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11.08.17 / Wut auf die Fahnenflüchtige / Elke Twesten und ihr folgenschwerer Wechsel zur CDU

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-17 vom 11. August 2017

Wut auf die Fahnenflüchtige
Elke Twesten und ihr folgenschwerer Wechsel zur CDU
Frank Horns

Hannover im Jahre 2020: Der CDU-Ministerpräsident Bernd Althusmann – seit seinem Wahlsieg am 15. Oktober im Amt – hat wieder einmal zur Pressekonferenz geladen. Am Ende der Veranstaltung lässt sein Sprecher eine letzte Frage zu. Eine Re-dakteurin der „Hannoverschen Allgemeinen“ möchte wissen, ob es wahr sei, dass die CDU-Politikerin Elke Twesten einen wichtigen Posten in der Konrad-Adenauer-Stiftung antreten werde und ob diese Personalie nicht ein Geschmäckle habe – nach allem, was passiert sei.

Der Ministerpräsident ist ein Politprofi. Die Schärfe in der Frage lächelt er gekonnt weg: Aber nein, man sei doch froh, dass eine so fähige und qualifizierte Person den Job übernehme, erklärt er knapp, sammelt seine Unterlagen zusammen und ist schon aus dem Raum geeilt. Die Pressekonferenz ist beendet. Die anwesenden Journalisten sehen sich ratlos an: Twesten? Twesten? War da nicht mal was? Egal, das ist eine Ewigkeit von drei Jahren her. Andere Themen sind viel heißer, und über die muss nun berichtet werden. 

So oder ähnlich mag es sich abspielen, wenn das „unmoralische Angebot“ der niedersächsischen CDU an die neue Parteikollegin und ehemalige grüne Landtagsabgeordnete in die Tat umgesetzt wird – vielleicht aber auch nicht. Helge Limburg, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen in Nie-dersachsen, gab zwar zu Protokoll, dass Elke Twesten im Juni ihm gegenüber von „einem unmoralischen Angebot der CDU“ gesprochen habe. Aber wie war das gemeint? Ging es wirklich um Posten oder andere anrüchige Vorteile?

Derzeit wird über den Fall Twesten nahezu ausschließlich spekuliert und gemutmaßt. Die Wut auf die Frau, deren Parteien-Rotation die rot-grüne Mehrheit im Landtag kippte, ist bei den Düpierten riesig. Eitelkeit (Jakob Augstein, „Spiegel

Online“), Verrat (Hubertus Heil, SPD), „Intrige“ (Stephan Weil, SPD) und sogar „Käuflichkeit“ (Jürgen Trittin, Grüne) werden ihr unterstellt. Dabei hat die 54-Jährige lediglich ein verfassungsgemäßes Recht wahrgenommen. Es regelt, dass Abgeordnete – gleich ob in einem Länderparlament oder im Bundestag – nur ihrem Gewissen unterworfen sind. „An Aufträge und Weisungen sind sie nicht gebunden“, heißt es in den entsprechenden Gesetzestexten. So zeigt der Wirbel um die „Fahnenflüchtige“ auch die eiserne Umklammerung der Demokratie durch die Parteien. Wenn eine Abgeordnete im Leineschloss in Hannover, dem Sitz des niedersächsischen Landtags, auf Linientreue pfeifft, schrillt die Empörung durchs ganze Land. 

Wer die Diplom-Finanzwirtin aus Scheeßel im Landkreis Rotenburg näher kennt, weiß zudem, dass sie sich schon immer erstaunlich schwer bei den Grünen verorten ließ. Zwar gehörte sie der Partei 20 Jahre lang an, mit giftgrünen Gewächsen à la Claudia Roth oder Katrin Göring Eckardt mochte man sie trotzdem kaum in Verbindung bringen. Elke Twesten hat keinerlei Berührungsängste, bei Veranstaltungen der Landsmannschaft Ostpreußen aufzutreten. Sie ehrte die Gefallenen beider Weltkriege im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge – und sie habe „permanent für eine Koalition mit der CDU gejammert“ heißt es jetzt bissig aus einem grünen Ortsverband im Landkreis Rotenburg. Nun, wenn so eine Koalition tatsächlich winken sollte, dürfte sich kaum noch ein grüner Politiker am Fall Twesten stören. Wenig sorgt in der Politik so schnell für Verzeihen und Vergessen wie die Aussicht auf Regierungsämter.