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25.08.17 / Irisches Zigeuner-Pendant / Nach NRW hat der Zug der Traveller nun Hessen erreicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-17 vom 25. August 2017

Irisches Zigeuner-Pendant
Nach NRW hat der Zug der Traveller nun Hessen erreicht

Sie selbst nennen sich „Traveller“, also Reisende, wegen des irisch-keltischen Ursprungs gerne mit einem Irish davor. Abwertend werden sie „Tinker“ oder auch „Pavee“ gerufen. In Irland wird der Begriff Itinerants (Umherziehende, Wandernde) verwendet. In Australien werden sie als „Sundowners“ bezeichnet, gemäß der romantischen Vorstellung, dass sie ihr Lager aufschlagen würden, wo die Sonne untergeht. Die Rede ist von den ursprünglich aus Irland stammenden, aber auch in angelsächsischen Ländern wie Großbritannien, den USA, Kanada und Australien lebenden Landfahrern, die traditionell im Sommer auch durch Deutschland touren. Nachdem sie in den vergangenen Wochen einige Städte in Nordrhein-Westfalen in Aufregung versetzten, zogen sie in der vergangenen Woche nach Hessen weiter. 

Der Begriff „Tinker“ geht auf das englische „tin“ für Zinn zurück und bedeutet abschätzig Kesselflicker; die Pavee sind Wanderhandwerker, die früher billiges Küchengeschirr reparierten. Heute arbeiten die Gemeindemitglieder üblicherweise als Klempner, Blechschmiede, Hufschmiede, Pferde- und Schrotthändler oder im Straßenbau. Aber es gibt auch Berichte über Diebstähle, Lärm, Sachbeschädigung und Müllberge nach illegalem Campen. Nach irischen Behördenangaben gibt es derzeit 25000 Traveller oder knapp 4500 Travellerfamilien. Diese Minderheit führt traditionell ein Nomadenleben. 

Lange Zeit ging man davon aus, dass die Traveller in Irland während der Hungersnot im 19. Jahrhundert ihres Landes enteignet wurden. Doch Forscher fanden kürzlich heraus, dass die Traveller schon um 1650 als separate Gruppe auftauchten. Ihre Lebensumstände sind dubios. Teilweise gibt es Gerüchte über einen aufwändigen Lebensstil.

Doch eine Studie des University College Dublin ergab im Jahr 2010, dass die Lebenserwartung eines männlichen Travellers mit 61,7 Jahren rund 15 Jahre niedriger ist als die des Durchschnittsmannes ist. Travellerfrauen wurden demnach im Schnitt 70,1 Jahre alt und starben damit im Schnitt knapp zwölf Jahre früher als die durchschnittliche Zeitgenossin. Der Großteil der Traveller ist Behörden zufolge jünger als 25 Jahre; nur jeder fünfte werde älter als 50 Jahre. Die Suizidrate sei in der Travellergemeinde sechsmal so hoch wie in der Gesamtbevölkerung. 

Traveller werden in europäischen Ländern häufig als „Zigeuner“ bezeichnet, haben aber mit denen nichts zu tun. Die Tinker sprechen ihre eigene Sprache, einen Mix aus irisch-gälischen, eng­lischen und romanesischen Begriffen. Versuche, sie sesshaft zu machen, sind nach Angaben der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) nur bedingt erfolgreich. Das Umherziehen von Ort zu Ort ist Teil ihrer Kultur. 

Nach jahrelangen Kämpfen und Kampagnen erkannte das irische Parlament am 1. März dieses Jahres die Traveller erstmals als ethnische Minderheit an. Gemeinsam mit der Travellergemeinde hat die irische Regierung einen neuen Inklusionsplan für die Landfahrer ausgearbeitet. Dafür hatten die Traveller jahrzehntelang gekämpft. Der irische Staat verspricht sich davon, die Volksgruppe besser in den regulären Arbeitsmarkt integrieren zu können. Dem widersprechen aber Gemeindemitglieder. Das Nomadendasein und die Streifzüge durch Europa während der Sommermonate seien Teil ihrer Kultur.PE/I.H.