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28.07.17 / Trump verunsichert auch den Kreml / Das russisch-US-amerikanische Verhältnis ist höchst labil, und das liegt ausschließlich an Washington

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-17 vom 28. Juli 2017

Trump verunsichert auch den Kreml
Das russisch-US-amerikanische Verhältnis ist höchst labil, und das liegt ausschließlich an Washington
Florian Stumfall

Das Verhältnis zwischen Russland und den USA befindet sich seit dem G 20-Gipfel in Hamburg in einem Zustand höchster Labilität, die ausschließlich von Washington verursacht wird. Binnen weniger Tage können Anzeichen von Wirklichkeitsnähe und Entspannung abgelöst werden von aggressiver Propaganda und Drohungen. Die Gespräche zwischen Russlands Präsidenten Wladimir Putin mit seinem Amtskollegen aus den USA, Donald Trump, so vielversprechend sie auch verlaufen sein mögen, haben daran nichts ändern können.


Die Ursachen hierfür liegen sowohl in der sprunghaften Art Trumps, die es schwer, wenn nicht unmöglich erscheinen lässt, mit ihm eine langfristig angelegte Politik zu treiben, als auch in der Tatsache, dass nicht allein er es ist, der in den Staaten zu bestimmen hat, wie diese aussehen soll – die beiden Kammern des Kongresses sind täglich dafür gut, dem Präsidenten Schwierigkeiten zu bereiten, und das gilt auch für Vertreter seiner eigenen Partei.

In zwei Dingen zumindest sind sich der Präsident sowie die herrschenden Eliten des Landes und somit auch die Parlamentsmehrheit einig: Da ist zunächst die Frage nach der militärischen Stärke des Landes. Soeben hat Trump einen neuen Flugzeugträger in Dienst gestellt, die „USS Gerald R. Ford“, die zwar technisch anfällig, aber wenigstens das teuerste Kriegsschiff der Welt ist. Flugzeugträger sind Waffen, die ausschließlich für Operationen weit entfernt von der Heimatregion gebraucht werden, sozusagen jede Bruttoregistertonne ein Stück Imperialismus. Genau so war es auch zu verstehen, als Präsident Trump erklärte: „Wir werden jeden Tag besser und stärker.“

In Russland sieht man das ganz ähnlich, wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen. Moskau empfindet diese Politik als eine unmittelbare militärische Bedrohung. „Das Streben einiger Staaten, insbesondere der USA, nach Herrschaft in den Weltmeeren einschließlich der Arktis-Region“ empfinden die russischen Militärs als eine der größten Herausforderungen. In einem offiziellen Strategiepapier, das Präsident Putin dieser Tage ratifiziert hat, heißt es, die Russische Föderation werde es nicht erlauben, dass eine „überwältigende Überlegenheit“ fremder Länder über die eigene Marine aufgebaut wird. Sie werde danach streben, sich den weltweit zweiten Platz bei der militärischen Stärke zu bewahren. Wer allerdings die starke Neigung der Russen zur Untertreibung kennt, wird diese Formulierung als eine Warnung begreifen, Russland nicht zu unterschätzen.

Der zweite Bereich allgemeiner, unbestrittener politischer Übereinstimmung unter den politischen und wirtschaftlichen Eliten der Vereinigten Staaten ist derjenige der Energiepolitik. Seit Jahren setzen sie alles daran, Erdgas in Europa zu verkaufen, wobei sie keineswegs die klassischen Mittel einer Marktwirtschaft nutzen wie Qualität oder Preisvorteil, sondern diejenigen des Kapitalismus, bei dem die Politik in den Dienst der Wirtschaft gestellt, konkret, politischer Druck auf die Europäer ausgeübt wird, das US-Gas zu kaufen, unter welchen Bedingungen auch immer.

Doch dann und wann wird diese Strategie auch von einer Beschönigung geziert. Um die „Energiesicherheit der Verbündeten“ zu schützen, heißt es fürsorglich in einem Beschluss des US-Kongresses, sollen diese Gas aus den Vereinigten Staaten kaufen. Und dann kommt eine wahrhaft Orwell’sche Verdrehung der Tatsachen: „Die Regierung der USA muss den Export von Energieressourcen der USA zu einer Priorität machen ..., um den US-Verbündeten und Partnern bei der Stärkung ihrer Außenpolitik zu helfen.“ Das heißt auf Deutsch: Tut, was wir wollen, dann seid ihr selbstständig.

Beim Gasverkauf stoßen die USA allerdings auf die befremdliche Tatsache, dass Europa seit den Tagen der Sowjetunion und jetzt von Russland stetig, zuverlässig und preiswert mit Gas versorgt wird. Hier freilich setzt jene diplomatische Virtuosität ein, die man aus Washington kennt, nämlich die Verhängung von Sanktionen. Die neuesten richten sich gegen den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2, den die USA ebenso verhindern wollen, wie sie die Pipeline South Stream durch das Schwarze Meer und den Balkan sabotiert haben. 

Nord Stream 2 soll direkt von Russland durch die Ostsee nach Deutschland führen und eine Kapazität von 55 Milliarden Tonnen jährlich aufweisen. In der Begründung dieser Sanktionen ist nachzulesen, dass sich die USA Sorgen machen wegen des „negativen Einflusses“, den das Projekt auf die Energiesicherheit der EU habe. Wer eine solch windige Erklärung vorbringt, hat ganz offenbar gar kein brauchbares Argument, abgesehen davon, dass niemand weiß, mit welchem Recht sich die USA in die Handelsbeziehungen zweier souveräner Länder einmischen.

Freilich bringt schlechte Politik schlechte Folgen mit sich. Dass Sanktionen immer ein zweischneidiges Schwert sind, sollte man sogar in den USA erkannt haben. So kommt es, dass mehrere US-Großkonzerne wie Boeing, BP, Exxon oder auch General Electric zumindest eine Änderung der jüngsten Russlandsanktionen fordern, weil sie Einbußen bei ihren Geschäften befürchten.

Manchmal machen auch Personalentscheidungen Politik. Daher verdient der neue US-Botschafter in Russland, Jon Huntsman, erhöhte Aufmerksamkeit. Er ist nämlich kein Versorgungsfall aus einem Spezigeschäft, sondern ein erfahrener Diplomat, der früher unter anderem Botschafter in Peking war. Der Wunschkandidat Moskaus ist Huntsman keineswegs. Er ist seit Langem ein Unterstützer des extrem aggressiven Senators John McCain und außerdem Chef des Atlantic-Council, einer der einflussreichsten Gruppierungen, in denen Politik, Militär und Hochfinanz einander begegnen.