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04.08.17 / Monarch, Aufklärer, Philanthrop und Reformer / Vor 200 Jahren starb Leopold Franz III. von Anhalt-Dessau

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-17 vom 04. August 2017

Monarch, Aufklärer, Philanthrop und Reformer
Vor 200 Jahren starb Leopold Franz III. von Anhalt-Dessau
Dirk Klose

Zu den bekanntesten Generalen Friedrichs des Großen zählte der Alte Dessauer. In der preußischen Armee hatte er den Gleichschritt und den eisernen Ladestock eingeführt, was die Schlagkraft der Armee erheblich steigerte. Er war Herrscher des kleinen Fürstentums Anhalt-Dessau, aber dem ehrgeizigen Krieger war das Ländchen von nur 700 Quadratkilometern zu klein; Preußen war für ihn der richtige Ort, und Friedrich wusste, was er an diesem Draufgänger hatte. Umso verblüffter registrierte er, dass sich der Enkel, ab 1758 als Leopold Franz III. Herrscher in Dessau und zu gleicher militärischer Laufbahn vorbestimmt, dem Kriegsdienst verweigerte; mitten im Zweiten Schlesischen Krieg quittierte er 1757 den Dienst. Fried­rich grollte ihm hinterher, das werde ihm bekommen „wie Hunde das Gras fressen“.

Leopold Franz (1740-1817) ist als „Väterchen Franz“ in die Geschichte eingegangen. Bis heute wird er gerühmt als einer der wenigen Herrscher in Deutschland, der aus seinem Land einen Musterstaat nach den Prinzipien der Aufklärung schuf. Er hat 59 Jahre regiert, und sein heute bekanntestes Werk, das Dessau-Wörlitzer Gartenreich, ist mittlerweise eine der größten Tourismusattraktionen im mitteldeutschen Raum. Im Jahr 2000 wurde es sogar in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen.

Der früh verwaiste Leopold Franz war von hugenottischen Lehrern erzogen worden, die bereits von den Ideen der französischen Aufklärung beeinflusst waren. Kaum Herrscher geworden, unternahm er mit seinem „Herzensfreund“, dem sächsischen Edelmann Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff (1736–1800), mehrere Reisen nach Italien und Frankreich, vor allem aber nach England, wo er sich von der britischen Lebensart besonders angezogen fühlte, ja sogar mit seiner bürgerlichen Geliebten nach England emigrieren wollte, um dort als Landedelmann zu leben. Der große König in Berlin sprach aber ein Machtwort und zwang ihm eine preußische Prinzessin – Luise – auf. Wie so oft in solchen Fällen wurde es keine glückliche Ehe.

In Bildung, Wirtschaft und Landschaftsgestaltung hat Leopold Franz vielbeachtete Anstöße gegeben. Berühmt wurde vor allem seine Reform der Schulen. 1771 gründete er das Philanthropin, eine höhere Schule mit Internat, auf der neben Sprachen und Religion auch Naturwissenschaften und „Realien“, das war praktische Handwerkskunde, unterrichtet wurde. Leiter wurde der damals berühmte Pädagoge Johann Bernhard Basedow (1724-1790), dem sein aufbrausendes Wesen jedoch bald im Wege stand. Das Philanthropin wurde Vorbild für viele derartige Schulen.

Ferner wurden in Dessau eine Hauptschule für Kinder aller Schulen eingerichtet sowie eine feste Lehrerbesoldung eingeführt. Vor allem aber gab es Schulsport, Leichtathletik und Turnen. Das jährliche Drehbergfest wurde Vorbild für spätere Turn- und Sportfeste in Deutschland. In Dessau liefen dabei nicht nur Jungs, sondern auch Mädchen, die „hochgeschürzt“ die etwa 230 Meter lange Strecke in einer halben Minute schafften. Preise gab es für alle aus der Hand der Fürstin, danach begann ein Volksfest mit Freibier.

In der Landwirtschaft wurden die Bauern vom Frondienst befreit. Die Mustergüter des Fürsten sowie seine Rinder- und Pferdezucht warfen bald erklecklichen Gewinn ab. Die gestampften Straßen im Fürstentum wurden in ganz Deutschland gerühmt. Die ebenfalls vielgerühmte „Allgemeine Buchhandlung der Gelehrten und Künstler“ sicherte Autoren ein Fixum ihrer Bücher und versorgte Interessenten mit preiswerter Literatur.

Des Fürsten größte Leistung war aber wohl die Schaffung des Wörlitzer Gartenreiches. Ein großes an Elbe und Mulde angrenzendes Gebiet ließ er in drei Parklandschaften nach englischem Vorbild umwandeln. Erdmannsdorff, der sich zu einem Meisterarchitekten entwickelt hatte, setzte ihm in die Parks mehrere Schlösser, so mit dem Schloss Wörlitz das erste klassizistische Haus in Deutschland, das unzählige Male imitierte Schlösschen Luisium als Refugium für die Fürstin, das gotische Haus in typisch englischem Landhausstil als Sommersitz für den Fürsten, ferner Tempelchen und Statuen am Ende raffiniert angelegter Sichtachsen. Bürger und Besucher hatten freien Eintritt in die Gärten. Wie heute waren diese schon damals zeitweise überlaufen. An Bewunderern fehlte es nicht. Goethe schrieb im Mai 1778 nach einem Besuch in Wörlitz an Frau von Stein: „Hier ists iezt unendlich schön... Es ist, wenn man so durchzieht, wie ein Märchen. Das Ganze hat die reinste Lieblichkeit.“

In diesem Jahr erinnert man sich in Dessau-Wörlitz des 200. Todestages des Fürsten am 9. August 1817. Zahlreiche Gedenkveranstaltungen, Konzerte und Freiluftaufführungen stehen dabei auf dem Programm, um an einen Herrscher zu erinnern, der es nach den Worten eines aus Berlin fast neidisch herüberblickenden Gelehrten verstanden habe, „die Erde in einen Schauplatz vernünftiger Menschen zu verwandeln“.