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01.09.17 / Geschminkte Schlagzeilen / Neue ZDF-Serie: Als der Feminismus an der Redaktionstür ankam

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-17 vom 01. September 2017

Geschminkte Schlagzeilen
Neue ZDF-Serie: Als der Feminismus an der Redaktionstür ankam
Anne Martin

Der Vorspann gibt die Richtung vor: Ein Lippenstift fliegt wie ein Torpedo durchs Bild, bohrt sich tief in eine dicke Zigarre, die in 1000 Teile zerbröselt. Frauenpower gegen Altherren-Mief, so sieht es aus, wenn das ZDF anno 2017 den Journalismus der 70er Jahre an­greift. Wer tief ins Fernsehmuseum steigt und nach Vorgängerinnen sucht, trifft dort auf Marianne Koch, die 1970 in „Die Journalistin“ noch kleinen menschlichen Geschichten auf der Spur war – Journalismus fürs Herz, die Aufbruchstimmung je­ner Jahre blieb außen vor. 

1989 recherchierte Renan Demirkan als Azade Celik immerhin schon ziemlich knallhart in „Reporter“. Nun also die sechsteilige Serie „Zarah“ (ab 

7. September, jeweils 21 Uhr, ZDF): Eine rot­haarige Feministin, die sich mit kritischen Artikeln einen Namen gemacht hat, erstürmt in ziemlich kurzen Hosen, den Hot Pants, die Männer-Bastion der Zeitschrift „Relevant“ und haut ihre provokanten Texte in eine Schreibmaschine. Facebook gab es noch nicht. Und in Archiven wurde noch mit Zeitungspapieren geraschelt. Kann das funktionieren? 

Das Autoren-Ehepaar Eva und Volker A. Zahn verwertet alle Themen, die in den 70er Jahren relevant waren. Abtreibung, Machotum, die aufkommende RAF, häusliche Gewalt, das Schweigen in vielen Familien und mittendrin die bisexuelle Zarah Wolf, die die selbstgefällige Männerphalanx aufmischt wie eine Sturmhaubitze. Wer die Abläufe in Redaktionen kennt, hält die Luft an, wenn Zarah mal eben die Druckmaschinen stoppen lässt, um hinter dem Rücken des Chefredakteurs ein Titelbild auszutauschen. Hunderttausende kostet so ein Knüller – und wahrscheinlich auch den Kopf des Redakteurs. 

Natürlich ging es auch in den 70er Jahren nicht zu wie bei „Zarah“, aber es hätte so sein können. Das Tableau einer Redaktion, in der die Chefsekretärin im engen Etuikleid ihren Chef verteidigt als sei er Gottvater persönlich, ist allemal unterhaltsam. Und Politik-Redakteure, die ein Barzel-Zitat ungleich wichtiger finden als eine Reportage über häusliche Gewalt, sind heute noch realistisch. „Heldenreise“ nennt sich der Drehbuch-Trick, eine Protagonistin gegen allerlei Widerstände zum Erfolg zu schicken. Manchmal wird auf Zarahs Marsch durch die Instanzen dick aufgetragen, wenn etwa die Heldin in der feministischen Ursuppe herumrudert, manchmal wünschte man sich unter all den Machos auch ein paar nette Männer, einfach so wegen der Quote. 

Und öfter wirkt der schneidige Ehrgeiz der Karrierefrau so knallhart und aufgesetzt, dass man jegliche Vorschuss-Sympathien zurückziehen möchte. Diese Frau ist kein Goldfisch im Haifisch-

Becken, die kann selber beißen. Trotzdem unterhält die Serie und wirft ein Schlaglicht darauf, was in den letzten 45 Jahren erreicht wurde. Alice Schwarzer, Wibke Bruhns und wie die Frauen der ersten Stunde hießen, könnten beruhigt einschalten. Schon wegen der Quote.