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04.08.17 / Keine Wunsch-Partner / Start der schwarz-gelben Koalition in NRW holprig – Bündnis auf Bundesebene nicht selbstverständlich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-17 vom 04. August 2017

Keine Wunsch-Partner
Start der schwarz-gelben Koalition in NRW holprig – Bündnis auf Bundesebene nicht selbstverständlich
Norman Hanert

Gerade unter bürgerlichen Wähler gilt Schwarz-Gelb als eine Wunschkoalition. Auch Umfragen lassen nach der Bundestagswahl ein Regierungsbündnis von CDU/CSU und FDP möglich erscheinen. Einige Gründe sprechen allerdings dagegen, dass die FDP nach der Bundestagswahl zum Juniorpartner der Union wird.

Aufschlussreich ist hier ein Blick nach Nordrhein-Westfalen, das seit Jahrzehnten als „politisches Labor“ gilt, in dem neue Koalitionsmodelle getestet werden, bevor sie auf die Bundespolitik übertragen werden. In den 60er Jahren ging der ersten sozialliberalen Koalition in Bonn ein entsprechendes Bündnis in NRW voraus. Auch die erste rot-grüne Bundesregierung in Berlin in den 90er Jahren hatte einen Vorläufer in Düsseldorf. Sollte die NRW-Politik noch immer eine Vorreiterfunktion haben, dann haben sich die Aussichten dafür eingetrübt, dass nach dem 24. September eine Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP zustande kommt.

Bereits im Vorfeld hatte FDP-Chef Christian Lindner signalisiert, dass ein Regierungsbündnis mit der nordrhein-westfälischen CDU keineswegs eine politische Liebesheirat ist. „Ich bin nicht der Wunsch-Koalitionspartner von Herrn Laschet und er nicht meiner“, so Lindner vor einigen Monaten. Inzwischen kann der Start von Schwarz-Gelb im bevölkerungsreichsten Bundesland als verpatzt angesehen werden. Nach einem hoch motivierten Beginn steckt das Bündnis in einer ersten Krise. Die neue NRW-Agrarministerin Christina Schulze Föcking (CDU) wird mit Vorwürfen konfrontiert, sie würde es mit dem Tierschutz auf dem eigenen Hof nicht so genau nehmen.

Für weitere schlechte Presse sorgt zudem, dass die schwarz-gelbe Koalition wohl auch Zusagen aus dem Wahlkampf zur Inneren Sicherheit nicht einhalten kann. Wie die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ berichtet, müssen die meisten Polizeibehörden in NRW mit weniger Polizisten als zuvor auskommen. Demnach können nur 18 Polizeidienststellen mit mehr Personal rechnen, an 29 Dienststellen dagegen werden Planstellen abgebaut. Unter Berufung auf den Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Arnold Plickert, heißt es, dass insbesondere beim Wachdienst und in der Kriminalitätsbekämpfung rund 150 Stellen weniger eingeplant sind.

Insbesondere bei der FDP muss die Entwicklung in Düsseldorf unangenehme Erinnerungen wecken. Auch der Start der letzten schwarz-gelben Bundesregierung 2009/2010 verlief katastrophal. Bei der folgenden Bundestagswahl 2013 verfehlten die Liberalen dann sogar den Einzug in den Bundestag. Nicht nur diese Erfahrung und die jüngste Entwicklung in NRW könnte die FDP-Führung davor zurückschrecken lassen, im Herbst auf Bundesebene erneut mit der Union zu koalieren.

Auf den ersten Blick scheinen unter allen Bündnisoptionen die Schnittmengen zwischen den Unionsparteien und der FDP am größten so sein. Alle drei Parteien dürften kaum Probleme haben, eine gemeinsame Linie in der Bildungspolitik oder bei der Wirtschaftsförderung zu finden. Allerdings zeichnen sich schon jetzt Politikfelder ab, bei denen es insbesondere zwischen der CSU und der FDP heftiger Streit geradezu programmiert ist. Fraglich ist zum Beispiel, ob der Ausbau der Videoüberwachung im öffentlichen Raum oder die Einführung einer Gefährderhaft mit der FDP als Koalitionspartner umsetzbar sind. An der Parteibasis der Liberalen dürfte auch eine von Angela Merkel bereits angekündigte Vertiefung der Währungsunion so umstritten sein wie die Fortsetzung der bisherigen Euro-Rettungspolitik und die Anleihekäufe der EZB. Vorausgesetzt, das Wahlergebnis fällt im September entsprechend aus, wird die FDP vor der Frage stehen, diese in den eigenen Reihen nicht unumstrittene Politik als Teil der Regierung mitzutragen, und damit ,wie am Ende der letzten schwarz-gelben Koalition, möglicherweise wieder in eine existenzgefährdende Krise zu geraten.

Dem steht eine Alternative gegenüber, die durchaus Erfolg verspricht. Die FDP kann versuchen, sich in der Opposition erst einmal wieder zu konsolidieren und in der Auseinandersetzung mit der Union an Profil zu gewinnen. Auch aus Sicht der Union spricht einiges dafür, die anstehenden Aufgaben mit einem pflegeleichteren Juniorpartner in Angriff zu nehmen. Zwei Faktoren sprechen sogar dafür, dass dies erneut die SPD sein wird, dass erneut eine Große Koalition zustande kommt. Das Formtief der Grünen hält an, auch der „Schulz-Effekt“ ist inzwischen so weit verpufft, dass Umfragen eine rot-rot-grüne Koalition zunehmend als Gedankenspiele ohne Basis erscheinen lassen. Zudem plädieren sogar prominente SPD-Politiker inzwischen dafür, die Option einer rot-rot-grünen Regierung vor der Wahl eindeutig auszuschließen.

Auch im linken Flügel der Grünen formiert sich inzwischen Widerstand mit dem Ziel, ein sogenanntes Jamaika-Bündnis, eine Koalition aus Union, FDP und Grünen, zu verhindern.