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28.07.17 / Glanz und Elend in der Villa Hügel / Vor 50 Jahren endete mit dem Tod von Alfried Felix Alwyn Krupp von Bohlen und Halbach eine Dynastie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-17 vom 28. Juli 2017

Glanz und Elend in der Villa Hügel
Vor 50 Jahren endete mit dem Tod von Alfried Felix Alwyn Krupp von Bohlen und Halbach eine Dynastie
Klaus J. Groth

Kaiser Wilhelm II. war sein Taufpate, Adolf Hitler verhalf ihm zu seinem vollständigen Namen. Als Alfried Krupp von Bohlen und Halbach vor 50 Jahren, am 30. Juli 1967, starb, erlosch eine Dynastie. Er war der letzte Alleininhaber der Friedrich Krupp AG und der letzte Träger dieses Namens.

Die Geschichte des Unternehmens Krupp begann 1811, als Friedrich Krupp in Essen eine Fabrik zur Herstellung von englischem Gussstahl gründete. In der vierten Generation erbte Bertha Krupp im Alter von 16 Jahren das zwischenzeitlich zur Aktiengesellschaft umgewandelte Unternehmen. Sie heiratete 1906 auf Vermittlung des Kaisers den preußischen Legationsrat beim Heiligen Stuhl, Gustav von Bohlen und Halbach. Ausdrücklich erlaubte ihm ein königlich-preußischer Erlass den Namen der Ehefrau seinem Namen voranzustellen und damit den Namen „Krupp von Bohlen und Halbach“ zu führen. Voraussetzung war die persönliche Inhaberschaft des Unternehmens. Nach der Hochzeit übernahm Gustav Krupp von Bohlen und Halbach den Vorsitz im Aufsichtsrat. 

Bertha und Gustav Krupp von Bohlen und Halbach hatten acht Kinder. Das älteste war Sohn Afried Felix Alwyn, geboren am 13. August 1907 in Essen. Da nach dem königlichen Erlass der Name „Krupp“ an die persönliche Inhaberschaft gebunden war, wurde er als „von Bohlen und Halbach“ im standesamtlichen Register eingetragen. Das änderte sich erst 1943, als durch die „Lex Krupp“ die Friedrich Krupp AG von einer Kapitalgesellschaft wieder in eine Personengesellschaft umgewandelt und in Nachfolge des Vaters auf Sohn Alfried übertragen wurde. Die Eltern hatten Adolf Hitler gebeten, die „Lex Krupp“ zu ermöglichen. Dadurch wurde Sohn Alfried zum Alleininhaber. Das hatte zur Folge, dass er nun auch den Namen „Krupp“ seinem Familiennamen voranstellen durfte. Ne­ben­bei hatte die „Lex Krupp“ noch den angenehmen Effekt, dass die Familie 400 Millionen Reichsmark Erbschaftssteuer sparte.

Das Verhältnis der Eltern zu Adolf Hitler und den Nationalsozialisten war anfangs zumindest zwiespältig. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach war dabei, als 1933 bei einem geheimen Treffen Vertreter der Industrie der NSDAP drei Millionen Reichsmark als Wahlkampfspende zusagten. Im selben Jahr übernahm er den Vorsitz des Kuratoriums der „Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft“. 1940 verlieh Adolf Hitler ihm das Goldene Parteiabzeichen. 

Bertha Krupp von Bohlen und Halbach tat sich weniger leicht mit der Annäherung. Für sie war Hitler ein rüpelhafter Emporkömmling. Noch 1934 lehnte sie seinen Besuch in der Villa Hügel in Essen ab. Als das 1935 nicht möglich und als Willkommengruß die Hakenkreuzfahne gehisst war, soll sie zu einer Angestellten gesagt haben: „Gehen Sie hinunter und sehen Sie, wie tief wir gesunken sind.“ 

Bei Alfried Krupp von Bohlen und Halbach lagen die Dinge anders. Er war bereits 1931 förderndes Mitglied der SS. 1937 wurde er wie sein Vater Wehrwirtschaftsführer. Er vertrat den Vater im Vorsitz der „Adolf-Hitler-Spende“. Der NSDAP trat er allerdings erst 1938 bei. Nach Beginn des Krieges zeichnete er verantwortlich für die Demontage von Unternehmen in besetzten Gebieten und deren Wiederaufbau im Deutschen Reich. Als Anerkennung wurden ihm die Kriegsverdienstkreuze II. und I. Klasse verliehen.

Als führendes Unternehmen der Rüstungsindustrie setzte Krupp in großem Umfang Zwangsarbeiter ein, Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge. Im späteren Prozess gegen Krupps Führungsriege dokumentierte das Gericht für den gesamten Konzern den Einsatz von 69989 ausländischen Zivilarbeitern, 4978 KZ-Häftlingen und 23076 Kriegsgefangenen.

Wegen „Sklavenarbeit“ und Plünderung von Wirtschaftsgütern im besetzten Ausland wurde Alfried Krupp von Bohlen und Hal­bach 1948 in einem der zwölf Nachfolgeprozesse des Nürnberger Prozesses zu zwölf Jahren Haft und Einziehung seines gesamten Vermögens verurteilt. Mit ihm angeklagt waren alle noch lebenden Mitglieder des Direktoriums. 

1951 wurde Alfried Krupp von Bohlen und Halbach nach sechs Jahren vorzeitig aus dem Militärgefängnis in Landsberg am Lech entlassen. Sein Vermögen blieb unangetastet, die USA waren auf strammem Kurs gegen den kommunistischen Einfluss in Deutschland. Als die Londoner „Daily Mail“ ihn Jahre später fragte, ob Krupp „irgendein Gefühl der Schuld“ habe, antwortete er: „Was für eine Schuld? Für das, was sich unter Hitler ereignet hat? Nein. Es ist jedoch bedauerlich, dass das deutsche Volk selbst zuließ, von Hitler so betrogen zu werden.“

Ab 1953 stand Alfried Krupp von Bohlen und Halbach wieder an der Spitze des Unternehmens. Zugleich holte er Berthold Beitz als Generalbevollmächtigten an Bord des vollständig auf zivile Produktion umgestellten Unternehmens. Beitz kam als Außenseiter aus der Vorstandsetage eines Versicherers und hatte von Stahl keine Ahnung. Dennoch wurde er zum engsten Vertrauten des Firmenchefs, blieb bis 1967 Generalbevollmächtigter, ab 1970 war er Vorsitzender des Aufsichtsrats, ab 1989 Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats. Diese erstaunliche Karriere ist vielleicht damit zu erklären, dass Alfried Krupp von Bohlen und Halbach niemals den Sohn hatte, den er sich wünschte. Aus erster Ehe stammte Sohn Arndt. Die Ehe war 1941 geschieden worden. Der Junge wuchs bei der aus der Villa vertriebenen, verbitterten Mutter auf. Das dürfte auf dessen spätere Entwicklung nicht ohne Einfluss geblieben sein. Arndt von Bohlen und Halbach sorgte durch seine Eskapaden regelmäßig für Schlagzeilen in der Regenbogenpresse. Für die Leitung der Firma Krupp machte ihn das nicht geeignet. Im Alter von 29 Jahren schickte Krupp den Sprössling in Rente unter Zusicherung einer jährlichen Apanage von zwei Millionen Mark. Dafür verzichtete er auf sein Erbe. 

Alfried Krupp von Bohlen und Halbach starb an Lungenkrebs. Sein gesamtes Vermögen ging auf die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung über. Den Vorsitz des Kuratoriums übernahm Berthold Beitz. Mitglieder der Krupp-Familie sind ausdrücklich ausgeschlossen.