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11.08.17 / Die Wippe muss wandern!

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-17 vom 11. August 2017

Die Wippe muss wandern!
Vera Lengsfeld

Die Deutschen tun sich wahrhaft schwer mit der glücklichsten Stunde ihrer Geschichte. Seit 1999, dem zehnten Jahrestag des Mauerfalls, wird von einem Kreis, dem unter anderem der ehemalige Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière, und der ehemalige Bürgerrechtler Günter Nooke angehören, ein Freiheits- und Einheitsdenkmal gefordert. Nach jahrelangen  Diskussionen beschloss der Bundestag am          9. November 2007, es zu realisieren. Danach wurden zwei Wettbewerbe ausgelobt, bei denen insgesamt 900 Entwürfe eingereicht wurden. Als Sieger ging schließlich der Vorschlag des Stuttgarter Architekten Johannes Mila und der Tänzerin Sasha Waltz hervor.

Die beiden präsentierten eine begehbare Schale mit dem Titel „Bürger in Bewegung“. Danach soll das Denkmal als begehbares kinetisches Objekt entstehen, dessen Erscheinungsbild die Besucher mitgestalten können. Wie bei der friedlichen Revolution 1989 müssen sie sich verständigen und sich zu gemeinsamem Handeln entschließen, um die „Wippe“ zu bewegen: Wenn sich auf einer Schalenhälfte mindestens 20 Personen mehr zusammenfinden als auf der anderen, beginnt sich die Wippe sanft zu neigen. Das soll zur Kommunikation einladen und zu einem gemeinsamen Handeln führen. Allerdings ist zu befürchten, dass, wenn sich die bis zu 1400 Menschen, die auf der insgesamt 50 Meter breiten Schale Platz finden sollen, wie unsere Politiker verhalten, sich nicht viel bewegen wird. Auf der Oberfläche der Wippe sollen die Worte „Wir sind das Volk. Wir sind ein Volk.“ eingraviert werden. Das Ganze wird die enorme Summe von 15 Millionen Euro kosten.

Nachdem der Bau 2016 vom Haushaltsausschuss wegen berechtigter Bedenken, die Kosten könnten aus dem Ruder laufen, gestoppt worden war, wurde ein Jahr später bei einem Frühstück der Koalitionsfraktionschefs dieser Stopp wieder aufgehoben. Trotzdem nimmt die Diskussion kein Ende. Berlins neuer Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) will das Denkmal immer noch verhindern. Andere haben nach wie vor Probleme mit dem Standort, dem Sockel des ehemaligen Nationaldenkmals, dessen Mosaike geborgen werden konnten und dessen wiedererrichteten Kolonnaden das Schlossensemble abrunden könnten.

Deshalb versammelt sich seit Wochen Tag für Tag eine Gruppe von mindestens sieben Personen, die ab 19 Uhr für sieben Minuten die Verlegung der Wippe fordern. Die Aktion soll bis zu den Bundestagswahlen fortgesetzt werden. Und die Berliner? Laut einer Umfrage wollen 16 Prozent der Befragten die „Einheitswippe“, 43 Prozent dagegen die Wiedererrichtung der Kolonnaden des Kaiser-Wilhelm-Denkmals. Aber das Volk hat bei diesem          Vorhaben keine Stimme.