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11.08.17 / Grüne Straßen für Getigerte / Wildkatzen kehren zurück in deutsche Wälder – auch dank eines erfolgreichen Projekts

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-17 vom 11. August 2017

Grüne Straßen für Getigerte
Wildkatzen kehren zurück in deutsche Wälder – auch dank eines erfolgreichen Projekts
H. Tews

Vor 100 Jahren standen die Wildkatzen in Deutschland kurz vor dem Aussterben. Inzwischen scheinen sie sich in vielen Regionen wieder heimisch zu fühlen. Das ergaben genetische Untersuchungen von Fellrück­ständen, welche die extrem scheuen Tiere an sogenannten Lockstöcken hinterlassen haben.

Wie viele Wildkatzen sich in deutschen Wäldern herumtreiben, können selbst Experten nicht genau beziffern. Im Jahr 2000 schätzte man die Population auf bis zu 5000 Tiere. Inzwischen sollen es etwa 7000 sein. Zu verdanken ist die Zunahme auch dem Projekt „Wildkatzensprung“, das der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vor sechs Jahren ins Leben gerufen hat. In dem vom Bundesamt für Naturschutz mit 3,85 Millionen Euro aus Mitteln des Bundesumweltministeriums geförderten Projekt wurden abgetrennte Waldbereiche durch „grüne Korridore“ miteinander verbunden, durch die sich die Tiere neuen Lebensraum erschließen können. Die gefährliche Überquerung von Straßen soll ihnen dadurch er­spart bleiben.

Nach Angaben der Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Beate Jessel, sind die Hauptlebensräume der Wildkatze, nämlich die naturnahen Wälder, oft durch Straßen, landwirtschaftlich genutzte Flächen oder Siedlungen voneinander isoliert. Das führe zu schwer überwindbaren Hindernissen und Gefahren für die Wanderungen der Wildkatze. „Diese sind aber nötig, um neue Lebensräume erschließen und sich inzuchtfrei vermehren zu können“, sagt Jessel. Um Wildkatzen und zugleich vielen anderen ge­fährdeten Tieren eine langfristige Überlebenschance zu geben, sei daher eine deutschlandweite Vernetzung der Wälder von großer Bedeutung.

Wildkatzen sind nicht zu verwechseln mit Hauskatzen oder wild lebenden Katzen. Sie bilden eine eigene Unterart und unterscheiden sich auch äußerlich von Hauskatzen. Sie sind etwas größer und massiger. Auffällig ist ihr buschiger Schwanz, der drei dunk­le Ringfärbungen aufweist. Bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein wurden die Tiere stark bejagt, außerdem wurden ganze Populationen Opfer von Epidemien oder wurden vom zunehmenden Autoverkehr auf Straßen überfahren.

Als eine Maßnahme zur Gegensteuerung hat man 2011 das Projekt „Wildkatzensprung“ ins Le­ben gerufen, das als eines der größten Naturschutzprojekte Eu­ropas gilt, und das nicht nur in Hinblick auf die flächenmäßige Ausdehnung, sondern auch be­züglich der vielfältigen Beteiligung. Im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt wa­ren zuletzt Landesverbände des BUND aus zehn Bundesländern beteiligt. Unter der Mitwirkung hunderter ehrenamtlicher Mitarbeiter wurden 25000 Bäume und Sträucher gepflanzt, um Wälder miteinander zu vernetzen. Die genetische Datenbank umfasst aktuell etwa 3500 Lock­stöcke, die mit der Unterstützung zahlreicher ehrenamtlicher Mitarbeiter insgesamt 50000 Mal auf Haarproben untersucht wurden. 

„Die im Projekt entwickelte Gendatenbank für die Wildkatze ist für die Wissenschaft einzigartig und wegweisend für weitere Projekte“, sagt Volker Mosbrugger, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, mit deren Forschungsinstitut der BUND eng für die genetischen Analysen zusammenarbeitet. Die Datenbank lieferte dabei wichtige Hinweise, wo die Vernetzung von Wäldern be­sonders sinnvoll ist. In Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Thüringen wurden Wälder beispielhaft durch „grüne Korridore“, also Waldverbindungen aus Bäumen und Büschen, wieder miteinander verbunden.

Die gefährdete Europäische Wildkatze breitet sich in Teilen Deutschlands wieder aus, in anderen Gebieten, die auch als Lebensräume geeignet wären, so zum Beispiel in Teilen Ost- und Norddeutschlands, wurden dagegen noch keine Wildkatzen nachgewiesen. Darum wird sich der BUND auch nach Ende des Projekts „Wildkatzensprung“ weiter für die Wildkatze einsetzen: mit der langfristigen Schaffung eines 20000 Kilometer langen Waldverbundes, der große Teile Deutschlands umfasst und somit einen wichtigen Beitrag zur Entwick­lung des länderübergreifenden Biotopverbunds leisten wird. Der Fortschritt dieser Vision ist online unter „www.wildkatzendatenbank.de“ einsehbar.