27.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
01.09.17 / Zweiter Fall Niedersachsen? / Thüringer Koalition vor dem Aus – Alles hängt an einer Stimme

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-17 vom 01. September 2017

Zweiter Fall Niedersachsen?
Thüringer Koalition vor dem Aus – Alles hängt an einer Stimme
Peter Entinger

Ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei ist vor den Bundestagswahlen in weite Ferne gerückt. Die Bundesvorsitzende der Linken, Katja Kipping, warf dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz vor, er würde sich nicht eindeutig zu einem rot-rot-grünen Projekt bekennen und damit signalisieren, dass er keinen echten Politikwechsel wolle. 

Die Stimmung im Lager links der Mitte ist schlecht, und das hängt vor allem mit Auseinandersetzungen in Thüringen zusammen. Dort regiert mit Bodo Ramelow der einzige Ministerpräsident der Linkspartei in einer Koalition mit SPD und Grünen. Die Partner haben sich über ihr Vorhaben einer Gebietsreform dermaßen zerstritten, dass niemand mehr im Falle einer Abstimmung darüber für eine Mehrheit im Landtag garantieren mag. Sollte ein einziger Abgeordneter aus dem Bündnis mit Nein stimmen, hätte Ramelow bei seinem Prestigeprojekt keine Mehrheit mehr.

Vorgesehen war eine Reduzierung der 17 Landkreise und 850 Gemeinden, von denen am Ende nur 200 übrig bleiben sollen. Die CDU und die Grünen sind dagegen. Hartnäckig machen in Erfurt Gerüchte über anstehende Parteiwechsel die Runde. Vor allem bei den Grünen und der SPD wächst die Furcht vor einem zweiten Fall Niedersachsen. Dort hatte die rot-grüne Mehrheit vor Kurzem ihre Mehrheit verloren, weil eine Abgeordnete von den Grünen zur CDU gewechselt war. 

Vor rund zwei Wochen stoppte nun ein Kleiner Parteitag die Zustimmung der Grünen zur Gebietsreform in Thüringen. Ministerpräsident Ramelow zog die Reißleine, indem er eine Verschiebung der Reform auf das Jahr 2021 durchsetzte, vor allem, um die Grünen zu beruhigen. Doch es gab umgehend neuen Ärger. Unter anderem sollte auf Drängen der Linken der Posten eines Staatssekretärs im Innenministerium von Holger Poppenhäger (SPD) geschaffen werden, der für die Projektsteuerung verantwortlich zeichnen sollte. 

Die Wahl fiel schließlich auf den Landrat des Unstrut-Hainich-Kreises, Harald Zanker (SPD), der zuletzt als vehementer Befürworter des Projekts auffiel. Mit den Koalitionspartnern abgestimmt war diese Personalie nicht, wie Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) auf Twitter schrieb.

Grünen-Fraktionschef Dirk Adams musste offenbar schwer auf die Zähne beißen, gab aber zu, die Kommunikation als unglück­lich zu empfinden. Mit Häme reagierte die AfD-Fraktion. „Offensichtlich hat die SPD den letzten Mohikaner, der unter den Landräten noch hinter der Gebietsreform stand, für seine Vasallentreue belohnt“, sagte der kommunalpolitische Sprecher Jörg Henke. 

Viele Augen richten sich in diesen Tagen auf ein abtrünniges AfD-Mitglied. Der Erfurter Rechtsanwalt Oskar Helmerich verließ seine Partei nach einem Streit mit Björn Höcke. Nun gehört er der SPD-Fraktion an. Er ist die eine Stimme, die Ramelow noch im Amt hält.