16.04.2024

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28.07.17 / Ein fulminantes Buch / Berlin anno dazumal

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-17 vom 28. Juli 2017

Ein fulminantes Buch
Berlin anno dazumal
S. Friedrich

Stadtansichten seien stets kritisch zu hinterfragen, sagt Sabine Lata in der Einleitung zu ihrem neuen Bildband „Berlin in alten Ansichten“. Der Beobachter sollte stets im Hinterkopf behalten, dass sie, wie andere Kunstwerke auch, in bestimmter Absicht hergestellt wurden und in ihrem Entstehungskontext gesehen werden müssen. 

Beim Leser entsteht der angenehme Eindruck eines ideellen Museumsbesuches. Höchst amüsant berichtet die Autorin gleich zu Beginn über die Aussagen Mark Twains zu Berlin, als er Ende des 19. Jahrhunderts in der Stadt weilte: „Die Hauptmasse der Stadt sieht aus, als sei sie erst in der letzten Woche erbaut worden ...“ Der Rest sah in den Augen Twains noch schlimmer aus. Eine junge Stadt, dieses Berlin, wenn man es mit anderen, ehrwürdigeren Städten Europas vergleicht. Lange Zeit galt diese Ortschaft im sandigen Brandenburger Land als so unbedeutend, dass man sie nicht für würdig hielt, bildlich festgehalten zu werden. 

Das änderte sich, als die Stadt unter dem Großen Kurfürsten 

Friedrich Wilhelm (1640–1688) zu seiner ständigen Residenz wurde. Das Buch zeigt 100 herausragende Drucke von Berlin, die zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert entstanden sind. Die jeweiligen „Abteilungen“ zeigen Gesamtansichten, Stadtpläne und Abbildungen des Stadtteils Cölln, ebenso von Alt-Berlin, der später hinzu gekommenen Dorotheenstadt und von Friedrichstadt sowie Ansichten des Nordens und des Westens. Nebenher führt die in Berlin lebende Autorin auch noch in die Geschichte der Druckgrafik ein. 

Jede Abbildung wird akribisch erklärt. Durch die genaue Erläuterung versteht man das jeweilige Werk besser. Interessant ist, dass um 1800, in der Zeit der Romantik, die Natur von den Künstlern in den Vordergrund geschoben wurde. Stadtansichten wurden weit vor den Toren Berlins angesiedelt, die Stadt ist nur noch im Hintergrund zu sehen. Daneben ermöglichten neue Techniken und Hilfsmittel, wie das Aufkommen der Camera obscura, neue Perspektiven zur Darstellung der Gebäude, Straßen und Plätze. Abgesehen vom Hochgenuss beim Betrachten der Bilder macht sich jedoch auch Wehmut breit angesichts der vielen historisch bedeutenden Gebäude, die nicht mehr existieren, wie die Petrikirche, die Kroll-Oper, Schloss Monbijou, die nahe dem Hackeschen Markt gelegene Börse oder der komplett veränderte, einst so reizvolle Spittelmarkt. Bei diesem „Galeriebesuch“ sind all diese Berliner Schönheiten wieder neu zu betrachten. Ein fulminantes Werk, das allen Berlin-Liebhabern das Herz höher schlagen lässt.


Sabine Lata: „Berlin in alten Ansichten“, Elsengold Verlag, Berlin 2017, gebunden, 224 Seiten, 

29,95 Euro