25.04.2024

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28.07.17 / Lewe Landslied, liebe Familienfreunde,

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-17 vom 28. Juli 2017

Lewe Landslied, liebe Familienfreunde,

und wieder kann ich von einem alten Gesangbuch berichten, das seinen richtigen Platz über unsere Ostpreußische Familie gefunden hat. Nein, es sind sogar zwei, eines in deutscher, das andere in litauischer Sprache gehalten. Wir bekamen sie im April 2016 von unserem Leser Manfred Hofer aus Leichlingen zugesandt, sie stammten aus dem Nachlass seiner Großmutter Auguste Ussat, die diese schweren Bücher mit auf die Flucht mitgenommen hatte wie so viele Vertriebene, denn Gesangbücher und Familienbibeln gehörten einfach zu dem letzten Hab und Gut, das man unbedingt retten wollte. So blieben auch diese beiden Gesangbücher bis zum Tod von Auguste Ussat, die diese mit vielen persönlichen Eintragungen versehenen „Gebetbücher“ selbst bei der Flucht über See und in dänischen Internierungslagern immer im Rucksack bei sich getragen hatte, im Familienbesitz und wurden uns nun von dem Enkel anvertraut, weil er meinte, bei uns an der richtigen Stelle zu sein. Da die eingetragenen Namen bewiesen, dass die Familie im nördlichen Ostpreußen beheimatet war, fand sich auch bald ein Weg, der uns als der richtige erschien, die Bücher wieder dorthin zu geben, wo sie hingehörten: Sie sollten einen endgültigen Platz in einer memelländischen Kirche finden, nämlich in der restaurierten Pfarrkirche von Coadjuthen im Memelland. Der Nachfahre einer alten Familie aus diesem Kirchspiel, Günter Uschtrin, hatte eine fundierte Chronik über dieses, in seinen Ursprüngen bis auf die Ordenszeit zurückgehende Gotteshaus geschrieben. Mit anderen ehemaligen Coadjuter Bürgern hat er viel für diese ehrwürdige Patronatskirche getan, um ihre Geschichte lebendig zu halten, und so dachte ich, dass dort die Gesangbücher einen passenden Platz finden würden. Günter Uschtrin nahm diesen Vorschlag begeistert auf und begann mit den Vorbereitungen für seine Umsetzung, die er leider nicht mehr erlebte. Ich hatte ihm bereits die Gesangbücher überlassen, weil er sie selber an ihren zukünftigen Bestimmungsort bringen wollte. Was würde nun nach dem frühen Tod von Günter Uschtrin mit den beiden Büchern geschehen? Manfred Hofer fragte mit Recht nach ihrem Verbleib, aber ich konnte ihm nur sagen, dass ich sie Günter Uschtrin im April 2016 in Hamburg persönlich übergeben hatte.

Und nun kam gänzlich unerwartet der Anruf von dessen Tochter Sabine Hummerich, dass sie und die rege Coadjuther Gruppe inzwischen der Aktion zu einem vollen Erfolg verholfen hätten: Am 1. Juni waren die Bücher dem Pfarrer der litauischen evangelischen Kirche übergeben worden. Das Ehepaar Helga und Friedhelm Karpowitz aus Isernhagen hatte die wertvollen Exponate auf ihre Ostpreußenreise mitgenommen, sie auch sicher über alle Grenzen bis zu ihrem Bestimmungsort gebracht. Zusammen mit einer Glasvitrine, die Sabine Hummerich erstanden hatte, damit die alten Gesangbücher dort sichtbar für die Kirchenbesucher ausgestellt werden können, wie ihr Vater es gewollt hatte. So werden in der ba­rocken Pfarrkirche neben der von Spendern aus der Bundesrepublik gestifteten Orgel und den Gedenktafeln an die deutschen Gefallenen nun auch diese Exponate von der deutschen Vergangenheit berichten. Auf einem Treffen der Coadjuther im September wird man mehr von dieser Aktion hören. Aber für uns ist es zuerst einmal wichtig, zu wissen, dass die Gesangbücher nun endgültig ihren adäquaten Platz gefunden haben. Ich danke Frau Hummerich, dass sie das Werk ihres Vaters in seinem Sinne weiterführt, und auch für die ausführliche Information, die wir nun an unsere Leserschaft weitergeben können.

Ja, unsere Ostpreußische Familie ist schon ein Netzwerk, das immer engmaschiger wird. Das beweist auch der Erfolg der nächsten Frage, die Antworten bekam, wie sie präziser nicht sein können. Eigentlich war es nur eine kleine Frage – für den Antragsteller Volker Kadow aus Erfurt aber von großer Wichtigkeit, und deshalb räumten wir ihr genügend Platz in Folge 28 ein. Und das lohnte sich, wie uns Herr Professor Dr. Günter Hertel bestätigte, denn in einer Mail teilte er uns von einem Gespräch mit Herrn Volker Kadow mit, das für den Angerufenen eine große Überraschung brachte. Kurze Rückblende: Herr Kadow suchte das Haus Webernstraße 13 in der Königsberger Gartenstadt Westend, in dem seine Mutter gewohnt hatte. Er wollte ein Buch über ihr Leben schreiben, benötigte dafür aber genaue Angaben, doch die hatte ihm niemand geben können, und seine alten Stadtpläne versagten ebenfalls. Aber wir fanden einen, in dem diese Siedlung verzeichnet war, und so konnten wir schon eine gute Vorgabe für die Sucharbeit leisten, mit der Herr Prof. Dr. Hertel sofort begann, als er „die Ostpreußische Familie wieder mit viel Freude und Gewinn studiert hatte“. Denn er erinnerte sich sofort an seinen Königsbergbesuch im Jahre 2013, als er diese Gartenstadt durchwandert und mehrere Fotos gemacht hatte. So konnte er jetzt Herrn Kadow genaue Angaben in Wort und Bild übermitteln, die auf eigenen Eindrücken beruhen. Zu diesem „Infopaket“ gehören eine Straßenskizze von der Siedlung Westend mit alten deutschen und neuen russischen Namen sowie einige von ihm gemachte Fotos von der heutigen Siedlung, die renovierte Häuser, aber leider auch hässliche Umbauten und kaum veränderte Gebäude zeigen. Darunter ist auch eine Aufnahme von Webernstraße 13 – welch ein Zufall, der für Volker Kadow zum Glücksfall wurde. Und auch für uns, die wir uns ja mit jedem Erfolg mitfreuen. Außerdem übermittelte ihm Herr Professor Hertel einige praktische Hinweise für dessen geplanten Königsbergbesuch: 

„Die Straßen sind durchweg schlecht, Wasser im Sommer und Eis im Winter tun ihr Zerstörungswerk. Die Gartenstadt ist mit 0-Bus-Linie gut zu erreichen. Der Bus ist mit kostenlosem WLAN ausgestattet und auch sonst recht komfortabel. Besser man läuft eine Tour, damit man das alte Wasserwerk und den alten Funkturm nicht verpasst.“

Der Bonbon kommt aber noch zum Schluss: Professor Hertel konnte Herrn Kadow den Hinweis auf eine ehemalige Bewohnerin der Gartenstadt West­end geben, die ihm weitere Informationen liefern könnte. Also da tut sich noch Einiges dank der Hilfe von Herrn Professor Hertel, die wir in dieser Intensität nicht erwartet hätten. Obgleich ich mir bei der Veröffentlichung sicher gewesen war: Da kommt was! 

Und es kam noch mehr als diese umfassende Information, denn einer unser eifrigsten Mitdenker wurde ebenfalls fündig. Zwar konnte Herr Peter Perrey nicht mit Originalaufnahmen von der Siedlung Westend aufwarten, aber es war ihm möglich, aufgrund seiner Nachforschungen Herrn Kadow eine detaillierte Beschreibung der jetzigen Lage zu geben, aus der sich eine Bestätigung der aus eigener Erfahrung gemachten Angaben von Professor Hertel ergibt: 

„Schaut man auf den Stadtplan von Kaliningrad und sucht die entsprechende Stelle, so dürfte es sich bei der Webernstraße um die heutige ulitsa Bjerdjanskajea handeln. Es ist zwar ersichtlich, wo das Haus Nr. 13 stand oder noch steht, doch ist die Zuordnung nicht so einfach. Die Häuser Nr. 12 und 14 – die Russen haben die alten Königsberger Hausnummern in aller Regel belassen – sind im Plan eingezeichnet. Bei Nr. 13 ist außerdem nicht feststellbar, ob es sich um einen Altbau, der renoviert und damit verändert wurde, oder um einen Neubau handelt. Herr Kadow besitzt vielleicht noch eine Aufnahme aus der Vorkriegszeit, sodass ein Vergleich möglich ist.“ 

Ganz großer Dank an die Genannten, deren Angaben weit über die von uns erhofften Informationen hinausgehen. Sie beweisen wieder einmal, wie wichtig unsere Familienarbeit ist, wenn es gilt, die Vergangenheit mit der Gegenwart zu verbinden.

Denn dass immer noch Suchfragen nach Menschen aus unserer verlassenen Heimat gestellt werden, ist für manchen Außenstehenden nicht nachvollziehbar – für uns schon, denn unsere Leserinnen und Leser bemühen sich, mögliche Informanten aus dem ehemaligen Kreis der Gesuchten zu finden. So vermittelt uns auch Herr Rainer Claaßen aus Wülfershausen einen Suchwunsch, der nicht aus seiner LO-Landesgruppe Bayern kommt, sondern von einem Eisenbahnkollegen aus Frankfurt. Udo Hildebrandt sucht seine ostpreußischen Wurzeln, die wahrscheinlich im Kreis Gerdauen liegen. Sie gehen zurück auf den 1891 in Ellernbruch geborenen August Hildebrandt, den der Suchende als „Wanderarbeiter“ bezeichnet, weil er auf verschiedenen Gütern in und um Schakenhof tätig war. Ein wechselvolles Leben, das seine zwei Jahre jüngere Frau mit ihm teilte, wie die verschiedenen Geburtsorte ihrer Kinder beweisen. Einige von ihnen sind namentlich bekannt: August, *1913 vermutlich in Logowen/Bokellen, Fritz, *1919, Erna, *1920, Kurt, *1922 in Schönwiese, Gertrud, *1927 in Gerdauen, und Liese, *1928 in Gerdauen, Siegfried, *1938 in Schöneberg, und Otto, *1943 in Schakenhof. Dann wird noch eine Anna genannt, die vermutlich in Arnau geboren wurde. Diese Verwandten oder deren Nachkommen werden nun von Udo Hildebrandt gesucht, und die Ostpreußische Familie soll ihm dabei helfen. Durch den vielfachen Ortswechsel, der sich aus den Geburtsdaten der Kinder ergibt, dürfte auch der Bekanntenkreis der Familie Hildebrandt recht umfangreich gewesen sein. Deshalb ist anzunehmen, dass sich Landsleute aus dem ehemaligen Umfeld der Hildebrandts melden oder sogar eine der namentlich genannten Personen. (Zuschriften bitte an Herrn Udo Hildebrandt, Dorfstraße 70 in 17153 Grammentin, E-Mail: udo.hildebrandt@deutschebahn.com)

Eure Ruth Geede