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04.08.17 / Frei gedacht / Finis Germania statt Gnade für Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-17 vom 04. August 2017

Frei gedacht
Finis Germania statt Gnade für Deutschland
Eva Herman

Etliches ist an dieser Stelle veröffentlicht worden, was auf den derzeitigen Niedergang Deutschlands hinweist. Ellenlang ist inzwischen die Liste der angeblichen Vergehen, die in nicht mehr allzu ferner Zeit zwangsläufig zum Ende werden führen müssen.

An allererster Stelle steht natürlich das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte. Dies wird auch bis zum Ende so bleiben: Finis Germania! Doch durch die sich jetzt auch aktuell häufende „Schuld“, die immer noch oben drauf gehäuft wird, hängt das Bild des einstigen Paradieses der legendären Dichter, Denker, Vorzeige-Ingenieure und Wissenschaftler zunehmend schiefer: Ob es um die „kriminellen Machenschaften“ der Deutschen Bank geht oder um die der weltberühmten Autohersteller VW und Daimler in Bezug auf die „tödlichen“ Dieselmotoren, die weltweit „Menschenleben töten“, wie es ausländische Hauptmedien regelmäßig berichten, ob um das Versagen deutscher Bau-und Ingenieurskunst am BER-Flughafen, welcher wohl nie eröffnet werden wird, ob um den mysteriösen Absturz der German-Wings-Maschine durch einen angeblich depressiven, deutschen Piloten: Deutschland hat fix und fertig! Im Ausland beschwört man jetzt vor allem den Zerfall der EU (fälschlicherweise spricht man in diesem Zusammenhang meist von Europa), welcher vornehmlich durch die Schuld der herrschsüchtigen, deutschen Bundeskanzlerin unmittelbar bevorstehe, die durch die bedingungslose Grenzöffnung für Immigranten aus aller Welt den Kollaps eingeleitet habe. Und so weiter …

Der aktuelle Streit um das Vorgehen der „Spiegel“-Redaktion gegen das 2017 erschienene Buch „Finis Germania“ des Historikers Rolf Peter Sieferle bildet unterdessen einen neuen Höhepunkt der verwirrenden Vorgänge, deren Zielrichtung doch so eindeutig ist. Sieferle schildert die bevorstehende „Austilgung“ Deutschlands als geradezu notwendige Konsequenz aus den Jahrzehnte zurückliegenden, tiefgreifenden Ereignissen. Der Autor hätte sich vor allem mehr Gnade für Deutschland gewünscht, doch in modernen Zeiten von „We love Volkstod“ und „Deutschland, Du mieses Stück Scheiße“ stehen derartige Forderungen nach Milde und Barmherzigkeit schon lange nicht mehr auf dem Programm. Und so strich die „Spiegel“-Redaktion letzte Woche das missliebige Buch eigenmächtig von Platz 6 der Spiegel-Bestseller-Liste, man ließ diese Stelle zunächst einfach offen. „Welt“-Autor Henryk M. Broder hatte kurz zuvor berichtet, dass sich am 20. Juli gegen 17 Uhr auf der von Amazon angebotenen „Spiegel“-Bestsellerliste der Sachbücher eine Merkwürdigkeit befand: Auf Platz 6 „klaffte eine weiße Lücke, ohne jede bibliografische Angabe. Da musste mal etwas gewesen sein, wobei nur der Raum, den das Etwas eingenommen hatte, zu sehen war“. Doch es habe nur kurz gedauert, dann seien auch diese Spuren verschwunden gewesen. Auf diese Weise hätten auch die sowjetischen Zensoren Geschichtsschreibung betrieben, so Broder zu dem beispiellosen Vorgang.

Was steht denn nun in diesem umstrittenen „Nazi-Buch“, was erregt die Gemüter derartig? Der Autor Sieferle, der sich im September 2016 das Leben nahm, mag vielleicht geahnt haben, dass seine hier verfassten Gedanken ihn aus jedem gesellschaftlich relevanten Rahmen herauskatapultieren würden. So lässt er sein Vermächtnis jetzt eben wirken, ohne die rufmordenden, ehrverletzenden Diffamierungen bei lebendigem Leib noch ertragen zu müssen. Das immer armseliger wirkende Affentheater der politisch sich im vorauseilenden Gehorsam befindlichen „Qualitätsjournalisten“ spitzt sich unterdessen immer noch weiter zu, nach oben scheint tatsächlich noch eine Menge Luft zu sein.

Die Beobachtungen Sieferles zum Untergang Deutschlands sind klar und einleuchtend. Wer ohne Scheuklappen sich zu lesen traut, was da steht, am besten abends heimlich im Kerzenschein, der mag mit Schweißperlen auf der Stirn seine Herzrhythmus-Störungen zu besänftigen suchen: Lange dauert es mit uns tatsächlich nicht mehr. Sieferle spricht von der deutschen Schuld, die niemals vergeben und vergessen wird. „Was bedeutet aber „Schuld?“, fragt er. „Wörtlich handelt es sich um eine Verursachung, dann aber auch um eine Verunreinigung, eine Befleckung des Rechts, die durch reinigende Rituale beseitigt oder zumindest gemildert werden kann.“ Der Autor stellt fest: „Der Verbrecher hat die Rechtsgemeinschaft beschmutzt, die Strafe dient daher ihrer Säuberung.“ Weiter heißt es: „Bei einer sehr großen Beschmutzung hilft nur die restlose Austilgung des Verbrechers, welcher den Elementen zurückgegeben wird: dem Feuer, das ihn verbrennt, dem Wasser, das ihn ersäuft, der Luft, in die man ihn hängt, und der Erde, die ihn schließlich deckt.“ Das Ende vom Lied: „Es bedeutet Unbehagen, dieselbe Welt zu bewohnen, in der auch der Verbrecher lebt. Er muss daher verschwinden, damit die Menschheit vom Anblick seiner Verworfenheit befreit werde. Seine schiere Existenz ist ihr unerträglich.“ Der Historiker konstatiert gleichzeitig, dass die Deutschen wohl die einzige Gesellschaft seien, die an dem Untergang zustimmend selbst mitarbeitete, ein absolutes Phänomen.

Sieferle stellt einen Vergleich mit Adam aus dem Alten Testament auf. Dessen Erbsünde sei jene Schuld, die „das gesamte aus ihm entspringende Menschengeschlecht“ verdarb: Zugleich sei diese aber von der Gnade Gottes wieder aufgefangen worden: „Der Mensch stürzte nicht in den bodenlosen Abgrund der Verworfenheit, sondern gerade in der Größe seiner Schuld zeigte sich die Größe der Gnade, die ihn hielt.“ Schuld, Buße. Gnade und Liebe seien daher untrennbar verbunden, sie bildeten ein „unstörbares Gleichgewicht innerhalb der Heils-ökonomie Gottes“. Doch für die Deutschen gibt es keine Vergebung, der Fall scheint der schwerwiegendste der ganzen Weltgeschichte zu sein. „Das Dogma ist einfach und eingängig: Die Urväter, die Nazis, haben die schwerste und singulärste Schuld auf sich geladen und sich, wie auch ihre Nachkommen, damit aus dem Paradies der Geschichtsnormalität ausgeschlossen (…) Damit ist das Volk der Nazis zum negativ auserwählten Volk geworden“, heißt es weiter. Es sei die Größe der Schuld seiner Erzväter, die es für immer aus dem „normalen Gang der Geschichte“ herausgehoben habe.

Tja, selten wird eine innewohnende, schon fast ein Leben lang währende, ungute Empfindung, genährt durch Schulunterricht, Bildung und Fernsehprogramme, derartig bestätigt wie die unheilvollen Zukunftsvisionen Sieferles. Ich muss gerade an zahllose Vergehen gegen gequälte, beraubte, vergewaltigte, teilweise schwer verletzte und getötete Mitbürger in der jüngeren Zeit denken, über deren Leid so wenig in unseren Mainstream-Medien zu erfahren ist. Keine Gnade. Ich nehme Maulkörbe und Denkverbote wahr, neue Gesetze, die eine freie Meinungsäußerung zum Straftatbestand umwandeln, sehe unbewegliche, starre Gesichter, sobald jemand seine wachsenden Sorgen laut äußert. Ich lese aktuelle Meldungen, dass die Besitzer deutscher VW-Dieselfahrzeuge jetzt die gebührenpflichtige Stilllegung ihres „todbringenden“ Fahrzeugs riskieren. Sieferle wollte auch noch als „herabstürzender Ikarus die Augen offenhalten“. Tun wir es auch!