19.04.2024

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Preußische Allgemeine Zeitung - Aktuelle Ausgabe

© Preußische Allgemeine Zeitung Ausgabe 47/16 vom 25.11.2016

S. 1 Preußische Allgemeine Zeitung

Geniale Täuscherin
Merkel tritt noch einmal an − Wohin treibt uns die CDU-Chefin wirklich?

Die einen nennen sie sachlich, schnörkellos, andere werfen ihr Gefühligkeit vor: Was sich hinter Merkels Phrasenwolke verbirgt.

Angela Merkels Entscheidung vom Totensonntag, auf weitere vier Jahre für das Amt des Bundeskanzlers zu kandidieren, hat die Deutschen erneut in zwei Lager gespalten. Auffällig ist, wie beide Gruppen, die Merkel-Unterstützer wie ihre Kritiker, aneinander vorbeireden.

Das hat seinen Grund im Auftritt der Kanzlerin selbst. Ihre Bewunderer beschreiben Merkel als nüchtern, sachlich, faktenorientiert, als „schnörkellos“. Wer ihren Reden, wie zuletzt im Gespräch mit Anne Will, lauscht, bekommt jedoch kaum etwas anderes zu hören als − Schnörkel. Selbst die so entgegenkommende Moderatorin vermochte es nicht, der CDU-Chefin auch nur eine klare Ansage zu entlocken. Die Befragte wich, alles andere als „nüchtern“, ins Persönlich-Gefühlige aus oder in allgemeine Phrasen über Mütter, Kinder, Altersarme oder Erwerbsunfähige, denen irgendwie geholfen werden müsse.

Merkels Anhänger fühlen sich in dieser Sprache warm aufgehoben. Sie würdigen voll Dankbarkeit das Gefühl der Geborgenheit in den Armen der Kanzlerin, das Merkel ihnen über alle Brüche ihrer Politik hinweg vermitteln konnte. Wer hartnäckig nachbohrt und Fakten hören will, wofür Merkel nun eigentlich steht, sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, ein Spalter, ein Querulant oder gar ein Hetzer zu sein.

Und doch ist etwas dran am Bild der kalt kalkulierenden Praktikerin Merkel − nur völlig anders, als ihre bürgerlichen Bewunderer meinen. Hinter der Wolke ihrer Gefühligkeit und ihrer Phrasen verbirgt die CDU-Chefin ihre eigentliche politische Position, die sie stur und mit aller Härte durchsetzt.

In der Energie- und der Zuwanderungspolitik ist Merkels knallgrüne Programmatik bereits offen zutage getreten. Auch in ihrer Haltung zu Deutschland liegt die Kanzlerin komplett auf der Linie von Claudia Roth oder Karin Göring-Eckhardt.

Legendär ist die Szene vom Wahlabend 2013. Mit ekelverzerrtem Blick entsorgte Wahlsiegerin Merkel ein kleines deutsches Fähnchen von dem Podium, auf dem die CDU-Granden ihren Triumph feierten. Bei Anne Will verriet sie sich durch ihre Sprache: Nicht von Deutschen und Einwanderern redete Merkel, sondern von denen, „die wir hinzubekommen“ und denen, „die schon länger hier leben“. Die Deutschen als souveränes Volk mit angestammtem Heimatrecht staucht sie zusammen zu einem Haufen Leute, die hier nur zufällig schon etwas länger verweilen, was bedeutet, dass sie keinerlei besondere Rechte auf ihr Land geltend machen können.

Deutschland sei bei ihr in guten Händen, wollen ihre Unterstützer all dessen ungeachtet glauben. Kein Zweifel: Als Kanzlerin, noch mehr als CDU-Chefin wird Angela Merkel als das erfolgreichste politische Täuschungsmanöver in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen.          Hans Heckel


»Unverzichtbar für Dialog«
Auswärtiges Amt will Deutsche Minderheiten stärker unterstützen

Maria Böhmer (CDU), Staatsministerin im Auswärtigen Amt, und der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk (CSU), haben den Vertretern der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten  sowie der Mittlerorganisationen, darunter das Goethe-Institut und der Deutsche Akade- mische Austauschdienst, ausdrücklich die Unterstützung des Auswärtigen Amtes zugesichert. „Für uns stellt die Arbeit mit den deutschen Minderheiten im Ausland einen unverzichtbaren Teil einer aktiven auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik dar“, erklärte Böhmer bei einem Fachgespräch in Berlin, zu dem sie eingeladen hatte. Dieses kulturpolitische Element der auswärtigen Politik ziele ganz wesentlich darauf ab, „Räume und Mög- lichkeiten des Dialogs“ zu schaffen. Sie seien die Grundvoraussetzung für Verständigung und respektvollen Umgang miteinander.

Bei der Minderheitenförderung durch das Auswärtige Amt handelt es sich vor allem um Sprach-, Bildungs- und kulturpolitische Förderung, wobei besonderes Gewicht auf die Jugend- und Medienförderung gelegt wird. In diesem Zusammenhang stellte Böhmer das „Mind-Netz“ vor. Das vom Institut für Auslandsbeziehungen durchgeführte netzwerkbasierte Projekt soll eine noch engere Vernetzung der Minderheitenorganisationen ermöglichen. Hierbei wird eine zentrale Redaktion Beiträge aus verschiedenen Ländern sichten und diese über soziale Netzwerke wie Youtube, Facebook und Twitter verbreiten.

In Europa gibt es in mehr als 20 Ländern deutsche Minderheiten. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten, die seit 1991 besteht, ermöglicht und fördert den Austausch und die Zusammenarbeit ihrer Mitgliederverbände.                J.H.


Entscheidung fällt rechts
Präsidentschaftswahl in Frankreich: Duell Fillon/Le Pen möglich

Fast vier Millionen Franzosen haben bei der ersten Urwahl der Konservativen abgestimmt, an der sieben Kandidaten teilnahmen. Es war diese hohe Wahlbeteiligung, die den ehemaligen Premierminister François Fillon unerwartet in die Position des Präsidentschaftskandidaten katapultierte – und die das politische Gleichgewicht innerhalb des konservativen Lagers langfristig verschieben könnte. An diesem Sonntag geht er als Favorit gegen Alain Juppé in die Stichwahl.

Der Aufstieg des wirtschaftsliberal-konservativen Fillon könnte eine historische Wende bedeuten. Nicht nur in den Umfragen, auch in den drei vorhergegangen Fernsehduellen war er jedes Mal hinter dem Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy und dem ehemaligen Premier Alain Juppé gelandet. Aber Fillon wirkte schon dort als seriöser und konzentrierter Kandidat, der sich keinen polemischen Streiterreien hingab. Da­mit schien er vielen präsidentieller zu sein als die anderen.

Fillon überzeugte vor allem dank seiner Persönlichkeit. Seine Vorschläge zur Wirtschaftspolitik sind fast eine Rosskur à la Margaret Thatcher. Außenpolitisch sieht er sich in der Tradition Charles de Gaulles, nämlich antiamerikanisch, prorussisch und als Verteidiger der Christen im Nahen Osten.

Fillon erscheint vielen Franzosen über das konservative Lager hinaus attraktiv. Wegen seiner väterlichen Art wirkt der 62-Jährige nicht wie ein Neoliberaler. Das macht ihn sogar für traditionell linke Wähler in einer Stichwahl mit Marine Le Pen vom Front National zur Alternative. Dass ein Außenseiter-Duell zwischen Fillon und Le Pen überhaupt möglich erscheint, beweist, dass auch in Frankreich die Menschen das Vertrauen in die herrschende politische Kaste verloren haben. B.B.

                (Siehe „Zur Person“ auf Seite 24)


Jan Heitmann:
Polit-Technokrat

Gerade noch einmal gutgegangen. Das kommt einem in den Sinn, wenn man sich an die fixe Idee von SPD-Chef Sigmar Gabriel erinnert, die straffällig gewordene Schnapsdrossel Margot Käßmann zur Bundespräsidentin zu machen. Nun soll es also Außenminister Frank-Walter Steinmeier sein, der Joachim Gauck im höchsten Staats- amt beerbt – und das sogar mit dem Segen der Kanzlerin von der anderen Feldpostnummer.

Doch leider hat die herrschende politische Klasse keinen Nachfolger benannt, der auch jenseits des Politik- und Parteienbetriebes Ansehen genießt. Stattdessen hat sie sich für einen altgedienten Polit-Technokraten aus ihrem allerengsten Machtzirkel entschieden. Denn der bietet die Gewähr dafür, dass weder Merkel noch Gabriel mit dem neuen Staatsoberhaupt Überraschungen erleben. Dass sich der eher durch gepflegte Langeweile auszeichnende Chefdiplomat Steinmeier plötzlich als inspirierender oder gar streitbarer Kopf hervortun wird, der Debatten anstößt und der Politkaste die Leviten liest, steht nämlich nicht zu erwarten. Da hilft es auch nichts, dass er erklärt, er wolle als Bundespräsident „weiter unbequeme Dinge sagen“. Denn das hat er noch nie getan. Was er hätte sagen wollen, hätte er längst sagen können. Doch ist kein Satz von Steinmeier überliefert, mit dem er irgendetwas bewirkt oder wenigstens eine Debatte angestoßen hätte.

Immerhin, dass dem Land eine zweite Amtszeit Gaucks erspart bleibt, ist allein schon eine gute Nachricht. Dass Steinmeier als abwägender Mann der leisen Töne im Gegensatz zu diesem lautsprecherischen Schwadroneur und Selbstdarsteller wenigstens keinen Schaden anrichten dürf- te, eine weitere.


S. 2 Aktuell

CDU am Abgrund
Die Partei entfernt sich nach der Wahl von Donald Trump weiter von den Wählern denn je

Deutschlands einst größte und derzeit noch regierende Volkspartei CDU entfernt sich nach dem Ausgang der US-Wahl weiter denn je vom Wahlvolk: Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder, fordert „noch mehr Europa“, Kanzlerin Angela Merkel ein noch offeneres, auf mehr Zuwanderung ausgelegtes Deutschland.

Die „New York Times“ nennt Merkel „die letzte Verteidigerin des liberalen Westens“. Zum neuen Bild als letzte Hüterin der freien Welt wollte am 15. November auch Norbert Röttgen (CDU) beitragen. In steifem Oberklasse-Englisch sagte der Vorsitzende des Bundestags-Außenausschusses dem US-Sender CNN, Merkel werde 2017 für eine vierte Amtszeit als Kanzlerin zur Wahl antreten. „Sie ist absolut willens und bereit, zu der internationalen liberalen Ordnung beizutragen“, so Röttgen. Das wurde von der CDU umgehend dementiert: Merkel werde ihre Kandidatur zu gegebener Zeit mitteilen. Nur Tage später ließ die CDU verlauten, Merkel werde sich am 20. November mit Blick auf den CDU-Parteitag am 6. und 7. Dezember in Essen erklären – was sie auch tat. Ergebnis: ihre erneute Kandiatur. Was Röttgen unabgesprochen preisgab, ist weniger peinlich als ein Einblick in das Selbstbild der Christdemokraten.

Merkel als „Grundpfeiler dieses politischen Konzepts des Westens“, wie Röttgen es formulierte, sucht auf außenpolitischer Bühne Bestätigung, die ihr daheim versagt bleibt. Umfragen von Mitte November sehen die CDU bei 30, 34 und 35 Prozent (Institute INSA, Allensbach und Forsa). Damit wäre sie in manch seriöser Erhebung gerade noch doppelt so stark wie der unausgesprochene Hauptgegner AfD (laut INSA bei 14,5 Prozent), wenn demnächst Bundestagswahl wäre. Als „Grundpfeiler“ traf Merkel sich am 18. November mit dem scheidenden US-Präsidenten Barack Obama sowie der britischen Premierministerin Theresa May, Frankreichs Staatspräsident Fran-çois Hollande, Italiens Ministerpräsidenten Matteo Renzi und Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy, ganz so, als wäre Obama noch gestaltungsmächtig und die Kanzlerin seine legitime Nachfolgerin. Obama spart nicht an Lob für Merkel: Wäre er Deutscher, würde er sie wählen. Die Bundestagswahl findet erst 2017 statt. Aus den eigenen Reihen erntet Merkel schlimmstenfalls zu eifrige Zustimmung. Prominente aus CDU und CSU haben sie in den vergangenen Wochen aufgefordert, zu kandidieren. Selbst die in ihrer Kritik am Zuwanderungskurs nicht sparsame CSU legte sich auf Merkel fest. Ausgeblendet ist der Untergang der CDU in Berlin, wo die Partei nach Merkels Plan als moderne Großstadtpartei erneuert werden sollte. Statt Annäherung an verlorene Wählermassen fordert die Kanzlerin von den Bürgern, die „Offenheit der Einwanderungsgesellschaft“ zu gewährleisten als Voraussetzung für Integration. Unter dem Stichwort „Teilhabe“ sollen vom Bundesfreiwilligendienst bis zum öffentlichen Dienst weite Bereiche den Zuwanderern „geöffnet“ werden, so die CDU.

Während die Schwesterpartei CSU vor Rot-Rot-Grün im Bund warnt, setzt Merkel unbeirrt einen inhaltlichen Annäherungskurs an die Grünen fort. Die CSU stimmt in einer aktuellen Mitgliederbefragung für bundesweite Volksentscheide, Merkel lehnt das ab. An ihr als neuem Stabilitätsanker all jener, die an den Brexit so wenig glaubten wie an einen US-Präsidenten Trump, kommt scheinbar keiner vorbei. Das Kalkül Merkels, die sich früh auf den Parteivorsitz und das Kanzleramt in Personal-union festlegte, sieht die eigene Person als einzigen Ausweg. Mit ihr droht die einstige Volkspartei in den Autismus abzugleiten, Merkel das Schicksal Hillary Clintons zu wiederholen. Denn es gilt, die bisherige Politik bis zur Wahl als Erfolg zu verkaufen, was Umkehr und bürgernahen Wandel eher ausschließt. Es gebe keine Rückkehr in die Welt vor der Globalisierung, ist eine ihrer aktuellen Aussagen, die in ihrer Unumstößlichkeit geeignet ist, Gräben zu vertiefen. Im Dezember 2013 hatte die CDU noch einen Mitgliederstand von 467076, im Juli dieses Jahres waren es noch 444000. Die CSU verlor 2015 nicht 2,9 Prozent wie die Schwesterpartei, sondern nur 1,5 Prozent ihrer Mitglieder. Seit 1990 haben hunderttausende konservative Mitglieder die Union verlassen. Neue konservative Kreise in der CDU formieren sich wie aktuell in Meck­lenburg-Vorpommern im Kleinen. Die unbestimmte Haltung der CDU im Streit um sogenannte Kinder-ehen ist ein weiterer Gradmesser der Erosion der Partei. An der Basis treten befremdete Christdemokraten aus. Bekenntnisse zu Merkel aus der Union sind damit zunehmend mit Vorsicht zu genießen. Der Wunsch, die nicht nur in der Zuwanderungsfrage isolierte Kanzlerin möge ihrer Götterdämmerung entgegen gehen, scheint für viele in der Union die einzige Hoffnung auf Wandel zu sein.                S. Gutschmidt

                (siehe auch Seite 3)


Pädagogen als Freiwild
Zahl der verbalen und körperlichen Angriffe auf Lehrkräfte steigt drastisch an

Der Lehrer als Respektsperson? Das gilt heutzutage wohl nicht mehr. Immer mehr Pädagogen klagen über psychische und physische Übergriffe. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa, die vom Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) in Auftrag gegeben wurde, hat ergeben, dass fast ein Viertel (23 Prozent) der befragten Lehrer bereits Ziel von Diffamierungen, Belästigungen und Drohungen gewesen ist. In den meisten Fällen gingen die Übergriffe von Schülern aus. Der VBE sieht sich bestätigt, in internen Rundschreiben hat er schon seit Jahren davor gewarnt, dass der Respekt gegenüber den Pädagogen immer weiter sinke. Bundesweit seien insgesamt 45000 Lehrer schon körperlichen Angriffen ausgesetzt gewesen. Dazu gehörten etwa Fausthiebe, Tritte, Haare-Ziehen oder das Bewerfen mit Gegenständen. 59 Prozent der befragten Lehrer gaben an, dass Gewalt an Schulen in den letzten fünf Jahren zugenommen hat, lediglich vier Prozent waren der Ansicht, dass Gewalt an Schulen eher abgenommen hat. 36 Prozent gaben an, keine größeren Veränderungen beobachtet zu haben.

Interessant ist die Verteilung der Übergriffe auf die jeweilige Schulform. Lehrer von Förder- und Sonderschulen berichteten am häufigsten über gewalttätige Aktionen. Am seltensten waren Pädagogen an Gymnasien betroffen. Gewalt unter Kollegen ist auch keine Rand-erscheinung, immerhin 28 Prozent gaben an, schon einmal von einem Kollegen oder sogar einem Vorgesetzten attackiert worden zu sein. „Wir waren überrascht über die Größenordnung“, erklärt der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann, dessen Verband die erste Erhebung dieser Art durchführen ließ. Verlässliche Vergleichszahlen liegen somit noch nicht vor. 91 Prozent der Lehrer, die körperlich angegriffen wurden, haben den Vorfall der Schulleitung oder der zuständigen Behörde gemeldet; Lediglich in neun Prozent der Fälle ist es zu einer Anzeige gekommen. „Als Gründe werden hier vor allem angegeben, dass der Täter noch nicht strafmündig war, dass man aus Rücksicht auf den Schüler davon abgesehen hat oder weil ohnehin schulinterne Maßnahmen eingeleitet wurden“, heißt es in der Umfrage.

Bei psychischen Übergriffen haben immerhin  86 Prozent der Betroffenen die Fälle gemeldet und mehr als die Hälfte der befragten Lehrer kennt einen Fall, in dem ein Kollege Ziel solcher Attacken wurde. Beckmann forderte gegenüber der Deutschen Presseagentur, dass die Vorfälle künftig verpflichtend dokumentiert werden und Statistiken zur Gewalt in Schulen veröffentlicht werden müssten. „Die Lehrer müssen auch besser von den Schulbehörden unterstützt werden. Angesichts der steigenden Herausforderungen wie etwa Inklusion und Integration müssen Schulen in multiprofessionellen Teams mit Sonderpädagogen, Psychologen und Sozialarbeitern zusammenarbeiten“, fordert Beckmann.

Gewalt gegen Pädagogen endet allerdings längt nicht mehr mit dem Verlassen des Schulhofs. Während und nach der Schule geht es im Netz weiter. So werden immer wieder Lehrkräfte in für sie unangenehmen Situationen gefilmt und die Clips bei Youtube oder Facebook hochgeladen. Auch Bedrohungen in Sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram sind keine Seltenheit. Der VBE berichtet von zahlreichen Fällen, in denen Lehrer mittlerweile darauf verzichten, ein Facebook-Profil anzulegen, um nicht von den Schülern erkannt zu werden. „Ich kenne Menschen, die werden regelrecht krank darüber, trauen sich nicht mehr zu unterrichten“, sagt Hans-Peter Etter, Leiter der Rechtsabteilung des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes.

Der VBE-Vorsitzende Beck­mann kam zu der drastischen Erkenntnis, dass ihm „außer professionellen Kampfsportlern keine Personengruppe bekannt ist, zu deren Job es gehört, sich psychisch und physisch angreifen zu lassen“. Das Problem werde systematisch kleingeredet und unter den Tisch gekehrt. Oft sei dies auch der Fehler der Schulleiter, die mit Blick auf den angeblichen Schulfrieden auf Maßnahmen gegen die Täter verzichteten. Übrigens: Danach, wie hoch der Immigranten-Anteil unter den Tätern ist, wurde nicht gefragt. P.E.


MELDUNGEN

Bundeswehr kauft »Hercules«

Berlin – Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat die schon länger geplante Anschaffung von bis zu vier Transportflugzeugen des US-amerikanischen Typs Lock-heed C-130J „Hercules“ unter Dach und Fach gebracht. Von der Leyen plant, gemeinsam mit der französischen Luftwaffe, die bereits mehrere Maschinen dieses Typs angeschafft hat, eine Lufttransportstaffel aufzubauen, und hat dazu in Paris eine Absichtserklärung unterzeichnet. Die Staffel soll in Frankreich stationiert werden. Die Beschaffung der „Hercules“-Maschinen ist erforderlich, weil das neue Transportflugzeug der Luftwaffe, der Airbus A400M, die Anforderungen der Bundeswehr nur zu einem Teil erfüllt und sich seine Auslieferung zudem erheblich verzögert. Die „Hercules“, eines der weltweit am weitesten verbreiteten militärischen Transportflugzeuge, gilt als besonders vielseitig und erfüllt alle diese Anforderungen.        J.H.

 

Steuertarif wird geändert

Berlin – Der Einkommensteuertarif muss laut Bundesregierung geändert werden, um die Wirkung der kalten Progression aufzuheben. Zwar werde es im laufenden Jahr voraussichtlich keine kalte Progression geben, dennoch sei nicht in jedem Einzelfall die Wirkung der kalten Progression ausgeglichen. Rund 3,2 Millionen Steuerpflichtige im mittleren und höheren Einkommensbereich würden mit durchschnittlich 55 Euro belastet, so die Regierung. Aufgrund der für 2017 zu erwartenden höheren Inflationsrate sei mit einem Volumen der kalten Progression von 2,1 Milliarden Euro zu rechnen. Betroffen seien rund 31 Millionen Steuerpflichtige mit durchschnittlich 85 Euro im Jahr. Als kalte Progression werden Steuermehreinnahmen bezeichnet, die entstehen, soweit Einkommenserhöhungen die Inflation ausgleichen und es in Folge des progressiven Einkommensteuertarifs bei somit unveränderten Realeinkommen zu einem Anstieg der Durchschnittsbelastung kommt.        J.H.

 

Rauswurf wegen der Wahrheit

Tunis – Abdeljalil Ben Salem, der tunesische Minister für religiöse Angelegenheiten, ist nach nur drei Monaten im Amt entlassen worden. Ihm wird die „Verletzung der Fundamente der tunesischen Diplomatie“ vorgeworfen, nachdem er eine Verbindung zwischen der saudischen Staatsideologie, dem Wahhabismus, und dem islamistischen Terrorismus hergestellt hatte. Ben Salem war Minister im sogenannten Fachkräfte-Kabinett von Premierminister Youssef Chahed. Dieses war zustande gekommen, weil Tunesien als eigentliches Musterland des arabischen Frühlings jahrelang unter dem Einfluss der Muslimbrüder stand, die es an den Rand eines Bürgerkrieges brachten. Das Erstarken des islamistischen Terrors gegen ausländische Touristen hatte im Jahre 2015 zu einem Einbruch in der Tourismusbranche, einem der Hauptwirtschaftsbereiche des Landes,  geführt. Bereits bei seiner Ernennung im August dieses Jahres war Ben Salem kritisiert worden, weil er im Jahre 2011, dem Jahr des arabischen Frühlings, in der Moschee von Zitouna gesagt hatte, „dass der politische Islam früher oder später die gesamte Region beherrschen werde“.     B.B.


S. 3 Deutschland

»Konrads Erben« begehren auf
Alt-Stipendiaten der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung kritisieren Angela Merkel scharf

Viele führende Köpfe  in der Union wünschen sich Konrad Adenauer als CDU-Parteivorsitzenden und Bundeskanzler zurück. In einem „Röhndorfer Manifest“ kritisieren sie scharf die Politik von dessen Nachfolgerin Angela Merkel.

Alt-Stipendiaten der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung haben sich als „Konrads Erben“ in einem Manifest bei Facebook kritisch mit der Politik der Bundesregierung unter Angela Merkel auseinandergesetzt. Bei dem Kreis der Alt-Stipendiaten handelt es sich nicht nur um Akademiker, sondern um die besten Köpfe der Partei, die einen Auswahlprozess durchliefen, um in den Kreis der Geförderten aufgenommen zu werden. Diese sehen das Erbe des früheren Bundeskanzlers Konrad Adenauer „durch das Handeln der Bundesregierung ernsthaft in Gefahr“. Nach eigenen Angaben umfasst dieser Kreis rund 500 Mitglieder, bestehend aus Alt-Stipendiaten und Adenauer-Sympathisanten, wie die Gruppe selbst ihr Forum beschreibt.

Kopf von „Konrads Erben“ ist Bernd Samland, einstiger Medienmanager und selbstständiger Markenberater aus Köln. Die Gruppe sieht vor allem in Merkels „Flüchtlingspolitik“ einen Verstoß gegen die Prinzipien des CDU-Altvaters und früheren Bundeskanzlers. Konkret kritisiert Samland an Merkel unter anderem ihre Zuwanderungspolitik, welche die „schweigende Mehrheit“ seiner Meinung nach ablehnt und mit der sie einen Bruch mit den europäischen Partnern riskiere. Samland selbst ist nach 35 Jahren Mitgliedschaft aus der CDU ausgetreten wegen des „perspektivlosen Satzes“ von Merkel „Wir schaffen das“, wie er dem „Spiegel“ sagte.

Samland arbeitet derzeit an einem Papier mit dem Arbeitstitel „Rhöndorfer Manifest“, in dem die Forderungen seiner Gruppe gesammelt werden. Rhöndorf ist ein Stadtteil von Bad Honnef, Wohn- und Sterbeort des 1967 verstorbenen Alt-Bundeskanzlers. In dem Papier heißt es, Adenauer hätte niemals öffentlich erklärt, dass wir unsere Grenzen nicht schützen könnten, wie es Angela Merkel ausgedrückt habe. Weiter heißt es in dem Entwurf: „Diese Aussage ist faktisch falsch und im höchsten Maße unklug. Zum Wohle des Volkes können Gesetze, Vorschriften und Strukturen auch geändert werden, das fängt viel zu zaghaft an, ins Bewusstsein der Regierung vorzudringen. Adenauer hatte es verstanden, aus seiner langfristigen Verantwortung heraus auch unpopuläre Entscheidungen, wie beispielsweise die Wiederbewaffnung, gegen kurzfristige Meinungstrends durchzusetzen und durchzustehen. Bei Angela Merkel werden kurzfristige Meinungsbilder, ohne Reflexion der Konsequenzen, zur alternativlosen Politik erklärt. So wurde Fukushima zum Grund für eine völlig überstürzte Energiewende und die Bilder von weinenden Kindern am Budapester Bahnhof wurden zur Rechtfertigung der Aufgabe von Einreisekontrollen und zur Einladung von einer Million Flüchtlingen. Bei Menschen, die durch Dutzende sicherer Länder ziehen, um in das Land zu reisen, in dem es die höchsten Sozialleistungen gibt, hätte Adenauer, der noch millionenfaches wirkliches Flüchtlingsleid vor Augen hatte, allerdings kaum von Flüchtlingen gesprochen.“

Adenauer habe klare Ziele wie beispielsweise den Wie-deraufbau in Freiheit, Westanbindung und Wohlstand im Rahmen einer sozialen Marktwirtschaft gehabt. Die Merkel-Regierung sei dagegen vornehmlich mit der Bewältigung selbstgeschaffener Probleme beschäftigt. Mit „Fluchtursachenbekämpfung“ wolle man den Syrien-Konflikt lösen und merke nicht, dass dies eine Nummer zu groß ist. Aktive Mitspieler dieses Konfliktes wie der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, würden dafür bezahlt, dass sie das Problem lösten, wodurch man den Bock zum Gärtner mache. Wenn man unkontrolliert große Mengen von Menschen aus dem Nahen Osten bei uns aufnehme, werde dort kein einziges Problem gelöst, sondern die dortigen Probleme würden in unser Land importiert werden. Adenauer hätte dies erkannt, sind sich „Konrads Erben“ sicher.      Bodo Bost


Importierter Bruderkrieg
Machtkämpfe zwischen Salafisten nun auch in Deutschland

Wie in islamischen Ländern, wo sich mittlerweile mehrere salafistische Gruppen, wie der Islamische Staat (IS), al-Kaida oder die Taliban selbst mit Waffen bekämpfen, scheinen auch in Deutschland die Machtkämpfe unter den Salafistengruppen zuzunehmen. Vorgegeben wird zwar zumeist ein Streit um die richtige Auslegung des Islam, aber im Grunde geht es dabei einfach um Macht und Einfluss. In Bremen soll es bei solchen internen Auseinandersetzungen zwischen Salafisten, die sich gemeinhin mit Bruder oder Schwester anreden, bereits zwei Schwerverletzte und mehrere Mordaufrufe gegeben haben. Oft werden interne Streitigkeiten allerdings nach außen getragen oder durch Attentate oder Anschläge übertönt, was wesentlich gefährlicher ist.

Als erster hatte Bernhard Falk von solchen internen Kämpfen berichtet. Falk gilt als einer der radikalsten Salafisten hierzulande, obwohl er weniger bekannt ist als die Prediger Pierre Vogel oder Sven Lau. Der zum Islam konvertierte einstige Aktivist der Antiimperialistischen Zellen (AIZ), der 1999 wegen vierfachen Mordversuchs und Sprengstoffanschlägen zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, ist einer der lautstärksten Propagandisten eines radikalislamischen Gottesstaats mit Taliban-Prägung. Lau und Vogel dagegen halten es eher mit dem IS und al-Kaida. Erkennungsmarken der verschiedenen Salafistengruppen sind reißerische Aktionen, wie etwa die „Scharia Polizei“ im Ruhrgebiet oder die Koran-Aktion „Lies“. Das Internet gilt als das Hauptkampfforum für die selbsternannten Krieger Allahs.

Die islamistische Szene in Deutschland hat mehr als 40000 Anhänger, darunter schätzungsweise 8650 Salafisten. Ahmad Abdelazziz A. (32) alias Abu Walaa, der „Prediger ohne Gesicht“, gilt als prägende Figur des IS in Deutschland und der sehr einflussreichen Islamisten-Szene in Hildesheim. Nach monatelangen Ermittlungen sind in Dortmund, Duisburg und Orten in Niedersachsen mit Abu Walaa insgesamt fünf Männer festgenommen worden. Der Generalbundesanwalt wirft ihnen vor, ein „überregionales salafistisches-dschihadistisches Netzwerk“ gebildet und Kämpfer für den IS geworben und deren Ausreise nach Syrien konspirativ organisiert zu haben.

Mit der Festnahme Abu Walaas und vier weiterer Männer ist der Polizei ein empfindlicher Schlag gegen die salafistische Szene gelungen. Von dem „Prediger ohne Gesicht“, der seit mehreren Jahren als Asylbewerber in Deutschland lebt, ist nicht bekannt, aus welchem Land er stammt, wie er richtig heißt und mit wie vielen Frauen er verheiratet ist. Wohnsitze hatte er im nordrhein-westfälischen Tönisvorst und in Hildesheim, wo er den „Deutschsprachigen Islamkreis“ (DIK) gegründet hat. Belastet wurde Abu Walaa von dem Syrienheimkehrer Anil O., einem 22 Jahre alten Deutsch-Türken, der sich einst in der Hildesheimer Moschee für den Dschihad begeistert hat. Die Hildesheimer Moschee sei der „Platz Nummer eins“ für alle gewesen, die zum IS wollten, hatte O. gesagt. Auch die beiden Jugendlichen, die im April einen selbstgebauten Sprengsatz vor dem Sikh-Tempel in Essen zündeten, sollen von Abu Walaa angeworben worden sein. Die DIK soll auch mit dem Neusser Verein „Helfen in Not“ zusammengearbeitet haben, der ebenfalls als Drehscheibe für Ausreisewillige „Gotteskrieger“ gilt.     Bodo Bost


Tagen hinter Knastmauern
AfD findet vielerorts keine Versammlungsräume mehr

Der Schutz durch Gefängnismauern ist für die AfD in der Region Oldenburg in Oldenburg möglicherweise die letzte Möglichkeit, als Partei Mitgliederversammlungen oder Veranstaltungen durchführen zu können. Bereits in der ersten Novemberhälfte hat der AfD-Kreisverband Oldenburg/Ammerland eine Anfrage auf den Weg gebracht, ob für Mitgliedertreffen Tagungsräume in der Justizvollzugsanstalt Oldenburg genutzt werden könnten. Auslöser für den ungewöhnlichen Schritt ist eine schon länger andauernde Entwick­lung: Militante Linksextremisten haben der Partei nach und nach jede Möglichkeit für Veranstaltungen im öffentlichen Raum genommen. Mittlerweile ist es in der Region zu mindestens sechs Fällen gekommen, bei denen Restaurantbetreiber so eingeschüchtert wurden, dass sie resignierten und die AfD aussperrten. „Wir haben keine Möglichkeit mehr, öffentliche Räume zu nutzen, ohne dass Gastwirte von der Antifa eingeschüchtert oder bedroht werden“, erklärt ein Sprecher des Kreisverbandes der PAZ die Situation.

Unter Druck gesetzt wurden zunächst mehrere Gastwirte in der Stad Oldenburg, unter ihnen auch die Betreiber eines griechischen Restaurants. In einem Fall drangen sogar 20 bis 30 schwarz vermummte Personen in ein Restaurant ein, um gegenüber dem Gastwirt und den AfD-Mitgliedern eine Drohkulisse aufzubauen. Den vorläufigen Tiefpunkt stellt ein Anschlag auf eine alteingessene Gastwirtschaft in Torsholt in der Nähe von Bad Zwischenahn dar, der mit Farbe beschmiert wurde. In einem anonymen Anruf und über das Internet haben die Täter weitere Straftaten angedroht: „Wir haben uns bewusst zunächst für einen geringen Sachschaden entschieden, um dem Gasthof … eine Chance zum Umdenken zu geben“, heißt es in einem Bekennerschreiben, das auf der linksmilitanten Internetseite „indymedia“ veröffentlicht wurde. Ganz unverblümt wurde in dem Text auch klar gemacht, was von dem Betrieb erwartet wird. „Es wird sich an Terminen wie am 09.11.2016 (Stammtisch der AfD, d. Red.) zeigen, ob der Gasthof ... massivere Schäden zu erwarten hat. Dies ist nicht nur auf die Räumlichkeiten bezogen, sondern schließt sämtliches Firmeneigentum ein.“

Der AfD-Kreisverband Oldenburg/Ammerland hat in der Angelegenheit inzwischen eine Strafanzeige wegen Nötigung erstattet. Betroffene Gastwirte scheinen die Einleitung juristischer Schritte allerdings in vielen Fällen zu scheuen. Eine Rolle spielen mit Sicherheit die geringen Aussichten, dass Täter überhaupt ermittelt und auch verurteilt werden.

Offenkundig ist aber auch, dass die Linksextremisten in einem öffentlichen Meinungsklima agieren, das die gesellschaftliche Ausgrenzung der AfD gutheißt. So sind inzwischen bundesweit zahlreiche Fälle bekannt geworden, in denen Politiker der sogenannten etablierten Parteien, Gewerkschaftsfunktionäre, Journalisten oder sogar Brauereien auf Wirte und Veranstalter Druck ausgeübt haben, damit diese der AfD keine Versammlungsmöglichkeiten mehr bieten. Betroffene berichten, dass entweder ganz offen, teilweise sogar schriftlich, oder in Gesprächen wirtschaftliche Nachteile angekündigt werden, falls der AfD Räume für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt werden sollten.                N.H.


MELDUNGEN

Lkw-Maut wird ausgeweitet

Berlin – Einen Vorgeschmack auf das, was bei Einführung der Pkw-Maut über kurz oder lang auf die Autofahrer zukommen dürfte, gibt ein Gesetzentwurf, dem der Verkehrsausschuss bereits zugestimmt hat: Die Lkw-Maut wird auf alle Bundesstraßen ausgeweitet. Bisher erhebt der Bund die Lkw-Maut auf Bundesautobahnen sowie auf rund 2300 Kilometern Bundesstraßen. Die Bundesregierung versteht die Ausweitung der Lkw-Maut als konsequentes Vorantreiben der Nutzerfinanzierung“, mit deren Hilfe sie die Finanzierung der Bundesfernstraßen verbessern und „damit eine moderne, sichere und leistungsstarke Verkehrsinfrastruktur in Deutschland gewährleisten“ will. Die Bundesregierung will zudem eine Ausweitung der Maut auf Lkw ab 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht und Fernbusse prüfen.          J.H.

 

Aufarbeitung im Hause Maas

Berlin – Nachdem die Aufarbeitung der Nachkriegsgeschichte des Bundesjustizministeriums ergeben hat, dass in den ersten beiden Nachkriegsjahrzehnten die Mehrheit der Führungskräfte des Hauses NS-belastet war, verlangt Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), dass sich seine Mitarbeiter mit der Frage nach dem Stellenwert der Ethik in der heutigen Juristenausbildung beschäftigen. Dazu soll mit den Ländern eine Arbeitsgruppe auf Abteilungsleiterebene eingesetzt werden, die hierzu Vorschläge erarbeiten soll. Zudem soll es Weiterbildungsangebote zu dem Thema geben. Ein erstes Seminar finde in Kürze im „Haus der Wannseekonferenz“ in Berlin statt, wo 1942 die „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen wurde. Außerdem will das Ministerium der Frage nachgehen, „inwieweit das geltende Recht noch Relikte aus der Nazizeit enthält, die beseitigt werden sollten“. J.H.


S. 4 Trumps Politik und Personal

Alles auf dem Prüfstand
Verhältnis zwischen USA und Europa: Unverständnis gegenüber Trumps Politik

Der Trump-Effekt löst ein „Jetzt erst recht“ bei Europas und vor allem Deutschlands Polit-Eliten aus. Im Verhältnis zu den USA reißt ein auf Beständigkeit pochender Ton vom alten Kontinent Gräben, die neue US-Akzente kaum aufhalten.

US-Präsident Barack Obamas Abschiedsbesuch verbreitete die Gewissheit, so vordergründig innig wie mit ihm werde es nicht mehr. Das Verhältnis des kommenden US-Präsidenten Donald Trump zu Bundeskanzlerin Angela Merkel ist belastet. Sie ist ein Gegenentwurf zu seiner Politik. Trumps Heuern und Feuern von Beratern lässt durchblicken, wie wenig festgefahren sein Kurs ist. Trotz solcher Unwägbarkeiten zeichnen sich schon jetzt neue Gewissheiten der transatlantischen Beziehungen ab.

„Europa muss entscheiden, ob es selbst mitgestalten oder nur Spielball sein will“, sagt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie will keine „Trittbrettfahrer“ des Trump-Effekts. Die „weltoffene Gesellschaft mit Selbstbewusstsein zu verteidigen“ sei Gebot der Stunde – eine der politischen Stimmen, die Trump drohen. Die Beschwörung von Selbstbewusstsein schafft indes noch keines.

In der Sicherheitsarchitektur Europa-USA wird dieses Defizit am deutlichsten, ist zuerst Wandel da. Trump lässt den Europäern ihren Widerspruch nicht mehr durchgehen, eine handlungsfähige EU-Verteidigung finden zu wollen, aber den Schirm der vor allem US-finanzierten Nato weiter zu nutzen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte nun vor den EU-Außenministern, für Europa sei es an der Zeit, die Verteidigungsausgaben anzukurbeln. Trump fordere das zu Recht. Auch der Blick der EU-Partner auf Russland ändert sich. Es sei „wichtig, im Dialog zu bleiben“, so Stoltenberg jetzt. Die am 15. November von Trump und Putin verkündete „konstruktive Partnerschaft“ wirkt.

Trump erteilt dem Export westlicher Werte in andere Staaten eine Absage. Er legt sich trotz eigener Widersprüche auf mehr Realpolitik fest. So verschieben sich den Europäern bekannte Koordinaten. Nicht die USA haben ein wirtschaftliches Problem mit dem für sie fernen Russland, sondern der Konflikt verlaufe zwischen dem Handelsriesen EU und Russland, mahnen nun US-Analysten. Ob Ukraine oder Syrien – alle Positionen stehen auf dem Prüfstand. Russland und die USA kündigen eine Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus und Extremismus an. Europa will die Kontinuität im Wandel der US-Politik nicht erkennen. Im Februar gab die US-Denkfabrik Rand Corporation bekannt, Russland würde bei einer Auseinandersetzung osteuropäische Nato-Staaten binnen Tagen überrennen – in jedem denkbaren Szenario.

Trump muss bald einen Preis für das Fortbestehen bisheriger transatlantischer Gewissheiten wie der Nato nennen, um Geld für die US-Innenpolitik freizumachen. Europa droht, vom direkten Draht Washington-Moskau übergangen zu werden und Berlin am meisten, weil es sich seine tatsächliche Lage am wenigsten eingesteht. Trump lässt konkurrierende Berater zu. Die kommen nicht aus dem Kreis der bisherigen Anlaufstellen von Europas Eliten. Die kulturelle Entfremdung greift indes noch tiefer: Nicht einmal jeder fünfte Deutsche betrachtet die USA als engsten Freund. Trumps Freunde sind hingegen die von Europa geschmähten „starken Männer“ und Frauen der Weltpolitik, siehe Brexit. 

Mehr als seine außenpolitischen Entscheidungen, die Trump weitgehend ohne US-Kongress im Alleingang gestalten kann, fürchten Europas Eliten den Impuls, der von ihm ausgeht – auf Österreich zuerst. Dort kommentiert Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer: „Dort, wo sich die Eliten vom Wähler entfernen, werden die Eliten abgewählt.“ Trump fördert so neue Absetzbewegungen vom EU-Kurs. Bulgarien und Moldau wenden sich Russland zu. Selbst an der EU-Spitze breitet sich Unruhe aus. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sucht ein Amt in der deutschen Politik. Hier hofft das linke Lager auf eine Gegenbewegung gegen Trump. Ob einige hundert Mitglieder mehr, wie sie SPD und Grüne nach der US-Wahl verzeichnen, einen Trend in Europa auslösen, bleibt fraglich. Der Parteienforscher Oskar Niedermayer spricht von einem „kurzen Aufflackern“. Europas Politik wird Trump somit bald nicht mehr als Sündenbock, sondern als Partner brauchen.         Sverre Gutschmidt 


Ökonomie des Wandels
Trump lässt über wirtschaftliche Eckpfeiler flexibel beraten

Das transatlantische Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa TTIP ist in Europas Politik bereits totgesagt worden. Nun verzichtet US-Präsident Barack Obama darauf, das Vorhaben noch eilends durch den Kongress zu bringen. Der Schock darüber, was dessen Nachfolger wirtschaftspolitisch alles ändern will, legt sich in Europa allmählich, am schnellsten in der politischen Linken.

Das Aus für TTIP ist weniger den Einwänden aus Trumps Umfeld als der mangelnden inhaltlichen Einigkeit vor, während und nach dessen Wahl geschuldet. Trump spricht wirtschaftlich an, was im Sinne des globalisierten Fortschritts bisher ausgeblendet wurde. Nicht Freihandel an sich stört, sondern dessen falscher Alleinvertretungsanspruch und die drückende Konkurrenz für US-Arbeitsplätze. Hier ist TPP, das Pazifische Gegenstück zu TTIP, ein viel lohnenderes Ziel für Trumps Schutzmaßnahmen. Die von dessen Team angefragten Finanzexperten Steven Mnuchin von Goldman Sachs und Jamie Dimon von JPMorgan Chase eignen sich kaum als Kandidaten einer radikalen Abkehr, vielmehr sucht Trump ungewöhnliche neue Bündnisse für Anpassungen. Nicht Europa, sondern Amerika und Asien sind dafür die Handlungsräume seiner Wahl: Laut US-Sender CNN will sein Team in den ersten 200 Tagen das Nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta beenden und neu verhandeln. Das Transpazifische Freihandelsabkommen TPP will die neue Regierung aufhalten. Die Demokraten überlegen, Trump dabei zu unterstützen.

Dieser grundlegende Wandel der Einstellung zu Freihandel wird nicht schnell Wirkung zeigen, sagen Analysten, aber umso tiefgreifender sein. Die Rationalisierung der globalen Wirtschaft lässt in vielen Branchen kaum Raum für neue US-Arbeitsplätze in der fertigenden Industrie. Das weiß Trump. Denkbar ist daher eine Art neues, informelles Bündnis mit Europa, um einen gemeinsamen Wohlstandsraum abzusichern, zumindest aber starke Gegenanreize zur Auslagerung von Arbeitsplätzen zu schaffen. Eine neue Infrastrukturbank soll Unabhängigkeit von der US-Finanzindustrie und Wall Street schaffen. China als Ziel eines US-Handelskrieges rückt so lange in den Hintergrund, wie es möglich ist, die US-Wirtschaft auch ohne eine solche Schlacht mit ungewissem Ausgang zu stärken. SG


Millionen US-Bürger leben in Armut

Die Arbeitslosenquote in den USA ist kaum ein geeigneter Gradmesser für Beschäftigung. Als Schätzwert lässt die Quote auf eine hohe Dunkelziffer schließen. Die Zentralbank richtet ihre Politik danach aus, erhebt die Daten. Sie erhob jüngst, dass 47 Prozent der US-Bürger sich nicht einmal die nötigen 400 Dollar für die Notaufnahme eines Krankenhauses leisten können. Waren im Frühjahr dieses Jahres 58,9 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung beschäftigt, so waren es vor der Krise 62,9 Prozent (Januar 2008). Offiziell liegt die Arbeitslosigkeit  bei 4,85 Prozent. Das ist der niedrigste Wert binnen acht Jahren. Das entspricht keinem Anstieg an Arbetisplätzen, von denen es sich leben ließe. Immer mehr US-Bürger beziehen Lebensmittelmarken. Im Oktober 2015 waren es 45,4 Millionen. Bei einer Gesamtbevölkerung von rund 316 Millionen war rund jeder siebte US-Amerikaner auf die Hilfe angewiesen. Im Jahr 2001 lag die Zahl noch bei 17,3 Millionen. Vor allem Familien brauchen die Marken, in manchen Bundesstaaten leben 20 Prozent der Bevölkerung davon. Nur wer weniger als 2552 US-Dollar in der Gesamtfamilie verdient oder weniger als 1245 US-Dollar als Einzelperson bekommt sie. Gute 65 Prozent der Kinder wachsen in Haushalten auf, die irgendeine Form von Bundesbeihilfen beziehen. Steil steigt die Zahl der „working poor“, der Menschen, die arbeiten und kaum Lohn erhalten. Der US-Arbeitsmarktbericht bestätigt das indirekt. Die US-Sozialversicherungsbehörde hat herausgefunden, dass 51 Prozent aller US-amerikanischen Beschäftigten weniger als 30000 Dollar im Jahr verdienen. Pew Charitable Trusts ermittelte, das Durchschnittseinkommen sei von 2004 auf 2014 um 13 Prozent gesunken. Rund 15 Prozent der Amerikaner lebten 2014 laut offiziellen US-Statistikern unter der festgelegten Armutsschwelle von 24000 Dollar im Jahr. Die Hauseigentümerquote fällt seit acht Jahren in Folge. Rund 25 Prozent aller US-Bürger haben so viele Schulden, dass der Wert ihres gesamten Besitzes diese nicht ausgleichen kann.                SG


Zeitzeugen

Henry Kissinger – Der 93-jährige einstige Sicherheitsberater und republikanische Politiker sprach sich in der Wahl für Clinton aus. Trump sucht trotzdem seinen Rat: Er habe „enormen Respekt“ vor dem einstigen Vertrauten der US-Präsidenten Richard Nixon und Gerald Ford.

Jared Kushner – Der Schwiegersohn, 35, für den Trumps Tochter Ivanka zum Judentum konvertierte, wird von US-Medien als eigentlicher Weichensteller im Hintergrund ausgemacht. Die US-Beziehungen zu Israel werden unter seinem Einfluss aufgewertet. Für die transatlantischen Beziehungen können aus dieser Linie wegen Europas Vermittlung für die palästinensische Seite neue Reibungsflächen entstehen.

Peter Thiel – Der deutsche Milliardär, geschätztes Vermögen rund drei Milliarden Dollar, machte Ende der 1990er Jahre im Silicon Valley ein Vermögen, steckte sein Geld in den damals unbekannten Bezahldienst Paypal, investierte in Facebook. Er spendete Millionen für Trump, kritisierte dessen Äußerungen über Frauen. Der 49-Jährige gilt nun als Berater des Präsidenten für neue Technologien und damit womöglich auch als eine Art Generationenvermittler und Trump-Erklärer.

Steve Bannon – Trumps Wahlkampfleiter (63) ist der Stratege des neuen Präsidenten. Als „Chefberater“ sagt der einstige Marineoffizier seinem Chef eine 50 Jahre dauernde Bewegung voraus: „Das wird so aufregend wie in den 1930er Jahren, größer als die Revolution unter (Ronald) Reagan – Konservative und Populisten in einer ökonomischen, nationalen Bewegung“. Der einstige Mitarbeiter von Goldman-Sachs ist Globalisierungsgegner.

Ivana Trump – Die 67-jährige Ex-Frau des designierten Präsidenten, Mutter von Ivanka (35), gehört wie die Familie allgemein auch politisch zu den engsten Vertrauten des 45. Präsidenten. Trotz vergangener Scheidungsschlacht brachte sie sich selbst als Botschafterin in ihrem Herkunftsland Tschechien ins Gespräch: „Das wäre eine exzellente Entscheidung“, sagte der tschechische Präsident Milos Zeman. 


S. 5 Preussen/Berlin

Bund und Berlin streiten um Mitte
Bundestag hat 62 Millionen für den Wiederaufbau von Schinkels Bauakademie bewilligt

Je mehr das Berliner Schloss Gestalt annimmt, desto deutlicher rückt die Gestaltung der Schlossumgebung in den Fokus der Diskussion. Die Vorstellungen des Bundes stimmen dabei nicht immer mit den Konzepten des Berliner Senats überein.

Gelöst scheint nun zumindest eines der bislang schwierigsten Probleme bei der Wiederherstellung der historischen Mitte Berlins. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat völlig unerwartet 62 Millionen Euro bewilligt, und macht damit den Wiederaufbau von Schinkels Bauakademie möglich. Bislang waren alle Anläufe gescheitert, über private Investoren dieses Meisterwerk des preußischen Architekten wiederherzustellen.

Der ursprünglich 1836 errichtete Bau war im Krieg beschädigt und später auf Befehl der DDR-Führung abgerissen worden. Laut einem Pressebericht könnte der Impuls für den Bundeszuschuss vom Auswärtigen Amt ausgegangen sein, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum historischen Standort der Bauakademie befindet.

Bereits seit 2004 erinnert eine Attrappe an die Bauakademie mit seiner charakteristischen Ziegelfassade. Ursprünglich gedacht, wie beim Stadtschloss eine Vorstellung von dem verlorenen Bauwerk zu wecken, stellt das Dauerprovisorium aus Kunststoffplanen mittlerweile kaum noch die passende Umgebung für das Auswärtige Amt da. Der Haushaltsausschuss des Bundestages sorgte allerdings noch für eine zweite Überraschung: Er bewilligte auch 18,5 Millionen Euro, um auf der Schlossfreiheit, am Ufer des Kupfergrabens, die historischen Kolonnaden auf dem Sockel des früheren Nationaldenkmals zu rekonstruieren.

Geplant war dort bislang die Errichtung eines Denkmals für die deutsche Einheit in der Form einer überdimensionalen Wippe. Dieses stark umstrittene und obendrein völlig festgefahrene Projekt hatten die Haushaltspolitiker des Bundes schon vor einiger Zeit beerdigt, indem sie  kurzerhand die dafür nötigen Gelder wieder strichen.

Der Spandauer Bundestagsabgeordnete Swen Schulz, der die Berliner SPD im Haushaltsausschuss des Bundestages vertritt, wertet die nun freigemachten Mittel für Bauakademie, Schlosskolonnaden und die Sanierung der Hedwigs-Kathedrale  als „ein starkes Bekenntnis des Bundes zur historischen Mitte Berlins“. „Über 90 Millionen stellen wir zusätzlich zur Verfügung, damit an drei wichtigen Stellen der historischen Mitte Berlins Maßnahmen finanziert werden, die schon lange diskutiert werden, für die es aber bisher keine Finanzierung gab“, so Schulz.

Die Haushaltsentscheidungen bestätigen eine Entwicklung, die schon länger zu beobachten war: Bereits mehrfach hat sich der Bund für eine historische Rekonstruktion der Berliner Mitte stark gemacht. Im vergangenen Jahr hat der Bund beispielsweise zehn Millionen Euro angeboten, damit der Neptunbrunnen saniert und an seinen historischen Standort vor dem wiederaufgebauten Schloss zurückkehren kann. Auf Beschluss der DDR-Führung versetzt, steht der ehemalige Schlossbrunnen seit dem Jahr 1969 nur einige hundert Meter entfernt vor dem Roten Rathaus.

Wenn es nach einigen Berliner Lokal-Akteuren geht, könnte es bei diesem Standort endgültig bleiben. Noch der alte Bausenator Andreas Geisel (SPD) lehnte die Millionengabe des Bundes ab und kommentierte: „Berliner Stadtentwicklung wird in Berlin gemacht und nicht im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages.“

Die unterschiedlichen Handschriften von Bund und Land Berlin bei der Gestaltung der Berliner Mitte werden künftig vor allem östlich des wiederaufgebauten Stadtschlosses erkennbar werden. Spätestens mit dem Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün ist für das sogenannte Rathaus-Forum eine Wiederbebauung nach dem historischen Grundriss erst einmal für längere Zeit vom Tisch. Angestrebt wird für das Gebiet zwischen Bahnhof Alexanderplatz und der Ostseite des Schlosses im Westen der Erhalt als Freifläche. Das Umfeld von Fernsehturm und Marienkirche soll mit Sitzbänken, Hochbeeten und Ähnlichem zwar etwas verschönert, aber grundsätzlich nicht neu bebaut werden.

Abzuwarten bleibt, ob die angestrebte Aufwertung des Areals damit tatsächlich gelingt. In den vergangenen Jahren sorgte das Rathausforum östlich des wiedererstehenden Schlosses vor allem durch Kriminalität für Schlagzeilen. Als sicher kann dagegen gelten, dass sich große Teile des historischen Berliner Stadtzentrums in den kommenden Jahren stark verändern werden: Beschlossen hat die Stadt-Koalition aus SPD, Linken und Grünen, dass der Boulevard Unter den Linden ab 2019 verkehrsberuhigt und nur noch von Bussen und Taxis befahren werden soll.

Völlig verändern wird sich demnach auch das Bild am Molkenmarkt, dem Kern der historischen Doppelstadt Berlin-Cölln. Hier sollen die breiten Straßen zurückgebaut werden, damit an dem historischen Ort wieder ein verdichtetes innerstädtisches Quartier entstehen kann.          Norman Hanert


Genossenversorgung
von Theo Maass

Die frühere Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel fiel bei ihrer Kandidatur als Stadträtin in Berlin-Zehlendorf-Steglitz durch. Sie war 2007 durch ihr Engagement in der linksextremen „Roten Hilfe“ auffällig geworden. 2009 beteiligte sie sich an einer Solidaritätskundgebung für mutmaßliche Mitglieder der linksextremen Terrorgruppe „Militante Gruppe (MG)“.

Inzwischen praktiziert sie als Rechts­anwältin. In dieser Eigenschaft hat sie an zwei juristischen „Gutachten“ für den „Kampf gegen Rechts“ mitgewirkt. Eines der Gutachten wurde vom Bundesfamilienministerium unter ihrer Parteigenossin Manuela Schwesig mit 17850 Euro vergütet. Das Ministerium verteidigt den lukrativen Auftrag: „Die juristische Kompetenz von Frau Dr. Drohsel ist nachgewiesen.“

Der Vorgang wirft dennoch ein schrilles Licht auf die Art und Weise, wie Staatsgelder für den angeblichen Kampf gegen Rechtsextremismus missbraucht werden. Kompetenz? CDU, AfD und FDP hielten Drohsel nicht  einmal für geeignet, das Amt eines Stadtrats unparteilich und sachgerecht auszuüben. Und sie standen damit nicht allein, denn diese drei Parteien verfügen in der Bezirksverordnetenversammlung zwar über eine Mehrheit von 28 Stimmen, Drohsel aber kassierte bei ihrer Kandidatur 30 Nein-Stimmen bei 25 Ja-Stimmen.

Die linke Tageszeitung „Taz“ erklärte Drohsel nach der Niederlage zur „Politischen Gefangenen der CDU“. Sie selbst zeigte sich standhaft: „Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, Mitglied in einer linken Selbsthilfeorganisation gewesen zu sein. Vielleicht wird die SPD eines Tages selber wieder zu einer.“ CDU-Fraktionschef Thorsten Hippe hält die SPD-Kandidatin indes weiterhin für „ungeeignet“.

Der Direktor der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, erklärte: „Dieser Text zeigt in seltener Klarheit, wie berechtigt die Weigerung von CDU und FDP war, Drohsel zur Stadträtin zu machen.“ Sie selbst hat nun bekannt gegeben nicht mehr Stadträtin werden zu wollen. Immerhin bleibt ihr ja die Option weiter, „Gutachten“ für Familienministerin Schwesig schreiben zu können.

Drohsel war aber nicht die einzige Überraschung bei den Bezirksamtswahlen. In Lichtenberg fiel die Kandidatin Evrim Sommer geborene Baba (Linkspartei) mit ihrer Bewerbung für das Amt der Bezirksbürgermeisterin gleich zweimal durch. Nun wurde festgestellt, dass von den 31 Abgeordneten von Linkspartei und SPD gerade einmal 28 Sommer die Stimme gegeben hatten. Nachdem Vorwürfe bekannt wurden, dass Sommer ihren Lebenslauf  geschönt haben soll, schwindet ihr Rückhalt weiter. Der rot-rot-grüne Motor  stottert in den Bezirken vernehmlich.


Schneller nach Stettin
Bund will Bahnstrecke modernisieren − Usedom bleibt abgehängt

Eine Vereinbarung von Bund und Deutscher Bahn soll den Ausbau der Strecke von Berlin nach Stettin beschleunigen. Die Verbindung ist in ein Paket von 21 Schienenprojekten aufgenommen worden, deren Planung forciert werden soll. Vom Bund bereitgestellt werden insgesamt 138 Millionen Euro, mit denen bei Projekten die Entwurfs- und Genehmigungsplanungen finanziert werden können, wenn bereits Vorplanungen existieren.

Die Modernisierung der Bahnstrecke Berlin–Stettin war bereits 2003 in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen worden. Bis heute ist die Strecke allerdings auf einer Länge von 40 Kilometern nur eingleisig und nicht durchgängig für E-Loks befahrbar.

Folge: Obwohl beide Städte nur gut 140 Kilometer Luftlinie trennen, benötigen Bahnreisende gut zwei Stunden für die Fahrt. Durch die Modernisierung könnte die Zeit auf 80 Minuten sinken.

Weniger gut stehen die Chancen für die Berliner, dass sie per Bahn wieder so schnell nach Usedom gelangen können wie bis Ende des Zweiten Weltkriegs. Nicht in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurde nämlich die Wiederherstellung der Bahnstrecke zwischen Ducherow an der bestehenden Fernverkehrsstrecke Berlin–Stralsund und der Insel Usedom.

Mit dieser Verbindung würde „Berlins Badewanne“ wieder in weniger als zwei Stunden erreichbar sein. Derzeit sind es gut vier Stunden. Reisende müssen in Wolgast in die Usedomer Bäderbahn umsteigen, um zu den Kaiserbädern zu gelangen.

Vorteilhaft wäre die Wiederherstellung dieser Bahnverbindung auch für die Bewohner Stettins: Sie benötigen derzeit knapp zwei Stunden, wenn sie per Bahn nach Swinemünde fahren. Durch den Wiederaufbau der Gleise ab Ducherow und die Wiederherstellung der Karniner Hubbrücke würde es ab Stettin nur noch eine Stunde dauern.

Deutlich besser sind die Aussichten auf eine dauerhafte Direktverbindung von Berlin nach Breslau. Bereits seit Ende April bietet DB-Regio am Wochenende eine Verbindung an. Ursprünglich war das Angebot nur als befristete Aktion anlässlich der Ausrufung Breslaus zur europäischen Kulturhauptstadt 2016 gedacht. Wegen der hohen Nachfrage ist die Direktverbindung nun zunächst bis zum 8. Januar 2017 verlängert worden. Als wahrscheinlich gilt jedoch bereits, dass diese Verbindung dauerhaft angeboten wird.          N.H.


Blamable Resultate
Schlechte Noten für Brandenburgs Schüler

Der Bildungsvergleich „Vera 8“ hat im Schuljahr 2015/16 massive Defizite bei den Mathematik- und Deutschkenntnissen brandenburgischer Schüler offengelegt. Laut dem Vergleich des Instituts für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg erreichen in Mathematik 60 Prozent der Oberschüler und 40 Prozent der Gesamtschüler in Brandenburg nicht den Mindeststandard.

Nach der Studie fehlen diesen Schülern „basale Kenntnisse, um ein selbstbestimmtes und erfolgreiches Leben bestreiten zu können“. Deutlich besser sehen die Ergebnisse an Brandenburgs Gymnasien aus. Hier erreichten nur vier Prozent den Mindeststandard in Mathematik nicht. Weit auseinander liegen auch die Ergebnisse im Fach Deutsch: So können 39 Prozent der Oberschüler und 25 Prozent der Gesamtschüler nicht richtig schreiben. An den Gymnasien konnte dies nur ein Prozent nicht. Beim Lesen schaffen 26 Prozent der Oberschüler und 17 Prozent der Gesamtschüler nicht die Minimalanforderungen.

Wie die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ berichten, wurden die Ergebnisse des Tests „in aller Stille – ohne jeden Hinweis, ohne jede Erläuterung, ohne jede Erklärung des von Minister Günter Baaske (SPD) geführten Bildungsministeriums – auf der Homepage des Instituts für Schulqualität Berlin-Brandenburg (ISQ) der beiden Länder publiziert“. Noch schlechter als in Brandenburg haben die Achtklässler in Berlin abgeschnitten. Dort waren die Ergebnisse bereits Ende Okto­ber veröffentlicht worden.             N.H.


Kultur wird vom »Chef zur Sache«

Seit Klaus Wowereits Zeiten gilt Berliner Kultur als Chefsache des Regierenden Bürgermeisters. Damit ist es nun vorbei. Die Koalitionäre einer rot-rot-grünen Landesregierung haben sich darauf geeinigt, nach zehn Jahren wieder ein eigenständiges Kulturressort ein­zuführen. Kultursenator soll Linken-Landesvorsitzender Klaus Lederer werden. In der linken Berliner Theaterszene hofft man nun darauf, dass Lederer umstrittene personelle Entscheidungen des bislang unter Michael Müller wie zuvor auch schon unter Wowereit amtierenden Kulturstaatssekretärs Tim Renner rück­gängig macht. In der Volksbühne dauert die Wut über die Besetzung des Museumskurators Chris Dercon als Theaterchef ebenso an wie beim Staatsballett die Verwunderung, mit Sasha Waltz eine Choreografin des modernen Tanztheaters zur Co-Intendantin eines klassischen Balletts zu ernennen. Lederer kündigte einen kulturpolitischen Neustart an und will Dercons Berufung auf den Prüfstand stellen.            H. Tews


S. 6 Ausland

Auf den Spuren der Philippinen
Absage an die USA – Nach Rodrigo Duterte besuchte nun auch der Regierungschef Malaysias China

Kaum hatte sich der philippinische Präsident Rodrigo Duterte von seinem jahrzehntelangen Zwangsverbündeten USA abgewandt und zu China neue Verbindungen geknüpft, tat es ihm der malaysische Premierminister Najib Razak gleich. Er reiste nach China, um die Verbindungen zwischen den beiden Ländern zu vertiefen.

Die Visite wurde ein voller Erfolg. Während des Besuchs des malaysischen Premiers wurden 14 Handelsverträge abgeschlos­sen. Ihr Volumen beläuft sich auf insgesamt 34,25 Milliarden US-Dollar. Weitere Vorhaben sind bereits absehbar. Man erwartet, dass China den Zuschlag für den Bau einer Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen Singapur und der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur erhält. Allein dieses Projekt hat einen Umfang von noch einmal 15 Milliarden Dollar.

Was den Handel zwischen den beiden asiatischen Ländern vor allem im Hinblick auf die USA sehr pikant macht, ist, dass Malaysia von China auch vier Kriegsschiffe kaufen wird. Davon sollen zwei in China gebaut werden, die anderen zwei in Malaysia. Kauf und Verkauf von Waffen stellen immer das untrügliche Zeichen einer politischen Weichenstellung dar. Dabei handelt es sich nicht nur um Fragen der kurzfristigen Sicherheit und möglichen Bündnispolitik, sondern eine solche Entscheidung hat auch langfristigen Charakter. Demgemäß sagte Premier Razak zur „China Daily“: „Die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern sind dabei, einen neuen Höhepunkt zu erreichen.“ Und gerichtet an die Adresse der USA setzte er hinzu: „Ganz allgemein glauben wir, dass es Sache der großen Länder ist, die kleineren fair zu behandeln. Das gilt vor allem für die früheren Kolonialmächte. Es steht diesen der Versuch nicht zu, Länder, die sie früher ausgebeutet haben, zu belehren, wie sie heute ihre eigenen Angelegenheiten regeln sollen.“

Die Annäherung Malaysias an China geschieht – ebenso wie jene der Philippinen – vor dem Hintergrund des Streits um das Südchinesische Meer und einigen Inseln, die dort liegen. So überlagern sich die Ansprüche einiger Anlieger wie eben auch Malaysias mit denen von China. Doch es hat den Anschein, dass sich die verschiedenen Divergenzen besser regeln lassen, wenn den USA ihre angemaßte Zuständigkeit des Weltpolizisten nicht mehr zugestanden wird. Das heißt: Die Nachbarn können sich einigen und gleichzeitig den USA den Vorwand nehmen, sich im westlichen Pazifik als Vormacht aufzubauen.

Razak äußerte denn auch Genugtuung über die Handelsverträge und die chinesischen Investitionen in seinem Land und erklärte, diese seien „ein Wendepunkt zum Vorteil eines friedlichen Dialogs, ohne ausländische Interventionen in souve­ränen Staaten“. Auch auf einen weiteren Seitenhieb gegen die USA wollte Razak nicht verzichten: „Globale In­stitutionen sollten darüber hinaus in höherem Maße Länder berücksichtigen, die nach dem Zweiten Weltkrieg bei der Erstellung von Rechts- und Sicherheitsstrukturen durch die Sieger nicht mitreden durften.“

Das ist die unbedingte Absage an die US-Dominanz jedenfalls im westlichen Pazifik und das Beharren auf der Selbstständigkeit der Nationen, mag diese auch von den Globalisten noch so infrage gestellt werden. China stellt sich dabei sehr geschickt, aber mit vollem Recht, als ein Land dar, das selbst Opfer des westlichen Kolonialismus gewesen und daher der natürliche Verbündete von Staaten ist, die nicht neuerlich vom Westen bevormundet werden wollen.

Das alles geschieht, während Obama mit seiner neuen Pazifikpolitik unter dem Schlagwort „Pivot to Asia“ versucht, den Einfluss der USA in dieser Weltregion auszuweiten und gleichzeitig zu festigen. Nach dem G 20-Gipfel im chinesischen Hang Zhou reiste Obama durch eine Reihe asiatischer Länder. Damit wollte er auf seinen außenpolitischen Schwerpunkt hinweisen. Selbst bezeichnete er sich als den „ersten pazifischen Präsidenten“ der USA und kokettiert mit seinem Herkommen von Hawaii.

Die Reaktionen allerdings, die er bislang ausgelöst hat, weisen auf einen Misserfolg hin. Noch vor wenigen Wochen veröffentlichte die Rand Corporation, eine der unzähligen Denkfabriken, die eine wissenschaftliche und womöglich ethische Begründung für den Weltmachtanspruch der USA zu produzieren suchen, einen Bericht, dem zufolge das pazifische Handelsabkommen TPP – die örtliche Entsprechung von TTIP – möglichst schnell abzuschließen sei. Gleichzeitig müsse China der Zugang zur Hochtechnologie verwehrt werden. Letzteres zeugt allerdings von beschämender Unkenntnis. China baut bereits technische Produkte anspruchsvollster Art.

Am wichtigsten aber, so der Bericht der Rand Corporation, sei es, neue Verbündete in Asien zu finden. „Die Vereinigten Staaten“, heißt es da, „können ihre Interessen nicht ohne Unterstützung von Verbündeten verteidigen und sollten die machtpolitischen Fähigkeiten ihrer Freunde und Verbündeten an Chinas Peripherie ausbauen.“ Das passt zu einer neueren Strategie des heimlich herrschenden Council on Foreign Relations, der zufolge „jede Internationalisierung chinesischer In­teressen in der Welt mit robusten Maßnahmen“ zu unterbinden sei. Robuste Maßnahmen – das heißt Krieg.

Naheliegenderweise steht dies alles nun unter dem Vorbehalt, dass der designierte Präsident Donald Trump sich diese Politik zu eigen macht. Der erste Eindruck lässt erwarten, dass er den Weltmachtgelüsten seiner Vorgänger abschwören wird. Trumps Eindruck scheint zu sein, dass auch der östliche Pazifik groß genug für die USA ist. Samt Hawaii, der Heimat des glücklosen Obama.         Florian Stumfall


Roter Familienbetrieb
Nicaragua: Ehefrau von Präsident Ortega wird Vizepräsidentin

Staatspräsident Daniel Ortega hat sich mit rund 71 Prozent der Stimmen eine vierte Amtszeit an der Spitze Nicaraguas sichern können. Die Wiederwahl des Vorsitzenden der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront (Frente Sandinista de Liberación Nacional, FSLN) galt als gesichert, weil sämtliche anderen Parteien zum Wahlboykott aufgerufen hatten, darunter auch viele der einstigen linken Weggefährten des ehemaligen Guerillaführers. Die Opposition will das Ergebnis nicht anerkennen. Ortega war mit fragwürdigen Praktiken gegen die wichtigsten Oppositionsparteien vorgegangen. Laut einer Sprecherin des Oppositionsbündnisses lag die Wahlbeteiligung bei unter 30 Prozent. Das ist die höchste Enthaltung in den vergangenen 30 Jahren.

Neben dem kränkelnden Ortega wird künftig seine Ehefrau Rosario Murillo als Vizepräsidentin die Regierungsgeschäfte führen. Die dynastische Erbfolge in Nicaragua nimmt Gestalt an. Für die Opposition ist die Wahl eine „Farce“, sie wirft den beiden vor, in Nicaragua ihre Dynastie etablieren zu wollen. Auch sieben Kinder des Paares besetzen gut dotierte Positionen in strategisch wichtigen Bereichen von Politik, Wirtschaft und Medien des mittelamerikanischen Staates. Dank der Einführung von Sozialprogrammen konnte die regierende FSLN konstant hohe Zustimmungswerte erzielen. Zudem profitiert die Regierung von einer im Vergleich zu Honduras und El Salvador geringen Kriminalitätsrate. Falls der Präsident stirbt, wird seine Frau das höchste Staatsamt erben.

Als Kommandant der linken FSLN-Guerilla hatte Ortega Anteil am Sturz der Diktatur von Anastasio Somoza im Jahr 1979, dessen Familienclan Nicaragua rund 45 Jahre lang beherrschte. Ortega regierte Nicaragua zunächst an der Spitze der Junta des Nationalen Wiederaufbaus der Sandinisten und dann ab 1984 als Präsident bis zu seiner Abwahl im Jahr 1990. Nicaragua zählt zu den ärmsten Ländern Lateinamerikas, zahlreiche Menschen leiden an Unterernährung. Der 70-jährige Ortega, dessen Gesundheit schon lange angeschlagen ist, stellt mit der Einführung eines Einparteiensystems mit einer Familie an der Spitze die Weichen Richtung einer Diktatur, wie sie Somoza einst in Nicaragua etabliert hatte.

Ortega selbst begründete die Nominierung seiner Ehefrau als Vizepräsidentin mit der gesetzlich verankerten Frauenquote von 50 Prozent für alle politischen Funktionen. „Wer wäre besser geeignet als die Genossin Rosario?“, fragte er, „Sie hat sich mit viel Opferbereitschaft bewährt.“ Tatsächlich nimmt die Präsidentengattin seit neun Jahren zahlreiche administrative Funktionen wahr und fungiert als einzig autorisierte Stimme der Regierung. Nach einer weitverbreiteten Meinung ist sie längst die eigentliche Macht hinter dem Thron – allerdings bisher durch keine Wahl legitimiert. Laut Verfassung ersetzt der Vizepräsident den Präsidenten, sollte der sein Amt nicht mehr ausüben können.

Ortega war einer der neun Guerillakommandanten der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront, die nach einem langen, verlustreichen Bürgerkrieg 1979 mit internationaler Hilfe und der Unterstützung des linken Teils der katholischen Kirche die Macht erlangte. 1990 verloren die Sandinisten nach Korruption und Vetternwirtschaft die Macht wieder an eine konservative Allianz. 2006 gelang Ortega die Rückkehr zur Macht dank einem Bündnis mit ehemaligen Somoza-Anhängern und dem konservativen Flügel der katholischen  Kirche.              Bodo Bost


Der Kompromisskandidat
Libanon: Hisbollah verhilft einem Christen zum Präsidentenamt

Der Libanon hat mit Michel Aoun nach zweieinhalb Jahren Vakanz wieder ein neues Staatsoberhaupt. Das Parlament in Beirut wählte den christlichen Ex-General mit Hilfe der schiitischen Hisbollah zum Präsidenten. Zuvor hatte die libanesische Nationalversammlung 45 Mal vergeblich versucht, ein neues Staatsoberhaupt zu wählen. Viele weitere Male fehlte das nötige Quorum, um überhaupt eine Wahl abzuhalten.

Nach der libanesischen Verfassung von 1943 muss der Präsident des Landes ein maronitischer Christ sein und der Regierungschef ein sunnitischer Moslem. Seit dem Ende des libanesischen Bürgerkrieges 1990 sind jedoch die Christen gespalten. Die eine Hälfte paktiert mit den Sunniten, die andere mit den stärkeren Schiiten. Diese Spaltung wurde seit Beginn der arabischen Bürgerkriege, welche die Frontstellung zwischen Schiiten und Sunniten verstärkt und auch im Libanon ihre Spuren hinterlassen haben, noch verschärft. Es wirkt wie eine Ironie der Geschichte, dass jetzt Michel Aoun, der als General versucht hatte, die syrische Armee aus dem Libanon hinauszuwerfen, ausgerechnet von dem engsten Verbündeten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, der schiitischen Hisbollah, ins Amt gehoben wurde. Für viele Analysten war dann auch die Wahl eines Hisbollah-Kandidaten ein Zeichen der wachsenden Stärke nicht nur der syrischen Regierung, sondern vor allem der libanesischen Hisbollah, dem engsten Verbündeten des syrischen Präsidenten.

Aoun war der einzige verbliebene christliche Kompromisskandidat, denn den traditionellen christlichen Parteien, den Phalangisten unter Samir Geagea und den Zedernwächtern unter Sulayman Frangieh, war es nicht gelungen, Stimmen von Schiiten oder Sunniten für ihre Kandidaten zu bekommen. Dem neuen Präsidenten haben auch erstmals die Sunniten unter ihrem Führer Saad Hariri ihre Zustimmung gegeben. Im Gegenzug erwarten sie jetzt, dass Aoun die Bildung einer sunnitischen Regierung unter Hariri ermöglichen wird. Aber auch hier werden sich viele alte Feindschaften legen müssen – in einer Region, in der weiterhin Rache und Gewalt die Politik bestimmen, kein leichtes Unterfangen, denn Hariri macht vor allem den syrischen Präsidenten Assad, aber auch die Hisbollah für den Mord an seinem Vater Rafik vor elf Jahren verantwortlich.

Aoun folgt auf Michel Sleiman, dessen Amtszeit im Mai 2014 ausgelaufen war. Der Christ  ist im Libanon auch unter den Christen nicht unumstritten, und das nicht nur wegen seiner ungewöhnlichen Allianzen über die Religionsgrenzen hinweg. Seine Karriere ist gezeichnet von Gewalt, Unnachgiebigkeit, aber auch breitem Zuspruch aus der Bevölkerung. Aoun ist kein Vertreter des durch Familienclans gekennzeichneten politischen Establishments des Libanon, wie die anderen christlichen Politiker, die eher nur ihre eigenen Klans vertreten. Als Oberbefehlshaber der libanesischen Armee kämpfte Aoun im Bürgerkrieg gegen die pro-syrischen Schiiten, Drusen und palästinensischen Einheiten. 1988 und 1990 kämpfte er zudem gegen die syrische Armee. Beide Kriege führten zu tausenden syrischen wie libanesischen Toten, und Aoun musste ins französische Exil gehen, wo er 14 Jahre verbrachte. Erst nach dem Abzug der syrischen Truppen 2005 konnte er wieder zurückkehren und diesmal eine politische Karriere beginnen.   B.B.


MELDUNGEN

Russland plant Nationsgesetz

Moskau – Russland plant ein „Gesetz zur Russischen Nation“. Geregelt werden soll darin das Verhältnis der über 190 Volksgruppen des Landes und dessen Institutionalisierung. Russland versteht sich ausdrücklich als Nationalitätenstaat und bezeichnet sich daher offiziell als „Russländische Föderation“, nicht wie im Deutschen oft fälschlich wiedergegeben, als „Russische“. Inzwischen bezeichnen mehr als 80 Prozent seiner Einwohner das Verhältnis zwischen den einheimischen Völkern als gut, was eine erhebliche Verbesserung gegenüber den Werten zu Zeiten der Sowjetunion bedeutet. Dennoch bestehen in der verfassungsrechtlichen und organisatorischen Regelung der interethnischen Verhältnisse auch weiterhin erhebliche Unzulänglichkeiten.      T.W.W.

 

Pendant zu »Reichsbürgern«

Braunau am Inn – Ein Sondereinsatzkommando der Polizei hat im oberösterreichischen Bezirk Braunau am Inn einen sogenannten Staatsverweigerer festgenommen. Der 45-Jährige hatte zuvor einen Gerichtsvollzieher bedroht und versucht, eine Zwangsversteigerung zu vereiteln. Gegenüber der Polizei erklärte der Mann, er erkenne die Republik Österreich nicht an und habe „keinen Vertrag mit der Firma Österreich“. Ähnlich wie dies bereits in der Bundesrepublik Deutschland bei den „Reichsbürgern“ zu beobachten ist, haben die Behörden in Österreich zunehmend Probleme mit „Staatsverweigerern“. Als Schwerpunkt dieser Bewegung gilt Oberösterreich. Nach Angaben der dortigen Landespolizeidirektion wurden im Zusammenhang mit „Reichsbürgern“ und ähnlichen Gruppierungen in diesem Jahr bereits 200 Strafrechts- und mehr als 200 Verwaltungsdelikte registriert.              N.H.


S. 7 Wirtschaft

Der Aufschwung verliert an Vehemenz
Im dritten Quartal stieg das deutsche Brittoinlandsprodukt nur noch um 0,2 Prozent

Die Bundesregierung konnte sich in den vergangenen Jahren auf die heimische Wirtschaft verlassen. Sichere Arbeitsplätze und gute volkswirtschaftliche Kennzahlen sollten den Bürgern Zukunftsängste nehmen. Nun deutet sich eine Umkehr an. Der Aufschwung verliert an Vehemenz. Und die Aussichten sind nicht unbedingt rosig.

Gegenüber dem Vorquartal stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Juli bis September lediglich um 0,2 Prozent. Wirtschaftsexperten hatten ein Zehntel mehr vorhergesagt. Die Exporte sanken im dritten Quartal den Angaben zufolge gegenüber dem Vorquartal leicht. Die Importe stiegen hingegen. Die Weltwirtschaft schwächelt seit geraumer Zeit. Die Welthandelsorganisation (WTO) geht für das Jahr 2016 von dem geringsten Wachstum des globalen Handels seit der Finanzkrise 2009 aus.

Die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel warnte daher davor, sich auf guten Nachrichten zu Konjunktur und Arbeitsmarkt auszuruhen. Vor allem private und staatliche Konsumausgaben hätten die Konjunktur angeschoben, dagegen habe die außenwirtschaftliche Entwicklung das Wachstum gebremst. Der Rückgang der Exporte sei ein ungutes Signal.

Und dies sehen auch andere Regierungsstellen so. „Nach der Brexit-Entscheidung und der US-Wahl bleibt das weltwirtschaftliche Umfeld von Unwägbarkeiten geprägt“, teilt das Bundeswirtschaftsministerium mit. Der Kon-sumindex sei zwar derzeit wieder wesentlich positiver als gedacht, allerdings wurde der Rückgang des Wirtschaftswachstums von den Experten auch nicht vorhergesagt.

Nach Einschätzung führender deutscher Ökonomen soll das BIP im Jahr 2016 insgesamt um 1,9 Prozent wachsen. Der Internationale Währungsfonds ist weniger optimistisch. Er sagte zuletzt lediglich ein Plus von 1,7 Prozent für Deutschland voraus. Zum Vergleich: Die USA erwarten einen Anstieg von 2,3 Prozent. „Das Wachstum nimmt ab, die Unsicherheiten nehmen zu und neue Impulse bleiben aus«, erklärte der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Die Unwägbarkeiten sehen Vertreter von Wirtschaftsverbänden vor allem in den Auswirkungen des Brexits sowie in dem Ausgang der US-Wahl begründet.

„Es bringt nichts, mit dem Ergebnis zu hadern. Viel wichtiger ist, dass wir jetzt ein klares Ergebnis haben. Wir haben einen Politikwechsel in den USA, mit dem wir fertig werden müssen“, sagt Börner, der einen gelassenen Umgang mit dem neuen US-Präsidenten fordert: „Der deutschen Wirtschaft geht es gut, wenn es der Weltwirtschaft gut geht, das gleiche gilt für die US-Wirtschaft. Daher kann es nicht in Donald Trumps Interesse sein, die Weltwirtschaft zu schwächen. Wir sollten einen kühlen Kopf behalten.“

Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), ein Wirtschaftsforschungsinstitut in der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (WGL), sieht derzeit auch noch keinen Grund zur Panik. Die Zahlen, die man aus den USA und auch aus China erhalte, seien positiv. Allerdings seien politische Verschiebungen wie der Wahlausgang in den USA oder aber die wirtschaftlichen Verstimmungen mit China immer Gründe für gewisse Unwägbarkeiten. Die Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten mache sich bremsend bemerkbar. So seien die nach der Wahl gemeldeten Konjunkturerwartungen weniger positiv gewesen als die vor der Wahl erhobenen, erklärte das ZEW. Allerdings sei es für voreilige Prognosen zu früh. „Die Abstimmungen in den USA und Großbritannien haben Abschottung und Protektionismus binnen weniger Monate auf einen Spitzenplatz in der Tabelle der globalen Risiken für unser Wachstum katapultiert“, sagte Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Die USA seien für Waren „Made in Germany“ der wichtigste Einzelmarkt, Großbritannien ist der drittwichtigste. Mehr als 1,5 Millionen deutsche Jobs hängen laut dem Institut für Wirtschaftsforschung derzeit am US-Geschäft.

Generell bleibt das Wachstum der deutschen Wirtschaft nicht nur vom Export, sondern auch von der Stimmung der Bevölkerung abhängig. Der private Konsum sei weiterhin wichtiger Pfeiler der konjunkturellen Entwick-lung, sagt das Wirtschaftsministerium. „Allerdings können die Umsätze im Einzelhandel (ohne Kfz) nicht an die dynamische Entwicklung im Vorjahr anknüpfen.“ Die Stimmung im Einzelhandel habe sich zuletzt wieder aufgehellt und liege weiterhin über ihrem langjährigen Durchschnitt. Allerdings sei der Rückgang beim Konsumklima deutlich spürbar und liege derzeit gerade einmal bei den Vergleichswerten des Vorjahres. Außenpolitische Turbulenzen würden auch das Klima im Lande beeinflussen. Maßgeblich für die Konsumlaune sei aber auch das Vertrauen in die Stabilität des heimischen Arbeitsmarktes. Und da hat das Wirtschaftsministerium auch keine durchweg guten Nachrichten. „Vom Arbeitsmarkt dürften daher auch weiterhin positive Impulse für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ausgehen“, heißt es zwar, aber auch, dass der Abbau der Arbeitslosenzahl „durch den nunmehr stärkeren Zugang von Flüchtlingen zum Arbeitsmarkt“ gebremst werde.     Peter Entinger


Sprengt Italien den Euro?
Verfassungsreferendum könnte zu Abstimmung über Austritt führen

Nach dem Brexit-Referendum und den US-Präsidentschaftswahlen könnte noch in diesem Jahr eine dritte politische Überraschung bevorstehen. Am 4. Dezember sollen die Italiener über eine Verfassungsreform abstimmen. Schenkt man den letzten Umfragen Glauben, dann haben die Nein-Sager seit einigen Wochen einen hauchdünnen Vorsprung. Noch eindeutiger fallen die Prognosen einiger Großbanken zu dem Referendum aus. Der Morgan-Stanley-Ökonom Daniele Antonucci schätzt zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit, dass Italiens Regierungschef Matteo Renzi das Referendum gewinnt, auf gerade noch 35 Prozent. Scheitert Renzi, dann könnte dies aus Sicht von James McCormac, dem Chef für Staatenratings bei der Ratingagentur Fitch, langfristig „der Anfang vom Ende Italiens in der EU und im Euro sein“. Erst kürzlich hat der italienische Regierungschef nämlich sein politisches Schicksal an die Zustimmung zu der Verfassungsänderung geknüpft. Gegenüber dem Sender RTL betonte Renzi, er werde sich in keiner Form für die Bildung einer Übergangsregierung engagieren, sollte er bei der Abstimmung eine Niederlage erleiden. „Ich bin nicht bereit, mich an den alten politischen Spielen zu beteiligen“, so Renzi.

Möglich ist nach einem Scheitern, dass sich eine Übergangsregierung bis zu den nächsten regulären Wahlen im Jahr 2018 über die Runden schleppt. Für wahrscheinlicher halten viele Analysten aber, dass es nach dem gescheiterten Verfassungsreferendum zunächst zu Neuwahlen kommt, denen dann sogar eine Abstimmung über Italiens Mitgliedschaft im Euro folgen könnte. „Sollte es zu Neuwahlen kommen, könnte die Fünf-Sterne-Bewegung des Ex-Komikers Beppe Grillo Umfragen zufolge die stärkste politische Kraft werden. Dank der Bonussitze verfügte sie dann über eine absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus und könnte Grillo zum Premierminister wählen“, so die Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die Fünf-Sterne-Bewegung hat bereits angekündigt, dass sie die Italiener über eine weitere Mitgliedschaft des Landes im Euro abstimmen lassen wolle. Sollte dieses Szenario Wirklichkeit werden, würde ausgerechnet in dem Land ein Referendum über den Euro stattfinden, in dem die Gemeinschaftswährung so unbeliebt ist wie sonst nirgendwo.

Selbst bei einem positiven Ausgang des Verfassungsreferendums am 4. Dezember ist die Gefahr groß, dass sich Italien immer mehr zum Zentrum einer neuen Euro-Krise entwickelt. Schnell aktut werden kann zum Beispiel die Lage auf dem schwer angeschlagenen Bankensektor. Erst vor Kurzem hat die Krisenbank Monte dei Paschi di Siena erneut tiefrote Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr gemeldet. Die älteste Bank der Welt hat angekündigt, das Minus werde sich auf 4,8 Milliarden Euro belaufen. Insgesamt summieren sich die Verluste des Geldinstituts damit seit 2011 auf rund 20 Milliarden Euro. Neben dem Verkauf von faulen Krediten in Höhe von 28 Milliarden Euro ist nun eine Kapitalerhöhung über fünf Milliarden geplant. Auch andere italienische Banken haben Berge von ausfallgefährdeten Krediten angehäuft. Insgesamt gilt die Rückzahlung von Darlehen in Höhe von 360 Milliarden Euro als fraglich.  N.H.


MELDUNGEN

Prüfung für Makler Pflicht

Berlin – Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes eingebracht, dem zufolge Immobilienmakler einen Sachkundenachweis erbringen müssen erhalten. Dies soll auch für Mitarbeiter von Kreditinstituten gelten, die in der Grundstücks- und Immobilienvermittlung tätig sind, weil es sich dabei nicht um Bankgeschäfte im Sinne des Kreditwesengesetzes handele. Auch Verwalter sollen einen Sachkundenachweis liefern, um einen „Beitrag zur Förderung der energetischen Gebäudesanierung und Modernisierung von Wohnimmobilien“ zu leisten. Die Gebühr für die Ablegung der bei den Industrie- und Handelskammer abzulegenden Prüfung soll rund 400 Euro betragen.                J.H.

 

Zehn Milliarden für Osteuropa

Riga – China hat einen Fonds für Investitionen in den Ländern Osteuropas eingerichtet, der mit einem Grundkapital von zehn Milliarden Euro ausgestattet ist. Der Fonds wurde vom chinesischen Regierungschef Li Qekiang während eines Gipfeltreffens der 16+1-Staatsoberhäupter begründet und soll vor allem Projekte im Bereich von Infrastruktur, Hochtechnologie und „grüner“ Technologie anschieben.              T.W.W.


S. 8 Forum

Geld für Hillary
von Frank Horns

Beängstigend irrational verhält sich unsere Regierungsspitze gegenüber Donald J. Trump, dem zukünftigen 45. Präsidenten der USA. Auch nach der Wahl wird der „Hassprediger“ (Steinmeier) und „Vorreiter einer chauvinistischen Internationale“ (Gabriel) unverdrossen weiter geschmäht. Jetzt wurde zudem bekannt, dass Deutschland seine Wahlkampf-Kontrahentin finanziell kräftig unterstützt hat. Das Geld ging an die Clinton Foundation, jene dubiose Wohltätigkeitsstiftung, die wohl vor allem dazu dient dem Clinton-Clan humanitäre Hilfe zukommen zu lassen. Auf einer Spenderliste ist dort die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) aufgeführt. Das staatseigene Unternehmen, geleitet von der Merkel-Vertrauten Tanja Gönner hat demnach zwischen einer und fünf Millionen Dollar bereitgestellt.

Das alles kann bittere Folgen haben. Die USA sind der weltweit wichtigste Abnehmer deutscher Waren. Schätzungsweise zwei Millionen Arbeitsplätze hängen davon ab. Noch weiß niemand, wie Trump die Beziehungen zu uns gestalten möchte. Dass er sehr nachtragend sei, gehört hoffentlich zu den vielen Zerrbildern der hiesigen Anti-Trump-Propaganda.


Raus aus der Nato
von Bodo Bost

Trotz zahlloser Irrwege und trotz Vertreibung und Genozid an christlichen Mitbürgern schien die Türkei seit der Staatsgründung von Atatürk auf dem Weg in eine freiheitliche, moderne Demokratie zu sein. Unter Erdogan jedoch hat sie in einer Konfrontation zwischen christlich geprägter, europäischer Zivilisation und islamischem Mittelalter ihren Weg zur Diktatur gewählt. Damit ist sein Erdoganistan auf dem Weg in einen Bürgerkrieg. Die Kurden und freiheitliche Türken werden entweder das Schicksal der Armenier teilen oder sich mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gegen den Führer in Ankara zur Wehr setzen.

Dieser Bürgerkrieg würde auch in Deutschland ausgefochten werden, die Hilfstruppen Erdoganistans sind längst mit Verbänden wie DITIB, Islamrat und Islamkonferenz tief in den Strukturen der deutschen Gesellschaft und Kultur verankert. AKP-finanzierte Imame werden auch bei uns versuchen, die freiheitliche Demokratie aus den Köpfen der hier lebenden Muslime herauszubeten.

Erdoganistan darf nicht einen Tag länger Teil des Wertebündnisses der Nato sein, das sich in seinen Statuten bindend verpflichtet hat, die Demokratie in ihren Mitgliedsländern gegen jeden Angriff zu verteidigen. Der neue Sultan hat bereits wiederholt öffentlich angekündigt, Europa mit „Flüchtlingen“ zu fluten und die griechischen Inseln zurückzuholen. Gut möglich, dass die Nato demnächst gebraucht wird, um Europa gegen Erdoganistan zu verteidigen. Auch deshalb hat die Bundeswehr dort nichts mehr verloren.


Schicksalsfrage Korea
von Friedrich-Wilhelm Schlomann

Nach Einschätzung gutinformierter Kreise wird Pjöngjang in vier Jahren bis zu 100 atomare Raketen besitzen. Das bedeutet, diese könnten innerhalb von lediglich vier bis fünf Minuten die Millionenstadt Seoul als politisches, militärisches und wirtschaftliches Zentrum Südkoreas angreifen und zerstören.  Ebenfalls würden die Nuklearraketen dann die USA erreichen können, eine Nation welche die Schrecken eines Krieges im eigenen Land bisher noch nicht verspürte. Die dabei außer den baulichen Schäden und vielen Toten zu erwartenden psychologisch-chaotischen Auswirkungen hat Washington seit dem 11. September 2001 gewiss bedacht. Tatsache ist andererseits, dass sämtliche Appelle des UN-Sicherheitsrats, die Wirtschaftssanktionen sowie militärische Drohungen zwar gewisse Erfolge verzeichneten, das System Kim Jong-uns indes in keiner Weise erschütterten oder seine weitere atomare Aufrüstung behindern konnten.

China, von dem viele Analytiker einen Einfluss auf das von ihm abhängige Nordkorea erhofften, hatte letztes Jahr einen Sondergesandten nach Pjöngjang geschickt, um vor einem vierten Nukleartest zu warnen. Inzwischen hat das dortige Regime bekanntlich den fünften Test durchgeführt. Selbst in Peking sieht man heute keinerlei Anzeichen dafür, dass Nordkorea zu einem Dialog bereit ist.

Die USA haben inzwischen Flüge ihrer B-52 und B-1-Bomber auf den Norden der koreanischen Halbinsel ausgeweitet. Schon seit Jahrzehnten befinden sich neben Satelliten ständig US-Aufklärungsflugzeuge über  Nordkorea. Seine 28500 Soldaten in Südkorea hat Washington indes bislang nicht verstärkt.

In Seoul wiederum hat das Zweifel ausgelöst, ob bei einem erneuten Überfall der Nordkoreaner – nunmehr mit Atombomben – die US-Amerikaner mit Rücksicht auf die Volksrepublik China wirklich ihre Streitkräfte in ihrer ganzen Stärke einsetzen würden. Angesichts der Gegebenheiten in Nordkorea hat Seoul jetzt angekündigt, es werde die 1991 unterzeichnete Deklaration über die De-Nuklearaufrüstung mit Pjöngjang aufkündigen. Außerdem hat es die USA über die Entwicklung eigener Nuklearwaffen unterrichtet.

Zu denken geben muss auch, dass auf einer Konferenz sehr hoher US-Militärs in Seoul erstmals von einem Präventivschlag gegen den Norden gesprochen wurde. Hatten die gemeinsamen amerikanisch-südkoreanischen Manöver jahrzehntelang die Verteidigung Südkoreas beinhaltet, so zielten die letzten bereits auf die Zerstörung Nordkoreas.

Das neue Staatsoberhaupt der USA wird sich nicht nur der Pflege besserer Beziehungen zu Russland, sondern auch der Schicksalsfrage Korea annehmen müssen.


Frei gedacht
Merkel, die Unbeeindruckte
von Eva Herman

Angela Merkel wird Deutschland weiterhin als Kanzlerin regieren, falls nicht eine andere Partei mit ihrem Kandidaten nächstes Jahr einen höheren Stimmenanteil holt. Am vergangenen Sonntag wurde die Bereitschaft Merkels von der Mainstream-Presse emphatisch bejubelt, Sonder-Fernsehsendungen wurden gefahren, den Menschen im Lande wurde klargemacht, dass diese Entscheidung ein Glücksfall für unser Land sei. Man berichtete in demselben Taumel wie kürzlich auch über Hillary Clinton vor und während der US-Wahlen, und man verhielt sich danach exakt so, als habe es den Sieg Trumps niemals gegeben. Die Einwanderungskrise wurde bei der Kanzler-Berichterstattung letzten Sonntag zwar am Rande gestreift, aber auch hier wurden vor allem ihre „krisenfesten“ Fähigkeiten wie „Beharrlichkeit“, „Schnörkellosigkeit“ und „Unbeeindruckbarkeit“ als höchste Tugenden besungen. Angela Merkel, die weiterhin beharrlich täglich tausende Einwanderer in unser Land lässt, von denen die meisten weder gültige Ausweispapiere noch Erziehung und Bildung haben, ja, das ist unsere Frau! Eine hohe Akzeptanz im Volke habe sie, hieß es, ihre „geradlinige Politik“ begeistere Bürger und Politiker gleichermaßen. Ich möchte dieser „Geradlinigkeit“ und „Unbeeindruckbarkeit“ in diesem Bericht kurz ein Gesicht mit einigen Schlagzeilen der vergangenen Tage geben, mit denen wir konfrontiert wurden, ohne dass es in unseren Mainstream-Medien mit jenem Nachdruck berichtet wurde, wie es zur erneuten Kanzlerkandidatur Merkels geschieht.

So „unbeeindruckt“, wie Merkel die täglichen Vorfälle hinzunehmen scheint, unter denen das Volk hier zunehmend leidet, so „unbeeindruckt“ sind es wohl auch unsere Medien, denen die verheerenden Entwicklungen hierzulande kaum Aufregung zu bereiten scheinen. Wie immer, so brauchen Sie nur die einzelnen Schlagzeilen im Internet einzugeben, um die entsprechenden Artikel zu finden und in Gänze lesen zu können.

+++ Integrationsgipfel: Wie man die alte Bundesrepublik abschaffen will +++ Zahl der Asylbewerber aus der Türkei steigt deutlich  +++ „Da kommst du nicht lebend raus“: Männergruppen und Familienclans greifen immer öfter gezielt Polizisten an +++ Alarmierend: 64 Prozent der Jugend vertrauen den Medien überhaupt nicht +++  Fahndung: Junge Frau in der Nähe der Ruhr-Uni Bochum vergewaltigt +++  Angeblich 4300 Euro: Hartz-IV-Bescheid einer Flüchtlingsfamilie landet im Internet +++  Heroldsberger Vergewaltiger: Bundesamt für Migration sprach 25-jährigem Äthiopier Schutzstatus zu +++ NRW-Landesregierung mauert zu Kölner Silvesternacht: CDU klagt auf Herausgabe geheimer Unterlagen  +++ Ralf Stegner im Interview: „Ich will nicht von Rassisten oder Verrückten gewählt werden“  +++ Links-Staat: Kriminalbeamte zeichnen Amadeu-Antonio-Stiftung aus +++ Schläge und Tritte: Auto soll abgeschleppt werden – Gruppe greift Krefelder Polizisten an +++ Gerade einmal 13 Prozent der Migranten in Europa fliehen vor Krieg +++ Mindestens 65 Einbrüche –Endlich gefasst! Das ist die gefürchtete Bonner Albaner-Bande +++  EKD-Vorsitzender Bedford-Strohm und Bischof Marx legen Kreuze ab: Warum sind sie vor den radikal-muslimischen Gastgebern eingeknickt? +++

Neulich sagte jemand, wir lebten heute in historischen Zeiten: Kriege, Völkerwanderung, Zerstörung unserer abendländischen Kultur. Es waren wieder die meisten in der Runde, die abwinkten und die Aussage als zu hoch gegriffen bezeichneten. Andere wurden still, und einige wenige untermauerten die Worte mit Beispielen aus dem täglichen Leben der Deutschen, wie oben beschrieben. Mir fiel ein Zeitungsartikel vom 9. November 2016 ein, den ich unlängst in der österreichischen „Kronen-Zeitung“ las. Ja, dort erhielt die „Wir-schaffen-das!“-Dresch­phrase der deutschen Bundeskanzlerin und ihrer Verbündeten ein ganz deutliches Gesicht, eine böse Fratze ist es vielmehr, höhnisch grinsend. Es ist ein Interviewbericht, Sylvia B. kommt zu Wort, sie spricht über ihre Mutter Christine F. Da heißt es wörtlich:  „Sie geht elendiglich zugrunde“, sagt Sylvia B. leise, aber voller Wut. Die Augen ihrer Mama sind leer, ihr Körper besteht nur noch aus Haut und Knochen. Christine F. hat sich aufgegeben. Denn ein Jahr nachdem die dreifache Oma in Traiskirchen von einem

17 Jahre alten Afghanen vergewaltigt worden ist, kämpft sie ums Überleben.“

Dann wird über den Unglückstag, den 1. September 2015, berichtet. Es sei ein ungewöhnlich heißer Herbsttag gewesen in Traiskirchen. Wir erinnern uns: Zu dieser Zeit war dort eines der größten Erst-aufnahmelager eingerichtet worden, um die täglich zu Tausenden hereinströmenden Immigranten, zu über 80 Prozent junge, starke Männer, zu erfassen und meist nach Deutschland weiterzuschicken. Die 72-jährige Christine F. sei durch einen Bach gewatet, um zu ihrem Schrebergarten zu gelangen. „Doch ein Asylbewerber, der ihr über die Böschung ´’helfen’ wollte, ließ sie dort nie ankommen.“ Die Pensionistin habe zuvor ein paar junge Männer beim fröhlichen Plantschen in der Schwechat beobachtet, heißt es in einem früheren Bericht, doch „einer der Männer verfolgte die 72-Jährige bis in ihr idyllisches Gartenhäuschen.“ Dann soll er sie „grün und blau geschlagen haben, bevor er über sie herfiel, sie vergewaltigte und als ´,Trophäe’ ihre Unterhose mitnahm.

Das Opfer habe sein Gesicht nicht erkennen können, hatte von einem südländischen Aussehen berichtet. Der 17-jährige Afghane wurde als Täter entlarvt. „Der Asylwerber ist geständig, die Frau vergewaltigt zu haben“, sagt der Wiener Neustädter Staatsanwalt Erich Habitzl. Das Motiv? Unerklärlich. Überführt wurde er durch eine eindeutige DNA-Übereinstimmung. Heute, ein Jahr später, liegt die mehrfache Großmutter im Sterben: „Körper, Geist und vor allem ihre Seele haben aufgegeben“, so ihre Tochter Sylvia. Ihre Mutter liegt in der Wiener Neustädter Klinik auf der Intensivstation, ernährt wird das Missbrauchsopfer nur noch künstlich über Sonden. „Ich wusste, dass das so enden wird“, so die Tochter Sylvia. „Sie wurde gebrochen – und niemand hat uns je geholfen.“ Der 17-jährige Afghane, der die 72-Jährige bis zur Bewusstlosigkeit geprügelt hatte, der ihren Kopf in den steinigen Boden gedrückt und sie brutal vergewaltigt hatte, wurde im Januar 2016 zu 20 Monaten Haft verurteilt. „Mehr hat er nicht bekommen, aber meine Mutter stirbt da­ran“, so die Tochter.

Ein Kommentar ist hier überflüssig. Diese Begebenheit in Österreich ist stellvertretend für zahllose Schicksale auch in Deutschland zu betrachten, die es nicht in die Öffentlichkeit schaffen, unter­drückt durch verordnete politische Korrektheit, durch Maulkörbe und Gesinnungsterror. Angela Merkel will Kanzlerin bleiben. Unter ihrer Ägide entstanden all diese und tausende Schlagzeilen mehr. Und hinter jeder dieser Überschriften verbergen sich Schicksale wie das von Sylvia und ihrer 72-jährigen Mutter aus Traiskirchen. Politik und Medien bleiben weitgehend unbeeindruckt von diesem unbeschreiblichen Leid. Politik- und Medienvertreter sind inzwischen die meistgehassten Berufsgruppen im deutschsprachigen Raum. Und wir lassen uns das alles gefallen? Für eine Wende könnte es bereits zu spät sein.


S. 9 Kultur

Düsseldorfer Theaterposse
Angst vor einem Kostengrab – Politiker der NRW-Landeshauptstadt stellen marodes Schauspielhaus infrage

Alle Kommunalpolitiker wollen tolle Kultureinrichtungen. Diese zu pflegen und zu erhalten kostet aber Geld. In den letzten drei Jahrzehnten wurde vielerorts bei den Ausgaben zum Erhalt der städtischen Einrichtungen sträflich gespart. Wenn dann wie nun in Düsseldorf immense Sanierungskosten anfallen, wollen manche Kommunalpolitiker diese Kultureinrichtungen nicht mehr so gern – oder stellen sie infrage.

Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt Düsseldorf hat rund 600000 Einwohner, gilt als wohlhabend bis reich. Zum Ausdruck kommt das mit der protzigen Flaniermeile Königsallee (im allgemeinen Jargon nur „Kö“ genannt), einem üppigen Kulturetat von rund 120 Millionen Euro und einer ebenso üppigen Kulturszene: Deutsche Oper am Rhein, Schauspielhaus, Kinder- und Jugendtheater, Seniorentheater, Puppentheater, Kom(m)ödchen, und, und und ...

Ein architektonisches und auch städtebauliches Glanzstück ist das Düsseldorfer Schauspielhaus am Gustav-Gründgens-Platz in der Innenstadt. Architekt des 1970 eröffneten Gebäudes mit der elegant geschwungenen weißen Fassade ist Bernhard Pfau, der zu den bekanntesten Nachkriegsarchitekten gerechnet wird. Das Düsseldorfer Schauspielhaus zählt zu den größten Sprechtheatern in Deutschland.

Seit Anfang des Jahres wird das Innenleben des Hauses saniert. Der Spielbetrieb des Theaters wurde daher in ein – „Central“ genanntes – ehemaliges Postgebäude ausgelagert. Aus den ur­sprünglich veranschlagten Re­staurierungskosten von rund elf Millionen sind inzwischen satte 21 Millionen Euro geworden. So weit, so teuer – aber noch kein Grund zur Panik für die wohlhabende Landeshauptstadt.

Vor einigen Monaten aber hat die Stadt festgestellt, dass die markante Fassade und auch das Dach des Gebäudes ihre „normale Lebensdauer“ überschritten ha­ben und ebenfalls erneuert werden müssten. Veranschlagt wurden dafür 15 Millionen Euro. Der mit Kostensteigerungen erfahrene Kulturdezernent plante vorsichtshalber ein Kostenrisiko von 40 Prozent ein – also sechs Millionen Euro zusätzlich. Das macht dann 21 Millionen Euro für die Hülle des Hauses. Die Sanierungskosten für innen und außen belaufen sie demnach auf insgesamt 42 Millionen Euro.

Diese Beträge alarmierten den Oberbürgermeister Thomas Geisel von der SPD, der befürchtete beziehungsweise erahnte, dass die Sanierung der denkmalgeschützten Fassade noch teurer würde und die Stadt mit Gesamtkosten von etwa 50 Millionen Euro zu rechnen habe.

Im Oktober stellte Geisel deshalb öffentlich zur Debatte, das marode Theatergebäude in bester Innenstadt-Lage einem privaten Investor zu übergeben und nach einem alternativen Standort für das Schauspielhaus Ausschau zu halten. Kaum ausgesprochen, brach ein Sturm der Entrüstung und der Proteste los.

Wilfried Schulz, der betroffene Intendant des Schauspielhauses, forderte ein Bekenntnis der Stadt zu ihrem Theater. Das zentral gelegene Haus dürfe nicht anderweitig, sprich: kommerziell, ge­nutzt werden. „Es gibt eine Grenze, die nicht überschritten werden sollte, da sonst die Würde des Hauses und dieser Institution verletzt wird“, sagte er.

Unterstützung erhielt der Intendant vom Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin: „Es ist unvorstellbar, dieses städtebauliche Denkmal nicht als Theater zu erhalten.“ Denn, so Bolwin, an dem Standort in der Innenstadt boome der Kommerz, da müsse es auch „einen Ort der Reflexion und des Innehaltens“ geben.

Der Präsident der Architektenkammer NRW, Ernst Uhing, rechnet das Schauspielhaus „zweifellos zu den wichtigsten Bauwerken der Nachkriegszeit in Nordrhein-Westfalen und zum gebauten Gedächtnis dieses Landes.“ Alles müsse getan werden, um es zu erhalten und eine dauerhafte Nutzung als Schauspielhaus zu ermöglichen.

Auch aus der Düsseldorfer Bürgerschaft, genauer gesagt: dem Düsseldorfer Geldadel, meldete sich Protest zu Wort. Die Mäzenin Gabriele Henkel (Persil/Henkel) äußerte: „Das Schauspielhaus ist ein Herzstück der Kultur in Düsseldorf.“ Eine alternative Nutzung des Gebäudes sei für sie jedenfalls „undenkbar“.

Nur ein direkt Betroffener hielt sich seltsamerweise zurück und beteiligte sich nicht an der öffentlichen Diskussion: Das Land Nordrhein-Westfalen. Immerhin trägt es 50 Prozent der Betriebskosten des Düsseldorfer Schauspielhauses. Aus dem Kulturministerium hieß es lediglich, dass der Vorstoß von Oberbürgermeister Geisel nicht mit dem Land abgestimmt worden sei. Kulturministerin Christina Kampmann (SPD) werde sich mit der Stadt Düsseldorf und dem Aufsichtsrat des Schauspielhauses besprechen.

Die Stadt Düsseldorf hofft darauf, dass das Land NRW sich an den Sanierungskosten für Dach und Fassade beteiligt, obwohl im Vertrag der Schauspielhaus-GmbH von Stadt und Land ausdrücklich „Dach und Fach“ in die alleinige Zuständigkeit der Stadt fällt.

Die breite Protestwelle gegen die Standort-Verlegung des Schauspielhauses zeigt nun erste Auswirkungen. Anfang November beschloss der Kulturausschuss mit den Stimmen der Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen im Düsseldorfer Rat eine „kleine Lösung“ für das marode Theater. Die Stadt übernimmt nun die Hälfte der Mehrkosten für die Sanierung der Haustechnik, die andere Hälfte trägt das Land NRW. Die Kosten für Fassade und Dach sollen genau er­mittelt werden. Dafür werden zunächst 750000 Euro Planungsmittel bereitgestellt.

Vergangene Woche beschloss der Rat der Stadt Düsseldorf dann einstimmig den Erhalt des Schauspielhauses am Gustav-Gründgens-Platz. Das denkmalgeschützte Haus soll in einen „würdigen“ Zustand versetzt werden, das heißt, auch Dach und Fassade werden saniert. Die Gedankenspiele des Oberbürgermeisters zu einer Standort-Verlegung sind damit vom Tisch.             Siegfried Schmidtke


Millionen für Kant
Ostpreußisches Landesmuseum erhält Zuwendung für Erweiterung

Das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg kann sich auf einen Geldsegen des Bundes freuen. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat dem Haus Mittel in Höhe von 5,6 Millionen Euro für einen zusätzlichen Er­weiterungsbau genehmigt, der künftig eine Ausstellung über die ostpreußische Provinzhauptstadt Königsberg und im Besonderen über den wohl be­rühmtesten Königsberger, den Philosophen Immanuel Kant, beheimaten soll.

Wann mit den Baumaßnahmen begonnen werden kann, steht nicht genau fest, da auch das Land Niedersachsen seinen An­teil an den auf insgesamt acht Millionen Euro geschätzten Ko­sten erst noch bewilligen muss. Wenn die Finanzierung steht, so hofft Jo­achim Mähnert, der Direktor des Landesmuseums, kann die Eröffnung spätestens im Kant-Jahr 2024 stattfinden. In dem Jahr ist der 300. Geburtstag des ostpreußischen Philosophen.

Im Zuge der in diesem Jahr erfolgten Auflösung des Duisburger Museums Stadt Königsberg ging ein großer Sammlungsbestand als Dauerleihgabe an das Lüneburger Landesmuseum, darunter die Käthe-Kollwitz- und die Kant-Sammlung. Da aber die vorhandenen Ausstellungsräume  aus allen Nähten platzen, war ein Neubau fällig, wo man die neuerworbenen Stücke in einem würdigen Ausstellungsrahmen präsentieren kann.

Der neue Bauabschnitt würde direkt im Nachgang einer großen Sanierungs- und Umbauphase erfolgen, die vor drei Jahren be­gonnen hat. Damals begann man mit einer ersten Erweiterungsmaßnahme, die mit 4,5 Millionen Euro im Vergleich zum neuen Projekt zunächst relativ günstig war. Das neue Foyer, in dessen Obergeschoss zukünftig die Son­derausstellungen zu sehen sind, schafft einen Zugang vom Altbau zu einer historischen Häuserzeile. Seit diesem Frühjahr ist dieser Bereich für Besucher geöffnet.

Die Dauerauerausstellung im alten Gebäudeteil ist hingegen schon seit 2015 geschlossen. Sie war nunmehr 30 Jahre alt geworden und musste umfassend überarbeitet und modernisiert werden. Zudem erhält sie zwei neue Themengebiete: eine deutsch-baltische Abteilung sowie ein Modul, was das Schicksal der Vertriebenen nach 1945 abbilden wird.

Die Wiedereröffnung zieht sich allerdings in die Länge, da der ursprüngliche Ansatz viel zu niedrig ausgefallen war. Erfreulicherweise hat der Haushaltsausschuss des Bundestages sowohl im Vorjahr wie auch jetzt erneut jeweils eine Million Euro dazugelegt. Somit bewegt sich die Gesamtfinanzierung der neuen Dauerausstellung erstmals in einem dafür üblichen Rahmen. Allerdings müssen die bewilligten Gelder in einem aufwendigen Verfahren noch freigegeben werden, sodass weitere Verzögerungen nicht auszuschließen sind. Mähnert hofft, noch im Dezember 2017 die neue Dauerausstellung der Öffentlichkeit präsentieren zu können.

Neben dem Landesmuseum wurden bei der Sitzung des Haushaltsausschusses auch weitere Kulturprojekte der Heimatvertriebenen bezuschusst, erklärte Klaus Brähmig, der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. H. Tews


Strahlende Liebhaberin
Weichgespülte Forscherin – Marie Curie als Kino-Romantikerin

Um einen Film über Marie Curie zu machen, braucht es viel Mut. Nicht nur in Polen, wo die zweifache Nobelpreisträgerin eine Na­tionalheilige ist, schaut man hinterher genau auf jedes Detail, sondern auch in der Welt der Wissenschaft. Denn Curie gilt besonders unter weiblichen Akademikern als Ikone der Wissenschaft, die sich als Frau in einer von Männern be­herrschten Welt durchsetzen konnte.

Regisseurin Marie Noëlle wusste, auf was sie sich einließ, als sie daran ging, das Drehbuch für den Kinofilm „Marie Curie“ zu verfassen, der vom 1. De­zember an zu sehen sein wird. Ehrfürchtig, zaghaft und mit sanften Fingern ging sie auch als Regisseurin mit der historischen Figur um, um ihr bloß nicht zu schaden. Und das ist bedauerlich, denn so hat Noëlle, die 2012 mit ihrem Mann Peter Sehr den Bayernkönig Ludwig II. recht ansehnlich ins Kino brachte, keinen richtigen Zugang zur Forscherin Marie Curie gefunden.

In Noëlles Film wird die in Polen geborene Curie durch eine Liebesromanze weichgespült. Im Zentrum steht eine kurze Episode aus ihrem Leben, die als „Langevin-Affäre“ in ihre Biografie einging. Nach dem Tod ihres französischen Mannes Pierre Curie, der in Paris bei einem Droschkenunfall ums Leben kam, hatte Marie Curie 1911 eine Affäre mit dem fünf Jahre jüngeren Forscher Paul Langevin. Alles halb so schlimm, hätte der nicht eine eifersüchtige Frau gehabt, welche den Briefwechsel der Liebenden stehlen und an die Presse lancieren ließ. In der Folge kam es zu Pistolenduellen und falschen Gerüchten über eine jüdische Herkunft Curies. Das alles hat dauerhaft nicht nur ihrem Ruf geschadet, sondern soll laut Filmaussage auch dafür ge­sorgt haben, dass Curie nach 1911 keine nennenswerte Forschungsergebnisse mehr zustandebrachte.

In dem Jahr erhielt sie zwar ihren zweiten Nobelpreis für Chemie. Jedoch beruhte der noch auf ra­diologischen Forschungen, die sie mit ihrem Mann Pierre erzielt hatte. So war er wohl die treibende Kraft hinter dem Forscherdrang seiner Frau. 1903 erhielten sie gemeinsam den Nobelpreis für Physik.

Zwischen diesen beiden Ereignissen lässt Noëlle ihr sparsames Kammerspiel ablaufen, bei dem die Strahlenforschung der Curie nur die Nebenrolle spielt. In der Hauptsache geht es um eine Rosamunde-Pilcher-ähnliche Liebesgeschichte, bei der die polnische Mimin Karolina Gruszka als Ma­rie Curie eher die jugendliche Un­schuld vom Lande als eine vom Forscherdrang getriebene Wissenschaftlerin spielt. Was schade ist, denn so wurde die große Chance versäumt das eigentliche Drama der Curie zu schildern, die 1934 vermutlich zum Opfer ihrer eigenen Forschung wurde und an den Folgen radioaktiver Strahlung starb.       Harald Tews


MELDUNGEN

Alles dreht sich um Bosch

Berlin − Zum 500. Todesjahr von Hieronymus Bosch zeigen am Kulturforum die Gemäldegalerie und das Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin mit „Hieronymus Bosch und seine Bildwelt im 16. und 17. Jahrhundert“ bis zum 19. Februar 2017 ihre Bestände an Werken des Meisters, an Kopien nach ihm und an Arbeiten, die von Bosch inspiriert sind. Im Mittelpunkt steht mit „Johannes auf Patmos“, ein signiertes Hauptwerk von Bosch.                tws

 

Vom Hungertuch zum Millionär

Berlin − Wie lässt sich Kunst schaffen, wenn gleichzeitig Existenzangst herrscht? Dieser Frage geht die jüngst im Bode-Museum eröffnete Ausstellung „Kunst prägt Geld: Muse, Macht, Moneten“  nach. Gezeigt werden unter anderem Werke von Joseph Beuys, Friedensreich Hundertwasser oder Stephan Balkenhol, die Geld höchst profitabel zu Kunst machten. Die Ausstellung läuft bis zum 27. Mai 2017.     tws

 

Maler Churchill bei Günter Grass

Lübeck − Winston Churchill hält noch bis zum 12. Februar 2017 das Lübecker Günter-Grass-Haus als Maler „besetzt“. In der Ausstellung „Winston Churchill. Schriften. Reden. Bilder“ sind erstmals in Deutschland elf Originalgemälde des britischen Staatsmanns zu sehen, der 1915 im Alter von 40 Jahren das erste Mal zum Pinsel griff. Begleitet wird die Schau von einem kurzen Filmbeitrag, in dem Literaturkritiker Denis Scheck mit Ausstellungs-Kuratorin Tatjana Dübbel  über Churchills Abenteuerroman „Savrola“ und dessen vielbändiges Werk über den Ersten Weltkrieg, „Die Weltkrise“, spricht. tws


S. 10 Geschichte & Preussen

Wie der Alte Fritz den alten Bach inspirierte
Friedrich der Große musizierte, komponierte, verpflichtete Talente und lieferte die Inspiration zum »Musikalischen Opfer«

Friedrich der Große spielte Flöte, bewies bei der Zusammenstellung seiner Hofkapelle Sachverstand und Geschmack, komponierte Flötenkonzerte, unterstützte die sogenannte Mannheimer Schule und lieferte schließlich Johann Sebastian Bach das Motiv zu dessen „Musikalischem Opfer“.

Schon als Junge hatte der, den sie später den „Alten Fritz“ nannten, die Flöte geliebt – und dafür, dass ihm die Musik mehr am Herzen lag als das Exerzieren, von seinem gestrengen Vater Prügel bezogen. Doch die brutalen „Erziehungsmaßnahmen“ des Soldatenkönigs – Schläge für den Sohn, die Zerstörung der Flöte und später sogar die Inhaftierung jener Kantorentochter, mit der der Kronprinz doch wirklich nur Duette gespielt hatte – konnten dem Junior die Liebe zur Musik nicht austreiben. Er wurde zwar später ein hervorragender Feldherr, aber die Flöte hat ihn sogar ins Feld begleitet. Und als der Alte die Zügel etwas lockerte und dem Sohn Schloss Rheinsberg schenkte, machte der sich nicht – wie vom Vater gewünscht – bevorzugt daran, kleine Preußenprinzen zu zeugen, sondern schaffte sich eine Hofkapelle an. Bei der Auswahl seiner Musiker bewies er Sachverstand und Geschmack. Der wichtigste Musikus im Rheinsberger Idyll war nämlich kein anderer als der hochbegabte Sohn eines großen Meisters: Christoph Philipp Emanuel Bach kam 24-jährig zu Friedrich.

Mindestens so wichtig wie der junge Bach war Friedrich aber der Flötist Johann Joachim Quantz, den er 16-jährig auf einer Reise mit seinem Vater am Hofe Augusts des Starken kennengelernt hatte. Doch Friedrich musste erst König werden, bevor er es sich leisten konnte, Quantz 1741 in Dresden abzuwerben. Der war nämlich damals schon ein hoch angesehener Herr mit besten Verbindungen zu Europas führenden Musikern. Er selbst hatte seine Laufbahn als Stadtpfeifer in Pirna und Dresden begonnen – und zu dieser durchaus ehrenwerten Stellung befähigte ihn die lange, vorausgegangene Lehrzeit, in der er neben Flöte und Oboe noch diverse andere Instrumente zu spielen gelernt hatte.

Mit diesen Kenntnissen war Quantz dann nach Wien gezogen, schon damals eine der Musik-hauptstädte Europas. Quantz hatte sieben Jahre dort verbracht, bevor er nach Italien zu Domenico Scarlatti gereist war. Zwei Jahre hielt es den Abenteuerlustigen dort, dann aber zog er weiter – über Paris nach London, wo er Georg Friedrich Händel begegnete und mit ihm musizierte. Händel war davon so angetan, dass er Quantz gerne in London gehalten hätte, doch den hatte wohl das Heimweh überkommen, und so nahm er ein Angebot aus Dresden an und wurde Hofmusikus bei August dem Starken.

Berlin war dann die nächste Herausforderung für ihn – und eine, bei der er seine Beziehungen spielen lassen konnte, indem er Freunde an den Hof einlud. Da waren zum Beispiel die Brüder Carl-Heinrich und Johann Gottlieb Graun, der erste als Komponist wohl beleumdet, der andere als Kapellmeister und von keinem geringeren als Johann Sebastian Bach würdig befunden, dessen ältesten Sohn Friedemann an der Violine unterrichten zu dürfen.

Mit Quantz, den Grauns und C.P.E. Bach war aber nicht nur dafür gesorgt, dass Friedrichs Hofmusik hervorragend klang. Die Herren belieferten sie auch mit neuen, modernen Kompositionen, wobei der König selbst immer wieder ein Flötenkonzert beisteuerte. Er zeigte sich dabei ganz auf der Höhe seiner Zeit – und die stand für einen musikalischen Umschwung, den Bruch vom Barock mit seinen strengen, fast mathematischen Formen, dem Basso Continuo und der sogenannten Terrassentechnik zum Rokoko. Musiker waren nämlich schon damals sehr gut vernetzt, und so kam schon bald in Berlin an, was Musikhistoriker heute die „Mannheimer Schule“ nennen.

In der Komposition zeichnete sie sich durch die Einführung der großen Konzertsinfonie aus. Dazu kam ein anderer, verstärkt melodieführender Einsatz der Bläser im Orchester – etwas, was Quantz und Friedrich sicher entgegenkam. Die hörbarste Veränderung war aber wohl, dass die Mannheimer Crescendo und Decrescendo „erfunden“ haben. Im Barock wurde – Cembalo und Orgel folgend, die gar nicht anders konnten – auch im Orchester die „Terrassentechnik“ eingesetzt: Man spielte – in klar voneinander abgesetzten Blöcken – entweder laut oder leise. Die Mannheimer Hofkapelle aber bestand aus hervorragenden Musikern, und die schafften stufenlose Übergänge von leise auf laut – das Crescendo. Und das ganze wieder zurück – das Decres-cendo.

In Berlin nahm man diese Entwicklungen begeistert auf. Carl Philipp Emanuel Bach wurde einer der führenden Komponisten in diesem neuen, „empfindsam“ genannten Stil, der in der Literatur seine Parallele bei Friedrich Gottlieb Klopstock, Johann Gottfried von Herder und dem jungen Johann Wolfgang von Goethe fand.

C.P.E. Bach stand damit kompositionstechnisch im Gegensatz zu seinem Vater, aber am guten Verhältnis der beiden änderte das nichts. Bach senior war ja sein Leben lang an neuen Entwicklungen interessiert, und in jungen Jahren war er auch eine Art „Rebell“ gewesen, den sein Rat sogar einmal abgemahnt hatte, weil ihm Bachs Orgelmusik zu „avantgardistisch“ gewesen war.

Friedrich der Große nun war sicher auch von C.P.E. Bach und den Grauns beeinflusst und inspiriert, und aus dem heraus ist wohl zu verstehen, was manche dem Preußenkönig als Mangel an musikalischem Urteilsvermögen auslegen: seine ignorante Haltung gegenüber J.S. Bachs „Musikalischem Opfer“.

Die Geschichte darum begann damit, dass C.P.E. Bach seinen Vater nach Berlin einlud. Naheliegenderweise sprach er mit seinem König darüber, und der konnte es kaum erwarten, den als Klaviervirtuosen so berühmten Mann kennenzulernen. Kaum war der alte Bach am 7. Mai 1747 in Berlin eingetroffen, wurde er schon an den Hof gerufen, wo Friedrich ihm seine Instrumente vorführte. Bach spielte vor, Friedrich war angetan und bat den alten Herrn, der ja auch für seine Improvisationskünste bekannt war, eine Fuge über ein vom König gestelltes Thema zu spielen.

Dieses Thema nun scheint auf den ersten Blick nahezuliegen: Es war die Tonfolge b-a-c-h. Doch diese Tonfolge ist als Kontrapunkt-Übung – und um den Kontrapunkt ging’s ja in der Fuge immer – so diffizil, dass zum Beispiel Arnold Schönberg darüber spekulierte, ob das Thema dem König nicht von Bach junior geliefert worden sei. Wie auch immer: Bach senior setzte sich ans Instrument und improvisierte eine dreistimmige Fuge.

Dem König war damit aber noch nicht Genüge getan. Er fragte, ob’s nicht auch sechsstimmig gehe. J.S. Bach kapitulierte, versprach aber, dass er das „b-a-c-h“ zuhause „in einer ordentlichen Fuga zu Papiere bringen und hernach in Kupfer stechen“ lasse.

Der alte Bach war schnell mit dieser Aufgabe durch: Am 7. Juli 1747 schloss er das Werk ab – und hatte gleich eine Fleißaufgabe daraus gemacht: Neben der sechsstimmigen Fuge lieferte er auch noch eine dreistimmige sowie ein paar Kanons und eine Triosonate für Flöte, Violine und Basso Continuo. Das Ganze wurde mit folgender Widmung in Kupfer geschlagen und in 200 Exemplaren gedruckt: „Ew. Majestät weyhe hiermit in tiefster Unterthänigkeit ein Musicalisches Opfer, dessen edelster Theil von Deroselben hoher Hand selbst herrühret.“

Doch die „unterthänigste“ Verehrung nützte nichts. Friedrich hat das „Musikalische Opfer“ nie gespielt und es ist nicht mal sicher, ob er es überhaupt zur Kenntnis genommen hat. Beim alten Bach jedenfalls ließ der preußische Hof nichts von sich hören. So muss Friedrich II. sich vorwerfen lassen, dass er die Bedeutung des alten Bach wohl nicht erkannt hat. Die Nachwelt tat’s umso mehr. Während Friedrichs Flötenkonzerte und Quantz’ Werke heute nur noch Flötisten bekannt sind und Carl Philipp Emanuel Bach, zu Lebzeiten als „der“ Bach verehrt, inzwischen auch nur noch selten gespielt wird, zählt das „Musikalische Opfer“ zu den ganz großen Meisterwerken.         

                Sibylle Luise Binder


Späte Ehrung für Stalins Opfer
Odessa  errichtet den während der bolschewistischen Herrschaft ermordeten katholischen Priestern ein Denkmal

Auf Initiative des Bischofs der römisch-katholischen Diözese Odessa-Simferopol, Bronislaw Bernatskij, wird die ukrainische Stadt Odessa den unter der Sowjetherrschaft ermordeten Priestern ein Denkmal errichten. Am 4. November wurde die Nichtregierungsorganisation „Ukraine ist mir“ mit der Errichtung einer Gedenktafel zur Erinnerung an die zerstörten Kirchen und ermordeten Priester von Odessa beauftragt. Die Gedenktafel soll in der Zankovetskastraße installiert werden, in der Nähe der Stelle, wo sich bis zum Jahre 1936 die Kirche St. Clemens befand, die katholische Zentralkirche von Odessa, die von den Bolschewisten zerstört wurde. Die Mehrheit der in Odessa ermordeten katholischen Priester waren Russlanddeutsche.

Die Initiative wurde von Vertretern anderer Konfessionen unterstützt. Der Appell erinnert daran, dass Odessa seit seiner Gründung 1794 eine multikulturelle und multireligiöse Stadt war. Seine vielen Kirchen aller Konfessionen, Synagogen und Gebetshäuser waren immer der Stolz der Stadt. Die Gedenktafel soll ein Ausdruck des Respekts für die Priester und Bischöfe von Odessa sein, die unterdrückt und während des kommunistischen Regimes wegen ihrer Religion zwischen 1920 und 1940 ermordet wurden.

Die Zerstörung des kirchlichen Lebens in der Sowjetunion begann im Jahre 1923. Aber schon während des Bürgerkrieges, welcher der Oktoberrevolution folgte, waren einzelne Priester erschossen worden. Am Schwarzen Meer existierten 1923 noch 69 katholische Pfarreien mit 64 Priestern, aber es gab keinen Bischof mehr. Mit dem Gesetz vom 8. April 1929, betreffend die Auflösung aller kirchlichen Güter, wurde das religiöse Leben der deutsch-russischen Kirchengemeinden beendet. Zwischen 1929 und 1935 wurden alle Kirchen in den katholischen Dörfern der Schwarzmeerdeutschen geschlossen und in Turnhallen, Kinos und so weiter umgewandelt. 1935 waren auch alle Priester dieser Kirchen entweder ausgewiesen, verhaftet oder exekutiert worden. All diese Dinge wurden zumeist erst nach der Auflösung der Sowjetunion und der Öffnung der Archive 1991 bekannt. So erst wurden all die Namen der meisten ermordeten Priester und die dahinterstehenden Einzelschicksale bekannt.

Das Bistum Tiraspol war am 3. Juli 1848 aus dem Erzbistum Mohilow herausgelöst worden. Sein Bischofssitz war die russische Stadt Saratow an der Wolga. Das Bistum umfasste die deutschen Siedlungsgebiete an der Wolga und am Schwarzen Meer bis in das Kaukasusvorland. Der Name des Bistums entstammte der moldauischen Stadt Tiraspol. Das Bistum war 1848 vor allem eingerichtet worden, um die Seelsorge der Wolgadeutschen und anderer deutschsprachiger Kolonisten (Schwarzmeerdeutsche), namentlich in Odessa und am Dnjepr, besser organisieren zu können. Außerdem hatte die Diözese auch eine Anzahl armenischer und chaldäischer Katholiken in ihrer Jurisdiktion.

Das eigentliche Zentrum des Bistums war die Stadt Odessa mit ihrem Umland von deutschen Kolonistendörfern. Die Bischöfe dieser Diözese waren bis zu ihrem Ende fast immer Russlanddeutsche. Der letzte war Bischof Josef Alois Kesslers, aus dem Ort Louis an der Wolga. Ihm war 1922 die Flucht aus der Sowjetunion über Rumänien nach Deutschland gelungen, wo er 1932 starb. Unter den 25963 unter der Stalinherrschaft leidenden Menschen zwischen 1921 und 1933 in der Stadt Odessa befanden sich 4000 Deutschstämmige, also 15 Prozent. Auch etwa 60 deutsche katholische Priester befanden sich darunter. Die Hälfte dieser Unterdrückten wurde in den Gefängnissen von Odessa hingerichtet. Erst im Jahre 2002 wurde das Bistum Tiraspol von Rom aufgelöst. Auf ukrainischem Gebiet folgte dem Bistum das heutige Bistum Odessa-Simferopol nach. Der Südteil des Bistums liegt auf dem Gebiet der 2014 von Russland annektierten Krim. Die meisten deutschstämmigen Opfer der stalinistischen Repression wurde in das von Helmut Moll zur Jahrtausendwende erarbeitete „Deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts“ aufgenommen, ein im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz herausgegebenes hagiographisch-historisches Verzeichnis von Personen, die nach römisch-katholischer kirchenamtlicher Definition als Märtyrer gelten. Bodo Bost


S. 11 Geschichte & Preussen

»Kammertürke« von Preußens erster Königin
Vor 300 Jahren starb Friedrich Aly – Zu seinen Nachfahren gehören Gottfried Friedrich und Götz Aly sowie Heinrich Tscharmann

Vor 300 Jahren starb der „Kammertürke“ Friedrich Aly, der zur Dienerschaft der ersten preußischen Königin Sophie Charlotte gehörte. Die Nachkommen des osmanischen Kriegsgefangenen, der später zum Protestantismus konvertierte, leben heute verstreut in ganz Deutschland.

Im Jahre 1683 belagerten die Osmanen Wien zum zweiten Male ohne Erfolg und verloren dabei zudem noch die Schlacht am Kahlenberg. Dies ermunterte Kaiser Leopold I. dazu, eine Gegenoffensive zur Rückeroberung Ungarns zu starten. In deren Verlauf gelang es seinem Heer, das unter anderem von bayerischen, sächsischen und brandenburgischen Truppen unterstützt wurde, am 2. September 1686 die ungarische Hauptstadt Ofen (Buda) einzunehmen. Anschließend kam es dort zu Massakern an den osmanischen Verteidigern, denen wohl 3000 Mann zum Opfer fielen. Allerdings gab es auch Überlebende der Racheaktion für die zahllosen Untaten während der 143-jährigen osmanischen Besatzungszeit. Hierzu zählte der damals etwa 20-jährige Haydar Ali – vielleicht ein echter Türke, vielleicht aus einer der vielen Provinzen des Osmanischen Reiches in Nordafrika, Arabien, Syrien oder dem Irak stammend. Sein Retter war Generalmajor Johann Albrecht von Barfus, der Teile des kurbrandenburgischen Kontingents in der Streitmacht des Kaisers befehligte.

Anschließend marschierte der Gefangene mit dem Regiment Barfus zurück in dessen Garnison. In den Jahren danach hielt er sich zumeist in Grieben bei Tangermünde auf. Dort erhielt er mehrere Jahre Religions- und Sprachunterricht. Am 3. April 1692 wurde er auf den Namen Christian Friedrich Aly getauft. Gut zwei Jahre später, am 23. Juli 1694, heiratete der nunmehrige Protestant die Türkin Maruscha, die seit ihrer Konversion 1691 Sophie Henriette Zollin hieß und im Haushalt des Generals Barfus in Spandau aushalf.

Etwa zu jener Zeit avancierte Aly zum offiziellen „Kammertürken“ der Gattin des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. und späteren preußischen Königs Fried-rich I. Diesen Posten bekleidete er jedoch nicht allein, denn Sophie Charlotte von Braunschweig und Lüneburg hatte aus Hannover noch einen zweiten zum Christentum übergetretenen Diener osmanischer Herkunft namens Friedrich Wilhelm Hassan mitgebracht. Es gehörte nämlich seinerzeit in hochadligen Kreisen zum guten Ton, sich mit „Mohren“, Türken und Indianern zu umgeben – vermutlich weilten damals schon über 600 vom Schlachtfeld weggeführte Untertanen des Sultans in Konstantinopel „theils lustig, theils traurig und krank“ in deutschen Landen.

Aly dürfte aber ganz gewiss zur Gruppe der Zufriedenen gehört haben, denn er bezog immerhin ein bemerkenswert hohes Jahressalär von 366 Talern. Zum Vergleich: Die adligen preußischen Kammerjunker mussten sich mit dem „ordinairen Gehalt“ von 200 Talern begnügen. Darüber hinaus konnte der „Kammertürke“ 1704 ein nicht der Steuerpflicht unterliegendes Freihaus direkt an der Straße zum Lützenburger Schloss beziehen, in dem Sophie Charlotte seit Juni 1699 residierte. Dafür hatte Aly lediglich mit Turban und Pluderhose ausstaffiert Tee, Kaffee und Kuchen zu servieren, Botengänge zu erledigen sowie die Gäste seiner Herrin willkommenzuheißen. Hinzu kam die gelegentliche Mitwirkung an Kriegsspielen, in denen er natürlich stets den osmanischen Verlierer mimte.

Und dieses Wohlleben des offenbar bestens integrierten Aly änderte sich auch keineswegs, als die Königin am 1. Februar 1705 im Alter von nur 36 Jahren starb, angeblich mit den letzten Worten auf den Lippen: „Adieu Aly! Adieu Hassan!“ Seinen Posten als „Kammertürke“ verlor er erst nach dem Tode von Friedrich I. Anfang 1713. Dessen sparsamer Sohn und Nachfolger Friedrich Wilhelm I., der neben der Krone noch 20 Millionen Reichstaler Schulden geerbt hatte, verzichtete auf den Luxus, derart ebenso entbehrliche wie teure Bedienstete wie Aly und Hassan weiter zu beschäftigen.

Allerdings blieb dem einstmaligen osmanischen Soldaten das Amt eines Stadthauptmanns von Charlottenburg, wie das frühere Lützenburg nun hieß. Jenes Amt hatte Aly am 30. September 1711 übertragen bekommen. Damit unterstanden ihm die Bürgermiliz und die Marktaufsicht. Außerdem verwahrte er die Stadtschlüssel. Trotzdem musste der nicht länger bei Hofe benötigte „Kammertürke“ nun das repräsentative Haus in der Schlossstraße 4 verkaufen und mit der gesamten Familie nach Berlin-Mitte ziehen. Dort wohnten die Alys erst in der Oranienburger und dann in der Breiten Straße. In letzterer starb Christian Friedrich Aly am 9. Dezember 1716. Seine Frau folgte ihm kurze Zeit später. Beide wurden auf dem Friedhof der nahebei liegenden Parochialkirche direkt hinter der alten Stadtmauer beigesetzt.

Das Ehepaar Aly hinterließ sechs Kinder namens Gottfried, Sophia Henriette, Caspar Fried-rich, Anna Sophia, Ernst August und Friedrich Gottlieb. Deren Nachkommen erlangten später zum Teil ebenfalls einen vergleichsweise hohen sozialen Status und eine gewisse Bekanntheit. So avancierte Ernst August Wilhelm Aly zum Lehrer am Fried­richs-Waisenhaus sowie Pfarrer der reformierten Gemeinden in Jerichow und Ziesar. Gottfried Friedrich Aly wurde Altphilologe und brachte es bis zum Professor und Königlichen Gymnasialdirektor in Marburg, während sein jüngerer Bruder Eduard die Juristenlaufbahn einschlug und später zudem noch als Dichter hervortrat. Zum Œuvre dieses Aly gehört beispielsweise das „Wolkenkuckucksheimer Dekamerone“ und das Lustspiel „Liebe will keine Meisterin“. Johannes Aly hingegen diente in der kaiserlichen Marine als Schiffspfarrer. Nach ihm ist eine Insel im Bismarck-Archipel östlich von Papua-Neuguinea benannt, das von 1884 bis 1914 deutsches Schutzgebiet war. Ebenso stammte auch der Architekt Heinrich Tscharmann von dem getauften Osmanen ab – er entwarf um 1900 das Gebäude der heutigen Sächsischen Staatskanzlei in Dresden.

Der aktuell prominenteste Abkömmling des preußischen „Kammertürken“ ist der Historiker und Bundesverdienstkreuz-Träger Götz Aly, der freilich nicht etwa die Geschichte des Osmanischen Reiches oder der türkischen Diaspora in Deutschland erforscht, sondern den Nationalsozialismus und zudem 2008 durch seine äußerst bissige Kritik an den 68ern Furore machte.         

                Wolfgang Kaufmann


Mit Shakespeare in Englands Opernhäuser
Der Königsberger Hermann Goetz komponierte 1868 bis 1873 die Komische Oper in vier Akten »Der Widerspenstigen Zähmung«

Der am 7. Dezember 1840 in Königsberg geborene spätere bedeutende ostpreußische Komponist aus der Zeit der Romantik besuchte als Kind das Friedrichs-Kollegium. In Louis Köhler fand das fünfte von acht Kindern eines musikliebenden Bierbrauers einen Lehrer, der ihn im Klavierspiel ausbildete. Nach ersten öffentlichen Auftritten wurde er 1860 Schüler am Sternschen Konservatorium in Berlin. In seiner späteren Organistenstellung in Winterthur in der Schweiz war er durch sein Amt nicht sonderlich beansprucht. Zu seinen Aufgaben gehörte es, das stattliche Orgelwerk Besuchern vorzuführen. Er komponierte und erteilte Klavierstunden. Eine tückische Lun­gen­krank­heit raffte ihn am 3. De­zem­ber 1876 in Hottingen bei Zürich hin. Zu seinem Nachlass gehörten feinsinnige Lieder und einige hübsche Kinderstücke, Klaviermusiken und Kammerkonzerte, das bekannte Klavierkonzert in B-Dur, die Frühlingsouvertüre, die F-Dur-Sinfonie und ein Violinkonzert sowie naheliegenderweise auch einige Chorsätze und Kantaten.

Den Kernpunkt seines Schaffens bildete seine erste Oper „Der Widerspenstigen Zähmung“, deren Libretto ihm der Berner Brahmsfreund und Dichter der „Maikäferkomödie“, Joseph Victor Widmann, nach William Shakespeare wesentlich vertiefend eingerichtet hat. Die Uraufführung am Mannheimer Nationaltheater am 11. Oktober 1874 unter Ernst Frank brachte dem bescheidenen Tonsetzer den verdienten großen Erfolg. Es handelt sich um ein beglückendes Werk in jeder Beziehung und in allen Teilen. Hier zeigt sich eine von Wolfgang Amadeus Mozart bekannte Mischung von Ernst und Scherz, wobei eine fast italienisch-sinnliche Melodik die Derbheit des Ostpreußen mildert.

Das Werk entstand um 1870. Es war die Zeit des beginnenden Wagner-Epigonentums, die auch auf „Der Widerspenstigen Zähmung“ nicht ohne Einfluss geblieben ist. Im Spannungsfeld zwischen den meist umstrittenen Größen der romantischen Tonkunst ist Goetz einen eigenen evolutionären Weg gegangen. Um taufrische und blühende Eingebungen nie verlegen, von einem ungemein feinen Sinn für Formgebung geleitet und wohl auch mit dem Vorsatz, ein primär vom Geist der Musik bestimmtes und durchwaltetes Bühnenwerk zu schaffen, hat er eben das Theaterglück versucht. In dieser seiner Oper bietet der klassizistisch geschulte Romantiker melodische, harmonische, rhythmische und klangfarbige Reize in Hülle und Fülle. Sie erfreut vor allem durch Wohllaut, meisterhaftes Filigran der Ensemblesätze und dramatischen Pulsschlag.

Da es sich um einen Shakespeareschen Stoff handelte, war es kein Wunder, dass diese Erfolgsoper des Königsbergers bald Eingang in die englischen Opernhäuser fand. Noch vor der englischen Erstaufführung der Goetz-Oper schrieb ein englischer Kritiker, nachdem er die Partitur durchgesehen hatte, im „Monthly Musical Record“ vom 1. Februar 1878: „Die sparsame, kunstvolle, logische und musikalisch gekonnte Art, auf die Goetz sowohl seine Arie als auch in seinen mehrstimmigen Stücken seine Motive gestaltet, ohne sie mit Unwesentlichem, das nach Improvisation oder Nachlässigkeit klingt, zu kombinieren, ist einer seiner charakteristischen Züge als Komponist.“

In einer später folgenden Ausgabe des „Monthly Musical Record“ vom 1. Mai 1878 nimmt der Kritiker nochmals Stellung zu der Oper und schreibt unter anderem: „… durch die Naivität, den natürlichen Fluss ihrer wohlklingenden Melodien, ihrer wunderbaren Instrumentierung, durch die Rücksicht des Komponisten auf die dramatische Echtheit, ohne der Schönheit der Form zu schaden, muss die Oper, wenn sie entsprechend aufgeführt wird, sofort die Herzen der Musiker gewinnen, die gewohnt sind, neue Werke mit Maßstäben, die sie selbst geschaffen haben, zu messen, ebenso wie die der Laien, die oft mit mehr Intelligenz – wirklicher Intelligenz, nicht kritischer Intelligenz, wie Wagner es ausdrückte – einfach für eine Sache eintreten, weil sie ihnen gefällt.“

In „Monthly Musical Record“ vom 1. November 1878 wurde die erste englische Aufführung der Oper in Drury Lane am 12. Okto-ber 1878 besprochen: „Die Oper zeigt ein so hohes Maß an Beherrschung der technischen Mittel und trotzdem so viel Originalität des Denkens und Ausführens, dass sie als eine interessante und vollkommen individuelle Schöpfung hervorzuheben ist, ein Werk, das in keiner Weise von irgendeinem Stil beeinflusst ist … obwohl es die Sitte oder auch Schwäche unserer Tage ist, jeden neuen Komponisten mit diesen zu vergleichen. Idee und Partitur sind weder von Wagner, noch von Gounod, Rossini, Meyerbeer, Auber, Thomas oder einem anderen Komponisten der leichten französischen, der abgeschmackten italienischen oder der kraftvollen deutschen Schule beeinflusst.“

Kein Geringerer als George Bernard Shaw schrieb in „Music in London“ zu jener denkwürdigen Aufführung: „Goetz … hat den Charme von Schubert ohne dessen Einfältigkeit, die Verfeinerung und Inspiration eines Mendelssohns ohne dessen Begrenzung und schüchterne Vornehmheit, den Sinn für Harmonie des Ausdrucks eines Schumann ohne dessen Pedanterie, Unzulänglichkeit und Abhängigkeit von äußeren, dichterischen Impulsen, während er hinsichtlich der Meisterschaft über die Musik die Anmut und das Verständnis für Polyphonie eines Mozart aufweist, alle drei übertrifft. Brahms, der ihm allein in der Musikalität nahekommt, ist ein Tölpel im Vergleich zu ihm …“

Diese eindrucksvollen Bekenntnisse der damaligen englischen Kritik, von Shaw vielleicht überspitzt formuliert, verfehlten nicht ihre Wirkung auf die Spielpläne des europäischen Festlandes über die beiden Weltkriege hinaus.

Gehen wir zum Schluss noch einmal zurück in die Heimatstadt des Komponisten. Seinen Eltern schrieb er Anfang Dezember 1871 sorgenvolle Briefe, die von Todesahnungen begleitet waren. Im Sommer 1872 sah er die Stadt am Pregel zum letzten Mal wieder. Während einer langen Fahrt hatte er für „Der Widerspenstigen Zähmung“ geworben. In Königsberg nahm er noch letzte Veränderungen an seinem Opernwerk vor, bis es mit seiner Sangseligkeit und seinem Humor fertig vor ihm lag, um einen Siegeszug über die großen Bühnen des ausgehenden 19. Jahrhunderts anzutreten.       PAZ


S. 12 Leserforum

Leserforum

Keine Demokratie

Zu: Terrorgefahr wird verharmlost (Nr. 45)

Deutsche Urlauber sollten sich gut überlegen, in die Türkei zu reisen. Was ist das für eine Demokratie, wo die Schmerzensschreie der Gefangenen aus den Gefängnissen durch das Land schallen? Amnesty International hat darüber berichtet. Dies hat nichts mit einer Menschenrechtskonvention zu tun.

Manfred Peitz, Straubing

 

 

Von Muslimen abgewählt

Zu: Der Rechtsstaat rutscht ab (Nr. 45)

Diese sogenannte „Integrationsministerin“ (Aydan Özoguz, d. Red.) scheint ihre Aufgabe darin zu sehen, unser Rechtssystem in eine Rechtsauffassung der uns zugewanderten, meistens islamischen Menschen zu integrieren. Es fing beim Kopftuch an und geht über Burka und Kindesmissbrauch derzeit dahin, dass unser Justizminister den Mordparagrafen zugunsten religiös motivierter oder speziell moslemischer Befindlichkeiten relativieren will, oder es schon getan hat.

Und es wird immer so weiter gehen, weil die meisten Politiker und die gesamten Tendenzmedien dieses skandalöse Treiben unterstützen und fördern, bis diese Politiker hoffentlich bald von „alten, weißen, sozial abgehängten und ungebildeten Männern“ abgewählt werden.

Ralf Kulbrock, Bielefeld

 

 

Herzloses Abwägen von Interessen

Zu: Mit den Asylsuchern kommen die Kinderehen (Nr. 45)

Geht es um die orientalische Sitte der Verheiratung eines erwachsenen Mannes mit einem Mädchen, welches noch minderjährig und ein Kind ist, haben Religionsfreiheit, Toleranz und Vielfalt hier ihre Grenze erreicht. Der Schutz und die Unversehrtheit eines Kindes haben Vorrang.

Ich verlange von der Bundesregierung hier Null Toleranz und klare gesellschaftliche und rechtliche Ablehnung dieser Kinderehen. Auch im Ausland geschlossene Kinderehen sollten für ungültig erklärt werden. Das Abwägen von Interessen, die hier von Integrationsministerin Aydan Özoguz geforderten Zugeständnisse und das perfide Ansinnen von anderen, die jungen Mädchen könnten ja den Klageweg beschreiten, sind unverantwortlich, unredlich und herzlos.

Barbara Kanwischer, Braunschweig

 

 

Wenig Lernerfolg

Zu: Förderung gegen sich selbst (Nr. 44)

Kann man nichts lernen, will man nicht oder darf man nicht? 1952 – im Rahmen des Israelvertrages – wurde bereits knapp ein Siebtel der 3,5 Milliarden D-Mark an die „Jewish Claims Confe­rence“ (JCC) gezahlt. Das waren 450 Millionen Mark, nach heutiger Kaufkraft etwa 2,5 Milliarden Euro. Davon sollten – sieben Jahre nach Krieg und Holocaust, da noch die meisten Opfer lebten – vorrangig oder überhaupt nur die Menschen entschädigt werden.

Wurden sie aber nicht! Die seinerzeit gewaltige Summe wurde nur zur Förderung jüdischer sozialer Einrichtungen und sonstiger Gemeinschaftszwecke wie Rabbinergehälter ausgegeben. Es lag also eine Zweckentfremdung vor.

Wenn sich ein Opferverband für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft dessen schuldig gemacht hätte, hätte er noch jemals auch nur eine Mark, einen Euro gesehen? Mitnichten.

Vor Jahren aber – im Rahmen des Zwangsarbeiterfonds – hat die JCC abermals Hunderte von Millionen für „sonstige Zwecke“ erhalten. Meines Wissens ist 2015 ebenfalls eine größere Summe gezahlt worden. Und jetzt abermals 17 Millionen Euro. Man kommt aus dem Staunen und Grübeln nicht heraus. Zumal seit der deutschen Wiedervereinigung 1990 kein einziger Opferverband, der die Opfer des Kommunismus, von SBZ, SED und Stasi berät und betreut und ebenfalls wie die JCC Wünsche und Forderungen an die Bundesregierung hätte, auch nur einen Euro als „höheren Beitrag des Bundes zu den Verwaltungskosten“ erhalten hat.

„Bravo“, Herr Finanzminister Schäuble.

Peter Hartwig, Berlin

 

 

Begrifflich genau

Zu: Der weltweit erste Jagdflieger kam aus Preußen (Nr. 43)

Zunächst mein Kompliment: Die PAZ gehört zu den ganz wenigen deutschen Presseorganen, die nach Sprache und Inhalt mit Genuss gelesen werden können. Das möge so bleiben. Deswegen der folgende kritische Hinweis, dass sich kleine Ungenauigkeiten auch hier einschleichen können – und sich eingeschlichen haben.

Etwa in der Mitte des ersten Absatzes ist die Rede von der „kaiserlich deutschen Luftwaffe“, im zweiten Absatz vom „kaiserlich deutschen Heer“. Beides hat es nie gegeben, es gab nur eine „Kaiserliche Marine“. Die Landstreitkräfte gehörten den Bundesstaaten, in diesem Falle also dem Königreich Preußen. Und in der Anfangsphase der Militärfliegerei gab es gewiss noch keine Luftwaffe, vielmehr war die militärische Fliegerei Teil des Königlich Preußischen Heeres.

Begriffliche Genauigkeit trägt dazu bei, besonders junge Leser an präzise Ausdrucksweise zu gewöhnen. In der Schule werden ihnen solche Impulse zumeist vorenthalten.

Bruno Kühl, Bad Hersfeld

 

 

Wenn einem der gemeine Mann feind wird

Zu: Ein historisches Duell (Nr. 44)

Die Analyse trifft den Sachverhalt, auch die Wortwahl ist angemessen. Man muss tatsächlich von einer Frontstellung zwischen den „Rechtspopulisten“ und den angeschlagenen Eliten sprechen. Es ist die Front eines potenziellen Bürgerkrieges und Krieges, denkt man an die Ukraine/Russland oder Syrien. Große Teile der Bevölkerung in den USA und in Europa halluzinieren sich nicht als Geschädigte oder Verlierer der Globalisierung und einer exzessiven Einwanderung, sie sind es, sie erfahren es alltäglich.

Die Eliten wollen uns aber weismachen, es handele sich um irrationale Ängste, um einen Rechtsextremismus aus der Mitte der Gesellschaft. Protest wird verleumdet und unterdrückt. Zudem kämpft die EU und auch die derzeitige Bundesregierung nicht nur gegen den Nationalismus – das ist eher Demagogie oder Hysterie –, sondern gegen den Nationalstaat und die Nationen überhaupt, mithin gegen die Identität der Deutschen und Europäer.

So entstand eine Opposition, welche zur Renaissance von Rechtskonservativen und Nationalisten, wie in Polen, oder zum Brexit geführt hat. Es führte auch dazu, dass eine kaum entstandene AfD mit nur wenigen hundert Mitgliedern in einer Landtagswahl ein Viertel der Wählerstimmen gewinnt. Diese Opposition wäre nur um den Preis einer Diktatur zu beseitigen. Ihre Ächtung hat eher das Gegenteil bewirkt. Doch wann zieht man oben daraus die Konsequenzen?

Mich erinnert die Lage an historische Aussprüche: „Das machen die Herren selber, dass ihnen der gemeine Mann feind wird“ – aus dem Deutschen Bauernkrieg. Oder des Frühkommunisten Babeuf: „Es gibt nur einen Krieg; den der Reichen gegen die Armen.“ Dagegen haben in den USA die Besorgten, die Vernachlässigten und die angeblich Ungebildeten ein donnerndes Veto eingelegt, das die westliche Welt erschüttert: Außenseiter Trump wurde zum Präsidenten gewählt.

Jetzt kommt es darauf an, statt die Konfrontation auf die Spitze zu treiben, die neoliberalen und volksfeindlichen Auswüchse zu eliminieren und den Dialog mit den gemäßigten „Rechtspopulisten“ zu suchen, wozu im deutschsprachigen Raum die breite Mehrheit der AfD-, FPÖ- und SVP-Funktionäre gehört.

Vorbildlich sind hier die USA, die nach einer Schlammschlacht der Kontrahenten zur nationalen Versöhnung nicht nur aufrufen, sondern dies auch vorleben. Auf Demütigung und Ausgrenzung wird verzichtet. Der politische Gegner wird nicht zum Feind, die Hitzköpfe werden zurechtgewiesen. Auch wir sollten uns zuerst als Deutsche und erst danach als Anhänger einer Partei oder Weltanschauung begreifen. In Krisenzeiten wie diesen ist Patriotismus und sozialer Ausgleich der entscheidende Kitt, der alles zusammenhält.

Rolf Kraft, Koblenz

 

 

Establishment nach Trump-Wahl in Schreckstarre

Zu: Der Hass von oben (Nr. 46)

Trump – das ist eine schallende Ohrfeige für das Establishment der aktuellen US-Regierung, einer Clinton-Administration, aber auch der EU in Brüssel und der CDU/SPD in Berlin – und anderswo. Trump ist gewählt worden, entgegen den Prognosen vieler Experten – „Experten“! –, trotz der Stimmungsmache durch den Großteil der Medien in den USA, in Europa, in Deutschland. Er hat eine große Zahl ehemaliger Nichtwähler an die Urne gebracht – ähnliches geschah beim Brexit oder bei den deutschen Landtagswahlen 2016. Das ist Demokratie!

Über 70 Prozent der US-Wählerinnen und Wähler, die Trump unterstützen, haben ihm die Stimme gegeben, weil sie einen Wandel haben wollen. Die Mehrheit der Wählenden hat genug von dem verkalkten, sich selbst genügenden Establishment, das unter sich die Macht aufteilt, dessen Mitglieder sich als Elite sehen – was sie in keiner Art sind – dotiert mit Privilegien sonder Zahl: Die müssen gehen.

Hillary Clinton, die Establishment-Kandidatin, die von neutralen Kommentatoren als unehrlich bewertet wird, hatte keine

Chance. Die „etablierten Parteien“ haben sich schon allzu lange, allzu sehr von den Bürgerinnen und Bürgern entfernt, abgehoben. Der Trump-Wahlsieg, der Brexit, der Widerstand des wallonischen Regionalparlamentes, das Dänemark-Referendum, die Wahlerfolge der AfD wie die ähnlicher Parteien in anderen europäischen Ländern zeigen, dass es für jedes Problem Alternativen – prüfenswerte, ja gute, ja bessere als die des Establishments – gibt.

Trotz all dieser Erschütterungen meint das EU-Establishment in Brüssel und in Berlin weiterhin alternativlos regieren zu können. Die Europäische Union, die an sich schon schwer erschüttert ist und nun noch mehr geschüttelt wird – in Brüssel herrsche „Schreck­starre“ wie das Häschen vor der Kobra; ist es in Berlin, in Paris anders? – muss sich endlich grundlegend wandeln.

Die EU hat nicht die Aufgabe, die Etablierten in den EU-Führungsnationen zusätzlich zu stärken, und sie hat auch nicht die Bürger in den verbleibenden 27 Staaten „mitzunehmen“. Nein, die EU hat die Basis durch Abstimmungen zu Wort kommen zu lassen. Ein Umbau der Establishment-Struktur von Oben nach Unten zu einer Basis-Struktur von Unten nach Oben sichert allein auf Dauer die europäischen Werte, die vom Establishment so oft gebetsmühlenartig beschworen und dadurch entwertet werden.

Ob Einsicht und Demut in Berlin, Brüssel und weiteren Hauptstädten einziehen werden, wird sich zeigen: Widersteht das Estab­lishment der Versuchung, den Wahlsieg Trumps als Wahlsieg der Populisten zu etikettieren? Populistisch verhalten sich zurzeit die CDU und SPD, die GroKo – es stehen ja Wahlen in Deutschland bevor.

Dr. Jürg Walter Meyer, Leimen bei Heidelberg

 

 

Tod in Wartenburg

Zu: Adolf Hitlers Lieblingsgauleiter (Nr. 45)

Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass Ihnen mit dem Un­tertitel „Vor 30 Jahren starb Erich Koch im ostpreußischen Bartenstein“ folgender dicker Fehler unterlaufen ist: Das polnische Barczewo, wo der ostpreußische Gauleiter Erich Koch starb, ist das ostpreußische Wartenburg, nicht Bartenstein.            

Karola Sielmann, Hamburg

(Anmerkung der Redaktion: Die Leserin hat völlig recht. Im Text selber ist korrekt von Wartenburg die Rede.)

 

 

Tipp für die Entwicklungspolitiker: kein Hunger in Afrika, keine Auswanderung

Zu: Millionen drängen zu uns (Nr. 45)

Es ist richtig, dass Herr Heinsohn vor einer gewaltigen Einwanderungswelle aus Schwarzafrika warnt. Aber diese Entwick­lung ist ja nicht neu. Warum sollte die Politik dies erkennen und reagieren? Sie hat doch die derzeitige Einwanderungswelle auch nicht kommen sehen oder wollen.

Auch diese mögliche neue Welle wird in erster Linie wieder Europa, also überwiegend Deutschland, treffen. In Deutschland werden wieder einige sagen, dass das Boot noch lange nicht voll ist, und andere, dass es bereits voll ist. Beides ist falsch. Es gibt nicht das Boot. Bereits im Jahr 2000 haben Migrationsexperten festgestellt, das aus wirtschaftlicher Sicht das Boot noch nicht voll ist. Die Wirtschaft hat schon damals nach Arbeitskräften geschrien, als es eine hohe Arbeitslosenquote bei gleichzeitigem Arbeitskräftemangel von Facharbeitern gab.

Viel anders ist es heute auch nicht. Aber das „Boot Sozialleistungen“ ist bereits bis zum Rand im Wasser. Auch zu dieser Erkenntnis ist man bereits im Jahr 2000 gekommen. Bereits davor wurden über zehn Milliarden

D-Mark pro Jahr für Sozialhilfe an Zugewanderte gezahlt. Man kann sich also unschwer vorstellen, wie hoch die derzeitigen Aufwendungen sind und wie hoch sie möglicherweise bei der vorgenannten Einwanderungswelle noch sein könnten.

Europa, insbesondere auch Deutschland, kann etwas gegen dieses Problem unternehmen.  Afrika kann zum Beispiel dabei geholfen werden, eine eigene Nahrungsmittelproduktion aufzubauen. Es führt zu nichts, wenn wir billige Agrarprodukte nach Afrika liefern. Wir füttern Afrika nur. Diese Billigexporte zerstören die lokale Landwirtschaft. Der Agrarexperte von Brot für die Welt, Francisco Mari, sagt: „Der Import dieser billigen Ware macht die dortigen Bauern arm, weil ihre eigenen, traditionellen Produkte wie zum Beispiel Hirse oder Sorghum nicht mehr konkurrenzfähig sind.“

In Afrika arbeiten durchschnittlich etwa 75 Prozent als Landwirte. Ihnen nimmt man also jegliche Chance, ihre eigenen Waren zu verkaufen. Das ist nicht neu. Es fehlt aber der Wille, wirklich etwas dagegen zu tun. Eine Chance für deutsche Unternehmen könnten Exporte sein, die Afrika dabei helfen, im Agrarsektor effizienter zu werden, sagte Claudia Voß, Sprecherin des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Sehr vereinfacht ausgedrückt, ließe sich sagen: Kein Hunger, keine Auswanderung.

Heinz-Peter Kröske, Hameln


S. 13 Das Ostpreußenblatt

Baufirmen und Behörden am Pranger
800 Geprellte demonstrierten in Königsberg – Wut trifft auch Bürgermeister Alexander Jaroschuk

Am vergangenen Wochenende demonstrierten in Königsberg etwa 500 Bürger, die von Baufirmen um ihr Geld gebracht worden sind. Ihre Wut richtete sich vor allem gegen untätige Behörden, die das Problem seit Jahren kennen, aber nichts unternehmen.

Ein Bauherr kann immer Gefahr laufen, dass die von ihm beauftragte Firma in Konkurs geht. Das ist hierzulande ein bekanntes Risiko. Dass aber eine Baufirma von ihren Kunden den vollen Kaufpreis für eine Immobilie verlangt, die noch nicht fertiggestellt ist oder mit deren Bau noch nicht einmal begonnen wurde, ist ein Phänomen, das in ganz Russland bekannt ist. Die Baufirmen nutzen die gesetzlich erlaubte Möglichkeit der Vorauszahlung, um an frisches Betriebskapital für ihre Projekte zu kommen. In Königsberg lassen sich Kunden darauf ein, weil Bestandsimmobilien wesentlich teurer sind als Neubauten. Doch häufen sich die Fälle, in denen lediglich Baugruben ausgehoben, oder, wenn bereits Wände hochgezogen wurden, die Gebäude nicht fertiggebaut werden. Für die gutgläubigen Käufer bedeutet dies, dass sie am Ende ohne ihr Geld und ohne Wohnung dastehen. Dabei geben die Menschen oft alle ihre Ersparnisse für Wohnungen aus, auf deren Fertigstellung sie Jahre warten müssen. In dieser Zeit sind die Kinder, um derentwillen sie sich für den Kauf einer Wohnung entschieden hatten, längst aus dem Haus.

Wiederholt haben sich die betrogenen Bauherren an Beamte und Regulierungsbehörden um Hilfe gewandt, jedoch ohne jeden Erfolg. Weil sie kein Gehör fanden, haben die betrogenen Anleger zu einer Demo im Zentrum Königsbergs aufgerufen. Die etwa 500 Teilnehmer nannten sich das „Obdachlosenregiment“ in Anspielung auf die Aktion des „Regiments der Unsterblichen“, die in vielen russischen Städten am 9. Mai, dem Tag des Sieges, stattfindet. Sie hielten Plakate mit Losungen hoch.

Auf jedem der Plakate wurden windige Bauunternehmen genannt, die Geld genommen, aber nie ein Haus gebaut haben. Darunter befanden sich die Firmen „Vivags“, Hansa-Service“, „Kaliningradschilstroj“, „Alfa-Stroj“ und viele andere. Den Zorn der verzweifelten Bauherren bekam auch Bürgermeister Alexander Jaroschuk zu spüren, dem die Demonstranten verbrecherische Tatenlosigkeit vorwarfen.

Die Gläubiger der Firma „Vivags“ warten bereits acht Jahre auf die Fertigstellung ihrer Immobilien. Das achtstöckige Haus an der Labiauer Straße [ul. Gagarina] ist immer noch nicht fertig. Von sieben Gebäudetrakten sind erst drei abgeschlossen. Der Bau wurde auf Eis gelegt, weil angeblich kein Geld mehr für die Fertigstellung vorhanden war. Ein Teil der Geprellten ist aktiv geworden. Sie haben eine Wohnungsgenossenschaft gegründet und suchen nun Firmen für die Fertigstellung ihrer Wohnungen.

Dass Wohnungskäufer derart betrogen werden, liegt an Gesetzeslücken, die es Baufirmen ermöglichen, von der Stadt Grundstücke zu Sonderkonditionen zu erwerben mit der Auflage, neben ihren sonstigen Bauprojekten verstärkt Wohnhäuser für Privaterwerber zu errichten. Die Umsetzung dieser Auflagen wird  jedoch nicht kontrolliert. Derzeit warten etwa 800 Gläubiger auf die Fertigstellung ihrer Wohnungen. Dabei hatten viele von ihnen zuvor die Baufirma sehr sorgfältig ausgewählt und die Bauunterlagen aufmerksam studiert. Sie erkundigten sich auch bei den Behörden nach der Baugenehmigung. Es gab nichts, was gegen einen Kauf sprach.

Der Firma „Hansa-Service“ ist es beispielsweise gelungen, ein und dieselbe Wohnung zwei oder drei Mal an unterschiedliche Käufer zu veräußern. Der Generaldirektor des Unternehmens steht jetzt vor Gericht. Die Käufer befürchten allerdings, dass es zu einer Zwangsversteigerung der unfertigen Immobilie kommt, bei der sie neben der in Aussicht gestellten Wohnung auch noch ihr bereits gezahltes Geld verlieren würden. Um das zu verhindern, haben sie sich zur Gründung einer Baugenossenschaft entschlossen, um die Häuser in Eigenregie fertig zu bauen.

Es gibt Fälle, in denen Menschen sogar in halbfertige Wohnungen einziehen, in denen es weder Heizung, warmes Wasser oder Strom gibt. Und das aus dem einfachen Grund, weil die Baufirma behördliche Vorschriften nicht eingehalten hat und die Wohnung gar nicht zur Nutzung hätte übergeben dürfen. Weil sie quasi illegal in ihrem Wohneigentum leben, können diese Menschen sich nicht einmal an ihrem neuen Wohnort anmelden.

Viele Anleger streiten jahrelang mit den Baufirmen vor Gericht. So lange sind sie gezwungen, weiter in einer Mietwohnung zu leben. Die Teilnehmer der Demonstration haben eine Petition an verschiedene Behörden und an die Staatsanwaltschaft gerichtet. Die Jüngeren kündigten an, durch alle Instanzen zu gehen, um ihr Recht durchzusetzen und in ihre Wohnungen einziehen zu können. Diejenigen, die schon 70 Jahre und älter sind, und davon gibt es nicht wenige, haben dagegen bereits die Hoffnung verloren, noch einmal in ihrer eigenen Wohnung leben zu dürfen.

                Jurij Tschernyschew


Volkstrauertag
Gedenken auf dem Friedhof Königstraße

Auf dem deutschen Ehrenfriedhof in der Königstraße (heute Wojska Polskiego) in Allenstein hat am Volkstrauertag die traditionelle Feier stattgefunden. Die Versammelten gedachten der Gefallenen und der Opfer beider Weltkriege. Der stellvertretende Vorsitzende der Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit (AGDM), Alexander Bauknecht, leitete die Veranstaltung. Das geistliche Wort sprach Domherr André Schmeier. Die Kränze legten Edyta Gładkowska, Repräsentantin der Landsmannschaft Ostpreußen, Alexander Bau-knecht und Otto Tuschinski (AGDM) sowie Herbert Monkowski, Kreisgemeinschaft Allenstein, nieder. Nach der Zeremonie auf dem Friedhof fand noch die heilige Messe in der Herz-Jesu Kirche statt.      E.G.


Ehrung für Angerburgerin
Engagement für Deutsche: Herta Andrulonis wird ausgezeichnet

Herta Andrulonis wurde Ende Oktober im Allensteiner Theater mit der Auszeichnung „Verdiente der polnischen Kultur“ geehrt. Sie bekam auch den Kulturpreis des Marschalls der Woiwodschaft Ermland und Masuren verliehen.

Die Auszeichnung für Verdiente um die pol-nische Kultur (Za-słuzony dla kultury polskiej) ist eine polnische Auszeichnung für Menschen, Institutionen, Organisationen oder Vereine, die sich im In- oder Ausland um die Schaffung, Verbreitung und den Erhalt der polnischen Kultur verdient gemacht haben. Sie wird vom polnischen Ministerium für Kultur und nationales Erbe (Ministerstwo Kultury i Dziedzictwa Narodowego) nach einem Antragsverfahren verliehen.

Frau Andrulonis erhielt die Auszeichnung für ihre jahrelange Tätigkeit im Bereich der Bildung und der Integration der Deutschen Minderheit in Masuren. Sie ist seit 1995 Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft Mauersee in Angerburg. Dank ihres Engagements wurde auch in demselben Jahr die Sozialstation der Johanniter-Unfall-Hilfe für häusliche und ambulante Krankenpflege in Angerburg eröffnet. Andrulonis wurde bereits mit der Ehrenbürgerwürde der Stadt Angerburg [Wegorzewo] und mit dem Goldenen Ehrenzeichen der Landsmannschaft Ostpreußen ausgezeichnet.                 Edyta Gładkowska


MELDUNGEN

Festung Boyen wird renoviert

Lötzen – Die Festung Boyen soll in ihrem früheren Glanz erstrahlen. Renoviert wurde bereits das Pulver-Laboratorium. Nun kommt die Munitions-Werkstatt an die Reihe, und die Arbeiten an der Carnota-Mauer dauern fort. Die Stadtverwaltung stellt umgerechnet 3,4 Millionen Euro für den Umbau der Munitions-Werkstatt bereit. Das Gebäude beherbergt Ausstellungs-Vitrinen und ein Erläuterungs-System. Es soll auch ein Audio-Führer für Sehbehinderte auf Englisch, Polnisch, Deutsch und Russisch eerstellt werden.          PAZ

 

EU fördert russische Dörfer

Brüssel/Königsberg –  Die Europäische Union hat mehr als 80000 Euro für das Projekt „Funken Hoffnung für russische Dörfer“ ausgegeben. Im Rahmen der Initiative sollen 57 Miniprojekte finanziert werden. Nach Angaben des EU-Botschafters in Russland, Vygaudas Ujackas, will die EU die Entwicklung der Dörfer in fünf Pilotregionen durch einen Dialog zwischen der Bevölkerung, der örtlichen Verwaltung und der Leitung der umliegenden Naturschutzgebiete fördern. Das Projekt wird im Königsberger Gebiet, im Gebiet Archangelsk, in der Region Krasnodar, in der Region Altai und in der Republik Altai durchgeführt. „Alle Projekte sind klein, aber sehr wichtig. Denn diese kleinen Geschäfte führen zu konkreten und spürbaren Veränderungen", erklärte Ujackas. PAZ

 

Störungen des Verkehrs

Allenstein – Straße Nr. S7: Liebemühl [Miłomłyn], Baustelle. Straße Nr. 7: Elbing [Elblag] – Jazowa, Baustelle; Liebemühl [Miłomłyn] – Osterode [Ostróda], Baustelle; Osterode – Hohenstein [Olsztynek], Baustelle; Zalusken [Załuski] –Napierken [Napierki], Baustelle. Straße Nr. 7j: Zalusken – Neidenburg [Nidzica], Baustelle. Straße Nr. 15: Rheinsgut [Rynskie] – Mörlen [Morliny], Baustelle. Straße Nr. 16: Limbsee [Limza] – Freystadt [Kisielice], Baustelle; Warweiden [Wirwaidy] – Thyrau [Tyrowo], Baustelle; Osterode – Alt Jablonken [Stare Jabłonki], Baustelle; Arys [Orzysz] – Lyck [Ełk], Baustelle. Straße Nr. 16c: Allenstein [Olsztyn] – Fittigsdorf [Wójtowo], Baustelle. Straße Nr. 22: Elbing – Fichthorst [Je-głownik], Baustelle. Straße Nr. 51: Allenstein – Pagelshof [Ameryka], Baustelle. Straße Nr. 57: Bischofsburg [Biskupiec] – Haasenberg [Labuszewo], Baustelle. Straße Nr. 58: Hohenstein [Olsztynek], Baustelle. Straße Nr. 63: Arys [Orzysz] – Johannisburg [Pisz], Brückenbau. Straße Nr. 65: Goldap [Gołdap] – Treuburg [Olecko], Brückenbau; Neu-endorf [Nowa Wiez Ełcka], Baustelle.                                E.G.


S. 14 Ostpreussische Familie

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

ehe sich der November mit seinen stillen Gedenktagen dem Ende zuneigt wollen wir mit einem Fall beginnen, den wir schon in der letzten Folge behandelten, denn es geht um die in einem Haus in den alten deutschen Ostgebieten gefundene Briefpost aus dem Zweiten Weltkrieg. Ausführlich haben wir über den an eine Adresse in Münster gerichteten Feldpostbrief berichtet, der von den heute polnischen Bewohnern des Hauses gefunden und an Frau Brigitte Freiwald in Gelting gesandt wurde, damit der sehr persönlich gehaltene Brief eines Unteroffiziers der deutschen Wehrmacht vielleicht noch nach Jahr und Tag in die richtigen Hände gelangt, gleich ob Absender oder Adressat. Dabei hatten wir erwähnt, dass auch das Foto eines deutschen Wehrmachtangehörigen gefunden wurde, das wir gesondert behandeln wollten – und das tun wir heute. Es hat mit dem am 17. Oktober 1941 abgestempelten Feldpostbrief nichts zu tun, denn die auf der Rückseite befindliche Widmung zeigt das Datum vom 1. März 1943. Der auf dem gut erhaltenen Foto Abgebildete – ersichtlich im Rang eines Feldwebels, dessen Uniform verschiedene Auszeichnungen erkennen lässt – blickt sehr ernst, es ist anscheinend eine Atelieraufnahme. Die Widmung auf der Rückseite gilt einer Nichte oder einem Neffen, denn sie lautet: „Zur lieben Erinnerung an Deinen Onkel Hellmut“. Ein Nachname wird leider nicht genannt, dafür aber der derzeitige Wohnort: Posen (Warthegau). Leider ist nicht ersichtlich, ob es sich um den privaten Wohnsitz oder um den Standort seiner Einheit handelt. Es ist nun zu hoffen, dass jemand diesen „Hellmut“ anhand der markanten Gesichtszüge erkennt, es könnte sogar die ehemalige Nichte oder der Neffe sein, die ja damals noch Kinder waren. Es ist durchaus möglich, dass hier eher eine positive Reaktion aus unserem Leserkreis erfolgen wird als auf den Feldpostbrief des Unteroffiziers in Folge 46. (Brigitte Freiwald, Ostlandstraße 1 in 24395 Gelting, Telefon: 04634/2464.)

Mit welchem Vertrauen sich manche Leser mit ihrem Anliegen an uns wenden, ist schon erfreulich und ehrt uns sehr, macht aber auch betroffen, weil man weiß, dass man die Erwartungen nur schwer erfüllen kann – wenn überhaupt. Da wird lediglich ein Name oder ein Ort genannt, und dann fehlen weitere Angaben, aber der Auftrag lautet: Dann sucht man schön. Dabei ist gerade bei Fragen nach vermissten Personen jede, aber auch jede kleine Angabe wichtig, weil sie manchmal der einzige Anhaltspunkt ist, an dem man die Suchaktion aufhängen kann. So kann ich auch Frau Ingeborg Winkler aus Meppen keine große Hoffnung machen, dass wir dazu beitragen könnten, das Schicksal ihres vermissten Bruders Rudolf Winkler zu klären, das sich im Dunkel der Nachkriegsjahre im von den Russen annektierten Königsberg verliert. Die von Frau Winkler an uns gerichtete Anfrage besteht nur aus einem Satz: „Suche nach meinem Bruder Rudolf Winkler, geb. 10.10.29 in Königsberg Pr. verschollen seit dem Einmarsch der Russen 1949 mit der Bitte um Nachricht“. Dann noch die Anschrift von Frau Winkler und ihr Geburtsdatum (05.09.28) – das ist alles. Vielleicht ist es dem hohen Alter der Seniorin zuzuschreiben, dass sie den Russeneinmarsch auf das Jahr 1949 verlegt. Es ergeben sich daraus eine Fülle von Fragen: Seit wann wird der bei Kriegsende damals 15-Jährige vermisst? Wo und wie verlebte er die Jahre nach der Besetzung? Blieben auch andere Mitglieder der Familie in Königsberg? Von wo kam sein letztes Lebenszeichen? Hat die Familie in Deutschland nach der Vertreibung Suchanträge gestellt und bei welcher Institution? Das wären nur einige Fragen, die zuerst einmal gestellt werden müssen, um überhaupt eine Basis für die Suchaktion zu haben. Wir wollen das tun und werden trotz aller Schwierigkeiten an der Angelegenheit dranbleiben und über Fort- oder Rückschritte unsere Leserinnen und Leser informieren.

Bei dem nächsten Anliegen bin ich schon hoffnungsvoller, weil es keine schwer zu behandelnden Schicksalsfragen enthält sondern die Suche nach Wegen, die in eine Königsberger Kindheit zurück­führen. Und da sind vor allem unsere Senioren gefragt, die aus den südlichen Randgebieten der Stadt stammen, gezielt aus dem Kirchspiel Seligenfeld. Der an der Bahnstrecke Königsberg - Insterburg gelegene Ort wurde 1939 nach Königsberg eingemeindet. Ein Jahr zuvor wurde dort Joachim Wagner geboren, und die Fragen des heute 78-jährigen Diplom-Ingenieurs aus Eschbach beziehen sich auf seinen Geburtsort. Trotz intensiver Bemühungen konnte er sie bisher nicht lösen, aber unsere Leserinnen und Leser werden sicher zu ihrer Klärung beitragen. Seine erste Frage betrifft die eigene Familie. Sein Vater ist im Einwohnerbuch Königsberg 1941 als „Wagner, Erich, Frisör, Seligenfeld, Gartenstadt“ eingetragen. Herr Wagner meinte, auf der nächsten Seite müsste dann seine Mutter „Marta Wagner“ stehen, aber die Folgeseite fehlte in dem ihm vorliegenden Exemplar. Also bemühten wir uns, entdeck­ten auch drei „Martas“, doch keine wohnte in Seligenfeld. Herr Wagner hatte gehofft, auf diese Weise den richtigen Straßennamen heraus zu finden, denn in seinen Unterlagen gibt es drei abweichende Bezeichnungen. Frage also: Wer kannte die Gartenstadt in Seligenfeld, hat dort vielleicht gewohnt und kann die Namen der Straßen nennen? Wenn sich ein Lageplan der Gartenstadt finden würde, wäre das natürlich sehr hilfreich, denn dort müssten die Straßennamen angegeben sein. Vielleicht melden sich auch Bewohner der Gartenstadt, die sich an den Frisör Erich Wagner erinnern, vor allem wenn sie zu seinen Kunden gehörten – und dazu zählten auch die Kinder, die von den Eltern zum Besuch beim „Babutz“ verdonnert wurden. So manche kindliche Lockenpracht fiel damals der Schere zum Opfer, wenn die Einschulung vor der Türe stand.

Damit haben wir das Stichwort für die zweite Frage von Joachim Wagner, denn die bezieht sich auf die Volksschule, in die der Sechsjährige im Herbst 1944 eingeschult wurde. Er weiß nicht, wo diese lag – in Seligenfeld jedenfalls nicht, wie er meint. Eine Namensliste der 44 Volksschulen, die Königsberg damals aufwies, würde ihm da kaum weiter helfen, weil die Schulbereiche nicht erkennbar wären. Aber da setze ich nun voll auf unsere ehemaligen Seligenfelder, die noch ihre ersten Schuljahre in ihrer Heimat verbrachten und vor allem auf die Bewohner der Gartenstadt, in der sicher viele junge Familien mit Kindern lebten. Da die Einschulung von Joachim im Herbst 1944 erfolgte – als nach den verheerenden Bombenangriffen im August viele Schulgebäude in Schutt und Asche lagen, noch heil gebliebene zu Lazaretten wurden –, ist es auch möglich, dass die Kinder aus Seligenfeld in entfernt gelegene Volksschulen oder in Behelfsgebäude zum Unterricht mussten, vielleicht sogar in die umliegenden Dörfer wie dem benachbarten Gutenfeld. Wo mal wieder meine eigene Erinnerung mobilisiert wird, denn dort war mein Onkel Rektor, und ich durfte im Garten des Schulhauses bei den sonntäglichen Besuchen spielen und jede Menge von dem selbstgebackenen Glumskuchen meiner Tante essen. Vielleicht erweckt diese kleine Rückbesinnung auch bei anderen Königsbergern Erinnerungen, die sich als Mosaiksteinchen in das Suchbild von Herrn Wagner einfügen ließen. (Dipl.-Ing. Joachim Wagner, Madenburgweg 21 in 76831 Eschbach, Telefon: 06345/953277, Fax: 06345/407391, Mail: wagnerj38@t-online.de)

Sie ist heute noch ein Fixpunkt für alte Königsberger, die ihre Heimatstadt besuchen, weil sie sich hier an einem imposanten Gebäude orientieren können, das für sie schon auf den ersten Blick erkennbar ist: Die Börse. Genauer gesagt: Die neue Börse. Denn sie hatte viele Vorgängerinnen seit die erste Börse auf dem Kneiphof im Jahre 1623 am Nordufer des Alten Pregel errichtet wurde. Die heutige Börse ist die vierte ihrer Art und galt und gilt als eine der architektonischen Sehenswürdigkeiten der Stadt, wie die Reiseführer aus alter wie neuer Zeit beweisen. So bezeichnet ein heutiger, von einem russischen Autor geschriebener Wegweiser den Bau als „würdige Zierde der Vorstadt“ und weist auf ihre Bedeutung mit informativen Daten und Fakten hin: „Die derzeitige Börse wurde nach den Entwürfen des Architekten Heinrich Müller aus Bremen 1870-1875 aus Naturstein im italienischen Renaissancestil für zwei Millionen Mark erbaut. Das Fundament steht auf 2000 Lärchen. Die Börse war nicht nur ein Mittelpunkt des Königsbergers Getreide- und Produkthandels, sondern auch eine Stätte für Kunstausstellungen und Konzerte. In den 70er Jahren wurde das im Krieg zerstörte Gebäude wieder aufgebaut und zum Kulturhaus der Seeleute des Handelshafens.“ Heute werden in der Börse wieder die für Königsberg üblichen Börsengeschäfte abgewickelt, aber ihre Bedeutung für das Kulturleben der Stadt bekommt nun eine neue Variante. Wie die Direktorin der Kaliningrader Kunstgalerie, Frau Galina Sobolotskaja mitteilt, muss die Galerie aus ihrem gegenwärtigen Gebäude, einem schadhaften Plattenbau am Moskowskij Prospekt, ausziehen. Man hat ihr das Gebäude der ehemaligen Börse zugebilligt, worüber sie sehr glücklich ist. Sie sucht nun nach Unterlagen über die Börse wie Baupläne, Berichte, alte Fotos, alles, was zu der Erstellung einer Dokumentation über die Königsberger Börse beitragen könnte. Frau Galina Sobolotskaja ist telefonisch (007 9097 907 337) oder online (artgalery.kaliningrad@gazinter.net) zu erreichen, sie spricht deutsch.

Eure Ruth Geede


Nicht allein Verdienst der Polen
Theaterstück würdigt Rolle der Oberschlesier bei der Überwindung des Kommunismus

Zwölf Jahre ist es her, dass der Dramatrug, Schauspieler, Regisseur und Direktor des Kattowitzer Theaters, Robert Talarczyk, das Stück „Cholonek“ von Janosch, dem Schöpfer der „Tigerente“, aber auch Autor von Romanen, auf die Bühne brachte. Nun ist die „Pazifizierung“ der Kattowitzer Oheim-Grube (Kopalnia Wujek) Thema seines neusten Stücks.

Mit „Cholonek“ 2004, „Liebe in Königshütte“ 2012 und „Die fünfte Himmelsrichtung“ 2013 hat Talarczyk tabuisierte oberschlesiesche Themen gesetzt. Nach der Premiere von „Liebe in Königshütte“, die Talarczyk noch als Theaterdirektor in Bielitz-Biala auf die Bretter brachte, hatte man seine Absetzung gefordert. Für polnische Steuergelder sollten doch keine anitpolnischen Bühnenstücke produziert werden, hieß es aus den Reihen der Regierungspartei PiS. Als antipolnisch verstand man, dass Talarczyk die Nachkriegslager „Zgoda“ in Schwientochlowitz-Eintrachthütte und Lamsdorf und damit die „unbeweinten“ Opfer würdigte. Beide bis Kriegsende deutsche Lager wurden 1945 als Internierungs-, Arbeits-, Konzentrations- und Aussiedlungslager für deutsche Oberschlesier durch die polnischen Machthaber weitergeführt.

Bei einer Aufführung der „Liebe in Königshütte“ im Bielitzer Theater trugen der Regisseur und einige Schauspieler blau-gelbe Armbinden, also die Farben Oberschlesiens. Es war eine spontane Aktion, die verdeutlichen sollte, dass der Stoff den Machern sehr am Herzen liegt. „Ein Skandal!“, polterten rechtskonservative Politiker, die sofort Verbindungen zur Autonomiebewegung witterten. Stanisław Pieta, PiS-Abgeordneter in Bielitz-Biala, sagte damals: „Oberschlesien wird nie eine Autonomie erwirken. Wenn die Autonomisten sie erreichen wollen, müssen sie zu Bajonetten greifen. Aber sie sollten wissen, dass auch wir zu Waffen greifen werden“, drohte er 2012 und forderte, den Bielitzer Stadtpräsidenten Talarczyk zu entlassen. Ein Jahr darauf wurde Talarczyk Theaterdirektor in seiner Heimatstadt Kattowitz.

Mit „Oheim 81 – Schwarze Ballade“ will Theaterdirektor Talarczyk ein weiteres schwarzes Kapitel der Region ansprechen, und zwar die sogenannte „Pazifizierung“ der  Oheim-Grube vor 35 Jahren. Der in Kattowitz geborene und dort aufgewachsene Talarczyk war 13 Jahre alt, als am 16. Dezember 1981 Einheiten der Polizei mit durch Panzer unterstützte Armeeeinheiten einen Streik in der Grube gewaltsam niederschlugen. Bei der Erstürmung der Zeche wurden von den Angehörigen der Sonderpolizeieinheit ZOMO neun Bergleute erschossen und 21 verletzt. Talarczyk kannte die Familien der Opfer. Sein Vater arbeitete in der Oheim-Grube untertage. Am 16. Dezember 1981 beobachtete Talarczyk das Geschehen vom Dach eines Hochhauses aus. Im Theaterstück verarbeitete er seine Erinnerungen, er sprach auch mit Zeitzeugen und Hinterbliebenen der Opfer. „Die Emotionen sind immer noch unheimlich stark und lehr lebendig. Die Menschen aus der Oheim-Siedlung haben sich davon bis heute nicht erholt“, so Talarczyk im Interview mit der „Rzeczpospolita“. Er bemängelt, dass die polnische Bevölkerung kaum etwas über die Tragödie von damals wisse, da die Geschichtsbücher darüber gerade mal in einem Satz berichteten. Dabei sieht er in den damaligen Geschehnissen „das größte Verbrechen der Kriegszustandes polenweit“. Jeder in Polen solle darüber Bescheid wissen.

Talarczyk erhofft sich von der Aufführung (Premiere 17. Dezember in der Oberschlesischen Oper, dass die Oberschlesier erhobenen Hauptes die Oper verlassen. Denn der Umstand, dass man ausgerechnet den oberschlesischen Anteil am Umbruch stets kleingeredet hat, ist symptomatisch für die Überheblichkeit im übrigen Land oder die Annahme, dass nur der nationalbewusste Pole den Kommunismus in Frage stellen konnte.

                Chris W. Wagner


S. 15 Glückwünsche

Wir gratulieren

ZUM 98. GEBURTSTAG

Klein, Fritz, aus Friedlau, Kreis Elchniederung, am 28. November

ZUM 97. GEBURTSTAG

Gleich, Bruno, aus Rautenburg, Kreis Elchniederung, am 29. November

Reinicke, Helen, geb. Kossat, aus Groß Budlacken, Kreis Wehlau, am 26. November

ZUM 96. GEBURTSTAG

Franke, Gertrud, geb. Lemke, aus Reimannswalde, Kreis Treuburg, am 26. November

Laun, Hedwig, geb. Ludwig, aus Nußberg, Kreis Lyck, am 27. November

ZUM 95. GEBURTSTAG

Bucys, Marta, aus Ebenrode, am 30. November

Bytzek, Bernhard, aus Weidicken, Kreis Lötzen, am 27. November

Fladda, Willi, aus Königshöhe, Kreis Lötzen, am 27. November

Möller, Gerda, geb. Jaschinski, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 25. November

Nischik, Hedwig, geb. Nowak, aus Rodefeld und Willenberg, Kreis Ortelsburg, am 27. November

Schönland, Gertrud, geb. Schories, aus Klemenswalde, Kreis Elchniederung, am 25. November

ZUM 94. GEBURTSTAG

Konietzko, Günter, aus Seedranken, Kreis Treuburg, am 27. November

Pohl, Hilda, geb. Petz, aus Kobilinnen, Kreis Lyck, am 30. November

Stankewitz, Lieselotte, geb. Royla, aus Kielen, Kreis Lyck, am 29. November

ZUM 93. GEBURTSTAG

Brüggemann, Hildegard, geb. Kulschewski-Kantner, aus Grabnick, Abbau, Kreis Lyck, am 25. November

Ciesla, Alfred, aus Fröhlichshof, Kreis Ortelsburg, am 25. November

Dangeleit, Otto, aus Elbings Kolonie, Kreis Elchniederung, am 28. November

Maukel, Erich, aus Ebenrode, am 25. November

Peinert, Hedi, aus Augam, Kreis Preußisch Eylau, am 29. November

Schönicke, Käte, geb. Westphal, aus Deschen, Kreis Elchniederung, am 30. November

Spelge, Vera, geb. Lindemann, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, am 1. Dezember

ZUM 92. GEBURTSTAG

Auhage, Lieselotte, geb. Ludwig, aus Willenheim, Kreis Lyck, am 29. November

Buhn, Edith, geb. Zachau, aus Schwentainen, Kreis Treuburg, am 28. November

Burba, Luise, geb. Teschke, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 30. November

Kalinowski, Gerda, geb. Kozik, aus Prostken, Kreis Lyck, am 28. November

Krah, Herta, geb. Petzke, aus Friedrichsdorf, Kreis Wehlau, am 28. November

Kupski, Herbert, aus Luckau, Kreis Ortelsburg, am 27. November

Lehmann, Waltraut, geb. Voigt, aus Alt Sellen, Kreis Elchniederung, am 28. November

Pukropski, Erich, aus Wasienen, Kreis Neidenburg, am 25. November

Rehberg, Christa, geb. Kenneweg, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 29. November

Schulz, Gerda, aus Neumalken, Kreis Lyck, am 29. November

Seitz, Else, geb. Szech, aus Milussen, Kreis Lyck, am 28. November

ZUM 91. GEBURTSTAG

Albrecht, Ella, aus Lyck, am 30. November

Battefeld, Grete, geb. Ficht, aus Groß Schöndamerau, Kreis Ortelsburg, am 29. November

Beister, Robert, aus Kleschen, Kreis Treuburg, am 26. November

Göttsche, Christel, geb. Samel, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 25. November

Jellonnek, Eberhard, aus Pillau, Kreis Samland, am 30. November

Jelonnek, Erwin, aus Hansbruch, Kreis Lyck, am 25. November

Kahl, Charlotte, aus Neukirch, Kreis Elchniederung, am 25. November

Konrad, Franz, aus Liebnicken, Kreis Preußische Eylau, am 30. November

Kowalewski, Helmut, aus Lyck, am 28. November

Meyer, Dr. Günter, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 30. November

Mikoteit, Hildegard, geb. Sadlowski, aus Liebenberg, Kreis Ortelsburg, am 28. November

Redepenning, Erna, geb. Braunsberg, aus Ebenfelde, Kreis Lyck, am 28. November

Reichert, Helmut, aus Lank, Kreis Heiligenbeil, am 1. Dezember

Reichow, Elly, geb. Bendul, aus Schuttschen, Kreis Neidenburg, am 29. November

Schäfer, Gertrud, geb. Krause, aus Maxhof, Kreis Lötzen, am 1. Dezember

Skotzek, Lotte Erna, geb. Leiding, aus Moithienen, Kreis Ortelsburg, am 30. November

ZUM 90. GEBURTSTAG

Dohmen, Gerda, geb. Balzereit, aus Seckenburg, Kreis Elchniederung, am 25. November

Groß, Siegfried, aus Sankt Lorenz, Kreis Samland, am 26. November

Haedge, Just, aus Kownatken, Kreis Neidenburg, am 27. November

Karpowski, Herbert, aus Pölwken, Kreis Treuburg, am 30. November

Kerlies, Ernst, aus Heinrichstal, Kreis Treuburg, am 26. November

Koeppen, Horst, aus Absteinen, Kreis Ebenrode, am, 26. November

Krämer, Hildegard, geb. Gleich, aus Rautenburg, Kreis Elchniederung, am 29. November

Küster, Annaliese, geb. Grabowski, aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, am 29. November

Luttkus, Manfred, aus Rauterskirch, Kreis Elchniederung, am 29. November

Pahlke, Hildegard, geb. Rattay, aus Neuendorf, Kreis Treuburg, am 30. November

Priebe, Heinz, aus Wittken, Kreis Elchniederung, am 26. November

Richter, Ella, geb. Schulz, aus Wartenfeld, Kreis Elchniederung, am 1. Dezember

Ruppel, Ruth, geb. Schulz, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 28. November

Voedisch, Helene, geb. Mallusch, aus Ebenfelde, Kreis Lyck, am 27. November

Wrobel, Anneliese, geb. Braun, aus Tapiau, Kreis Wehlau, am 26. November

ZUM 85. GEBURTSTAG

Barsties, Ernst, aus Tawe, Kreis Elchniederung, am 30. November

Baumdick, Helmut, aus Groß Trakehnen, Kreis Ebenrode, am 30. November

Bürger, Günter, aus Ebenrode, am 29. November

Ellmer, Gerhard, aus Gerchenborn, Kreis Ebenrode, am 30. November

Gerke, Waltraud, geb. Wollmann, aus Sarken, Kreis Lyck, am 27. November

Germen, Ursel, geb. Czychon, aus Goldenau, Kreis Lyck, am 28. November

Gosdzinski, Reinhold, aus Freudengrund, Kreis Ortelsburg, am 25. November

Golz, Waltraut, geb. Link, aus Lehmbruch, Kreis Elchniederung, am 26. November

Grischull, Walter, aus Drusken, Kreis Ebenrode, am 28. November

Hauer, Anne-Marie, geb. Struwe, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 28. November

Hauptmann, Marta, geb. Kowalzik, aus Moschnen, Kreis Treuburg, am 29. November

Hellwig, Heinz, aus Partheinen, Kreis Heiligenbeil, am 26. November

Hennig, Günter, aus Ebenrode, am 28. November

Johansson, Erika, geb. Hahn, aus Stradaunen, Kreis Lyck, am 28. November

Kleipödszus, Erika, aus Lindental, Kreis Elchniederung, am 28. November

Kruppa, Benno, aus Borken, Kreis Treuburg, am 28. November

Liebschner, Edith, aus Peyse, Kreis Samland, am 29. November

Mitleger, Irmgard, geb. Heyduck, aus Eckwald, Kreis Ortelsburg, am 30. November

Pankewitz, Hans, aus Craam, Kreis Samland, am 26. November

Pech, Helene, geb. Kaleschke, aus Lyck, am 29. November

Penning, Erika, geb. Gabka aus Treuburg, am 28. November

Roy, Erika, geb. Weitschies, aus Tawellenbruch, Kreis Elchniederung, am 27. November

Schilling, Dora, geb. Bajorat, aus Tawellenbruch, Kreis Elchniederung, am 27. November

Schmidt, Renate, geb. Füllhaas, aus Treuburg, am 28. November

Schneider, Klaus, aus Ortelsburg, am 25. November

Sommer, Irma, geb. Buczilowski, aus Seliggen, Kreis Lyck, am 26. November

Sontowski, Willi, aus Langenwalde, Kreis Ortelsburg, am 25. November

Sturz, Christel, geb. Tetzlaff, aus Borschimmen, Kreis Lyck, am 29. November

Trimuschat, Sigrid, geb. Weiß, aus Gerhardsweide, Kreis Elchniederung, am 27. November

Urbschat, Günter, aus Gruten, Kreis Elchniederung, am 26. November

Wietz, Charlotte, geb. Budweg, aus Ruckenhagen, Kreis Elchniederung, am 28. November

Wilkehl, Kurt, aus Erlen, Kreis Elchniederung, am 28. November

Zaiak, Ruth, geb. Brosius, aus Kinderhausen, Kreis Ebenrode, am 27. November

ZUM 80. GEBURTSTAG

Bachmann, Helga, geb. Schlien, aus Hanswalde, Kreis Wehlau, am 27. November

Beck, Ursel, aus Lyck, am 1. Dezember

Berger, Christel, geb. Neumann, aus Dietrichsdorf, Kreis Neidenburg, am 30. November

Buttler, Horst, aus Lindenort, Kreis Ortelsburg, am 30. November

Denda, Alfred, aus Groß Schöndamerau, Kreis Ortelsburg, am 28. November

Dewes, Hans-Otto, aus Wehlau, am 28. November

Domscheit, Siegfried, aus Krummendorf, Kreis Sensburg, am 26. November

Erwied, Wolfgang, aus Köllmisch Linkuhnen, Kreis Elchniederung, am 30. November

Grünke, Hugo, aus Groß Schöndamerau, Kreis Ortelsburg, am 1.Dezember

Jackow, Irmgard, geb. Sott, aus Hirschthal, Kreis Ortelsburg, am 28. November

Ketterkat, Erwin, aus Jägerhöh, Kreis Elchniederung, am 25. November

König, Selma, geb. Farr, aus Romau, Kreis Wehlau, am 26. November

Liebhart, Anneliese, geb. Borowy, aus Millau, Kreis Lyck, am 25. November

Möxs, Renate, geb. Grünheid, aus Wehlau, am 29. November

Oeljeschläge, Traute, geb. Greschat, aus Wiesenhöhe, Kreis Treuburg, am 27. November

Reder, Hedwig, geb. Rogalla, aus Grünlanden, Kreis Ortelsburg, am 30. November

Rogalla, Walter, aus Rohmanen, Kreis Ortelsburg, am 29. November

Rüß, Agathe, geb. Bondzio, aus Bergenau, Kreis Treuburg, am 26. November

Sander, Inge, geb. Didjurgeit, aus Guhsen, Kreis Treuburg, am 26. November

Sanio, Horst, aus Ebenfelde, Kreis Lyck, am 29. November

Schwiderowski, Margot, geb. Hartmann, aus Bieberswalde, Kreis Wehlau, am 27. November

Snell, Dorothea, geb. Baltruweit, aus Parwen, Kreis Elchniederung, am 27. November

Sommer, Horst, aus Sangnitten, Kreis Preußische Eylau, am 26. November

Sütterlin, Waltraud, geb. Ewerlin, aus Alt Passarge, Kreis Heiligenbeil, am 23. November

Ulrich, Günter, aus Ostseebad Cranz, Kreis Samland, am 27. November

ZUM 75. GEBURTSTAG

Buchholz, Erika, geb. Tantius, aus Ortelsburg,  am 1. Dezember

Hoefs, Peter, aus Friedrichshof, Kreis Ortelsburg, am 30. November

Lebioda, Ingrid, geb. Reihs, aus Kobulten, Kreis Ortelsburg, am 28. November

Matzeit, Eberhard, aus Kuckerneese, Kreis Elchniederung, am 29. November

Ramisch, Christel, geb. Chilla, aus Grünlanden, Kreis Ortelsburg, am 28. November

Spanfelner, Gerhard, aus Groß Dankheim. Kreis Ortelsburg, am 1. Dezember

Truschkowski, Gerhard, aus Groß Tauersee, Kreis Neidenburg, am 28. November


S. 16-17 Heimatarbeit

Aus den Heimatkreisen

ALLENSTEIN LAND

Kreisvertreter: Hans-Peter Blasche, Lankerstraße 40, 40545 Düsseldorf, Telefon (0211) 17181290; (02131) 902700 (dienstl.), Telefax (02131) 902430 (dienstl.) Geschäftsstelle: Gemeindeverwaltung Hagen, Postfach 1209, 49170 Hagen, Telefon (05401) 9770. www.allenstein-landkreis.de

25 Jahre „deutsch-polnische Verträge über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit von 1990 und 1991“ boten dem Vorstand der Kreisgemeinschaft Anlass, die von ihm und seinen Paten – das sind der Landkreis Osnabrück und die Gemeinde Hagen am Teutoburger Wald  – mit dem Landkreis Allenstein (Olsztyn) und der Stadt Wartenburg (Barczewo) Anfang der 1990er Jahre abgeschlossenen Partnerschaftsverträge mit neuer Vitalität zu versehen.  Deshalb unternahmen Siegfried Keuchel, Artur Korczak, Andreas Galenski, Herbert Monkowski und Horst Tuguntke sowie Stephan Hein von der Stadtgemeinschaft Allenstein im Anschluss an das Jubiläumsfest „25 Jahre Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit“ Ende September eine einwöchige Reise durch das Allensteiner Kreisgebiet mit festgelegten Begegnungen.

Am Sonntagvormittag nahmen sie in Jomendorf an dem von Domherr Schmeier vor Heimatverbliebenen gehaltenen  Gottesdienst und am Abendmahl teil und suchten am Nachmittag die Wallfahrtskirche Dietrichswalde, in der eine kirchliche Vesper stattfand, auf und besichtigten  anschließend im benachbarten Thomareinen im Kreis Osterode die um 1900 angelegte preußische Eisenbahnbefestigungsanlage an der Passargebrücke, die weitgehend erhalten ist  (Das Thema „Befestigungen zwischen Weichsel und Memel, 1700 – 1945“ ist derzeit Inhalt der Ausstellung des Kulturzentrums Ostpreußens in Ellingen).

Für Montag hatte die Kreisgemeinschaft zu einem Empfang in das Hotelrestaurant „U. Leszek“ vor den Toren von Bertung eingeladen.  Der Wojewode (Regierungspräsident) und die Partner aus den Landkreisen Allenstein und Osnabrück hatten ihre Partnerschaftsbeauftragten Wiktor Marek Lyk, Ewa Koniecpolska und Karl-Heinz Finkemeyer geschickt. Zugegen waren auch die Vorstandsdamen der Deutschen Minderheit AGDM, Christina Plocharski und Renate Barczewski,  sowie der Vize-Bürgermeister der Großgemeinde Stabigotten und der Heimatforscher Edward Cyfus. Alle Beteiligten kennen sich seit etwa 15 Jahren,  so dass es beim gemeinsamen Frühstück zu angeregten Gesprächen kam.

Anschließend begaben sich die Teilnehmer nach Darethen (Dorotowo), am Wulping See, wo sie auf dem deutsch-russischen Ehrenriedhof zum Gedenken der mehreren hundert Gefallenen der Tannenbergschlacht vom 28. August 1914 nach einer Gedenkrede unseres Ehrenvorsitzenden Herbert Monkowski und nach dem Spielen des Trompetensolos „Ich hatt einen Kameraden“ einen Kranz niederlegten.  In der Mittagszeit war die Reisegesellschaft Gast in der neuen Hauptschule in Reußen an der Alle, in die sich auch der  Osnabrücker Partner finanziell eingebracht hat und in der das Physikzimmer nach der Landtagsabgeordneten a.D. Irmgard Vogelsang, unserem heutigen Ehrenmitglied, benannt ist.

Die Schüler aus dem Deutschkurs führten ein kleines Theaterstück in Deutsch auf und der Schulleiter begleitete die Gäste voller Stolz durch die Räume der landschaftlich schön gelegenen Schule. Den Höhepunkt der Tagesreise stellte der Nachmittag in der Kirche von Bertung dar. Dort wurde auch in Anwesenheit der Allensteiner Landrätin Malgorzata Chyziak des herausragenden Wirkens des Bertunger und Jomendorfer Pfarrers, Kanonikus Johannes Gehrmann  (viele Jahre stellvertretender Kreisvertreter von Allenstein-Land),  gedacht. 

Edward Cyfus verlas den von der Universitätsdozentin Isabella Lewandowska verfassten Lebenslauf von Gehrmann, der sich in den 1980er Jahren durch die tatkräftige Unterstützung der notleidenden ermländischen Bevölkerung zusammen mit dem deutschen Kolpingwerk mit Sach- und Geldleistungen sowie Medikamenten im Werte von 80 Millionen D-Mark auszeichnete und dem es in den 1990er Jahren mit seiner „Mission Versöhnung“ gelungen war, die Kriegsgegner des Zweiten Weltkrieges, Deutsche, Polen, Russen und Ukrainer, auf der Westerplatte bei Danzig zu versöhnen. Die Landrätin, der Vize-Bürgermeister und der Kreisvertreter- Stellvertreter legten an der Gedenkplatte Johannes Gehrmann in der Kirche Blumengebinde ab. Der Tag endete dort, wo er begonnen hatte, im Hotel-Restaurant „Bei Leszek“ mit Blick in das Tal der Alle und auf den Bauernhof der Vorfahren von Gehrmann.

Am Dienstag stattete der Vorstand der Stadt Wartenburg (Barczewo) einen Besuch ab. Dort waren sie Gäste von Bürgermeister Nitkowski und der Direktorin des Heimatmuseums in der alten Synagoge. Auch suchten sie die ehemalige evangelische Kirche auf, die heute Bürger- und Festhalle ist.

In den nächsten Tagen überbrachte der Vorstand dem Pfarrer von Neu-Kockendorf das nach dem Tode von Adalbert Graf eingegangene Spendengeld, das nach dem Wunsch seiner Familie der Restaurierung der Taufkirche von Adalbert Graf dienen soll.  Im Dorf wurde auch die zum Teil aus Holz errichtete Kirche aus dem Jahr 1380 und der Friedhof mit zahlreichen alten deutschen Gräbern in Augenschein genommen.  Beim Besuch des alten jüdischen Friedhofs in Allenstein stießen die Reisenden in der von dem Stararchitekten Erich Mendelsohn  (Allenstein/St. Franzisco) errichteten Trauerhalle auf Mitglieder des polnischen historischen Vereins Borussia, die dort an einer Buchvorstellung teilnahmen.

Der Reisegruppe wird die Begegnung mit Heimatverbliebenen an der Schillamühle am Wulping See in steter Erinnerung bleiben. Auf ihrem Bauernhof beköstigte das Ehepaar Schimanski sie mit alten ostpreußischen Speisen und Getränken, darunter mit Schwarzsauer und Bärenfang. Die Heimatreise endete mit einer Audienz beim Erzbischof Josef Zieba in seiner Residenz in Allenstein.       

                Horst Tuguntke

 

INSTERBURG − Stadt und Land

Vorsitzender Stadt & Land: Reiner Buslaps, Am Berg 4, 35510 Butzbach-Kirch-Göns, Tel.: (06033) 66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: R.Buslaps@t-online.de. Kreisgemeinschaft Insterburg Stadt & Land e. V.,  Geschäftsstelle, Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld, Postfach 111 208, 47813 Krefeld, Tel.: (02151) 48991, Fax (02151) 491141, E-Mail: info@insterburger.de, Internet: www.insterburger.de, Bürozeiten: Montag – Freitag von 8 bis 12 Uhr.

Heimatgruppe Kiel – Jeder zweite Donnerstag im Monat, Café Rebecca, Matthias-Claudius-Kirche, Kiel-Suchsdorf: Gemeinsames Treffen. Informationen: Hellmut Jucknat, Telefon (0431) 311972.

Heimatgruppe Darmstadt – Sonnabend, 3. Dezember, 11 Uhr, Bürgermeister-Pohl-Haus, Im Appensee 26 I, 64291 Darmstadt-Wixhausen: Weihnachtsfeier.

Heimatgruppe Köln – Mittwoch, 7. Dezember, Restaurant „Em Kappeseng“, Aachener Straße 1332: Weihnachtsfeier. Informationen: Carola Maschke, Telefon (0221) 796942, E-Mail: C.Maschke@netcologne.de.

Heimatgruppe Sachsen – Sonnabend, 10. Dezember,  12 Uhr, DRK-Begegnungsstätte, Eschenweg 60, 08060 Zwickau-Marienthal:  Weihnachtstreffen. Informationen: Kurt Klaus, Telefon (037296) 17661.

Heimatgruppe Thüringen – Sonnabend, 10. Dezember,  14 Uhr, Diakonissenmutterhaus Eisenach, Karlsplatz 27–31: Weihnachtsfeier. Informationen: Jürgen Böhlke, Telefon (03691) 211105.

Heimatgruppe Schwerin – Mittwoch, 17. Dezember,  12 Uhr, Gaststätte „Kaktus“, Dreescher Köpmarkt: Weihnachtsfeier. Informationen: Helga Hartig, Telefon (0385) 3922633, E-Mail: hehartig@web.de.

 

LYCK

Kreisvertreterin: Bärbel Wiesensee, Diesberg 6a, 41372 Niederkrüchten, Telefon (02163) 898313. Stellvertr. Kreisvertreter: Dieter Czudnochowski, Lärchenweg 23, 37079 Göttingen, Telefon (0551) 61665. Karteiwart: Siegmar Czerwinski, Telefon (02225) 5180, Quittenstraße 2, 53340 Meckenheim.

Es geht los am 15. Juni und endet am 24. Juni 2017. Treffen ist in Danzig im Hotel Hotel Wolne Miasto, drei Sterne, ul. Sw. Ducha 2, 80-834 Gdansk. Am 15. Juni um 19 Uhr treffen wir uns zum gemeinsamen Abendessen im Hotel. Wir bleiben drei Nächte Geplant sind:

– Stadtrundgang durch die Innenstadt von Danzig

– Besichtigung der Marienburg

– Besichtigung der Kathedrale in Oliwa

– Fahrt mit dem Schiff auf dem Oberlandkanal.

Am 18. Juni fahren wir weiter nach Lyck zum Hotel Rydzewski, Hotel Rydzewski, ul. Armii Krajowej 32, 19-300 Ełk, woj. warmińsko-mazurskie. Wir bleiben hier sechs Nächte. Geplant sind:

– Stadtrundgang in Lyck

– Besuch der Deutschen Minderheit am Wasserturm in Lyck

– Kleinbahnfahrt mit Picknick

– Staken auf der Krutinna

– Fahrt zur Bunelka

– Bootsfahrt auf dem Lyck-See

– Besuch beim historischen Museum

– Fahrt zum Viadukt nach Stanczyki und vieles mehr.

Am 24. Juni um zirka 9 Uhr beginnt die Rückfahrt mit dem Bus nach Warschau. Um zirka 14 Uhr sind wir in Warschau.

Die Unkosten für Übernachtung mit Halbpension und alle aufgeführten Aktivitäten betragen zirka 790 Euro pro Person. Der Einzelzimmerzuschlag für beide Hotels beträgt 150 Euro. (Die Anreise bis Danzig und die Abreise von Warschau sind nicht im Preis inbegriffen). Ich empfehle die Anreise nach Danzig und die Abreise von Warschau mit dem Flugzeug. Auf eine interessante Fahrt freue ich mich und hoffe auf rege Beteiligung. Wer Hilfe bei der Auswahl der Flüge braucht, kann sich per E-Mail an Marc Mader wenden: marc-mader@gmx.de.

Die Anmeldung bitte bis zum 15. Januar 2017 per Mail oder Brief an: heidi-mader@gmx.de oder Heidi Mader, Richard-Taylor-Straße 6, 28777 Bremen. Telefon (0421) 673 290 26.

                Heidi Mader,

                Sprecherin der

                Mittleren Generation,  

 

ORTELSBURG

Kreisvertreter: Dieter Chilla, Bussardweg 11, 48565 Steinfurt, Telefon (02552) 3895, E-Mail: kontakt@kreisgemeinschaft-ortelsburg.de. Geschäftsführer: Hans Napierski,  Heinrichstraße 52, 45701 Herten, Telefon (0209) 357931, Internet: www.kreis-ortelsburg.de

Nach langer Arbeit steht einem eine Weile des Aufatmens zu. Ein solches Aufatmen gab es kürzlich an einem der letzten warmen Sonntage. An diesem Tag beging bei richtig sonnigem Wetter die Kulturgesellschaft „Heimat“ der Deutschen in Ortelsburg das 25-jährige Jubiläum ihres Bestehens.

An der Feier im Hotel „Lesna“ nahmen zahlreiche wichtige Gäste teil, unter anderem der aus Ortelsburg stammende Beauftragte des Marschalls der Woiwodschaft für nationale und ethnische Minderheiten Wiktor Marek Leyk und Dieter Chilla, der Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Ortelsburg, sowie auch Pfarrer Alfred Borski, der Propst der Evangelisch-Augsburgischen Gemeinde in Ortelsburg. Unter den Gästen waren auch Delegationen der deutschen Gesellschaften in Bischofsburg und Mohrungen.

Wie gewöhnlich begann die Jubiläumsfeierlichkeit mit offiziellen Auftritten. Zwei davon verdienen besondere Beachtung. Als erster ergriff Dieter Chilla, der Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Ortelsburg in Herne, das Wort. Er dankte allen Aktiven der Organisation für ihren Einsatz und ihre Arbeit: dem Vorsitzenden Edmund Kuciński, dem ehemaligen Vorsitzenden Arkadiusz Leska sowie Helena Samsel und Helga Jurewicz. Dann stellte er in seiner Rede die Arbeit der Kulturgesellschaft in einen größeren Zusammenhang. Chilla erläuterte: „Dass es zur Annäherung beider Staaten gekommen ist, hat seine Grundlage auch darin, dass Menschen auf beiden Seiten der Grenze wahrnahmen, dass sie Nachbarn sind. Polen und Deutsche sind Nachbarn. Wir können voneinander lernen und zusammen Nutzen ziehen – nur zusammen, nicht gegeneinander.“ Dass sich die beiden Staaten einander näher gekommen seien, basiere vor allem auf direkten zwischenmenschlichen Kontakten. Und auf diesem Gebiet sei die Tätigkeit der Gesellschaft „Heimat“ hoch zu schätzen. „Die Kreisgemeinschaft Ortelsburg, die 6000 Mitglieder zählt, die zum größten Teil hier geboren sind oder hier ihre Wurzeln haben, ist bereit, die Gesellschaft ‚Heimat‘ in ihrer Arbeit auch weiterhin zu unterstützen und mit so vielen Menschen wie möglich hier in Ortelsburg Kontakt zu halten“, unterstrich Dieter Chilla.

Danach wandte sich Wiktor Marek Leyk an die Versammelten. Er sprach auf Polnisch und Deutsch, in beiden Sprachen fließend, wie es sich für einen ordentlichen Masuren gehört. Er erinnerte daran, dass unter den Gründern von „Heimat“ seine Freunde Zygfyd Leska und Ruth Kubiczek gewesen waren. Leyk weiter: „Niemand von uns dachte damals, dass wir in so einer ungezwungenen Atmosphäre das 25-jährige Jubiläum feiern können.“ Die deutsch-polnische Zusammenarbeit sei ein gutes Beispiel für andere, zum Beispiel die polnisch-ukrainischen Beziehungen. Die Existenz einer deutschen Minderheit in Polen in organisierter Form trage reiche Früchte nicht nur in den zwischenmenschlichen Kontakten, sondern auch in Kultur, gesellschaftlichem Verhalten, Wissenschaft, Wirtschaft und der Partnerschaft von Städten, Gemeinden und Kreisen.

Den offiziellen Teil beendeten die Glückwünsche der befreundeten Organisationen. Im künstlerischen Teil trat dann Monika Krzenzek mit ihrer Schwester Wiktoria auf. Monika sang an diesem Tag nicht nur, sondern war auch Moderatorin und wachte über den Ablauf des Treffens. Dabei half ihr Paweł Samsel. Außer den Schwestern erschienen auf der Bühne die Gruppe „Mazury“ aus dem Städtischen Kulturhaus in Ortelsburg, die Gruppe „Kolonianki“ aus Köln sowie die Gruppe „Antonówki“ von der Mohrunger Gesellschaft deutscher Bevölkerung „Herder“ in Mohrungen.

Was war im Verlauf dieser 25 Jahre das Wichtigste für die Gesellschaft? Es war die Unterstützung von Seiten der deutschen Landsleute, der Masuren in Deutschland und die guten Kontakte mit der Stadtverwaltung. Wichtig ist auch, dass dank unserer Existenz und unserer Aktivitäten die Menschen in der Stadt und der Umgebung verstanden haben, dass die Geschichte Ortelsburgs nicht 1945 beginnt und dass sie viele schöne Seiten hat, auf die die heutigen Einwohner stolz sein können, zählt Edmund Kucinski auf. „Ich ergänze dazu noch unsere monatlichen Treffen. Wir kannten uns nicht, jeder lebte für sich. Dank ihnen haben wir uns kennengelernt und schufen eine Gemeinschaft, deren Existenz und Wirken in Stadt und Landkreis zu sehen sind“, fügt Helga Jurewicz hinzu.

Die Kulturgesellschaft „Heimat“ wurde am 14. Januar 1991 registriert. Seit ihrer Entstehung gehört sie zum Verband der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren. Am Anfang zählte sie über 600 Personen, zurzeit sind es etwa 200.

                Lech Kryszalowicz

(aus: Mitteilungsblatt der deutschen Gesellschaften für Ermland und Masuren, 10/2016)

 

TILSIT-RAGNIT

Kreisvertreter: Dieter Neukamm, Am Rosenbaum 48, 51570 Windeck, Telefon (02243) 2999, Fax (02243) 844199. Geschäftsstelle: Winfried Knocks, Varenhorst-straße 17, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2309, E-Mail: WinfriedKnocks@aol.com

Am 15. November, reisten Dieter Neukamm, Kreisvertreter der Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit, und Helmut Subroweit, Schatzmeister dieser Kreisgemeinschaft, nach Breitenstein (Uljanovo), zu Jurij Userzow. Es gab gleich zwei Gründe für die weite Reise in dieser Jahreszeit: Die Schule in Uljanovo, wo Jurij so lange Schulleiter war, feierte das 70-Jährige, und Jurijs ganz persönliche Gründung, sein „Ostpreußenmuseum“, wurde 35 Jahre alt – und viele betrachten es als sein Lebenswerk. Beide Jubiläen wurden am 18. November an Jurijs Wirkungsstätte gefeiert. Neukamm und Subroweit hatten zwei Briefe für den Userzow im Gepäck, die seine segensreiche Arbeit  auf den Punkt bringen.

Die Kirchspielvertreterin von Breitenstein schreibt:

Lieber Jurij Leontewitsch,

liebe Gäste und Eingeladene. Heute feiert Ihr das 70-jährige Jubiläum Eurer Schule und das 35-jährige Bestehen eures Schulmuseums. Dieser Feiertag ist ein besonderer Feiertag. Es ist ein Fest Eurer vieljährigen Arbeit im Unterricht und in der Erziehung der jungen Generation im Oblast Kaliningrad. Jeden Tag bringt der Bus über 200 Schüler aus vier angrenzenden Kreisen (Gumbinnen, Insterburg, Ragnit und Schloßberg) in Eure Schule, wo die Schüler fast den ganzen Schultag unterrichtet werden und ein warmes Mittagessen in der Kantine bekommen.

Die Schule ist vorzüglich mit allen Unterrichtsmitteln und auch einer hohen Zahl allerneuester Computer ausgestattet. Eine Sporthalle ist für Wettkämpfe und Veranstaltungen vorhanden; Freilandplätze neben der Schule sind für Ballsportarten nutzbar. Die bekannte, ausgezeichnete Akrobatikgruppe ist weit über die Grenzen des Gebietes bekannt und erfreut auch die Besuchergruppen des Museums ebenfalls mit beeindruckenden Leistungen. In Eurer Schule ist Deutsch Pflichtfach und einzige Fremdsprache. Den Unterricht erteilen Eduard Wasiljewitsch und seine Frau Jelena Pawlowna Politiko.

Beliebt ist der Schüleraustausch. Die Kinder in Breitenstein freuen sich auf einen Besuch in Deutschland.  Sie werden für gute Mitarbeit und gutes Deutsch belohnt, und sie dürfen in die Partnerstadt Lütjenburg nach Schleswig-Holstein reisen. Der erste Schülerbesuch aus Breitenstein fand 2011 statt. Auch für uns war das ein großes Fest. Die Partner hatten  sich gut  vorbereitet, und viele Einwohner der Stadt und Umgebung waren zur Aufnahme eines Gastes bereit. Im Jahre 2012 sind die Schüler aus Lütjenburg nach Breitenstein eingeladen worden. Die deutsche Delegation hat die große Gastfreundschaft der dortigen Einwohner aus Uljanovo genossen. Im Jahr 2013 haben die Schüler aus dem Oblast in Physik, Mathematik und Erdkunde im Gymnasium und in der Realschule in Lütjenburg sehr aktiv mitgearbeitet. Das war eine große Belohnung für die Deutschlehrer aus Eurer Schule. Mit Sicherheit hat dieser Schüleraustausch zum gegenseitigen Respekt der Menschen in Breitenstein und Lütjenburg beigetragen.

Immer wieder blättere ich die Zeitschrift „Land an der Memel“  durch und finde dabei Bilder aus 35 Jahren gemeinsamer Zusammenarbeit, auf denen das Leben der ehemaligen Bewohner und der jetzigen Bevölkerung abgebildet ist. Wir verbeugen uns, lieber Jurij Leontewitsch, vor Deiner großen Lebensleistung. Das Schulmuseum ist im besten Sinne ein Ort der Begegnungen und hohen Wertschätzung durch zahlreiche herausragende Persönlichen aus Ost und West. Stellvertretend möchte ich hier den Metropoliten der russisch-orthodoxen Kirche  in Königsberg, Cyryll, zitieren, dessen Grußwort in der Ragniter Zeitung erschien. Er sagte: „Unser Schulmuseum vereint die Völker. Der Museumsleiter spricht in Güte und Wahrhaftigkeit. Er erinnert jeden Menschen daran, wie wichtig der Frieden auf Erden ist.“

Und im wahrsten Sinne des Wortes strömten nach der Öffnung des Eisernen Vorhanges die von Heimweh getriebenen Ostpreußen in ihre Dörfer, und oft gab es bitterschwere Enttäuschungen, denn oft lag kein Stein mehr auf dem anderen. Nur an einem besonderen Baum oder an einem Torpfosten konnte man erkennen, dass hier einmal ein Haus gestanden hat. Die Heimatvertriebenen wollten auch  die Gräber ihrer Verwandten und Freunde besuchen. Aber sie fanden oft die Friedhöfe nicht mehr. Die Menschen versuchten, das zu finden, was sie zurückgelassen hatten und was bei ihnen noch tief in Erinnerung war. Aber es waren doch fast 45 Jahre vergangen seit sie ihre Heimat verlassen mussten.

Diese Flüchtlinge aus Breitenstein/Kraupischken erfuhren bei ihrem Besuch, dass in ihrer Dorfschule schon seit zehn Jahren ein Schulmuseum eingerichtet war. Die Kinder aus Uljanovo  brachten Ausstellungsgegenstände in die Schule mit, die sie auf Dachböden alter Häuser  gefunden hatten. Es war wie ein kleines Wunder: die einstigen Flüchtlinge brachten in dieses von  Jurij Leontewitsch sehr persönlich und liebevoll gestaltete Museum ihre eigenen Erinnerungen, ihre Familien – und Dorfgeschichten mit eignen Belegen ein, damit die vielen interessierten Besucher durch die dokumentierten Lebensbilder  die Vielfalt eines einst so blühenden uralten Kirchspiels Breitenstein in Ostpreußen kennen lernen können.

25 Jahre ist Jurij Leontewitsch der Mann Ihres und unseres Vertrauens. Viele Freundschaften sind in einem dicken Adressbuch und einigen Bänden der Gästebücher zu einer wichtigen Quelle geworden und haben viele Familien bis in die entferntesten Länder der Welt wieder zusammengeführt. Nur eine Sorge treibt uns alle um: Wie wird die Zukunft dieser Sammlung, dieses Zeugnis der russischen und ostpreußischen  Geschichte sich erhalten lassen? Die Frage nach dem Standort ist offen, wobei es doch so wichtig wäre, diesen Ort der Völkerverständigung in Uljanovo weiter auszubauen und ihn dort in getreuen Händen  zu belassen. Es wäre gut, wenn die unwiederbringlichen Exponate  mit moderner Technik erfasst  und als zusätzliche Absicherung in Archiven als Duplikate gesichert würden.

Lieber Jurij Leontewitsch, ich wiederhole den Schluss meiner Gratulation zu Deinem 65. Geburtstag: „Frieden halten, im Gespräch bleiben, einander achten!“ Mit großer Dankbarkeit wollen wir uns nicht nur an Jurij Leontewitsch wenden, sondern auch an seine Frau. Liebe Lubow Petrowna, alle diese Jahre gehst Du mit Deinem Mann Hand in Hand zusammen, Ihr arbeitet in einer Schule, Du weißt immer von seinem Erfolg oder auch seinen Schwierigkeiten. Du ermöglichst es, dass er zu Hause Ruhe und Frieden findet. Wir verbeugen uns vor Euch, wünschen Euch gute Gesundheit und Frieden.

Stets Eure, Ihre Katharina Willemer, Kirchspielvertreterin für Breitenstein /Kraupischken

Lieber Jurij Leontewitsch!

Auch von der Partnerschaftskommission Lütjenburg / Breitenstein/Kraupischken/Uljanovo möchte ich Dir die herzlichsten Grüße ausrichten. Wir beglückwünschen Dich dafür, was Du in den vergangenen Jahren geleistet hast – für ein freundschaftliches Miteinander unserer beiden Partnergemeinden. Wir hoffen, dass wir noch viele gemeinsame Begegnungen haben werden und dass durch unsere Kontakte die Menschen – und hier vor allem die Jugend – in beiden Staaten sich besser kennen und schätzen lernen. Deutschland und Russland haben es immer gut gehabt, wenn sie in der Vergangenheit freundschaftlich verbunden waren. Wir hoffen, dass das auch in Zukunft so sein wird.

Dein Volker, sowie die Mitglieder der Kommission 


S. 18-20 Heimatarbeit

Landsmannschaftliche Arbeit

BUND JUNGES OSTPREUSSEN

Vorsitzender: Marius Jungk, Gst.: Buchtstr. 4, 22087 Hamburg, Tel.: (040) 4140080, E-Post: kontakt@junge-ostpreussen.de, www.junge-ostpreu­ssen.de.

Donnerstag, 29. Dezember, bis Dienstag, 3. Januar: Silvesterfahrt nach Ostpreußen: Informationen: www.junge-ostpreussen.de/47-0-Aktivitaeten.html

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Uta Lüttich, Feuerbacher Weg 108, 70192 Stuttgart, Telefon und Fax (0711) 854093, Geschäftsstelle: Haus der Heimat, Schloßstraße 92, 70176 Stuttgart, Tel. und Fax (0711) 6336980.

Heidelberg – Sonntag, 4. Dezember, 15 Uhr, Hotel Leonardo, Bergheimerstraße 63: Adventsfeier im festlichen Rahmen mit schönen Weihnachtsliedern, Beiträgen und Gedichten rund um die Weihnachtszeit. Durch das Programm führt Waltraud Abraham. Die Bescherung wird auch in diesem Jahr Frau Schmehling übernehmen.

Stuttgart – Mittwoch, 7. Dezember, 14.30 Uhr, Kleiner Saal, Haus der Heimat: Adventsfeier der Frauengruppe mit Grabbelsack. Die LM Westpreußen und Gäste sind herzlich eingeladen.

Ulm/Neu Ulm – Sonntag, 11. Dezember, 14 Uhr, Ulmer Stuben: Weihnachtsfeier. Es werden  Gedichte und Texte vorgetragen. Der Chor tritt auf. Jeder Gast erhält eine kleine weihnachtliche Leckerei. Zu Weihnachten werden Königsberger Marzipan und Lebkuchen in kleineren Mengen vorbereitet. Bestellungen nimmt Frau Jahnke entgegen.

 

BAYERN

Vorsitzender: Friedrich-Wilhelm Böld, Telefon (0821) 517826, Fax (0821) 3451425, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150 Augsburg, E-Mail: info@low-bayern.de, Internet: www. low-bayern.de.

Kitzingen – Freitag, 9. Dezember, 15 Uhr, Hotel „Würzburger Hof“: Vorweihnachtliche Feier mit Beiträgen von Mitgliedern und musikalischer Umrahmung durch Landsmann Günter Schmidt

Landshut – Dienstag, 6. Dezember, 15 Uhr: Besuch im Café Kreuzer am Regierungsplatz mit anschließendem Bummel über den Christkindlmarkt in der Freyung.

Weiden – Zur monatlichen Zusammenkunft konnte der Erste Vorsitzende Norbert Uschald im Cafe Mitte wieder zahlreiche Landsleute und Gäste willkommen heißen. Nach den Heimatliedern „Land der dunklen Wälder“ und „Westpreußen mein lieb Heimatland“ berichtete Uschald von Bräuchen, die im November im Zusammenhang mit der Andreasnacht oder St. Kathrein früher in Bayern üblich waren und zum Teil noch heute bekannt sind.

Er erinnerte auch an die Bräuche, die zu Allerheiligen und Allerseelen üblich waren. Die Kassiererin Ingrid Uschald gratulierte danach allen Geburtstagskindern des Monats November. Im Anschluss daran sorgte der Vorsitzende zusammen mit seiner Gattin Anita für musikalische Unterhaltung. Sein Sohn Andreas trug daraufhin ein zur Jahreszeit passendes Gedicht vor.

Auch Ingrid Uschald brachte schließlich noch Gedanken zum Herbst in Gedichtform zu Gehör. Mit dem Lied „Kein schöner Land“ und guten Wünschen verabschiedete man sich bis zur  Vorweihnachtsfeier am 27. November um 14.30 Uhr im Cafe Mitte.

 

BERLIN

Vorsitzender: Rüdiger Jakesch, Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon (030) 2547345, E-Mail: info@bdv-bln.de, Internet: www.ostpreussen-berlin.de. Geschäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr Außerhalb der Geschäftszeit: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Bartenstein – Anfragen zu gemeinsamen Treffen bei Elfi Fortange, Telefon (030) 4944404.

Heilsberg, Rößel – Mittwoch, 30. November, 15 Uhr, Seniorenfreizeitstätte „Maria Rimkus Haus“, Gallwitzallee 53, 12249 Berlin: Die Gruppe trifft sich zum adventlichen Beisammensein. Anfragen bei Erika Hack-barth, Telefon (033762) 40137, für Rößel bei Ernst Michutta, Telefon (05624) 6600.

Angerburg, Darkehmen, Goldap – Donnerstag, 1. Dezember, 14 Uhr, Restaurant Oase Amera, Borussiastraße 62, 12103 Berlin: Adventsfeier. Weitere Informationen: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Tilsit-Ragnit, Tilsit-Stadt – Sonnabend, 10. Dezember, 15 Uhr, Ratskeller Charlottenburg, Otto-Suhr-Allee 102, 10585 Berlin: Anfragen: Hermann Trilus, Telefon (03303) 403881.

Rastenburg – Freitag, 11. Dezember, 15 Uhr, Restaurant Stammhaus Rohrdamm 24 B, 13629 Berlin: Weihnachtsfeier. : Martina Sontag, Telefon (033232) 188826

Gumbinnen, Johannisburg, Lötzen, Sensburg – Sonntag, 13. Dezember, 13 Uhr, Albrechtstraße 52, 12167 Berlin: Adventsfeier. Anfragen Gumbinnen: Joseph Lirche, (030) 4032681, Johannisburg und Sensburg: Andreas Maziul, (030) 5429917, Lötzen: Gabriele Reiß, Telefon (030) 75635633.

Frauengruppe – Mittwoch, 14. Dezember, 13.30 Uhr, Pflegestützpunkt, Wilhelmstraße 116-117, 10963 Berlin: Weihnachtsfeier. Anfragen: Marianne Becker, Telefon (030) 7712354.

Königsberg – Freitag, 16. Dezember, 14 Uhr, Johann-Georg-Stuben, Johann-Georg-Straße 10, 10709 Berlin-Halensee: Weihnachtsfeier. Anfragen: Elfi Fortange, Telefon 4944404.

 

HAMBURG

Erster Vorsitzender: Hartmut Klingbeutel, Haus der Heimat, Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.: (040) 444993, Mobiltelefon (0170) 3102815. 2. Vorsitzender: Manfred Samel, Friedrich-Ebert-Straße 69 b, 22459 Hamburg, Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Landesgruppe – Montag, 28. November, 11 Uhr, Haus der Heimat, Teilfeld 8, (unweit der S-Bahnstation Stadthausbrücke, der U-Bahnstation Rödingsmarkt oder der Haltestelle der Buslinien 6 und 37): „Stunde der Begegnung“. In diesem Jahr wird der Tag gemeinsam mit der Landsmannschaft der Sudetendeutschen begangen. Ein kleiner Imbiss ist ebenfalls vorgesehen. Wenn es möglich ist, bitten wir um Anmeldung unter Telefon (040) 76980781 oder Haus der Heimat, Telefon (040) 346359. – Sonnabend, 10. Dezember: „Es ist für uns eine Zeit gekommen, sie bringt uns eine große Freud“. Diese Freude wollen wir mit Ihnen zusammen in unserer Vorweihnachtsfeier teilen. Achtung: Wir haben einen neuen Veranstaltungsort: Business & More Hotel, Frohmestraße 110. Einlass 13 Uhr, Beginn 14 Uhr, Ende zirka 17 Uhr. Für Kaffee und Kuchen satt ist gesorgt. Es erwartet Sie der Chor „Abendklang“ unter der Leitung von Lilia Berschin mit einem vorweih-nachtlichen Programm. Mit Weihnachtsliedern und Erzählungen von kleinen Geschichten werden wir den Nachmittag gestalten. Der Veranstaltungsort ist wie folgt zu erreichen: Aus Richtung Innenstadt mit dem Bus Linie 5 in Richtung Burgwedel bis Haltestelle „Sellhopsweg-Albertinenhaus“ oder mit der U2 bis Niendorf-Markt. Von dort mit dem Bus Linie 5 bis Haltestellt „Sellhopsweg-Albertinenhaus“. Parkplätze befinden sich hinter dem Hotel. Rückfragen bei Siegfried Grawitter, Telefon (040) 205784.

– Bericht – 

Wir  hatten uns auf diesen winterlichen Sonnabend, am 12. November, im Haus der Heimat gut vorbereitet und zum Besuch eingeladen. Auch zufällig an der ,,Zitronenjette“ vorbeigehende Besucher kamen zum Christkindelmarkt im Haus der Heimat. Im festlich geschmückten Saal lock-ten weihnachtliche Basteleien, handgefertigte Stricksachen, Weihnachtskarten, Nußknacker und Adventssterne, um nur einiges zu erwähnen. Die Schlesier luden zu Kaffee und Mohnkuchen, nebst frischgebackenen Waffeln ein. Duftende Borschtsch, Grillhendl und deftige Erbsensuppe gab’s zum Mittag. Als „Verteiler“ boten die Ostpreußen ,Pillkaller und Bärenfang an. Mit ‚Schit tot em‘ der Pommern wetteiferte donauschwäbischer ‚Sliwowitz‘. Der Vorsitzender Willibald Piesch eröffnete den 48. Christkindelmarkt. Das Gedicht „Weihnachten“, trug Christian Neumann sehr einfühlsam vor und machte nachdenklich.

Piesch lobte die Vorstände für die vielen Unternehmungen, vor allem für die Reisen in die Heimat und die Kontakte mit der polnischen und tschechischen Bevölkerung. Dann berichtete er von einer Aktion des eigenen Verbandes. Spätaussiedler der Oberschlesier seien von einer Gruppe Jugendlicher der Gesamtschule ‚Baltic‘ aus Lübeck interviewt worden. In lebendigen Diskussionen waren historische Fakten bezüglich Mittel- und Ostdeutschlands besprochen und geklärt worden.

KREISGRUPPEN

Insterburg, Sensburg – Die Heimatkreisgruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat zum Singen und einem kulturellem Programm um 12 Uhr, Hotel Zum Zeppelin, Frohmestraße 123–125. Kontakt: Manfred Samel, Fried-rich-Ebert-Straße 69b, 22459 Hamburg. Telefon/Fax (040) 587585, E-Mail: manfred-samel@hamburg.de.

Elchniederung – Dienstag, 29. November, 14 Uhr, Berenberg-Gossler-Haus, Bürgerhaus Niendorf e.V., Niendorfer Kirchenweg 17, 22459 Hamburg: Treffen der Gruppe im Advent zu einem besinnlichen und fröhlichen Nachmittag mit Geschichten, Liedern und Julklapp. Bitte ein Päckchen mitbringen, damit keiner leer ausgeht. Gäste sind herzlich willkommen. Weitere Auskunft bei Helga Bergner, Telefon (040) 5226122.

ORTSGRUPPEN

Frauengruppe Bergedorf – Freitag, 25. November, 15 Uhr, Haus des Begleiters, Harderskamp 1: Gemeinsames Treffen zum Katharinentag inklusive Thorner Katharinchen und der historischen Geschichte dazu.

 

HESSEN

Vorsitzender: Ulrich Bonk, Stellvertretender Vorsitzender: Gerhard Schröder, Engelmühlenweg 3, 64367 Mühltal, Telefon (06151) 148788

Darmstadt/Dieburg – Zu den Themen Ostpreußenreise und Oberlandkanal trafen wir uns zu unserer monatlichen Zusammenkunft am 12. November wie gewohnt im Luise-Büchner-Haus in Darmstadt-Kranichstein.  Erfreulicherweise konnten wir wieder einige Gäste willkommen heißen. Waltraud Barth hatte mit schönen Herbstblumen für den Kaffeetafelschmuck gesorgt, und Gisela Keller eine perfekte Veranstaltungsorganisation gezeigt.

Durch die Veranstaltung führte uns diesmal Christian Keller, der auch die Worte zur Begrüßung sprach. Im Programmablauf berichtete Keller über die turnusmäßige Vorstandssitzung am 4. Oktober. Auch auf das Deutschlandtreffen der Ostpreußen am 13. Mai 2017 in Neuss/Rhein wurde eingegangen. Die Veranstaltung findet nur an diesem Tag von 9 bis 17 Uhr statt. Da die Plätze begrenzt sind, wird um zeitnahe Anmeldung gebeten. Der Eintrittspreis beträgt 10 Euro.  Je nach Anmeldung wollen wir versuchen einen Kleinbus zu organisieren. Den Geburtstagskindern, der letzten vier Wochen, gratulierte Anni Oest wie gewohnt mit einem Gedicht. Umfangreiche Worte aus der Bibel sprach Herr Turowski.

Über seine Ostpreußenreise 2015 berichtete Siegfried Kugies und stellte uns den terminlichen Ablauf der Reise und die Treffen mit  Kontaktpersonen in den aufgesuchten Städten und  Museen  vor. Nach einer kleinen Kaffeepause folgte dann der Lichtbildervortrag über den Oberländischen Kanal. Nach unserem Hinweis auf das nächstes Treffen beendeten wir einen schönen gemeinsamen Nachmittag.

Das Treffen findet am Sonnabend, 10. Dezember, statt. An diesem Tag wollen wir die vorweihnachtliche Zeit feiern. Mit dem Gesang des Jahrgangs-Chores, viel Musik zum Mitsingen, Gedichten und Geschichten, wollen wir gemeinsam ein paar schöne Stunden verbringen. Bitte nicht vergessen, die Veranstaltung beginnt bereits um 14,30Uhr.

Dillenburg – Bei der letzten Monatsversammlung sprach Lothar Hoffmann über den in Ostpreußen geborenen Maler Lovis Corinth. Er wurde im Jahre 1858 im Städtchen Tapiau geboren, das auf halbem Wege zwischen Königsberg und Wehlau liegt, an der Deime, die vom Pregel aus ins Frische Haff fließt. Sein Geburtshaus, ein sehr bescheidenes Gebäude, steht noch heute, geschmückt mit einer Gedenktafel in russischer Schrift. Corinth verbrachte gut die Hälfte seines Lebens in Ostpreußen, und die Liebe zur Heimat prägte alle seine Bilder, auch wenn er kein Maler der ostpreußischen Landschaft war. Für die evangelische Pfarrkirche in Tapiau schuf er ein Altargemälde mit dem Golgatha-Motiv. Dieses Bild ging leider schon im Ersten Weltkrieg verloren. Bis an sein Lebensende (er starb 1925 in Zandvoort in Holland) behielt er die ostpreußische Mundart bei, und bis in seine Berliner Zeit schlief er in Bettwäsche, die seine Mutter selbst gewebt hatte.

Seine Kindheitserinnerungen, aus denen Gundborg Hoffmann einiges vorlas, hat er selber aufgeschrieben. Er erinnert sich daran, wie er an seinem ersten Schultag die Mutter fragte: „Wann ist eigentlich mein Geburtstag? Der Lehrer will es wissen.“ Seine Mutter antwortete: „Sag ihm, zur Kornaust.“ Erst viel später begriff er, dass er am 21. Juli, also mitten in der Roggenernte geboren wurde. Da alle Angestellten wegen der Ernte auf dem Felde waren, war seine Mutter bei der Geburt ihres Kindes ganz allein. Der Junge muss aber sehr gesund gewesen sein, denn er wurde schon am 8. August auf die Namen Franz Heinrich Louis getauft. Einer seiner Paten war der reiche Kaufmann William Bauer, der an der Deime eine Dampferstation und einen Kolonialwarenladen besaß. Tapiau war damals eine kleine ostpreußische Stadt, wo die Bürger glaubten – so sah Corinth das als Kind – „der liebe Gott habe das ganze Weltall extra für sie gemacht.“ Die Familie Corinth gehörte in Tapiau zu den Wohlhabenden, bedingt durch den Beruf des Vaters, der sogar Ratsherr wurde. Die Spielkameraden warfen dem kleinen Lovis vor, dass er reich sei, was er als schimpflich empfand. Der Vater war Gerbermeister und besaß einen Bauernhof. So gab es auf dem Innenhof außer den herumwimmelnden Enten und Hühnern nicht nur einen großen Misthaufen, sondern auch fünf nebeneinander liegende Lohgruben, bei denen die Knechte prüften, ob das Leder, das sie herausfischten, schon gebrauchsfertig war. Der kleine Lovis fand das sehr interessant. Der Hof wurde begrenzt von Pferde- und Kuhstall und von einem Zaun zur Deime hin. Davor lag das Holz, mit dem im Winter geheizt wurde. Manchmal versuchte der kleine Lovis, auf dem Hof Sperlinge zu fangen, indem er ihnen Salz auf den Zagel streute, was gar nicht so einfach war. Einmal fiel er, als er mit einem Stöckchen die Tiefe der Lohgruben ausmessen wollte, in eine hinein und wäre beinahe darin ertrunken, wenn man ihn nicht im letzten Moment herausgezogen hätte.

Lothar Hoffmann zeigte einige Bilder von Lovis Corinths Selbstportraits und Portraits seiner Frau, die auch Malerin war, und seiner Tochter, auch Familienbilder mit Frau, Sohn und Tochter. Diese sind so exakt gemalt, dass sie fast wie Fotos wirken. Eines der Bilder zeigte seine Tochter in einem reich ausgestatteten Wohnraum mit Aquarium. Corinths noch selbst verfasste „Selbstbiographie“ erschien im Jahre 1926, ein Jahr nach seinem Tode.

Mit seinen Bildern verdiente Corinth genug, um seiner Familie ein sorgloses Leben bieten zu können. Man sieht es auch an der Kleidung, die seine Frau und seine Tochter tragen, die Hüte fallen besonders auf.

Hoffmann erhielt viel Beifall für seinen Vortrag. – Die nächste Monatsversammlung findet am Mittwoch, dem 30. November,um 15 Uhr im Café Eckstein in Dillenburg statt. Dann wird Dietmar Balschun unter dem Stichwort „Wir wandern auf Weihnachten zu“ uns darauf einstimmen. Gäste sind wie immer herzlich willkommen.

Wetzlar – Sonntag, 27. November, 15.30 Uhr, Restaurant Grillstuben, Stoppelberger Hohl 128: Advents- und Weihnachtsfeier. Pfarrer Christian Silbernagel (Büblingshausen) wird eine Andacht gestalten. Der Eintritt ist frei. Kontakt: Kuno Kutz, Telefon (06441) 770559.

– Bericht –

Die Bezeichnung Kaliningrad für das ostpreußische Königsberg könnte fallen. Selbst die heute russische Bevölkerung ist mehrheitlich dafür, den alten Namen der Stadt wieder einzuführen. Darauf haben der ehemalige Vorsitzende der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, Dr. Christean Wagner, und der Historiker Dr. Peter Wörster aus Marburg bei einem Vortragsabend des Kreisverbandes hingewiesen. Beide wiesen Spekulationen zurück, dass Nordostpreußen zu einer autonomen Zone ähnlich wie einst Hongkong werden könnte. Allerdings wies Wörster darauf hin, dass die Bevölkerung in dieser Enklave es nach Berlin mit eineinhalb Flugstunden viel näher habe als nach Moskau, wohin man fast vier Stunden fliegen müsse. Beide konnten sich vorstellen, dass die Region einen Sonderstatus einnehmen könnte, einerseits zu Russland gehörend, aber wirtschaftlich angebunden an die Europäische Union. Wagner ist Vorstandsmitglied im hessischen Landesverband der Landsmannschaft und auch im Kreisverband Wetzlar.

Seinen Nachfolger am Rednerpult an diesem Abend lobte er in den höchsten Tönen: Peter Wörster sei der beste Kenner der Historie dieser einmaligen deutschen Landschaft. Rund 40 Jahre hat der Historiker und Archivar im Herder-Institut in Marburg die Geschichte Ostpreußens zu deutscher und zu russischer Zeit erforscht. Sein Interesse an diesem ehemaligen Teil Deutschlands sei bei ihm, dem gebürtigen Westfalen, durch seine Lehrer geweckt worden, berichtete er den Zuhörer. Nach dem Studium der Geschichte, Slawistik und Pädagogik an der Philipps-Universität in Marburg war er von 1977 bis zu seiner Pensionierung Ende Februar 2016 am Herder-Institut tätig und leitete dort die Dokumentesammlung, das größte Archiv zur baltischen Geschichte in Deutschland.

Aus seinen Forschungen entstanden zahlreiche Artikel, Schriften und Bänden. Seine Arbeit wurde auch unter den Heimatvertriebenen geschätzt, obwohl er in den ersten 20 Jahren seiner Forschungsarbeit nicht ins Königsberger Gebiet einreisen konnte. Die Region galt lange als Sperrgebiet der Sowjetunion. Erst nach der politischen Wende änderte sich dies. Seit 1994 habe er nahezu alle zwei Jahre die Region besucht, berichtete Wörster, und über seine ersten Eindrücke: Viele ehemalige Königsberger seien erschrocken, wenn sie in ihre ehemalige Heimat reisten. Dieses Erschrecken habe ihn nicht ergriffen, habe er doch durch das Studium russischer Artikel schon vorher gewusst, wie sich Nordostpreußen verändert hat.

„Was kann ich als Nachgeborener tun, um – dieser Vergangenheit verpflichtet – etwas an die Nachwelt weiterzugeben?“ Dies sei die Hauptmotivation während seines Berufslebens gewesen, sagte der Referent. Zum einen interressiere ihn das Fortbestehen der Kultur bei den Vertriebenen im Westen. Zum anderen habe er auch untersucht, wie sich die Traditionen unter der neuen Bevölkerung, den Russen weiterentwickelt haben. Für ihn sei es hochinteressant, dass sich die russische Bevölkerung mehr denn je für die Geschichte Königsbergs interessiere. Vor allem unter jungen Leuten werde die deutsche Zeit  nachgefragt. Wörster hat sich auch damit beschäftigt, wie die Neubesiedlung der Region vonstatten ging. Aus verschiedenen Regionen des Sowjetreichs wurden Menschen in Königsberg angesiedelt. Allerdings sei dies misslungen, denn die Lebensumstände waren nach dem Zweiten Weltkrieg so, dass die Angesiedelten wieder zurück gingen, entweder in größere Städte oder in ihre eigentliche Heimat.

Wagner und Wörster gingen auch auf die Situation der Deutschen in Kaliningrad ein. 99 Prozent der deutschsprachigen Bewohner seien sogenannte Russlanddeutsche, die sich von Kasachstan kommend in der einst deutschen Stadt ein besseres Leben erhofften. Lothar Rühl

Wiesbaden – Dienstag, 13. Dezember, 14.30 Uhr, Wappensaal, Haus der Heimat, Friedrichstraße 35: Weihnachtsfeier.

 

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Vorsitzender: Manfred F. Schukat, Hirtenstraße 7 a, 17389 Anklam, Telefon (03971) 245688.

Anklam – Die diesjährige Adventsfeier des Bundes der Vertriebenen findet am Sonntag, 27. November, von 11 bis 16 Uhr in der Mehrzweckhalle „Volkshaus“ Anklam (Baustraße/Nähe Markt) statt. Eingeladen sind alle Landsleute aus Ost- und Westpreußen, aber auch Pommern, Neumärker, Schelsier und Sudetendeutsche. Angehörige und Gäste sind ebenfalls herzlich willkommen. Auf dem Programm stehen die Jahreshauptversammlung mit Rückblick 2016, Kassenbericht und die Vorhaben für 2017. An die Adventsandacht schließt sich das feierliche Gedenken an die verstorbenen Landsleute des Jahres 2016 an. Vorbereitet sind ein gemeinsames Mittagessen, eine weihnachtliche Kaffeetafel und ein schönes Angebot an Bärenfang und Heimatbüchern. Ein Ohrenschmaus wird das Advents-Konzert mit dem 1. Pommerschen Blasorchester Wolgast und dem Shanty-Chor Karlshagen. Am 27. November ist im Volkshaus letzte Gelegenheit, Weihnachtspäckchen für Ostpreußen zu spenden. Diese sollen einige Tage später mit der Fähre ins Memelland gebracht werden.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke, Alter Hessenweg 13, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 42684. Schriftführer und Schatzmeister: Gerhard Schulz, Bahnhofstraße 30b, 31275 Lehrte, Telefon (05132) 4920. Bezirksgruppe Lüneburg: Manfred Kirrinnis, Wittinger Straße 122, 29223 Celle, Telefon (05141) 931770. Bezirksgruppe Braunschweig: Fritz Folger, Sommerlust 26, 38118 Braunschweig, Telefon (0531) 2 509377. Bezirksgruppe Weser-Ems: Otto v. Below, Neuen Kamp 22, 49584 Fürstenau, Telefon (05901) 2968.

Göttingen – Sonntag, 27. November, 14.30 Uhr, ZÄM – Zentrum für Ältere Menschen, Martin-Luther-Strasse 16, Göttingen-Grone: Adventsfeier mit Kaffee und Kuchen. Anfahrt: Die Buslinien 41 und 42 halten in unmittelbarer Nähe (Haltestelle Lichtenwalder Straße). 

Oldenburg – Die Landsmannschaft Ostpreußen und Westpreußen blieb bei ihrer Versammlung am 9. November „im Lande.“ Wir sahen einen Lichtbildervortrag gehalten von Detlef und Renate Lubenau: „So schön ist der Nordwesten – Eindrücke aus Oldenburg und der Region“, der uns unser jetziges Zuhause von seiner schönsten Seite zeigte. Von Oldenburg, Rastede und Bad Zwischenahn, Varel, den Jadebusen an der Küste entlang per Fahrrad bis nach Schillig führte der Ausflug. Detlef Lubenau verstand es immer wieder, einen Bezug zu Ostpreußen oder Danzig zu finden, sei es über Persönlichkeiten, die hier und dort wirkten, oder durch kulturelle Beziehungen. Dem überraschenden Wintereinbruch am Morgen war der geringe Besuch geschuldet, weshalb nun alle erwartungsvoll der Adventsfeier entgegensehen.

Im Dezember treffen wir uns am 14. zur Adventsfeier, mit weihnachtlichen Geschichten und Liedern inklusive musikalischer Begleitung. Ein Adventsbasar erwartet uns im Stadthotel Eversten, um 15 Uhr. Freunde und Bekannte sind herzlich willkommen.

                Gisela Borchers, Vorsitzende

Osnabrück – Dienstag, 13. Dezember, 16.30 Uhr, Hotel Ibis, Blumenhaller Weg 43: Kegeln,

Rinteln – Donnerstag, 8. Dezember, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel, Klosterstraße 42, 31737 Rinteln: Adventsfeier mit gemeinsamem Kaffeetrinken. Pfarrer Wolfram Wiemer (Exten / Hohenrode) hält die Andacht und Professor Heinz Schürmann (Bielefeld) einen  bebilderten Vortrag zum Thema „Die Weisen aus dem Morgenland“. Ein  Flötenkreis begleitet uns beim Singen der Adventslieder. – Interessierte Gäste aus Nah und Fern sind zusammen mit ihren Angehörigen, Freunden und Bekannten ebenfalls herzlich  willkommen. Wegen der Vorbereitungen wird um Anmeldung beim Vorsitzenden Joachim Rebuschat bis zum 5. Dezember gebeten: Telefon (0 57 51) 53 86 oder über rebuschat@web.de

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender: Jürgen Zauner, Geschäftsstelle: Buchenring 21, 59929 Brilon, Tel. (02964) 1037, Fax (02964) 945459, E-Mail: Geschaeft@Ostpreussen-NRW.de, Internet: www.Ostpreussen-NRW.de

Bielefeld – Sonntag, 27. November, 15 Uhr, Wohnstift Salzburg, Memeler Straße 35, 33605 Bielefeld: Advents-Heimatnachmittag. Freuen Sie sich auf eine besinnliche und schöne Vorweihnachtsfeier, die in der bewährten Weise durchgeführt wird. Beteiligt sind der Posaunenchor aus Schloss Neuhaus und Pastor i.R. Falk wird eine kurze Andacht halten. Anschließend kann bei Kaffee und Kuchen geschabbert werden. – Donnerstag, 1. Dezember, 15 Uhr, Geschäftsstelle, 2. Stock, Wilhelmstraße 1b, 33602 Bielefeld: Gesprächskreis der Königsberger und Freunde der ostpreußischen Hauptstadt – Montag, 5. Dezember, 15 Uhr, Geschäftsstelle: Treffen der Frauengruppe.

Düsseldorf – Jeden Mittwoch, 18.30 Uhr, Eichendorffsaal, Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH), Bismarckstraße 90: Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland unter der Leitung von Radostina Hristova. – Sonnabend, 26. November, 15 Uhr, GHH, Raum 312: Weihnachtsfeier der Sudeten. Sonnabend, 26. November, 15 Uhr, GHH, Konferenzraum: Weihnachtsfeier der Schlesier. –  Donnerstag, 1. Dezember, 17.30 Uhr, GHH: Eröffnung der Ottfried Preußler-Ausstellung „Von Räubern, Hexen und Gespenstern“. Die Ausstellung widmet sich dem Leben und dem Werk des aus der böhmischen Stadt Reichenberg (heute Liberec) stammenden Autors. – Donnerstag, 1. Dezember, 19.30 Uhr, Raum 412, GHH: Offenes Singen mit Marion Cals. – Sonntag, 4. Dezember, 10 Uhr, GHH: Weihnachtsmarkt. – Dienstag, 6. Dezember, Weihnachtslesung von Hajo Buch zu „Ottfried Preußler und Co“. – Mittwoch, 7.Dezember, 15 Uhr, Raum 311,  GHH: Ostdeutscher Stickkreis mit Helga Lehmann und Christel Knackstädt. – Freitag, 9. Dezember, 18 Uhr, Restaurant Lauren’s, Bismarckstraße 62: Stammtisch. – Sonnabend, 10. Dezember, 15 Uhr (Einlass ab 14 Uhr), Eichendorff-Saal: Adventsfeier der Memelländer. – Sonnabend, 10. Dezember, 18.30 Uhr, Herz-Jesu-Kirche, Roßstraße 97, Derendorf: Gottesdienst für alle Landsmannschaften. Musikalisch gestaltet von der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen-Sudetenland. – Sonntag, 11. Dezember, 12 Uhr, Busbahnhof Worringer Straße: Abfahrt zur Ostdeutschen Weih-nachtsfeier auf Schloss Burg, Die Fahrtkosten für die Hin- und

Rückfahrt betragen zehn Euro. Beginn der Veranstaltung im Rittersaal ist 14.30 Uhr. Rückfahrt nach Düsseldorf: 17 Uhr. Vor der Feier wird die ostdeutsche Gedenkstätte im Batterieturm besichtigt. – Mittwoch, 14. Dezember, 15 Uhr, Eichendorff-Saal: Weihnachtsfeier der Ostpreußen.

– Erinnerung an Heinz Jackisch –

Vor einem Jahr, am 3. Dezember 2015, ist unser Freund und langjähriges Mitglied Heinz Jackisch, geboren am 1. November, 1924 in Bremen, von uns gegangen. Im Alter von zehn Jahren zogen seine Eltern nach Königsberg, wo der Vater die Filialleitung der Firma Brinkmann übernahm. Auf der Vorstädtischen Oberrealschule verlebte Jackisch eine glückliche Schulzeit. Mit 18 Jahren wurde er in die damalige deutsche Wehrmacht einberufen, erlitt im Oktober 1944 als junger Unteroffizier eine schwere Kriegsverletzung, unter der er Zeit seines Lebens zu leiden hatte.

Nach Kriegsende erlangte Jackisch eine Anstellung als Verwaltungsangestellter bei der Gewerblichen Berufsschule in Bremen, wo er für verschiedene Sachbereiche zuständig war. Sein großes Glück fand er jedoch in der Ostpreußin Elly geborene Fohlmeister, die ihm zwei Söhne schenkte, zu denen zwei Enkelsöhne hinzukamen.

Neben seiner Familie gehörte sein Herz Ostpreußen. So zählte Jackisch zu den Mitbegründern der Landsmannschaft Ostpreußen in Bremen, und mit einer Reihe von Videokassetten über Ostpreußen legte er den Grundstein für die Videothek im Samland-Museum Minden. In Anerkennung und Würdigung des langjährigen und unermüdlichen Einsatzes für die ostpreußische Heimat und Deutschland verlieh die Landsmannschaft Ostpreußen Landesgruppe Nordrhein-Westfalen ihm das Ehren- und Verdienstabzeichen.

Jackisch hielt die Kontakte zu verschiedenen ostpreußischen Vereinigungen aufrecht, so auch zu den ehemaligen Mitschülern der Vorstädtischen Oberrealschule zu Königsberg, die er nie im Stich ließ und die ihm für seine vorbildliche Mitarbeit am Vereinsleben danken.

Wir verneigen uns vor seiner Treue und Liebe zu unserer ostpreußischen Heimat und werden seiner in Ehren gedenken.

Der Vorstand der Kreisgruppe Düsseldorf, Edith Koitka, Waldemar Siebert, Ingelore Ziebell

Gütersloh – Der Ostpreußische Singkreis trifft sich in unregelmäßigen Abständen montags von

15 bis 17 Uhr in der Elly-Heuss-Knapp-Realschule, Moltkestraße 13. Neue „Drosseln“ sind immer willkommen. Kontakt: Renate Thamm, Telefon (05241) 40422.

Neuss – Jeder zweite Mittwoch im Monat, 15 bis 18 Uhr, Ostdeutsche Heimatstube, Oberstraße 17: Treffen der Frauengruppe. – Sonntag 27. November, Einlass 14 Uhr, Beginn 15 Uhr, Marienhaus, Kapitelstraße 36.: Adventsfeier mit besinnlichen Liedern, Gedichten und Chorgesang. Aufgetischt werden Kaffee und Kuchen sowie ostpreußische Spezialitäten.

Viersen-Dülken – Sonnabend, 3. Dezember, 14.30 Uhr, Dülkener Hof, Lange Straße 54: Weih-nachtsfeier bei Kerzenschein. Für reichlich Kaffee und Kuchen wird ein Unkostenbetrag von sechs Euro pro Gedeck erbeten. Für ein geistliches Wort konnten wir wiederum dankenswerterweise Otfried Schaffelke gewinnen. Wie immer sind Gäste gerne gesehen und jederzeit herzlich in unserer Mitte willkommen.

Wesel – Sonntag, 11, Dezember, 15 Uhr, Heimatstube, Kaiserring 4, Wesel: Weihnachtsfeier. Kaffee und Kuchen stehen für ein gemütliches Beisammensein bereit. Anmeldungen bis zum 3. Dezember bei: Paul Sobotta, Telefon (0281) 45657 oder Manfred Rohde, Telefon (02852) 4403.

 

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Wormser Straße 22, 55276 Oppenheim.

Mainz – Jeden Freitag, 13 Uhr, Café Oase, Schönbornstraße 16: Gelegenheit zum Kartenspielen. – Sonnabend, 26. November, 15 Uhr, Mundus Residenz, Große Bleiche 44, 55116 Mainz: Adventsfeier. Wir bitten um Gaben für die Tombola.

 

SACHSEN

Vorsitzender: Alexander Schulz, Willy-Reinl-Straße 2, 09116 Chemnitz, E-Mail: alexander.schulz-agentur@gmx.de, Telefon (0371) 301616.

Limbach-Oberfrohna – Sonnabend, 10. Dezember, 14 Uhr, Eschemuseum, Sachsenstraße 3: Heimatliche Weihnacht wie in Ostpreußen,

 

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Michael Gründling, Große Bauhausstraße 1, 06108 Halle,  Telefon privat (0345) 2080680.

Gardelegen – Freitag, 25. November, 14 Uhr, Begegnungsstätte der VS Gardelegen: Beisammensein zur Vorweihnachtszeit.

Magdeburg – Freitag, 9. Dezember, 15 Uhr, TuS Zielitzer Straße: Treffen des Singekreises. – Sonntag, 11. Dezember: Weihnachten in der Heimat und jetzt. – Dienstag, 13. Dezember, 13 Uhr, Immermannstraße: Treffen der Stickerchen.

 

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Vors.: Edmund Ferner, Julius-Wichmann-Weg 19, 23769 Burg auf Fehmarn, Telefon (04371) 8888939, E-Mail: birgit@kreil.info

Flensburg – Mittwoch, 7. Dezember, 15 Uhr, AWO-Stadtteilcafé Flensburg: Weihnachtsfeier mit Kaffeetafel, Gesang, Geschichten und Gedichten aus der Heimat. Anmeldungen bitte stets eine Woche zuvor an Hannelore und Winfried Brandes, Telefon  (0461) 74816.

Malente – Sonntag, 11. Dezember, 15 Uhr, Pflanzencenter Buchwald, Rövkampallee 39: Als Abschluss unserer Jahresarbeit wollen wir uns in einer besinnlichen Feierstunde bei Kaffee und Kuchen in froher heimatlicher Runde im Pflanzencenter zusammensetzen. Für die Teilnehmer gibt es bei einem Kostenbeitrag von drei Euro ein Stück Torte/Blechkuchen sowie Kaffee satt. Eigene Beiträge, um uns auf die Weihnachtszeit einzustimmen, sind willkommen. Angehörige der Landsmannschaft sind ebenfalls herzlich eingeladen. Anmeldungen bis Montag, 5. Dezember, im Blumenhaus Franck, Bahnhofstraße 26. Allen Mitgliedern, die aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen können, wünscht der Vorstand eine friedliche Weihnachtszeit und ein gesundes neues Jahr.

Mölln – Sonnabend, 26. November, 14 Uhr: Mitgliederversammlung im Rahmen einer Adventsfeier mit der Möllner Ballettschule.

Neumünster – Sonnabend, 3. Dezember, 15 Uhr: Bei Kerzenschein und Tannenduft wollen wir unsere langjährigen Mitglieder ehren und in vorweihnachtlicher Stimmung den Nachmittag gemeinsam verbringen. Anmelden bitte bis zum 25. November unter Telefon (04321) 82314.

– Bericht –

Die monatliche Veranstaltung der Gruppe Neumünster, fand am 10. November statt. Sehr gut besucht war das gemeinsame Mit-tagessen, und die Stadthallenküche hat uns wieder verwöhnt. Die Teilnehmer wurden mit lustigen ostpreußischen Gedichten und Geschichten beim „Schabbertreff“ erheitert. Zu schön die ostpreußische Mundart zu hören – kommen doch bewegende Erinnerungen an Zuhause auf.

Pinneberg – Sonnabend, 3. Dezember, 15 Uhr: Adventsfeier und Jahresabschlussm einer Andacht und traditionellen Weihnachtsliedern.

Schönwalde am Bungsberg – Sonnabend, 26. November, 15 Uhr, Gemeindesaal in der Kirche im Jahnweg: Ostdeutsche Adventsfeier. Hierzu möchten wir Sie herzlich einladen. Es wirken mit: Der Chor „Singkreis Ostholstein“, der Posaunenchor der evangelisch-lutherischen Kirche Schönwalde. Besinnliche Worte zum Advent spricht der Pastor. Der Kostenbeitrag für Kaffee/Tee und Kuchen beträgt zehn Euro. Um Anmeldung unter Telefon (04528) 495 oder (04528) 9901 wird gebeten.

Uetersen – Freitag, 9. Dezember, 15 Uhr, Haus Ueterst End, Kirchenstraße 7: Adventsfeiern mit weihnachtlichen Geschichten und gemeinsamem Singen.


Urige Krabbler
Bernsteinausstellung in Lüneburg

Das Gold der Ostsee wird Bernstein auch genannt. Als kostbares Schmuckobjekt ist er heißbegehrt. Gleichzeitig gewährt Bernstein aber auch einzigartige Einblicke in eine ferne Vergangenheit. So wie heute ein Insekt auf das gelbe, aromatisch riechende Baumharz geradezu „fliegt“, so blieben auch im Frühtertiär Insekten und andere kleine Tiere buchstäblich daran kleben und wurden vom Harz umschlossen. Unter günstigen Umständen wurden sie im Inneren eines Harztropfens für Jahrmillionen konserviert.

Erst nach einer Million Jahren ist die chemische Umwandlung des Harzes so weit abgeschlossen, dass man von Bernstein spricht. Kleine Insekten und Spinnentiere sind die häufigsten im Bernstein erhaltenen Lebewesen. Ihr zumeist völlig unverändert erhaltenes Außenskelett lässt sie uns fast wie lebendig, wie im Augenblick ihres Todes festgehalten erscheinen.

So wird Bernstein zu einem „goldenen Fenster zur Vorzeit“. Die neue gleichnamige Sonderausstellung des Ostpreußischen Landesmuseums gewährt dem Besucher dabei besonders spannende „Fensterblicke“ in die ferne Vergangenheit. „Wir zeigen die ganze ungeheure Vielfalt des Bernsteins“, schwärmt Dr. Christoph Hinkelmann von der Abteilung Naturkunde/Landwirtschaft im Landesmuseum. Die Ausstellung präsentiert in großer Zahl gut erhaltene Kleinlebewesen aus den Sammlungen des Staatlichen Naturhistorischen Museums Braunschweig und von bedeutenden privaten Sammlern.  „Sie liefert einen hervorragenden Einblick in das Ökosystem eines oft ‚Bernsteinwald“ genannten subtropischen Lebensraums lange vor unserer Zeit“, erläutert Hinkelmann.

Eine Million Jahre alt muss ein Harzstück werden, bevor es Bernstein genannt wird. Man nimmt heute an, dass der Baltische, im Südosten des heutigen Ostseeraums konzentrierte Bernstein in einer Zeitspanne von etwa 20 Millionen Jahren entstand. Recht oft trifft man auf Einschlüsse (Inklusen). Einsehbar sind sie aber nur in den klaren Fundstücken, also nur in etwa zehn Prozent der Bernsteimn-Objekte. Zum größten Teil sind es Insekten und Spinnentiere, weniger als ein Prozent enthalten Reste von Pflanzen, Federn, Säugetierhaare und Ähnlichem. Eines der Ausstellungsstücke im Landesmuseum enthält auch Teile einer Eidechse.

„Bernstein – Goldenes Fenster zur Vorzeit“ ist täglich außer montags von 12 bis 17 Uhr geöffnet. Der  Eintritt ins Museum – inklusive Bernstein-Sonderausstellung – kostet drei Euro, ermäßigt zwei Euro. In der Winterpause ist das Museum zwischen dem 31. Dezember und 30. Januar geschlossen. Weitere Informationen unter www.ostpreussisches-landesmuseum.de oder Telefon (04131) 759950.                PAZ


S. 21 Lebensstil

Ein neuer Luther für das Volk
Aktion zum Reformationsjahr: Auf Koranverteilungen antwortet die evangelische Kirche mit Verteilungen der »Lutherbibel 2017«

Rechtzeitig zum Reformationsjahr soll die „Lutherbibel 2017“ alle früheren in der evangelischen Kirche genutzten Bibelversionen ablösen. Mit Verteilaktionen wird die neue Bibel kostenlos unters Volk gebracht.

Kräftig tritt der Mann in die Pedale. Der schwarze Umhang weht. Vorne, im Transport-Abteil des Lasten-E-Bikes, liegen wichtige Bücher, die alle ausgeliefert werden wollen, jedes 2,7 Kilogramm schwer. Das Lasten-E-Bike ist für einige Tage der stetige Be­gleiter von Propst Thomas Drope. Die Pröpste der Nordkirche liefern die Bibel aus. Schließlich ist jetzt der beste Zeitpunkt dafür, die „Lutherbibel 2017“ an die Kirchen der Gemeinden im Norden zu verteilen. Im nächsten Jahr, wenn sich der Reformationstag zum 500. Mal jährt, soll in jeder Ge­meinde die neue Bibel vorliegen. Mit 150000 Exemplaren wird sie unters Volk gebracht.

Ist denn die alte Lutherbibel nicht mehr gut genug? Gibt es Zweifel am Inhalt? Hat Luther geschlampt?

Luthers Version des Neuen Testaments, die in nur elf Wochen entstanden sein soll – man bedenke, es handelt sich um eine gewichtige Übersetzung – könnte theoretisch einige Flüchtigkeitsfehler enthalten. Der große Reformator stand immerhin ein wenig unter Druck, als er 1522 seine Version beendete. Für seine 1534 abgeschlossene Übersetzung des Alten Testaments hatte er ein paar Jahre mehr Zeit.

Doch das Argument für die neue Fassung ist ein anderes: Die Bibelfassung Luthers wurde schon oft modernisiert. Wie bei der bis heute in der evangelischen Kirche benutzten revidierten Fassung von 1984 entsprechen die Texte nicht mehr exakt der Urfassung. Die neue Version 2017 soll wieder dichter dran sein am Wort und am Sprachgebrauch des Reformators.

Insgesamt 70 Theologen haben deshalb fünf Jahre lang an der neuen Fassung der „Lutherbibel 2017“ gearbeitet. Und zwar ehrenamtlich, wie die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) betont. Die Fachleute haben den Text intensiv überprüft, und auch angepasst. Grundlage waren die Urtexte in hebräischer und griechischer Sprache. Und natürlich der Text, der direkt aus der Feder des großen Meisters stammte. Ziel der Maßnahme sei es, so die Kirche, eine wissenschaftlich präzise und zugleich sprachlich treffende Bibelübersetzung.

Ist Gottes Wort jetzt leichter zu verstehen? Rund 44 Prozent der Bibelverse sollen eine Änderung erfahren haben. Ein Beispiel: In der revidierten Bibel von 1984 wird an einer Stelle „ein gewaltiger Sturm“ genannt, in der Version 2017 wird hingegen nun „ein großes Beben“ erwähnt. Das könnte dazu verleiten zu glauben, die Experten hätten die meteorologischen und geophysischen Aufzeichnungen aus biblischen Zeiten studiert und die Bibelstellen – rein wissenschaftlich – entsprechend angepasst.

Revidierte Bibel von 1984: „Und siehe, da erhob sich ein / gewaltiger Sturm auf dem See, sodass / auch das Boot von Wellen zugedeckt / wurde. Er aber schlief.“

„Lutherbibel 2017“: „Und siehe, da war ein großes Beben / im Meer, sodass das Boot von den / Wellen bedeckt wurde. Er aber schlief.“

An anderer Stelle wird der Begriff „Wehmutter“ durch „Heb­amme“ ersetzt. So in der Art darf sich der Laie also die Überarbeitung und Überprüfung der Bibel vorstellen. 2600 Wochen Arbeit stecken in der überarbeiteten Fassung der „Lutherbibel 2017“. Was für ein Aufwand!

In Zeiten schwindender Mitgliederzahlen und zahlenmäßig beeindruckender Zuwanderung Andersgläubiger ist die Frage erlaubt, für wen genau die neue Bibelfassung interessant sein soll. Zumal die Rückbesinnung an den alten Wortlaut und das Entfernen von modernen Redewendungen das Lesen und Verstehen der Bi­bel nicht einfacher gestalten. Hörbibeln und Computer-Apps än­dern daran nichts, auch wenn sie dem Auftritt des Produkts Bibel einen modernen Anschein verschaffen sollen.

Kerstin Kipp, Pressesprecherin der EKD, sagt dazu: „Nicht nur für Kirchenmitglieder ist die Lutherbibel gedacht. Sie ist auch ein bedeutendes Kulturgut und daher wichtig und wertvoll für jede und jeden, der sich mit Geschichte und Gegenwart kulturellen Ge­schehens in Deutschland interessiert. Und natürlich ist die Lutherbibel auch dazu gedacht, Menschen, die dem christlichen Glauben und/ oder der evangelischen Kirche fernstehen, neugierig zu ma­chen darauf, was es da­mit denn auf sich hat.“

Gibt es da ein Missverständnis? Will die Kirche ganz auf Völkerverständigung setzen? Die revidierte Lutherbibel spricht von „Völkern“ und „Nationen“ statt von „Heiden“. Das allein wird aber nicht ausreichen, um das Interesse an dem Buch mit seinen altmodischen Versen deutlich zu verstärken. Der eine oder andere Neubürger könnte sich angesichts der Neuauflage eines Allgemeingutes in be­wusst altmodischem Sprachgebrauch auch befremdet fühlen.

Die Konfrontation mit einem Glaubenswerk, das noch schwieriger zu verstehen ist als die bislang genutzte Version, könnte von einigen Menschen als Mahnmal verstanden werden, das klarstellt: Du gehörst nicht dazu, weil du die Worte nicht verstehen kannst. Andere könnten sich an die Verteilung kostenloser Koranexemplare durch Salafisten er­innert fühlen. Die offensive Missionierungsarbeit, deren Kern die Besinnung auf die islamische Frühzeit beinhaltet, löste größten Argwohn aus.

In Zeiten, in denen immer we­niger junge Menschen die deutsche Sprache korrekt beherrschen, ist davon auszugehen, dass viele Probleme haben werden, Redewendungen aus dem alten Sprachgebrauch nachzuvollziehen und für sich zu interpretieren. So wird es auch vielen Neuzugewanderten mit Interesse am christlichen Glauben gehen. Wer sich darum bemüht, Deutsch zu lernen, wird mit dem Sprachgebrauch des 16. Jahrhunderts noch lange nicht zurechtkommen. Da mutet es wunderlich an, dass sich die EKD auf eine traditionell alte Wortführung zurückbesinnt. Hat Luther die Bibel nicht gerade deshalb in die deutsche Sprache übersetzt, da­mit das Volk sie verstehen und lesen konnte? Die Überarbeitung der Bibel 2017 schreibt sich nun auf die Fahne, dicht am Originaltext zu bleiben, führt den grundlegenden Gedanken Luthers aber scheinbar ad absurdum.

Während die Pröpste auf ihrer Tour de Bibel unterwegs das reale Leben erfahren, Reifenpanne in­klusive, sehen sie sich Herausforderungen der Neuzeit gegenüber und begegnen umherirrenden, verwirrten Senioren, denen ge­holfen werden muss. Im An­schluss posten sie auf Facebook ihre Erlebnisse. Die Kirche gibt sich betont modern. Und erfährt bei ihrer Unternehmung „Lutherbibel 2017“ das Wirken der höheren Macht. Wie schon John Lennon sagte: „Leben ist das, was passiert, während du dabei bist, Pläne zu machen.“ Anders formuliert: Gottes Wege sind voller Überraschungen. Offensichtlich gibt es für die Kirche noch einiges zu lernen.     Stephanie Sieckmann


Täglich zwei rohe Eier
Der einzige noch lebende Mensch aus dem 19. Jahrhundert wird 117

Emma Morano ist nicht nur der älteste Mensch der Welt, sie ist zugleich die einzige noch lebende Person, die im 19. Jahrhundert geboren wurde. Am 29. November 1899 erblickte sie in dem kleinen Ort Civiasco im italienischen Piemont, Provinz Vercelli, als ältestes von acht Geschwistern das Licht der Welt. Ihre Eltern Giovanni und Matilde geb. Bresciani stammten ursprünglich aus der Schweiz.

Noch bevor Emma Martina Luigia, wie sie mit allen Vornamen heißt, erwachsen war, zog sie mit der Familie ins Ossolatal, wo sie bald in einer Fabrik arbeitete, in der Jutesäcke hergestellt wurden. Doch der Staub bei dieser Tätigkeit belastete ihre Lunge, sie erkrankte, und so entschloss sie sich auf ärztlichen Rat hin, an den Lago Maggiore überzusiedeln und sich im Örtchen Pallanza niederzulassen, das heute zur Stadt Verbania gehört und wo sie nun schon mehr als ein Jahrhundert lang (seit 1915) lebt.

Während des Ersten Weltkriegs verliebte sich die junge Frau in einen Gebirgsjäger namens Augusto, der aber kurz darauf an die Front beordert wurde und nach dem Krieg als verschollen galt. 1926 heiratete sie dann Giovanni Martinuzzi, der sich im Laufe der Zeit leider als gewalttätig erwies. Gleichwohl gebar sie ihm 1937 einen Sohn, doch starb der kleine Angelo bereits nach wenigen Monaten. Ein Jahr später verließ Emma ihren Ehemann, was da­mals eher eine Seltenheit war und wozu ein besonderer Mut gehörte, denn Scheidungen waren nach italienischem Recht nicht möglich und Trennungen in dem katholischen Land die Ausnahme. So hat sich Emma denn anschließend auch nie wieder fest gebunden, weil sie sich ihre Unabhängigkeit bewahren und nicht mehr von einem Mann „herumkommandieren“ lassen wollte.

Nach Aussagen ihres Hausarztes Carlo Bava erfreut sich die be­tagte Dame noch immer einer guten Gesundheit, und sie selbst betont, sie sei ebenfalls mit ihrem Leben zufrieden und es gehe ihr gut. Der Arzt kommt einmal pro Woche, die beiden Nichten Antonietta und Rosemarie – ebenfalls im fortgeschrittenem Alter – schauen täglich vorbei, und seit ihrem 115. Geburtstag wird Emma zusätzlich von einer bei ihr wohnenden Pflegerin versorgt. Sie sagt, sie bekomme oft Besuch, sei selten allein, und natürlich hat sie auch eine Erklärung für ihr hohes Lebensalter: Sie nimmt täglich zwei rohe Eier zu sich. Ein Arzt hatte, als sie knapp 20 Jahre alt war, Blutarmut bei ihr festgestellt und dazu geraten, jeden Tag drei rohe Eier zu essen, was sie seither beherzigte und deren Anzahl sie erst vor wenigen Jahren auf zwei Eier reduzierte.

Überdies ernährt sie sich regelmäßig von etwas Hackfleisch und Gemüsebrühe, als Dessert gibt es eine Banane und zum Verdauen ein Glas selbstgebrannten Grappa. Ab und zu darf es auch eine Gianduiotto-Nougatpraline sein. Medikamente hingegen benötigt die Seniorin keine. Abgesehen von der Ernährung scheint ihr langes Leben aber auch genetisch bedingt zu sein: Ihre Mutter, eine Tante und mehrere ihrer Schwestern wurden über 90 Jahre alt, eine Schwester starb sogar erst mit 103 Jahren.         Wolfgang Reith


Weiß & Heiß
Wein oder Glühwein? Wie das Sächsische Elbland Advent feiert

Leineweber, Blaudrucker, Töpfer – und natürlich Winzer: Die Vorweihnachtszeit steht im Sächsischen Elbland im Zeichen traditioneller Gewerke und klassisch-sächsischer Le­bensart. Die Adventsmärkte sind eher klein und gediegen und profitieren von dem reichen Kultur­erbe der Region.

Schloss Wackerbarth in Radebeul ist ein fürstliches Ensemble aus Schloss, Lusthäuschen und Barockgarten. August Christoph Graf von Wackerbarth (1662–1734), seinerzeit Geheimrat und Kabinettsminister am sächsischen Hof, ließ das Weingut nach eigenen Plänen als Ruhesitz errichten. Heute ist es Sachsens Staatsweingut und führt die Tradition eines der ältesten Wein- und Sektmanufakturen Europas fort.

Zum Adventsauftakt lädt das Erlebnisweingut am 27. November ab 16 Uhr zu „Wackerbarths Lichterfest“. Mehr als 230 Herrnhuter Sterne illuminieren die Weinterrassen. Und in den historischen Heckengärten leuchten Laternen mit Märchenmotiven der Radebeuler Künstlerin Bärbel Voigt.

Auf Wackerbarth geht auch der Barockgarten Zabeltitz in Grossenhain zurück, den er nach dem Vorbild des Parks von Schloss Versailles errichten ließ. Die Anlage gehört zu den größten und bedeutendsten ihrer Art in Sachsen. Im fürstlichen Palais des Gartens findet am 11. Dezember traditionell die „Palais-Weih­nacht“ statt. Drinnen und draußen ist typ­isch sächsisches Handwerk zu sehen und zu erleben: handgeschöpfte Papierkunst, Trockenfloristik, Keramik, Herrnhuter Weih­nachtssterne, Holzschnitzerei, erzgebirgische Volkskunst und vieles mehr.

Am 17. und 18. Dezember ist im historischen Weingut Hoflößnitz in Radebeul „Weihnachten für die ganze Familie“. Mit dem Elbtal als Kulisse lädt das 600 Jahre alte, ökologisch wirtschaftende Weingut zum Backen, Basteln und Karussellfahren. Natürlich spielt auch im Winter Wein aus eigener Produktion die Hauptrolle – mit Winzerglühwein in Bioqualität.

Die Winzer der Domstadt Meißen sind in einer Genossenschaft vereint. Mit 145 Hektar Rebfläche bewirtschaften sie mit viel Hingabe fast ein Drittel des Weinbaugebietes Sachsen. In der „WeinErlebnisWelt“ im ehemaligen Kurfürstlichen Weingut Meißen haben sie am 4. Dezember ihren Produkten eine Bühne geschaffen: Wein wird hier durch Kellerführungen, Weinproben, Lesungen, musikalischen und kulinarische Abenden, Ausstellungen und vieles mehr erlebbar.

Etwas außerhalb Meißens lockt die „Proschwitzer Weih­nacht“ im Schloss Proschwitz bis zum 27. November zum Stöbern nach Unikaten. Mit Blick auf den Dom lädt das älteste Privatweingut Sachsens, Prinz zur Lippe, zum Verkosten von Weinen und Sekten ein.

Ein besonderes Ambiente bietet am 27. November der „Advent am Leuchtturm“ in Moritzburg. Nach einem 30-minütigen Spaziergang von Schloss Moritzburg erhellt Deutschlands ältester Binnenleuchtturm die Mole am Großteich Bärnsdorf. 74 Stufen führen den Turm hinauf und können zum Adventsmarkt ein letztes Mal im Jahr bestiegen werden.              tws

Weitere Infos: www.elbland.de


S. 22 Neue Bücher

Reichsbahn in der DDR
Arbeitsplatz für Häftlinge

Deutsche Reichsbahn“ – dieses imperiale Relikt leistete sich die DDR bis zuletzt, egal wie das Kürzel DR von Spöttern („Dein Risiko“) oder Nostalgikern („Deine Rettung“) dechiffriert wurde. 260000 Beschäftigte hielten den DR-Mechanismus am Laufen, ungeachtet sowjetischer Demontagen, westlicher Embargos und hausgemachten Planwirrwarrs.

Die drei Autoren Susanne Kill, Christopher Kopper und Jan-Henrik Peters, auf Bahnwesen spezialisierte Historiker, vermitteln detaillierte Einblicke in den Alltag der Deutschen Reichsbahn mit Schwerpunkt auf dem Gefangenentransport. Den nannten Gefangene „Grotewohl-Express“, ob nach dem ersten DDR-Premier oder nach „geradewohl“ wegen angeblich chaotischer Organisation. Tatsächlich waren solche Transporte der Bahn, Staatsunternehmen seit Kaisers Zeiten, traditionell gut organisiert durch „Ringe“ (14 gab es im Jahr 1941, neun 1956), Rundkurse nach eigenen Kursbüchern zu bestimmten Zielorten und Rück-kehr an ihren Ausgangspunkt. Das garantierte Flexibilität bei Massenaufkommen, etwa ab Ok-tober 1949, als die sowjetischen Besatzer ihre „Speziallager“, durchweg frühere Konzentrationslager, räumten, oder bei Flauten wie nach den Amnestien von 1972 und 1987.

In dankenswerter Offenheit räumen die Autoren Probleme mit Zahlenangaben ein, zeichnen aber dennoch ein bewegendes Bild: Bis zu 280000 politische Gefangene soll es 1949 bis 1990 gegeben haben, 24 Prozent aller Strafgefangenen. Je älter die DDR wurde, desto jünger und politischer waren ihre Gefangenen, 1983 waren 64 Prozent bis 25 Jahre alt und 59 Prozent wegen politischer Delikte verurteilt. „Politisch“ war zum Beispiel Wehrdienstverweigerung, besonders aus religiösen Motiven, woran jede ideologische Umerziehung („Rotlichtbestrahlung“) scheiterte.

In 40 Jahren DDR-Existenz zählte man bis zu 295 Haftanstalten, darunter „Jugendhäuser, Militärgefängnisse, Haftkrankenhäuser, Spezialgefängnisse der Staatssicherheit“. Je nach Urteil waren die Gefangenen in drei Kategorien eingeteilt: Kategorie I: über drei Jahre, Kategorie II: bis drei Jahre und Kategorie III: unpolitische Erstverurteilte.

Der DR war es egal, ob kriminelle oder politische Gefangene bei ihr tätig waren. Außer Schrott von demontierten Waggons produzierten sie nichts, beanspruchten aber auch keine „betrieblichen Sozialleistungen“. Die vorgeschriebene „Qualifizierung“ der Gefangenen, beruflich oder schulisch, war in die karg bemessene Freizeit verlegt und wurde wegen allgemeiner Erschöpfung kaum wahrgenommen. Arbeitsschutz stand zumeist nur auf dem Papier, Arbeitsunfälle fielen doppelt so oft wie in normalen Betrieben an.

Mörder waren bei den Wachen höher geachtet als Politische, „die bewusst unseren Staat verraten haben“. Sie standen auf der „untersten Stufe der Gefangenenhierarchie“, waren „Repressalien der Kriminellen“ ausgesetzt. Aber das war nicht überall so. Im Zuchthaus Brandenburg, wo die meisten Gefangenen „Langstrafer“ waren, entwickelte sich mit den Jahren ein „Kumpel“-Verhältnis zu den Wachen, die wegsahen, wenn „geschmuggelt“ wurde.

Das Buch enthält 30 Fotografien, die offenkundig in geheimer Könnerschaft entstanden, bis zu Bauplänen für Häftlingswaggons, Fahrpläne des „Grotewohl-Express“ oder Gutscheine als Haftgeld. Seltenheitswert haben Ausführungen zu katholischem Gottesdienst, zu Frauen mit Kleinkindern in der Haft, zum „unterirdischen Umsteigegewahrsam unter dem Leipziger Hauptbahnhof“ und so weiter. Das alles wurde binnen eines Jahres erarbeitet unter vielfacher „Zuarbeit“ früherer Betroffener. Auf das Buch haben wohl viele gewartet.    Wolf Oschlies

Susanne Kill, Christopher Kopper, Jan-Henrik Peters: „Die Reichsbahn und der Strafvollzug in der DDR – Häftlingszwangsarbeit und Gefangenentransport in der SED-Diktatur“, Klartext Verlag, Essen 2016, broschiert, 216 Seiten, 14,95 Euro


SED-gefärbte Sicht
Autor zeichnet negatives Bild der Schweizer Spionageabwehr

Alle bisherigen Bücher zum Thema Schweizer Spionage wollen auf „sämtlichen ge­heimen Unterlagen“ der eidgenös­sischen Sicherheitsstellen beruhen. Das Gegenteil ist indes schnell zu erkennen ebenso wie die Tatsache, dass die Autoren nie in Spionage tätig waren. Äußerst schwer ist die Wahrheit zu erkennen, wenn, wie im vorliegenden Buch, der Verfasser damals nie in Helvetia lebte, sondern sogar längere Zeit dem Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (der „militärisch-operative Arm des MfS“) angehörte und dort von einer, noch heute oft zu verspürenden SED-Ideologie geprägt wurde.

Dieses Tendenziöse gipfelt in sei­nem häufigen Vorwurf, Bern habe in jener Zeit die politische Neutralität verletzt, obwohl eine Gefahr aus dem Sowjetblock „nie bestanden“ habe. In Wahrheit wurden jährlich annähernd zehn Ost-Spione enttarnt und wiederholt in Wäldern vergrabene Stasi- und KGB-Funkgeräte aufgespürt. Erwähnt der Autor doch selber ein Stasi-Residentur-Ehepaar, das unter der Falsch-Identität eines Ausland-Schweizers nach Winterthur eingeschleust wurde. Ähnliches erfolgte noch 1989. Ebenfalls nach seinen Worten saß in der Handelsabteilung der Berner DDR-Botschaft ein Stasi-Mann, und auch der Kraftfahrer des Militärattachés „betrieb Spionage“ (dass die Schweizer Abwehr ihn „umdrehte“, ist bekannt). Die einzelnen Fälle werden zwar wahrheitsgemäß beschrieben, dennoch vermitteln sie ein verzerrtes Gesamt-bild. Symptomatisch ist die Beschwerde lediglich über das Abhören der DDR-Botschaft seitens der Schweizer Abwehr.

DDR-Spionagechef Markus Wolf benutzte „die Schweiz vor allem für Wirtschaftsspionage“, räumt er ein. Sie stellte ein „wichtiges Einfallstor in den freien Markt des Westens“ dar, wollte der Ostblock doch „Zugang zu den modernsten militärischen Technologien des Westens“ – eine harmlose Umschreibung für Spionage. Das galt besonders für die Abteilung „Kommerzielle Koordinierung“ (KoKo), die als „Partisan im Hinterland des Feindes“ gerade in der Schweiz dunkle Geschäfte in Form von Tarn- und Briefka­stenfirmen abwickelte. Zumeist ging es um westliche Embargowaren, die in den Osten geschmuggelt werden sollten. Primär ging es um neueste Entwicklungen und Waffen, „die ihm die Nato verwehrte“ – ein wun­derbar formulierter Schuldvorwurf gegen den Westen, dass er seine militärischen Forschungsergebnisse nicht brüderlich mit den angeblich so friedensliebenden Sowjets teilen wollte. Zudem verschob KoKo bei Privatpersonen in der DDR rechtswidrig beschlagnahmte Gemälde und Antiquitäten gegen Devisen in den Westen. Zutreffend deutet das Buch an, Schalck-Golodkowski habe sehr früh das Ende der DDR kommen sehen und dabei primär an sein eigenes Wohlergehen danach gedacht.

Die Schweiz hätte ihre Neutralität verletzt, wenn sie diesem kommunistischen Geheimdienst tatenlos zugesehen hätte. Schon im Interesse ihrer eigenen Sicherheit musste sie dem entgegenwirken. Wenn jedoch von einem „Spitzelstaat“, einer „Spionagehysterie“ und einem „Überwachungswahn“ der Schweiz zu lesen ist, verwechselt der Verfasser die freie Helvetia mit der DDR-Diktatur. Die Abwehr in Bern als „selten effizient“ zu werten, ist unzutreffend. Im Gegensatz zu fast allen westlichen Nachrichtendiensten können sich die Schweizer Spionage und Abwehr rühmen, dass es bei ihnen nie einen Verräter gab, der zur Gegenseite überlief – wie es gerade bei der Stasi und dem KGB geschah.

Nach seinen Behauptungen hat der Autor die Akten der Schweizer Bundesanwaltschaft sowie sogar des Nachrichtendienstes eingesehen. Es dürften allerdings nur wenige Seiten gewesen sein, denn über die wirklich großen Spionagefälle weiß auch er kein einziges Wort zu berichten.

Tatsache ist, dass der Züricher Elektrohändler Bollier dem DDR-Geheimdienst spezielle Funk-empfangstechnik, Telexmaschinen und Lügendetektoren lieferte, welche den Embargobestimmungen unterlagen. Er war dabei direkt dem Stasi-General Männchen unterstellt. Dass er trotz etlicher Besuche Ost-Berlins nichts von Spionage geahnt haben will, nimmt ihm der Autor ohne Weiteres ab – Schweizer Stellen sind nicht so realitätsfremd. Das Buch beendet den Fall mit einem unwichtigen Treffen wenige Tage vor dem Mauerfall. Bei einer vollständigen Kenntnis der Geheimakten hätte der Verfasser bestimmt dargetan, dass der Stasi-General am Ende der DDR seinen eigenen Spion verriet. Insbesondere hätte er sich nicht die Tatsache entgehen lassen, dass der im Buch so geschmähte Schweizer Nachrichtendienst bereits im Mai 1989 das Ende der SED-Diktatur noch im gleichen Jahr voraussagte.

                Friedrich-Wilhelm Schlomann

Andreas Förster: „Eidgenossen contra Genossen“, Ch. Links-Verlag, Berlin 2016, gebunden, 226 Seiten, 22 Euro


Preußens Glanz im Kleinformat
»Kleines Potsdam-ABC« illustriert die wichtigsten Sehenswürdigkeiten

Wer einmal die brandenburgische Hauptstadt Potsdam besucht hat, wird an Schloss Sanssouci, dem Holländischen Viertel, der russischen Kolonie Alexandrowka oder dem Filmstudio Babelsberg kaum vorbei gegangen sein. Dass Potsdam, zu dessen Architektur berühmte Baumeister und Landschaftskünstler wie von Knobelsdorff, Schinkel oder Lenné beigetragen haben, noch viel mehr zu bieten hat, zeigt der Bildband „Kleines Potsdam-ABC“. Das Buch im Kleinformat ist in einer Reihe erschienen, die es sich zur Aufgabe macht, in Wort und Bild Sehenswürdigkeiten vorzustellen. Dabei sind die Autoren sich bewusst, dass Umfang und Format lediglich die Nennung der wichtigsten Daten und Informationen erlauben. Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sowohl Gloßmann als auch der Fotograf Günter Pump haben sich mit mehreren im Husum Verlag erschienen Titeln einen Namen gemacht.

Potsdam kann auf eine 1000-jährige Geschichte zurückblicken. Erwähnt wurde das ehemalige Fischerdorf bereits im Jahr 993. Seinen Aufschwung erlebte die spätere Stadt ab 1411 unter den Hohenzollern. Unter Friedrich I. begann der Ausbau zur Residenz- und Garnisonstadt, Friedrich II. schuf sich  Sanssouci, ein Gesamtkunstwerk aus Schlössern und Gärten. Im Krieg wurden große Teile der Innenstadt durch britische Fliegerangriffe zerstört, während der Potsdamer Konferenz wurde hier die Teilung Deutschlands besiegelt. In der DDR war Potsdam eine Bezirksstadt, einige historische Gebäude wurden wieder aufgebaut, andere mussten sozialistischen Wohn- und Sozialbauten weichen. Erst nach der Teilwiedervereinigung wurden die Schlösser und Parks von Sanssouci, Babelsberg, Sacrow, Glienicke und mehr wieder zu Touristenmagneten und schließlich in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen.

Die Stadt Potsdam, das Land Brandenburg und die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten bemühen sich um den Erhalt des kulturellen Erbes. Wie der Titel vermuten lässt, werden die Sehenswürdigkeiten alphabetisch aufgeführt, von A wie Alexander-Newskij-Kapelle bis Z wie Zichorienmühle, jeweils mit Fotos der Sehenswürdigkeit versehen. Bei wichtigen Bauten wie Schloss Sanssouci gibt es teils eine doppelseitige Bebilderung.

Im Anhang gibt es neben einem Register eine Übersichtskarte der beschriebenen Orte. Eine kompakte Informationsmöglichkeit insbesondere für Kurzreisende.

                Manuela Rosenthal-Kappi

Erik Gloßmann, Günter Pump (Fotos): „Kleines Potsdam-ABC“, Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 2016, gebunden, 142 Seiten, 9,95 Euro


Mit heißer Nadel gestrickt
Neuerscheinung »99 Oldtimer, aus denen Sie nie wieder aussteigen wollen« hält nicht, was der Titel verspricht

Der Verlag Geramond bietet die Buchreihe „99 …, aus denen Sie nie wieder aussteigen wollen“ an. Das Angebot reicht von „Italienischen Klassikern“ über „US-Klassiker“, „Sportwagen-Klassiker“, „British Classic-Cars“, „Young-

timer“ und „Kultmobile“ bis zu „Cabrio-Klassikern“. Der neueste Band der Reihe widmet sich nun „99 Oldtimer(n), aus denen Sie nie wieder aussteigen wollen“, und der ganz allgemein an Klassikern interessierte Zeitgenosse wird hierzu wohl am ehesten greifen.

Die 99 Autos werden auf jeweils ein bis zwei Seiten einschließlich ein bis zwei Farbfotos vorgestellt. Der jeweiligen Typenbezeichnung folgen eine scherzhafte, meist geistreiche Unterzeile, eine Kurzcharakterisierung in wenigen Sätzen sowie dann ein etwas längerer mit flotter Feder darnieder geschriebener Fließtext im lockeren Ton. Das Buch wendet sich nicht nur, ja nicht einmal primär, an automobilgeschichtlich interessierte Leser. So werden diese eine Beschreibung der modellgeschichtlichen Entwicklung der einzelnen Typen meist vermissen. Dafür gibt es Hinweise für Oldtimersammler. Das gilt insbesondere für die Informationskästen zu jedem vorgestellten Autotyp, die in tabellarischer Form Informationen zu Produktionszeit-raum, Alltagstauglichkeit, Reparaturfreundlichkeit, Ersatzteilversorgung, Verfügbarkeit, Prestige, Kultfaktor, Anlaufstellen und aktuellem Preisniveau enthalten.

Ärgerlich sind die Bildunterschriften, die weniger der Beschreibung des Abgebildeten dienen als der Vermittlung zusätzlicher Informationen, die im Fließtext nicht stehen. Der fehlende Bezug zum Bild wird besonders bei den jeweils zweiten Bildern deutlich und dann vor allem, wenn kein zweites Auto zur Verfügung stand und deshalb das Motiv des ersten Bildes aus einer anderen Perspektive noch einmal zu sehen ist.

So lautet die Bildunterschrift zum zweiten Foto eines geöffneten Cabrios: „Auch im geschlossenen Zustand macht das Auto Spaß. Das Faltdach ist von innen gepolstert – das gab es um 1980 nicht einmal bei Mercedes oder BMW.“ Noch extremer ist die Diskrepanz zwischen Bild und Unterschrift beim zweiten Bild eines Coupés der Mercedes-Benz-Baureihe 124, zu dem es heißt: „Ein Tipp für Familien mit Kindern ist das T-Modell: Der Kombi bietet viel Platz und fährt sich handlich und bequem – der ideale Reisewagen.“ Die Zusammenstellung aus Bild und Bildunterschrift wirkt da doch ziemlich willkürlich.

Willkürlich wirkt auch die Auswahl der 99 Wagen. Viele vorgestellte Fahrzeuge sind Youngtimer, fast alle Nachkriegsfahrzeuge. Der absolute Ausreißer ist das T-Model von Ford. Der Mercedes, der Baureihe 116, der den Buchtitel ziert, findet sich hingegen nicht bei den 99 vorgestellten Fahrzeugen. Wenn man bei Wikipedia ein paar Modell-, Marken- und Konzernnamen eingibt und sich dann von den Links weiterführen lässt, wird man sicherlich auf 99 Oldtimer stoßen, aus denen man nicht weniger gern „wieder aussteigen“ will.

Die Auswahl wirkt ebenso von leichter Hand gemacht wie das Buch. So kommt in der alphabetisch geordneten Abfolge der Abhandlungen jene über den Masarati Biturbo hinter der vom Mercedes W124, und der Beitrag über den Morris Minor ist mit zwei Fotos von einem Morris Mini-Traveller bebildert.

Man sollte sich von Heiko Prengels Buch weder ein Oldtimer-Nachschlagewerk erhoffen noch, dass man nach der Lektüre einen Überblick über die ultimativen 99 Oldtimerklassiker hat. Es handelt sich bei „99 Oldtimer, aus denen Sie nie wieder aussteigen wollen“ vielmehr um leichte Kost mit Bildern und ein paar in unterhaltsamer Form dargereichten Informationen von Fahrzeugen, die man durch die Bank aus dem Straßenbild vergangener Tage kennt.

                Manuel Ruoff

Heiko Prengel: „99 Oldtimer aus denen Sie nie wieder aussteigen wollen“, Geramond, München 2017, gebunden, 191 Seiten, 14,99 Euro


S. 23 Anzeige Rautenberg Buchhandlung

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S. 24 Panorama

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Die Wahrheit / Wie Volker Kauder die Lüge ausrotten will, was Diktaturen wirklich ausmacht, und wie   die globale Linke die Hosen herunterlässt

Es war ein schöner Sommertag des Jahres 1985, als ich bei einem Abstecher nach Ost-Berlin mit zwei Damen im Straßencafé in ein interessantes Gespräch verwickelt wurde. In für mich verblüffender Offenheit zogen sie über die Missstände ihrer Republik her.

Das dauerte, bis sich eine weitere Dame zu uns gesellte. Meine bisherigen Gesprächspartnerinnen haben als gelernte DDR-Bürger sofort gerochen, dass mit der Frau irgendwas nicht stimmte,  und verstummten weitgehend. Die Neue warf sich denn auch sofort in die Schlacht zur Verteidigung des Arbeiter- und Bauernstaates. Selbstverständlich habe jeder DDR-Bürger das Recht, offen seine Meinung zu sagen, meinte sie allen Ernstes.

Ach ja? Da wollte ich wissen, ob ich meine Meinung denn auf Flugblättern verteilen dürfe in den Straßen der DDR. Ja sicher, antwortete die mutmaßliche Genossin − vorausgesetzt natürlich, dass das, was ich da schreibe, auch der Wahrheit entspreche.

Ich war baff. Das Abitur gerade hinter mir, musste ich eingestehen: Keiner meiner Politiklehrer hatte es vermocht, mir den Unterschied von Demokratie und Diktatur, Freiheit und Unterdrückung so fein zugespitzt zu servieren wie diese rote Tante.

In freiheitlichen Demokratien gilt: Niemand „besitzt“ die Wahrheit, sie ist immer umstritten, weshalb jeder seine eigene Version öffentlich verkünden darf, ohne dafür bestraft zu werden. In unterdrückerischen Diktaturen dagegen gibt es eine Instanz, welche die „Wahrheit“ festlegt. Wessen öffentliche Kundgebungen dieser Wahrheit nicht entsprechen, spürt die Knute.

War ich aber froh, durch den Kontrollposten an der Friedrichstraße zurück in einen freien Staat entweichen zu können, in dem ich ohne eigenes Zutun leben darf − oder nur bis vor Kurzem leben durfte?

Die Gestalt der roten Tante ist nämlich wieder auferstanden, nur trägt sie heute die Gesichtszüge von Volker Kauder. Der Chef der Unionsfraktion im Bundestag ärgert sich in einem Beitrag für „Welt/N24“ darüber, dass große Internetforen zu „Plattformen geworden (sind), auf denen Unwahrheiten verbreiten werden“ und fordert: „Wir müssen weiter diskutieren, ob die Betreiber der Plattformen nicht mehr tun müssen, um das Netz nicht nur von rechtswidrigen Inhalten freizuhalten, sondern von Lügen generell in der politischen Debatte.“

Donnerwetter: Ab sofort gibt es oben an der Macht also wieder Leute, die für alle verbindlich festlegen, was als „Wahrheit“ zu gelten hat und was als „Lüge“. Wessen öffentliche Absonderungen im Internet sich nicht an jene „Wahrheit“ halten, der soll aus der Debatte geworfen werden.

Diktatorische Machthaber werfen ihren Kritikern gern vor, sie seien für das böswillige Ausland unterwegs, mithin feindliche Agenten. Bei Kauder liest sich das so: „Bekanntlich wird aber auch aus Russland versucht, politische Debatten bei uns zu beeinflussen.“ Diese skandalöse Enthüllung kommt gerade rechtzeitig, da bekannt wird, dass eine staatliche deutsche Institution ein paar Milliönchen hat springen lassen für die Stiftung der Eheleute Clinton (siehe S. 8).

In den USA können sich die einzig wahren Bestimmer der Wahrheit noch immer nicht damit abfinden, dass das Volk den Falschen gewählt hat. „Widerstand“ formiert sich. Wogegen eigentlich? Gegen Trump, klar. Allerdings ist der gerade demokratisch gewählt worden.

Wie das passieren konnte, ist nach wie vor ein großes Rätsel. Auch, warum man es nicht hat kommen sehen. Dabei standen doch alle gemeinsam gegen den blonden Teufel! Das scheint auch weiterhin so zu sein, wie der „Welt/N24“-Korrespondent erfreut berichtet: „Wer sich in diesen Tagen mit New Yorker Aktivisten, Sozialarbeitern, Künstlern, Journalisten und Pädagogen unterhält, spürt eine gewaltige Mobilisierung und Bereitschaft, sich Trump und dessen Ideologie entgegenzustellen.“ Mit welchem Ziel? Die demokratische Entscheidung zu „korrigieren“? Interessant, was „engagierte Demokraten“ heute für Blüten treiben.

Indes, die Frage, warum „wir“ den Trump-Sieg nicht haben kommen sehen, könnte mit der Auslassung des Korrespondenten durch die Blume beantwortet worden sein: Wer sich sein Bild von der öffentlichen Stimmung in den USA im Gespräch mit „New Yorker Aktivisten, Sozialarbeitern, Künstlern, Journalisten und Pädagogen“ zusammenpinselt, dürfte das Gemüt des Durchschnitts-Amerikaners um etliche Meilen verfehlen. Bei uns wäre das kaum anders: Wer in Deutschland nach diesem Schema vorginge, könnte heute noch nicht begreifen, warum die DDR der Bundesrepublik beigetreten ist und nicht umgekehrt.

Wahrheit hin, Wahrheit her: Der hasserfüllte Kampf gegen Donald Trump liefert uns zumindest ein paar aufschlussreiche Erkenntnisse darüber, wofür die politische Linke heute steht und wofür nicht (mehr). Was hat der Mann versprochen? Er will nicht mehr überall auf der Welt militärisch eingreifen, was Clinton ganz gewiss getan hätte. Seit den 60er Jahren prangerten besonders die Linken diese Eingriffe als „US-Imperialismus“ an. Heute attackieren sie denjenigen, der diesen „Imperialismus“ abstellen will. Trump will zudem den Ausgleich mit Russland, keinen neuen Kalten Krieg. Die angeblichen Erben der „Entspannungspolitik“ gehen durch die Decke. Dann verspricht er, die einfachen Arbeiter vor Billigkonkurrenz zu schützen − sozialdemokratisch durch und durch. Die etablierte Linke? Sie findet das ekelerregend.

Friedenspolitik und den Schutz des „kleinen Malochers“ erklären die Linken also für Teufelszeug. Man reibt sich die Augen. Auf wessen Seite stehen die eigentlich? Das kann erahnen, wer einen kurzen Rückblick wagt. Damals, in den schlimmen Zeiten der „abgeriegelten Nationalstaaten“ mit ihren abgeschotteten Arbeitsmärkten lief das so: Wenn die Wirtschaft brummte, wurden bald die Arbeitskräfte knapp. Das nutzten die Arbeitnehmer frech aus und forderten höhere Löhne. Da sie keinen Ersatz hatten, muss­ten die Arbeitgeber oft nachgeben. Das war ärgerlich für sie.

Nun ist es aber so, dass die Wirtschaft so gut wie niemals in allen Staaten zugleich boomt. Es gibt immer welche, wo es nicht so gut läuft und Arbeitskräfte über sind. Daher haben wir heute die „Arbeitnehmerfreizügigkeit“, durch die man schnell Ersatzarbeiter aus lahmenden Ländern holen und die Lohnforderer zu Hause so in die Schranken weisen kann. Als Steigerung dieser „Freizügigkeit“ haben Merkel und ihre linken Jünger noch die „Politik der offenen Grenzen in einer globalisierten Welt“ draufgesattelt. Haben Sie mal einen Konzernchef, einen Grünen-Politiker oder einen Sozi über Zuwanderung reden hören? Die sagen alle genau das Gleiche. Zufall? Wohl kaum.

Neben dem Fetisch Zuwanderung und offene Grenzen blieb der Linken noch die „Klimapolitik“ (mit der die Konzerne Milliarden verdienen) und die Pflege einiger sorgsam ausgesuchter „Randgruppen“, wo Trump im Wege stehen könnte. Und der Frauen. Na ja, nicht aller Frauen. Das reaktionäre Weibsstück, das ausschließlich Hausfrau und Mutter werden will statt sich der Erweiterung des Arbeitskräfte-Angebots zu verschreiben, das hat von links ebenso wenig Anerkennung zu erwarten wie aus den Vorstandsetagen von Daimler oder der Deutschen Bank.

Es ist sicher kein Zufall, dass Trumps mächtigster Widersacher in den USA George Soros heißt, der skrupelloseste Milliarden-Spekulant unserer Epoche. Dass der „Humanist“ Soros allerhand linke Initiativen und ihre „Aktivisten“ vor seinem Wagen massiv unterstützt, wundert nicht.

Die zeitgenössische, globale Linke erscheint einem wie die abgefeimteste List, die sich die Geschichte je hat einfallen lassen. Alles ist anders, als wir glaubten. Wer diese Erkenntnis teilt, darf stolz einen neuen Titel tragen: Er lautet „Populist“.


MELDUNGEN / ZUR PERSON

Abrechnung mit Merkel

Kopenhagen – Gerhard Richter, der als der bedeutendste deutsche Maler unserer Zeit gilt, hat das Verhalten von Kanzlerin Merkel in der Asylfrage scharf kritisiert. Im Video-Interview mit einem Kurator des dänischen Louisiana-Museums nahe Kopenhagen sagte er, er habe noch nie was gegen Ausländer gehabt, „egal ob Neger oder Däne“. Aber wenn gesagt würde: „Du musst jetzt alle willkommen heißen“, sei das gelogen. Er könne nur willkommen heißen, wen er kenne.            H.H.

 

Kiew verbietet Kino-»Tatort«

Kiew – Der erste „Tatort“ für die Kino-Leinwand seit mehr als 30 Jahren ist in der Ukraine verboten worden. In dem Streifen „Tschiller: Off Duty“ mit Till Schweiger in der Hauptrolle werde der russische Staat positiv dargestellt, was nach einem neuen ukrainischen Gesetz verboten ist. Daher verbannten ihn die Kiewer Zensoren in den Giftschrank. In Deutschland lief der Film eher mäßig. H.H.

 

Zäher Angriff auf Platz 1

Donald Trump auf seriös – auf diese Formel könnte man François Fillon bringen. Ähnlich wie Trump vertritt Fillon, der am Sonntag zum Präsidentschaftskandidaten der konservativen französischen Partei UMP gewählt werden könnte, stramm konservative Werte. Doch anders als Trump tritt er nicht großmäulig auf. Daher gilt der 62-jährige Jurist zwar als verbaler Langweiler, doch dank seiner aristokratisch-vornehmen Art ist er von gemäßigten Linken bis Rechten wählbar. Auf Marine Le Pen, die sich als Chefin des Front National Hoffnungen auf das Präsidentenamt macht, könnte im Falle einer Kandidatur Fillons ein Problem zukommen.

Der Hobbyrennfahrer, der in Le Mans unweit der legendären Au­torennstrecke geboren wurde, ist es gewohnt, das Feld von hinten aufzurollen. Nach seiner Heirat ging er 1991 als damals jüngster Abgeordneter der Nationalversammlung ins politische Rennen. Von 1993 fuhr er sich auf verschiedene Ministerposten vor, ehe er von 2007 bis 2012 hinter Präsident Nicolas Sarkozy auf Platz 2 in der Staatsführung als Premierminister landete.

Jetzt, 35 Jahre nach seinem Politstart, greift er Platz 1 als Staatspräsident an. Und die Chancen stehen gut. Da wohl die Abwahl des ungeliebten François Hollande als sicher gilt, muss sich Fillon  mit Marine Le Pen einer weiblichen Kontrahentin erwehren. Aber sein Programm ist ähnlich konservativ: Putin-freundlich, EU-kritisch – 1992 stimmte er gegen den Maastricht-Vertrag –, Schaffung einer Obergrenze für Zuwanderer, Begrenzung der Sozialleistungen für Ausländer, Abschaffung der 35-Stunden-Woche sowie der Vermögenssteuer und Änderung des Gesetzes zur Homo-Ehe, das eine Adoption in gleichgeschlechtlichen Ehen erlaubt. Den Franzosen könnte diese Trump-Version „light“ gefallen.              H. Tews


MEINUNGEN

Geschickt habe sich Angela Merkel als Anker der Ordnung in einer unruhigen Welt in Szene gesetzt, anerkennt „Cicero“-Chef Christoph Schwennicke (20. November). Er fragt sich jedoch:

„Glauben genügend Wählerinnen und Wähler die Geschichte und wählen die angeblich einzige Person, der man in diesen krisenhaften Zeiten die Geschicke des Landes und der Welt anvertrauen kann? Oder lösen sie sich von der Mattscheibe und dem rührenden Plot und fragen sich für einen Moment, ob nicht Merkel selbst einigen Anteil hat an der Unsicherheit in Deutschland und der Zerrissenheit Europas, gegen die sie sich jetzt als Retterin empfiehlt.“

 

 

Martina Fietz sieht im „Focus“ (21. November) Merkel in einer Zwickmühle, in der ihr nichts anderes geblieben sei, als erneut zu kandidieren:

„Ein Nein zu einer erneuten Kandidatur wäre so ausgelegt worden, dass sie sich eine Bewältigung der Schwierigkeiten nicht zugetraut hätte, oder vielleicht sogar, dass sie sie nicht für beherrschbar hält. Mit einer solchen Botschaft wollte sie sich ungern aus dem Amt verabschieden.“

 

 

Michael Klonovsky reagiert auf seinem Blog (20. November) dagegen mit bitterem Sarkasmus, indem er der CDU-Chefin ein finsteres Bekenntnis in den Mund legt:

„Ich habe die Energiewende an die Wand gefahren, ich habe die Sparguthaben der Deutschen zugunsten derjenigen geschrumpft, die in meiner Schulzeit noch ,das Finanzkapital‘ genannt wurden, ich habe Deutschland ins Einwanderungschaos gestürzt, ich demoliere im Namen der Menschlichkeit, der Menschenrechte und also quasi der Menschheit das deutsche Sozialsystem, das deutsche Rentensystem, die deutsche innere Sicherheit, und ich habe noch lange nicht fertig.“

 

 

Für „FAZ“-Herausgeber Holger Steltzner ist Merkel längst eine Grüne. Auf diesem Kurs werde sie weiter vorangehen, worin Steltzner jedoch eine Gefahr für die CDU wittert (21. November):

„Bis dahin (zur Wahl 2017) dürfte Merkel die CDU noch grüner machen. In der Flüchtlings- und in der Energiepolitik ist man sich schon ganz nah. Manche in der SPD sehen in der eigenen Vergrünung den Grund für die Schrumpfung der ehemals großen Arbeiterpartei. Eine Kopie dieser Strategie könnte Merkel zwar den Machterhalt sichern, aber was folgt auf eine Vergrünung der CDU? Droht dann ebenfalls die Verzwergung, weil sich dort dann immer mehr Bürgerliche immer weniger zu Hause fühlen?“

 

 

Jan Fleischhauer hat auf „Spiegel online (21. November) einen Tipp, wie die SPD bei Arbeitern und anderen Normalbürgern wieder an Zustimmung gewinnen könnte:

„Ich würde Manuela Schwesig für ein halbes Jahr Redeverbot erteilen. Demokratie ist kein Internat. Wer in der ersten Reihe zu viele Funktionäre hat, deren Lebensziel es zu sein scheint, Abweichungen zu ahnden, muss sich nicht wundern, wenn die Wähler nach Alternativen suchen.“