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11.08.17 / Damoklesschwert über L.A. / Spätestens alle 200 Jahre ein zerstörerisches Erdbeben – Das letzte war 1680

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-17 vom 11. August 2017

Damoklesschwert über L.A.
Spätestens alle 200 Jahre ein zerstörerisches Erdbeben – Das letzte war 1680
Wolfgang Kaufmann

Kalifornien steht für den „Goldenen Westen“ der USA. Hier befinden sich sowohl die Traumfabrik Hollywood als auch das Hochtechnologiezentrum Silicon Valley. Aus dem „Sunshine State“ kommen viel gelobte Spitzenweine und jedermann über 21 darf Marihuana ganz legal konsumieren. Zudem ist Kalifornien die achtstärkste Wirtschaftsmacht der Welt. Und doch schwebt ein gigantisches Damoklesschwert über der scheinbar so privilegierten Region zwischen Crescent City im Norden und San Diego an der mexikanischen Grenze: „The Big One“ –  das vielleicht vernichtendste Erdbeben in der Geschichte des amerikanischen Kontinents.


In Kalifornien gibt es rund 300 tektonische Verwerfungen wie die San-Andreas-Spalte und die Hayward-Falte. Diese sind das Resultat des Umstands, dass ein kleinerer küstennaher Teil des US-Bundesstaates auf der Pazifischen Platte liegt, während der größere Rest zur Nordamerikanischen Platte gehört, und beide geologische Strukturen mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich sechs Zentimetern pro Jahr aufeinander zudriften. Das verursacht enorme Spannungen in der Erdkruste, die zu Bruchlinien und an diesen entlang zu mehr oder minder starken Erdbeben führen. In deren Verlauf können sich die Platten dann plötzlich stark verschieben – den Rekord hält hier das Fort-Tejon-Beben vom Januar 1857 mit neun Metern.

Damit droht vor allem den Metropolregionen um Los Angeles und der San Francisco Bay Area, welche insgesamt 25 Millionen Einwohner zählen und von der Puente-Hills-Verwerfung beziehungsweise der San-Andreas-Spalte durchzogen werden, ein Inferno größten Ausmaßes. Wobei die Wahrscheinlichkeit, dass dieses auch tatsächlich eintritt, keineswegs nur im mathematisch-theoretischen Minimal-Bereich liegt: Nach seriösen Berechnungen der Bundesbehörde United States Geological Survey (USGS) wird es im Zeitraum bis 2038 mit 99,7-prozentiger Sicherheit zu einem Beben der Stärke 6,7 kommen. Gleichfalls sind noch heftigere Erdstöße zwischen 7,5 und 8,6 möglich.

Die Wahrscheinlichkeit solcher Naturkatastrophen beträgt 46 Prozent, wobei das Risiko in Südkalifornien am höchsten ist. Dort ereignen sich alle 150 bis 200 Jahre schwere, zerstörerische Erdbeben – und das letzte fand bereits 1680 statt. Sollten die Prognosen des USGS zutreffen, dann könnte es nach Schätzung der Agentur für Katastrophenschutz (Federal Emergency Management Agency) allein im Großraum Los Angeles bis zu 18000 Tote und eine Million Obdachlose sowie Sachschäden in Höhe von 300 Milliarden Dollar geben.

Die Menschen an der Westküste der Vereinigten Staaten sitzen also auf einem Pulverfass ohnegleichen, dessen Lunte ganz offensichtlich schon brennt. Davon zeugen zahlreiche kleinere Beben, die als Vorboten des befürchteten „Big One“ gelten. Solche registrierten die Seismographen unter anderem im Oktober 2016 am Südende der San-Andreas-Spalte. Innerhalb von nur 24 Stunden rumorte die Erde hier sagenhafte 200 Mal.

Angesichts dessen rächt es sich jetzt, dass die Baustandards in Kalifornien in der Vergangenheit nicht sonderlich hoch waren, was insbesondere auf San Francisco zutrifft, wo die Gebäude nach dem großen Beben von 1906 noch deutlich nachlässiger hochgezogen wurden als vorher. Denn die Stadt wollte unbedingt ganz schnell zum Normalzustand zurückkehren und quasi wie Phoenix aus der Asche auferstehen.