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08.09.17 / Seine Erfindung brachte ihm wohl den Tod / Vor 150 Jahren starb der Konstrukteur des ersten funktionsfähigen U-Bootes der Welt, Julius Kröhl

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-17 vom 08. September 2017

Seine Erfindung brachte ihm wohl den Tod
Vor 150 Jahren starb der Konstrukteur des ersten funktionsfähigen U-Bootes der Welt, Julius Kröhl
D. Jestrzemski

San Telmo gehört zum Archipel der Perleninseln, einer Inselkette im Golf von Pa­na­ma südlich von Panama-Stadt. In einer Bucht der kleinen, unbewohnten Insel liegt vor der Sandküste ein stark korrodiertes Wrack auf dem Meeresgrund. Bei Ebbe zieht sich das Meer zweimal täglich meterweit zurück und gibt das zwölf Meter lange zigarrenförmige Vehikel frei. Einheimische Fischer hielten es für ein japanisches Spionage-U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg. 

Aufgrund eines Hinweises inspizierte der Direktor des Vancouver Maritime Museum, James Delgado, 2001 erstmals den Gegenstand. Er identifizierte ihn als das verschollen geglaubte U-Boot „Sub Marine Explorer“. Da das bereits 1865 gebaute Boot das erste war, das aus eigener Kraft wieder auftauchte, gilt es als das erste funktionsfähige Unterseeboot der Welt. Sein Konstrukteur war der deutsche Ingenieur Julius Kröhl aus Memel.

Über den U-Boot-Pionier ist nicht allzu viel bekannt, auch gibt es kein Foto von ihm. Er wurde 1820 als Sohn eines Kaufmanns in Memel geboren, zog später mit seiner Familie nach Berlin und studierte Ingenieurswesen. 1844 wanderte er mit seinem älteren Bruder in die USA aus und ließ sich im New Yorker Viertel „Klein Deutschland“ in Manhatten nieder. Um 1855 war er als Unterwasser-Ingenieur im Hafenviertel Lower Manhattan beschäftigt. Damals kamen beim Brückenbau Taucherglocken zum Einsatz. 

Während des Sezessionskrieges diente Kröhl in der Marine der Nordstaaten als Spezialist für die Sprengung von Über- und Unterwasserminen. Währenddessen entwarf er den Plan für ein handgetriebenes U-Boot aus genieteten Eisenplatten, das ähnlich einer Taucherglocke funktionieren und dem Zweck dienen sollte, unter Wasser Sprengladungen an feindlichen Schiffen anzubringen. Aber die Admiralität lehnte es 1863 ab, den kostspieligen Bau zu realisieren. 

Kröhl hatte nun die Idee, mit Hilfe seines Tauchbootes große Mengen Perlmuscheln in den reichen Fanggründen vor den pazifischen Perleninseln zu ernten und damit ein Vermögen zu machen. Für seinen Plan gewann er William Henry Tiffany, einen Bruder und Teilhaber des bekannten New Yorker Diamantenhändlers und Juweliers Charles Lewis Tiffany. Mit vier anderen solventen Geschäftsleuten gründeten sie zu diesem Zweck die Firma Pacific Pearl Company. Vom 18. November 1863 datiert der Eintrag in das New Yorker Handelsregister. Kurz darauf begann der Bau der „Sub Marine Explorer“ auf der Werft von Ariel Patterson. 

Eine Weltneuheit war das ausgeklügelte System aus Ballastkammern und einem Presslufttank im Inneren der „Sub Marine Explorer“. Pressluft wurde in die Arbeitskammer geleitet, bis ein Druckausgleich erreicht war, so dass es der Besatzung möglich wurde, die Luken im Boden der Maschine zu öffnen und mit dem Sammeln der Muscheln zu beginnen. Zuletzt wurde durch Druck­luft das Wasser aus den Ballasttanks gepresst, wodurch das U-Boot auftauchen konnte. Der Ein- und Ausstieg erfolgte durch den Turm. 

Mit dem Versprechen einer märchenhaften Ausbeute an Perlen und Perlmutt durch diese neuartige Muschelernte während 250 Tagen im Jahr gab die Firma im August 1866 weitere Aktien aus. Anschließend wurde das in Einzelteile zerlegte Tauchboot per Schiff Richtung Süden und mit der Eisenbahn weiter über die Landenge nach Pa­na­ma-Stadt transportiert. Im Juli 1867 fanden Probetauchgänge vor einer der Perleninseln statt. Dabei rutschte die „Explorer“ einmal an einer Kliffkante bis in 24 Meter Tiefe ab, wie das Tiefenmessgerät anzeigte. Die Mannschaft schaffte es aufzutauchen und blieb unversehrt. Unmittelbar nachdem die Patentrechte am 29. August 1867 erteilt worden waren, begann die Perlentauchaktion vor San Telmo unter der Leitung von Chefingenieur Kröhl. Das Drama nahm seinen Lauf. 

Bereits im darauffolgenden Monat, im September 1867, erkrankte Kröhl. Er fieberte stark und starb eine Woche später, am 9. September 1867, in Panama-Stadt. Als Todesursache wurde Malaria attestiert.

Kröhls Begleiter überlebten und kehrten nach New York zurück. 1869 nahmen sie an einer weiteren Perlentauchexpedition mit der „Sub Marine Explorer“ vor San Telmo teil, die laut der „New York Times“ mit mehreren Todesfällen endete. Trotzdem plante die Pacific Pearl Company eine Fortsetzung der Unternehmungen, fand jedoch kein Personal mehr dafür. Die „Explorer“ wurde aufgegeben und blieb vor der Küste San Telmos liegen – bis zum heutigen Tag. Sämtliche Versuche, die nach fast 150 Jahren brüchige, zerlöcherte Hülle zu bergen, schlugen fehl. Bis zu seinem vollständigen Zerfall wird das Relikt wohl weiter an dem weltabgeschiedenen Ort verbleiben.

Offen bleibt, ob Kröhl tatsächlich an einem Malariaanfall starb, oder, was bei den Todesfällen der zweiten Tauchexpedition außer Frage steht, an den Folgen der damals noch unbekannten Dekompressionskrankheit, auch Taucherkrankheit genannt. Durch einen zu raschen Druckausgleich nach einem Tauchgang in tieferem Wasser kommt es zu körperlichen Ausfallserscheinungen, was bei schweren Verlaufsformen zum Tod führen kann. Kröhls Grab liegt auf dem Fremdenfriedhof von Panama-Stadt.