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25.08.17 / Italiens Schlepperbekämpfung zeigt Wirkung / Immigranten über das Mittelmeer weichen vermehrt auf die Westroute über Spanien aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-17 vom 25. August 2017

Italiens Schlepperbekämpfung zeigt Wirkung
Immigranten über das Mittelmeer weichen vermehrt auf die Westroute über Spanien aus
Bodo Bost

Seit dem Hilfeschrei Italiens auf dem EU-Gipfel in Reval [Tallinn] – immerhin sind in den letzten drei Jahren fast 600000 Asylsucher in Italien angelandet – und dem Inkrafttreten des neuen Verhaltenskodex für die in der Asylsucherhilfe engagierten privaten Nichtregierungsorganisationen (NRG) ist Bewegung in die verfahrene EU-Asylpolitik geraten. Italien hatte in einer bilateralen Abmachung mit der von der UNO anerkannten Regierung in Tripolis vereinbart, deren Seestreitkräfte bei der Schleuserbekämpfung in libyschen Hoheitsgewässern zu unterstützen. Dadurch kann die libysche Küstenwache jetzt sehr viel mehr Asylsucherboote kontrollieren und sie zur Rückkehr an die libysche Küste bewegen, bevor sie den gefährlichen Weg auf das offene Meer antreten, bei dem in diesem Jahr schon 3000 Asylsucher den Tod fanden. Die Folge davon war im Juli erstmals seit Jahren ein starker Rückgang der Übernahmen von Asylsuchern auf offener See und damit zusammenhängend ein starker Rückgang der Asylsucherzahlen in Italien. Frankreich hatte seinerseits in einer bilateralen Vereinbarung mit Libyen angekündigt, sogar Asylsucherlager auf libyschem Territorium zu errichten, ohne allerdings die Modalitäten dieses Vorhabens genau mitzuteilen.

Obwohl von den mehr als zehn privaten Nichtregierungsorganisationen, die auf dem Mittelmeer Asylsucher übernehmen, bislang nur vier den neuen italienischen Verhaltenskodex unterschrieben haben, ist die Anzahl der Übernahmen um die Hälfte zurückgegangen, weil weniger Boote die libysche Küste verlassen. Schiffe zweier privater Nichtregierungsorganisationen, darunter der deutsche Verein „Jugend Rettet“, wurden mittlerweile in Italien festgesetzt, bis sie den Kodex unterschreiben oder darauf verzichten, weiterhin die italienische Küste anzulaufen. Deutsche Medien hatten berichtet, dass „Jugend Rettet“ mehrmals Menschen direkt von Schleppern übernommen hätten, ohne dass eine Seenot vorgelegen hätte. „Jugend Rettet“ hatte sich auch geweigert, italienische Polizisten an Bord zu lassen und Schleuser unter den Asylsuchern dingfest zu machen. Nachdem die jahrelang geduldete Zusammenarbeit zwischen privaten „Seenotrettern“ und Schleppern jetzt vorbei sein dürfte, könnte die bislang offene zentrale Mittelmeerroute einer Schließung entgegengehen. 

Die wieder zunehmende Zahl der über die Westmittelmeerroute nach Spanien gelangten Asylsucher, die jahrelang infolge der offenen Balkan- und zentralen Mittelmeerroute vergleichsweise gering gewesen war, könnte darauf hindeuten, dass sich die Schlepper bereits darauf eingestellt haben. Vor allem der Andrang auf die beiden spanischen Enklaven in Nordafrika, Ceuta und Melilla, hat enorm zugenommen. An diesen einzigen Landgrenzen der EU in Afrika, haben es in den vergangenen Wochen Hunderte Asylsucher mit Gewalt und Unterstützung der marokkanischen Behörden geschafft, die Grenzkontrollen an den Übergangsstellen zu überwinden, indem sie einfach zu Hunderten gemeinsam auf die Grenzkontrollen losgegangen waren. 

Ganz allgemein sind die Asylsucher gewalttätiger geworden, aber auch einfallsreicher. So versuchen jetzt von Marokko aus immer mehr Asylsucher, mittels Touristenboot oder Jet-Ski an die Küsten der Enklaven oder direkt des spanischen Festlandes zu gelangen. 

Während Italien und Frankreich nun die Asylpolitik in die eigene Hand nehmen, fehlt ein solches Signal von dem ebenso überlasteten Griechenland. Es sei denn, man interpretiert als ein solches die geringe Versorgung von Asylsuchern in Griechenland. Diese wirkt derart abschreckend, dass laut einer Statistik der Internationalen Organisation für Migration (IOM) seit Anfang des Jahres bereits mehr als 10000 Asylsucher Griechenland mit Abfindungen freiwillig verlassen haben. Es soll sich vor allem um Asylsucher aus Nordafrika, Pakistan und Bangladesch gehandelt haben, die keine Aussicht hatten, dass ihrem Asylantrag entsprochen wird. Seit Beginn des Jahres hat Griechenland sogar mehr alte Asylsucher zur freiwilligen Rückkehrer bewegen können, als es neue angelockt hat. Deutschland ist von einem solchen Saldo meilenweit entfernt.