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11.08.17 / Hauptsache billig / Autobauer wegen Werkverträgen und Leiharbeitern unter Beschuss

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-17 vom 11. August 2017

Hauptsache billig
Autobauer wegen Werkverträgen und Leiharbeitern unter Beschuss
N.H.

Deutsche Autobauer sehen sich im Schatten der Vorwürfe um Manipulationen von Abgaswerten und dem Verdacht unerlaubter Absprachen noch mit einem weiteren Problem konfrontiert. Mitarbeiter von externen Dienstleistern und Subunternehmen versuchen, vor Gericht eine reguläre Anstellung direkt bei den Autokonzernen durchzusetzen. Laut Informationen der „Wirtschaftswoche“ und des Bayerischen Rundfunks klagen zum Beispiel ehemalige Mitarbeiter gegen den Autokonzern Daimler auf eine reguläre Anstellung. Demnach geht es dabei um Personal einer ausgelagerten Gebäudeservice-Firma, die Daimler 1996 an das Unternehmen ISS verkauft hatte. Die Anwälte der Kläger argumentieren nun, die Hausmeister wären auch nach dem Verkauf weiterhin eng in die internen Arbeits- und Weisungsstrukturen bei Daimler integriert gewesen, sie wären damit faktisch und rechtlich Mitarbeiter des Unternehmens. Der Autobauer gibt sich dagegen überzeugt, dass die Arbeitsverhältnisse „werkvertragskonform“ sind. Auch Gerichte haben sich in erster Instanz dieser Sichtweise angeschlossen.

Bei den Klagen handelt es sich zwar um eine überschaubare Zahl von Fällen, aus den Präzedenzfällen aber könnte eine Klagewelle werden.

Auch der Autohersteller BMW soll von Klagen durch Mitarbeiter externer Dienstleister betroffen sein. Nicht nur die Automobilindustrie hat in den letzten Jahrzehnten immer öfter auf Mitarbeiter von externen Unternehmen zurückgegriffen. Stark betroffen sind auch die Reinigungsbranche, die Gastronomie, Sicherheitsdienste und das Transportgewerbe. Selbst der Fahrdienst des Bundestages ist längst an externe Dienstleister ausgelagert worden. Die Chauffeure der Abgeordneten protestierten erst im April mit einem Autokorso in Berlin, weil sie um ihre Arbeitsplätze bangen.

Aus Sicht vieler Firmen bieten die Auslagerung von Arbeitsplätzen und der Rückgriff auf externe Dienstleister mehrere Vorteile: Die Beschränkung auf eine Kernbelegschaft gibt die Möglichkeit, auf die Auftragslage flexibel reagieren zu können. Gewerkschaften kritisieren dagegen, dass über die Auslagerung die Lohnkosten gedrückt werden. Unterschieden wird bei der Auslagerung zwischen Werkverträgen, bei denen eine Arbeitsleistung eingekauft wird, ohne dass die Erbringung durch bestimmte Personen erfolgen muss. Bei der Leiharbeit geht es dagegen darum, dass ganz bestimmte Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden.

Die Arbeitsmarktforscher Johannes Schmieder und Deborah Goldschmidt von der Boston University haben das Phänomen des sogenannten Outsourcing eingehender unter die Lupe genommen. Laut den von ihnen im „Quarterly Journal of Economics“ veröffentlichten Daten hat sich in Deutschland die Zahl der Beschäftigten mit Werkverträgen, Leiharbeitsverträgen oder ähnlichen Vertragsverhältnissen seit 1975 fast vervierfacht. Zudem verdienen die Betroffenen rund zehn bis 15 Prozent weniger als die Stammbelegschaft.

Volkswirte haben wiederholt aber auch auf positive Seiten des Outsourcing hingewiesen. Weitgehend unbestritten ist etwa, dass die Flexibilisierung und die Kostenersparnis die deutsche Wirtschaft insgesamt wettbewerbsfähiger gemacht haben.