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25.08.17 / Schnellstraße zum Dschihad / Ein aufwendiges Rastersystem soll vor Moslem-Terroristen schützen – Schon jetzt ist klar, dass es kaum nützt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-17 vom 25. August 2017

Schnellstraße zum Dschihad
Ein aufwendiges Rastersystem soll vor Moslem-Terroristen schützen – Schon jetzt ist klar, dass es kaum nützt
Frank Horns

Erkennen, beobachten, festnehmen und, wenn möglich, abschieben – so ist der Plan, um Moslem-Terroristen in Deutschland von weitere nBluttaten abzuhalten. Den Umgang mit den sogenannten Gefährdern sollen immer ausgefeiltere Methoden perfektionieren. Funktionieren wird diese Art, den Terror zu bekämpfen, trotzdem nicht.

„Ganz normale Jungen waren das.“ Maria Dolores Vilalta, im spanischen 10000-Einwohner-Städtchen Ripoll für die Eingliederung von Immigranten zuständig. wiederholt diesen Satz wieder und wieder vor den zahllosen Journalisten, die sie umlagern. Das Medieninteresse ist riesig. In der katalanischen Kleinstadt wohnten acht der Attentäter von Barcelona und Cambrils. Niemandem war vorher etwas aufgefallen.

Ebenso wenig galt auch der Palästinenser Ahmed Alhaw (26) als Gefährder. Am 28. Juli stach er im Hamburger Stadtteil Barmbek in einem Supermarkt auf fünf Menschen ein und tötete einen von ihnen. Das Messer hatte er nicht mitgebracht, sondern sich einfach in der Abteilung mit Küchenzubehör gegriffen. Noch einige Zeit zuvor hatte er in einen Interview treuherzig seine religiöse Toleranz beteuert. In die Kamera eines Journalisten erklärt er: „Ich darf niemandem dazu zwingen, das zu glauben, was ich glaube.“ Dann verurteilt er die islamischen Attentate in Paris. Auf „Spiegel TV“ war der Messermörder bei seinem Auftritt als Vorzeige-Flüchtling jüngst zu sehen.

Im Fall von Anis Amri, dem Lkw-Attentäter auf dem Berliner Breitscheidplatz, blieben ebenfalls alle Maßnahmen der Terrorbekämpfung wirkungslos. Nachdem er einem V-Mann seine Mordpläne anvertraut hatte, wurde sein Handy angezapft. Polizisten beschatteten ihn. Als sie nur kleine Drogengeschäfte registrierten, stellten sie die Überwachung ein. Keine konkrete Gefahr, so der Rückschluss. 

Genau das ist das Problem: Fanatismus lässt sich nicht kategorisieren oder katalogisieren. Als plötzlicher Flächenbrand fackelt er durchs Bewusstsein und trieb Ahmed Alhaw dazu, auf Deutsche in einem Supermarkt einzustechen. Als Schwelbrand lodert er jahrelang unter einer Decke von Täuschung und Harmlosigkeit  – bis die Nagel-Bomben konstruiert, der Kleinlaster angemietet und auf der Schnellstraße in Richtung Dschihad unterwegs ist. 

Alle diese Arten von Fanatismus verursacht ein bestimmtes Buch: Es hat 604 Seiten, die sich in 114 Abschnitte aufgliedern. Etliche dieser Suren predigen Mord und Totschlag gegen Andersgläubige. Manche nennen den Koran daher ein Manifest der Gewalt. Die Auseinandersetzung damit, wie nah fromme Korangläubige unweigerlich dem terroristischen Denken kommen, ist ein Tabu in Deutschland. Stattdessen versucht man das Unmögliche: Potentielle islamische Terroristen sollen frühzeitig als Gefährder erkannt werden. Sind sie identifiziert, sollen sie beobachtet, kontrolliert und wenn möglich abgeschoben werden. Derzeit gibt es laut Bundeskriminalamt 690 Gefährder in Deutschland. Ihre Zahl steigt ständig. Ende Januar waren es noch 570. Viele rekrutieren sich aus dem Dunstkreis der Salafisten. Die ultrakonservative islamische Strömung findet unter Moslems regen Zulauf. Verfassungsschützer sprechen von einem ungebremsten Wachstum, 10000 sollen sich derzeit in Deutschland für ihre (wortwörtliche) Auslegung des Korans stark machen. 

Sie alle zu kontrollieren ist unmöglich. Allein wenn jeder Gefährder rund um die Uhr überwacht würde, wären 25 bis 40 Polizisten pro Person im Einsatz, insgesamt also bis zu 28000 Mann. Dieser Aufwand sprengt jede Polizeibehörde. Daher soll jetzt ein Rastersystem helfen, die Tatendurstigsten unter den Mordlüsternen herauszufiltern. Es heißt Radar-iTE. Das steht für „Regelbasierte Analyse potenziell destruktiver Täter zur Einschätzzung des akuten Risikos – islamischer Terrorismus“. Fallanalytiker, Staatsschützer und forensische Psychologen der Universität Konstanz haben es entwickelt. Es soll demnächst bundesweit eingeführt werden. Nach Radar-iTE beurteilte Personen werden einer dreistufigen Skala zugeordnet. Sie unterscheidet zwischen einem hohen, einem auffälligen und einem moderaten Risiko. Nach der Bewertung „wägt die sachbearbeitende Dienststelle die Handlungsoptionen ab und wählt anhand der festgestellten Risiko- und Schutzbereiche individuell passende Interventionsmaßnahmen im rechtlich zulässigen und tatsächlich möglichen Rahmen.“ 

Das klingt nach einem – im Beamtendeutsch – erzählten Märchen. Was, wenn ein Gefährder seinen göttlichen Auftrag, Ungläubige zu töten, so ernst nimmt, dass er für eine Weile einfach einmal vortäuscht, am Koran nur noch mäßig interessiert zu sein? Wird aus dem auffälligen Risiko dann irgendwann ein moderates, bis  die Akte schließlich von der „sachbearbeitenden Dienststelle“ ganz beiseitegelegt wird?

Mittlerweile gibt es sogar ein deutschsprachiges Magazin, dass Nachwuchs-Dschihadisten wertvolle Tipps zum Austricksen der Gegenseite liefert. Es heißt „Kybernetiq“ und bietet in seiner ersten Ausgabe unter anderem den Artikel „Werde zum Albtraum der Geheimdienste“. Auch der Verfassungsschutz hat die Story gelesen. Eine Behörden-Sprecherin: „Es ist handwerklich sehr ordentlich gemacht. Erstmals werden hier die gängigen Verschlüsselungstricks an einer Stelle auf Deutsch gebündelt.“ Da „Kybernetiq“ nicht direkt zu Gewalttaten aufruft, kann das Magazin nicht verboten werden.