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11.08.17 / Der verkannte Held / Vor 250 Jahren wurde der Tiroler Freiheitskämpfer Peter Mayr geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-17 vom 11. August 2017

Der verkannte Held
Vor 250 Jahren wurde der Tiroler Freiheitskämpfer Peter Mayr geboren
Wolfgang Reith

Wenn von der Tiroler Volkserhebung die Rede ist, fällt immer wieder der Name ihres Anführers Andreas Hofer. Vergessen wird dabei jedoch häufig, dass dessen vom Ritten (Hochplateau oberhalb von Bozen) stammender Unterführer Peter Mayr eine mindestens ebenso bedeutende Rolle im Befreiungskampf spielte.

Peter Mayr wurde am 15. August 1767 am Köhlhof in Siffian geboren. Sein gleichnamiger Vater (1741-1806), verheiratet mit Maria Unterhofer (1743-1815) aus Oberbozen, war in den Jahren 1772 bis 1773 unter anderem gewählter Bauernrichter auf dem Ritten. 1795 wurde Mayr Wirt am Weißen Kreuz bei Klausen, 1804 erwarb er das Gasthaus an der Mahr bei Brixen. 1799 hatte er Maria Fuchs, Kellnerin in Unteratzwang und Tochter eines Lehrers und Orgelbauers aus Gries am Brenner, geheiratet. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor.

Im 30. Lebensjahr bestand  Mayr erstmals einen Kampf. Nachdem die Festung Mantua in Oberitalien am 2. Februar 1797 im Krieg gegen französische Truppen unter General Joubert gefallen war, drangen diese unaufhaltsam durch das Etschtal vor und besetzten Bozen. Eine Vorhut zog noch am selben Tag weiter ins Eisacktal und rückte nach Atz­wang ein. Als eine französische Abteilung am 3. April versuchte, von Bozen aus den Ritten zu erobern, wurde sie von der Schützenkompanie unter Führung von Mayr zurück­geschlagen. Der 23jährige Oberbozner Josef Wenter wurde dabei so schwer verletzt, dass er am nächsten Tag seinen Verwundungen erlag.

Zehn Jahre später hielt Hofer im Wirtshaus an der Mahr einen geheimen „Bauernkonvent“ ab, bei dem beschlossen wurde, sich mit Hilfe Österreichs wieder der Herrschaft Bayerns zu entledigen, das Napoleon für seine Bündnistreue im Krieg gegen Österreich 1805 zum Königreich erhoben und unter anderem mit der Überlassung Tirols „belohnt“ hatte. Vor allem die bayerischen Anordnungen in kirchlichen Belangen riefen den Widerstand der Tiroler hervor und führten schließlich zur Rebellion. Die ersten beiden Bergiselschlachten am 25. und 29. Mai 1809 endeten indes mit einer Niederlage der Aufständischen. Nach dem Waffenstillstand vom 12. Juli mussten die Österreicher aus Tirol abziehen, und die Franzosen rückten aus Italien bis nach Innsbruck vor. Doch der Kampf ging weiter, und am 13. August 1809 kam es zur dritten Schlacht am Bergisel, welche die Befreiung des Landes brachte und an der die Schützenkompanien aus dem unteren Eisack- und dem westlichen Pustertal, die unter dem Kommando von Mayr standen, maßgeblichen Anteil hatten. Auch die Rittner Schützen hatten sich in den Schlachten vom 29. Mai und 13. August bewährt, zuerst unter Hauptmann Josef Zagler, damaliger Pfleger des Gerichts zum Stein auf dem Ritten, dann unter Hauptmann Anton Mayr. Insgesamt hatte man sechs Opfer zu beklagen.

Auf Dauer war die Übermacht der Gegner allerdings zu groß, und so entschieden die Franzosen und ihre Verbündeten die letzte Schlacht am 1. November 1809 zu ihren Gunsten. Hofer und Mayr überlegten, ob sie den Widerstand fortsetzen sollten, sahen aber schließlich dessen Aussichtslosigkeit ein. Mayr versteckte sich in Felthurns, wurde jedoch ebenso wie Hofer gegen eine Kopfprämie von 500 Gulden verraten und am 8. Februar 1810 verhaftet. Ein Kriegsgericht verurteilte ihn sechs Tage später zum Tod durch Erschießen. Als Mayrs Ehefrau und seine fünf Kinder beim französischen Standortkommandanten von Bozen, General Louis Baraguey d’Hilliers, persönlich vorstellig wurden und um Gnade flehten, schlug dieser vor, Mayr solle öffentlich erklären, dass er vom Waffenstillstand zwischen Österreich und Frankreich nichts gewusst und auch die Proklamation des italienischen Vizekönigs Eugène de Beauharnais vom 12. November 1809 nicht gekannt habe, nach der das Tragen von Waffen unter Todesstrafe verboten war. Das allerdings lehnte Mayr ab, denn er wollte sein Leben nicht durch eine Lüge „erkaufen“, die er zudem als ehrlosen Verrat an der Sache der Tiroler betrachtet hätte. So wurde das Todesurteil am 19. Februar 1810 bestätigt und am folgenden Tag an der alten Holztrift von Gries nördlich der heutigen Bozner Talferbrücke vollstreckt. Die Beisetzung des Leichnams erfolgte auf dem Friedhof an der Pfarrkirche von Bozen, dem heutigen Dom. Am 30. September 1900 errichtete man dort ein Denkmal. Der Zufall wollte es übrigens, dass Hofer am selben Tag zur selben Stunde exekutiert wurde wie Mayr, nämlich ebenfalls am 20. Februar 1810 in Mantua. Beide waren außerdem im selben Jahr geboren.

Auf Initiative des „Militär-Veteranen-Vereins Bozen“ enthüllte man am 9. Oktober 1910 an  Mayrs Geburtshaus eine Gedenktafel, und 2009 wurde im Rahmen der 200-jährigen Erinnerung an den Tiroler Freiheitskrieg in Klobenstein, dem Verwaltungszentrum des Ritten, ein Gedenkstein für Mayr eingeweiht – an der Hauptstraße des Ortes, die ebenfalls den Namen des Rittner Helden führt. Schließlich ist auch das Vereinshaus im benachbarten Lengmoos nach ihm benannt und selbst in Bozen-Gries und in Meran-Untermais gibt es Peter-Mayr-Straßen.

Die Nachkommen Mayrs haben, wie bereits seine Vorfahren, die Geschichte des Ritten nachhaltig mitgeprägt. So war sein Großneffe Josef Mayr (1834-1909) am Ende des 19. Jahrhunderts für längere Zeit Gemeindevorsteher, was dem Amt eines Bürgermeisters entspricht. Dessen Sohn wiederum, Georg Mayr (1881-1968), war nach der Neuaufstellung der Rittner Schützenkompanie „Peter Mayr“ 1958 zehn Jahre lang bis zu seinem Tod deren Hauptmann, und Georgs Enkel Klaus Mayr führt inzwischen diese Tradition fort.

Weniger bekannt sein dürfte hingegen selbst vielen Rittnern, dass die letzte Verwandte Peter Mayrs in direkter Linie vor mehr als 100 Jahren starb und ihr Grabstein noch heute fast versteckt und kaum beachtet neben der Pfarrkirche von Lengmoos existiert, wo sich einst der 1961 endgültig aufgelassene Friedhof befand. Als dieser 1905 zu klein wurde, legte man ein Erweiterungsfeld an, das genau ein Jahrhundert später verschwand und einer gartenähnlichen Anlage Platz machte. An der Mauer, die einst die Friedhofserweiterung begrenzte, findet sich eingelassen der historisch bedeutsame Grabstein mit der Inschrift: „Hier ruht Filomena Mair, Urenkelin und letzte Nachkomme des Tiroler Helden Peter Mair, Wirt an der Mahr. Sie starb am 16. Februar 1907. R.I.P. – Gewidmet vom Schützen- und Feuerwehr-Vereine Lengmoos.“