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28.07.17 / Schädliche Handys / Gisela Kaiser warnt vor Suchtverhalten beim Gebrauch digitaler Medien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-17 vom 28. Juli 2017

Schädliche Handys
Gisela Kaiser warnt vor Suchtverhalten beim Gebrauch digitaler Medien
Dagmar Jestrzemski

In ihrem neuen Buch beleuchtet die Unternehmerin, Autorin und studierte Psychologin Gisela Kaiser engagiert und kenntnisreich „Digitale Süchte“, ein seit Jahren durchgehend aktuelles Thema. Kaiser hat viele Geschichten über die Folgen von übermäßiger Handy- und Internetnutzung gesammelt. Sie ist zutiefst besorgt darüber, dass immer mehr und vor allem junge Menschen eine Art von Ersatzleben in der virtuellen Welt führen. Unentwegt starren sie auf ihr Smartphone, denn irgendetwas gibt es dort immer zu suchen oder zu tun. In den sozialen Netzwerken suchen viele Menschen Lob und Bestätigung durch möglichst viele „Likes“ von Freunden.  Viele mögen sich keine Minute, geschweige denn einen Tag lang vom Handy trennen. Das habe nachweislich Suchtpotenzial, so Kaiser. Anders als die Glücksspielsucht sind digitale Süchte aber nicht als Krankheit anerkannt. 

Im Smartphone steckt alles, Daten, Fotos ebenso wie der Niederschlag sämtlicher persönlicher Vorlieben, lauter Schnipsel eines Lebens im digitalen Raum. All das wird ständig und sorgsam gepflegt. Dauerhaft würde dieses Verhalten narzisstische Persönlichkeitszüge hervorrufen, weiß Kaiser und beruft sich dabei zum wiederholten Mal auf eine wissenschaftliche Studie. Nachgewiesen ist auch, dass das Handy die Entfremdung von der realen Welt fördert. Kaiser bezeichnet Handys und Tablets als „Ich-Apparate für die ausgelagerte Identität ihrer Besitzer“. Schlimmstenfalls kämen sich Menschen durch die extreme Nutzung des Handys selbst abhanden und taumelten in eine tiefe Persönlichkeitskrise. 

Die Autorin macht sich hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung keine Illusionen, zumal das heutige Umfeld den Rückzug in die virtuelle Welt begünstige. Leistung habe in unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert und Konkurrenzdenken sei weit verbreitet. All das bewirke ein Sich-Zurückziehen und Abschotten vor diesen ständig gestellten Anforderungen, wobei „die Welt im Handy“ dann zum besseren Ort wird. Kaiser hat schlimme Befürchtungen: „Letztendlich sehe ich die Gefahr, dass zwischen Schein und Sein, Wirklichkeit und Fiktion nicht mehr unterschieden werden kann. Seelisch werden sowohl Größenfanta-sien als auch Ängste das Resultat des dauernden Aufenthalts im virtuellen Raum sein.“ Das sei ein furchtbar hoher Preis dafür, dass all die verlockenden Angebote in Handy und Internet von Unternehmen ersonnen wurden, die nur ein einziges Ziel haben: möglichst viel Geld zu verdienen. 


Gisela Kaiser: „Digitale Süchte. Appst du schon oder lebst du noch?“, Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg 2017, broschiert, 324 Seiten, 14,95 Euro