Es war ein Sonntag, als vor 56 Jahren die Grenze zu den Berliner Westsektoren abgeriegelt und eine Mauer gebaut wurde. Damit wurden mit einem Schlag Familien, Freunde und Arbeitskollegen getrennt. Bis zum Schluss hatten sich die Berliner nicht vorstellen können, dass die Lebensadern ihrer Stadt zerschnitten werden würden. Sie standen hilflos zu Hunderten diesseits und jenseits der wachsenden Mauer und winkten sich zu, solange sie sich noch sehen konnten.
Besonders dramatische Szenen spielten sich in der Bernauer Straße ab, wo die Wohnhäuser zum Osten gehörten, der Gehsteig davor aber zu West-Berlin. Die Bilder, dass sich Menschen aus den oberen Stockwerken abseilten oder in die Rettungstücher der Feuerwehr sprangen,gingen um die Welt.
Heute ist hier die Mauergedenkstätte.Es war, wie fast alles in Berlin, ein harter Kampf, ehe sie verwirklicht werden konnte. Die damalige PDS-Stadträtin gab die Anweisung, die ehemaligen Grenzanlagen abzureißen, ein evangelischer Pfarrer entdeckte Kriegsgräber auf dem Todesstreifen, auf denen keine Gedenkstätte errichtet werden dürfte. Schließlich wurde sie doch verwirklicht, auch wenn die bereits niedergerissenen Mauerteile durch eine Reihe Eisenstäbe ersetzt werden mussten, weil der Denkmalsschutz eine Wiedererrichtung verbot.
Die Bernauer Straße ist eine Touristenattraktion. Die Besucher staunten am Sonntag, dem 13. August, nicht schlecht, als vor der Versöhnungskapelle, die anstelle der von der DDR gesprengten Kirche errichtet worden ist, plötzlich Staatskarossen vorfuhren und sich der Platz mit Sicherheitsleuten füllte. Die Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), der Kultursenator von Berlin, Klaus Lederer, und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (beide Linkspartei) waren zur Gedenkfeier für die Maueropfer angereist.
Deren langjähriges Konzept besteht darin, an einen bestimmten Menschen zu erinnern, der an der Mauer ermordet wurde. Diesmal war es der Pole Czeslaw Kukuczka, dessen Schicksal erst jüngst bekannt wurde.
Es wäre ein würdiges Gedenken gewesen, wenn Pfarrer Jeutner bei seiner Begrüßung die Mauer nicht mit dem israelisch-palästinensischen Grenzzaun verglichen hätte. Wer eine Mauer, mit der ein Staat Menschen einkerkerte und erschoss, wenn sie fliehen wollten, gleichsetzt mit einem Zaun, der das Eindringen von Terroristen erschweren soll, instrumentalisiert die Mauertoten dem Zeitgeist zuliebe.