20.04.2024

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04.08.17 / Haltlos und schwach

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-17 vom 04. August 2017

Haltlos und schwach
Hermann Paul Winter

Die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland sind zerrüttet. Die Unberechenbarkeit des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan und seine an Größenwahn grenzende Selbstüberschätzung stehen allen Versuchen im Weg, mit Ankara auf Vernunftbasis zu verhandeln. Dass Erdogan permanent Richtung Deutschland hetzt und in seinem Land ganze Heerscharen seiner Bürger entlassen, enteignen und verhaften lässt, liegt nicht nur in der türkischen Politik begründet. Auch die Europäische Union hat mit ihren Förder-Milliarden und ihrem ständigen Entgegenkommen nicht unerheblichen dazu beigetragen. 

Und nicht zuletzt war es Angela Merkel, die entscheidend daran mitgewirkt hat, Erdogans Macht zu sichern. In ihrer Türkeipolitik hat sie in den letzten Jahren alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte. Nicht nur, weil sie wegen der von ihr verursachten Zuwanderungsmisere als Bittstellerin in Ankara anreiste, sondern weil sie die Verhandlungen naiv und laienhaft geführt und nie begriffen hat, dass Dialoge in Kleinasien anders geführt werden als in Europa.

Konflikte und Meinungsverschiedenheiten werden nach unseren freiheitlich-europäischen Wertvorstellungen im sokratisch-abwägenden Dialog ausgetragen. Der prüfende Austausch von Argumenten dient der Verständigung. Im orthodoxen Islam hingegen wird im Konfliktfall nach dem „anwaltlichen“ Modell verhandelt. Die eigene Meinung soll durchgesetzt werden, die Autorität wird der Wahrheit übergeordnet, Kritik gegenüber Autoritäten gilt als Übergriff. Das Sprichwort „Der Klügere gibt nach“ existiert nicht, Nachgeben gilt als verachtenswerte Schwäche.

Ihre geballte interkulturelle Inkompetenz im Gepäck, platze die Bundeskanzlerin im Oktober 2015 in der Rolle der Antragstellerin in den türkischen Wahlkampf, just zu einem Zeitpunkt, als Erdogans Wahlaussichten schlecht standen. Sie hoffte, mit seiner Hilfe die Folgen ihrer Grenzöffnung in der Flüchtlingskrise ausbügeln zu können. Mit ihren Schmeicheleien und Versprechungen – unter anderem werde sie sich für eine rasche Erledigung des Visaverfahrens einsetzen – trug sie erheblich zum Wahlerfolg Erdogans bei. Die würdelose Behandlung durch Erdogan, der sie zum Vortrag ihrer Ersuchen vor die türkische statt die deutsche Fahne setzte, musste sie schlucken.

Während Merkel ihren sogenannten Flüchtlings-Deal als europäische Errungenschaft verkaufte, hatte Erdogan sie längst in der Hand. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit führte er sie von nun an vor. Beleidigungen gegen ihr Volk kommentierte Merkel allenfalls kleinlaut und eingeschüchtert und spielte damit Erdogan auch bei den in Deutschland lebenden Türken anlässlich seines Referendums in die Hände.

Wer auf einem türkischen Markt nicht über den Preis verhandelt und die geforderte Summe klaglos bezahlt, missachtet sein Gegenüber. Erdogan hätte einen Verhandlungspartner mit festen Positionen gebraucht. Merkels devoter Auftritt signalisierte ihm ihre Haltlosigkeit und Schwäche.