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11.08.17 / Auf dem Weg zur Staatskrise / Das Verhältnis zwischen den französischen Streitkräften und Präsident Emmanuel Macron ist zerrüttet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-17 vom 11. August 2017

Auf dem Weg zur Staatskrise
Das Verhältnis zwischen den französischen Streitkräften und Präsident Emmanuel Macron ist zerrüttet
Eva-Maria Michels

Zwischen den französischen Streitkräften und ihrem Oberbefehlshaber Emmanuel Macron stehen die Zeichen auf Sturm. Auslöser sind Einschnitte in Höhe von 850 Millionen Euro im laufenden Wehretat, die der Präsident den schon seit Jahren unterfinanzierten und überstrapazierten Streitkräften zumutet und die in einem krassen Gegensatz zu seinem Wahlversprechen stehen, den Verteidigungshaushalt bis 2022 schrittweise auf zwei Prozent des Bruttosozialproduktes des Landes zu erhöhen.


In einer vertraulichen Sitzung der parlamentarischen Verteidigungskommission vom 12. Juli lieferte der Generalstabschef Pierre de Villiers entsprechend seiner Aufgabe den Abgeordneten eine schonungslose Analyse des desolaten Zustands der Armeeausrüstung und äußerte in drastischen Worten seinen Unwillen, weitere Einsparungen zu akzeptieren. De Villiers Kritik hinter verschlossenen Türen drang in die Presse, was darauf schließen lässt, dass einer der Abgeordneten seine Äußerungen bewusst den Medien zugespielt hat. Präsident Macron erniedrigte daraufhin de Villiers in aller Öffentlichkeit und in Gegenwart aller hochrangigen Soldaten während des traditionellen Empfangs am Vorabend des Nationalfeiertags. Er warf ihm unter anderem vor, dass es „unwürdig ist, bestimmte Debatten öffentlich auszutragen“ und erklärte den anwesenden Generalen: „Ich bin Verpflichtungen eingegangen. Ich bin Ihr Chef.“

Nach der Parade am 14. Juli, an der Macron und de Villiers Seite an Seite teilgenommen hatten, schrieb der General­stabschef auf seiner Facebook-Seite ohne den Präsidenten explizit zu nennen: „Jeder hat seine Unzulänglichkeiten, keiner verdient es, dass man ihm blind folgt. … Vertrauen ist eine lebendige Tugend. Es bedarf dafür Beweise. Es muss tagein, tagaus verdient werden, um einen aktiven Gehorsam hervorzubringen, dort, wo die Zustimmung über den Zwang siegt.“ Macron antwortete darauf in einem Interview mit der Zeitung „JDD“ : „Die Republik funktioniert so nicht. Wenn sich der Generalstabschef und der Präsident nicht einig sind, wird der Generalstabschef ausgetauscht.“ An de Villiers gewandt erklärte er: „Er hat mein Vertrauen, unter der Bedingung, dass er die Hierarchie kennt und weiß, wie sie funktioniert, in der Republik und in der Armee.“ Macron beschuldigte de Villiers in dem Interview zudem, nicht die Interessen der Soldaten, sondern die der Waffenlobby zu vertreten: „Ich habe Soldaten im Kriegseinsatz, Menschen, die viel erwarten; ich respektiere sie, ich schulde ihnen Schutz: Die Interessen der Armee müssen über denen der Industrie stehen.“

Der Präsident hatte geplant, den Generalstabschef am 21. Juli nach einem Vier-Augen-Gespräch abzusetzen, doch de Villiers kam dem am 19. Juli mit seinem Rück­tritt zuvor. Per Kommuniqué erklärte er, dass er sich nicht mehr in der Lage sehe, den Fortbestand des Armeemodells zu garantieren, das er für den Schutz von Frankreich und der Franzosen heute und morgen und für die Bestrebungen des Landes für unerlässlich halte. Weiter sagte er: „Im strengsten Respekt der Loyalität, die immer die Grundlage meiner Beziehungen zur politischen Führung und zu den Abgeordneten war, glaubte ich, dass es meine Pflicht sei, sie mehrmals hinter verschlossenen Türen und in aller Ehrlichkeit und Wahrheit über meine Vorbehalte zu informieren“. 

Bei seinem Auszug aus dem Verteidigungsministerium am gleichen Tag feierten den General tausende Soldaten, darunter auch Hunderte von Generalen frenetisch – sehr zum Missfallen der Regierung. Deren Sprecher, der Ex-Sozialist Christophe Castaner, beschuldigte den Ex-Generalstabschef am 21. Juli im „Figaro“, eine „deloyale Kommunikation betrieben und seinen Rück­tritt inszeniert“ zu haben. Er fügte hinzu: „Sein Verhalten war inakzeptabel. Man hat noch nie einen Generalstabschef gesehen, der sich über einen Blog oder mit Hilfe von Journalisten äußert oder der sich an die Präsidentschaftskandidaten während des Wahlkampfes wendet, wie es der Fall war. Er hat sich verhalten wie ein Dichter, der seine Forderungen geltend macht. Wir hätten lieber seine strategischen Versionen gehört anstelle seiner Kommentare zu finanziellen Entscheidungen.“

Macron ernannte zwar inzwischen einen neuen Generalstabschef, doch die Wogen sind damit nicht geglättet. Am 28. Juli veröffentlichten 15 hochrangige Soldaten im Ruhestand, darunter fünf Generale, einen offenen Brief an den Präsidenten, in dem sie sein Verhalten kritisieren und ihre Solidarität mit de Villiers ausdrücken. 

Der Konflikt zwischen dem Präsidenten und der Armee erreicht langsam das Ausmaß einer Staatskrise. Macron zeigt immer offener sein wahres Gesicht. In der Presse wird er, der von sich selbst „in aller Bescheidenheit“ sagt, wie Jupiter regieren zu wollen, schon mit Napoleon I. verglichen. Bezeichnend für seinen autoritären Führungsstil ist nicht nur sein Umgang mit den Streitkräften, sondern auch die öffentliche Nicht-Existenz von Verteidigungsministerin Florence Parly.