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25.08.17 / Was die FDP und den DGB verbindet / Der Dachverband der Gewerkschaften und die Partei der Marktwirtschaft hatten durchaus Gemeinsamkeiten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-17 vom 25. August 2017

Was die FDP und den DGB verbindet
Der Dachverband der Gewerkschaften und die Partei der Marktwirtschaft hatten durchaus Gemeinsamkeiten
Friedrich-Wilhelm Schlomann

Sowohl die Freie Demokratische Partei als auch der Deutsche Gewerkschaftsbund hatten mit der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDP) beziehungsweise dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) ein Pendant im anderen Teil Deutschlands und betrieben ein Ostbüro für die mitteldeutschen Gesinnungsfreunde. Die Liberalen bauten 1948 ihr Ostbüro unter der Bezeichnung „Hilfsdienst Ost“ in Frankfurt am Main auf. Unter Karl-Heinz Naase siedelte das Büro später nach Bonn um. In West-Berlin befand sich eine Ausweichstelle, die von dem frü­heren Mitglied des Zentralrats der Freuen Deutschen Jugend Herbert Geißler und Rudolf Jacobi geleitet wurde. Um die Verbindung zu den Liberaldemokraten in der DDR aufrecht zu erhalten, wurde ein „Ost-Informationsdienst“ herausgegeben, der zumeist per DDR-Post eingeschleust wurde. Daneben existierten für die Bevölkerung jenseits der Sektorengrenze ab 1955 die „Jedermann-Briefe“ mit einer Auflage von je 150000. 

Während des Sommers 1952 warf das Ostbüro mit etwa 4000 Ballons rund 17400 Flugblätter ab. Außerdem kamen über 1000 Ballons von Gießen und Uelzen aus zum Einsatz. In den ersten neun Monaten des folgenden Jahres gingen von West-Berlin und dem westdeutschen Eschwege mittels 15763 Ballons 857147 Flugblätter in die DDR. Weitere zirka 425000 Flugschriften wurden an DDR-Besucher in West-Berlin verbreitet. Ebenso erhielten sie eine nachgeahmte Ausgabe der Ost-Berliner Zeitschrift „Die Wirtschaft“. Im Rahmen tollkühner Aktionen zur Herbstmesse 1953 in Leipzig verteilte man rund 30000 Flugzettel, etwa ein Drittel davon durch Flugblatt-Raketen. 

Eine ziemliche Lähmung der Widerstandsarbeit bewirkte die DDR-Geheimpolizei damals mit der Entführung eines wichtigen Mitglieds des Ostbüros, in deren Folge sie 68 Vertrauensleute verhaften konnte. Drei in die Zentrale eingeschleusten Stasi-Mitarbeitern gelang es innerhalb von zwei Jahren, die Tätigkeit des Ostbüros so zu diskreditieren, dass dieses letztendlich Ende 1956 zumindest seine konspirativen Aktionen einstellte. Insbesondere verübten sie Sabotage an den Ballons, dass jene nach Polen flogen oder sehr schnell abstürzten. Damit die ausbleibenden Rückläufe an Antwortkarten aus der DDR an westdeutsche Deckadressen nicht Misstrauen erregten, schrieb die Stasi zur Täuschung solche selber an das Ostbüro. Dessen ehrenamtlichen Mitarbeiter Werner Hähn, der sehr an seinen bei seiner Flucht in der DDR zurückgelassenen Kindern hing, wusste man in Ost-Berlin zu ködern. Sechs Jahre verriet er Lageberichte, viele Empfänger der Briefe mit Flugblättern sowie mehrere Vertrauensleute „drüben“. Bis zu seinem tödlichen Unfall mit dem Auto, das die Stasi extra für ihn gekauft hatte zur Entführung eines Mitarbeiters, erhielt er von ihr 15400 D-Mark Agentenlohn. 

Erschwerend kam in all den Jahren hinzu, dass die Parteispitze der FDP die Widerstandsarbeit ihres Ostbüros nicht als sinnvoll bezeichnete und auf dessen Auflösung drängte. Der wahre Grund war, dass sie offiziell Kontakt zur LDP der DDR aufgenommen hatte. In völliger Verkennung der machtpolitischen Situation glaubte der FDP-Parteivorsitzende Thomas Dehler, durch seine Gespräche mit der Führung der LDP diese aus dem DDR-System herausbrechen und für seine westdeutschen Freien Demokraten gewinnen zu können. 

In jenen Zeiten kämpfte der Deutsche Gewerkschaftsbund, der später recht DDR-freundlich wurde, gegen die Ausbeutung der dortigen Arbeiterschaft in Form von „freiwilligen“ Überstunden, Aktivisten-Kampagnen und den ständigen Norm-Erhöhungen. Sein Ostbüro unter Leitung von Gerhard Haas verbreitete „Die kleine Tribüne“ auf Extra-Dünndruckpapier, deren Titel dem offiziellen Organ der DDR-Gewerkschaft FDGB namens „Tribüne“ nachgeahmt war und ihren Lesern Hinweise auf ihre Rechte vermittelte. Ihr Widerstands-Symbol war die Schnecke, das überall in den Fabriken und Werkstätten gemalt werden sollte für ihre Devise „Arbeite langsam!“ 

Sehr erfolgreich war der Druck einer Broschüre, die von außen aussah wie der Versicherungsausweis der Sozialversicherung der DDR durch das Ostbüro. Sie appellierte an die Arbeiter: „Denke daran, es geht um deine Gesundheit, die dir keiner wiedergeben kann. Hinterher nützen dir weder Rente noch Or­den“ und veröffentlichte viele Tipps, wie man nicht-nachprüfbare Krankheiten und gesundheitliche Leiden vortäuschen kann, um den Dienst in den DDR-Streitkräften oder im gefährlichen Uran-Bergbau in Aue zu umgehen. Der Inhalt war einer ebenfalls getarnten Broschüre der britischen Propaganda aus dem Zweiten Weltkrieg entnommen. 

Angebliche Schriften des kommunistischen Weltgewerkschaftsbundes (WGB) riefen die FDGB-Funktionäre zur Einhaltung der Gesetze und zum Einschreiten gegen Übergriffe der SED gegen „die Werktätigen im ersten Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden“ auf und beschrieben andererseits die Arbeitsmöglichkeiten der freien Gewerkschaften in den einzelnen westeuropäischen Ländern.