ihnen auf einmal viel günstiger wurden.

Zugleich zerstörte der Euro aber die Konkurrenzfähigkeit der südlichen Volkswirtschaften, weil diese ihre Währung nicht mehr abwerten konnten. Schließlich sprangen von Spanien bis Griechenland die Regierungen ein und häuften Schulden an, um den sozialen Absturz ihrer Bürger abzufedern.

Diese Schuldenberge können sie mittlerweile nur noch zu sehr günstigen Konditionen schultern, also sorgte die politisch beauftragte Zentralbank für Minizinsen.

Diese Null- und Minuszinspolitik aber raubt den Banken ihr klassisches Geschäftsfeld, denn mit normalen Krediten ist kaum noch Geld zu verdienen. Also flüchten sich die Geldhäuser in immer riskantere Geschäfte, um überhaupt noch Profite zu erwirtschaften.

Dieser Teufelskreis muss irgendwann in eine Katastrophe münden. Wie sie aussehen wird, weiß niemand, denn für Desaster dieses Ausmaßes gibt es kein historisches Beispiel. Mit der Krise der Deutschen Bank hat das Monster nur kurz sein Haupt erhoben. Es wird wiederkommen.          Hans Heckel

                (siehe Seite 7)


Imam im Zwielicht
Anschläge von Dresden: Weiter Rätselraten um Tatort-Fotos und angebliches Bekennerschreiben

Der Schaden war ausgesprochen gering, der mediale Aufschrei hingegen umso größer: zwei „Bombenanschläge“ in Dresden – und zwar gegen das Internationale Kongresszentrum neben dem sächsischen Landtag und die Fatih-Moschee im Stadtteil Cotta. Dass dieses Gotteshaus der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) nach dem Eroberer Sultan Mehmed II. Fatih benannt ist, der 1453 um die 40000 christliche Bewohner von Konstantinopel dahinmetzeln ließ, verschwiegen die Staats- und Konzernmedien allerdings in ihrer Berichterstattung.

Zudem handelte es sich bei den beiden „Explosionen“ am späten Abend des 26. September eher um Verpuffungen mit nachfolgendem kurzen Feuer. Deshalb gab es auch keine Verletzten, und die Zerstörungen blieben ebenfalls minimal. Am Kongresszentrum wurde lediglich ein kleiner Glasquader auf der Außenterrasse beschädigt, und im Falle der Moschee in der Hühndorfer Straße verrußte der Bereich um die Eingangstür – und zwar ohne, dass die Scheiben der Pforte bei der „Detonation“ der „Bombe“ zu Bruch gingen. Nichtsdestotrotz fabulierten zahlreiche Zeitungen sowie Politiker von SPD, Linkspartei und Grünen von einer „neuen Qualität fremdenfeindlicher Gewalt“. Und man sprach natürlich sofort von „Rechtsterrorismus“.

Dann allerdings tauchte am Tag nach der Tat ein Bekennerschreiben auf der linksextremen Internetplattform „Indymedia“ auf. Darin teilte die „Antifa Dresden“ mit, sie habe „das Feuerwerk zum ‘Tag der Deutschen Einheit’ etwas vorverlegt“, um „damit zum einen gegen Stand­ortnationalismus, Partypatriotismus und Nützlichkeitsrassismus, aber auch gegen eine frauen- und israelfeindliche faschistische und antisemitistische Ideologie“, nämlich den Islam, zu protestieren.

Dem folgten umgehend wütende Dementis der Dresdner „Undogmatischen Radikalen Antifa“ via Twitter: „Lächerliches Faschopack versucht von sich abzulenken. Billig zusammengeschustert ist nicht so unser Stil und ungegendert erst recht nicht!“

Tatsächlich wirkt das Pamphlet widersprüchlich, was in den Mainstream-Medien allenthalben mit Erleichterung kommentiert wurde. Zugleich geriet hierdurch aber ein anderer, höchst merkwürdiger Umstand aus dem Fokus der Aufmerksamkeit. Nur drei Stunden nach dem Anschlag gegen die Fatih-Moschee präsentierte deren Vorstand Mahmut Bacaru einige Fotos zur Doku­- mentation des Vorfalls auf der   Facebook-Seite des Ditib-Gebetshauses, in dem sich zum Zeitpunkt der Tat Imam Hamza Turan mit seiner Familie aufhielt. Eine der Aufnahmen, die Bacaru zufällig mit der Handy-Kamera gemacht haben will, zeigt zweifelsfrei den Feuerball vor der Tür, mithin also jene Momente, die der „Explosion“ nur Sekunden später folgten.

Das wirft die naheliegende Frage auf, wieso der Moschee-Vorstand und Dönerladen-Betreiber beim Fotografieren nicht auf den oder die Attentäter gestoßen ist. Seltsamerweise ignorierten aber die meisten Medien diese aufschlussreichen Bilder, welche bei Facebook inzwischen auch wieder verschwanden. Dabei könnte in ihnen sehr wohl der Schlüssel zur Klärung der Täterfrage liegen.

                Wolfgang Kaufmann


Jan Heitmann:
Klagefarce

Der deutsche Auslandssender Deutsche Welle (DW) hat beim Zivilgericht in Ankara Klage auf Herausgabe des        Videomaterials eines Interviews mit dem türkischen Minister für Jugend und Sport, Akif Cagatay Kilic, eingereicht. Der Sender behauptet, Kilic habe das Material unmittelbar nach der Sendung konfiszieren lassen, was dieser allerdings bestreitet. Fast so, als sei das nach den Ereignissen der letzten Monate eine Überraschung, ereifert sich DW-Intendant Peter Limbourg, dieser Vorgang habe „mit Rechts- staatlichkeit und Demokratie nichts mehr zu tun“.

Klar erkannt, Herr Intendant. Und eben weil der Rechtsstaat in der Türkei suspendiert ist, wird es in dieser Sache auch kein rechtsstaatliches Verfahren ge- ben. Über die Klage wird kein unabhängiger Richter entscheiden. Der mittlerweile allmächtige Sultan Recep Tayyip Erdogan hat mit der Säuberung des Justizwesens von „kranken Elementen“, wie er es nannte, dafür gesorgt, dass nur noch willfährige Richter Recht sprechen – sein Recht. Sollte Erdogan es für angebracht halten, den Anschein eines Rechtsstaats zu erwecken, wird er das Gericht anweisen, der Klage stattzugeben, und der Sender bekommt sein Videomaterial zurück. Sollte er aber nicht einmal mehr auf die Aufrechterhaltung der Fassade Wert legen, wird er die Klage abweisen lassen.

So oder so, die Klage ist eine Farce. Es ist unverständlich, dass der hinsichtlich der politischen Verhältnisse in der Türkei doch offensichtlich klarsichtige Intendant des nicht zwangsbeitrags-, sondern ausschließlich steuerfinanzierten Staatssenders, dabei eifrig vom Rundfunkrat und der Bundesregierung unterstützt, dieses Spiel spielt.


S. 2 Aktuell

»Friede oder Atomkrieg?«
Gemeinsames Manöver Südkoreas und der USA zeigt Kriegsgefahr auf der koreanischen Halbinsel auf

Am 3. Oktober werden in Alaska Großmanöver beginnen, die fast drei Wochen andauern sollen. Es handelt sich dabei um ein militärisches Zusammenwirken der USA mit Südkorea, doch entgegen der üblichen Praxis, wonach man die Kontrahenten eines Manövers neutral als die „Roten“ und die „Blauen“ bezeichnet, ist jetzt die ausdrückliche Vorgabe ein Angriff auf Nordkorea. Damit wird offiziell kundgetan, dass ein Krieg zwischen den USA und seinen Verbündeten im Westpazifik einerseits und Nordkorea andererseits im Bereich zumindest des Möglichen liegt.

Wie ernst die Lage mittlerweile geworden  ist, zeigt sich zudem darin, dass nicht nur das feindliche Land Nordkorea beim Namen genannt, sondern auch noch ein ganz konkretes Ziel für den vorerst fiktiven Angriff festgesetzt wird, nämlich die nordkoreanische Atomanlage Yongbyon. Diese Fabrik liegt rund 90 Kilometer von der Hauptstadt Pjöngjang entfernt und ist der Lieferant des Plutoniums für das nordkoreanische Atomwaffen-Programm. Dies macht die Ernsthaftigkeit des Manövers zur regelrechten Bedrohung. Die Manöver-Annahme geht von einem vorherigen Raketenangriff durch Nordkorea aus und versteht den eigenen Schlag als Reaktion.

Allerdings sind die politischen Spannungen zwischen den USA und Nordkorea schon derart groß, dass ihre Steigerung eine Eigendynamik zu entwickeln droht und sich nicht nur von Provokation zu Reaktion aufschaukelt. Natürlich spielen dabei die jüngsten Atomwaffentests der Nordkoreaner eine wichtige Rolle. Pjöngjang ignoriert die Proteste aus den USA und beruft sich auf das Recht auf Selbstverteidigung. Die Nordkoreaner haben einen unerschütterlichen Glauben in jene staatliche Souveränität, welche die US-Amerikaner anderen Staaten jedenfalls dann abzusprechen pflegen, wenn diese anders handeln als Washington möchte.

Die USA, die sich selbst als außerhalb einer Gefahr durch Nordkorea betrachten, nehmen ihre ostasiatischen Verbündeten in die Pflicht, ob diese nun wollen oder nicht. Der Sprecher des US-Pazifik-Kommandos (USPACOM), Joseph Boivin, meinte nach den letzten A-Tests der Nordkoreaner: „Die Verbundenheit mit unseren Alliierten, einschließlich Südkorea und Japan, ist angesichts der Bedrohungslage sicher. Wir sind bereit, uns selbst und unsere Verbündeten gegen einen Angriff zu verteidigen.“

Der südkoreanische Verteidigungsminister Han Min-koo schlägt ähnliche Töne an: „Südkorea hat eine Richtlinie und einen Plan, die Möglichkeiten präziser Raketen für Schläge gegen feindliche Ziele sowie für die Vernichtung der Führung des Gegners zu nutzen.“ Einfach ausgedrückt: Im Zweifelsfall wird zurückgeschossen und zwar „genau zwischen die Augen“. Außerdem gebe es den Plan für einen Massenangriff auf Pjöngjang, der die Stadt vernichten solle. Jeder ihrer Bezirke würde mit Raketen und Sprenggranaten vernichtet. Ein Kommentar aus Militär-Kreisen: „Die nordkoreanische Hauptstadt wird zu Asche und von der Karte ausradiert.“

Pjöngjang wiederum zeigt sich wenig beeindruckt: Im Falle einer Eskalation auf der koreanischen Halbinsel werde man Atomwaffen gegen die südkoreanische Hauptstadt Seoul und gegen den US-Militärstützpunkt Guam im Pazifischen Ozean einsetzen. Das erklärte ein Sprecher des Generalstabes. Beteuerungen Pjöngjangs, die Zielsicherheit der nordkoreanischen Raketen sei deutlich verbessert worden, erscheinen glaubhaft; sie wird auf eine Abweichung von drei bis vier Kilometern auf tausend Kilometer Distanz kalkuliert. Damit ist ein gewisser Höhepunkt der Drohgebärden erreicht. Nordkoreanische Atombomben auf eine US-Militär-Basis – das bedeutet in jedem Falle einen Krieg zwischen den USA und dem Angreifer, der ganz Ostasien in Flammen aufgehen lassen könnte. Denn irgendwann dürfte  sich auch China aus dem Geschehen nicht mehr wird heraushalten können.

Damit, dass Pjöngjang seine verbalen Angriffe speziell auch auf Guam richtet, reagieren die Nordkoreaner auf die ständigen US-Spionage-Flüge gegen Nordkorea, die von Guam aus starten. Im Sinne einer psychologischen Kriegsführung verkündete kürzlich das US-Pazifik-Kommando, zwei seiner Bomber hätten sich der nordkoreanischen Grenze so dicht genähert wie nie zuvor. Einer der Jets sei dann in Seoul gelandet, ebenfalls ein psychologisch wichtiges Datum: „Zum ersten Mal seit 20 Jahren landete ein Bomber B-1B auf der Koreanischen Halbinsel“, so der USPACOM-Bericht. Nordkorea antwortete mit der Drohung, wenn die USA die Flüge fortsetzten, Guam „vom Antlitz der Erde zu tilgen“.

Zwei Tage zuvor hatte einer der strategischen US-Bomber die Demilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea überflogen und damit den Status des Gebiets verletzt. Der Bomber wurde von US-amerikanischen und südkoreanischen Kampfjets begleitet. Angeblich sei das eine Reaktion auf nordkoreanische Raketenstarts am 5. September gewesen. US-General Vincent Brooks, Befehlshaber der in Südkorea stationierten US-Soldaten, hatte dazu erklärt: „Die heutige Demonstration zeigt nur ein Beispiel einer ganzen Reihe militärischer Möglichkeiten.“

Die sieht auch Nordkoreas Außenminister Ri Su Yong: „Als Antwort auf die tollwütige Hysterie der USA haben wir die Möglichkeiten einer militärischen Reaktion unserer Armee soweit verbessert, dass wir zu einem Präventivschlag fähig sind. Wir verkünden unsere Entschlossenheit und Bereitschaft, diesen atomaren Schlag zu führen. Mit einem Wort – die Koreanische Halbinsel steht vor dem Dilemma: Friede oder Atomkrieg.“       Florian Stumfall


Die Angst fährt immer mit
Kinder im Krieg – Erfahrung und Schicksal

Die Kinder von Aleppo sind auf jedem Bildschirm. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen nennt erschreckende Zahlen von Kindern auf der Flucht vor Kriegsereignissen. Der deprimierende Blick in die Gegenwart bietet Anlass, sich noch einmal an die Situation und an die Erlebnisse der Kinder im Zweiten Weltkrieg zu erinnern. Angesichts der Vielzahl der Betroffenen und der Unterschiedlichkeit der Schicksale in den verschiedenen Ländern muss die Darstellung sich auf elementare Grundereignisse beschränken, als da waren: Verlust eines nahen Angehörigen, Luftangriffe, Flucht und Vertreibung.

Die im Zweiten Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten – mehr als 4,3 Millionen – hinterließen unzählige Kinder oder Geschwister als mittelbare Opfer des Krieges. Die Nachricht vom Tod eines Angehörigen traf die Kinder oft unvermittelt. Ich selbst beispielsweise war im April 1945 als Zwölfjähriger in dem Zimmer anwesend, in dem eine meiner Tanten gerade meiner Cousine, die von einem Einsatz beim Reichsarbeitsdienst nach Hause gekommen war, die traurige Botschaft vom Kriegstod des Bruders meiner Cousine mit stockenden Worten mitteilte: „Albrecht ist tot. Halsdurchschuss. Ostpreußen.“ Ich stand ratlos dabei und sprachlos, aber die Erinnerung an diese todtraurige Situation ist geblieben. Mein Klassenkamerad Dieter E. erzählte mir, wie er vom Tod seines bei Leningrad gefallenen älteren Bruders erfuhr. Als er von der Schule nach Hause kam, empfing den Neunjährigen seine Mutter schwarz gekleidet und in Tränen aufgelöst mit den Worten: „Karl-Heinz ist gefallen.“ Vielleicht um mit ihrem Schmerz allein zu sein und um den kleinen Bruder nicht zu belasten, sagte sie zu diesem: „Es ist so ein schönes Winterwetter. Nimm Deine Schlittschuhe und geh‘ Schlittschuhlaufen.“

Tausende von Kindern wurden aber auch selbst und unmittelbar zu Kriegsopfern, nämlich durch die im Verlaufe des Krieges immer stärker werdenden Luftangriffe. Allein durch die unter der Bezeichnung „Operation Gomorrha“ durchgeführten Luftangriffe auf Hamburg im Juli 1943 wurden hier 5000 Kinder getötet. Während die für den Krieg Verantwortlichen in bombensicheren Bunkern saßen, zitterten die Kinder vor Angst in nicht sicheren Luftschutzkellern. Richtig ist: Jedenfalls die männliche Jugend lebte mental mit dem Krieg. Wir Jungen lasen Landserhefte, spielten mit Lineol-Soldaten und Wiking-Schiffsmodellen und wurden von der allgegenwärtigen Kriegspropaganda berieselt: mit „Sondermeldungen“ im Rundfunk über militärische Erfolge, mit der „Deutschen Wochenschau“ vor Spielfilmen, mit Durchhaltefilmen wie „Kolberg“, kurz, mit der Berieselung, die der Mitherausgeber des „Focus“, Helmut Markwort, im Rückblick auf seine Kindheit im Dritten Reich als „gefährlich wie Gehirnwäsche“ bezeichnet hat. Trotz der von oben angeordneten Heroisierung blieb den Kindern im Luftschutzkeller nur immer wieder ein (Über-)Lebensgefühl: Angst. Jürgen Nolte hat seinem Buch über die dramatische Flucht seiner Familie 1945 den Titel gegeben: „Die Angst fuhr immer mit“. Diese Überschrift passt auch zum Leben der Kinder unter den Luftangriffen.

Die Kinder in den östlichen Teilen Deutschlands waren lange Zeit – abgesehen von den Verlusten naher Angehöriger – vom Krieg verschont geblieben. Mit umso größerer Wucht rollte die Walze des Krieges um die Jahreswende 1944/45 auf die dort lebende Bevölkerung nieder. Kinder aus Familien, die nicht rechtzeitig fliehen konnten, wurden nicht selten Augenzeugen einer Vergewaltigung ihrer Mütter oder Schwestern. Wem die Flucht gelang, auf den warteten nicht selten Entbehrungen, Hunger, Kälte oder Krankheiten. Kinder mussten zusehen, wie jüngere und schwächere Geschwister in schneebedeckten Straßengräben tot zurückgelassen wurden. Trecks wurden von Panzern und Flugzeugen angegriffen, ohne dass eine Chance der Verteidigung bestand. Viele Kinder wuchsen auf der Flucht über sich hinaus oder wurden ihren Eltern gute Ratgeber; ein Beispiel für viele: Familie W. (eine Mutter mit vier Kindern, darunter ein Baby) war nach strapaziöser Flucht aus Oberschlesien im Chaos des mit Flüchtlingen überfüllten Breslauer Hauptbahnhofes angelangt. Die Mutter, müde und kraftlos, wollte in Breslau bleiben, was aus späterer Sicht zur Gefangenschaft in der zur „Festung“ erklärten und eingeschlossenen Stadt geführt hätte, mit all‘ den bekannten schlimmen Folgen. Der damals achtjährige Sohn Peter W. drängte seine Mutter weiterzufahren; er fand in dem totalen Durcheinander einen Zug, der schon unter Dampf stand, um Breslau zu verlassen. Die Mutter hörte auf ihr Kind und landete so auf verschiedenen Umwegen im Westen. Vielleicht hat der Instinkt jenes Kriegskindes der Familie das Leben gerettet.

Vergleicht man die Gefühle und Empfindungen der Flüchtlingskinder mit denen ihrer Eltern, so fällt auf, dass der Verlust der Heimat von den Kindern weniger einschneidend empfunden wird als von den Eltern. Verständlich ist dies wohl deshalb, weil die Kinder weniger Wurzeln in der verlorenen Heimat hatten und weniger Erinnerungen. Hinzu kommt, dass der Begriff „Heimat“ in der Nachkriegszeit bedauerlicherweise nicht selten abgewertet worden ist; Belege hierfür finden sich beispielsweise in dem Werk von Eberhard Rathgeb „Am Anfang war Heimat. Auf den Spuren eines deutschen Gefühls“ (siehe PAZ 34/2016, S. 22). Schließlich ist die Generation der Flüchtlingskinder eine Generation auf Rädern, das heißt geprägt von intensiver Mobilität – angefangen schon im Krieg mit der Kinderlandverschickung (KLV) und Evakuierung bis hin zu Flucht und Vertreibung.

Eine Betrachtung der Situation der Kinder im Krieg wäre unvollständig, wenn sie nicht ihr Augenmerk auch auf die sogenannten Kindersoldaten richten würde. Im Zweiten Weltkrieg wurden in der deutschen Wehrmacht minderjährige Jugendliche als Flakhelfer eingesetzt; nicht wenige von ihnen verloren dabei ihr junges Leben. Es gehört zu den deprimierenden Erfahrungen der Nachkriegszeit, dass weder Uno-Konventionen noch Uno-Resolutionen den Missbrauch von Jugendlichen als Soldaten in kriegerischen Konflikten verhindert haben und noch immer nicht für ausreichenden Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten sorgen.   Ingo von Münch


MELDUNGEN

Mehr Polizisten an die Front

Berlin – Die Regierungsfraktionen und die oppositionellen Grünen sind sich einig, dass mehr deutsche Polizisten in internationale Friedensmissionen geschickt werden sollen. Zur Begründung heißt es, Friedenseinsätze seien „eines der besten zur Verfügung stehenden Instrumente, um Gewalt in Konfliktsituationen einzudämmen“. Einsätze der Vereinten Nationen, der Europäischen Union sowie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa müssten daher weiter gestärkt werden. Bilaterale Polizeieinsätze könnten ebenfalls ein wichtiges Instrument deutscher Außenpolitik sein, falls internationale oder multilaterale Organisationen nicht tätig werden. Obwohl sich Deutschland bereits substanziell an Missionen der Vereinten Nationen beteilige, „sollte sein personelles Engagement gerade für diese Einsätze noch zunehmen“, so die drei Fraktionen in einem gemeinsamen Antrag an die Bundesregierung.           J.H.

 

BND sorgte für Bleiberecht

Berlin – Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat dafür gesorgt, dass Zuwanderer ein Bleiberecht in Deutschland erhielten, um sie „geheimdienstlich abschöpfen“ zu können. Das geht aus der Aussage eines ehemaligen Mitarbeiters der 2014 aufgelösten BND-Hauptstelle für Befragungswesen (HBW) vor dem NSA-Untersuchungsausschuss hervor. Diese Dienststelle war in der Frühphase des Kalten Krieges von den Westalliierten gegründet worden, um Übersiedler aus dem damaligen Ostblock abzuschöpfen. Seit 1958 gehört sie zum BND. Der Aussage zufolge arbeitete die HBW eng mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zusammen, wo der BND eine Kontaktstelle unterhielt. Das Bundesamt habe dem Geheimdienst die Befragungsprotokolle von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt. Demnach forschte die HBW in Zusammenarbeit mit dem US-Militärgeheimdienst Defence Intelligence Agency (DIA) Asylbewerber nach geheimdienstlich verwertbaren Informationen aus ihren Herkunftsländern aus. Die entsandten Agenten der DIA seien dem Personal der HBW fest eingegliedert gewesen und wären nicht zuletzt wegen ihrer perfekten Deutschkenntnisse glaubhaft als Mitarbeiter einer deutschen Behörde aufgetreten. Die Asylbewerber, zu denen die HBW auf Empfehlung des Bundesamtes Kontakt aufnahm, hätten in den Befragungen nicht erkennen können, ob ihnen ein Deutscher oder ein US-Amerikaner gegenübersaß. Sie hätten ohnehin nicht wissen dürfen, dass sie es mit dem deutschen Nachrichtendienst, geschweige denn mit einem US-Geheimdienst zu tun hatten. Die Tarnung der HBW habe über 50 Jahre gehalten, betonte der Zeuge. Diese enge Zusammenarbeit zwischen dem deutschen und dem US-amerikanischen Nachrichtendienst begründet den Verdacht, der BND habe den USA Informationen geliefert, die für tödliche Drohneneinsätze nutzbar gewesen seien. Der HBW-Mitarbeiter erklärte dazu vor den Abgeordneten, er könne nicht ausschließen, dass zu diesem Zweck Asylbewerber gezielt nach Mobilfunkdaten oder Aufenthaltsorten mutmaßlicher Terroristen befragt worden seien.              J.H.


S. 3 Deutschland

Schutzwesten gegen Kalaschnikows
Polizei rüstet gegen Islamisten auf – Gewerkschaftschef Wendt geht das aber nicht schnell genug

Zur Abwehr von Terror, insbesondere von islamistisch motivierten Anschlägen, stocken Bund und Länder seit Monaten Ausrüstung und Personal der Polizei auf.

Im April kündigte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Anschaffung von 10000 Westen mit besonders hoher Schutzwirkung für rund zwölf Millionen Euro an. Zeitgleich führte Hessen neue Anti-Terror-Ausrüstung vor und bestellte für zwei Millionen Euro 850 Ausrüstungspakete für Beamte. Sachsen handelte im August nach den Anschlägen von Würzburg und Ansbach. Rund 13 Millionen Euro fließen seither in neue Panzerfahrzeuge, Körperkameras, Helme, Westen und Waffen. Aktuell geht Brandenburg in die Offensive: Die Landespolizei schafft ab 1. November ein eigenes Dezernat von 20 Mann für den Kampf gegen Islamisten – bestehende Kräfte sollen zu festen Stellen gebündelt werden.

Die Bundesländer gehen die Herausforderung nach Jahren des Sparens und der Stellenstreichungen unterschiedlich an. Welchen Sinn die teils punktuellen und begrenzten Investitionen und politischen Pläne haben, bleibt unklar. Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DpolG) sagte dazu der PAZ: „Ich sehe in allen Bundesländern die Bereitschaft, die Ausstattung der Polizei zu verbessern. Anders als früher gibt es auch vernünftige Ausrüstung, nur sieht die Politik oft nicht die Notwendigkeit, etwas zu erneuern. Es muss erst etwas passieren. Ich wünsche mir eine bundeseinheitliche Beschaffung, zumindest einen Konsens der Innenministerkonferenz, Ausrüstung auf höchstem Niveau bereitzustellen.“

Die Politik demonstriert derzeit Tatkraft: Brandenburg versichert, Kollegen mit Arabischkenntnissen in die neue Einheit einzubinden. Der Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke rechnet mit einer bleibenden Bedrohung. Neue Munition werde angeschafft, die Landespolizei auch gegen Kriegswaffen von Terroristen wie bei den Anschlägen von Paris gerüstet. Schleswig-Holsteins CDU forderte Mitte September bessere Schutzausstattung und Waffen.

„Bei der nötigen Ausrüstung und Personalaustattung der Polizei in Deutschland reden wir eher über Milliarden- als Millionenbeträge“, sagt hingegen Wendt. „Die Ausstattung muss überall erneuert und erweitert werden, das passiert auch – bei der Bundespolizei, in Berlin und gerade auch in Nordrhein-Westfalen, wo eine Oberbehörde die Ausstattung besonders sorgfältig prüft. Das größte Problem ist: Sie können die Sicherheitstechnik nicht einfach shoppen gehen. Zur nötigten Ausstattung der Kollegen gehören sinnvoll ballistische Westen der Schutzklasse 4, die das Feuer einer Kalaschnikow aushalten. Ob Helme, Westen oder die direkte Bewaffnung, beispielsweise mit Langwaffen – alles auszuwählen kostet Zeit, denn welche Systeme sinnvoll sind, muss geprüft werden. Ein anderes Problem sind die Kosten. Für einen Sonderwagen sind bis zu einer Million Euro zu zahlen“, so Wendt. Angebote am Markt gebe es genug, nur was nehmen? Auch die geltenden Ausschreibungsfristen verzögerten die zeitnahe Umsetzung, darum sollten sie nicht angewendet werden. „Wir erwarten, dass in allen Ländern nachgebessert wird. Einige Bundesländer mit angespannter Haushaltslage tun sich schwer: Bremen, Sachsen-Anhalt oder Sachsen. Für die Länder sind allgemein Investitionen gerade jetzt schwierig, denn sie stehen vor der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse, die 2020 greift. Trotzdem erwarten wir, dass die Länder ihre Verpflichtungen wahrnehmen und seitens der Politik mehr Geld für die Präsenz der Polizei in der Fläche bereitgestellt wird“, fordert der Polizeigewerkschafter.

Wie brisant der Faktor Zeit ist, zeige sich bei der Personalbeschaffung. Acht Bewerber müssten durchschnittlich geprüft werden, bis ein neuer Polizist eingestellt sei, so Wendt. „Durch die unterschiedliche Bezahlung der Länder ist ein Wettbewerb entstanden, den wir nie wollten: Junge Leute können bei der Bundespolizei in Berlin mehr verdienen als bei der Landespolizei. Und die Bundespolizei ist absolut führend, hat 6000 neue Planstellen beschlossen.“ Berlin hingegen habe über Jahre an den Gehältern gespart. Das mache die Hauptstadt mit der bundesweit höchsten Zahl an Sondereinsätzen verletzlich.

Wendt fordert: „Die Polizei war lange das Stiefkind der Haushaltspolitiker. Sie muss wieder Wunschkind werden!“ Und: „Was wir brauchen, ist ein ständiger Arbeitskreis Ausrüstung und Bewaffnung bei der Innenministerkonferenz. Vor allem aber benötigen wir mehr Personal, um entsprechende Lagen üben zu können, das gilt insbesondere auch für Terror- und Amoklagen.        Sverre Gutschmidt


Systematisch verhindert
Debatte um Abschiebungen nimmt an Schärfe zu

Der Satz des CSU-Generalsekretärs Andreas Scheuer über den fussballspielenden und ministrierenden Senegalesen, der nicht mehr abgeschoben werden kann, weil er zu gut integriert ist, war das falsche Beispiel für eine immer größer werdende Zahl von geduldeten Ausreisepflichtigen, die mit Tricks ihre Ausreise verhindern. Der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei-Innenexpertin Ulla Jelpke zufolge lebten Ende Juni 549209 abgelehnte Asylbewerber in Deutschland. 406065 von ihnen sind demnach schon länger als sechs Jahre hier. Etwa die Hälfte (46,6 Prozent) der abgelehnten Asylbewerber haben jedoch ein unbefristetes, 34,8 Prozent ein befristetes Aufenthaltsrecht. Die meisten abgelehnten Asylbewerber kommen aus der Türkei, dem Kosovo und aus Serbien.

Auch der von Scheuer erwähnte Senegalese, der womöglich über eine Arbeit und/oder durch eine Altfallregelung eine Aufenthaltserlaubnis bekam, wäre darunter. Auch einige Spitzenfußballer der Bundesliga sind über das Asylrecht aus Afrika nach Deutschland eingereist und längst legal im Lande. Alle Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis halten sich rechtmäßig in Deutschland auf, auch wenn sie über einen abgelehnten Asylantrag ins Land eingereist sind. Anders ist es bei 168000 Ausländern, die nur noch geduldet sind bis zu ihrer Abschiebung, rund 100000 von ihnen sind abgelehnte Asylbewerber. Rund 37000 Personen unter ihnen können wegen fehlender Reisedokumente oder unbekannter Herkunftsländer bleiben, bei den anderen liegen gesundheitliche Abschiebehindernisse vor.

Der Bericht über hunderttausende Asylbewerber, die trotz abgelehnten Asylantrags seit Jahren in Deutschland leben, ruft Befürworter härterer Abschieberegeln auf den Plan. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Friedrich (CSU), fordert eine dringende Reform der Abschieberegeln in Deutschland: „Abgelehnte Asylbewerber dürften dem Staat nicht auf der Nase herumtanzen, sonst wird das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates zerstört.“ Auch der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, übt scharfe Kritik an der Abschiebepraxis in Deutschland: „Es gibt eine regelrechte Abschiebeverhinderungsindustrie“. Er wirft Anwälten und Organisationen vor, Abschiebungen systematisch zu verhindern. Die Politik, die „unschöne Bilder scheue“, helfe ihnen dabei. Ulla Jelpke meint dagegen, dass viele abgelehnte Asylsuchende gute Gründe für einen Verbleib in Deutschland hätten. Das zu skandalisieren zeige, „wie verroht und vergiftet“ die Asyldebatte mittlerweile geführt werde.

Nur 20 Prozent aller Immigranten legen bei der Stellung ihres Asylantrages einen Ausweis vor. Denn ohne Ausweis ist eine Abschiebung nicht möglich, das ist bekannt. Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer schlägt deshalb vor, Asylsucher ohne Pass vom Asylverfahren auszuschließen. Die Gründe für die Papierlosigkeit sind jedoch sehr verschieden. Flüchtlinge aus Kriegsgebieten verfügen oft über keine Pässe, weil es keine Ämter mehr gibt, die sie ausstellen können. Kriminelle und Terroristen, von denen es unter den Asylbewerbern immer mehr gibt, besorgen sich gefälschte Papiere, um unerkannt einreisen zu können. Die große Mehrheit aber vernichtet einfach ihre Pässe, um nicht so leicht abgeschoben werden zu können.       Bodo Bost


MELDUNGEN

Wieder mehr Geburten

Wiesbaden – Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland knapp 738000 Babys geboren. Das ist erstmals seit Jahren wieder ein Anstieg. Davon hatten 590000 eine deutsche und 148000 eine ausländische Mutter. Der Anteil der Kinder ausländischer Mütter an allen Geburten stieg erstmals auf 20 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Bis 2014 hatte ihr Anteil bei etwa 17 bis 18 Prozent gelegen. Die meisten Kinder von ausländischen Müttern wurden 2015 von türkischen, polnischen und rumänischen Frauen geboren. Für 2016 wird damit gerechnet, dass  die Syrerinnen schon unter den ersten drei Plätzen sind. Besonders stark war der Anstieg schon 2015 bei syrischen Müttern, offenbar haben sich viele bereits schwanger auf die Balkanroute begeben, denn es kamen bereits 4800 syrische Säuglinge hier zur Welt, doppelt so viele wie im ganzen Jahr davor.      B.B.

 

Für Dehm wird es eng

Berlin – Die Staatsanwaltschaft hat beim Bundestag die Aufhebung der Immunität des Bundestagsabgeordneten Diether Dehm (Linkspartei) beantragt, nachdem die Polizei in Böblingen Strafanzeige wegen Beihilfe zur illegalen Einreise gegen den 66-Jährigen erstattet hatte. Dehm hatte sich vor einigen Wochen damit gebrüstet, im Kofferraum seines Pkw einen minderjährigen afrikanischen Halbwaisen von Italien nach Deutschland transportiert zu haben. Dehm erklärte zu dem Vorwurf, eine Straftat begangen zu haben, er sei mit sich im Reinen. Alles Weitere regele sein Anwalt. Das ist der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler, den Dehm als „guten Freund und Blutsbruder“ bezeichnet.            J.H.


S. 4 Notfallvorsorge

Im Ernstfall schutzlos
Zivilschutz und Notfallvorsorge werden wieder gestärkt, doch ein Gesamtkonzept fehlt

Seit dem Ende des Kalten Krieges wurden der Zivilschutz und die Notfallvorsorge in Deutschland stark vernachlässigt. Doch vor dem Hintergrund von Hochwasser, islamistischem Terror, den gewachsenen Spannungen mit Russland sowie den Konflikten in der Ukraine und in Syrien wachsen die Anstrengungen auf diesem Gebiet wieder.

Naturgemäß ist die Konzeption für den Zivilschutz jahrzehntelang stark durch den Kalten Krieg geprägt worden. Nicht zuletzt nach den Erfahrungen der Berlin-Blockade 1948/49, wurde vor allem seit den 60er Jahren in der Bundesrepublik ein System der Notbevorratung angelegt, bei dem hunderttausende Tonnen an Lebensmitteln an geheimen Orten eingelagert wurden. Zuständig war für lange Zeit das 1957 gegründete Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz (BzB) beziehungsweise die 1973 entstandene Nachfolgeinstitution, das Bundesamt für Zivilschutz (BZS), dem bis zum Jahr 1994 auch das Technische Hilfswerk (THW) angegliedert war. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erlahmte das Interesse am Zivilschutz deutlich. Der Bund gab seine Hoheit über den Katastrophenschutz mehr oder weniger an die Länder ab und vernachlässigte die Thematik zusehends. So hat eine Überarbeitung des Zivilschutzkonzeptes der Bundesregierung zuletzt im Jahr 1995 stattgefunden, so dass eine Aktualisierung nach Ansicht von Fachleuten längst überfällig war.

Bereits die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA, vor allem aber auch Koordinierungsprobleme beim Oder-Hochwasser 2002 hatten einen Reformbedarf im deutschen Zivilschutzsystem offengelegt. Es hatte sich gezeigt, dass im Notfall lokale Stellen schnell an die Grenzen ihrer Möglichkeiten stoßen und eine Koordinierung auf höherer Ebene wünschenswert ist. Die Folge: Nach seinem weitgehenden Rück­zug aus dem Zivilschutz in den 90er Jahren, strebt der Bund seit einigen Jahren wieder eine stärkere Übernahme von Verantwortung an. Konsequenz war ein 2002 vereinbarter Zehn-Punkte-Plan von Bund und Ländern mit dem Titel „Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland“. Im Jahr 2004 folgte die Schaffung der neuen Bundesoberbehörde Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).

Trotz des organisatorischen Neustarts gab es scharfe Kritik: So bemängelte der Bundesrechnungshof im Jahr 2013, es würde kein Gesamtkonzept mehr geben. Mehr noch, die Rechnungsprüfer warnten, dass „der Zivilschutz in der Planung des Bundesinnenministeriums tatsächlich keine Rolle mehr spielt“. Die im August 2016 im Bundekabinett verabschiedete „Konzeption Zivile Verteidigung“ (KZV) zielt darauf ab, die Bevölkerung im Notfall zum Selbstschutz zu befähigen, bis staatliche Maßnahmen anlaufen und die Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser, Energie und Bargeld wieder sichergestellt ist.

Dann würde die sogenannte zivile Notfallreserve zum Einsatz kommen. Quer über ganz Deutschland verteilt, werden rund 150 geheime Lager mit Lebensmittelvorräten für den Notfall unterhalten. Medienberichten zufolge soll es sich um hundertausend Tonnen Getreide, Kondensmilch, Reis, Erbsen und Linsen handeln. Mit ihrem neuen Zivilschutzkonzept empfiehlt die Bundesregierung der Bevölkerung, selbst Lebensmittel für zehn und Wasser für fünf Tage zu bevorraten.       Norman Hanert


Kriegsszenario nachrangig
Infrastruktur als Terrorziel im Fokus des Zivilverteidigungskonzepts

Auf eine erstaunliche Resonanz ist die Neufassung der „Konzeption Zivile Verteidigung“ gestoßen, die kürzlich vom Bundeskabinett verabschiedet wurde. „Die Bundesregierung trifft Kriegsvorbereitungen“, so ein Vorwurf, der nicht nur auf einschlägigen Internetseiten zu lesen war. Die Rede war sogar vom Versuch einer Militarisierung der Gesellschaft. Davon abweichend ist allerdings die Meinung von Fachleuten: „Das Szenario eines konventionellen Krieges spielt bei unserer Gefahrenanalyse sogar eine eher weniger interessante Rolle“, so die Einschätzung eines Experten, der für den Katastrophenschutz einer großen deutschen Metropole zuständig ist.

Tatsächlich sind die modernen Industriegesellschaften extrem verwundbar geworden. Zu den bekannten Gefahren, etwa größeren technischen Unfällen an Industrieanlagen, Kraftwerken oder der Verkehrsinfrastruktur und Naturkatastrophen, sind neue Risiken gekommen. So müssen die Vorbereitungen für einen längeren, flächendeckenden Stromausfall, einen sogenannten Blackout, noch immer als unzureichend eingeschätzt werden. Mittlerweile ein Dauerphänomen ist, dass die Sicherheitsbehörden die Gefahr, dass Deutschland zum Ziel eines großen islamistischen Terroranschlags wird, als abstrakt hoch einschätzen. Standen bislang vor allem Symbole des westlichen Lebensstils im Visier von Islamisten, könnte künftig auch sensible Infrastruktur, etwa Kraftwerke, Stromleitungen oder die Wasserversorgung einer Großstadt, zum Terrorziel werden.

Eine Rolle spielen könnten dabei Hackerangriffe über das Internet. Wie ungeschützt sensible Bereiche der Infrastruktur etwa in der Energie- und Wasserversorgung oder der Verkehrsregelung in Deutschland sind, machten vor einiger Zeit zwei IT-Studenten deutlich. Sie deckten unter anderem gravierende Sicherheitsmängel bei der Steuerungssoftware dreier deutscher Wasserwerke auf. Den Sicherheitsbehörden sind solche Gefahren durchaus bewusst. Den gestiegenen Risiken steht jedoch ein oftmals nur geringes Problembewusstsein in der Bevölkerung gegenüber. Laut einer Umfrage des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat jeder Fünfte keine ausreichenden Lebensmittelvorräte zu Hause, jeder Achte nicht einmal Trinkwasser gelagert. Zu beobachten ist, dass es oftmals die ältere Generation ist, die sich einen Ausfall staatlicher Infrastruktur noch vorstellen kann und im Haushalt wenigstens einen minimalen Notvorrat anlegt.              N.H.


Wenn das Licht ausgeht und nichts mehr geht

Ein flächendeckender und länger anhaltender Ausfall der Stromversorgung gilt unter Zivilschutzexperten als ein Szenario, das mittlerweile nicht mehr auszuschließen ist, gleichzeitig aber auch drastische Kaskadeneffekte hervorrufen kann. Aufschlussreich ist das Beispiel des Stromausfalls, der im September 2003 dafür sorgte, dass in Italien plötzlich 56 Millionen Menschen stundenlang im Dunkeln saßen.

Am Anfang des sogenannten Blackouts stand ein Baum, der im schweizerischen Kanton Schwyz auf eine 380-Kilovolt-Leitung gefallen war. Zum flächendecken Stromausfall in Italien kam es, weil die italienischen Netzbetreiber offenbar nicht schnell genug oder nicht effizient auf die Leitungsunterbrechung im benachbarten Schweizer Netz reagierten. Gewitter in Frankreich führten obendrein zu Stromausfällen im europäischen Stromverbundnetz. Obwohl sich der Versorgungsausfall in einer Nacht von Sonnabend zu Sonntag ereignete und nur wenige Stunden andauerte, waren die Folgen drastisch: Allein der Kaufleuteverband Confcommercio beziffert die Verluste, die zum Beispiel durch verdorbene Kühlware in Handel und Gastronomie entstanden waren, mit 120 Millionen Euro. Der Industriellenverband Confindustria meldete für seine Mitglieder Schäden in Höhe von 100 Millionen Euro. es wird angenommen, dass auch mindestens fünf Todesopfer im Zusammenhang mit dem Stromausfall stehen.

Mit Folgen in ganz anderen Dimensionen muss gerechnet werden, wenn es zu einem länger andauernden Totalausfall der Energieversorgung kommen sollte. Untersuchungen, die zum Beispiel bei der Berliner Feuerwehr unternommen wurden, lassen bereits für den Fall eines 48-stündigen Stromausfalls vor allem in den Großstädten ein Abgleiten in Chaos und bürgerkriegsähnliche Zustände im öffentlichen Raum befürchten.     N.H.


Zeitzeugen

Dietmar Bartsch – Die Linkspartei hat das Konzept der Bundesregierung zur Zivilverteidigung als Angstmache kritisiert. Man könne die Menschen mit immer neuen Vorschlägen, so auch zu Hamsterkäufen, völlig verunsichern, so der Fraktionschef gegenüber dem „Kölner Stadtanzeiger.

Tim Philipp Schäfers – Zusammen mit Sebastian Neef untersucht der IT-Experte für die Website „internetwache.org“ regelmäßig Sicherheitsprobleme.  Im Juni dieses Jahres machten die beiden Studenten darauf aufmerksam, wie leicht sich über das Internet auf verschiedene Industriesteuerungen zugreifen lässt. Dabei haben sie auch Schwachstellen in der Steuerungssoftware von drei deutschen Wasserversorgern offengelegt.

André Blattmann – Mit einer Warnung vor Risiken  wie Cyber­attacken oder Stromausfällen sorgte der  Schweizer Armeechef vor einigen Jahren für Schlagzeilen. „Vielleicht müsste man den Leuten sagen: Es ist gut, wenn ihr ein paar Vorräte für den Notfall zu Hause habt. Auch Konservenbüchsen. Das hilft ein paar Tage zu überbrücken, bis der courant normal wieder hergestellt ist.“ Als Privatmann hat der 1956 geborene Armeechef unter anderem Wasser- und Holzvorräte angelegt.

Udo Ladinig – Im Auftrag des Militärkommandos Niederösterreich hat der Oberst a.D. im Jahr 2010 untersucht, welche Folgen Österreich bei einem mehrstündigen Stromausfall drohen. Ausgegangen werden muss demzufolge mit einem sofortigen Ausfall der Industrie, des Schienenverkehrs, sowie von Internet, Fest- und Mobilnetz. Mangels Notstromeinrichtungen würden vielerorts auch die Wasserversorgung zum Erliegen kommen.

Christoph Unger – Der 1958 geborene Jurist wurde im September 2004 vom damaligen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) zum Präsidenten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz  und Katastrophenhilfe (BBK) in Bonn berufen. Zuvor war er Leiter des Referats Katastrophenschutz und Chef des Kompetenzzentrums für Großschadenslagen im Bundesinnenminsterium.


S. 5 Preussen/Berlin

Bei SPD und CDU fliegen die Fetzen
Nach dem Wahldesaster: In den arg gebeutelten »Volksparteien« zeigt sich tiefe Zerstrittenheit

SPD und CDU haben bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus so schlechte Ergebnisse eingefahren wie nie zuvor. Nachdem einige Akteure über die Medien auch noch miteinander abrechneten, droht beiden Parteien nun noch ein weiterer Ansehensverlust bei den Berlinern.

Lediglich eine Woche hat es gedauert, bis beim „Wahlsieger“ SPD der Ruf nach Konsequenzen aus dem historisch schlechten Ergebnis bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus laut wurde. Den Anfang machte Sven Kohlmeier, der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, der auf seiner Internetseite einen inhaltlichen Neuanfang forderte.

Der Abgeordnete aus Marzahn-Hellersdorf weist darauf hin, dass die SPD wesentliche Wahlziele wie die 30-Prozent-Marke verfehlt habe, er nennt das Wahlergebnis ein „Erdbeben“ und eine „Katastrophe“. Als regelrechte Kampfansage an den Berliner SPD-Chef Michael Müller werten Beobachter einen Gastartikel, den Raed Saleh, der Chef der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, im Berliner „Tagesspiegel“ veröffentlicht hat.

Saleh diagnostiziert darin, dass die SPD den Status einer großen Volkspartei in vielen Teilen Berlins verloren habe. Die Sozialdemokraten hätten sich stattdessen zu einer „Staatspartei“ entwickelt, deren Repräsentanten abgehoben und weit weg von den Problemen der Menschen seien.

Als eine Ursache für die Wahlschlappe nennt Saleh die Nähe der Partei zu Lobbyvertretern. Abzielen dürfte dies auf Bausenator Andreas Geisel, der als Vertrauter von SPD-Chef Müller gilt.  Geisel steht wegen Parteispenden und einer umstrittenen Baugenehmigung für einen Investor am Leipziger Platz unter starker Kritik.

Dass Saleh zu Recht als Parteilinker gilt, macht sein Plädoyer für Rot-Rot-Grün deutlich, was er für die einzige stabile Koalition hält, die „ruhig und an Sachfragen orientiert“ arbeiten könne. Die Forderung nach „tief greifenden Eingriffen in den Wohnungsmarkt“ und „eine Investitionsoffensive“ runden das Bild ab. Kenner der Hauptstadt-SPD machen inzwischen zwei Fronten innerhalb der Partei aus, die jeweils von Raed Saleh und Michael Müller angeführt würden.

Drohen könnte den Sozialdemokraten damit eine Entwicklung, die der Landesverband der Berliner CDU bereits hinter sich hat: langanhaltende und lähmende Flügelkämpfe. So gestehen seine Parteifreunde dem CDU-Landeschef Frank Henkel meist unbestritten das Verdienst zu, die Hauptstadt-Union wieder geeint zu haben, nachdem diese jahrelang in der Krise  steckte.

Ob der Berliner SPD nun mit dem Vorstoß von Saleh eine ähnliche Zeit der Spaltung bevorsteht, bleibt abzuwarten. Sollte den Sozialdemokraten tatsächlich ein Machtkampf drohen, sind die Ausgangsbedingungen für Saleh günstig: Er ist mit 92 Prozent der Stimmen als Fraktionschef bestätigt worden. Parteichef Müller muss dagegen mit dem Ruf leben, dass die SPD unter ihm mit 21,6 Prozent das schlechteste Ergebnis seit 1946 erzielt hat. Der Status einer Volkspartei ist damit tatsächlich gefährdet.

Gleiches kann für die Union gelten. Mit unter 18 Prozent fuhr Berlins CDU das schlechteste Ergebnis in ihrer Landesgeschichte ein. Doch die herbe Wahlniederlage ist nicht der einzige Grund, warum die Partei in eine tiefe Krise geschlittert ist. Innerhalb der Partei ist eine Sexismusdebatte entbrannt, die eine verheerende Außenwirkung entwickelt hat und immer weitere Kreise zieht.

Auslöser waren Vorwürfe der CDU-Politikerin Jenna Behrends. Erst im April 2015 in die Union eingetreten und danach relativ schnell für die Bezirksverordnetenversammlung Mitte nominiert, hatte Behrends in einem feministischen Internet-Magazin beklagt, dass ihr ständig der Vorwurf gemacht worden sei, sie habe sich nur „hochgeschlafen“. Das Echo auf die Vorwürfe ist in der CDU geteilt. Zu hören ist mit Blick auf Behrends unter anderem das Wort „Selbstüberschätzung“. Andere CDU-Frauen geben indes an, selbst unzählige Anspielungen der geschilderten Art gehört zu haben.

Mittlerweile sieht sich allerdings auch Jenna Behrends Vorwürfen ausgesetzt, Kritiker zweifeln ihre Glaubwürdigkeit an. Laut Medienberichten geht die Behauptung um, Behrends habe eine Affäre mit dem Generalsekretär der Bundes-CDU, Peter Tauber, gehabt. „Behrends geht sehr offensiv auf Männer zu, in einer sexuellen Art und Weise. Das Thema Sexismus wird jetzt von ihr instrumentalisiert“, so Sandra Cegla, die Vorsitzende der Frauen-Union im Bezirk Mitte, gegenüber dem „Tagesspiegel“.

Als Folge der aufgekommenen Sexismusdiskussion ist bereits absehbar, dass der Machtwechsel bei der Berliner CDU sehr viel schneller als ursprünglich geplant über die Bühne gehen dürfte. Bislang sollte Frank Henkel den Landesverband noch bis zum Parteitag im Frühling kommenden Jahres führen, um dann den Vorsitz an Kulturstaatsministerin Monika Grütters zu übergeben. Diese Entscheidung könnte nun deutlich früher anstehen als bislang geplant.                Norman Hanert


Schlossnachrichten
von Vera Lengsfeld

Berlin ist vermutlich die Welthauptstadt der Baustellen. Überall sind die Straßen aufgerissen, weil die maroden Wasser- und Abwasserleitungen erneuert oder Telefonkabel gelegt werden müssen. Straßen und Fußwege weisen zahlreiche Schlaglöcher auf. An vielen Stellen müssen die Fahrradfahrer Slalom üben, um aufgebrochenem Asphalt oder anderen Schäden auszuweichen. Der Stadtautobahnring wurde nicht geschlossen, obwohl der Widerstand der Grünen gegen dieses Projekt seinerzeit der Grund für den damaligen Bürgermeister Wowereit war, die Koalitionsverhandlungen mit ihnen abzubrechen und die CDU ins Boot zu holen.

An die Fertigstellung des Flughafens glaubt längst niemand mehr. Es machen Witze die Runde, man hätte vor den Toren Berlins die weltgrößte archäologische Fundstätte entdeckt.

Ein Vorhaben weicht vom üblichen Berliner Muster ab: Der Schlossbau, dessen Fertigstellung planmäßig voranschreitet. Der Rohbau mit Kuppel bestimmt bereits das Stadtbild. Aus gähnender Leere in Berlin- Mitte macht das Gebäude wieder ein architektonisches Ensemble, das die Bewunderung der Berlin-Besucher findet. Die barocken Fassaden werden ausschließlich mit Spenden finanziert. Bereits 63 Millionen Euro der vom Förderverein Berliner Schloss e.V. dem Deutschen Bundestag für die historische Schlossfassade zugesagten 105 Millionen sind erbracht.

Viele Fassadenelemente sind bereits nach den historischen Vorbildern hergestellt. Die 105 Millionen Euro sind nötig, um alle Kosten der historisch getreuen Rekonstruktion der Schlossfassaden abzudecken. Das beinhaltet die Planung und die künstlerische Herstellung aller Schmuck- und Fassadenelemente aus Sandstein sowie des gesamten Mauerwerks in der handwerklichen Tradition von vor 300 Jahren, aus der Zeit der damaligen Erweiterung des Schlosses unter Andreas Schlüter, Johann Eosander (genannt von Göthe) und Martin Heinrich Böhme.

Rekonstruiert werden die drei äußeren Barockfassaden, die drei Barockfassaden des Schlüterhofs, des Eckrondells an der Südostecke des Schlosses, der historischen Kuppel sowie der Innenportale II, III und IV im Bereich des früheren großen Schlosshofs.

Der Modellbau als Vorlage für die Sandsteinarbeiten ist inzwischen abgeschlossen. Aus den 350 Kunstwerken wurden nun über 3000 einzelne, individuelle Fassadenelemente entwickelt. Man kann die frühere Pracht bereits erahnen, wenn man sich auf der Internetseite des Schlossvereins den Stand der Arbeiten anschaut. Hoffentlich finden sich genügend Unterstützer. Die fertiggestellte Fassade wäre ein Triumph des Bürgerwillens und ein tolles Schmuckstück für die Stadt!


Deutsche meiden Berlin
Immigranten lassen Einwohnerzahl trotzdem kräftig wachsen

Die deutsche Hauptstadt wächst – statistisch. Grund sei der „Nachholeffekt bei der Registrierung von Schutzsuchenden“, sagt das statistische Landesamt, das jetzt neue Daten vorlegt. Jeder dritte Berliner (31 Prozent) ist der Abstammung nach Ausländer. Die Zahlen zeigen auch: Alterung und demographischer Wandel sind selbst durch den anhaltenden Zuwanderungsschub nicht aufzuhalten. Deutsche meiden die Stadt sogar und die traditionellen Ausländergruppen, beispielsweise alteingesessene Türken, verlassen sie ebenfalls.

Im ersten Halbjahr 2016 verzeichneten die Statistiker per Saldo 42800 zusätzliche Einwohner – die meisten von ihnen aus dem Ausland. Der offizielle Ausländeranteil beträgt 18 Prozent oder 658000 Bewohner. Am 30. Juni zählte die Metropole insgesamt rund 3,653 Millionen registrierte Einwohner, 225000 mehr als vor viereinhalb Jahren. Hinter den Zahlen verbergen sich große Herausforderungen bei Integration und Infrastruktur. Die Berechnungen des Senats für das Wachstum der Stadt werden klar übertroffen.

Im Jahr 2020 sollte Berlin demnach 3,8 Millionen zählen – dieser Wert könnte weit früher erreicht sein. Zugleich steht die Frage im Raum, wie nachhaltig das Bevölkerungswachstum ist. Es müssen zwar Ressourcen zusätzlich bereitgestellt werden, doch darüber, wer von den Zuwanderern bleiben wird, wissen die Planer weniger denn je.

Auffällig ist das Missverhältnis im Zuzug: Die Zahl der Bürger ohne deutschen Pass wuchs im Melderegister um 37200, die Gruppe der deutschen Staatsbürger nahm hingegen nur moderat um 5600 Personen zu. Für die deutschen Zuzügler wird Berlin langfristig weniger attraktiv: 2014  zogen mehr Deutsche von Berlin weg als zu. Und auch 2015 sank die Zahl der deutschen Zuzügler im Vergleich zum Vorjahr.

Darüber hinaus gibt es weiter einen starken Nachholeffekt bei der Registrierung von Syrern, die mit registrierten 26500 Menschen inzwischen die viertgrößte Ausländergruppe der Stadt nach Türken, Polen und Italienern bilden. So stark der Zuzug aus dem Ausland auch ist: Die Alterung des Bevölkerung wurde durch die neueste Zuwanderungswelle nicht gebremst. In den vergangenen 20 Jahren nahm die Altersgruppe der unter 25-Jährigen um sechs Prozent ab, die Zahl der Einwohner im Alter von 65 und mehr Jahren hingegen stieg um 47 Prozent.      SG


Streit um Gebet vor Moschee
Potsdam: Muslimisches Gotteshaus platzt aus allen Nähten

Der immer größere Zustrom von Muslimen zum Freitagsgebet in der Potsdamer Al-Farouk-Moschee sorgt für Konflikte. Vor allem die gestiegene Zahl von Asylbewerbern aus islamischen Länder hat dazu geführt, dass die  bislang einzige Moschee in der Landeshauptstadt Platzprobleme bekommen hat.

Mittlerweile kommen nach Angaben des Moschee-Vereins  jede Woche rund 500 Menschen in die Gemeinderäume im Erdgeschoss eines Wohnblocks, die aber nur Platz für rund 300 Leute böten. Genutzt wird inzwischen auch der Raum vor dem Gemeindezentrum, also öffentlicher Straßenraum, für die Freitagsgebete. Medienberichten zufolge fühlen sich Anwohner und Passanten durch die Gebete von bis zu 200 Muslimen vor der Moschee zusehends belästigt.

Die Betenden breiten auf dem Gehweg metergroße grüne Teppiche aus. Auch Ordner in Warnwesten und ein Begrenzungsband markieren, dass ein Teil des Gehweges okkupiert ist. Zudem übertragen Lautsprecher das Gebet aus dem Inneren der Moschee  nach draußen. Laut einem Pressebericht ist bei der für den Wohnblock zuständigen kommunalen Bauholding Pro Potsdam eine offizielle Beschwerde eingegangen. Bei dem Absender soll es sich um einen Geschäftsinhaber handeln, der über Einkommenseinbußen klagt.

Kamal Mohamad Abdallah, der Vorsitzende des 1998 gegründeten Vereins der Muslime in Potsdam, erhofft sich bei der Suche nach größeren Räumlichkeiten Hilfe von der Stadt Potsdam. Berufen kann er sich dabei auf Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Dieser hatte im Oktober 2015 ein Freitagsgebet besucht und den Muslimen die Hilfe der Stadt versprochen.

Als ein mögliches Ausweichquartier wird die Orangerie der chronisch in den roten Zahlen steckenden Tropenhalle „Biosphäre“ in Potsdam-Bornstedt genannt, die 500 Personen Platz bieten könnte. Laut einem Bericht der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ prüft die Stadt auch weitere Standorte, etwa in der Schiffbauergasse. Ebenso sollen Räume der Fachhochschule zur Diskussion stehen.

Langfristig möchte der muslimische Verein sein Gemeindezentrum komplett in ein Gebäude verlagern. Wie Abdallah gegenüber dem RBB erklärte, sollten Gläubige nicht nach Berlin abwandern. Es fehle auch separater Platz für weibliche Muslime bei den Gottesdiensten.       N.H.


S. 6 Ausland

Griechenland offen für Putins Avancen
Premier Tsipras will Beziehungen normalisieren, Moskau in Hellas investieren

Alexis Tsipras, Griechenlands eigenwilliger Ministerpräsident, hatte eine prominente Gelegenheit gewählt, um ein wenig frische Luft in das Gefüge der Nato zu lenken. Beim jüngsten Gipfel des Bündnisses Mitte Juli in Warschau nahm er die Gelegenheit wahr und empfahl seinen zum Abendessen versammelten Kollegen, sie alle sollten ihre Beziehungen zu Moskau normalisieren. Als aktuellen Aufhänger benutzt der Grieche den Krieg in Syrien, der, so seine Überzeugung, ohne eine Zusammenarbeit mit Russland kein Ende finden würde. Damit aber hatte sich Tsipras in die Nesseln gesetzt.

Bei solchen Fragen nämlich, welche die Grundlinien strategischer US-Politik berühren, geht es bei Nato und EU nicht um richtig oder falsch, sondern ausschließlich darum, was Washington dazu sagt. Und das bekam Tsipras umgehend aus dem Munde des US-Präsidenten Barack Obama zu hören. Dieser fiel dem Griechen ins Wort und blaffte ihn an: „Das sollten Sie Ihrem Freund Putin erzählen.“ So spielte sich diese Szene nach der Zeugenschaft des griechischen Verteidigungsministers Panos Kammenos ab, der gleichzeitig die ausgezeichneten Beziehungen zwischen den USA und Griechenland beschwor. Der Warschauer Ausrutscher wog aber umso schwerer, als Tsipras sich bereits im Mai in ähnlicher Weise geäußert hatte. Die Gewährleistung der europäischen Sicherheit sei ohne die Zusammenarbeit  mit Russland nicht denkbar, so Tsipras in einem Pressegespräch in Athen. „Ohne Dialog mit Russland geht es nicht“, so der Premier wörtlich.

Auf Beifall für solche Reden, wie Tsipras sie in Warschau und Athen und anderswo gehalten hat, hätte keiner der Nato-Staatsführer rechnen dürfen, dem Griechen allerdings wird in diesem Fall neben allgemeiner Unzuverläs­sigkeit auch noch eine gewisse kulturelle und historische Affinität dem orthodoxen Bruder Russland gegenüber unterstellt – jedenfalls bei solchen Weltenlenkern, denen derartige Kategorien vertraut sind. Das Reizvolle an diesem Verdacht ist, dass er absolut zutrifft. Das äußert sich freilich nicht nur in überraschenden Äußerungen, sondern auch in der konkreten Politik. So geschah jene Athener Betrachtung im Zusammenhang mit einem wichtigen Vertrag, den der russische Energieriese Rosneft mit dem griechischen Energiekonzern Hellenic Petroleum“ (ELPE) ausgehandelt hatte, und den Russlands Premier Wladimir Putin bei seinem jüngsten Besuch in Athen unterschrieb. Russland wolle seine Beziehungen zu Griechenland ausbauen, erklärte dazu ein Kreml-Sprecher. Tsipras fügte hinzu, dass der ELPE-Vertrag ein anderes Abkommen ergänzen werde, das zwischen der russischen Gazprom und dem Mailänder Energieversorger Edison sowie dem Pumpen-Hersteller DEPA  besteht.

Dieser Handel scheint zur beiderseitigen Zufriedenheit zu verlaufen, denn schon Anfang September unterbreitete die griechische Regierung in Moskau den Vorschlag, die beiden Länder sollten ein gemeinsames Unternehmen gründen, das der Förderung von Bodenschätzen dienen könnte. Das gab der russische Vizepremier Arkadi Dworkowitsch bei einem Besuch der Internationalen Messe in Thessaloniki bekannt. Dort wurde auch eine Zusammenarbeit bei der Eisenbahn besprochen. Es geht dabei um die Modernisierung und Verwaltung der griechischen Bahnen durch die  russische Staatsbahn RZD. Deren stellvertretender Chef Alexander Mischarin sagte in Thessaloniki: „Wir sind bereit, in Projekte zur Modernisierung griechischer Bahnen einzusteigen und deren Infrastruktur dann auch zu verwalten.“ Die Pläne reichen aber noch weiter. Russland zeigt Interesse am Hafen von Thessaloniki. Dieser nämlich soll versteigert werden. Mischarin sagt: „Die russische Bahn möchte die griechischen Eisenbahnen und den Hafen von Thessaloniki in einem Paket kaufen.“

Die Russen sehen ihre Zusammenarbeit mit Griechenland als Zeichen der Normalität, die weder durch die Politik noch die griechischen Finanzschwierigkeiten beeinträchtig ist. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte dazu, Russland unternehme alle Anstrengungen, um die Zusammenarbeit mit dem griechischen Partner weiter­zuentwickeln. Dabei bestehe keinerlei Notwendigkeit, Athen irgendeine Hilfestellung zu geben. „In diesem Fall“, so Peskow, „kann man natürlich nicht über einen, sagen wir einmal, schlanken Plan bei der Griechenlandhilfe sprechen, das ist nicht notwendig. Darüber hinaus hat, wie Präsidenten Putin mehrmals erwähnte, Griechenland von der Russischen Föderation keinerlei Hilfe beantragt.“ Putin selbst hatte sich dazu ebenfalls geäußert: „Im Hinblick auf die guten Beziehungen zwischen Russland und Griechenland und bei der Absicht der beiden Länder, alles zu tun, um diese Beziehungen vor allem in Handel und Wirtschaft zu erweitern, ist Russland tatsächlich bereit und bemüht, die Zusammenarbeit mit den griechischen Partnern auch weiterhin zu entwickeln. Außerdem zeigt Griechenland Interesse daran.“

Das bestätigt Tsipras und beteuert: „Griechenland betreibt gegenwärtig eine unabhängige, breit gefächerte Außenpolitik, die sich auf die Diplomatie stützt. Ich betrachte sie als Hauptinstrument zur Beilegung von Streitigkeiten. Andererseits fördert sie den politischen Dialog und die ökonomische Zusammenarbeit mit Ländern der Region.“ Die verderbliche Sanktionspolitik, die Militarisierung und die Rhetorik aus der Zeit des Kalten Krieges würden Europa den Weg in die Zukunft versperren, fügte Tsipras hinzu. Diese Kritik richtet sich unmissverständlich sowohl an die EU als auch an die Nato, wobei Griechenland beiden Organi­sationen angehört. Es erscheint so, als habe Obamas Ohrfeige wenig gefruchtet.           Florian Stumfall


Kratzen am Mythos Gandhi
Das andere Gesicht des weltweiten Idols für Gewaltfreiheit

Er war ein Revolutionär im Gewand eines Heiligen: Mahatma Gandhi. Bislang galt er als Ikone des antikolonialen Kampfes. Dazu galt sein Pazifismus als vorbildlich. Gandhi, der Führer im Kampf gegen die kolonialen Briten, begann sein politisches Leben als Rechtsanwalt im Dienste der Briten zwischen 1893 und 1914 in Südafrika. Dort hat er jedoch nicht die einheimischen Schwarzen unterstützt, sondern nur die von den Briten zur Arbeit eingeführten Inder. Gegenüber den Schwarzen hatte Gandhi dieselbe rassistische Einstellung wie die Briten. Er nannte sie in seinen Schriften „Kaffern“, eigentlich ein Wort aus dem Arabischen, das „ungläubig“ bedeutet, aber die Verachtung zeigen sollte, mit dem Nichtafrikaner auf die Afrikaner herabschauten. Gandhi kämpfte in Südafrika darum, dass seine indischen Landsleute nicht auf das Niveau der Kaffern herabgezogen werden sollten. Mit schockierender Verachtung schrieb er über schwarze Afrikaner, indische Leibeigene, Unberührbare, Arbeiter und Frauen.

Obwohl die Ikone Gandhi in Südafrika durch das Wirken von Nelson Mandela wieder viel an Ansehen gewann, wurde in Johannesburg bereits die Gandhi Statue von jungen Militanten mit Aufschriften wie „der Rassist Gandhi muss fallen“ versehen.

Sogar in Indien wird das Wirken Gandhis immer kritischer gesehen. Arundhati Roy, die bekannteste Schriftstellerin, Intellektuelle und Menschenrechtsaktivistin Indiens, legt den Widerspruch zwischen Pazifismus und Aufrechterhaltung der hinduistischen Gewaltherrschaft bei Gandhi offen.  In einem Furore machenden Essay schrieb sie, Gandhi sei nicht der friedliebende Held der Gewaltlosigkeit gewesen, für den ihn die Welt halte. Vielmehr sei er „bedingungsloser Verfechter einer der gewalttätigsten Gesellschaftsformen der Welt“ gewesen, des Kastensystems. Mit ihren Thesen erschüttert Roy Indien in seinen Grundfesten,  weil sie mit Gandhi auch den Hinduismus angreift, der, wie sie sagt, die Grundlage sei für das „menschenverachtende Kastensystem“.

Roy erinnert an  Bhimrao Ramji Ambedkar (1891 bis 1956), Gandhis größten Kritiker innerhalb Indiens, der Indien nicht nur von den Briten, sondern auch vom Kastensystem befreien wollte. Im Westen ist er bis heute nahezu unbekannt geblieben. In den Häusern der Unberührbaren, der Kastenlosen, die am unteren Rand der indischen Gesellschaft dahinvegetieren,  hängt nie ein Bild von Gandhi, sondern immer nur eines von Ambedkar. Ambedkar war selbst ein Unberührbarer, ein Sklave des Hindu-Systems, ohne jegliche Rechte. Nur durch glückliche Zufälle konnte er Jurist werden. In seinem Hauptwerk „Die Abschaffung der Kasten” von 1936 forderte er ein Ende des Kasten-Unrechts.

Auch fast 70 Jahre nach Gandhis Tod  prägen die hinduistischen Kasten, ein archaisches Privilegiensystem, das Armut und Gewalt erzeugt, Indien noch immer: Die Unberührbaren, heute Dalits genannt, werden noch immer wie Abschaum behandelt. Selbst heute noch laufen Dalits, die den Status quo infrage zu stellen wagen, Gefahr, einem regelrechten Ritualmord zum Opfer zu fallen. Jahr für Jahr werden 1500 Dalit-Frauen von Männern aus höheren Kasten vergewaltigt und 650 Dalits werden ermordet. Massenproteste dagegen gibt es nicht.    Bodo Bost


Deutschland soll es regeln
Bilanz der Schließung der Balkanroute

Obwohl Deutschland im Februar gegen die Schließung der Balkanroute war, wurde es zum Treffen in Wien eingeladen, auf dem sich Vertreter von elf Balkanstaaten  trafen, um über die Folgen der Schließung der Balkanroute zu beraten. Ziel des Gipfels „Migration entlang der Balkanroute“ war eine gemeinsame Bestandsaufnahme der aktuellen Situation und die Diskussion über die zukünftigen Herausforderungen für die unmittelbar betroffenen Staaten. Österreich hat sich seit Jahresbeginn von seiner anfänglichen Willkommenspolitik verabschiedet und ist nun eine der treibenden Kräfte beim Versuch, den Andrang der Immigranten einzudämmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel gehörte, anders als jetzt in Wien, im März zu den Hauptadvokaten des Abkommens mit der Türkei, der die EU sehr viel Geld und Zugeständnisse an Ankara gekostet hat, aber mit einem bisher noch sehr vagen Ergebnis. Doch auch in Wien war Merkel noch immer nicht bereit anzuerkennen, dass von der Schließung der Balkanroute das zentrale Signal an die Fluchtkandidaten ausgegangen ist, der zu dem jetzt auch von ihr begrüßten Rückgang der Zuwanderungszahlen geführt hat.

Der EU-Ratspräsident Donald Tusk der sich von Anfang an positiv zur Grenzsicherung geäußert hatte, bekannte sich in Wien erneut dazu: „Wir müssen praktisch und politisch sicherstellen, dass die westliche Balkanroute für illegale Migration für immer geschlossen ist.“ Merkel sicherte Griechenland und Italien weitere Hilfe in der Asylfrage zu. So werde Deutschland, das bereits 70 Prozent aller in die EU strömenden Zuwanderer aufnimmt, obwohl Deutschland nur 20 Prozent der EU-Bevölkerung ausmacht, diesen Staaten mehrere hundert Zuwanderer mit Bleiberecht pro Monat abnehmen. Auch wurde entschieden, wieder einmal den Aufgabenbereich der europäischen Grenzschutzagentur Frontex auszudehnen, nachdem Griechenland einen Hilfeantrag für die Überwachung der Grenze, diesmal zu Mazedonien, gestellt hatte.

In Griechenland stauen sich derzeit vor allem Männer ohne Aussicht auf ein Bleiberecht aus Nordafrika, Westafrika und Pakistan. Familien aus den Kriegsgebieten Syriens und des Irak kommen praktisch keine mehr in Griechenland an, weil für sie die Unwägbarkeiten eines langfristigen Aufenthaltes in Griechenland zu groß geworden sind. Die Rück­führung von Menschen ohne Aussicht auf Asyl müsse verstärkt werden, sagte die Kanzlerin. Allerdings sind die Rückführungsabkommen mit den Staaten Nordafrikas sowie mit Pakistan noch nicht fertig. Ähnliche Abkommen wie mit der Türkei sollen laut Merkel auch mit Ägypten und anderen afrikanischen Staaten geschlossen werden.

Nach einem deutlichen Rück­gang wegen der Schließung der Balkanroute steigen die Flüchtlingszahlen zu den griechischen Inseln seit Sommer wieder. In den Staaten entlang der ehemaligen Balkanroute, in Mazedonien, Serbien, Bulgarien, Kroatien, Ungarn und Slowenien, sitzen immer noch 30000 Menschen fest, die von der Schließung der Route überrascht wurden, aber eigentlich immer noch nach Deutschland wollen. Beim Gipfel in Wien verstärkten die anderen Teilnehmer ihren Druck auf Merkel, diese doch auch noch aufzunehmen oder zumindest für sie zu zahlen.                B.B.


MELDUNGEN

Kabarettist gründet Partei

Wien – Der österreichische Kabarettist Roland Düringer hat bei der zuständigen Behörde die Statuten für die von ihm gegründete Partei „Ab jetzt G!LTs“ eingereicht. Um bei der nächsten Nationalratswahl antreten zu können, muss er allerdings noch 2600 Unterstützungserklärungen einreichen. Sein erklärte Ziel: „Bei der nächsten Nationalratswahl allen Nichtwählern, Protestwählern, Weißwählern, alle jenen Menschen, die bei den Angeboten an Parteien kein Angebot für Sie finden, die Möglichkeit zu geben, am Prozess teilzunehmen.“ Als „Spaßpartei“ wie die Partei „Fünf-Sterne-Bewegung“ des italienischen Komikers Beppe Grillo will er seine Neugründung allerdings nicht verstanden wissen. J.H.

 

Nationalrat für Burka-Verbot

Bern –  Der Schweizer Nationalrat hat auf Initiative der nationalkonservativen SVP mit knapper Mehrheit ein Burka-Verbot beschlossen. Jetzt muss noch die kleine Parlamentskammer, der mit Vertretern der 26 Kantone besetzte Ständerat, darüber abstimmen, die das Verbot allerdings schon einmal abgelehnt hat. Verhüllungen aus religiösen Gründen seien in der Schweiz „äußerst selten“ und stellten „kein echtes Problem“ dar, hieß es damals zur Begründung. Unterdessen sammelt eine der SVP nahestehende Gruppe Unterschriften für die Volksinitiative „Ja zum Verhüllungs-Verbot“. Sie hat noch ein Jahr Zeit, die erforderlichen 100000 Unterschriften zusammenzubekommen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, denn laut einer repräsentativen Umfrage würden 71 Prozent der Schweizer eine Vollverschleierung im ganzen Land verbieten.         J.H.


S. 7 Wirtschaft

Sanktionsziel ist in Wahrheit Europa
Deutscher Handel mit Russland um 40 Prozent eingebrochen, jener der USA um elf Prozent gestiegen

Die Sanktionen gegen Russland sind von den Europäern verhängt und sie sind wichtig, weil das Abkommen von Minsk nicht eingehalten wird. Sie sollen wirtschaftlichen Druck ausüben, damit Moskau in dem Konflikt einlenkt. Dies ist die offizielle Begründung für einen Wirtschaftskrieg, so sagt es die Bundesregierung, dies glauben Zeitungsleser und das Fernsehpublikum, aber doch ist an dieser Darstellung so gut wie alles falsch.

Es beginnt mit dem inzwischen völlig verschwiegenen Umstand, dass die beiden Abkommen von Minsk, die den Frieden in der Ukraine zum Ziel haben, auf russische Initiative zustande kamen. Es wird, zweitens, nicht davon geredet, wer derjenige ist, der jeweils gegen das Abkommen verstößt. Das hat zur Folge, dass Russland als Objekt der Sanktionen für jeden Schuss, den die ukrainische Armee abfeuert, bestraft wird. Im Übrigen  waren es die USA, die Brüssel dazu gezwungen haben, Sanktionen gegen Russland zu verhängen, die Europäer hatten von sich aus nie diese Absicht. Im Oktober 2014 verkündete US-Vizepräsident Joe Biden mit Blick auf die europäischen Länder, die USA seien in der Lage gewesen, diese zu zwingen, „finanziellen Druck auf Russland auszuüben. Es ist wahr, dass sie das nicht tun wollten. Aber wiederum war es die Führungsrolle Amerikas und der Präsident der Vereinigten Staaten, der darauf bestand und der EU sagen musste, dass ihre Haltung nicht angemessen ist.“

Das einzige, was an der offiziellen Darstellung zur Hälfte stimmt, ist die Tatsache, dass es sich bei den Sanktionen um einen Wirtschaftskrieg handelt. Der allerdings richtet sich nicht gegen Russland, sondern tatsächlich gegen die EU, in erster Linie gegen Deutschland. Ein Beispiel aus der Montanindustrie macht das deutlich. Für den Abbau eines Steinkohle­vorkommens in Sibirien wollten die Russen deutsche Bagger kaufen, aber wegen der Sanktionen kam das Geschäft nicht zustande. Am nächsten Tag stand  der Vertreter des US-Konzerns Caterpillar vor der russischen Tür und erklärte, man werde selbstverständlich die benötigten Maschinen liefern.

Die Wirkung der Sanktionen trifft also Russland weitaus weniger als Deutschland und nutzt den USA. Diese übernehmen in Russland in großem Umfang Geschäftsfelder, die bislang von deutschen Firmen gehalten wurden. Das Abkommen von Minsk, der Krieg in der Ukraine und die Bestrafung Russlands – alles Nebensache. Es geht nur um eines: dass die US-Konzerne Geschäfte machen. Ein Friede in der Ukraine wäre zu ihrem Nachteil, weil dann die Sanktionen fallen müssten. Also wird er nicht kommen. Noch im Juni dieses Jahres erklärte die deutsche Kanzlerin bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten François Hollande willfährig: „Wir haben heute mit Blick auf die Beziehungen der EU zu Russland noch einmal über den Stand der Umsetzung des Minsker Abkommens berichtet und damit deutlich gemacht, dass die Verlängerung der Sanktionen leider angesichts des Stands der Umsetzung notwendig ist.“ Das war das Präludium zu deren Verlängerung, die allerdings nicht in der Hand der Europäer liegt. Schon als sie verhängt wurden, hatte nämlich der US-Senator John McCain erklärt: „Die USA werden entscheiden, wann die EU-Sanktionen gegen Russland aufgehoben werden.“

Ungefähr 6000 deutsche Firmen treiben mit Russland Handel. Sie sind es in erster Linie, die für das üble Spiel der USA zahlen müssen. Der deutsche Handel mit Russland ist seit 2014 um 40 Prozent eingebrochen. Bei den deutschen mittelständischen Unternehmen belaufen sich die Verluste auf Milliarden. Die Bauern leiden unter der russischen Reaktion, die ihre Exporte beschneidet. Dagegen ist der Handel zwischen Russland und den USA allein im Jahr 2014, als die EU die Sanktionen auf amerikanischen Druck verhängen musste, um volle elf Prozent gestiegen. Diese Entwicklung setzt sich seither fort, was im vergangenen Jahr den US-Botschafter John B. Emerson zu einer öffentlichen, aber nichtsdestoweniger wahrheitswidrigen  Darstellung bewegte, wonach die Umsätze der USA aus dem Russland-Handel ebenfalls zurückgegangen seien.

Das Projekt, das nach finanziellem Umfang und strategischer Bedeutung das wichtigste in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland sein dürfte, ist North Stream II. Dabei geht es um eine weitere Gasleitung durch die Ostsee, welche die Partner beschlossen, nachdem die USA die Gasleitung South-Stream durch das Schwarze Meer und über den Balkan sabotiert hatten, obwohl alle Verträge unter Dach und Fach waren. Die USA schickten dazu sogar McCain ins Feld, eigentlich ein Verteidigungs-Politiker, der hier aber an die wirtschaftliche Front ausrückte. Nicht anders jetzt. Wieder legt sich McCain ins Zeug, um die Pipeline von North Stream II durch die Ostsee zu verhindern. Niemand begründet zwar, woher die USA das Recht beanspruchen, einen Handelsvertrag zwischen souveränen Staaten außer Kraft zu setzen. Dafür ist das Motiv umso klarer: Die USA wollen, dass die Europäer ihr Gas kaufen, nicht das russische. Ende März hat der erste US-Frachter Fracking-Gas aus den USA nach Norwegen gebracht. Das ist zwar dreimal so teuer wie das russische, aber dafür politisch korrekt.

Gleichzeitig erhöht Washington erheblich den Druck auf die deutsche Regierung, das Projekt North Stream II zu begraben. Wer die Kanzlerin und ihre Regierung kennt und dazu den Einfluss der USA in Berlin, der wird sich bald nach US-Fracking Gas umsehen.

                Florian Stumfall


Treffen ohne große Folgen
Uneinige Opec-Staaten berieten über Begrenzung der Ölförderung

Es gibt zu viele Akteure auf dem Ölmarkt. Deshalb werde laut Experten die Strategie der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (Opec) der Preiskontrolle über die Mengen nicht mehr aufgehen. Deshalb begegnen Rohstoffexperten einer möglichen Einigung der Opec zur Reduzierung der Fördermengen mit Skepsis. Zu sehr gehen die Interessen der Mitgliederstaaten auseinander.

Das spiegelte einmal mehr das Opec-Treffen in Algier Ende September wider. Dort haben die Mitglieder zwar über ein Einfrieren der Fördermengen beraten, die Entscheidung über Quoten zunächst aber in den November vertagt. Mehrere Faktoren bereiten den Erdölproduzenten seit Längerem Sorgen: Wegen sinkender Nachfrage und weltweit voller Lager haben sich die Aussichten verdüstert. Der Ölpreis, der derzeit bei 48 US-Dollar pro Barrel liegt, könne auf 20 Dollar absinken, wenn keine Drosselung beschlossen werde, befürchtet der venezolanische Ölminister Eulogio del Pino. Bei einem Ölpreis unter 40 Dollar pro Barrel können Ölproduzenten kaum noch rentabel fördern. Deshalb hoffen sie, dass bei einer Quotenregelung der Opec die Preise wieder steigen werden. Die 14 Mitgliedstaaten der Opec sitzen auf mehr als 70 Prozent aller Ölreserven.

Nicht-Mitglied Russland würde sich voraussichtlich der Einigung anschließen. Schon seit Längerem sucht der Kreml das Gespräch mit Saudi-Arabien, scheiterte jedoch bislang am Festhalten der Saudis an der Rekordförderung. Doch Russland benötigt dringend einen höheren Ölpreis, da 40 Prozent seines Haushalts mit Einnahmen aus dem Ölexport finanziert werden. Während auch Länder wie Nigeria und Libyen an einem höheren Ölpreis interessiert sind, bremst der Iran bislang jede Quotenregelung aus. Nach dem Ende der Sanktionen will Teheran zunächst seine Förderung wieder auf das vorherige Niveau anheben. Der Iran hat am Septembertreffen lediglich als Beobachter teilgenommen. Dass er im November einer Drosselung zustimmen wird, ist kaum wahrscheinlich. Saudi-Arabien hat angekündigt, seine Förderung nur dann zu begrenzen, wenn der Iran sich beteilige.

Ein großes Problem stellt für die Opec-Staaten die Konkurrenz durch Fracking-Öl aus den USA dar. Als aktuell größter Ölförderer bisher arbeiten die USA nicht auf einen höheren Preis hin. Seit Frühjahr nehmen in den USA die Investitionen in die Ölförderung wieder zu. Fracking-Unternehmen, die sich auf dem freien Geldmarkt mit Liquidität versorgt haben, stehen unter Produktionsdruck. Laut der Amerikanischen Energieagentur haben sie etwa 30 Milliarden Dollar an Hochzinsanleihen ausstehen. Zusammen mit klassischen Bankkrediten summieren sich die von Banken und Versicherungen gehaltenen Risiken auf erhebliche Summen.

Russische Experten kritisieren, dass es völlig egal sei, was die Opec-Länder vereinbaren. Da Saudi-Arabien und die USA Verbündete seien, hätten die beiden mit Abstand größten Förderländer den Rohölpreis politisch in der Hand.

Deutsche Verbraucher wird es freuen: Heizöl und Benzin werden sich nicht wesentlich verteuern. Billiges Heizöl treibt die Wirtschaft in Europa zudem an. Die Frage ist bloß, wie lange sich der niedrige Ölpreis noch halten wird.

                Manuela Rosenthal-Kappi


Deutsche Bank am Abgrund
Aktie auf Rekordtief gefallen – Insolvenzgefahr steigt

Fast genau 20 Jahre nach dem Einstieg der Deutschen Bank ins globale Investmentbanking ist die Bank nur noch ein Schatten ihrer selbst. Im Vergleich zu 2006 hat die ihre Aktie bis Ende September 2016 knapp 90 Prozent an Wert verloren. Heute ist die Bank lediglich noch 16 Milliarden Euro wert. Ihre Lage hat sich inzwischen so weit verschlechtert, dass Befürchtungen vor einer Insolvenz im Stil der 2008 untergegangenen Investmentbank Lehman Brothers aufgekommen sind.

Zu kämpfen hat die Bank unter anderem mit den Folgen fragwürdiger Geschäftspraktiken, die sie beim Investmentbanking eingegangen ist. Weltweit sind tausende Prozesse und aufsichtsrechtliche Verfahren gegen sie eröffnet worden. Die Untersuchungen, die unter anderem wegen des Verdachts von Geldwäsche, Steuerkriminalität und Zinsmanipulation geführt werden, haben nicht nur dem Ruf der Bank enorm geschadet, sondern auch Milliardenkosten verursacht. Nun fordert das US-Justizministerium in einem ersten Vergleichsvorschlag im Streit um Hypothekengeschäfte der Deutschen Bank eine Strafe in Höhe von 14 Milliarden Dollar. Medienberichten zufolge betragen die Rück­lagen für Rechtstreitigkeiten bei der Bank 5,5 Milliarden Euro. Mittlerweile wird an den Märkten spekuliert, ob die Bank diese Strafe angesichts ihrer dünnen Kapitaldecke überhaupt noch aus eigener Kraft zahlen kann.

Laut einem Bericht der Wochenzeitung „Die Zeit“ bereiten die Bundesregierung und die zuständigen Finanzaufsichtsbehörden einen Notfallplan für die Deutsche Bank vor. Der Rettungsplan soll vorsehen, dass die Bank Teile ihres Geschäfts an andere Finanzinstitute verkauft. Einspringen könnte der Staat bei den Transaktionen mit Garantien zur Absicherung. Im Gespräch soll für den Notfall aber auch eine staatliche Beteiligung von 25 Prozent sein. Die Bank selbst verweist auf ihr stattliches Liquiditätspolster; die Bundesregierung hat Rettungspläne bislang dementiert. Nur kurz zuvor hatte das Magazin „Focus“ noch unter Berufung auf „informierte Kreise“ berichtet, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe im Sommer bei einem Geheimtreffen Deutsche-Bank-Chef John Cryan gesagt, er könne im Jahr vor der Wahl nicht auf Staatshilfe rechnen. Tatsächlich ist fraglich, ob es die Bundesregierung ris­kiert, die Bank notfalls nicht mit Steuergeldern aufzufangen. So hat der Internationalen Währungsfonds die Deutsche Bank im Kontext systemischer Risiken in der Finanzwirtschaft als das weltweit gefährlichste Geldinstitut bezeichnet.

Mit besonderem Interesse dürfte in Italien verfolgt werden, welche Lösung für die Deutsche Bank gefunden wird. In Rom ringt die Regierung Renzi selbst seit geraumer Zeit um die Rettung einer der größten und traditionsreichsten Banken des Landes, die angeschlagene Banca Monte dei Paschi di Siena. Dabei muss die italienische Regierung das EU-Regelwerk zur Rettung von Banken beachten. Maßgeblich von Deutschland ini­tiiert, ist darin als Bedingung für Staatshilfen gefordert, Aktionäre und Anleihegläubiger bei der Sanierung angeschlagener Banken mit heranzuziehen. Sollte Berlin versuchen, für die Deutsche Bank eine Ausnahme durchzusetzen, dürfte das Regelwerk zur EU-Bankenunion in seiner bisherigen Form obsolet sein.     N.H.


MELDUNGEN

Burda: Angst vor Abwanderung

Offenburg – Bei dem von der Mutter des Verlegers Hubert Burda 1950 unter dem Titel „Burda Moden“ gegründeten Magazin „Burda Style“ könnte eine größere Anzahl von Stellen ins günstigere Ausland verlagert werden. Die Rede ist von 22 Stellen. In einem Schreiben warnt der Konzernbetriebsrat der Hubert Burda Medien vor einer konzernweiten „Tendenz zur Auslagerung“. Man befürchte, dass hier eine „Strategie der Zukunft für das gesamte Haus“ entstehe. Es könne „nicht die Zukunft des Journalismus im Hause Burda sein, hochwertige redaktionelle Arbeit an Billig-Drittanbieter auszulagern“, appelliert die Arbeitnehmervertretung an die Unternehmensführung.          J.H.

 

E-Autos: Zehn Jahre steuerfrei

Berlin – Zur Förderung der Elektromobilität erhalten die Käufer von Elektroautos rückwirkend ab 1. Januar 2016 eine von fünf auf zehn Jahre verlängerte Steuerbefreiung. Außerdem regelt der Gesetzentwurf der Bundesregierung eine Steuerbefreiung für vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das Aufladen eines privaten Elektro- oder Hybridfahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers.     J.H.


S. 8 Forum

Handlanger
von Jan Heitmann

Ein Festakt mit Orchester und allem Drum und Dran, gleich zwei Bundesministern als Festrednern, darunter wollte es die Bundesregierung zum zehnjährigen Bestehen der Deutschen Islamkonferenz nicht machen. Dabei stellt sich dieFrage, was es da eigentlich zu feiern gibt. Denn die Islamkonferenz, gegründet als Forum für den Dialog zwischen dem Staat und Vertretern der Muslime in Deutschland, ist zu einem Podium für Islamisten verkommen. Kritische Stimmen wurden längst rausgeekelt. Das große Wort führen der Zentralrat der Muslime und der größte Islamverband in Deutschland, die Ditib, die mehr als 900 Moscheegemeinden repräsentiert.

Der Zentralverband fällt dadurch auf, dass er radikalislamische und salafistische Vereine unter seinem Dach vereint. Die Ditib wiederum untersteht der türkischen Regierung und macht für diese Propaganda. Beide zeigen keine wirkliche Dialogbereitschaft. Mit dieser Konferenz integriert der Staat nicht den Isalm, sondern er macht sich zum Handlanger der Islamisten. Das ist kein Grund zum Feiern!


Klar zum Kentern
von Bodo Bost

Fünf Jahre, nachdem sie das Berliner Abgeordnetenhaus „geentert“ hatten, bleibt von den Piraten nur noch eine verglühte politische Idee übrig. Ähnlich wie die Grünen vor 30 Jahren, hatten sich vor zehn Jahren die Piraten mit einem einzigen Thema, nämlich dem freien und offenen Internet, im Sturmangriff mit dem Slogan „Klarmachen zum Ändern“ auf den Weg zur Kaperung vieler Parlamente gemacht.

In Berlin war die Piratenpartei am stärksten. Die Fraktion machte nicht nur durch interne Streitigkeiten auf sich aufmerksam, sondern auch durch professionelle Arbeit im Untersuchungsausschuss zum Flughafendesaster. Die Piraten wollten den Politik-Modus umkrempeln, transparenter machen, und sie wollten Politik thematisch ins 21. Jahrhundert bringen, sie digitalisieren. Wenn Minister und Abgeordnete heute twittern und für alle Bürger ansprechbar sind, ist das auch zum Teil den Piraten zu verdanken. Sie holten das Internet in die Politik, sie gingen allerdings auch an dessen Schattenseiten zugrunde. Mit den digitalen Werkzeugen wollten sie Politik transparenter und bürgernäher machen. Doch statt respektvoll Argumente zu tauschen, konnte jeder mitmachen und jeder konnte kaputtmachen. So haben sich die Piraten bis aufs Messer zerfleischt, wie echte Piraten eben. Piratenkapitäne wurden schnell durch die Flut der Beschimpfungen beschädigt und verließen das sinkende Schiff.

Nun sieht alles nach einem lautlosen Verschwinden aus. Entscheidend für ihren Niedergang war, dass die Piratenpartei anders als die Grünen nie über ihr Nischenthema hinausgekommen ist. Denn Netzpolitik, Bürgerrechte im Internet oder eine Reform des Urheberrechts sind für die Deutschen gerade in Zeiten von Massenzuwanderung nun einmal keine wichtigen Themen.


Gescheiterter Zampano
von Michael Leh

Selbst bei seinem Abgang hat Markus Meckel noch einmal dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge (VDK) geschadet. Einen Tag bevor er vom Bundesvertretertag des VDK abgewählt worden wäre, trat er flink selbst vom Präsidentenamt zurück. Sofort teilte er dies den Medien mit und startete Angriffe auf den VDK. Typisch Meckel, könnte man sagen: Statt sich den Delegierten zu stellen, wich er trickreich aus. Auf der Website des VDK hieß es dazu: „,Wir lassen uns nicht ins reaktionäre Fahrwasser abdrängen, auch wenn Markus Meckel das immer wieder behauptet, so lässt sich in etwa die Stimmung beschreiben, die unter den Delegierten herrscht. Es ist eine Aufbruchstimmung. Die Medienkampagne ihres ehemaligen Präsidenten quittieren sie mit Unverständnis.“

Medial war Meckel zunächst aber in der Vorhand. In Interviews konnte er erst einmal seine einseitige Sicht der Dinge vortragen. Sein Narrativ: Die Lichtfigur Meckel gegen die Reaktionäre. Etliche Medien gaben das unkritisch wieder. Aber nicht alle. Der objektivste Bericht stand in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Sie wies auch darauf hin, dass im VDK Meckel insbesondere auch ein miserables Führungsverhalten angekreidet wurde, und zwar auch von Sozialdemokraten.

Dass Meckel sich vor seiner Abwahl in die Büsche schlug, zeigt aber auch, wie sehr er selbst genau wußte, in dem Verband jeden Rückhalt verloren zu haben. Ein solches Kunststück muss man erst einmal fertig bringen. Schließlich war der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete und letzte Außenminister der DDR ja auch einmal gewählt worden und der Verband hatte gehofft, dass er durch Meckel gut vertreten würde. Vermutlich hat man ihn aber nur nicht gut genug gekannt. Die Art und Weise, wie er früher den Bund der Vertriebenen attackiert hatte, hätte Warnung sein können. Meckel trat beim VDK als Großer Zampano auf, der das Amt als politische Spielwiese nutzte, nachdem er sein Bundestagsmandat verloren hatte. Er vertrat einseitige und unnötig polarisierende Ansichten und ließ nur seine eigene Meinung gelten.

Der VDK-Vizepräsident und frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, übernimmt bis auf weiteres die Aufgaben des Präsidenten. Die Delegierten beschlossen ein neues Leitbild. Dort heißt es: „Die Kriegsgräberstätten und Gedenkstätten sind für uns Deutsche nach dem von Deutschland mitverantworteten Ersten Weltkrieg und dem durch das nationalsozialistische Deutschland verschuldeten Angriffs- und im Osten als Vernichtungskrieg geführten Zweiten Weltkrieg Orte erhöhter gedenk- und erinnerungspolitischer Verpflichtung und Aufklärung.“


Gegenwind
Doppelter Abschied in den Vereingten Staaten
von Florian Stumfall

Am 8. November dieses Jahres werden in den Vereinigten Staaten von Amerika bei den Wahlen des Electoral College die Wahlmänner bestimmt, die 41 Tage später den Nachfolger von Präsident Barack Hussein Obama küren werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt werden die Nachrufe auf den scheidenden Amtsinhaber anheben, auf dem vor seiner Inthronisation die Hoffnungen von Millionen ruhten und der bei seinen Hagiographen auf viel Wohlwollen angewiesen sein wird.

Diese werden viele nebulöse Floskeln für den Mann benötigen, der schon zu Beginn seiner Präsidentschaft den Friedensnobelpreis erhalten hatte, der dennoch Kriege führte oder fortführte, in Afghanistan, in Somalia, im Jemen, in Libyen und in Syrien, und der vor allem auch todbringende Drohnen aussandte in weit größerem Ausmaß als je ein Präsident zuvor. Man wird das alles kleinreden, beschönigen und mit dem Kampf gegen den Terror entschuldigen und hinzufügen, sein Land zu schützen sei die erste Pflicht des Präsidenten. Dass dieser Präsident Obama aber den brutalsten Angriff nicht auf irgendeinen äußeren Feind, sondern auf eben sein eigenes Land gerichtet hat, davon wird niemand sprechen, niemand davon, dass Obama mit Geschichte und Geist von Freiheit und Rechtlichkeit gebrochen hat.

Für die meisten Menschen jedenfalls in der westlichen Welt tragen die USA immer noch die Aura der Macht, die mehr als jede andere für Freiheit und Rechtsstaatlichkeit steht. Es gilt immer noch die Überlieferung, der Kontinent sei bevölkert worden von Europäern, die, vertrieben von der Fürstenwillkür, eine bessere, eine freie Welt bauen wollten, und einzelne, herausragende Männer der frühen Zeit wie Präsident Thomas Jefferson schienen das zu bestätigen. Damals hatte man sich beim Schreiben der Verfassung an die stolze Geschichte der Freiheit in Europa gehalten. Diese erlebte einen Höhepunkt im Jahre 1215, als in England König Johann Ohneland die Magna Charta Libertatum erließ. Deren Artikel 39 bestimmte: „Kein freier Mann soll verhaftet, gefangen gesetzt, seiner Güter beraubt, geächtet, verbannt oder sonst angegriffen werden; noch werden wir ihm anders etwas zufügen, oder ihn ins Gefängnis werfen lassen, als durch das gesetzliche Urteil von Seinesgleichen, oder durch das Landesgesetz.“

Diese Charta ist ein Monument der europäischen Geistesgeschichte, der Geschichte der Freiheit, als deren Erben die USA angetreten waren. Sie wurde erstmals in der Neuen Welt im Jahre 1687 von William Penn veröffentlicht und zwar in seinem Buch „The Excellent Privilege of Liberty and Property Being the Birth Right of the Free-born Subjects of England“ (Der herausragende Anspruch auf Freiheit und Eigentum als Geburtsrecht eines freigeborenen Engländers).

Die amerikanischen Kolonisten nahmen das auf und führten es als Argument gegen das britische Parlament ins Feld. Die Magna Charta erschien alsbald im Siegel von Massachusetts und sie fand ihren Niederschlag im Artikel 5 der amerikanischen Bill of Rights. Der Gedanke der Freiheit, die Selbstverpflichtung der Mächtigen zu diesem Gedanken und der Nutzen, den alle Bürger daraus ziehen konnten, schienen für immer gewährleistet.

Das galt, bis Barrack Obama am 31. Dezember 2011 seine Unterschrift unter den „National Defense Authorization Act“ (NDAA) des Jahres 2012 setzte. Dabei handelt es sich um ein regelmäßig zu erlassendes Gesetz für den Verteidigungshaushalt eines Kalenderjahres. Was das NDAA 2012 von anderen unterscheidet, ist seine „Sektion 1021“. In diesem Absatz werden die US-Streitkräfte ermächtigt, jeden Bürger der Vereinigten Staaten ebenso wie jeden Ausländer inhaftieren zu lassen, wenn ihm eine Verbindung zum islamistischen Terrorismus vorgeworfen wird. Diese Inhaftierung unterliegt keiner zeitlichen Beschränkung. Es ist keine Überprüfung durch ein Gericht vorgesehen. Strafrecht und Zivilrecht können außer Kraft gesetzt werden. Die einzige Auflage ist, dass der Kongress informiert werden muss, informiert, wohlgemerkt, nicht befragt.

Regelungen solcher Art hatten in den USA schon vor dem Jahr 2012 gegolten, aber nur für Ausländer. Neu ist, dass nun auch Bürger der Vereinigten Staaten davon betroffen sind. 97 Prozent der Senatoren haben dem neuen Gesetz zugestimmt. Dennoch handelt es sich dabei hinsichtlich Zweck und Wirkung um einen Staatsstreich, der allerdings nicht gegen die Regierenden, sondern gegen das eigene Volk gerichtet ist.

Das ist dies die größte Beschränkung der Freiheit, die es in einem Staat gibt, der sich offiziell zur Herrschaft des Rechts bekennt. Es beginnt mit der Regelung, dass eine Vermutung zur Festnahme ausreicht, nicht einmal ein Verdacht ist vonnöten, geschweige denn ein Beweis. Es geht konsequent damit weiter, dass das grundlegende Recht auf einen Richter und einen Rechtsbeistand verweigert wird. Und die Regelung findet ihre Folgerichtigkeit darin, dass die Festnahme zeitlich unbegrenzt ist und somit den Militärs richterliche Gewalt zuerkannt wird. Dies alles sind Kennzeichen einer Militärdiktatur.

Die Section 1021 des NDAA 2012 wirft alle rechtsstaatlichen Normen über den Haufen. Deshalb haben sich natürlich umgehend verschiedene Gruppierungen in Sorge um den Erhalt grundlegender Menschenrechte gegen das Gesetz gewandt, bislang vergebens. In den USA ist eine Normenkontrollklage auf allgemeiner Grundlage nicht möglich, die Sache müsste von einem Betroffenen betrieben werden. Nach dem Papier stünden die Aussichten nicht schlecht. Der vierte Zusatzartikel der US-Verfassung von 1791 garantiert den Schutz der Person, seiner Wohnung, und seines Eigentums vor willkürlicher Durchsuchung, Festnahme und Beschlagnahmung. Der fünfte Zusatzartikel verbietet den Entzug von Leben, Freiheit oder Eigentum ohne vorheriges ordentliches Gerichtsverfahren nach Recht und Gesetz durch die Vereinigten Staaten von Amerika. Doch das ist alles Theorie. Tatsächlich bestimmt der NDAA 2012 nicht das Recht, aber die Wirklichkeit, die mit dem Recht nichts zu tun hat.

Davon, wie gesagt, wird bei der Verabschiedung des Barack Hussein Obama nichts zu hören sein. Unsicher ist indes, ob von anderen Brüchen mit der Rechtsstaatlichkeit die Rede sein wird, die eigentlich allgemein bekannt sind. Dazu gehört, dass in den USA das Foltern erlaubt ist, nur gewisse Praktiken sind offiziell untersagt, welche von der CIA genau aufgelistet sind. Alles andere ist erlaubt. Allgemein ist ebenso bekannt, dass die US-Regierung systematisch die Privatsphäre und hier vor allem das Fernmeldegeheimnis missachtet. Der NSA-Skandal hat hier für einen gewissen Einblick gesorgt, das Übel aber nicht abgeschafft.

Fragt man nach der Rechtfertigung für das Unrecht, so verweist die US-Regierung auf die Gefahr durch den Terrorismus und speziell der al-Kaida. Es ist allerdings eine spärliche Erklärung, wo doch die USA die al-Kaida zum Leben erweckt haben und bis heute die Teile, die nicht inzwischen aus dem Ruder gelaufen sind, unterstützen, etwa in Syrien. Und ein anderes gibt ebenfalls zu denken. Die USA fordern für sich das Recht, andere Länder anzugreifen und zu zerbomben, denen sie Praktiken vorwerfen, die sie selbst betreiben. Auf diese Weise steht der Weltmachtanspruch der Amerikaner ethisch auf einem wackeligen Fundament.

So wird man mit dem Abschied von Ba­-rack Hussein Obama gleichzeitig den Abschied der USA von Recht und Freiheit begehen können – das erste kann man feiern, das andere nicht.


S. 9 Kultur

Baumeister statt Bierbrauer
Vor 175 Jahren starb Karl Friedrich Schinkel – Der Architekt krönte den preußischen Klassizismus

Karl Friedrich Schinkel gilt als Vollender des „preußischen Stils“. Mit seinen klaren klassizistischen Formen prägte der Architekt ne­ben Schlüter, Knobelsdorff, Gontard oder Langhans das Aussehen von Preußens Hauptstadt Berlin.

Die Friedrichswerdersche Kirche bietet in diesen Tagen einen traurigen Anblick. Eingeklemmt zwischen hochgeschossigen Wohnneubauten fällt der rote Klinkerbau unweit des Berliner Schinkelplatzes kaum noch auf. Schlimm sieht es auch im Innenraum aus, wo alles eingerüstet ist. Das Deckengewölbe drohte einzustürzen wegen der tiefen Baugruben, die für die Neubauten nur wenige Meter vom Kirchenfundament entfernt ausgehoben wurden (die PAZ berichtete).

Aus Sicht der Bauspekulanten steht die Kirche ohnehin nur im Weg, denn sie befindet sich auf einem Filetgebiet, auf dem sich mit Luxusimmobilien viel Geld ma­chen lässt. Aus Sicht der Denkmalschützer aber ist das nach Schinkels Plänen erbaute Gotteshaus, das die Nationalgalerie von 1987 bis zur Einrüstung der Kirche als Dependance für ihre Skulpturensammlung nutzte, ein Meisterwerk, das Zeugnis abgibt von der einstigen Pracht Berlins so wie Langhans’ Brandenburger Tor oder Schadows darüber thronende Quadriga, deren Siegeszeichen – ein Speer mit einem Adler und einem Lorbeerkranz, in dessen Mitte das Eiserne Kreuz leuchtet – übrigens von Schinkel ebenso entworfen wurde wie das Eiserne Kreuz als Orden.

Schinkel wurde am 13. März 1781 im brandenburgischen Neuruppin geboren. Seinen Vater, ein Superintendent, verlor der junge Karl Friedrich schon mit sechs Jahren. Nach dem Tod des Vaters zog die Mutter mit den Kindern nach Berlin, wo man ihr im Predigerwitwenhaus eine angemessene Wohnung gegeben hatte. Schinkel besuchte das Berlinische Gymnasium. Im Jahre 1800 starb auch die Mutter. Mit 19 Jahren sah sich Schinkel auf sich allein gestellt.

Seine Vormünder wollten Schinkels Ausbildung zum Branntweinbrenner oder zum Bierbrauer durchsetzen, doch ihr Mündel ging unbeirrt und unter mannigfaltigen persönlichen Opfern einen anderen, einen künstlerischen Weg. Der talentierte Zeichner wurde Schüler des preußischen Baumeisters Fried­rich Gilly, der ihm das Handwerkliche der Baukunst vermittelte. Gilly hatte Schinkels Talent rasch erkannt, denn er übertrug ihm, ehe er sich zu einer Reise nach Karls­bad entschloss, während der Gilly der Schwindsucht erlag, sei­ne sämtlichen Bauaufträge.

Schinkels früheste zur Ausführung gekommenen Bauten lagen im Oderbruch in der kleinen Stadt Hopfen-Buckow, wo er das Schloss der Herren von Flemming völlig neugestaltet und im benachbarten Quiritz, dem späteren Neu-Hardenberg, Um- und Neubauten durchgeführt hat. Bildungsreisen führten ihn nach Dresden, Prag und Wien. In Rom fand er im Haus des preußischen Residenten Wilhelm von Humboldt freundlichste Aufnahme, denn der im Ministerrang stehende Wissenschaftler liebte wie Schinkel die griechische Antike. Fast 20 Jahre später entwarf er den Um- und Erweiterungsbau des Humboldtschen Schlosses in Berlin-Tegel.

Nach seiner Hochzeit 1809 besuchten König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise seine Gemälde- und Bilderausstellung. Das Königspaar war davon so beeindruckt, dass Schinkel beauftragt wurde, die Zimmer der Königin im königlichen Palais neu auszustatten. Staatskanzler von Hardenberg erkannte die große malerisch-baumeisterliche Begabung des Künstlers. Er stellte ihn als Assessor für das ästhetische Fach bei der Oberbaudeputation mit ei­nem Jahresgehalt von 1200 Talern ein.

Der endgültige Durchbruch zur Architektur fiel für Schinkel in das Jahr 1816, als er mit dem Bau der Neuen Wache Unter den Linden in Berlin beauftragt wurde. Dieses Bauwerk gehört zu einem der schönsten und zeitlosesten des genialen Architekten. 1818 wurde es fertiggestellt. Das massive, schlichte Bauwerk mit seinem quadratischen Kern und der dorischen Säulenvorhalle mit figurenreichem Fries begründete Schinkels Ruf als bedeutendster Architekt des preußischen Klassizismus.

1818 baute er allein für Berlin fünf Kirchen. Schinkels bedeutendstes Entwicklungsjahr aber war 1823. Er entwarf und baute das weltberühmt gewordene Alte Museum als krönenden Ab­schluss des Berliner Lustgartens. 1825 entwarf er die Friedrichswerdersche Kirche und das Kasino in Glienicke. 1826 entstand das Palais des Prinzen Karl, und 1829 folgte der Bau der Potsdamer Nicolaikirche. Im selben Jahr begann er mit dem Bau des Palais des Prinzen Albrecht. Die Bauakademie nahe der Berliner Schlossbrücke folgte 1831, desgleichen die Glienicker Brücke und die bezaubernde Villetta im Potsdamer Königsschloss Charlottenhof.

Der große Vollender des preußischen Klassizismus musste bei der Überfülle dieser Arbeiten ge­sundheitlich Schaden nehmen. Noch einmal half eine Kur in Meran, doch nach der Rückkehr nach Berlin verschlimmerte sich der Zustand des Kranken. Nach schweren Gehirnkrämpfen und einem Blutsturz erlöste vor 175 Jahren der Tod am 9. Oktober des Jahres 1841 gegen halb drei Uhr nachmittags den großen Baumeister. Am 12. Oktober wurde Schinkel auf dem Friedhof der Werderschen Kirche vor dem Oranienburger Tor beigesetzt, wo sich noch heute sein Ehrengrab befindet.

Seine Bauten aber, sofern sie den Krieg überstanden haben, leben fort. So wird auch die Fried­richswerdersche Kirche wei­terhin trotzig ihren Platz im modernen Architektur-Mischmasch Berlins behaupten.              Harald Tews


Ausgezeichneter »Rabe«
Gebäude von Le Corbusier sind Unesco-Welterbe – auch in Stuttgart

Auf ihrer Sitzung im Juli dieses Jahres in Istanbul beschloss das Unesco-Welterbekomitee die Aufnahme einer Kollektion von insgesamt 17 Bauten des Schweizer Architekten und Stadtplaners Le Corbusier (1887–1965) in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes. Bei dem dritten Anlauf der transnationalen Bewerbung war auch Deutschland mit einem Doppelhaus der Stuttgarter Weißenhofsiedlung beteiligt und erhielt da­mit nun seine 41. Welterbestätte.

In der Schweiz, Belgien, Frankreich, Ar­gentinien, Indien und in Japan stehen die übrigen Gebäude Le Corbusiers mit Welterbestatus. Bei den Be­werbungen berück­sichtigt das Welterbekomitee jeweils vorrangig Na­tur- und Kulturstätten, die eine noch nicht oder kaum vertretene Facette der Überlieferungen „von außergewöhnlichem universellem Wert“ repräsentieren. Le Corbusier habe gemeinsam mit weiteren Architekten die Architektur der Mo­derne neu definiert, lautet die Begründung des Welterbekomitees für seine Entscheidung.

Die nun zum Erbe der gesamten Menschheit gehörenden Bauwerke bezeugten einen radikalen Bruch mit vorher verwendeten Stilen, Methoden, Technologien und Bautechniken. Auf globaler Ebene bedeute dies die Durchsetzung einer neuen Architektursprache als Ausdruck gesellschaftlicher Bedürfnisse und geschichtlicher Entwicklungen des 20. Jahrhunderts.

Die Weißenhofsiedlung auf dem Killesberg in Stuttgart gilt als architektonisches Manifest der Moderne. Mit ihren ursprünglich 33 Flachdachhäusern war sie 1927 Teil der Bauausstellung „Die Wohnung“, die in Trägerschaft der Stadt Stuttgart vom Deutschen Werkbund initiiert wurde. Die damals entstandenen Experimentalbauten sind Frühwerke einiger in- und ausländischer Architekten, die später internationale Bedeutung erlangten. Wie üblich bei der Stilrichtung Neues Bauen standen die Konstruktion und funktionsgerechtes Bauen mit neuen Bautechniken wie Eisenbau und Stahlbetonbau im Vordergrund.

Über die Ausstellung berichteten Medien damals weltweit. Auf besonderes Interesse stieß das aus zwei Hälften bestehende, hell verputzte Gebäude Le Corbusiers, das im Inneren durch eine variable Raumaufteilung mit Schiebewänden überrascht. Es gilt als Ikone der Baugeschichte.

Charles-Edouard Jeanneret-Gris, der sich in Anlehnung an den Namen seiner Urgroßmutter und in Anspielung auf das Wort Corbeau (deutsch: Rabe) Le Corbusier nannte, wurde am 6. Okto­ber 1887 in La Chaux-de-Fonds im Schweizer Kanton Neuenburg/Neuchâtel geboren. In seinem Ge­burtsort, dem damaligen Zentrum der Schweizer Uhrenindustrie, machte er bis 1905 eine Ausbildung zum Maler, Zeichner und Goldschmied. An­schließend unternahm er Studienreisen durch Europa. Mit namhaften Architekten arbeitete er in Berlin und Paris, wo er sich 1917 nie­derließ, und begann, sich mit dem Ku­bismus auseinanderzusetzen. Vieler seiner Werke sind von diesem Stil beeinflusst.

Seit 1929 wurde Le Corbusier mit der Ausführung von Großbauten und städteplanerischen Beratungen in der ganzen Welt be­traut. Seine avantgardistischen Konzepte mit Ideen für die Großstadt der Zukunft stellte er in theoretischen Schriften vor und löste damit viele Kontroversen aus. Le Corbusier beeinflusste fast alle Architekten, die nach 1925 tätig waren.       D. Jestrzemski


Barocke Schlange
Zum Start des Heinrich-Schütz-Musikfests

Unter dem Motto „vom Besehn der frembden Länder“ findet vom 7. bis 16. Oktober das Heinrich-Schütz-Musikfest statt. Ein Zentrum des mit international renommierten Künstlern und hochkarätigen Ensembles besetzten Festivals ist dabei das sachsen-anhaltinische Weißenfels, wo der Barockkomponist Schütz seine Kindheit und seinen Le­bensabend verbracht hat. Neben Weißenfels beteiligen sich aber auch Schütz’ Ge­burtsort Bad Köstritz, wo sich – wie auch in Weißenfels – ein Heinrich-Schütz-Mu­seum befindet, sowie die Städte Dresden, Gera und Zeitz. Insgesamt finden an den neun Festtagen 32 Konzerte und Veranstaltungen statt.

Residenzkünstlerin ist in diesem Jahr Christina Pluhar mit ihrem Ensemble L‘Arpeggiata. Die Österreicherin, die derzeit in Frankreich lebt, begeistert mit Laute und Harfe weltweit ein Millionenpublikum. Mit ihrem Ensemble bestreitet sie in der Salvatorkirche von Gera das Eröffnungskonzert „Mediterraneo“, in dem sie nach Verbindungslinien zwischen Barock und landestypischen Musikstilen rund um das Mittelmeer wie Fado, Fandango, Canzone oder Taratella sucht. Weiterhin ist sie in Weißenfels’ St. Marienkirche (8.10.) und im Dresdner Staatsschauspiel (9.10.) zu hören. Bei dem Ab­schlusskonzert „A Journey to Splendor“ in Dresdens Jazzclub „Tonne“ ist mit dem französischen Tubaspieler Michel Godard ein Grenzgänger zwischen Klassik und Jazz zu erleben, der außerdem den Serpent, ein schlangenförmiges Blasinstrument, virtuos zu spielen versteht.

Natürlich kommt beim Fe­stival auch Mu­sik von Schütz nicht zu kurz. Obwohl er als einer der ersten deutschen Komponisten von Weltrang galt, geriet der „Vater der deutschen Mu­sik“ nach seinem Tod in Vergessenheit. Erst im 19. Jahrhundert wurde sein künstlerisches Erbe wiederentdeckt. Heute werden Schütz’ berührende Kompositionen weltweit als Meisterwerke geistlicher Vokalmusik geschätzt. Lange vor Johann Sebastian Bach schuf er noch heute gespielte Passionsmusiken nach „Lukas“, „Matthäus“ und „Johannes“.  H. Tews

Programm und Eintrittskarten zum Schütz-Fest im Internet unter www.schütz-musikfest.de


Kinostarts

»Wein«-Tour mit Depardieu

Seit Frankreichs Kinostar Gérard Depardieu russischer Staatsbürger ist, hört man im Kino nicht mehr viel von ihm. Seine Landsleute scheinen einen großen Bogen um den Steuerflüchtling zu machen. Jetzt meldet er sich mit Saint Amour – Drei gute Jahrgänge zurück, der am 13. Okto­ber auch in die deutschen Kinos kommt. Doch diesen Film hätte sich Depardieu sparen können, denn das Road-Movie durch das Weinanbaugebiet des Beaujolais nimmt nie richtig Fahrt auf. Dabei scheint alles passend auf Depardieu zugeschnitten zu sein: Als Weinliebhaber und Genussmensch spielt der bullige Schauspieler einen – passenderweise – Bullenzüchter, der mit seinem Alkoholiker-Sohn Bruno (dem aus der Komödie „Nichts zu verzollen“ bekannten Benoît Poelvoorde) im Taxi eine Weintour unternimmt, um diesem näher zu kommen. Bei dem Vater-Sohn-Konflikt spielen für Depardieu auch persönliche Er­fahrungen mit, hatte er sich doch mit seinem Sohn und Schauspieler Guillaume ebenfalls entfremdet, ohne sich vor dessen plötzlichem Tod 2008 zu versöhnen. In diesem Film will er als verständnisvoller Landwirt gutmachen, was ihm im wahren Leben nicht gelang. Er will in einer Wein-Komödie den weinerlichen Melodramatiker spielen, und das geht gründlich schief. Der Film laviert so zwischen den Genres, dass er am Ende auch noch absurde Züge annimmt, wenn Vater, Sohn und Taxifahrer die Frau ihres Lebens finden. Diese „Menage à quatre“ artet da zu einem Quatsch aus, der nicht einmal mehr komisch ist. Für ein kleines Lächeln sorgt dafür der Cameo-Auftritt des Schriftstellers Michel Houellebecq („Un­terwerfung“) als schnarchiger Pensionsbesitzer.    H. Tews

 

Das Amerika der Verlierer

Das andere Gesicht der USA, die Vereinigten Staaten von unten, das Amerika der Donald-Trump-Wähler ist Gegenstand des Films American Honey (Kinostart: 13. Oktober). Abseits der uns sonst präsentierten glamourösen US-Herrlichkeit geht es um eine Gruppe Jugendlicher, die als Drückerkolonne im Mittleren Westen viele Türklinken putzt, um ein paar erbärmliche Zeitschriften zu verhökern. Dabei bekommt man Einblick in die sozialen Tiefen des kleinbürgerlichen Alltags von protzigen Vorstadt-Cowboys bis hin zu verwahrlosten Kindern von bekifften Junkie-Eltern. Im Mittelpunkt steht eine junge Ausreißerin (Sasha Lane), die sich tagsüber vom Verkaufs-Ass Jake (Shia La- Beouf) anlernen lässt und abends sinnlose Partys feiert. Sie feiern in diesem dicht an der Realität orientierten 160 Minuten langen ekstatischen Road-Trip der englische Re­gisseurin Andrea Ar­nold ein Leben, das nichts einbringt außer der Erkenntnis, dass auch für sie der amerikanische Traum längst ausgeträumt ist.             tws


S. 10 Geschichte & Preussen

Von der Demonstration zur Provokation
U 53: Ein deutsches U-Boot im Strudel der Weltkriegsdiplomatie

Vor 100 Jahren sorgte ein deutsches U-Boot für weltweites Aufsehen. Obwohl die Kaiserliche Marine zu diesem Zeitpunkt keine für eine Atlantiküberquerung vorgesehenen U-Boote besaß, tauchte U 53 im Oktober 1916 überraschend vor der US-amerikanischen Ostküste auf, lief in den Hafen von Newport ein und führte anschließend an der Grenze zu den amerikanischen Hoheitsgewässern erfolgreich Handelskrieg nach Prisenordnung.

Da der Admiralstab einem überraschend im Westatlantik auftauchenden U-Boot gute Angriffs- und Erfolgsaussichten einräumte, entschied er nach Klärung der technischen, nautischen und militärischen Voraussetzungen, ein   U-Boot an die amerikanische Ostküste zu entsenden. Den Militärs erschien es zudem vom militärischen Standpunkt aus wünschenswert, der Regierung in Washington durch kurzes Anlaufen eines amerikanischen Hafens und durch anschließende Kriegshandlungen zu demonstrieren, dass die Leistungsfähigkeit deutscher U-Boote dazu ausreiche, den Unterseehandelskrieg vor die amerikanischen Küsten zu tragen. Für die Durchführung der schwierigen Operation wurden Kapitänleutnant Hans Rose und sein U 53 ausgewählt, da Rose über die erforderliche Qualifikation und Erfahrung für eine so heikle Mission verfügte und sein Boot noch neu, gut eingefahren und daher noch nicht von Verschleiß bedroht war.

Dem Operationsbefehl zufolge hatte U 53 während dieser Feindfahrt folgende Aufgaben: Zunächst sollte es vor den östlichen Zugängen zum Long Island Sound alliierte Seestreitkräfte außerhalb der amerikanischen Hoheitsgewässer bekämpfen. Nach Erledigung dieser Aufgabe, oder falls keine feindlichen Streitkräfte angetroffen werden sollten, hatte Kapitänleutnant Rose den Hafen von Newport anzulaufen, um Vertretern der amerikanischen Marinebehörden Gelegenheit zu geben, das Boot zu besichtigen. Um keinen Anlass zu einer Internierung zu liefern, sollte U 53 den Hafen spätestens nach einigen Stunden wieder verlassen, möglichst ohne seine Vorräte zu ergänzen. Anschließend hatte Rose vor der amerikanischen Ostküste Handelskrieg nach Prisenordnung und unter strengster Beachtung der US-amerikanischen Neutralität zu führen.

Am 14. September 1916 lief U 53 von Wilhelmshaven aus. Nach einer für ein U-Boot ungewöhnlich langen und beschwerlichen Reise überquerte es am 7. Oktober gegen Mittag mit gesetzter Kriegsflagge die amerikanische Hoheitsgrenze, gab sich US-amerikanischen Zerstörern zu erkennen und ging inmitten von US-amerikanischen Kriegsschiffen im Hafen von Newport vor Anker. Während Rose dem Stützpunktkommandanten seine Aufwartung machte, fanden sich unzählige Schaulustige an seinem Boot ein, zu denen auch viele Offiziere der US-Navy gehörten. Die Militärs wurden von Rose und seinen Offizieren persönlich durch das Boot geführt und äußerten ihre Bewunderung für die seemännische Leistung, die militärische Professionalität und den tadellosen Zustand, in dem sich Boot und Besatzung nach dieser langen Reise befanden. Nachdem die Gäste wieder von Bord waren, ließ die amerikanische US-Marine alle protokollarischen Rücksichten fallen. Es erschien ein Offizier des Stützpunktkommandos mit der Aufforderung, den Verkehr mit dem Land zu unterbrechen. Für Rose, der annahm, dass zwi­schenzeitlich entsprechende Weisungen aus Wa­shington eingetroffen waren, stand nun fest, dass sein Boot in Gefahr geriet, interniert zu werden. Da der Zweck des Besuches erfüllt war, lief er unter dem Jubel der Zuschauer und Schiffsbesatzungen aus. Nur zweieinhalb Stunden, nachdem U 53 in Newport eingelaufen war, befand es sich wieder auf See.

Der britische Botschafter Sir Cecil Spring Rice wurde noch am selben Abend im State Department vorstellig und protestierte gegen das U 53 gewährte Gastrecht. Wa­shington wiederum musste eine möglicherweise völkerrechtswidrige Unterstützung deutscher U-Boote durch US-amerikanische Behörden unter allen Umständen vermeiden. Die Rechtsauffassung des US-Außenministeriums war indes eindeutig: Beim Besuch von U 53 habe kein Bruch der amerikanischen Neutralität stattgefunden. Es gäbe keinen Grund, einem nur zur Grundversorgung eintreffenden deutschen U-Boot das Einlaufen in einen amerikanischen Hafen zu untersagen. Außerdem habe die Kaiserliche Marine das Recht, außerhalb der amerikanischen Hoheitsgrenze Unterseehandelskrieg nach den Regeln des Kriegsvölkerrechts zu führen.

Derweil führte U 53 den letzten Teil seines Auftrages, die Handelskriegführung an der Grenze der amerikanischen Hoheitsgewässer, durch. Begleitet von US-Zerstörern, die sich trotz der Provokation in geziemendem Abstand hielten, begann Rose im Morgengrauen des 8. Oktober bei ruhigem Wetter und guter Sicht, das Seegebiet um Nantucket Feuerschiff nach verdächtigen Schiffen abzusuchen und nahm dann südlichen Kurs auf den Hauptschifffahrtsweg. Innerhalb von nur 17 Stunden versenkte Rose nach den Regeln des Handelskrieges fünf Schiffe mit einer Gesamttonnage von 20388 Bruttoregistertonnen nach Überprüfung und hielt zwei weitere an, die er nach Kontrolle entließ. Menschen kamen bei dieser Operation nicht zu Schaden. Die Rück­fahrt nach Deutschland verlief ohne besondere Vorkommnisse. Schließlich traf das Boot am 28. Oktober 1916 nach einer Reisedauer von 41 Tagen und acht Stunden und einer Gesamtfahrtstrecke von 7550 Seemeilen wohlbehalten im Helgoländer Hafen ein.

In seinem Bericht stellte Rose fest, dass die vom Admiralstab gewünschte Wirkung, nämlich die Demonstration der Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft deutscher U-Boote, erzielt worden war. Johann Heinrich Graf von Bernstorff, der deutsche Botschafter in Washington, vermochte dem indessen nichts abzugewinnen. Stattdessen bekam er die höchst negativen politischen Folgen der Kreuzertätigkeit des Bootes zu spüren, die nach seiner Beobachtung zu einer „ziemlich ernsten Wendung“ in der öffentlichen Meinung in den USA führten. Denn überall im Land gingen die Wogen der Entrüstung hoch. Präsident Woodrow Wilson, der im gerade laufenden Präsidentschaftswahlkampf mit seinen Friedensbemühungen warb, erschien eine Weiterverfolgung der Angelegenheit weder erforderlich noch wünschenswert, weshalb seine Regierung in dieser Sache passiv blieb. Auch die britische Regierung verzichtete schließlich darauf, in Wa­shington eine offizielle Demarche abzugeben.

Damit fand eine Episode ihr glimpfliches Ende, die leicht das Ende des brüchigen Friedens zwischen den USA und Deutschland hätte bringen können. Rose, der später zugab, dass diese Demonstration militärischer Stärke fraglos ein Fehler gewesen sei, beschrieb die während dieser Unternehmung auf ihm lastende Verantwortung mit den Worten, er habe „Macht besessen, die mit der eines Prokonsuls im alten Rom vergleichbar“ gewesen sei. Tatsächlich hatten es Rose und die amerikanischen Zerstörerkommandan­ten in der Hand, durch ihr Verhalten über Krieg und Frieden zu entscheiden. Hätten hier nicht militärische Führer einer relativ nied­rigen Entscheidungsebene überaus professionell und besonnen gehandelt, hätten die Feindseligkeiten zwischen beiden Ländern leicht sechs Monate früher als tatsächlich geschehen ausbrechen können.        Jan Heitmann


»Deutsch und doch im besten Sinne abendländisch«
Erst der Übertritt zum Katholizismus scheint den dichterischen Genius der Gertrud von le Fort richtig zur Entfaltung gebracht zu haben

Vor 140 Jahren, am 11. Okto­ber 1876, wurde die im hohen Alter von 95 Jahren verstorbene Baronin Gertrud von le Fort als Tochter eines preußischen Offiziers im westfälischen Minden geboren. Sie stammte aus einer französisch-italienischen Hugenottenfamilie, die zur Zeit der Religionskriege von Conti im Piemont nach Genf ausgewandert war. Gertrud von le Fort verbrachte ihre Jugendzeit in den verschiedensten Garnisonsstädten, wohin ihr Vater – zuletzt preußischer Oberst – versetzt wurde, und auf dem Familiengut Bök am Müritzsee in Mecklenburg. Sie studierte in Heidelberg, Marburg und Berlin protestantische Theologie, Geschichte und Philosophie. Von 1902 bis 1917 veröffentlichte sie Erzählungen, Gedichte und Legenden in Zeitschriften und in Büchern. Nach dem Tod ihrer Eltern zog sie nach Baierbrunn bei München und lebte dort von 1918 bis 1939 bei ihrer Schwester Elisabeth. Im Zweiten Weltkrieg musste sie ihr Zuhause verlassen. Sie wohnte anschließend in Oberstdorf im Allgäu. Nach einem Aufenthalt in der Schweiz von 1946 bis 1949 kehrte sie nach Deutschland zurück und lebte bis zu ihrem Tod in Oberstdorf.

Als ihre erste gültige Dichtung kann man die 1924 erschienenen „Hymnen an die Kirche“ bezeichnen. Die den alttestamentlichen Psalmen nachgeformten Gedichte sind im Grunde Hymnen an die katholische Kirche: Gertrud von le Fort trat kurze Zeit später in Rom zum Katholizismus über. Nach den Gründen ihrer Konversion befragt, erklärte sie, dass ein Konvertit nicht etwa „die schmerzliche konfessionelle Trennung“ betone, sondern sie überwunden habe. Der Übertritt zur katholischen Kirche scheint ihren dichterischen Genius zur Entfaltung gebracht zu haben, denn von 1926 an erschienen ihre Romane und Erzählungen, die ihren Ruhm als führende deutschsprachige Dichterin begründeten und sie durch Übersetzungen in acht Sprachen auch im Ausland bekannt machten. Im Jahre 1928 kam der erste Teil ihres religiösen Romans „Das Schweißtuch der Veronika“ unter dem Titel „Der römische Brunnen“ heraus. Es folgten weitere Werke: „Der Papst aus dem Ghetto“ (1930); „Die Letzte am Schafott“ (1931) und „Die Magdeburgische Hochzeit“ (1938).

Gedichte der Mahnung und des Trostes widmete sie 1951 den Flüchtlingen und Heimatvertriebenen in dem Sonderdruck „Den Heimatlosen“, für die auch der Erlös aus handsignierten Bändchen verwendet wurde. Die Macht des Glaubens zeigt Gertrud von le Fort in ihrer bedeutenden Novelle „Der Turm der Beständigkeit“ (1957). Dieser Glaube ist auch das beherrschende Motiv in der Novelle „Die letzte Begegnung“ (1959).

Erwähnenswert sind noch die Essays der Dichterin, „Die ewige Frau“ (1934), ihre Aufsätze um „das Weibliche als Mysterium“ und ihre „Aphorismen“ (1962), die Themen- und Problemkreise aus dem Gesamtschaffen unmittelbar offenbaren.

Es ist schwer zu entscheiden, welche Fähigkeit der großen Schriftstellerin mehr zu bewundern ist: die Hellsicht und Kühnheit, mit der sie umfangreiche historische Stoffe anging, oder die Meisterschaft, mit der sie diese in die jeweils angemessene Form brachte. Insgesamt gestalten die Werke Gertrud von le Forts ein neues christliches Weltbild mit den Motivkreisen der Kirche als einer Ordnungsmacht, des Reiches als einem Sinnbild der Erlösung und der Frau als der bewahrenden, versöhnenden Macht. Die freirhythmischen Hymnen erneuerte sie mit starker an Nietzsche geschulter Sprachgewalt. In ihren geschichtstheologischen Romanen verarbeitete sie meist Stoffe und Motive der Glaubensentscheidung. Sie schildert darin Auseinandersetzungen der Kirche mit dem Geist des Unglaubens und der menschlichen Schwäche, seelische Entwicklungen und tragische Seelenkonflikte besonders aus dem Erleben der Frau. Viele Novellen, Legenden und Chronikerzählungen befassen sich mit Wesen und Aufgabe der Frau als der Bewahrenden und Sichopfernden in der göttlichen Heilsordnung. In vielen Essays gibt Gertrud von le Fort eine überzeugende Deutung der Welt und der Geschichte aus christlicher Sicht.

Alle ihre Werke zeichnen sich durch klaren Aufbau und ausdrucksstarke Sprache aus. „Ihre Dichtung“, urteilte Martin Bodmer, „ist deutsch und doch im besten Sinne abendländisch. Sie hat darin beispielhafte und ergreifende historische Bilder geschaffen.“ Die Schönheit der Sprache und die hohe Darstellungskunst ihrer Werke haben der Dichterin weltweite Anerkennung gebracht. Für ihr Gesamtschaffen erhielt sie 1947 den Münchner Literaturpreis, 1948 den Droste-Hülshoff-Preis, 1953 den Schweizer Gottfried-Keller-Preis und das Große Bundesverdienstkreuz sowie 1956 die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität München.           PAZ


S. 11 Geschichte & Preussen

Brauchen wir einen neuen Nürnberger Prozess?
Wie mit Lügen und Gesetzesbrüchen die Angriffskriege gegen Serbien (1999) und Afghanistan (2001) inszeniert wurden

Am 16. Oktober 1946 wurden im Rahmen der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse zehn führende NS-Politiker und Militärs hingerichtet. Bei den meisten von ihnen lautete die Anklage: Verschwörung zur Planung und Führung von Angriffskriegen und Verbrechen gegen den Frieden.

68 Jahre später, am 9. März 2014, gestand der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Zeit-Matinee angesichts der Entwicklungen auf der Krim, dass der Westen im Kosovokrieg (1998/99) das Völkerrecht gebrochen habe. An dem Krieg war auch die Bundeswehr beteiligt, bis heute sind deutsche Truppen im Kosovo präsent. Der Angriff fiel in Schröders Amtszeit, und der ehemalige Bundeskanzler nahm sich denn auch selbst von seinem Vorwurf ausdrücklich nicht aus. Es stehe dem Westen aufgrund der damaligen Vorgänge nicht zu, das russische Vorgehen auf der Krim zu verurteilen, weil man im Jugoslawienkrieg mindestens dasselbe getan hat: „Da haben wir unsere Flugzeuge … nach Serbien ge- schickt, und die haben zusammen mit der Nato einen souveränen Staat gebombt.“

Man könnte meinen, dass nach dieser öffentlich gemachten Selbstanzeige die Staatsanwaltschaft aktiv geworden wäre. Fehlanzeige.

Der Grund für diese Tatenlosigkeit liegt darin, dass Staatsanwälte weisungsgebundene Beamte sind. Sie arbeiten in einer hierarchisch gegliederten Behörde. Jeder Staatsanwalt hat als Vorgesetzten einen weisungsberechtigten Abteilungsleiter. Der wiederum hat einen weisungsberechtigten Behördenleiter. Und dieser untersteht dem Generalstaatsanwalt. Dessen Chef ist der Justizminister. So ist perfekter Durchgriff von oben nach unten gewährleistet.

Durch dieses „Gummiwand“-System konnten schon früher alle Strafanzeigen gegen Mitglieder der Bundesregierung wegen der Bundeswehrbeteiligung am Nato-Angriff auf Jugoslawien abgeschmettert werden, obwohl das Führen von Angriffskriegen nach Paragraf 80 des Strafgesetzbuches (StGB) kategorisch verboten ist. Begründung: Der Paragraf 80 StGB dürfe nicht wörtlich genommen werden; er sei so zu interpretieren, wie es die Bundesregierung tut. Außerdem sei es zwar strafbar, einen Angriffskrieg vorzubereiten, nicht aber ihn zu führen.

Laut dem US-amerikanischen Senator Hiram Johnson „ist die Wahrheit das erste Opfer des Krieges.“ Dies galt auch für den nächsten Krieg der Schröder-Regierung in Afghanistan.

Als Reaktion auf den Anschlag in New York vom 11. September 2001 sicherte Schröder dem US-amerikanischen Präsidenten      George W. Bush sofort die uneingeschränkte Solidarität Deutschlands zu. Für ihn war der Terrorakt nicht nur ein Angriff auf die Vereinigten Staaten von Amerika, sondern eine Kriegserklärung gegen die gesamte zivilisierte Welt.

So weit wie der Kanzler wollte der Uno-Sicherheitsrat nicht gehen, als er wenige Stunden später in New York zusammenkam. Tatsächlich blieb die Resolution 1368 sogar recht vage. Die Ratsmitglieder verurteilten „die grauenhaften Terroranschläge“ und betrachteten „diese Handlungen, wie alle internationalen terroristischen Handlungen, als Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“. Die Namen al-Kaida oder Afghanistan tauchten in der Resolution gar nicht auf.

Auch die UN-Resolution 1373 vom 28. September nannte keinen Staat und keine Organisation als Schuldigen.

Nachdem die USA am 28. September letztmalig mit dem Versuch gescheitert waren, vom UN-Sicherheitsrat eine regelrechte Kriegsresolution zu erhalten, begannen am 7. Oktober die Angriffe auf Afghanistan. Am selben Tag wurde die Weltorganisation von Wa­shingtons Botschafter John Negroponte schlicht darüber informiert, dass die Vereinigten Staaten nun ihr „Recht auf Selbstverteidigung“ ausüben. „Aber dies ist ganz eindeutig kein Fall von Selbstverteidigung. Nach den Regeln des Völkerrechts ist dieser Krieg illegal“, kommentierte der US-amerikanische Völkerrechtler Fancis Boyle.

Zweifel an der Legitimität des Krieges äußerten bereits im November 2001 auch rund 130 Juristen und Rechtswissenschaftler in der „Freiburger Juristen-Erklärung zur Achtung des Völkerrechts“, die einen Tag vor der entscheidenden Bundestagsabstimmung folgenlos als bezahlte Anzeige in der „Tageszeitung“ erschien. „Der Sicherheitsrat ruft die Staaten lediglich dazu auf (calls on), die Attentäter und ihre Hintermänner und Helfer vor Gericht zu stellen“, heißt es darin. Lediglich für den Fall, dass nachweislich unmittelbar bevorstehende Anschläge der Taliban ausschließlich durch einen Militäreinsatz abgewendet werden könnten, sei mili­tärische „Selbstverteidigung“ legitim.

Zwar billigte der Uno-Sicherheitsrat nach dem Fall von Kabul am 20. Dezember 2001 ein nun allerdings ohnehin eingetretenes Besatzungsregime und mandatierte die Schutztruppe Isaf, doch gab er auch rückwirkend dem Krieg seine Zustimmung nicht.

All diese Umstände hielten den Außenminister und faktischen Grünen-Führer Joschka Fischer nicht davon ab, das Gegenteil zu behaupten. „Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus besitzt die uneingeschränkte Legitimation durch die Vereinten Nationen“, schwadronierte Fischer auf dem Rostocker Parteitag Ende November 2001.

Angelogen hatte der ehemalige Schul- und Lehrabbrecher, Gelegenheitsjobber und Taxifahrer Joschka Fischer die eigene Fraktion auch schon bei Beginn des Kosovokrieges 1999. Damals hatte er behauptet, der serbische Regierungschef Slobodan Miloševic würde sich weigern, das Abkommen von Ramboulliet zu unterzeichnen. Die Weigerung bezog sich aber nur auf den geheimen und nachträglich beigefügten Anhang B: „Das Nato-Personal soll sich mitsamt seiner Fahrzeuge, Flugzeuge und Ausrüstung innerhalb der gesamten Bundesrepublik Jugoslawien inklusive ihres Luftraums und ihrer Territorialgewässer frei und ungehindert“ bewegen können. Diesen Zusammenhang hielt Fischer vor Kanzler, Kabinett und Parlament zurück. Ministerkollege Oskar Lafontaine erfuhr davon erst später aus der Presse, ebenso wie die damalige verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, die dann äußerte: „Hätte ich das gewusst, hätte ich dem Kriegseinsatz nicht zugestimmt.“ Damals hatte Fischer seine Parteifreunde und die ganze Republik hinters Licht geführt.

Um dem Krieg in Afghanistan nun einen humanitären Anstrich zu geben, behauptete Fischer gar gegenüber dem deutschen Botschafter in Kabul, es sei „für die deutsche Öffentlichkeit ganz entscheidend, die afghanischen Frauen vor ihren Taliban-Unterdrückern zu retten“. Dies war nur ein Vorwand, der mit der Realität am Hindukusch, wo die Mehrheit der Bevölkerung als Bauern auf dem Lande immer noch in einer mittelalterlichen Stammesgesellschaft lebt, nichts zu tun hatte. Denn dort herrscht Polygamie und Geschlechtertrennung. Die Frauen werden nicht von den Taliban unterdrückt, sondern von der Scharia als Menschen zweiter Klasse behandelt.

Wie sich die Propagandalügen in Ost und West gleichen. Auch die Sowjets rechtfertigten ihren Einfall in Afghanistan mit humanitären Gründen. So machte man damals dem russischen Bürger weiß, dass ein „begrenztes sowjetisches Truppenkontingent“ dem Brudervolk helfe, Straßen zu bauen, Dünger in die Dörfer zu fahren, dass sowjetische Militärärzte afghanischen Frauen bei der Entbindung hälfen.

Stutzig über die wirklichen Ziele der westlichen Intervention macht auch ein Bericht der BBC, der kurz nach den Angriffen des 11. September veröffentlicht wurde. Darin erklärten bereits Mitte Juli 2001, während des Treffens einer UN-Kontaktgruppe, die afghanische Belange verhandelte, hochrangige US-Vertreter dem ehemaligen pakistanischen Außenminister Niaz Naik, dass „Mitte Oktober 2001 militärische Aktionen gegen Afghanistan« vorgesehen seien. Das übergeordnete Ziel, so Naik, sollte darin bestehen, das Taliban-Regime zu stürzen. Er sagte ferner, dass es zweifelhaft sei, ob Washington seinen Plan selbst dann aufgeben würde, wenn bin Laden sofort von den Taliban ausgeliefert würde.

Der Auslöser für dieses aggressive Verhalten waren die geplatzten Verhandlungen über ein Öl-Pipeline-Projekt. Bei der Abschlusssitzung in Berlin, Mitte Juli 2001, lehnten Vertreter der Taliban die von den US-Amerikanern angebotene Beteiligung an den Pipelinegewinnen als zu niedrig ab. Daraufhin stellten die US-Vertreter die Afghanen vor die Wahl: „Entweder ihr akzeptiert unser Angebot eines Teppichs aus Gold, oder wir begraben euch unter einem Teppich aus Bomben.“

Folgt man dem pakistanischen Journalisten Ahmed Rashid, dem wohl besten Kenner des Extremismus in Zentralasien, spielte der deutsche Außenminister eine besonders zweifelhafte Rolle bei den Interventionsplanungen von 2001 bis 2005. Fischer versprach deutsches Engagement für die Sicherheit in Afghanistan und drängte auf eine stärkere Rolle der Nato. Rashid urteilt: „Fischer benutzte deutsche Truppen als Köder für die Konstruktion einer neuen Rolle der Nato unter UN-Mandat.“ Außerdem berichtete er von einem Gespräch mit Nato-Botschaftern, die Fischer vorwarfen, „die Nato nach Afghanistan zu peitschen“. Die Gier Fischers nach weltpolitischem Einfluss ging mit seiner völligen Unkenntnis der Probleme in Afghanistan einher, weswegen der Afghanistan-Einsatz vollkommen unzureichend ausgestattet und geplant wurde.

Ausbaden musste diese Hybris die Bundeswehr mit bisher 52 Gefallenen. Laut einem Insider sagte der General Carl-Hubertus von Butler zu einer Gruppe von Offizieren damals sinngemäß: „Meine Herren, ich komme gerade vom Bundeskanzler, ich versichere Ihnen, wir gehen nicht nach Afghanistan. Wir haben für diesen Einsatz weder die Ausrüstung, noch die Ausbildung. Es wäre unverantwortlich, uns dorthin zu schicken. Und unsere Politiker handeln nicht unverantwortlich!“ Sechs Wochen später führte der General das Erkundungskommando nach Kabul. Mit denselben Argumenten versuchte der russische Generalstab im Dezember 1979 dem KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew die beschlossene Invasion von Afghanistan, dem „traditionellen Friedhof der Imperien“, auszureden.

Obwohl der Artikel 115a des Grundgesetzes den „Verteidigungsfall“ eindeutig als Folge eines Angriffs auf das Bundesgebiet definiert, wurde der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan von den Abgeordneten mit 538 Ja- und 35 Nein-Stimmen beschlossen. Das widerspricht Sinn und Inhalt des Grundgesetzes. In diese Lücke schlug dann Verteidigungsminister Peter Struck, der niemals aktiver Soldat war, seine erstaunliche Volte mit dem Hinweis, dass „Deutschlands Sicherheit am Hindukusch verteidigt“ würde.

Wie der „Spiegel“, gestützt auf Akten und Depeschen der Bundesregierung, am 5. September 2011 nachwies, hatten die US-Amerikaner von Deutschland gar keinen militärischen Einsatz verlangt. Die rot-grüne Bundesregierung hatte selber darauf gedrängt. Für Kanzler Schröder war der Terrorakt vom 11. September 2001 ein Anlass, dem US-amerikanischen Präsidenten die „uneingeschränkte Solidarität« Deutschlands zuzusichern. Auf derselben Linie bewegte sich Angela Merkel, die damalige Chefin der größten Oppositionspartei und spätere Kanzlerin, die vorher schon den Irakkrieg befürwortet hatte und dann das Afghanistan-Abenteuer für „alternativlos“ befand.

Im September 2015 zerplatzte mit dem Fall der Provinzhauptstadt Kunduz dieses „alternativ-los“-Projekt der Kanzlerin. Die Taliban hatten das vormalige Herz der deutschen Sicherheitszone in Afghanistan überrannt. Trotz der Rückeroberung durch die Kabuler Armee nach wenigen Tagen erinnert der Fall von Kunduz die Deutschen daran, was sie nie richtig zur Kenntnis genommen haben: Dass sie den Krieg verloren haben. Kriege sehen heute anders aus als früher, und so sehen auch die Niederlagen anders aus als 1945.

Da bislang nur ein kleiner Teil der Machenschaften und Gesetzesbrüche bekannt geworden sind, die zum Einsatz der Bundeswehr in den Angriffskriegen gegen Serbien und Afghanistan geführt haben, ist zur vollständigen Klärung der Hintergründe eine Neuauflage der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse nötig. Dies ist natürlich nur nach einem „Regime Change“ wie damals 1945 bei den Nationalsozialisten möglich.

Bis es soweit ist, gilt der Satz des Römers Tacitus: „In den verdorbensten Staaten gibt es die meisten Gesetze.“ Dittmar Hack


S. 12 Leserforum

Leserforum

Und der Herr ernährt sie doch

Zu: Das Rundum-Wohlfühl-Paket (Nr. 37)

So wie der Herr im Himmel laut Matthäus 6,25-34 die sorglose Vogelwelt nährte, so entspricht es heute der Realität für Immigranten in Deutschland. Eingeschränkt beginnt es schon am ersten Tag. Sofern sie den Asylstatus erworben haben, folgt die Rundum-Versorgung. Wer von dieser himmlischen Speisung erfährt, und diese Kunde hat sich bereits in der ganzen Welt herumgesprochen, der kommt natürlich gerne nach Deutschland.

Dank Internet und Smartphones ist der Andrang so groß, dass selbst der Tod im Mittelmeer niemanden mehr abschreckt. Dank der freundlichen Aufnahme und der finanziellen Hilfe des Herrn Finanzministers lässt es sich gut leben bei den „Nazis“. So werden heute aufrechte deutsche Bürger von den Roten, Grünen und Linken bezeichnet, die Woche für Woche flehentlich aber vergeblich rufen: Wir sind das Volk, die also eine etwas andere Vorstellung haben von der Zukunft Deutschlands. Und das ganz ohne Gegenleistung für Jahre, und wenn, dann kostet diese für Integrationsmaßnahmen wie Sprachenschulen noch jede Menge Euros.

Niemandem in Deutschland wird etwas weggenommen, so der Herr über unsere Steuergelder, nur weil jetzt so viele „Flüchtlinge“ zu uns gekommen sind. Mag sein. Eines steht aber fest: Die 20 Milliarden Euro jährlich mit aufsteigender Tendenz würden den vielen deutschen Familien, insbesondere jenen mit Kindern, auch ganz gut zu Gesicht stehen. Das wäre doch auch mal ein Beitrag gegen Kinderarmut (arm an Kindern) und somit gegen die alternde Gesellschaft, von der immer wieder gepredigt wird.

Was wir jedoch nicht brauchen, ist eine Unterwanderung unserer Identität mit unseren Steuern. Deutschland soll Deutschland bleiben, mit allem, was uns lieb und teuer ist, so Frau Merkel, aber ihre Politik schlägt eine entgegengesetzte Richtung ein. Für vieles musste der deutsche Michel schon bezahlen und muss es immer noch, damit es den anderen besser geht.

Wilhelm Jäkel, Damme

 

 

Politiker gesucht

Zu: Gefährlich dünn (Nr. 37)

Man muss erfinderisch sein, wenn die eigene Personaldecke zu dünn wird und der Wahlerfolg schneller wächst, als mögliche eigene Kandidaten zur Verfügung stehen. Bei der Kommunalwahl in Niedersachsen fehlten der AfD nicht nur die langen Bewerberlisten der Wahlkreise mit Kandidaten, auch fehlten in vielen Wahlkreisen überhaupt Kandidaten. So blieb auch die Stadt Hannoversch-Münden ohne AfD-Präsenz, obgleich hier schon 2013 zur Bundestagswahl beinahe neun Prozent erreicht wurden.

Man muss sich Gedanken machen, wenn Personal fehlt. So hat zum Beispiel die SPD einen Vertreter als Bundestagskandidaten für den Eifelkreis Bitburg-Prüm per Anzeige gesucht. Auch Nichtmitglieder konnten sich bewerben, wenn sie sich mit den Werten der SPD identifizierten. Immerhin hatten sich über 100 ernsthafte Kandidaten gemeldet. Solche Wege könnte auch die AfD einschlagen, wenn ihr an einzelnen Orten die Leute fehlen.

Erhard Paschke, Hann. Münden

 

 

Das vermeintliche »Schlaraffenland« lockt jene an, die nichts besitzen

Zu: Das Rundum-Wohlfühl-Paket (Nr. 37)

Zunächst ist klarzustellen, dass es ethisch unabdingbar geboten ist, vom Tode bedrohten Menschen zu helfen. Das sollte in allen Stellungnahmen zu diesen Problemen überhaupt nicht infrage gestellt werden. Das für uns mit der Folge der Hilfe verbundene Problem wäre aber weitgehend vernachlässigbar, wenn damit nicht auch völlig andere Gründe als die der Verfolgung und des benötigten Schutzes zusammenhingen und wir straffällig Gewordene konsequent abschöben. Was sollen auch hinsichtlich Kriminalität die statistischen Vergleiche mit Deutschen? Wer auf unsere Kosten hier durchgefüttert werden will, hat sich gefälligst makellos zu verhalten. Von allen Gründen des Herkommens wird aus Anlass des Artikels nur der des persönlich motivierten Anreizes der sogenannten Immigranten herausgegriffen.

Die im Artikel geschilderten „paradiesischen Zustände“ und der Anreiz, in unser Land zu kommen, sind nur rein materieller Natur und treffen propagandistisch erfolgreich einen Nerv. Was die materielle Seite betrifft, erhält nach der darin enthaltenen Aufstellung bei uns eine fünfköpfige Immigrantenfamilie ein leistungsloses Einkommen von 2539 Euro pro Monat. Hinzu kommen diverse von den Behörden übernommene Leistungen sowie weitere Gratisangebote.

Nach einer Nettobetrachtung hat der mit dem Beispiel vergleichbare deutsche Bezieher eines Durchschnittseinkommens mit 2448 Euro und einem Kindergeld von 576 Euro zwar ein um

19 Prozent höheres Monatseinkommen, aber mit Sicherheit keinen Anspruch auf die erwähnten zusätzlichen von Behörden übernommenen Leistungen. Näherungsweise ist also der Immigrant mit dem deutschen Durchschnittsverdiener gleichgestellt.

Kann man es aber unterdurchschnittlich Verdienenden verargen, die finanzielle Besserstellung der nicht arbeitenden Immigrantin gegenüber ihren Vergütungen aus Arbeit als ungerecht zu empfinden? Und welch ein Schwachsinn ist es, mit exorbitanten Zahlungen unsere Überflutung zu fördern? Damit finanzieren wir uns zu Tode.

Bruttovergleiche sind insofern problematisch, als in den Statistiken Kindergeld nicht einbezogen wird. Dennoch ist auch ein solcher aufschlussreich: Nach www.laenderdaten.info beträgt das monatliche Brutto-Durchschnittseinkommen in Deutschland 2780 Euro, in der Türkei 647 Euro und in – als Schlusslicht – Äthiopien 30 Euro. Es lässt sich somit feststellen, dass das leistungslose – wohlgemerkt! – Nettoeinkommen für Asylbewerber zwar noch 91 Prozent des deutschen, aber schon dem 3,9-fachen des türkischen und dem 84,6-fachen des äthiopischen Durchschnittsbruttoeinkommens aus Arbeit entspricht (Achtung: Das ist ein Äpfel-Birnen-Vergleich!).

Zu berücksichtigen ist zudem, dass es nicht der in dieser Statistik enthaltene Landesdurchschnitt ist, der zu uns kommt, sondern überwiegend der soziale Bodensatz, was diese Statistik nochmals spreizt. Bei diesen Relationen bedarf es für die Habenichtse nicht einmal eines Krieges, um zu erkennen, dass in Deutschland die erwähnten paradiesischen Zustände winken und es für viele Zuzügler wie ein Schlaraffenland ist. Und allgemein diesen Sachverhalt betreffend muss man wohl nur Politiker sein, um nicht lernen zu können, dass Deutschland überfordert ist, durch seine Bereitschaft zur Aufnahme von Asylanten, was immer man darunter versteht, das Elend der Welt abstellen zu wollen oder zu können.

Diese eindeutig überzeugenden materiellen Anreize sowie der Wunsch nach einem besseren Leben werden außerdem erweitert durch eine übertriebene Darstellung unseres Landes als das eines im Überfluss lebenden, eines im Verhältnis zu den Herkunftsländern kaum vorstellbaren Wohlstands, verbunden mit einem gut funktionierenden Umverteilungssystem und einer Willkommenskultur.

Natürlich haben wir angesichts unserer Vorgeschichte hinsichtlich der Aufnahmebereitschaft einen Nachholbedarf, aber man kommt nicht umhin, unsere Hilfsbereitschaft trotz Kanzlerin Merkels Einladung nicht ins Uferlose steigen zu lassen. Die propagandistische Seite dieser „Einladung“ offenbart sich in Selfies mit Merkel als zur Willkommenskultur gehörende oder bei der man sich auf einer Motorkühlerhaube räkelt mit der Botschaft „So lebt man in Deutschland“.

So wird bei solchen Darstellungen geflissentlich vergessen zu berücksichtigen, dass unser Wohlstand auch etwas mit einem Erfolg von Leistungsträgern zu tun hat, der in den Herkunftsländern undenkbar ist. Und dann sollen solche Anreize nicht die Sogwirkung entfalten, die das Ärgernis von Leuten ist, die man als Wutbürger bezeichnet?

Allgemein und abschließend ist zu dieser Thematik festzustellen, dass man wohl nur Politiker sein kann, um behaupten zu können, es gäbe auch andere Erklärungen als die einer schnorrenden Einstellung, gerade in unser Land kommen zu wollen. Aber natürlich gibt es auch diese: Die Nordafrikaner haben längst gelernt, dass Deutschland ein effektiveres Plünderungsland ist, in dem zudem Frauen als Freiwild für ihre sexuellen Bedürfnisse genutzt werden können. Deswegen muss man aber die Kritiker dieser Entwicklungen nicht gleich als Populisten und Dumpfbacken beschimpfen, denen man die Politik nur besser erklären müsse.

Dr. Dr. Hans-Joachim Kucharski, Mülheim


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Ruhe nach dem Sturm
Palmnicken verzeichnet dank »Blauer Flagge« Besucherrekord – Erholung erst in Nachsaison möglich

In diesem Jahr kamen während der Badesaison anderthalb mal so viele Besucher nach Palmnicken wie im vergangenen Jahr: In den . Sommermonaten waren es  über 100000 Gäste. Es war eine Herausforderung, die der kleine Ort kaum stemmen konnte.

Trotz des kühlen Julis und des regnerischen Augusts. Wäre das Wetter besser gewesen, hätte die Zahl noch größer sein können. Palmnicken hat sich in diesem Jahr zum führenden Badeort im nördlichen Ostpreußen entwickelt. Dazu beigetragen hat unter anderem, dass der Strand dort als erster in Russland die „Blaue Flagge“ erhalten hat, eine internationale Auszeichnung für hohe Sicherheitsstandards und eine gute Infrastruktur. Der Zugang zum Meer durch den Beckerpark  wurde ebenso wie die hölzerne Promenade mit Bänken und Papierkörben ausgestattet. Am Strand gibt es Umkleidekabinen und  zwei Bademeister. Schon vor Beginn der Badesaison waren Toiletten und Strandduschen eingerichtet worden.

Zwei objektive Gründe haben dazu geführt, dass Palmnicken zum beliebtesten Badeort wurde: die sauberen Strände, und die Tatsache, dass diese an der nordostpreußischen Küste Jahr für Jahr weniger werden. In Cranz und Rauschen, den bisher meist besuchten Kurorten, ist der Strand fast vollständig weggespült worden. Am sichtbarsten ist der Rückgang des Strandes in Rauschen, wo es praktisch keinen Sandstreifen mehr gibt. Geht man die Promenadentreppe nach unten, steht man direkt im Wasser. Wenn man noch Strand finden will, muss man stadtauswärts am Ufer entlang gehen.

Zwar ist die Situation in Palmnicken wesentlich besser, doch auch hier spülen die Wellen intensiv Sand weg. Gegenüber der Regierungsresidenz gibt es schon keinen Strand mehr und das Wasser unterspült mit aller Macht die Promenade. Mit dem Wasser wird Schmutz auf das Gelände der Residenz geschwemmt.

Auch Palmnicken hat seine Probleme. Eines davon ist das Fehlen von Parkplätzen. Das macht sich vor allem an den Wochenenden bemerkbar, wenn sich die Bevölkerung Palmnickens dank der Besucherströme verdoppelt. Fast alle Touristen kommen mit eigenen Autos. Es gibt aber lediglich zwei kostenlose Parkplätze für 200 Fahrzeuge – einen im Zentrum und einen in der Nähe der Grube „Anna“ – sowie einen kostenpflichtigen mit 115 Plätzen unmittelbar beim Strand mit der „Blauen Flagge“. Jedoch reicht das bei weitem nicht aus, da am Wochenende bis zu 2500 Pkw nach Palmnicken kommen. Ein weiterer Mangel ist die dürftige Auswahl an Einkehrmöglichkeiten. Um einen Platz in einem Café zu bekommen, muss man Schlange stehen und bereit sein, Preise zu zahlen, die für das Portemonnaie von Otto Normalverbraucher eigentlich zu hoch sind.

Die Blaue Flagge hat Palmnicken dennoch belebt. Ende Juli wurde ein „Strandfestival“ durchgeführt. Es gab zwei Bühnen, auf denen Künstler oder Sportler auftraten, darüber hinaus ein Nacht-Kino und ein Zeltlager mit Mietzelten. Derzeit herrscht noch ein Mangel an Unterkünften. Die Besitzer der wenigen vorhandenen nutzen ihre Alleinstellung, indem sie auf wohlhabende Touristen abzielen. Für Massenveranstaltungen wäre es jedoch wichtig, dass auch weniger Betuchte für ein paar Tage in Palmnicken unterkommen können. Bislang ist das kaum möglich.

Die Verwaltung von Palmnicken hat in Erwägung gezogen „Park and Ride“-Parkplätze am Ortseingang einzurichten. Doch die Besucher aus Königsberg sind es gewohnt, mit ihren Autos bis an den Strand zu fahren, sodass „Park and Ride“-Parkplätze wohl kaum angenommen werden dürften.

Die Bewohner Palmnickens sind wegen des allsonntäglichen Besucherandrangs bereits verärgert. Die Beschwerden bei den Behörden häufen sich. Die Bürger beklagen sich über Lärmbelästigung wegen der Massenveranstaltungen, über abgestellte Autos in den Höfen der Bewohner und darüber, dass die Geschäfte leergekauft sind. Es wird keine leichte Sache für die Verantwortlichen werden, die Balance zwischen den Interessen der Bewohner und denen der Gäste zu finden.

Im Entwicklungsprogramm für Palmnicken bis 2020 gibt es zwei Prioritäten: Die eine betrifft den Bernstein, da sich im Gebiet der Gemeinde das weltweit größte Bernsteinkombinat befindet, die andere den Badebetrieb. Die Entwicklung zum Kurort in Palmnicken hat nur dann eine Perspektive, wenn für die kommende Saison eine Lösung der Probleme gefunden wird.

In diesem Jahr fiel die Badesaison recht kurz aus, doch der unerwartet warme September hat den Mangel an sonnigen Tagen im Sommer kompensiert. In dieser Zeit hatte Palmnicken sich in ein Paradies verwandelt. Als der große Besucherandrang der Hauptsaison weg war, das Wasser aber noch warm genug war, um zu baden und die Sonne noch angenehm schien, lockten die Cafés mit günstigen Preisen.         Jurij Tschernyschew


Deutscher Ritterorden im Film
Thorn wird Hauptschauplatz eines polnischen Dokumentarfilms von Pawel Pitera

Die Vorbereitungen zu einem polnisch-deutsch-litauischen Dokumentarfilm mit dem Titel „Kutte und Rüstung“ sind angelaufen. Er soll die Geschichte des Deutschen Ordens objektiv beschreiben. Thorn wird einer der Haupstschauplätze des Films sein. Die Gewölbe des Ordensschlosses, das Panorama der Thorner Altstadt und das Rathaus werden zu sehen sein. Die Filmemacher haben Material im gegenwärtigen Thorn gesammelt, weil sie die Stadt zeigen wollen, wie sie heute ist, um erst dann 800 Jahre zurückzublenden. Neben Fotos von Thorn werden Aufnahmen in Marienburg, Mewe, Heilsberg und in Litauen gemacht.

Die Stadt Thorn ist der wichtigste Partner der Produktion. Die Stadt stellte ungerechnet 82000 Euro bereit. Der Präsident von Thorn, Michał Zaleski, hatte im Juli 2016 eine Vereinbarung mit dem Hauptproduzenten des Films unterzeichnet. Die Thorner Stadtregierung hatte zuvor entschieden, sich an der Produktion zu beteiligen, weil es sich um einen Film über die Geschichte der Stadt handelt. Regisseur des Films ist Paweł Pitera, der unter anderem beim Film „Zeugnis“ über Johannes Paul II. Regie geführt hat.

Im Film wird Thorn als der Ort gezeigt, wo alles begann. Hier kam die erste Ordensexpedition an und hier gab es die erste Festung des Deutschen Ordens. Thorn war nicht nur als wirtschaftliches und politisches Zentrum wichtig, sondern auch als Vorposten der Abwehr gegen Polen. Der Regisseur betont, dass seine Absicht die Entmystifizierung der Geschichte des Deutschen Ordens ist. Er glaubt, dass die deutschen Ordensritter keine hoffnungslosen Mörder, keine Dummköpfe und keine gierigen Herren in weißen Kitteln mit einem Kreuz gewesen waren. Er sei eine super-organisierte, moderne und leistungsorientierte mittelalterliche Verwaltung wie in England in der Mitte des 19. Jahrhunderts gewesen. In dem Ordensstaat entstanden Straßen, Städte, Festungen, das Militär, die Backsteinhäuser und das Postamt.

Pitera stellt die Frage, warum der Staat plötzlich fiel. Seiner Ansicht nach fehlte ihm die Freiheit. Für Pitera gibt es eine interessante historische Ähnlichkeit. Danzig war die erste Stadt, die rebellierte und für die Freiheit kämpfte, was dann zum Zusammenbruch des Deutschen Ordens führte. 500 Jahre später begann der Kampf in Danzig für die Freiheit erneut und es folgte eine Änderung des politischen Systems.

Dorota Roszkowska, die Produzentin des Filmes, sagt, dass es eine spannende Geschichte werde. Ihrer Ansicht nach könne Pitera so erzählen, dass die Leute massenweise ins Kino gehen. Der Film „Zeugnis“ nach den Memoiren von Erzbischof Dziwisz erreichte einen Rekord unter den polnischen Dokumentarproduktionen. Den Film sahen zwei Millionen Zuschauer. Dies ist ein spektakuläres Ergebnis, und der Film ist noch populär. Deshalb glaubt Roszkowska, dass der Film über den Kreuzorden und die polnische Republik einen ebensolchen Erfolg haben wird.

Die Filmemacher versprachen, dass es in ihrem Streifen viele Animationen und Schlachtszenen guter Qualität geben wird. Erzähler wird der weltbekannte amerikanische Schauspieler Stacy Keach sein. Der Pädagoge, Geschichtslehrer und Fernsehpublizist Jan Wróbel ist für das Drehbuch mitverantwortlich und der populäre polnische Musiker Robert Janson wird die Musik komponieren.

„Kutte und Rüstung“ soll im April 2017 erstmals ausgestrahlt werden. Seine Premiere wird im modernen Kultur- und Kongresszentrum in Thorn-Jordanki stattfinden. Es verfügt über innovative Akustiklösungen, bewegliche Decken und eine moderne Technikausstattung.         Leszek Chaburski


Neue Namen
Polen entfernt Erinnerung an Kommunisten

Der polnische Sejm hat bereits im April ein Gesetz über die  „Entkommunisierung“ verabschiedet. Nach neuem Recht sollen die Selbstverwaltungen innerhalb von einem Jahr Namen, die an den Kommunismus erinnern, aus dem öffentlichen Raum entfernen. Es wird sowohl Straßennamen als auch Namen von Gebäuden und öffentlichen Einrichtungen betreffen. Das Gesetz macht jedoch keine Dokumentenänderung erforderlich. Die Personalausweise bleiben bis zur Ablauffrist gültig.

Bei Streitfällen soll das Institut für Nationales Gedenken helfen. Bisher haben sich bei der Abteilung in Allenstein die Gemeinde Friedrichshof [Rozogi] und die Stadt Neidenburg [Nidzica] gemeldet. Nach der endgültigen Antwort vom Institut plant die Gemeinde Friedrichshof, durch öffentliche Konsultationen neue Straßennamen zu wählen. In Neidenburg wollte der Bürger-meister die Straßennamen schon vor der Verabschiedung des Gesetzes „entkommunisieren“, aber die Einwohner stimmten dagegen ab, weil sie keine Veränderungen wollten. Jetzt hat die Neidenburger Selbstverwaltung sieben von 122 Straßen zur Veränderung vorgesehen.

Wenn eine Selbstverwaltung das neue Gesetz innerhalb von einem Jahr nicht vollzieht, werden die Namen vom Woiwoden geändert.

Die Allensteiner Abteilung des Instituts für Nationales Gedenken schätzt, dass es in der Woiwod-schaft Ermland und Masuren mindestens 34 Ortschaften gibt, die kommunistischer Aktivisten, Ereignissen oder Organisationen gedenken. Am häu-figsten kommen die Generale Karol Swierczewski und Aleksander Zawadzki vor, aber es gibt zum Beispiel auch eine Karl-Marx-Straße in Bartenstein. Die größte Zahl der kommunistischen Namen in der Region gibt es in Soldau [Działdowo].     Edyta Gladkowska


MELDUNGEN

Feuer auf dem Dach der Post

Allenstein – Im Zentrum von Allenstein hat ein Feuer einen Teil des Dache der Post in der Friedrich-Wilhelm-Straße ergriffen. Arbeitern, die auf dem Dach Pappe verlegten, gelang es, das Feuer zu löschen, ehe die Feuerwehr kam. Einer der Männer erlitt eine Verbrennung an seiner Hand. Die Ursache des Feuers ist noch nicht bekannt.           PAZ

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. 7: Elbing [Elblag] – Jazowa, Baustelle; Liebemühl – Osterode [Ostróda], Baustelle; Osterode – Hohenstein [Olsztynek], Baustelle; Zalusken [Załuski] – Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 7j: Zalusken  – Neidenburg [Nidzica], Baustelle. Straße Nr. 15: Rheinsgut [Rynskie] – Mörlen [Morliny], Baustelle. Straße Nr. 16: Osterode [Ostróda] – Alt Jablonken [Stare Jabłonki], Baustelle; Sorquitten [Sorkwity] – Mertinsdorf [Marcinkowo], Baustelle; Nikolaiken [Mikołajki], Baustelle; Wyssocken [Wysokie] – Dluggen [Długie], Baustelle. Straße Nr. 16c: Allenstein – Fittigsdorf [Wójtowo], Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing [Elblag] – Fichthorst [Jegłownik], Baustelle. Straße Nr. 51: Markeim [Markajmy] –Heilsberg [Lidzbark Warminski], Baustelle; Heilsberg , Baustelle; Liewenberg [Miłogorze] – Schmolainen [Smolajny], Baustelle; Allenstein [Olsztyn] – Pagelshof [Ameryka], Baustelle.               E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

wenn wir heute einen 85. Geburtstag besonders herausstellen, so hat das schon seine Berechtigung, denn eine lange Wegstrecke des Jubilars ist mit unserer Zeitung auf das Engste verbunden, ja, er hat sie sogar mitgeprägt: Es ist die heute noch gültige Unterzeile „Unabhängige Wochenzeitung für Deutschland“ auf dem Titelblatt. Dem damaligen Redakteur Horst Zander ist sie zu verdanken, eine seiner vielen Ideen, mit denen er maßgeblich zur Gestaltung des „Ostpreußenblattes“ in den Aufbaujahren beigetragen hat. Weit mehr als ein Vierteljahrhundert gehörte er der Redaktion an, die sich damals in der Hamburger Parkallee befand, wo er viele Landsleute und Heimatfreunde begrüßte, für die er stets ein idealer Ansprechpartner war. So werden sich manche unserer älteren Leserinnen und Leser an den ruhigen, stets gesprächsbereiten Redakteur erinnern und, wenn sie unsere Ostpreußische Familie gelesen haben, sich mit ihm gefreut haben, dass der aus Köslin vertriebene Pommer vor einigen Jahren in seine Heimat zurückkehren konnte, um dort ein endgültiges Zuhause zu finden. Da war Horst Zander auch schon über 80 Jahre alt und viele bewunderten seinen Mut, in dieser späten Lebensphase einen solchen Wechsel vorzunehmen. Aber er ist geglückt dank seiner tatkräftigen Ehefrau Lydia, in deren Elternhaus in Hinterpommern sie nun heimgekehrt sind und in dem Horst Zander nach seinen eigenen Worten so glücklich ist wie nie zuvor. Den Jahresbericht der Eheleute über das Leben in dem schon nahe der ehemaligen westpreußischen Grenze gelegenen Lindenhof pflegen wir stets zum Jahreswechsel zu bringen, weil viele Leser an ihrem Schicksal Anteil nehmen.

Horst Zander lebt nun wieder in der Nähe seiner Geburtsstadt Köslin, aus der er als 14jähriger Junge flüchten musste, die Vertreibung aus seiner Heimat wurde zum Leitmotiv für sein weiteres Leben. Sein Sinnen und Trachten war darauf gerichtet, das Wissen um das ostdeutsche Kulturgut im Westen Deutschlands zu erhalten und zu verbreiten. Schon 1949 engagierte er sich in Seesen am Harz in der Jugendarbeit der deutschen Heimatvertriebenen, gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Ostdeutschen Jugend (GJO), seit 1951 Deutsche Jugend des Ostens (DJO). Seit dieser Zeit bestehen noch heute Kontakte zu früheren Kameraden wie auch zu ehemaligen Mitarbeitern in der Vertriebenenarbeit der Pommerschen Landsmannschaft. Hier war Zanders Tätigkeit breit gefächert: Jugendreferent in Seesen, Kulturreferent in Bocholt, Landesjugendreferent in Niedersachsen und Mitglied der Pommerschen Abgeordneten-Versammlung. Und dennoch musste sich Horst von seinem Vater einmal sagen lassen: „Du weißt mehr über Ostpreußen als über deine Heimat!“ Dabei war es eher ein Zufall, der ihn im Sommer 1967 zum „Ostpreußenblatt“ nach Hamburg führte, wo dann seine berufliche Laufbahn in feste Gleise kam: 28 Jahre lang war Horst Zander in zunehmend verantwortlicher Stellung in verschiedenen Ressorts als Redakteur in dem Haus der Landsmannschaft in der Parkallee tätig, das für viele Ostpreußen zum Mittelpunkt ihrer Anliegen, Sorgen und Suchfragen, aber auch zu einem Ort der Begegnung wurde. Diese fast drei Jahrzehnte eines Redakteurlebens sind zugleich auch ein Stück Zeitungsgeschichte und somit für alle Leser des „Ostpreußenblattes“ interessant.

Beginnt Horst Zander heute davon zu erzählen, rücken für unsere älteren Leser Namen ins Bild, die sie mit der Entwicklung unserer Zeitung verbinden. Erinnert sei nur an Chefredakteur Eitel Kaper, der ihn damals eingestellt hatte, an dessen Nachfolger Hugo Wellems, an Ruth Maria Wagner, Hans-Ulrich Stamm, Peter Paul Brock. Das hier abgebildete Foto aus dem Jahre 1974 zeigt Horst Zander (Dritter von links) bei einer Redaktionskonferenz, ihm gegenüber dominiert Chefredakteur Hugo Wellems, an der Stirnseite des Tisches rechts sieht man Ruth Maria Wagner, langjährige Redakteurin der Ostpreußischen Familie“ Neben der Fortführung der Themen gab Zander im Laufe seiner langen Tätigkeit dem Blatt auch eigene Impulse. So richtete er schon 1972 die Rubrik „Rundfunk und Fernsehen“ ein sowie den „Spiegel der landsmannschaftlichen Presse“ mit Zitaten aus Organen der Landsmannschaften und Übersetzungen aus polnischen Zeitungen. Neben den Standardseiten „Geschichte“ und „Landeskunde“ hat Horst Zander zusätzlich die Seiten „Deutsches Schicksal“. „Literatur“, „Mitteldeutschland“ und „Ostpreußen heute“ eingeführt. Sein Streben, einen Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart zu spannen, wird darin verdeutlicht.

Zu einem „Renner“ wurde die von Horst Zander eingeführte Rubrik „Das Erinnerungsfoto“ – eine Idee, deren jahrzehntelanger Erfolg dazu führte, dass sie von anderen landsmannschaftlichen Zeitungen und Heimatbriefen übernommen wurde. Der verhalten warnende Hinweis seiner Kollegen, er werde damit eine Lawine von Leserbriefen auslösen, hat sich dann auch sehr schnell bewahrheitet: Es füllten sich Kästen voller Zuschriften, auch die Anrufe waren kaum noch zu bewältigen. Doch Horst Zander bemühte sich jeder Anfrage gerecht zu werden, er konnte einfach nicht nein sagen. Während seiner Tätigkeit beim „Ostpreußenblatt“ wurden über 1000 private Erinnerungsfotos aus den Heimatländern veröffentlicht. Wie viele Vertriebene sich aufgrund dieser durch Krieg und Flucht geretteten Aufnahmen wieder gefunden haben, kann man auch nicht annähernd beziffern. Es waren vor allem Klassenfotos und Konfirmationsbilder, auf denen die Leser vertraute Gesichter entdeckten. Das freudige Erkennen löste dann viele Nachfragen aus, von denen nicht wenige zum Erfolg führten. Manche Kinderfreundschaft wurde wieder belebt und hielten ein Leben lang, wie wir auch heute feststellen können, sogar neue Verbindungen können sich noch immer durch diese Erinnerungsfotos ergeben. Auffallend ist, dass sich jetzt die Enkelgeneration für diese dokumentarischen Aufnahmen interessiert, weil sie in die Kinder- und Jugendzeit ihrer Großeltern zurückführen.

In den 28 Jahren seiner Tätigkeit für das „Ostpreußenblatt“ durchlief  Horst Zander so ziemlich alle Aufgabengebiete eines Zeitungsmachers. Als Chef vom Dienst koordinierte er die Arbeit zwischen der Redaktion und der Druckerei Rautenberg in Leer, wo das „Ostpreußenblatt“ gedruckt wurde. Mindestens einmal im Monat stand er dort „am Brett“. Er war so eng mit dem „Ostpreußenblatt“ verbunden, ging mit Leib und Seele in der Arbeit für Ostpreußen auf, dass kaum jemand vermutete, dass dies Land nicht seine Heimat war. Sein fundiertes Wissen in Sachen Landeskunde machte ihn über die Redaktionsarbeit hinaus zum gefragten Ansprechpartner für Publizisten verschiedener Medien. Als Mitorganisator der beliebten Ostpreußentreffen im kärntnerischen Seeboden bekam Horst Zander zu vielen Landsleuten persönlichen Kontakt, der zu informativen Gesprächen führte, die manchmal nicht enden wollten. Diese Intensität hat die Gemeinde Seeboden wohl auch erkannt und anerkannt, denn 1999 wurde ihm von dem Bürgermeister der Gemeinde die Goldene Ehrennadel verliehen. Eine Auszeichnung, über die er sich besonders freute, weil sie für ihn gänzlich unerwartet kam.

Aber da hatte Horst Zander das Haus in der Hamburger Parkallee bereits verlassen, um sich ganz seiner Verlagsbuchhandlung widmen zu können, die er bisher als Nebentätigkeit betrieben hatte. Der gelernte Buchhändler wollte sich nun für die zweite Lebenshälfte eine Existenz schaffen, die er von seinem Domizil in der vor Hamburgs Toren gelegenen Nordheide ausbauen konnte.Obgleich als Stadtkind in Köslin aufgewachsen, wurde die Liebe zur Natur immer stärker, und als dann seiner Frau Lydia das Angebot unterbreitet wurde, ihr altes Elternhaus in Schimmerwitz Wald im östlichen Hinterpommern zu übernehmen, freundete sich auch ihr Mann mit diesem Gedanken an. Wenn Horst Zander immer wieder gefragt wurde und wird, woher er in dem Alter den Mut nahm, solch einen entscheidenden Schritt zu wagen, sagt er nur: „Lydia und ich hatten den festen Willen zur Rückkehr in die pommersche Heimat“. Und die erfolgte dann am 4. Dezember 2011 mit jeder Menge Hoffnung und Zuversicht im Gepäck. Die benötigten die Zanders auch, denn das Grundstück war vollkommen heruntergewirtschaftet, es fehlte an allen Ecken und Enden. Eine mühevolle Aufbauzeit begann, die vor allem für Horst, den manuelle Arbeit kaum gewohnten „Schreibtischtäter“, voller Schwierigkeiten und Schwielen war. Lydia ist als pommersche  Landwirtstochter und ehemalige Landwirtschaftslehrerin das Zupacken gewohnt, zumal sie die nötigen Kenntnisse besitzt. „Aber viel Freude war da, wenn alles getan war“, sagt sie heute, wo das neu gedeckte rote Dach des Lindenhofes behagliche Geborgenheit verspricht. Die hat Horst Zander auch gefunden, wie er sagt: „Hier fühle ich mich so wohl wie früher nie. Die immer noch reine pommersche Luft, der ungetrübte Duft unzähliger Blumen, selten gewordener Gräser und farbenprächtiger Bäume in den verschiedenen Jahreszeiten erfreuen mich nicht nur sondern stärken auch meine Gesundheit!“  Die wünschen wir ihm auch, dem nun 85-jährigen Freund vieler Ostpreußen, die ihm auf seinem langen Lebensweg begegnet sind und von denen einige ihn schon auf dem Lindenhof besucht haben. Und auch viele Kösliner dürften sich diesem Wunsch anschließen, denn Horst bringt noch immer seine Erfahrungen als Redakteur in die Gestaltung des von ihm seit 2005 herausgegebenen Heimatbriefes „Kösliner Nachrichten“ mit ein, so ganz kann er das Schreiben doch nicht lassen. Er war und bleibt eben ein Brückenbauer, von Mensch zu Mensch, vom Gestern zum Heute, von Land zu Land. Denn er selber kann jetzt hautnah aus Köslin mit Wort und Bild berichten, er ist ja nun Zuhause. Noch viele glückliche Jahre auf Eurem Lindenhof, das wünschen wir Ostpreußen Dir und Deiner Lydia.

Eure Ruth Geede


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 100. GEBURTSTAG

Schattner, Bruno, aus Gutweide, Kreis Ebenrode, am 10. Okto-ber

ZUM 99. GEBURTSTAG

Bollack, Marianne, geb. Wenck, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 12. Oktober

ZUM 97. GEBURTSTAG

Armbruster, Herta, geb. Piechottka, aus Prostken, Kreis Lyck, und aus Krupinnen, Kreis Treuburg, am 12. Okto-ber

Bittlingmayer, Klara, geb. Jonseck, aus Nußberg, Kreis Lyck, am 10. Oktober

Ullrich, Hildegard, geb. Tuttas, aus Dippelsee, Kreis Lyck, am 9. Oktober

ZUM 95. GEBURTSTAG

Falk, Ruth, geb. Rietenbach, aus Weißensee, Kreis Wehlau, am 9. Oktober

Kaehler, Brigitta, aus Neidenburg, am 8. Oktober

Marohn, Eva, geb. Moeck, aus Rosenberg, Kreis Heiligenbeil, am 12. Oktober

Ruben, Irene, geb. Kuhr, aus Loye, Kreis Elchniederung, am 5. Oktober

Schaible, Frieda, geb. Bartsch, aus Kingitten, Kreis Samland, am 13. Oktober

ZUM 94. GEBURTSTAG

Frischmuth, Max, aus Deschen, Kreis Elchniederung, am 1. Oktober

Gebauer, Frieda, geb. Oehlert, aus Sanditten, Kreis Wehlau, am 1. Oktober

Paschink, Liebtraut, geb. Biernat, aus Bolzhagen, Kreis Elchniederung, am 13. Okto-ber

Taulien, Erna, aus Heiligenbeil, am 7. Oktober

ZUM 93. GEBURTSTAG

Böhnke, Horst, aus Petersdorf, Kreis Wehlau, am 7. Oktober

Greulich, Irmgard, geb. Ambras, aus Herdenau, Kreis Elchniederung, am 4. Oktober

Hipler, Elfriede, aus Gedwangen, Kreis Neidenburg, am 11. Oktober

Jelonnek, Margarete, geb. Kutzinski, aus Schönhofen, Kreis Treuburg, am 7. Oktober

Malkus, Margarete, geb. Danielzik, aus Grünwalde, Kreis Ortelsburg, am 11. Oktober

Meya, Alice, geb. Heinrich, aus Eydtkau, Kreis Ebenrode, am 13. Oktober

Missun, Charlotte, geb. Trucks, aus Peterswalde, Kreis Elchniederung, am 8. Oktober

Puppe, Ruth, geb. Walter, aus Ginkelsmittel, Kreis Elchniederung, am 6. Oktober

Schwarz, Ida, geb. Deutschendorf, aus Wilpen, Kreis Ebenrode, am 8. Oktober

Teuber, Frieda, geb. Bittrich, aus Grünweide, Kreis Ebenrode, am 7. Oktober

ZUM 92. GEBURTSTAG

Eniß, Ruth, geb. Jährling, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 11. Oktober

Grikschat, Paul, aus Gowarten, Kreis Elchniederung, am 10. Oktober

Hindersin, Lieselotte, geb. Bubritzki, aus Auglitten, Kreis Lyck, am 10. Oktober

Horn, Christel, geb. Huebner, aus Tiefen, Kreis Lötzen, am 12. Oktober

Römer, Hilde, aus Krupinnen, Kreis Treuburg, am 8. Oktober

Sakrewski, Hans, aus Waldenburg, Kreis Ortelsburg, am 9. Oktober

Schulz, Elfriede, geb. Breitmoser, aus Neusiedel, Kreis Tilsit-Ragnit, am 8. Oktober

Stolzke, Waltraud, geb. Friedel, aus Fließdorf, Kreis Lyck, am 10. Oktober

ZUM 91. GEBURTSTAG

Fritz, Gertrud, geb. Pellenat, aus Erlen, Kreis Elchniederung, am 13. Oktober

Haldorn, Elfriede, geb. Kujehl, aus Groß Friedrichsdorf, Kreis Elchniederung, am 4. Oktober

Heinrich, Helene, geb. Wagner, aus Gilkendorf, Kreis Elchniederung, am 8. Oktober

Knöschke, Ilse, geb. Janz, aus Bersteningken, Kreis Memelland, am 12. Oktober

Kuster, Paul, aus Tewellen, Kreis Elchniederung, am 11. Okto-ber

Schimkus, Siegfried, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 11. Oktober

Schulz, Elly, geb. Lehmann, aus Goldensee, Kreis Lötzen, und aus Canditten, Kreis Preußische Eylau, am 12. Oktober

Seutter, Gerde, geb. Kahlau, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, und aus Taplacken, Kreis Wehlau, am 13. Oktober

Tegethoff, Herta, geb. Graap, aus Condehnen, Kreis Samland, am 9. Oktober

ZUM 90. GEBURTSTAG

Angerhausen, Charlotte, geb. Pätzel, aus Karkeln, Kreis Elchniederung, am 6. Oktober

Böhnke, Dorothea, geb. Reuter, aus Neukirch, Kreis Elchniederung,  am 9. Oktober

Dzienian, Werner, aus Eibenau, Kreis Treuburg, am 12. Okto-ber

Friedenberg, Gertrud, aus Soffen, Kreis Lyck, am 7. Oktober

Fromm, Hildegard, geb. Pauli, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 11. Oktober

Häring, Wilhelm, aus Roddau Perkuiken, Kreis Wehlau, am 13. Oktober

Karow, Joachim, aus Pelkeninken, Kreis Wehlau, am 7. Okto-ber

Kiehr, Herta, aus Karkeln, Kreis Elchniederung, am 6. Oktober

Kottler, Hedwig, aus Wiesenhöhe, Kreis Treuburg, am 10. Oktober

Kreuzberger, Eva-Maria, geb. Janzyk, aus Prostken, Kreis Lyck, am 7. Oktober

Kubernus, Georg, aus Garbassen, Kreis Treuburg, am 9. Oktober

Noesch, Irmgard, geb. Kecker, aus Caspershöfen, Kreis Samland, am 11. Oktober

Olschewski, Ursula, geb. Ernst, aus Ginkelsmittel, Kreis Elchniederung, am 13. Oktober

Renner-Kruska, Therese, aus Lyck, am 8. Oktober

Schmidt, Edeltraut, geb. Killat, aus Ackeln, Kreis Elchniederung, am 6. Oktober

Siersleben, Hannelore, geb. Hoppe, aus Neidenburg, am 9. Oktober

Sziegoleit, Werner aus Krauden, Kreis Tilsit-Ragnit, am 5. Ok-tober

Voita, Else, geb. Wasserberg, aus Rauschen, Kreis Samland, am 9. Oktober

Will, Toni, geb. Hoefert, aus Falkenhöhe, Kreis Elchniederung, am 7. Oktober

Witzke, Elly, geb. Krüger, aus Parnehnen, Kreis Wehlau, am 13. Oktober

Wolf, Harry, aus Moterau, Kreis Wehlau, am 9. Oktober

ZUM 85. GEBURTSTAG

Andersen, Klaus, aus Walden, Kreis Lyck, am 12. Oktober

Böhm, Günter, aus Wehlau, am 10. Oktober

Burchert, Irmgard, aus Kreuzborn, Kreis Lyck, am 8. Okto-ber

Dietrich, Werner, aus Rauterskirch, Kreis Elchniederung, am 10. Oktober

Fink, Anneliese, geb. Maibaum, aus Groß Dirschkeim, Kreis Samland, am 8. Oktober

Frey, Gerhard, aus Neukuhren, Kreis Samland, am 9. Oktober

Gresch, Liselotte, geb. Hesterberg, aus Neidenburg, am 7. Oktober

Harder, Waltraut, geb. Hübner, aus Leitwarren, Kreis Elchniederung, am 7. Oktober

Hochmuth, Erika, aus Richau, Kreis Wehlau, am 11. Oktober

Jungk, Elfriede, aus Waiblingen, Kreis Lyck, 10. Oktober

Kiel, Heinz-Lothar, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 13. Oktober

Klapschuweit, Dieter, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 13. Ok-tober

Klinke, Rosemarie, geb. Wedler aus Adlig Linkuhnen, Kreis Elchniederung, am 10. Oktober

Knoth, Adelheid-Maria, aus Lyck, am 10. Oktober

Koschorrek, Herbert, aus Großalbrechtsort, Kreis Ortelsburg, und aus Malshöfen, Kreis Neidenburg, am 8. Oktober

Krups, Leonhard, aus Taplacken, Kreis Wehlau, am 13. Oktober

Lux, Dr. med. Christa, aus Gittau, Kreis Neidenburg, am 12. Oktober

Mattern, Ingeborg, geb. Meyer, aus Fischhausen, Kreis Samland, am 13. Oktober

Pfeiffer, Gerhard, aus Preußenwall, Kreis Ebenrode, am 12. Oktober

Pless, Agnes, geb. Kloss, aus Lukau, Kreis Ortelsburg, am 12. Oktober

Rohloff, Prof. Dr. Alfred, aus Ebenrode, am 9. Oktober

Ruhnau, Benno, aus Hohenwalde, Kreis Heilgenbeil, am 7. Oktober

Schulz, Margarete, geb. Redner, aus Pobethen, Kreis Samland, am 7. Oktober

Stamm, Albert, aus Großwalde, Kreis Neidenburg, am 11. Oktober

Thierling, Hannelore, geb. Offel, aus Ortelsburg, am 8. Oktober

Wittorf, Margarete, geb. Buttgereit, aus Baringen, Kreis Ebenrode, am 9. Oktober

Zander, Horst, aus Köslin, Westpommern, am 8. Oktober

ZUM 80. GEBURTSTAG

Bachert, Ruth, geb. Parschat, aus Palmnicken, Kreis Samland, am 9. Oktober

Baller. Irmgard, geb. Halbow, aus Alt Kiwitten, Kreis Ortelsburg, am 12. Oktober

Czwikla, Else, geb. Hering, aus Rosenheide, Kreis Lyck, am 10. Oktober

Egger, Anna, geb. Schade, aus Schloßbach, Kreis Ebenrode, am 7. Oktober

Falkenhof, Dieter, aus Königsberg und Rhein, Kreis Lötzen, am 8. Oktober

Gudat, Brigitte, geb. Pawasserat, aus Ebenrode, am 10. Oktober

Harwardt, Helmut, aus Grabnick, Kreis Lyck, am 7. Okto-ber

Heske, Egon, aus Eisenberg, Kreis Heiligenbeil, am 10. Oktober

Hiersche, Erika, geb. Lubitzki, aus Lissau, Kreis Lyck, am 13. Oktober

Kaiser, Erhard, aus Biegiethen, Kreis Samland, am 11. Okto-ber

Kopp, Werner, aus Wilhelmsheide, Kreis Elchniederung, am 10. Oktober

Kruska, Horst, aus Mensguth, Kreis Ortelsburg, am 12. Okto-ber

Lembke, Erka, geb. Radeck, aus Michelsdorf, Kreis Ortelsburg, am 10. Oktober

Mielsch, Marie-Luise, geb. Smelkus, aus Stobingen, Kreis Wehlau, am 11. Oktober

Petruck, Kurt, aus Bürgersdorf, Kreis Wehlau, am 11. Oktober

Rockel, Brigitte, geb. Manzau, aus Hohenwiese, Kreis Elchniederung, am 6. Oktober

Sablotny, Renate, geb. Brodowski, aus Kalthagen, Kreis Lyck, am 12. Oktober

Schmidt, Lydia, geb. Kropp, aus Puppen, Kreis Ortelsburg, am 8. Oktober

Schneider, Inge, geb. Woelk, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 12. Oktober

Schneider, Karl-Heinz, aus Wolfsee, Kreis Lötzen, am 8. Oktober

Slotta, Hannelore, geb. Greger, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 1. Oktober

Stadie, Eckhard, aus Paterswalde, Kreis Wehlau, am 11. Oktober

Tiepmar, Irmgard, geb. Wallbruch, aus Schellendorf, Kreis Ebenrode, am 7. Oktober

Truscheit, Siegfried, aus Alt Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 3. Oktober

Tschiersch, Gisela, geb. Schäfer, aus Rauschen, Kreis Samland, am 9. Oktober

Wagner, Gerda, geb. Tschirschwitz, aus Lötzen, am 11. Oktober

ZUM 75. GEBURTSTAG

Brand, Edeltraud, geb. Döhring, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 13. Okto-ber

Bressem, Ilse-Hanna, aus Goldbach, Kreis Wehlau, am 10. Oktober

Domnik, Kurt, aus Ortelsburg, am 8. Oktober

Eckert, Hartmut, aus Paterswalde, Kreis Wehlau, am 7. Okto-ber

Feller, Ingrid, geb. Sablowsky, aus Holländerei, Kreis Wehlau, am 13. Oktober

Feser, Regina, geb. Rabe, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 12. Oktober

Haegert, Erhard, aus Angerapp, am 12. Oktober

Piotrowski, Ruth, geb. Mosdzen, aus Auerswalde, Kreis Ortelsburg, am 8. Oktober

Platz, Udo-Karl, aus Steintal, Kreis Lötzen, am 12. Oktober

Ristig, Dr. Winfried, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 11. Oktober

Roese, Bruno, aus Karkeln, Kreis Elchniederung, am 9. Oktober

Schneider, Hannes, aus Rositten, Kreis Samland, am 7. Ok-tober

Skauradszun, Kurt, aus Bredauen, Kreis Ebenrode, am 11. Oktober

Urban, Hannelore, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 11. Oktober


S. 16 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ALLENSTEIN LAND

Kreisvertreter: Hans-Peter Blasche, Lankerstraße 40, 40545 Düsseldorf, Telefon (0211) 17181290; (02131) 902700 (dienstl.), Telefax (02131) 902430 (dienstl.) Geschäftsstelle: Gemeindeverwaltung Hagen, Postfach 1209, 49170 Hagen, Telefon (05401) 9770. www.allenstein-landkreis.de

Sonnabend, 15. Oktober, 11 Uhr, Stadthalle Meinerzhagen, An der Stadthalle 1, 58540 Meinerzhagen: Kirchspieltreffen Groß Bertung. Das Programm:

11 Uhr: Gottesdienst

13 Uhr: Mittagessen

15 Uhr: Kaffeetrinken

17 Uhr: Eröffnung des

Tanzabends

Weitere Informationen bei: Ewa Schmidt-Bünger, Telefon (02372) 2786 oder 015785758666, Internet: www.kirchspiel-bertung.de

 

ANGERBURG

Kreisvertreter: Kurt-Werner Sadowski. Kreisgemeinschaft Angerburg e.V., Landkreis Rotenburg (Wümme), Postfach 1440, 27344 Rotenburg (Wümme), Landkreis: Telefon (04261) 9833100, Fax (04261) 9833101.

Siegfried Kugies, auf vielen Gebieten bis heute aktiv, konnte am 3. Oktober 2016 in Trebur seinen 90. Geburtstag feiern. Er wurde am 3. Oktober 1926 in Eschingen im Kreis Angerapp geboren. 1932 übernahmen seine Eltern einen größeren Bauernhof in Klein Budschen im Kreis Angerburg. Zunächst besuchte Siegfried Kugies die Volksschule in Klein Budschen. Dann wechselte er zur Hindenburgschule in Angerburg und lebte dort in einer Pension. An den Wochenenden fuhr er mit dem Fahrrad von Angerburg nach Klein Budschen. Das waren 16 Kilometer. Im schneereichen und kalten ostpreußischen Winter ging es nur alle vier Wochen mit der Bahn und dem Schlitten nach Hause.

Am 7. Juni 1944 wurde er als 17-jähriger zu den Waffen gerufen, um am 17. Dezember 1944 zur Ardennenoffensive abkommandiert zu werden. Die Offensive scheiterte. Als gerade 18-jähriger geriet Siegfried Kugies am 22. Januar 1945 in Belgien in amerikanische Gefangenschaft. Mit einem amerikanischen Truppentransporter wurden die deutschen Kriegsgefangenen in die USA verlegt. Die Überfahrt nach New York dauerte vier Wochen und war nicht ungefährlich, denn deutsche U-Boote griffen den Geleitzug an. Von den USA wurden die Kriegsgefangenen 1946 den Engländern zur Arbeit übergeben. In Wales arbeitete Siegfried Kugies auf einem Bauernhof und verabschiedete sich dort am 10. April 1948 von den neuen Freunden. Am 17. April 1948 traf er dann in Trebur ein, wo seine Eltern eine bescheidene Unterkunft gefunden hatten. Nun ging es darum, sich beruflich neu in einer unbekannten Umgebung zu orientieren. Das gelang mit der Einstellung bei der Deutschen Reichsbahn am 7. Juni 1948. Danach ging es beruflich langsam aufwärts. Am 23. Juni 1952 wurde geheiratet. Ehrenamtlich engagierte sich Siegfried Kugies in der Gewerkschaft der Eisenbahner, beim Bundesbahn-Sozialwerk und in der Arbeitsgemeinschaft der SPD plus 60. Aber auch in der Kommunalpolitik war er tätig und übte 16 Jahre das Amt eines Vorsitzenden der Gemeindevertretung in Trebur aus.

Am 5. Juni 1990 wurde ihm vom Bundespräsidenten auf Antrag der Deutschen Bundesbahn für sein beispielhaftes Engagement das „Verdienstkreuz am Bande“ verliehen. Auch für die deutsch-amerikanische Freundschaft setzte sich Siegfried Kugies ein und wurde dafür von den US-Streitkräften ausgezeichnet. Ebenso am Herzen liegt ihm die deutsch-polnische Verständigung. Der Schüleraustausch mit Benk-heim im Kreis Angerburg (Banie Mazurskie and Trebur geht auf seine Initiative zurück. Für die Johanniter Sozialstation in Angerburg wurden Medikamente gesammelt und Hilfsgüter auf eigene Kosten nach Angerburg gebracht. Mit seinen Reisen nach Angerburg und Masuren hat Siegfried Kugies außerdem das Interesse der Bürger in Trebur und Umgebung für die Geschichte und Kultur seiner Heimat geweckt.

Für sein großes Engagement für Angerburg und Ostpreußen erhielt Siegfried Kugies am 11. September 2010 das „Silberne Ehrenzeichen“ der Landsmannschaft Ostpreußen“. Am 17. September 2011 erhielt Siegfried Kugies für sein Buch „Der ostpreußische Eisenbahner und die Amerikaner“ den vom Patenkreis Rotenburg (Wümme) gestifteten Angerburger Kulturpreis. Diese vielen Aktivitäten konnte Siegfried Kugies aber nur ausüben, weil seine Frau Rosel geborene Jäger das nötige Verständnis  dafür aufgebracht und ihn unterstützt hat. Dafür hat sie Dank und Anerkennung verdient.

Die Kreisgemeinschaft Angerburg gratuliert Siegfried Kugies ganz herzlich zu diesem hohen Geburtstag und wünscht ihm für die kommenden Jahre Glück, Zufriedenheit und vor allem Gesundheit. Kurt-Werner Sadowski,

                 Kreisvertreter

 

GUMBINNEN

Kreisvertreterin: Karin Banse, Wiesengrund 9, 29559 Wrestedt, OT Wieren, Telefon (05825) 642, E-Mail: karin.banse@t-online.de, Internet: www.kreis-gumbinnen.de.

Donnerstag, 13. Oktober, Berlin: Treffen der örtlichen Gruppe um 13 Uhr im Restaurant „Mazedonia“, Hans-Sachs-Straße 41, 12205 Berlin (direkt am S-Bahnhof Lichterfelde). Informationen: Joseph Lirche, Senftenberger Ring 52 d, 13435 Berlin, Telefon (030) 4032681.

 

HEILSBERG

Kreisvertreter: Erwin Popien, Eichendorffstraße 30, 41564 Kaarst, Telefon (02131) 62403, E-Mail: erwiniptus@aol.com.

15. Oktober, Köln: Kreistag im Kolpinghaus Messehotel, Theodor-Hürth-Straße 2–4, 50679 Köln-Deutz.

 

INSTERBURG − Stadt und Land

Vorsitzender Stadt & Land: Reiner Buslaps, Am Berg 4, 35510 Butzbach-Kirch-Göns, Tel.: (06033) 66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: R.Buslaps@t-online.de. Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt & Land e. V.,  Geschäftsstelle, Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld, Postfach 111 208, 47813 Krefeld, Tel.: (02151) 48991, Fax (02151) 491141, E-Mail: info@insterburger.de, Internet: www.insterburger.de, Bürozeiten: Montag – Freitag von 8 bis 12 Uhr.

Heimatgruppe Kiel – Treffen in jedem Monat am zweiten Donnerstag im Café Rebecca in der Matthias-Claudius-Kirche in Kiel-Suchsdorf. Informationen: Hellmut Jucknat, Telefon (0431) 311972.

Heimatgruppe Thüringen – Sonntag, 9. Oktober, Café Büchner, Ebertstraße 12, 99817 Eisenach: Mitgliedertreffen und Beitrag über Frieda Jung sowie Kaffeetrinken und gemütliches Beisammensein.

Insterburger Teutonen – Sonnabend, 22. Oktober, 14, Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumehaller Weg 43, Osnabrück: Gemütliches Beisammensein. Gäste sind herzlich willkommen.

Heimatgruppe Köln – Mittwoch, 26. Oktober, Restaurant Em Kappeseng, Aachener Straße 1332, Köln-Weiden: Gemeinsames Treffen. Informationen: Carola Maschke, Telefon (0221) 796942, E-Mail: C.Maschke@netcologne.de.

 

JOHANNISBURG

Kreisvertreter: Dr. Manfred Solenski, Fichtenstraße 14, 26316 Varel, Telefon (04451) 4581, Fax (04451) 9189298, E-Mail: solenski@kreisgemeinschaft-johannisburg.de. Internet: www.kreisge-meinschaft-johannisburg.de

8. Oktober, Nindorf-Hanstedt: Treffen der Schulgemeinschaft Fichtenwalde, Grünheide, Hirschwalde, Kullik, im Restaurant des Wildparks Lüneburger Heide. Beginn ist um 11 Uhr.

 

LÖTZEN

Kreisvertreter: Dieter Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg. Geschäftsstelle: Ute Eichler, Bilenbarg 69, 22397 Hamburg, Telefon (040) 6083003, Fax: (040) 60890478, E-Mail: KGL.Archiv@gmx.de

Sonnabend, 15. Oktober, 15.30 Uhr, Lötzener Heimatmuseum in der Patenstadt Neumünster, Sudetenlandstraße 18 H (Böcklersiedlung): „Johannes Thienemann und die Vogelwarte Rossitten auf der Kurischen Nehrung“ – Vortrag von Dr. Christoph Hinkelmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg. – Ab 10 Uhr ist an diesem Tag Gelegenheit, die Sonderausstellung „Burgen des Deutschen Ordens – Gemälde von Reinhard Bergmann“ zu besuchen. Der Eintritt ist – wie immer – frei.

Wilhelm Norra, Bezirksvertreter Lyck Land und Ortsvertreter Sareiken, bittet zum Lycker Treffen am 3. November:

 

LYCK

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesensee, Diesberg 6a, 41372 Niederkrüchten, Telefon (02163) 898313. Stellvertr. Kreisvertreter: Dieter Czudnochowski, Lärchenweg 23, 37079 Göttingen, Telefon (0551) 61665. Karteiwart: Siegmar Czerwinski, Telefon (02225) 5180, Quittenstraße 2, 53340 Meckenheim.

Liebe Lycker Landsleute, hiermit möchte ich Sie – möchte ich Euch – einladen zum 8. Treffen der in Bremen und „umzu“ wohnenden ehemaligen Lycker Landsleute, deren Nachkommen beziehungsweise deren  Freunde. Wir treffen uns am Donnerstag, 3. November, von 13  bis zirka 18 Uhr im Hotel zur Post, Bahnhofsplatz 11, 28195 Bremen. Da ich dem Hotel vorher die genaue Teilnehmerzahl verbindlich mitteilen muss, bitte ich spätestens bis zum 15. Oktober um telefonische Mitteilung.

Das Treffen beginnt auch in diesem Jahr bereits um 13 Uhr, da mehrere Landsleute die Zeit für persönliche Gespräche bei den bisherigen Veranstaltungen als zu kurz empfanden. Der offizielle Teil mit der Begrüßung und einigen Vorträgen beginnt dann um 14 Uhr. Danach findet, wie auch bei den vorhergehenden Treffen, gegen 15.30 Uhr das Kaffeetrinken statt. Ein Stück Torte und Kaffee oder Tee kosten 6,90 Euro. Dafür brauchen wir dann auch keine Saalmiete zu zahlen. Weitere Getränke können geordert werden. Jeder Teilnehmer ist Selbstzahler.

Das Hotel zur Post liegt rechts, schräg gegenüber vom Hauptausgang des Bremer Hauptbahnhofes. Wer jemanden mit dem Auto zum Hotel bringen muss, fährt zum Aussteigen bis zum Eingang vor; gegebenenfalls kann man sich bei der Rezeption auch erkundigen, ob in der Hotelgarage neben dem Hotel gegen Entgelt ein Parkplatz frei ist. Weitere Parkplätze befinden sich in der Hochgarage am Hillmannplatz, auf der Bürgerweide und am ehemaligen Güterbahnhof;  die Straße hinter dem Überseemuseum führt dorthin.

Auch das diesjährige Treffen soll uns weiter untereinander bekannt machen und den Zusammenhalt der ehemaligen Lycker Landsleute (und gern auch deren Nachkommen) fördern. Es soll nicht als Ersatz zum Kreistreffen in Hagen gelten. Zahlreiches Erscheinen in Hagen ist dringend erforderlich, denn dort findet weiterhin das jährliche Haupttreffen statt, im nächsten Jahr am 26. und 27. August.

Vom Vorstand wird Heidi Mader (Kassenwartin unserer Kreisgemeinschaft und Sprecherin der „Mittleren Generation“) über die vielfältigen Aktivitäten der Mittleren Generation berichten; unter anderem über die nächste Gruppenreise 2017 nach Lyck. Michael Mader wird wieder einen Büchertisch aufbauen, wobei man vielleicht auch schon ein kleines Weihnachtsgeschenk erwerben kann.

Landsmann Elimar Labusch (dienstältester Führer des Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg) wird uns über den Stand der Umbauten des Museums unterrichten. Ich selbst werde von der von mir organisierten Gruppenfahrt nach Lyck vom 4. bis 14. August erzählen.

Unser diesjähriges Treffen soll wieder eine harmonische Zusammenkunft sein. Wichtig ist, dass Sie, liebe Landsleute, untereinander Gespräche führen können. Gern können Sie auch etwas Interessantes oder Heiteres für alle Anwesenden vortragen. Meine Frau und ich freuen uns auf Ihre/Eure Teilnahme. Anmeldungen unter Wilhelm Norra, Telefon (0421) 820651.

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Winfried Knocks, Varenhorst-straße 17, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2309, E-Mail: WinfriedKnocks@aol.com

Einen Monat vor seinem 50. Geburtstag ist Martin Loseries nach schwerer Herzerkrankung in der Nacht vom 26. auf den 27. September gestorben. Seit Okto-ber 2011 gehörte er dem Kreistag der Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit als Kirchspielvertreter für Hohensalzburg/Lengwethen und als Jugendbeauftragter für die LO an. Seine väterliche Seite stammte aus dem Kreis Tilsit-Ragnit. Am 26. Oktober 1966 wurde er am Niederrhein in Grefrath (Kreis Viersen) geboren. Nach dem Abitur ließ er sich zum evangelischen Pfarrer ausbilden. Seine letzte Pfarrstelle bekleidete er in Solingen.

Martin Loseries versah seine Aufgabe in der Kreisgemeinschaft mit großem Engagement. In loser Folge sandte er den Mitgliedern seines Kirchspiels Rundbriefe mit Neuigkeiten aus der alten Heimat, mit Reiseeindrücken, mit Texten von Menschen, die aus Ostpreußen stammen oder die Region besuchten. Er selbst konnte auf eigene Erfahrungen zurückgreifen, denn mehrmals verwandte er seinen Urlaub dazu, seelsorgerische Ferienvertretung in Heinrichswalde oder Gumbinnen durchzuführen. Er feierte Gottesdienst in deutscher und russischer Sprache. Letztere erlernte er in überraschend kurzer Zeit, unter anderem mit Hilfe von Rußlanddeutschen, die er betreute. Er war überhaupt ein Mann des Wortes, des gesprochenen wie auch des geschriebenen. Wer die Möglichkeit hat, möge einmal die Nummer 88 des Heimatbriefes der Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit „Land an der Memel“ zur Hand nehmen. Dort wird er auf den Seiten 99ff eindringlich, überzeugend und meisterhaft formulierte Gedanken lesen können, die Martin Lipsch, wie er damals noch hieß, im Anschluß an seinen zweiten Besuch der Heimat im Jahre 2010 zu Papier brachte.

Martin Loseries nahm Kontakt mit politischen Persönlichkeiten im Rayon Neman (in etwa unser ehemaliger Kreis Tilsit-Ragnit) auf zum Beispiel mit dem Landrat in Ragnit und der Bürgermeisterin von Hohensalzburg, mit der er vereinbarte, beim dortigen deutschen Gefallenen-Ehrenmal eine Tafel anbringen zu dürfen, auf welcher zweisprachig der ehemaligen (deutschen) Bewohner gedacht wird.

Der Verstorbene hatte noch viele Pläne, unter anderem wollte er mit Unterstützung finanzkräftiger Menschen Projekte fördern, die Kindern, Armen und Gebrechlichen im ehemaligen Kreisgebiet zugute kommen würden …

Uns als Angehörigen des Kreistages bleibt nur noch, uns für seine Tatkraft zu bedanken. Wir werden Martin Loseries als höchst engagierten Mitarbeiter in Erinnerung behalten.

Dieter Neukamm für den Kreistag der Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit

 

TILSIT–STADT

Stadtvertreter: Hans Dzieran, Stadtgemeinschaft Tilsit, Postfach 241, 09002 Chemnitz. Geschäftsführer: Manfred Urbschat, E-Mail: info@tilsit-stadt.de.

Das 18. Treffen der ehemaligen Johanna-Wolff-Schüler fand vom 4. bis 7. August 2016 in Erfurt-Linderbach im H+Hotel Erfurt statt. Nach einem Jahr war die Freude groß, als wir alle bei der Ankunft begrüßen konnten. Zum Kaffeetrinken um 15 Uhr kamen auch unsere Gäste Herr Satzer, der Bruder unserer leider verstorbenen Elfriede, seine Ehefrau und Frau Groschopff, die sich in großem Umfang um Elfriede gekümmert hat. Des weiteren Herr Powils und Frau Kriening. Außerdem freuten wir uns über unseren Neuzugang, Christel Goda. Sie ist die Schwester von Doris Kuhlemann. Herzlich willkommen!

Insgesamt waren wir 24 Personen. Es war ein wunderschöner Nachmittag, denn beim Plachandern hatten alle die Uhrzeit vergessen. Das war ein sehr guter Anfang. Vor dem gemeinsamen Abendessen gab es ein Glässchen Sekt und die Stimmung in der Gruppe war hervorragend. Am ersten Tag waren wir in der Indigoblau-Färberei. Gespannt sahen wir der Vorführung zu und lauschten der Erklärung, wie diese Arbeit im 17. Jahrhundert begonnen hat. Ein Besuch ist empfehlenswert.

Nach dem Mittagessen um  14 Uhr machten wir eine Fahrt mit der historischen Tatrabahn durch Erfurt. Eine Stadtführerin erzählte von der Geschichte Erfurts. Im Anschluss besuchten wir die Krämerbrücke. Sie ist sehenswert, weil es viele verschiedene kleine Geschäfte gibt, die historische Artikel verkaufen. Die Zeit danach stand zur freien Verfügung. Nach dem Abendessen überraschte uns Wolfhard Froese mit einem wunderschönen Film von unserem Treffen 2015 in Achim bei Bremen.

Am zweiten Tag waren wir in der Glasbläserei Reiter. Wir schauten, geschützt hinter einer Glasscheibe, dem Glasbläser zu. Er stellte am offenen Brenner eine kleine Vase mit drei Füßen her. Die exzellente Vorführung dauerte über eine Stunde. Wir mussten nicht stehen, da ausreichend Sitzplätze vorhanden waren. Im Anschluss gingen wir in das Restaurant „Augustiner“ hinter der Krämerbrücke zum Mittagessen. Gestärkt machten wir uns nun auf den Weg zum „Egapark“. Er repräsentiert die lange Gartenbau-Tradition der Blumenstadt Erfurt. Mit dem Egaexpress fuhren wir über das riesengroße Gelände. Ein Mitarbeiter brachte uns die Geschichte des wunderschönen Parks näher.

Nun war es Zeit Kaffee zu trinken und ein Eis zu essen. Gegen 17 Uhr fuhren wir in das Hotel zurück und nach dem Abendessen zeigte uns Wolfhard Froese einen Film über Ostpreußen. Das war unser letzter gemeinsamer Abend. Am Sonntag fuhren alle wieder nach Hause und in zwölf Monaten werden wir uns hoffentlich alle wiedersehen. Zu guter Letzt möchte ich mich bei allen bedanken, die zum Gelingen unseres Treffens beigetragen haben. Im Besonderen bei Katja Kriening, die mir bei der Ausarbeitung und bei den Hotelverhandlungen geholfen hat. Sie war jeden Tag bei uns, half die richtigen Verkehrsmittel zu finden und sorgte auch dafür, dass wir immer den richtigen Weg fanden. Vielen Dank Frau Kriening. Erfurt ist eine Reise wert.

Irmgard Steffen geborene Hoedtke, Schulsprecherin


S. 17-20 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Marius Jungk, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Donnerstag, 24., bis Sonntag, 27. November: Adventstreffen im ostpreußischen Osterode. Informationen: www.junge-ostpreus-sen.de/47-0-Aktivitaeten.html

Donnerstag, 29. Dezember, bis Dienstag, 3. Januar: Silvesterfahrt nach Ostpreußen: Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Landesgruppe – Mittwoch, 19. Oktober, 18 Uhr, Großer Saal, Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart: Beamervortrag zum Thema „Nur Störche kennen keine Grenzen – das alte Königsberger Gebiet und das postsowjetische Kaliningrad“. Die Referentin Luise Wolfram aus Hannover wurde in Königsberg geboren. Sie ist Gymnasiallehrerin und Reiseleiterin. Sie begleitete ihren Mann, der über die EKD ab 1999 als Probst zum Aufbau der evangelischen Gemeinden von Rußlanddeutschen in Königsberg berufen wurde.

Das Ehepaar Wolfram hat Ende Mai die zwölfte große Gruppenreise ins nördliche Ostpreußen beendet  und viele neue Informationen mitgebracht. Besucher erwartet ein interessanter Vortrag, zu dem auch alle Freunde und Bekannten herzlich eingeladen sind. Der Eintritt ist frei. Aus dem Inhalt: Die Störche fliegen ungehindert über die Grenzen: Für sie gelten weder Pass- noch Ladungskontrollen, keine Zeit- und Freiheitseinschränkungen. Nur am Boden, in der Existenz der Menschen und in ihrem Zusammenleben stößt man unentwegt auf Grenzen aller Art.

Das alte Ostpreußen in den Grenzen von 1937 ist heute dreigeteilt: Das Memelland gehört jetzt zu Litauen, der südliche Teil zu Polen, beide heute EU. Das Mittelstück mit der Hauptstadt Königsberg jedoch, in der Größe Schleswig-Holsteins, ist als russische Insel in der EU zur  „Chefsache“  Moskaus geworden. Eine bunt gewürfelte Bevölkerung von rund einer Million Menschen teilt ihre Sympathien zwischen RUS und der EU. Der Tourismus als Devisenbringer soll wachsen, und doch sind die Türen wegen Visumspflicht und wegen der derzeitigen Sanktionen nicht offen genug. Die „westlichste Stadt Rußlands“ boomt  (zumindest!) in ihrem Erscheinungsbild, aber das Land darbt. Gegenwind aus dem Kreml bremst immer wieder interessante Initiativen, das alte Königsberg aus dem Untergrund ans Licht zu bringen. Trotzdem gilt die Aussage eines westlichen Journalisten: „Kein Weg dieser Welt führt zurück von Kaliningrad nach Königsberg; das ist gewiss. Aber genauso klar ist: Alle Wege Kaliningrads in die Zukunft führen über Königsberg.“

– Zum Vormerken -–

Mittwoch, 26. Oktober, 19 Uhr Parkhotel Pforzheim, 140. Preußische Tafelrunde mit dem Schauspieler, Regisseur, Autor und Literatur-Performer Gerhard Friese und seiner abwechslungsreichen und interessanten Lesung über Günter Grass.

Ludwigsburg – Dienstag,

18. Oktober, 15 Uhr, Kronenstuben, Kronenstraße 2: Stammtisch.

Ulm/Neu Ulm – Sonntag,

9. Oktober, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Erntefest. Der Chor wird mit Herbst- und Ernteliedern auftreten. Es gibt einen Erntetisch, heimatliche Gedichte und Vorträge. –Sonnabend, 15. Oktober, 14.30 Uhr, Ulmer Stuben: Monatliches Treffen.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Ansbach – Sonnabend, 15. Ok-tober, 15 Uhr, Orangerie: Bericht von Ute Bach über den Westpreußen-Kongress im Frühjahr

Hof – Nach der langen Sommerpause traf sich die Kreisgruppe wieder zu ihrer heimatlichen Zusammenkunft in der Altdeutschen Bierstube. Gutgelaunt freute sich der Erste Vorsitzender Christian Joachim über die stattliche Anzahl von Mitgliedern und Gästen, die er willkommen hieß. Seine besten Wünsche galten den vielen gewesenen Geburtstagskindern. Mit einer heiteren Masurischen Geschichte aus „So zärtlich war Suleyken“ von Siegfried Lenz brachte er die Anwesenden zum Schmunzeln.

Als Prominenten des Nachmittags hatte Kulturreferent Bernd Hüttner den deutschen Physiker Daniel Gabriel Fahrenheit ausgewählt. Er wurde am 24. Mai 1686 in Danzig geboren und starb am 16. September 1736 in Den Haag. Er war Erfinder von Messinstrumenten. Nach ihm wurde die Temperatureinheit „Grad Fahrenheit“ benannt. Ein hochinteressanter Vortrag würdigte das Leben dieses Erfinders.

Mit gemeinsam gesungenen bekannten Volksliedern, einem heiteren Ratespiel mit ostpreußischen Dialektwörtern ging dieser harmonische Nachmittag rasch vorüber. Christian Joachim dankte für die Beiträge und bat um rege Teilnahme an den nächsten Terminen:

– bis 6. November: „Ostpreußen verzaubert“ – Sonderausstellung im Museum Bayerisches Vogtland in Hof.

–  Sonnabend, 8. Oktober,

15 Uhr, Altdeutsche Bierstube: Erntedankfeier.

Kitzingen – Freitag, 14. Okto-ber, 15 Uhr, Hotel Würzburger Hof: Erntedankfeier mit Vorträgen von Mitgliedern zum Thema „Erntedank“.

Landshut – Dienstag, 18. Okto-ber, 14 Uhr, Gasthof „Zur Insel“, Badstraße 16: Gemeinsame Zusammenkunft mit einem Vortrag über Immanuel Kant. 

München – Freitag, 14. Oktober, 14 Uhr, Haus des Deutschen Ostens: Zusammenkunft der Frauengruppe. – Sonnabend,

22. Oktober, 14.30 Uhr, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, 81669 München; Gemeinsame Kaffeetafel. Anschließend Erntedank mit kleinen Geschichten und Singen.

Weiden – Der Erste Vorsitzende Norbert Uschald konnte nach der Sommerpause wieder zahlreiche Mitglieder und Gäste zum Heimatnachmittag im Cafe Mitte begrüßen. Nach den Heimatliedern „Land der dunklen Wälder“ und „Westpreußen mein lieb Heimatland“ gratulierte die Schatzmeisterin Ingrid Uschald den Geburtstagskindern des Monats September.

Anschließend stellte der Vorsitzende die neue Ausgabe des Preußenkuriers des Landesverbandes Bayern vor. Darin wird von vielfältigen Aktivitäten berichtet, zum Beispiel von Besuchen ostpreußischer Jugendlicher in Bayern, einem großen Kulturfest der deutschen Minderheit in Allenstein oder der feierlichen Enthüllung eines Denkmals von Herzog Albrecht, dem Gründer des weltlichen Staates Preußen, in der Stadt Ansbach.

Uschald berichtete danach vom Brauch des Almabtriebs in den bayerischen Alpenregionen, der heutzutage nicht selten zu einer großen Touristenattraktion mutiert ist. Die Anwesenden hörten weitere Wortbeiträge von Ingrid Uschald, die eine heitere Geschichte von einer Diakonissin vortrug und von Ilse Stark, die ein Gedicht zum Schulanfang zum besten gab. Anita und Norbert Uschald trugen mit einigen Volksliedern, die von den Landsleuten mitgesungen wurden, zur Unterhaltung bei.

Der Vorsitzende lud noch zum Tag der Heimat am 17. September um 19.30 Uhr in die Max-Reger-Halle ein. Die Kreisgruppe der Landsmannschaft beteiligt sich auch in diesem Jahr mit einem Wortbeitrag und Norbert Uschald wird wieder die Moderation übernehmen. Mit einem gemeinsam gesungenen Lied  verabschiedeten sich die Mitglieder und Gäste bis zum 9. Oktober um 14.30 zum Erntedankfest im Cafe Mitte.

                 Norbert Uschald 

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Bartenstein – Anfragen zu gemeinsamen Treffen bei Elfi Fortange, Telefon (030) 4944404.

 

BREMEN

Vorsitzender: Helmut Gutzeit, Telefon (0421) 25 09 29, Fax (0421) 25 01 88, Hodenberger Straße 39 b, 28355 Bremen. Stellvertrende Vorsitzende: Marita Jachens-Paul, Ratiborer Straße 48, 27578 Bremerhaven, Telefon (0471) 86176. Landesgeschäftsführer: Jörg Schulz, Am Anjes Moor 4, 27628 Uthlede, Telefon (04296) 74 77 01.

Bremerhaven – Donnerstag, 13. Oktober, 13 Uhr, Ernst-Barlach-Haus:  90. Stiftungsfest. Wegen der Vorbereitungen ist eine Anmeldung unbedingt erforderlich!

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Landesgruppe – Nach vielen Tagen der Heimat mit großem musikalischen und chorischem Aufwand unseres Verbandes, bildete in der derzeitigen Hektik und politischen Unruhe eine mit viel Liebe zusammengestellte Veranstaltung im Bachsaal der Hauptkirche St. Michaelis, am 18. September eine Oase der Besinnung und erinnerungsvollen Rückschau.

Mit traditionellem Fahnengruß, die Fahnen der Ost- und Mitteldeutschen Provinzen, die der Siedlungsdeutschen und der Länder unserer Bundesrepublik grüßend, eröffnete der Stellvertretende Vorsitzende Hartmut Klingbeutel von der Landsmannschaft Ostpreußen den diesjährigen Tag der Heimat. Der Moderator Peter Voß, Pastor im Ruhestand, gedachte anschließend mit besinnlichen Worten unserer Toten und der deutschen Zwangsarbeiter.

Als dienstältester Vorsitzender Deutschlands begrüßte Willibald C. Piesch die Ehrengäste und die Anwesenden. Er dankte der Stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Karin Prien, und der Stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Ksenija Bekeris, für den Besuch. Sehr herzlich willkommen hieß er Petra Lotzkat als Vertreterin der Sozialbehörde. Sie ist den Vertriebenen durch ihre pommersche Herkunft sehr verbunden. Weiter begrüßte er die den Bachsaal füllenden Landsleute und hieß sie herzlich willkommen.

Das diese Veranstaltung musikalisch begleitende „Konertztrio“ mit Eberhard Koch, Violine und Gesang, Gudrun Reichel Violoncello, sowie Hans Braun am Piano, eröffnete mit dem „Gefangenenchor aus Nabucco“ von Verdi die Veranstaltung mit weiteren Konzertstücken und Melodien aus Volksliedern unserer Heimat West- und Ostpreußen, Schlesien, Pommern, Berlin Mark-Brandenburg, Siebenbürgen und dem Sudetenland.

In der Festansprache wies Karin Prien auf die heutige heikle Lage Europas hin und erinnerte, aber auch an die Leiden der Heimatvertriebenen nach 1945. Landeskulturreferent Voß las „Gedichte der unvergessenen Ostpreußin Agnes Miegel über die Vertreibung und leitete zum Schlußwort durch Otto Horst, Vorsitzender der Deutschen aus Rußland in Hamburg, über. Horst erinnerte im Schlußwort an die Treue der Landsleute zu Deutschland, und an die Leiden der Deutschen nach 1945 und dankte für das Entgegenkommen der Bundesrepublik.  Er lud abschließend zum Kaffeetrinken ins Haus der Heimat ein. Das Konertztrio stimmte zum Ausklang die Nationalhymne an, und die Anwesenden dankten mit großem Beifall allen Verantwortlichen für den wunderschönen Tag. Willibald C. Piesch

KREISGRUPPEN

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Osterode – Sonnabend, 15. Oktober, 14 Uhr, Magnolienzimmer, Restaurant Ribling, Fuhlsbüttler Straße 755, 22337 Hamburg-Ohlsdorf; Herbstfest und gemütlicher Nachmittag mit Liedern und Erzählungen vom Herbstanfang. Wir beginnen mit einer gemeinsamen Kaffeetafel. Das Lokal liegt direkt am U/S-Bahnhof Ohsldorf, Ausgang Fuhlsbüttler Straße.

SALZBURGER VEREIN

Landesgruppe Hamburg/Schleswig-Holstein/Nordniedersachsen – Sonnabend, 8. Oktober, 13 Uhr, Hotel „St. Raphael“, Adenauerallee 41, 20097 Hamburg: Gemeinsames Treffen. Auf dem Programm stehen: „Zur Zukunft der landsmannschaftlichen Arbeit“ – Vortrag Dr. Sebastian Husen, Bundesgeschäftsführer der Landsmannschaft Ostpreußen, und ein Bericht über das Jahrestreffen des Salzburger Vereins im Juni sowie eine Vorschau auf das Jahrestreffen 2017 in Thüringen.

 

HESSEN

Vorsitzender: Ulrich Bonk, Stellvertretender Vorsitzender: Gerhard Schröder, Engelmühlenweg 3, 64367 Mühltal, Telefon (06151) 148788

Darmstadt/Dieburg –  Sonnabend, 15. Oktober, 15 Uhr, Luise-Büchner-Haus, Grundweg 10. Darmstadt-Kranichstein: Erntedankfest im festlich geschmückten Rahmen unter Mitwirkung der Musik und Gesangsgruppe Biebesheim-Dornheim. Wir freuen uns auf einen gelungenen Nachmittag und ein fröhliches Beisammensein bei Kaffee und Kuchen, der von Ursula Marquardt anlässlich ihres 90. Geburtstages spendiert wird. Alle, die gerne Mitsingen werden an diesem Nachmittag nicht enttäuscht. Gäste werden von uns immer herzlich willkommen geheißen.

– Bericht –

Zum Thema „Das Glück hat Flügel“, einem Vortrag von Karla Weyland, trafen wir uns bei unserer monatlichen Zusammenkunft am 17.. September, wie gewohnt, im Luise-Büchner-Haus in Darmstadt/Kranichstein.

Sogar aus Schweden konnten wir Gäste willkommen heißen. Für reichhaltigen Blumenschmuck hatte Waltraud Barth gesorgt, und Gisela Keller organisierte die von Karl Lask spendierte Geburtstags-Kaffeetafel. Die begrüßenden Worte sprachen unser Vorsitzender Gerhard Schröder und Christian Keller. Mit einer Gedenkminute gedachten wir unserer verstorbenen Mitglieder Dieter Leitner und Gertrud Witt. Leitner gehörte dem Vorstand der LOW an und war unter anderem langjährig für die Pressearbeit zuständig. In einem Extraartikel werden wir seine Tätigkeit für unsere Landsmannschaft würdigen.

Christian Keller erinnerte an den „Tag der Heimat“, am 3. September auf dem Waldfriedhof in Darmstadt. Der Opfer von Flucht und Vertreibung wurde mit einer Kranzniederlegung gedacht. Erinnernde Worte an diese Zeit, und Berichte über die derzeitige Flüchtlingssituation war das Thema aller Redner. Auch hier konnte man feststellen, dass die Zahl der Betroffenen immer kleiner wird. Dieter Leitner, der kurz nach dieser Veranstaltung von uns gegangen ist, nahm noch an dieser Gedenkstunde teil. Wir sind froh, dass wir dies mit einem Foto als Erinnerung festhalten konnten. 

Im Anschluss berichtete Gerhard Schröder noch über ein paar ganz besondere Funde, die man in unserer Heimat gemacht hat. Zum Beispiel fand man auf einen umgepflügten Acker römische Münzen aus dem zweiten Jahrhundert. Außerdem wurde ein Bernstein-Klumpen mit über zwei Kilogramm Gewicht ausgegraben.

Das Interesse an den Schicksalen von Flucht und Vertreibung ist  auch heute noch von nicht Betroffenen groß. Ein Präsent an Gerhard Schröder bezeugt dies. Den beigefügten Brief verlas Hannelore Neumann. Das geistliche Wort von Herrn Turowski wurde mit Andacht verfolgt. Anni Oest begleitete mit einem Gedicht die Geburtstags-Glückwünsche der letzten Wochen. Nach einer kurzen Pause konnten wir dann mit sehr viel Aufmerksamkeit dem Diavortrag „Das Glück hat Flügel“, vorgetragen von Karla Weyland, folgen. Wir erfuhren sehr viel über die Artenvielfalt der Kraniche, auch über Mythen in den verschiedenen Kulturkreisen, sowie Gedichte namhafter Dichter. Ein gelungener Vortrag mit sehr viel Wissenswertem hat unser Treffen bereichert.

Dillenburg – Bei der letzten Monatsversammlung zeigte uns Joachim Naujoks eine DVD über Ostpreußen und die Kurische Nehrung. Er hatte sie vom Norddeutschen Rundfunk besorgt, der diesen Film im Jahre 2002 gedreht und vor kurzem im Fernsehen (NDR) gezeigt hatte. Ostpreußen, das Land der Wälder und Seen, ist noch genauso schön und interessant wie zu deutscher Zeit. Die weiten Felder, auf denen im Sommer das Korn wogte, sind allerdings weitgehend zur Wildnis geworden, beziehungsweise zu Seenlandschaften. Die Entwässerungsgräben sind nicht mehr gepflegt worden, so dass sich das Wasser auf den Feldern staut. Auf diesen Seen wachsen Teich- und Seerosen, und sie sind ein Paradies für Frösche, Wasservögel und Störche. Gezeigt wurden Blässhühner und Haubentaucher, die ihre Nester auf schwimmenden Inseln bauen. So sind Eier und Küken mitten im Wasser vor Feinden geschützt.

Der größte Teil des Films befasste sich mit der Kurischen Nehrung, der zwischen Elbing und Memel liegenden Halbinsel, die Ostsee und Haff trennt und die je zur Hälfte der Russischen Förderation und der Republik Litauen gehört. Die Nehrung, etwa 100 Kilometer lang, besteht vor allem aus Sand. Die Dünen „wanderten“ früher vom Wind getrieben und begruben im Laufe der Zeit

14 Nehrungsdörfer unter sich.

Seit dem Ende des 19.Jahrhunderts wandern die Dünen nicht mehr, weil sie systematisch bepflanzt werden. Der Nehrungswald ist ein „Märchenwald“ mit zahlreichen zum Teil krumm gewachsenen Bäumen. Im Frühjahr wachsen im Buchenwald Buschwindröschen und auf den freien Flächen wogt das Wollgras Im Wald leben viele Elche, die man aber fast nie zu sehen bekommt. Sie sind sehr scheu. Manchmal schwimmt einer über das Haff.

Das Haff war früher sehr fischreich. Die Fischer, früher in den flachen Kurenkähnen, heute mit Motorkuttern, die auch schon 20 Jahre alt sind, fahren Tag für Tag, beziehungsweise Nacht für Nacht, zum Fischen raus. Aber der Fang wird immer geringer, bedingt vor allem durch das Einleiten von Abwässern.

Am Rande des Haffs gibt es allerdings auch eine große Kormoran-Kolonie, die von den Fischern gehasst wird, weil sie ihnen die Vögel die Fische wegfressen. Die Menschen sind ebenfalls nicht zimperlich: Aus dem Nest gefallene Jungtiere werden von Wilderern eingesammelt. Sie werden an Ort und Stelle getötet und ausgenommen; das Fleisch wandert in den eigenen Kochtopf oder wird als Delikatesse auf dem Markt verkauft. Übrigens: Kormoranfleisch soll sehr gut schmecken. 

Als nach dem Krieg alle Deutschen von der Nehrung vertrieben wurden, schickten die Russen Siedler aus anderen russischen Gegenden dorthin, die in die leer stehenden Dörfer einzogen und sich dort einrichten mussten, so gut es ging. Gezeigt wurde ein Ehepaar aus Kirgisien, er eigentlich Lastwagenfahrer, sie Bibliothekarin, die auf einem Bauernhof leben und mit dem auskommen müssen, was sie dort erarbeiten. Das ist nicht immer leicht. Ein älteres Ehepaar in Rossitten lebt davon, dass sie gefangene Aale räuchern und verkaufen, oft an Touristen.

Der Film zeigte auch Teile von Königsberg, zum beispiel den Dom, der in den 1990-er Jahren wiederaufgebaut und neu gedeckt wurde; ausserdem die Börse und einige andere noch aus deutscher Zeit stammende Gebäude, wie alte Silos im Hafen.

                Ingrid Nowakiewitsch

Wetzlar – Montag, 10. Oktober, 19 Uhr, Restaurant Grillstuben, Stoppelberger Hohl 128: Erntedankfeier mit einer Andacht von Pfarrer Christian Silbernagel. Die Kulturbeauftragte Karla Weyland hält einen Vortrag mit dem Titel „... da holt dich die Kornmuhme“ über Bräuche und Geisterglaube in Ostpreußen. Der Eintritt ist frei. Kontakt: Kuno Kutz, Telefon (06441) 770559.

– Bericht –

Was haben der Fußballtrainer Udo Lattek, die Schauspielerin Ingrid van Bergen und der Schriftsteller Siegfried Lenz gemeinsam? Alle drei stammen aus Masuren, einem Gebiet im ehemaligen Ostpreußen. Auch der Vorsitzende der Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen im Kreis Wetzlar, Kuno Kutz (Hüttenberg), hat seine Wurzeln in der Region. Bei einem Vortragsabend berichtete Kutz, dass er in diesem Jahr mit seiner Familie Masuren besucht habe. Dabei wurde er auch vom Bürgermeister seines Heimatortes Kruglan-ken im Kreis Angerburg, Artur Kłoczko, empfangen und erhielt von ihm eine Urkunde überreicht. Von dem eindrucksvollen Besuch will Kutz im kommenden Jahr einen Lichtbildervortrag gestalten. Unter den Besuchern konnte er etliche neue Gäste begrüßen, die angesichts der Ankündigung eines Vortrages über Masuren gekommen waren.

Roland Virnich trug den letzten von seinem im Frühjahr verstorbenen Vater Rudolf Virnich für die Landsmannschaft vorbereiteten Bericht mit zahlreichen Bildern vor. Dabei verwies er darauf, dass Masuren kein Land, sondern eine Landschaft ist. Masuren sei kein Volk, sondern Menschen, die aus unterschiedlichen Gegenden stammten. Geschichtlich werden, so Virnich, die Kreise Johannesburg, Lötzen, Lyk, Nienburg, Ortelsburg, Sensburg, Treuburg und die südlichen Teile der Kreise Angerburg und Goldap sowie der südliche Teil des Kreises Osterrode mit Hohenstein und Gilgenburg zu Masuren gerechnet. Weithin bekannt sei die Masurische Seenplatte mit etwa 3000 Seen. Sieben Prozent der Fläche sollen Wasser sein.

Virnich wies auf ehrgeizige Kanalbau- und Schleusenprojekte hin, die aber durch den Zweiten Weltkrieg nie zu Ende geführt wurden. Er lobte Masuren als „Natur pur“. Dass der Krieg zu politischen Veränderungen führte, durfte in dem Vortrag nicht fehlen. Teile Masurens gehören heute zu Polen, zu Weißrussland und zur Ukraine. Sein Blick ging noch weiter zurück ins 14. Jahrhundert. 1314 baute der Deutsche Orden die Gilgenburg. Es folgten weitere Burgenbauten. Rudolf Virnich war 1941 aus dem Rheinland nach Spechtsboden in Masuren evakuiert worden, einem Dorf, das bis 1938 Schuiken hieß. „Die Masuren waren und sind Deutsche, ganz gleich ob ihre Muttersprache Deutsch oder Masurisch ist“, so der Referent. 1920 hatte Polen mit einer Volksabstimmung die Zugehörigkeit Masurens verändern wollen. Doch die Bewohner stimmten mit 97,9 Prozent für einen Verbleib in Deutschland.

Ein ursprünglich aus der polnischen Region Masovien stammendes Musikinstrument, das aber auch in Masuren bei den Hirten der Rinderherden beliebt war, ist die Ligawka, ein Blasinstrument. Sie war mit ihren tiefen Tönen selbst in den Wäldern weit zu hören und diente dazu, das Vieh zu rufen. Virnich erinnerte auch daran, dass Masuren früher eine Hochburg des evangelischen Glaubens war. Nach der Vertreibung der ehemaligen Bewohner gehören heute nur noch 0,2 Prozent der Gesamtbevölkerung Polens zur Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses.

Kutz informierte darüber, dass der Bund der Vertriebenen am Sonntag, 2. Oktober, um 14 Uhr in den Bürgersaal in Büblingshausen (Unter dem Ahorn 22) zum Tag der Heimat einlädt. Festredner ist der ehemalige ZDF-Wetterexperte Dr. Wolfgang Thüne.

Wiesbaden – Dienstag, 11. Ok-tober, 15 Uhr, Wappensaal, Haus der Heimat,  Friedrichstraße 35: Erntedank-Nachmittag. – Donnerstag, 13. Oktober, 12 Uhr, Gaststätte Haus Waldlust, Ostpreußenstraße 46, Wiesbaden-Rambach: Stammtisch. Serviert wird Grützwurst. Es kann auch nach der Speisekarte bestellt werden. Wegen der Platz- und Essendisposition bitte unbedingt anmelden bis spätestens 7. Oktober bei Irmgard Steffen, Telefon, (0611) 844938 (auch Portionen zum Mitnehmen). Anreise: ESWE-Busverbindung Linie 16, Haltestelle Ostpreußenstraße

 

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Vorsitzender: Manfred F. Schukat, Hirtenstraße 7a, 17389 Anklam, Telefon (03971) 245688.

Landesgruppe – Sonnabend, 8. Oktober, 10 bis 17 Uhr, Jahn-Sport-Forum, Schwedenstraße (Kulturpark), Neubrandenburg: 21. Landestreffen, Mit dabei sind der Landesposaunenchor Vorpommern, der Shanty-Chor „De Klaashahns“ aus Warnemünde sowie Tanzgruppen und Chören aus Masuren, Gumbinnen, Heydekrug und Memel sowie der Heimatsänger BernStein. Schirmherrin ist die Justizministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Uta-Maria Kuder. Als weitere Ehrengäste haben sich unter anderem der Botschafter der Republik Litauen in Deutschland, Deividas Matulionis, und der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Stephan Grigat, angekündigt. Informationen bei: Manfred Schukat, Telefon (03971) 245688.

Parchim – An jedem dritten Donnerstag, 14.30 Uhr, Café Würfel, Scharnhorststraße 2: Gemütlicher Nachmittag, um über Erinnerungen zu sprechen, zu singen und zu lachen. Weitere Informationen: Charlotte Meyer, Kleine Kemenadenstraße 4, 19370 Parchim, Telefon (03871) 213545.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Telefon (05901) 2968.

Osnabrück – Dienstag, 18. Okto-ber, 16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 152: Kegeln. – Freitag, 21. Oktober, 15 Uhr, Gaststätte Bürgerbräu, Blumenhaller Weg 43: Treffen der Frauengruppe.

Rinteln – Donnerstag, 13. Okto-ber, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Beim Monatstreffen der Gruppe wird Ekkehard Schlicht aus Bad Salzuflen einen Vortrag über „Die ermländischen Städte und ihre Wappen“ halten. Interessierte Gäste aus Nah und Fern sind zusammen mit ihren Angehörigen, Freunden und Bekannten ebenfalls herzlich willkommen.  Auskünfte und Informationen zur landsmannschaftlichen Arbeit der Gruppe gibt es beim Vorsitzenden, Joachim Rebuschat, unter Telefon (05751) 5386 oder per E-Mail: rebuschat@web.de.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bielefeld – Donnerstag, 13. Ok-tober, 15 Uhr, Wilhelmstaße 1b: Erntedankfest mit buntem Programm, Kaffeetafel und anschließender Verlosung der mitgebrachten Erntegaben.

Bonn – Dienstag, 25. Oktober, 14 Uhr, Nachbarschaftszentrum Brüser Berg: Treffen des Frauenkreises.

– Bericht –

Am Sonntag, dem 18. September 2016 fand der „Ostdeutsche Markttag“ auf dem Bonner Münsterplatz statt. Der neue Oberbürgermeister, Ashok-Alexander Shridharan, hatte die Schirmherrschaft übernommen. Seine beiden Vorgänger hatten dies jahrelang abgelehnt.

Zeitig am Sonntagmorgen wurde aufgebaut. Die Landsmannschaften Ostpreussen, Pommern, Schlesien, Sudeten, Siebengürger Sachsen, Baltendeutsche, Rußlanddeutsche, präsentierten sich mit Literatur, Spezialitäten und Informationen. Die Deutsche Kulturstiftung bot vieles an Büchern und Literatur.

Der BdV-Kreisvorsitzende Stephan Rauhut eröffnete den „Ostdeutschen Markttag“ mit dem Einzug der landsmannschaftlichen Fahnen, die jeweils von Elimar Schubbe mit Texten des Landes aufgerufen wurden. Ein kulturelles Programm schloss sich an. Trachtengruppen und Chöre boten Volkstänze und Volkslieder. Die Urfelder Musikfreunde boten ein starkes, buntes Programm mit böhmischer Volksmusik. Die Landsmannschaft Ostpreußen konnte etwas Besonderes anbieten. Wir hatten das leitende Ehepaar des Kinderdorfes „Salem“ aus Königsberg zu Gast, das über seine Arbeit berichtete.

Die Bonner Ostpreußen waren vor Jahren in Königsberg und haben das Kinderdorf „Salem“ besucht. Viele Interessierte haben Gespräche mit den Leitern des Hauses geführt. Der Bonner „Ostdeutsche Markttag“ ist der größte in der Bundesrepublik und wird von der Bonner Bevölkerung und vielen Gästen gut besucht. Eine Broschüre zum Tag der Heimat in Bonn wird jedes Jahr neu erstellt. Dort können Berichte der Gruppen über ihre Tätigkeiten nachgelesen werden.              Manfred Ruhnau,

Stellvertretender Vorsitzender 

Dortmund – Montag, 17. Okto-ber, 14.30 Uhr, Heimatstube, Landgrafenschule (Eingang Märkische Straße): Gemeinsames Treffen.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorffsaal, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland unter der Leitung von Radostina Hristova. 

Gütersloh – Donnerstag, 13. Ok-tober, 15 Uhr, Café Villa Dr. Murken, Neuenkirchener Straße 12: Treffen der Frauengruppe. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Kontakt: Renate Thamm, Telefon (05241) 40422 – Der Ostpreußische Singkreis trifft sich in unregelmäßigen Abständen montags von 15 bis 17 Uhr in der Elly-Heuss-Knapp-Realschule, Moltkestraße 13. Neue „Drosseln“ sind immer willkommen. Kontakt: Renate Thamm, Telefon (05241) 40422.

Neuss – Donnerstag, 20. Okto-ber, 15 bis 18 Uhr, Ostdeutsche Heimatstube, Oberstraße 17: „Tag der offenen Tür“ mit Kaffee und Kuchen.

– Bericht –

Peter Pott, der Kreisvorsitzende des Bund der Vertriebenen, lud in Neuss am Sonnabend, 10. September, zum Tag der Heimat ein. Er legte gemeinsam mit dem Bürgermeister der Stadt, Reiner Breuer, am Ostdeutschen Gedenkstein einen Kranz für die  Opfer von Flucht und Vertreibung nieder. Horst Stephan, Vorsitzender der Landsmannschaft Schlesien, Kreisgruppe Neuss, hielt eine kleine Ansprache und .erklärte den Begriff von Heimat mit Lebensort und Besitz aber auch mit der unverwechselbaren Identität und menschlich-gesellschaftlicher Übereinstimmung. Heimat kann man verlieren, aber auch wieder gewinnen. Darum forderte er auf, den Heimatgedanken zu achten und Heimat als Bekenntnis zu begreifen.

Fahnenabordnungen aller ostdeutschen Landsmannschaften, der Kreisgemeinschaft Rößel und der Gruppe „Deutsche aus Russland” zierten die Zeremonie, die Michael Steinfort mit seiner Trompete stimmungsvoll umrahmte. Die anschließende Gedenkfeier im  Marienhaus, die viele Vertreter des Neusser Stadt-rates und der Neusser Verwaltung besuchten, eröffnete das Bläser-Quintett der Musikschule der Stadt Neuss und begleitete von da an die Veranstaltung mit klassischen Stücken und Heimatliedern zum Mitsingen.

Der Landrat, Hans-Jürgen Petrauschke, verglich die aktuelle Flüchtlingsfrage mit der Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg. Er stellte die sehr großen Unterschiede fest, kam aber zu dem Fazit: Es war ein Erfolgsmodell.

Die Gedenkrede hielt Bodo Löttgen, Generalsekretär der CDU in Nordrhein-Westfalen. Er begann mit dem Thema des Tages „Identität schützen, Menschenrechte achten”. Er erklärte, dass Identität Heimat braucht. Verlieren wir die Heimat, dann verlieren wir auch ein Stück unserer Identität. Er behauptete mit großer Überzeugung: Deutschland wird deutsch bleiben mit allem was uns lieb und teuer ist. Er forderte alle auf, dafür zu kämpfen und die zu unterstützen, die dies bereits tun. Er schloss mit der Aufforderung des aus Ostpreußen vertriebenen und 2011 verstorbenen Erzbischofs von Berlin, Georg Maximilian Kardinal Sterzinsky: „Wir müssen neue Wege suchen, um unsere Botschaft zu verkündigen.”

Reiner Breuer hatte in seinem Grußwort gefragt: „Als was empfinden sie sich,  wenn Sie an Ihre Heimat denken?”. Die Antwort gaben die Gäste, die außer den ostdeutschen Heimatliedern auch das Neusser Heimatlied vielstimmig mitsangen.

Witten – Montag, 17. Oktober, 15 Uhr, Versammlungsraum, Evangelisch-Lutherische Kreisgemeinde, Lutherstraße 6–10: Fragen und Wissen zu Ostpreußischen Kulturgütern.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz – Donnerstag, 13. Okto-ber, 15 Uhr, Mundus Residenz, Große Bleiche 44. 55116 Mainz: Heimatliche Gesprächsrunde (Schabbernachmittag).

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Limbach-Oberfrohna – Sonnabend, 8. Oktober, 14 Uhr, Eschenmuseum, Sachsenstraße 3: Typisch Ostpreußisches Erntedankfest wie immer mit Wurst aus Hausschlachtung.

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle,  Telefon privat (0345) 2080680.

Magdeburg– Freitag, 7. Oktober, 16 Uhr, TuS Zielitzer Straße: Singekreis. – Sonntag, 9. Oktober,

14 Uhr: Erntedank und Herbstbeginn. – Dienstag, 11. Oktober,

13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen.

Gardelegen – Freitag, 21. Oktober, 12 Uhr, Gaststätte Wieseneck, Breiteiche: Erntedankfest.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner, Julius-Wichmann-Weg 19, 23769 Burg auf Fehmarn, Telefon (04371) 8888939, E-Mail: birgit@kreil.info

Bad Schwartau – Sonntag, 9. Oktober, 12 Uhr, ZOB Bad Schwartau: Ausflug zur Dittchenbühne in Elmshorn. Besucht wird die Krimikommödie „Der Fluch des Bernsteinzimmers“. Anmeldung bitte bei Gisela Rowedder, Telefon (04504) 3435 oder Regina Gronau, Telefon (0451) 26706. – Donnerstag, 20. Oktober, 14.30 Uhr, AWO-Begegnungsstätte, Auguststraße 34a, 23611 Bad Schwartau: Monatstreffen mit Pastor Axel Simanowski. Weitere Informationen: Regina Gronau, Telefon (0451) 26706, E-Mail: reginagronau@aol.com.

Burg – Dienstag, 11. Oktober,15 Uhr, Haus im Stadtpark: Erntedankfest. Ein gemütliches Beisammensein bei Kaffee und Kuchen an herbstlich geschmückten Tischen unter dem Motto „Erntedank – der Dank an Gott für die Ernte“. Jeder kann durch Beiträge zum Gelingen des Nachmittages beitragen. Hierzu sind Mitglieder und Freunde der Gruppe herzlich eingeladen.

Malente – Bei der Septembertagung konnte der Vorsitzende, Klaus Schützler, bei vollem Haus den Landesvorsitzenden Edmund Ferner als Referenten und Hubertus Hilgendorff als Ehrengast begrüßen. Das Thema „Die Besiedelung Preußens“ muss wohl so attraktiv gewesen sein, dass sich neben den zahlreichen Landsleuten nicht wenige Gäste einfanden.

Die Sitten und Gebräuche der alten Prussen wurden ebenso thematisiert wie die politische Gliederung in Gaue. An der Spitze standen die Reiks, die Gaukönige. Es gab auch einen Adel (Königis). Diese vornehmen Herren tranken Stutenmilch. Die Masse der Prussen Met – unseren beliebten Bärenfang. Redner Edmund Ferner hat dazu auch einen witzigen Spruch parat: „Meschkinnes nennt man diesen Trank, zu deutsch, da heißt er Bärenfang. Von diesem ein, zwei Gläschen kleine sind gut für Kopf und Herz und Beine. Doch trinkst du viel von dem Meschkinnes, dann wirst du gänzlich anderen Sinnes.“

Nach der gescheiterten Missionierung Preußens durch einige Missionare und vor allem durch drei polnische Kreuzzüge im 12. und 13. Jahrhundert wurde der deutsche Orden durch den polnischen Herzog Konrad von Masowien gegen die Prussen zur Hilfe gerufen. Zwei wichtige Dokumente (Bullen) waren die Grundlage für die Eroberung und Missionierung des Prussenlandes durch den Deutschen Ritterorden: Die goldene Bulle von Rimini (1226) und die Bulle von Rieti (1234). Das kirchliche Gegenstück von Rimini ist also die Bulle von Rieti, in der der Papst das Kulmerland und alle künftigen Gebiete in das Eigentum des heiligen Petrus übernahm und sie dem Orden mit allen Rechten zu ewigem Besitz übertrug. Der Slogan für die Werbung zum Siedeln in Ostpreußen durch die Lokatoren lautete: Freie Bauern auf freier Scholle. So sind bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 1400 Dörfer und 97 Städte im Preußenland gegründet worden. Danach erlahmte die West-Ost-Siedlungsbewegung, vor allem weil um die Mitte des Jahrhunderts eine Beulenpest in Mittel- und Süddeutschland die Einwohnerschaft ganzer Dörfer dahinraffte, auch in Ostpreußen (siehe Agnes Miegels Ballade „Die Frauen von Nidden“).

1525: Der letzte Hochmeister des Ordens, Albrecht von Brandenburg-Ansbach, nahm den lutherischen Glauben an und wandelte den Ordensstaat in ein weltliches „Herzogtum Preußen“ um. Hiernach gab es für Ostpreußen noch zwei bedeutungsvolle Einwanderungen. 1686: Nach dem Edikt von Nantes kamen Tausende Hugenotten auch nach Preußen und 1731/32 etwa 16000 Salzburger mit dem Zentrum Gumbinnen, wo es heute erfreulicherweise wieder eine Salzburger Kirche gibt. Dem Referenten galt der Dank für einen sehr interessanten und informativen Nachmittag.

Neumünster – Mittwoch, 12. Ok-tober, 15 Uhr, Stadthalle am Kleinflecken: Erntedankfest.

Pinneberg – Sonntag, 16. Okto-ber, 12 Uhr: Preußische Tafelrunde mit gemeinsamem Essen und einem Vortrag von Edmund Ferner zum Thema „E.T.A. Hoffmann, das Universalgenie aus Königsberg“. Anmeldung: (04010) 62667.

Uetersen –  Freitag, 14. Oktober, 15 Uhr, Haus Ueterst End, Kirchenstraße 7: Preußische Tafelrunde.


»Männer von Ehre«
 Ein Festvortrag über den Deutschen Orden

Ohne den Deutschen Orden gäbe es Ostpreußen nicht!“ – Dieses Fazit zog Wolfgang Freyberg, Direktor des Kulturzentrums Ostpreußen in Ellingen, in seinem Festvortrag zum 60-jährigen Bestehen des Lötzener Heimatbriefes in Neumünster. PAZ-Autor Manfred E. Fritsche saß in der ersten Reihe und gibt den Inhalt für unsere Leser wieder.

„Es waren Kaufleute aus Bremen und Lübeck, die bei der Belagerung von Akkon während des Dritten Kreuzzuges im Heiligen Land aus den Segeln ihrer Schiffe Sanitätszelte bauten und zum Zwecke der Pflege ihrer kranken und verwundeten Landsleute eine Hospitalgenossenschaft gründeten. Die Führung des Ordens oblag dem Hochmeister. 1209 übernahm der Thüringer Hermann von Salza, der gute Kontakte zum Papst hatte, das Amt. Er erkannte, dass es um die Sache des Christentums im Heiligen Land schlecht bestellt war, nachdem die Muslime in Palästina eingefallen waren und zog den Orden nach Venedig zurück.

Hier erreichte der Ruf des Herzogs Konrad von Masowien den Deutschen Orden im Kampf gegen die heidnischen Prußen. Der Orden sollte für seinen militärischen Einsatz mit Landbesitz belohnt werden. Hermann von Salza war mit dem Orden aber auch im Reich verankert. So garantierte Friedrich II. dem Deutschen Orden als Gegenleistung für die Erfüllung des Auftrages, gegen die Prußen zu kämpfen, die Herrschaft über das Kulmer Land östlich der unteren Weichsel.

Bei allen missionarischen Unternehmen, die teilweise mit Krieg und Kampf verbunden waren, war der karitative Gedanke des Ordens im Reich bekannt. So wurde manche Stiftung nicht an Einzelpersonen, sondern an ihn übertragen. 1216 bekam beispielsweise der Orden in der Stadt Ellingen in Mittelfranken, in der sich heute das Kulturzentrum Ostpreußen befindet, ein Spital als Lehen.“

Freyberg erläuterte weiter, dass der Orden dem niedrigen Adel viele Möglichkeiten bot. Erobertes oder auch gestiftetes Land wurde zu einem niedrigen Zins verpachtet. So gibt es in Südtirol, Franken, Böhmen und Mähren, woher die meisten Hochmeister stammten, zahlreiche Gründungen des Ordens. Als Beispiel führte Freyberg das Schloss auf der Insel Mainau an. Deutschordensland sei ein Land mit Tradition, auch wenn manche kirchliche Einrichtung mit Gewalt durchgesetzt wurde. Für die Verbreitung des Christentums durch den Deutschen Orden gaben Männer von Ehre ihr Bestes. Im Gegensatz zu anderen Staaten war die Rekrutierung nicht auf die Landeskinder beschränkt, Hoffnungsträger von Ordenshäusern außerhalb wurden in das Gebiet entsandt. So konnten viele Nachgeborene, die in einer Erbfolge keine Berück-sichtung fanden, im Deutschen Orden ihre Heimat finden.

Freyberg bedauerte am Ende seines Vortrages, dass gerade in der Jetztzeit viele historische Tatsachen verwaschen werden: „Masowien ist nicht identisch mit dem heutigen Masuren, die Prußen sind nicht gleichbedeutend mit den Preußen und Ostpreußen ist mehr als Ermland und Masuren.“


Attraktionen, Güter, Konsulate
Mit Louis Ferdinand Schwarz auf großer Tour durchs nördliche Ostpreußen

Am 6. August trafen 32 Teilnehmer aus unterschiedlichen Gegenden Deutschlands beim Busunternehmen in Versmold ein. Pünktlich um 17 Uhr konnte die Reise beginnen. Die Gruppe bestand aus Personen im Alter zwischen 85 und 35 Jahren. Organisiert wurde die Reise von Louis Ferdinand Schwarz, dem Ehrenvorsitzenden der Kreisgemeinschaft Fischhausen. Seit 1990 unternimmt er regelmäßig Reisen in die Region. Er hat dabei viele Kontakte geknüpft und Freundschaften geschlossen.

Als erste große Attraktion der Reise hatte er für uns die Marienburg vorgesehen: Europas größter Backsteinbau und Sitz des Hochmeisters des Deutschen Ordens von 1309 bis 1457. Im nahegelegenen Elbing erwartet uns dann eine Stadtführung. Danach ging es weiter zur Gesellschaft für Deutsche Minderheiten, wo wir von netten Damen empfangen und mit Kaffee und Kuchen bewirtet wurden. Sie informierten uns über ihre Aktivitäten. Deutschkurse und Brauchtumspflege gehören dazu.

Danach fuhren wir weiter zum Grenzübergang Heiligenbeil (Mamonovo) in den nördlichen russischen Teil Ostpreußens. Dort empfing uns Eugen, Snegowski, der unser Reiseleiter für die gesamte Zeit des Aufenthaltes war. Er begleitete uns zunächst als Überraschung in eine Brauerei. Das Gebäude, im Stil einer Ordensburg, stellt den verwirklichten Traum eines reichen Russen dar. Die Säle im Inneren waren mit vielen mittelalterlichen Relikten geschmückt.

Nach einer Fahrt von 1205 Kilometern trafen wir gegen 16.15 Uhr in Rauschen (Svetlogorsk) im gleichnamigen Hotel ein. Anschließend folgte mit Eugen einen kleinen Rundgang durch den Ort. Eugen zeigte uns die von einem Litauer Architekten wunderbar gestaltete neue Konzerthalle und führte uns an einen Aussichtspunkt an der Steilküste.

Am nächsten Tag erwartete uns nach dem Frühstück die große Ostpreußenrundfahrt. Wir kamen an Arnau vorbei, einer der ältesten Ordensgründungen. Die Kirche dort überlebte den Krieg und wurde vom Kuratorium für den russischen Staat als Kulturobjekt restauriert. Die Fresken allerdings wurden durch Übermalung für alle Zeiten vernichtet. Heute gehört das Gebäude der russisch-orthodoxen Kirche.

Auf der alten Reichsstraße Nummer Eins fuhren wir zur Kreisstadt Tapiau. Es folgten Insterburg, Georgenburg und Gumbinnen. Auch dem alten Gut Trakehnen statteten wir einen Besuch ab. Der nächste Tag führte uns nach Königsberg. Auf einem Schiff mit Namen Zambia (so bezeichnet die Gründungsurkunde von Königsberg 1255 das Sam   land) fuhren wir durch die Pregelmündung in den Seekanal um eine Landzunge herum, durch das  Fischhausener Wiek nach Pillau. Leider hatten wir kein schönes Wetter, kühl und windig, manchmal feucht. Dennoch ließen wir uns die Freude an einem ausgedehnten Strandspaziergang nicht nehmen. Anschließend gab es im stilvollen Restaurant Monte Christo Mittagessen.

Weiter ging es an Neuhäuser (Heinrich Kleist war hier Kurgast) und der Ruine der alten Ordensburg Lochstädt vorbei nach Fischhausen. Wir statteten dem deutsch-russischen Soldatenfriedhof zusammen mit der ehemaligen Bürgermeisterin Glafira Grigorenko einen Besuch ab, um Blumen am Ehrenmal niederzulegen. Dann fuhren wir weiter die Küste nordwärts über Sorgenau nach Palmnicken. In einer Bernsteinmanufaktur schauten wir den Frauen zu, wie sie die zum Teil winzigen Bernsteinstücke schleifen, um sie zu verarbeiten und staunten über die vielfältigen Schmuckstücke die dabei entstanden. In Germau hielten wir am Ehrenfriedhof für deutsche Gefallene und legten auch dort ein Blumengebinde nieder. Auf der anderen Straßenseite befand sich das Ehrenmal für die sowjetischen Soldaten. Auch diesem statteten wir einen Besuch ab.

Der vierte Tag führte uns auf die Kurische Nehrung. Als ersten Ort erreichten wir Cranz, das ein Beispiel für Gigantomanie ist. Hochhäuser sind dort wie Pilze aus dem Boden geschossen. Ihre Wohnungen oft nur im Sommer genutzt. Der Immobilienverkauf boomt. Was für ein Kontrast war dann das Naturschutzgebiet, zum Beispiel der mit Kiefern neu aufgeforstete Waldbestand. Für den Schutz der Natur steht auch die Vogelwarte „Fringilla“. Johann Thienemann aus Thüringen hat als erster hier mit der wissenschaftlichen Beobachtung des Vogelzuges  im Jahr 1901 begonnen. In Pillkoppen gingen einige Mutige in der Ostsee baden und kämpften mit der starken Brandung. Das gab reichlich Hunger, den Marina und Jurij mit einem reichhaltigen, leckeren Picknick im Wald stillten.

Anschließende stand die Weiterfahrt zur Grenze nach Litauen auf dem Programm. In Nidden hielten wir und stiegen auf den Parniddener Berg, eine hohe Düne, die eine herrliche Aussicht bietet. Nach dem gemütlichen Kaffeetrinken in einem Reetdachhaus folgte ein Besuch des Thomas-Mann-Hauses. Von hier aus konnten wir den herrlichen „Italienblick“ genießen. 

Der nächste Tag führte uns wieder nach Königsberg, Überall sieht man schon massive Vorbereitungen für die Fußballweltmeisterschaft 2018, die in Rußland stattfindet. Königsberg ist einer der Austragungsorte. Wir besuchten unter anderem das deutsche Generalkonsulat. Konsul Uwe Berndt berichtete über seine Arbeit. An Königstor und Oberteich vorbei kamen wir dann ins Deutsch-Russische Haus und informierten uns über seine Geschichte und seine Aufgaben. Ein Konzert mit einem weiblichen Vokalensemble im Königstor rundete den Stadtbummel ab, bevor es dann zurück nach Rauschen ging.

Der nächste Tag stand zur freien Verfügung. Erst am Abend trafen wir wieder zusammen beim Essen und der Unterhaltung durch ein Trio aus Gitarre, Ziehharmonika und Gesang. Der letzte Tag führte uns in die „samländischen Alpen“. In Medenau suchten wir die alte Ordenskirche. Ein Kleinbauer erlaubte uns freundlich das Betreten seines Grundstücks zu diesem Zweck. Wir fanden nur noch Reste des Portals und sangen feierlich auf der Wiese „Lobet den Herren“ und das Ostpreußenlied. Nächste Stationen waren

Cathrienhoefen und Pollwitten. In Pollwitten besuchten wir das Kinderdorf „Regenbogen“. Wir wurden herzlich von dem Geschäftsführer Gerhard Lipfert empfangen, der extra aus Deutschland angereist war. Er führte uns über das Gelände und berichtete vom Aufbau und der Arbeit. 

Abends wurde die Reise dann von einem gelungenen Abschiedsessen in Ljuba’s Restaurant in Rauschen gekrönt. Viele lebhafte Unterhaltungen mit den russischen Gästen gehörten dazu. Alte Freundschaften wurden gefestigt und neue geschlossen.

                Christel Gossmann


S. 21 Lebensstil

Teilzeiteltern gesucht
Regenbogenfamilie war gestern, heute ist »Co-Parenting« – Vater mit Onkelfunktion sucht passive Mama fürs Elternsein ohne Liebe

Aus den USA schwappt ein neuer Trend nach Deutschland: Familie gründen unter Freunden, mit Bekannten oder noch zu findenden gleichgesinnten Menschen. Das Angebot virtueller Familien mit vorher festlegbarer Verantwortung breitet sich als Ge­schäftsmodell auch in Deutschland über neue Internetseiten aus.

„Wo Kinder sind, da ist ein goldnes Zeitalter“, sagte der Dichter Novalis (1772–1801) und hatte nicht allein den Nachwuchs im Blick. In den späten 1990er Jahren sagte die damalige Familienministerin Christine Bergmann (SPD): „Familie ist, wo Kinder sind.“ Auch das zweite Zitat betont die Bedeutung der Kinder, zielt aber in eine andere Richtung: Jede Konstellation, in der Kinder aufwachsen, gilt als Familie. Der Streit um den Familienbegriff, um das Ehe- und Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare sowie die allen modernen Singles bekannte Frustration bei der Partnersuche im Zeitalter virtueller Verabredungen sind das Gelände, in dem der neue Trend „Co-Parenting“ gedeiht.

Was dieser Begriff der „Mit-Elternschaft“ eigentlich bedeutet, ist selbst Befürwortern und Anbietern erklärungsbedürftig. „Kinderwunsch? Bei Familyship kannst du mit Menschen in Kontakt kommen, die auf freundschaftlicher Basis eine Familie gründen“, heißt es auf „www. Family­ship.org“. Die deutsche Internetseite, die 2012 von einem „lesbischen Paar mit Kinderwunsch“ gegründet wurde, erklärt die neuen Spielarten. Neben dem „Co-Parenting“, also Menschen, die eine Familie auf freundschaftlicher Basis gründen, gibt es den „aktiven Vater“, den „passiven Vater“, der „eine Nebenrolle für das Kind spielen“ möchte, den „Yes-Samenspender“, der Frauen den Kinderwunsch erfüllt, die „aktive Mutter“, also „Frauen, die auf der Suche nach einem Mann sind, der mit ihnen eine Familie gründet – ganz ohne Beziehung“ und die „zugegeben seltene passive Mutter“.

Letztere, früher als Rabenmutter gescholten, ist heute ein wählbares Modell. Dem „Familiengründer“ bietet das Portal für einmalig 17,90 Euro „zeitlich unbegrenzte Mitgliedschaft“, der „Familiengründer Plus“ ermöglicht für 29,90 Euro die „Weiterentwicklung unserer Plattform“.

Das betont Spielerische der Verabredungen stimmt nachdenklich. Jeder soll seine Rolle und seinen Beitrag selbst bestimmen. Was ist, wenn das Spiel nicht mehr gefällt, die Rollen sich ändern, und was ist eigentlich mit dem Kind? Wie verändert die „Design-Familie“ ohne Sex und Romantik das Leben? Eine erklärt linke deutsche Zeitung schrieb vor Jahren, selbst die liberalsten Geister müssten „ihre Vorstellungen neu justieren, wenn sie von dem Konzept erfahren“. Der bunte Mix einer zusammengestellten Familie deprimiert manche Nutzer, so eine Amerikanerin: „Mit wie vielen Leuten hast du im Netz Kontakt und redest über Samenspenden, die du im realen Leben nicht einmal auf einen Kaffee treffen willst?“

Andere denken daran, was ist, wenn das Kind einen Vater benötigt. Die denkbaren Paarungen sind so unterschiedlich wie fast ausschließlich an den Eltern orientiert: Von Papa-Papa-Pflegekind bis entfernte Bekannte plus Teilzeitonkel. Der Kritik halten die Befürworter entgegen, Kinder in lesbisch-schwulen Paaren seien aufgrund von Hindernissen und gesellschaftlichen Hürden immer Wunschkinder, da ungewollte Lesben-Schwangerschaften ex­trem ungewöhnlich und bei schwulen Männern Kinder von Natur aus ausgeschlossen seien.

Andererseits entdecken Heterosexuelle das Angebot, weil die Partnersuche schwer ist – von rund 1500 angemeldeten „Familyship“-Nutzern sind rund 40 Prozent nicht schwul.

Das Wunschkind wie die Wunschfamilie stammen aus den USA, wo die Internetseiten „Mo­damily, Coparents“ und „FamilyByDesign“ entstanden sind, die über wachsende Nutzerzahlen berichten. In den USA sind familienähnliche Gruppen mit Kindern ein Trend über Schwule und Lesben hinaus – 150000 Menschen suchen laut Experten einen potenziellen Elternpartner. Laut Ivan Fatovic, Gründer von „Modamily“, sehen sich ge­rade einmal 20 Prozent der weiblichen Nutzer seines Angebots als Lesben.

Aus den USA kommt auch das Argument, die „Mit-Elternschaft“ könne das frustrierende Dasein Al­leinerziehender überwinden. US-Anbieter warnen Nutzer vor „Spinnern“, die ihre möglichen Partner kaum kennen und sofort zur Sache, sprich konkreten Familiengründung, übergehen wollen.

In Deutschland ist „Co-Parenting“ noch weniger bekannt als die Regenbogenfamilie. Dabei lebt das Kind faktisch in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Die Netzseite „www.regenbogenfamilien-nrw.de“ schwärmt vom „Gayby Baby Boom“. Und „www.Eltern.de“ betreibt ein Regenbogenforum einschließlich Liste „unserer schon anwesenden Zwerge“ – seit 2002 geborene Kinder, betreut von „Pink Mama“. Trotz politisch korrekter Rhetorik um „Quer“ oder „Transgender“ leben die meisten in einem der klassischen Familie stark angelehnten Modellen.

Zwei Eltern, die sich verantwortlich fühlen, bleiben auch in den Foren des „Co-Parenting“ die Norm. „Ein fünfprozentiger ho­mosexueller Bevölkerungsanteil gilt als sicher, in etwa jeder achten gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft wachsen Kinder auf“, rechnete 2012 die Heinrich-Böll-Stiftung vor. Demnach wachsen zwischen 20000 und 200000 Kinder und Jugendliche in Deutschland bei lesbischen und schwulen Eltern auf.

Ob Regenbogen oder „Co-Parenter“, die Internetportale sind Geschäftsmodell oder Info-Netz eines Nischenmarktes. Der „Vater mit Onkelfunktion“ aus Marburg bleibt eine skurrile Kleinanzeige. Für gleichgeschlechtliche Paare bedeuten die Angebote mehr: Ihnen geht es um Anerkennung ihres Kinderwunsches, um Gleichgesinnte: Beim deutschen Lesben- und Schwulenverband  drehen sich 40 Prozent aller Beratungen um die Familiengründung – schlechte Karten für den passiven Vater oder die Mama mit ungeklärter Rolle. Eltern, die sich nie geliebt und nur zum Kinderzweck zu­sam­mengetan haben, bleiben die Ausnahme.

Das Prinzip „Mit-Elternschaft“ meinte ursprünglich auch nicht Fremde, sondern Geschiedene, die sich aus Liebe zu den Kindern weiter familienartig kümmern. Diese und andere Formen der Liebe bleiben häufiger als jede Design-Familie.                Sverre Gutschmidt


Völlig überfordert
Studien belegen: Stressbedingte Erkrankungen nehmen ständig zu

Von 2012 bis 2014 war der Anteil psychischer Erkrankungen am gesamten Krankenstand mit rund 16 Prozent so hoch wie nie zuvor. Jeder 20. Arbeitnehmer war betroffen. Als eine wesentliche Ursache gilt Überforderung durch den Wandel der Arbeitswelt. Mediale Überforderungen durch ständigen Termindruck, viele E-Mails oder neue Computerprogramme können Dauerstress bewirken. Hinzu kommt in vielen Berufen ein gestiegenes Arbeitspensum, das sich mit zunehmendem Alter immer schwerer bewältigen lässt. Besonders Freiberufler neigen bis zur Selbstausbeutung zum sogenannten Multitasking, um ständig einsatzbereit zu sein. Kürzertreten ist aus finanziellen Gründen oft nicht möglich, Angst vor Frühverrentung und Altersarmut stellt sich ein.

Der „Stressreport Deutschland 2012“ relativiert allerdings die Annahme, dass höhere und neuartige Belastungen am Arbeitsplatz vorrangig als Ursache für häufigere psychische Erkrankungen von Arbeitnehmern festzumachen seien. Zum sechsten Mal hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Erhebungen in Auftrag gegeben, um die Veränderungen in der Arbeitswelt zu erfassen. Nach Auskunft der Ar­beitspsychologin Andrea Lohmann-Haislah von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Ar­beitsmedizin geht aus dem Be­richt hervor, dass Arbeitnehmer, die einfache Tätigkeiten ausüben, mehr unter Stress am Arbeitsplatz leiden als beispielsweise Inge­nieure und Naturwissenschaftler. Der Grund: Sie haben weniger Handlungsspielräume und finden weniger Unterstützung in ihrem Umfeld.

Der 1955 geborene Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie Michael Winterhoff stellt gar das gesamte Phänomen Überforderung in Frage, weil es den Menschen zum Opfer mache. Nach seinen Bestsellern „Warum unsere Kinder Tyrannen werden. Die Abschaffung der Kindheit“ und „Lasst Kinder wieder Kinder sein!“ sorgte er 2015 mit seinem Buch „Mythos Überforderung. Was wir gewinnen, wenn wir erwachsen werden“ erneut für Diskussionsstoff.

Anhand von Praxisgeschichten erklärt Winterhoff den Trend, dass Erwachsene häufiger als früher in der Reifeentwicklung zu­rückbleiben und sich wie Kinder verhalten. Er bestreitet nicht die Realität: Es gäbe den Alltagsstress, ausgelöst durch Termindruck und eine Flut von Informationen, die oft schwer zu verkraften oder einzuordnen seien. „Die Welt ist härter geworden, doch wir Menschen schwächer“, lautet seine Interpretation. Er verweist jeden Einzelnen auf die Aufgabe, sich selbst Entscheidungsfreude und Eigenverantwortung zu verordnen.

Ganz anders bewertet der So­ziologe und Politikwissenschaftler Hartmut Rosa die Kehrseite der zunehmenden Digitalisierung. Rosa lehrt an der Fried­rich-Schiller-Universität Jena und leitet das Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt. In der ZDF-Fernsehsendung „Precht“ unterhielt er sich mit dem Philosophen Richard David Precht über Be­schleunigung, den treibenden Faktor unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Wie jeder Wirtschaftsbetrieb seien auch Privatpersonen dem Prinzip der Profitorientierung unterworfen, das auf der Notwendigkeit einer stetigen Beschleunigung fuße. Das sei ein verderblicher Zusammenhang. Viele Optionen aus einer unendlichen Palette von Möglichkeiten würden bei den Menschen das Gefühl hervorrufen, immer mehr zu verpassen. Nie könne man sich ausruhen oder zufrieden geben, da sonst mit einem Verlust oder Nachteil zu rechnen sei. Eine der Hauptaufgabe der Zukunft sei die Entschleunigung, meint Rosa. Wenn wir dafür doch nur Zeit hätten.        D. Jestrzemski


Das abgebrannte Juwel
Buch über Neustrelitzer Schloss könnte den Wiederaufbau fördern

Kurz vor Kriegsende brannte das Schloss von Neustrelitz vollständig aus und erlitt ein ähnliches Schicksal wie das Berliner Schloss: Die Reste wurden bis 1950 sukzessive vollständig abgetragen. Doch während die Berliner bald die Einweihung ihres wiederrichteten Schlosses feiern werden, klafft in Neustrelitz weiter eine große Lücke. Das soll sich ändern. Es gibt eine Initiative von Bürgern, die sich für den Wiederaufbau des Schlosses einsetzen. Wie zuvor schon beim Berliner Schloss, so gab es auch hier eine Zeitlang eine Zeltfassade zu besichtigen, welche an Ort und Stelle die Schlosskonturen abbildete.

Parallel zu den Bemühungen um einen Wiederaufbau ist jetzt ein Bildband erschienen, der die Geschichte des Schlosses der Herzöge und Großherzöge von Mecklenburg-Strelitz nachzeichnet. Auf Grundlage langjähriger Archivrecherchen legt Autor Torsten Foelsch erstmals eine mit schwarzweißen und farbigen Bildern, Plänen und Karten ausgestattete Darstellung der Bau-, Inventar- und Nutzungsgeschichte dieses verschwundenen Schlosses sowie seines erhaltenen Gartens vor. Viele der Abbildungen werden hier erstmalig publiziert. Eine Beilage mit der Stammtafel des Hauses Mecklenburg-Strelitz erleichtert dem Leser überdies die Orientierung.

Neben dem Neustrelitzer Residenzschloss werden in kurzen Exkursen auch die anderen Strelitzer Schlösser in Neubrandenburg, Hohenzieritz, Ratzeburg, Fürstenberg und Mirow sowie die Residenz der Sekundogenitur in Remplin thematisiert und mit seltenen Bildern illustriert. So bietet der Band ein sehr facettenreiches und in­formatives Kaleidoskop zur Strelitzer Residenzlandschaft und Landesgeschichte von Mecklenburg-Strelitz.

Das Buch ist dem Nestor der Neustrelitzer Residenzgeschichte, Konrad Hustaedt, gewidmet. Der Heimatforscher und Kunsthistoriker schrieb 1933 eine kaum zehn Seiten umfassende und nur mit einer Handvoll Abbildungen ausgestattete chronologische Ge­schichte des Residenzschlosses, die bis heute die einzige Darstellung zu diesem Thema blieb. Der jetzt erschienene umfangreiche Band über dieses verschwundene Schloss in Meck­lenburg-Vorpommern und seine außergewöhnliche Ge­schichte wird der Dis­kussion über ei­nen mög­lichen Wiederaufbau mit Sicherheit einen positiven Schub verleihen. tws

Torsten Foelsch: „Das Residenzschloss Neustrelitz. Ein verschwundenes Schloß in Mecklenburg“, Foelsch & Fanselow Verlag, Groß Gottschow 2016, Hardcover 739 Seiten mit zirka 705 schwarz/weiß und farbigen Abbildungen, 49,80 Euro. Der Band ist bei der Buchhandlung Wilke (Strelitzer Straße 8, 17235 Neustrelitz, Telefon: 03981/205063, E-Mail: buchwilke@t-online.de) vorbestellbar.


S. 22 Neue Bücher

Plumpe Propaganda
Über den Zustand der USA

Am 8. November wird in den USA gewählt – und diesmal handelt es sich um eine ganz entscheidende Richtungswahl: Siegt Donald Trump, der radikale Kursänderungen verspricht, oder Hillary Clinton, die Vertreterin eines veralteten und offensichtlich gescheiterten Politikstils? Insofern sind Analysen wie „Amerika stellt die Weichen. Die Supermacht im Umbruch“ durchaus von Interesse. Allerdings gehören sowohl die beiden Herausgeber Jan Philipp Burgard (Reporter bei ARD, ZDF, WDR und NDR) und Bodo Hombach (unter Gerhard Schröder Chef des Bundeskanzleramts) als auch die zahlreichen Autoren der Einzelbeiträge zum deutschen und amerikanischen Politik-Establishment oder den Mainstream-Medien. Zu nennen wären hier beispielsweise Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, Karen Donfried, bis vor Kurzem Sonderberaterin von Barack Obama, sowie Ingo Zamperoni, USA-Korrespondent der ARD.

Bei dieser Autorenriege ist der Grundtenor der Ausführungen mehr als vorhersehbar – egal, ob es nun um das deutsch-amerikanische Verhältnis, die US-Außen- und Sicherheitspolitik, die „Verdienste“ des angeblich „überdurchschnittlichen Präsidenten“ Obama oder Reizthemen wie das Freihandelsabkommen TTIP geht. Man hält zu den USA und wettert gegen die „russische Unberechenbarkeit“, beklagt „eine gewisse transatlantische Entfremdung“, die aufhören müsse, feiert das „Machtduo Merkel-Obama“, beteuert, dass der Westen „nur mit TTIP … auf Kurs“ bleiben könne, und preist die Vorzüge der demokratischen Kandidatin Clinton.

Dahingegen bleibt kein gutes Haar an deren republikanischen Widersachern, die von Burgard als ebenso unseriöse wie einfältige „Helden der Wutbürger“ abqualifiziert werden. Des weiteren behauptet der „Zeit“-Herausgeber Josef Joffe, der von Trump so lautstark kritisierte Niedergang Amerikas sei ein reiner „Mythos“: Den USA gehe es wirtschaftlich so gut wie nie – sehr im Gegensatz zu den Konkurrenten Russland, China und Indien. Auch könne die Einwanderungspolitik Washingtons ein perfektes Vorbild für Deutschland sein, denn in den Vereinigten Staaten gelinge „die fast geräuschlose Integration von Muslimen, die es in Europa nicht leicht haben.“

Spätestens an dieser Stelle wird  klar, dass die „illustre Schar an Autoren“ (so der Verlagsprospekt) nie und nimmer neutral informiert, sondern plumpe Propaganda oder gar Desinformation betreibt – da muss man sich kaum mehr bis zur Seite 248 vorquälen, auf der der angebliche „Qualitätsjournalist“ Burgard den Präsidentschaftskandidaten Trump als „toupierten Tölpel“ bezeichnet! Deshalb ist es  unmöglich, aus diesem Buch ein objektives Bild über den Zustand der USA und den Wahlkampf dort zu gewinnen. An diesem negativen Fazit können auch die sehr hochwertige Ausstattung und der zugleich erstaunlich niedrige Preis des Bandes keinen Deut ändern. Vielmehr wirft der letztere die Frage auf, ob „Amerika stellt die Weichen“ irgendwie gefördert wurde – und wenn ja, von wem?     W. Kaufmann

Jan Philipp Burgard & Bodo Hombach (Hrsg.): „Amerika stellt die Weichen. Die Supermacht im Umbruch“, Helmut Lingen Verlag, Köln 2016, gebunden, 256 Seiten, 19,99 Euro.


Hybris der Finanzwelt
Thomas Mayer beleuchtet die verfehlte Geldpolitik in Europa

Thomas Mayers Buch ist sehr lehrreich, wenn man es mit „Köpfchen“ liest und die Gabe der Kombination besitzt. Im Vorwort werden die Finanzkrisen 1987, 1998, 2007 als „Resultate der Hybris von Finanz-Alchemisten, deren Modellgläubigkeit die eigene Fehlbarkeit nicht mehr einkalkulierte“ bezeichnet. Es ist wie bei der „Klimaforschung“, denn „wo die Landkarte gar nicht ausreicht, um eine hochkomplexe Wirklichkeit zu beschreiben oder schlimmer, aufgrund der notwendigen Vereinfachungen eine gänzlich ungeeignete Darstellung der Realität“ möglich ist, können keine verlässlichen Prognosen gemacht werden.

Doch dies stört die „Finanztheorie“ nicht, denn sie verdrängt das Eingeständnis, dass die „tradierten Modellvorstellungen“ längst an ihre Grenzen gestoßen sind und es einer „Neuausrichtung in akademischer Forschung und Lehre“ bedarf. Der Autor ist Vertreter der österreichischen Schule der Wirtschaftswissenschaften, die den Menschen respektiert, während die konventionelle Neo-Ökonomie ihn als Objekt betrachtet. Der Subjektivismus der österreichischen Schule sieht sich „als Bollwerk gegen jede wissenschaftlich verbrämte Besserwisserei und politisch erzwungene bürokratische Gängelung“. Dieses führe dazu, dass in dem „unsere Geldordnung bestimmenden Kreditgeldsystem der innere Geldwert ausgehöhlt und im Rahmen der Kreditgeldschöpfung Eigentum von den Gläubigern zu den Schuldnern umverteilt wird. Geldhortung wird bestraft und Verschuldung belohnt“. Alleinige Nutznießer seien dabei die hochverschuldeten Staaten. Die „Nullzinspolitik“ diene allein den Staaten und dies gehe zu Lasten seiner Bürger.

Das Buch ist klar aufgebaut und in acht in sich abgeschlossene Kapitel gegliedert. Im neunten Kapitel geht es „von der Theorie zur Praxis“. Immer wieder wird man auf einen Kardinalfehler gestoßen, nämlich, dass „die Rezepte der modernen Finanztheorie in der Geldpolitik umgesetzt“ würden, „um die Schäden zu reparieren, die mit dem Einsatz dieser Rezepte angerichtet“ wurden.

Der „Euro“ diene hauptsächlich  „zur Umverteilung von Vermögen zwischen den Teilnehmerstaaten“, der „willkürlichen Umverteilung von Einkommen und Vermögen zwischen den Staaten der EWU“. Im nächsten Abschnitt geht es um den „Zeitwert des Geldes“, das mit dem Bekenntnis endet: „Aus praktischer Erfahrung habe ich gelernt, dass verlässliche, unkonditionierte, quantitative Prognosen ökonomischer oder finanzieller Entwick-lungen unmöglich sind“.

Über „Schuld und Eigentum“ und die „Elemente der modernen Finanztheorie“ arbeitet der Autor sich systematisch an seinem Stoff ab. Das sechste Kapitel heißt „auf Sand gebaut“ und öffnet die Augen für die Schwachstellen der modernen Finanztheorie, um dann im siebten Kapitel der Frage nachzugehen, was und wie die moderne Finanztheorie zu den Finanzkrisen mitsamt der „Verschlimmerung von Spekulationsblasen“ beigetragen hat. Es wird auf etliche „geniale Fehlleistungen“ verwiesen. Er zitiert einen Betroffenen: „Das nächste Mal, wenn einer ein elegantes Modell vorschlägt, um Risiken zu managen und Wahrscheinlichkeiten vorherzusagen, das nächste Mal, wenn ein Computer mit einem perfekten Gedächtnis angeblich die Risiken in der Zukunft errechnen kann, sollten die Anleger die Beine in die Hand nehmen und loslaufen, so schnell sie können.“ Der Autor verfällt nicht der Versuchung, bei seinen Betrachtungen über ein „aktives Portfoliomanagement“ Tipps zur privaten Vermögensverwaltung zu geben.

Das Buch ist sehr zu empfehlen, insbesondere denen, die in der Finanz- und Geldpolitik Verantwortung tragen.                 Wolfgang Thüne

Thomas Mayer: „Die neue Kunst Geld anzulegen; Mit Austrian Finance zu einem besseren Portfoliomanagement“, Finanzbuchverlag München 2016, broschiert, 240 Seiten; 17,99 Euro


Von 08/15 bis Phyrrussieg
H. Dieter Neumann erklärt, woher gebräuchliche Redewendungen kommen

Etliche Begriffe und Redewendungen lassen erkennen, dass sie aus – meist längst überholtem – militärischem Sprachgebrauch beziehungsweise aus dem Militärwesen stammen. Viele dieser Redensarten sind fester Bestandteil der Alltagssprache („Lunte riechen“, „08/15“), andere finden fast nur in der literarischen Sprache Verwendung („Pyrrhussieg“, „etwas Revue passieren lassen“). Dass es in der deutschen Sprache von solchen Redensarten nur so wimmelt, beweist der Flensburger Schriftsteller H. Dieter Neumann mit einem handlichen Band, der den bezeichnenden Titel trägt: „Aufs Korn genommen – Redewendungen aus der Welt des Militärs“.

Neumanns Interesse für das Militärische kommt nicht von Ungefähr, da er selbst eine, wenn auch nur kurze, Laufbahn bei der Bundeswehr absolviert hat. Die meisten der von ihm angeführten mehr als 130 Beispiele dieser besonderen Sprachkategorie hat er in zuverlässigen Kompendien aufgelesen, darunter Grimms „Deutsches Wörterbuch“ und der Duden „Redensarten“. Über die Entstehung von „Ab durch die Mitte!“ bis „Zunder geben“ lässt sich daraus durchweg Erstaunliches entnehmen. Zugeordnet wurden die Artikel den Rubriken „Rund um Flinte und Gewehr – Bomben und Haubitzen – Im Gefecht/mit Lanze und U-Boot – Dienst, Drill und Kasernenleben – Truppenführung, Strategie und Taktik – Dienstpflicht, Karriere und Fortune“. Sorgfältig ausgewählte Abbildungen von Bildnissen aus sechs Jahrhunderten tragen zur visuellen Anschauung bei.

Bei einigen der angeführten Beispiele hätte man keineswegs einen militärischen Hintergrund vermutet („Männchen machen“). Und nicht von Ungefähr ist so manches geflügelte Wort schon vor geraumer Zeit in der sprachlichen Mottenkiste verschwunden („Fluchen wie ein Landsknecht“, „Wie Zieten aus dem Busch“). Der häufig gebrauchte Ausspruch „Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“ gehört, genau genommen, in eine eigene Rubrik. Er soll erst durch den deutschen Offizier und Freiheitskämpfer Ferdinand von Schill (1776–1809) populär geworden sein. Dieser veränderte angeblich das Bibelwort vom „Schrecken ohne Ende“ aus Psalm 73 in entsprechender Weise, als er im Mai 1808 auf dem Marktplatz von Arneburg (Elbe) eine flammenden Rede hielt, um seine Zuhörer zum Aufstand gegen die napoleonische Herrschaft anzustacheln.               Dagmar Jestrzemski

H. Dieter Neumann: „Aufs Korn genommen. Redewendungen aus der Welt des Militärs“, Theiss Verlag, Darmstadt 2016, gebunden, 160 Seiten, zahlreiche s/w-Abbildungen, 14,95 Euro


Lehrwerk über eine brisante Geschichte
Deutsche und Polen schufen gemeinsam ein Schulbuch zur Historie beider Länder – Fortsetzungen folgen

Das vorliegende Buch ist der erste Band eines deutsch-polnischen Geschichtsbuches. Geplant sind drei weitere Bände, die bis zur Gegenwart reichen. Nach Aussage der Kultusministerkonferenz handelt es sich um ein reguläres Schulbuch zur Geschichte Europas, das in allen Bundesländern eingesetzt werden kann.

In der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission hat man  nach der politischen Wende, als das kommunistische System in Polen abgelöst wurde, die Planung einer gemeinsamen Darstellung der deutsch-polnischen Geschichte thematisiert. Inhaltlich konnte man auf die erarbeiteten Schulbuchempfehlungen zurückgreifen, die oft erhebliche Unterschiede in den deutschen und in den polnischen Sichtweisen enthalten. Als Beispiel sei der Gesamtkomplex Vertreibung der Deutschen genannt. Erst 2008 nahm das Projekt konkrete Gestalt an, als die deutsche und die polnische Regierung der Erarbeitung eines gemeinsamen deutsch-polnischen Geschichtsbuches zustimmten. Die wissenschaftlich-fachliche Betreuung obliegt auf deutscher Seite dem Braunschweiger Institut für internationale Schulbuchforschung und auf polnischer Seite dem Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Um die Einbettung der polnischen und der deutschen Geschichte in die europäische Dimension zu dokumentieren, ei­nigten sich beide Seiten auf den Titel „Europa – unsere Geschichte“ für die vierbändige Reihe.

Der erste Band, der erst ab dem Mittelalter deutsch-polnische Berührungspunkte behandelt, wurde im Juni mit „großem Bahnhof“ in einer Berliner Schule mit dem Schwerpunkt Polnisch vorgestellt: Es sprachen die Außenminister Steinmeier für die deutsche Seite und sein Kollege Waszczykowski für Polen sowie der Brandenburgische Ministerpräsident Woidke als Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-polnische Zusammenarbeit. Natürlich lobten alle Redner das Projekt, und das nicht zu Unrecht, denn dass nach den zerrütteten deutsch-polnischen Beziehungen praktisch seit den Teilungen und unter dem Dach Europas eine solche Arbeit beginnen konnte, ist zweifellos eine Erfolgsgeschichte.

Dieser erste Band ist für die Mittelstufe (bis Klasse 10) bestimmt, Niveau und Sprache sind dem angepasst. Ein großes Problem war die Kompatibilität mit den Geschichtslehrplänen in Polen und den 16 Lehrplänen der Länder der Bundesrepublik Deutschland. Daher wird auch der relativ große Umfang des Lehrwerkes erklärbar. 14 deutsche und polnische Autoren haben insgesamt zwölf Kapitel bearbeitet.

Eingeleitet wird es mit der Frage „Was ist Geschichte?“. In den folgenden Abschnitten wird der Bogen von der Steinzeit über die frühen Hochkulturen zum antiken Griechenland, dem römischen Reich, den religiösen, politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Facetten des Mittelalters gespannt. Hier beginnen dann auch die historisch ersten Berührungen deutscher und polnischer Geschichte. Zu nennen sind die enge Zusammenarbeit zwischen den Kaisern der Ottonen und den Piastenherzögen Miezko I. und Boleslaw I. mit dem Akt von Gnesen im Jahre 1000; der Deutsche Orden und die große Auseinandersetzung mit Polen/Litauen 1410 in der Schlacht von Tannenberg, bis heute ein fes-ter Punkt im nationalen Gedächtnis vieler Polen; die Ostsiedlungsbewegung und Städtegründungen in Ostmitteleuropa. Bei allen drei Themen kann festgestellt werden, dass sie ohne einseitige nationale Erhöhung erstaunlich sachlich dargestellt werden. Positiv muss vermerkt werden, dass neben den polnischen und deutschen Entwick-lungslinien die europäische Dimension ihren Stellenwert erhält, sofern sie bedeutsam für die politische Landschaft des Kontinents ist.

Alle zwölf Kapitel, die jeweils übergeordnete Themen behandeln, werden in Unterabschnitte gegliedert. Beispiel: „Religiöse Gemeinschaften im Mittelalter“. Hier werden behandelt: das Christentum, der Islam, das Judentum. Arbeitsaufträge und Verständnisfragen für die Schüler sind jeweils Teil der Darstellungen. Diese sind nicht nur Texte der Autoren, sondern eine Fülle an Bildmaterialien, Fotos, Quellen­texten, Karten, grafischen Darstellungen. Sie vermitteln ein anschauliches und lebendiges Bild jeder Epoche für Schüler und sonstige interessierte Leser. Damit soll gesagt werden, dass dieser Band 1 der Reihe als Geschichtslehrwerk andere auf dem Markt befindliche gut ersetzen kann, allerdings ist der Preis für eine Anschaffung von Klassensätzen recht hoch. Mit Spannung darf den weiteren Bänden entgegengesehen werden, wenn die harten Dissenspunkte der deutsch-polnischen Beziehungen beginnend mit den Teilungen Ende des 18. Jahrhunderts über das 19. bis Ende des 20. Jahrhunderts behandelt werden. Die Teilnahme des polnischen Außenministers an der Vorstellung des Bandes scheint zu beweisen, dass auch die aktuelle Regierung dem Projekt positiv gegenübersteht. Ob das so bleibt?

                Karlheinz Lau

„Europa – Unsere Geschichte, Band 1: Von der Ur- und Frühgeschichte bis zum Mittelalter“, Herausgegeben von der Gemeinsamen Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission in Zusammenarbeit mit dem Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig und dem Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften, Eduversum Verlag ,Wiesbaden 2016, gebunden, 256 Seiten, 24,80 Euro


S. 23 Anzeige Rautenberg Buchhandlung

Anzeige Rautenberg Buchhandlung


S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Luft raus / Wie Asylsucher in meine Nähe drängen, wieso ein Anschlag plötzlich unwichtig wird, und warum die Zahl der Unbedarften stetig sinkt

Also, ich habe mit Asylsuchern bislang keinerlei Probleme gehabt, obwohl ich ausschließlich zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch Hamburg unterwegs bin. Umgekehrt scheint das Verhältnis sogar noch viel besser zu sein. Wie es aussieht, drängen die Asylsucher geradezu zwanghaft in meine Nähe, sprechen sich vermutlich heimlich ab, um immer rechtzeitig auf dem Bahnsteig, in dem Bus oder auf dem Gehweg Präsenz zu zeigen, wo ich auch gleich erwartet werde.

Anders kann ich es mir nicht erklären, warum ich ihnen überall begegne. Denn wie das Bundesinnenministerium bekannt gegeben hat, sind 2015 „nur“ 890000 Asylsucher nach Deutschland gekommen, von denen 50000 schon wieder weg seien, sodass sich 840000 von ihnen noch im Lande befänden.

Nach dem Verteilungsschlüssel bekommt Hamburg 2,5 Prozent zugeteilt, macht gut 20000. In einer Stadt von 1,8 Millionen Einwohnern ginge eine so kleine Gruppe unter wie ein paar wenige Nadeln im Heuhaufen. Man müsste lange wühlen, bis man sich endlich piekst.

Ich dagegen bin mit meiner Wühlarbeit immer schon binnen Minuten erfolgreich. Der Anteil der Schwarzafrikaner und Orientalen ist überall dort, wo ich hinkomme, seit Mitte vergangenen Jahres sprunghaft angestiegen. Selbst die Eritreer, die ja nur wieder einen kleinen Teil der Asylsucher ausmachen, sind allgegenwärtig – oder zumindest Leute, die so aussehen.

Bei gerade einmal gut 20000 Menschen mehr aus dieser Gruppe in der ganzen Stadt ist diese Allgegenwart kaum vorstellbar. Es kann demnach nicht anders sein, als dass sich die Asylsucher hinsichtlich meiner innerstädtischen Reiserouten absprechen.

Oder, dass mit den Zahlen des Ministeriums irgendetwas nicht stimmen könnte.

Da ist es wieder, das Gift des Misstrauens. Manche ziehen ja schon reflexhaft die Augenbraunen herunter, wenn ihnen Politik oder gewisse Medien mal wieder die angebliche Wahrheit erzählen. Die Affäre mit den beiden Sprengsätzen von Dresden ist leider nicht dazu angetan, verspieltes Vertrauen zurückzugewinnen.

„Rechter Terror in Dresden“, polterte „Bild“, der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im sächsischen Landtag, Albrecht Pallas, wusste: „Hier blasen Rechte zum großen Angriff auf die Demokratie und andere Kulturen.“ Die Empörungswelle schlug quer durch die etablierten Parteien und Medien. Gestützt haben sie sich auf die Polizei, die einen „fremdenfeindlichen Hintergrund“ vermutete.

Dass das von Anfang an merkwürdig war, scherte niemanden. Schließlich gingen die beiden Anschläge sowohl gegen eine Moschee als auch gegen den Tag der deutschen Einheit. Seit wann zündeln Rechtsextreme Gewalttäter gegen die deutsche Einheit?

Als schließlich ein mutmaßliches Bekennerschreiben aus der linken Ecke auftauchte, geschah etwas Merkwürdiges – nämlich fast nichts mehr. Der linke Rand nörgelte, das Schreiben sei eine Fälschung, und das etablierte Parteien- und Mediendeutschland schob die ganze Sache umgehend in den hintersten Winkel seiner Wahrnehmung.

Wie die das immer hinkriegen! Erst plustern sie sich auf bis zum Zerplatzen. Doch sobald sich herausstellt, dass die Tat nicht feindbildgerecht für den Kampf gegen Rechts zu plündern sein würde, sagt es „pfffft“ und die ganze Luft ist schlagartig raus. Nur wegen gewisser Aufregungen um die Vereinigungsfeiern in Dresden muss­ten sie die Bomben-Geschichte noch ein paar Tage mitschleppen, sonst hätte man den Vorfall schon am Tag nach Bekanntwerden des angeblichen Bekennerbriefs still und leise begraben.

Etablierte Politik und Main­stream-Medien haben sich eine Devise zurechtgelegt, die das alte Sprichwort „Die Zeit heilt alle Wunden“ neu interpretiert: Man könnte sie „Die Zeit heilt alle Lügen“ nennen oder den Grundsatz, dass man Propaganda nur lange genug wiederholen muss, bis sie geglaubt wird. Erinnern Sie sich an den Vorfall von Tröglitz?

In dem mitteldeutschen Dorf war im April 2015 der Dachstuhl eines Gebäudes ausgebrannt, das als Asylheim vorgesehen war, Diagnose: Brandstiftung. Doch weder der Urheber noch das Motiv konnten herausgefunden werden, vergangenen Juli stellten die Behörden die Ermittlungen ein.

Ist der Fall damit wertlos geworden für den „Kampf gegen Rechts“? Aber nicht doch: Man beklagt die „Zunahme rechter Gewalt in den neuen Bundesländern“, berichtet zeitgleich über die zahlreichen Brände in Asyleinrichtungen und sagt dann, „wie zum Beispiel in Tröglitz“.

Damit haben sie zwar nichts behauptet über die Brandstifter in dem Dorf, die unbekannt sind. Doch jeder unbedarfte Zuschauer kombiniert ganz von selbst: In Tröglitz haben „die Rechten“ gezündelt.

Billiger geht’s nicht, was dafür gesorgt hat, dass die Zahl der „Unbedarften“ stetig sinkt. Einige tausend gar nicht mehr Unbedarfte haben den hohen Politikern am 3. Oktober in Dresden einen ziemlich unfreundlichen Empfang bereitet, worüber Helldeutschland finster empört ist.

Daran will man sich nur schwer gewöhnen: Seit Ende der 60er Jahre war es das Privileg der Linken, auf der Straße lautstarke Demos gegen hohe Staatsvertreter zu veranstalten. Die Angehörigen des Bürgertums hatten Steuern zu zahlen und bis zum Wahltag die Klappe zu halten. Das waren die „Spießer“, die in Talkshows höchstens als Objekt auftauchen.

Und die wagen es nun, der Kanzlerin, dem Herrn Bundespräsidenten und deren Gefolge etwas zu bieten, was bislang nur Linke durften? Ein Skandal, eine Schande. Einen kleinen Unterschied gibt es noch: Um zu zeigen, wie schändlich und aggressiv die Demonstranten sich aufführten, zeigte man uns Bilder einer einsamen Claudia Roth, die vergeblich versucht habe, mit den „Pöblern“ ins Gespräch zu kommen.

Auffällig ist, dass nicht einer der „aggressiven Wutbürger“ auch nur den Versuch unternommen hat, auf Frau Roth auch anders als nur verbal loszugehen. Eigentlich selbstverständlich, aber stellen wir uns vor, Frauke Petry hätte sich in gleicher Weise vor dem linken „schwarzen Block“ aufgebaut. Was da wohl passiert wäre? Nur so ein Gedanke.

Fest steht, dass die pöbelnden Bürger von Dresden „das Land spalten“, wie wir von den Kommentatoren und Festrednern der Dresdner Veranstaltung erfahren haben. Sprich: Nachdem man die Leute als Pack, Mischpoke und Ähnliches beschimpft hat, sind sie unbegreiflicherweise nicht mehr bereit, brav mitzuspielen.

Immerhin gab es auch gute Nachrichten von diesem Wochen­ende, was das Volk angeht. Das Volk von Ungarn hat seinen bösen Führer Victor Orbán im Regen stehen lassen, indem es sich nicht ausreichend an dessen Volksabstimmung gegen die EU-bestimmte Verteilung von „Flüchtlingen“ beteiligt hatte. Bravo! Denn, wie deutsche Kommentatoren betonen, Ungarn hat sich mit seiner strikten Zuwanderungspolitik ja schon genug isoliert.

Wie wir hören, hagelt es nämlich internationale Proteste gegen Orbáns Haltung in der Asylfrage, nämlich aus Deutschland und aus ... ja, also jedenfalls aus Deutschland, und das ist ja wohl international genug.

Dagegen zeigt Deutschland internationale Verantwortung, weshalb es von überallher Unterstützung erfährt. Oder? Ich weiß ja: von nirgendwoher. Erstaunlich, dass ein Land wie wir, das eben noch so ängstlich beflissen auf die „Meinung unserer Nachbarn“ reagierte, in der Asylfrage die eigene Isolierung geradezu lustvoll erfährt und sich trotzdem so international und „weltoffen“ wie nie vorkommt. Aufgeblasene Lokalgrößen, die außerhalb Hamburgs kein Schwein sehen will, nennt man an der Alster spöttisch „in Hamburg weltberühmt“. So ist auch Merkeldeutschland das internationalste Land der Welt geworden – allerdings nur bei sich zuhause.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Griechen schieben nicht ab

Athen – Die Zahl der Asylsucher, die sich von der Türkei nach Griechenland aufmachen, steigt wieder stark an. So landeten im August 3447 Menschen auf den griechischen Inseln, im Juli waren es nur 1920. Ein Grund: Es hat sich bei den Asylsuchern herumgesprochen, dass trotz der Absprache der EU mit der Türkei über die Rückführung illegal Eingereister kaum jemand abgeschoben wird. Die griechischen Behörden weigern sich, die Abschiebungen vorzunehmen. H.H.

 

Getötet, weil keine Muslimin

Bad Friedrichshall – Ein 27-jähriger Pakistaner steht im Verdacht, eine 70-jährige Deutsche im baden-württembergischen Bad  Friedrichshall getötet zu haben, weil sie keine Muslimin ist. Laut Staatsanwaltschaft war der Mann ins Haus der Frau eingedrungen, wo er sie erwürgt habe. Zwar stahl der Verdächtige auch Wertsachen. Im Haus habe er jedoch Schriftzeichen hinterlassen, die auf ein religiöses Motiv hindeuten.         H.H.

 

Wer ist hier das Kaninchen?

Intrigen gehören zum politischen Tagesgeschäft. Diese Kriegführung richtet sich in der Regel gegen den politischen Gegner, kann aber auch dazu genutzt werden, unliebsame Parteifreunde aus dem Amt zu ekeln. Neudeutsch heißt das dann Mobbing, und CDU-Generalsekretär Peter Tauber soll ein Meister darin sein.

So wird er beschuldigt, während seiner Zeit als CDU-Kreisvorsitzender von Main-Kinzig auf „Kaninchenjagd“ gegangen zu sein. Jedenfalls tauchte jetzt ein Dokument auf, das strategisch ausführt, wie eine mit dem Tarnnamen „Kaninchen“ bezeichnete Politikerin aus ihrem Amt als Kreisgeschäftsführerin gedrängt werden sollte.

Merkwürdig ist nur, dass dieses Papier erst nach zehn Jahren ans Licht der Öffentlichkeit lanciert wurde. Seltsam auch, dass zur selben Zeit ein nicht salonfähiger Ausspruch Taubers zitiert wird, der nach einer parteiinternen Dis­kussion über die Asylpolitik fiel: „Wer hier nicht für Angela Merkel ist, ist ein Arschloch und kann gehen.“ Und komisch auch, dass ihm jetzt ein Flirt mit der Berliner CDU-Bezirksverordneten Jenna Beh­rends nachgesagt wird, die sich kürzlich in einem Offenen Brief über Sexismus in der CDU beschwerte.

Da stürzt plötzlich viel auf den 42-jährigen Hessen ein. Ist der mögliche Mobbing-Täter in Wirklichkeit ein Mobbing-Opfer? Will man ihn durch gezielte Nadelstiche als CDU-Generalsekretär loswerden, weil er nichts gegen die Wahlverluste seiner Partei tat und nicht genug gegen die AfD ankämpfte? Dass der promovierte Historiker, der vor seiner Polit-Karriere kurze Zeit bei der Deutschen Vermögensberatung tätig war, eine Koalition mit den Grünen favorisiert, stößt auch nicht auf viel Gegenliebe. Um sich im Mobbing-Kampf zu behaupten, sind jetzt vorrangig Taubers strategische Qualitäten als Reserveoffizier gefragt.        H. Tews


MEINUNGEN

Die Ökonomen Marc Friedrich und Matthias Weik sehen im „Focus“ (29. September) schwarz für die Deutsche Bank – und für die deutschen Steuerzahler:

„(Es) dürfte wohl auf eine Verstaatlichung hinauslaufen, auch wenn das Frau Merkel heute noch nicht wahrhaben und keinesfalls ihren Wählern kommunizieren möchte. Ob in diesem Falle dann die von der Bank an ihre Topmanager ausbezahlten Boni zurückgefordert werden, ist mehr als fraglich. Keinesfalls fraglich ist dagegen,  dass der Steuerzahler bei dieser unvorstellbar teuren Bankenrettung abermals der Dumme sein wird. Schnallen wir uns an!“

 

 

Harald Preißler, Volkswirt und  Vermögensverwalter, sieht darüber hinaus das gesamte Finanzsystem am Abgrund, wie er dem „Manager Magazin“ (29. September) verrät:

„Das Dilemma ist, dass wir für eine funktionsfähige Altersvorsorge dringend höhere Zinsen bräuchten. Andererseits wären höhere Zinsen der Sargnagel für die Schuldentragfähigkeit der Staaten. Je eher man dieser Falle entrinnt, umso besser. Je länger es dauert, umso größer das Risiko, dass es am Ende doch zu einem gewaltigen Kollaps des Finanzsystems kommt.“

 

 

Sebastian Antrak hat kaum Hoffnung, dass sich die CDU noch fängt. In „Tichys Einblick“ (27. September) schreibt er:

„Solange kein Wahlergebnis hart genug ist, die Partei wieder zur Heimat konservativer, besorgter und fragender Bürger und derer zu machen, die sich nicht mehr mitgenommen, verstanden, ausgegrenzt und als Deutsche zweiter Klasse sehen, wird das Totenglöckchen immer lauter bimmeln. Mach’s gut CDU, du hattest deine Zeit.“

 

 

Volker Seitz, einst deutscher Botschafter in mehreren afrikanischen Ländern, enthüllt auf der „Achse des Guten“ (29. September) eine bislang kaum dis­kutierte „Fluchtursache“:

„Deutschland zahlt Flüchtlingen oder Migranten derzeit beinahe den Hartz-IV-Satz. So viel Entwicklungshilfe kann gar nicht geleistet werden, um dies für Armutszuwanderer unattraktiv zu machen. Die hohen Bargeldzahlungen und die Gesundheitskarte mit einer umfassenden kostenfreien Gesundheitsversorgung in Deutschland sind Fluchtursachen Nummer eins.“

 

 

Die frühere Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) warnt im Zusammen mit dem Sexismusvorwurf gegen Berlins CDU-Landeschef Frank Henkel (siehe Seite 5) in der „Welt“ (29. September) vor US-amerikanischer „Political Correctness“:

„Ich plädiere generell dafür, mit dem Vorwurf ,Sexismus‘ zurückhaltend umzugehen. Denn ich habe einfach die Sorge, dass wir uns immer mehr der amerikanischen Kultur annähern, die wahnsinnig darauf bedacht ist, niemanden in seinen Befindlichkeiten zu verletzen. Das klingt menschenfreundlich, führt aber dazu, dass immer mehr Unfreiheit herrscht, worüber man reden darf ... Das würde bedeuten, dass man ständig die Schere im Kopf hat, wen man unter Umständen verletzen oder beleidigen könnte.“