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08.09.17 / Invasoren erkrabbeln die Hauptstadt / Amerikanische Sumpfkrebse erobern den Tiergarten – und gefährden heimische Arten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-17 vom 08. September 2017

Invasoren erkrabbeln die Hauptstadt
Amerikanische Sumpfkrebse erobern den Tiergarten – und gefährden heimische Arten
Barbara Eising

Berlin hat ein tierisches Sommerproblem. Nein, es sind weder Mücken noch Waschbären, Wildschweine oder Füchse. Es sind Krebse, die der Hauptstadt zu schaffen machen. Knallrot schauen sie aus, ähneln einem Hummer und erobern in Scharen die Stadt. 

Die Rede ist von Roten Amerikanischen Sumpfkrebsen (Procambarus clarkii), die in unseren Gefilden überhaupt nichts zu suchen haben. Ihre Heimat ist der Südosten der USA und der Norden Mexikos. Der Naturschutzbund (Nabu) sieht in den Krustentieren aber nicht nur unerwünschte Einwanderer, sondern sogar eine Bedrohung für die heimische Flora und Fauna. Denn die Immigranten fressen alles, was sie vor die Scheren bekommen. 

Auf ihrem Speiseplan stehen Pflanzenreste, Fisch-, Froschlaich, Larven, Insekten, Würmer, Mücken. Doch die roten Ungetüme sind nicht nur Nahrungskonkurrenten für heimische Arten. Sie sind auch Überträger einer tödlichen Krankheit. Während der Sumpfkrebs gegen die sogenannte Krebspest, eine durch einen pilz­ähnlichen Erreger ausgelöste Infektionskrankheit, resistent ist, bedeutet sie für unsere Krebse den sicheren Tod. Deshalb, so die Nabu-Experten, müsse die Ausbreitung der Eindringlinge dringend verhindert werden. 

Doch wie haben es die Tiere mit den Scherenhänden nach Berlin geschafft? Die Spekulationen sind vielfältig. Möglich sei, dass Angler von einer Amerikareise Krebseier mitgebracht haben könnten. Wahrscheinlicher dürfte aber sein, dass sie ausgesetzt worden sind. Aufgrund ihrer roten Farbe werden sie von Aquarianern gern in Zoohandlungen gekauft. 

Katrin Koch vom Nabu Berlin vermutet, dass Tierhalter möglicherweise kein Interesse mehr an ihren Schützlingen gehabt haben und sie aus falsch verstandener Tierliebe in die Freiheit entlassen hätten. Die Einwanderer paaren sich mehrmals im Jahr und sorgen dadurch für enormen Nachwuchs, der einem Halter zuviel geworden sein könnte, weshalb er sich der Tiere dann einfach in offenen Gewässern entledigt habe. 

Bisher wurden die roten Invasoren vor allem mitten in Berlin im Tiergarten gesichtet, wo sie selbstbewusst tagsüber überall rumkrabbeln. Aber auch im Britzer Garten im Süden der Stadt sind sie anzutreffen. Nach Aussage von Wildtierexperten haben der viele Regen und die Überschwemmungen der vergangenen Wochen die Tiere, die ansonsten nachtaktiv und in Erdlöchern in Gewässerböschungen leben, an Land gespült. Andererseits sei ihre Population durch den milden Winter so groß geworden, dass sie neue Besiedlungsgebiete suchen.

Eine Ausbreitung in Havel und Spree, da sind sich die Fachleute einig, müsse dringend verhindert werden. Das Fischereiamt forscht inzwischen intensiv, in welchen Gewässern sich die Sumpfkrebse noch befinden. Um der Plage zu begegnen, wurden Aale ausgesetzt. Vielleicht macht sich auch ein Fuchs oder Waschbär über die Tiere her. Andere Experten wiederum setzen auf ein Aus­trocknen der Gewässer, um die ungeliebten Eindringlinge loszuwerden. Ein Einsammeln allerdings obliegt nur den entsprechenden Behörden und Fachleuten. Wer die Tiere wegen ihres delikaten Fleisches gern auf dem Grill hätte und einsammelt, macht sich wegen Wilderei strafbar.