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28.07.17 / Chinas »offene Globalisierung« / Vom wirtschaftlichen Aufstieg der VRC sollen angeblich alle profitieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-17 vom 28. Juli 2017

Chinas »offene Globalisierung«
Vom wirtschaftlichen Aufstieg der VRC sollen angeblich alle profitieren
Dagmar Jestrzemski

Chinas Seidenstraßen-Initiative One Belt, One Road (OBOR) umfasst Handels- und Verkehrsinfrastrukturprojekte in Europa, Asien und Afrika. Darüber hinaus sind Investitions- und Entwicklungsprogramme für Lateinamerika vorgesehen. Über die maritime Seidenstraße sollen Schiffe vom Südchinesischen Meer bis in den Hafen von Piräus fahren, der seit April mehrheitlich einer chinesischen Reederei gehört. 


Nur in bilateraler und multila­teraler Kooperation kann die Volksrepublik China (VRC) ihr weltumspannendes Konzept umsetzen, das die Interessen zahlreicher Länder berührt. Mindestens 65 Länder sind bereits in das OBOR-Programm eingebunden. Teilweise knüpfen die geplanten Vorhaben an bestehende Handelskontakte und im Bau befindliche Infrastrukturprojekte an. 

Mit der Bezeichnung „Neue Seidenstraße“ nutzt das Reich der Mitte einen bekannten Mythos als Türöffner für seinen Vorstoß. China will globale Gestaltungsmacht werden und propagiert nun eine „offene Globalisierung“. Ein neues Paradigma der Zusammenarbeit soll eingeführt werden, von einer Interessen- und Verantwortungsgemeinschaft ist die Rede, von kultureller Toleranz und wirtschaftlicher Integration. Alle Länder entlang der Seidenstraßen würden von den geplanten und teilweise schon fertiggestellten Handels- und Transportwegen profitieren, verspricht die Regierung der zweitgrößten Wirtschaftsmacht. 

Nach offiziellen Angaben haben die staatlichen chinesischen Großkonzerne bisher schon in 1700 Projekte entlang der eurasischen und afrikanischen „Seidenstraßen“ investiert. Der wichtigste Wirtschaftskorridor ist die Eisenbahnverbindung von Ostasien über Istanbul nach Europa. Lokal begrenzt sind Freihandelszonen entstanden. In Afrika wurde im Juli eine 750 Kilometer lange Strecke von Äthiopien nach Dschibuti in Betrieb genommen, wo Peking zeitgleich seinen ersten militärischen Stützpunkt im Ausland errichtet hat (siehe Seite 6). 

Als Schmiermittel enthält OBOR umfangreiche Hilfs- und Entwick­lungsprogramme für die ärmeren Länder. Ihnen wird verheißen, dass sich für sie mit der Teilnahme an den Projekten die Tür zum globalen Wirtschaftswachstum öffnen werde. Nicht gerade förderlich wirkt sich jetzt Chinas Ruf als rücksichtsloser Globalisierungsprofiteur aus. In den muslimisch geprägten Regionen in Zentralasien stieg zuletzt die Gefahr durch Anschläge von Terroristen auf die Bauwerke mit chinesischer Beteiligung.

Mit den geplanten Investitionen geht China ein hohes Risiko ein. Dabei ist das Riesenreich mit seiner 1,3-Milliarden-Bevölkerung inzwischen von massiven Problemen geplagt. Die gesellschaftliche Ungleichheit ist gestiegen, während die Binnenkonjunktur stagniert. Seit Jahren steht die Wirtschaft unter Abwärtsdruck, das Finanzsystem und ein überhitzter Immobilienmarkt sind äußerst labil. Hinzu kommt der Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten. Trotz dieser prekären Lage hat die Staatsführung in ihrem derzeitigen Fünf-Jahres-Plan das Ziel vorgegeben, das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung bis 2020 zu verdoppeln. 

Mit dem Angebot einer „gerechten Aufteilung von Ressourcen unter allen Beteiligten“ unterstreichen die Chinesen die Tatsache, dass sie bereits in eine neue Phase der Globalisierung vorgeprescht sind. Damit verbunden ist eine Ausbeutung von Bodenschätzen auf dem Land und im Meer in bisher ungekanntem Ausmaß und mit ungewissen Folgen. Das ist kaum vereinbar mit den neuerlich auf dem G20-Gipfel bekräftigten Zielen zur Reduzierung des Kohlendioxids. Davon sprechen bisher aber nur wenige Politiker und Journalisten.