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08.09.17 / »Alte Menschen sind etwas Positives« / Überalterung? Wo ist das Probem? – Wie Japan den demographischen Wandeln meistert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-17 vom 08. September 2017

»Alte Menschen sind etwas Positives«
Überalterung? Wo ist das Probem? – Wie Japan den demographischen Wandeln meistert
Ulrike Dobberthien

Was für ein aufregendes Land: Japan besitzt Affen, die gelernt haben, sich in den kalten, schneereichen japanischen Wintern in heissen Vulkanquellen zu aalen. Es hat sechs Klimazonen, die von nordisch–schneekalt am 45. Breitengrad bis in den subtropischen Süden am 20. Breitengrad reichen. Es ist stolz auf seine oft erbarmungslos kriegerische Geschichte von 12000 Jahren und auf seine reichhaltigen Traditionen. Die Grausamkeiten des Kaiserreichs, des imperialen Japans, des völkermörderischen Japans im Südpazifik haben nicht dazu geführt, dass sich ein Schuldkult wie in Deutschland entwickelte. Und mit 377930 Quadratkilometern ist dieses erstaunliche Land nur eine Winzigkeit grösser (genau 1.06 mal) als Deutschland, das 357114 bietet. Also ist es auch tauglich für spannende Vergleiche.

Das interessanteste ist, dass Japan eine Bevölkerung von 127 Millionen Einwohnern hat. Japanern. „Bio-Japanern“, wie mancher augenzwinkernd sagt und auf die ultrastrenge Einwanderungspolitik des Landes hinweist.  Deutschland hat aktuell irgendetwas mit 82 Millionen Einwohnern, von denen zunehmend unklar ist, wie viele davon noch Deutsche sind. 

Klar ist, dass 21 Prozent der Bürger unseres Landes über 65 Jahre alt sind. In Japan sind es bereits 27 Prozent der Bevölkerung. Angeblich droht Japan genau wie Deutschland daher die „Überalterung“. Was, nur am Rande bemerkt, Unsinn per se ist, denn intelligente Industriegesellschaften können auch einen großen Anteil an Alten versorgen und tragen, ohne bankrott zu gehen. Dazu kommt ein weiterer Aspekt: Eine alte Gesellschaft ist eine friedliche Gesellschaft.

Das wird durch Daten untermauert. Der deutsche Bevölkerungs- und Konfliktforscher Gunnar Heinsohn (73) verdeutlicht das Phänomen in seinem Bruderkriegsindex. Gemeint ist der Anteil der 15- bis 19-jährigen Jünglinge im zahlenmäßigen Verhältnis zu 55- bis 59-jährigen Männern. Je höher der Anteil der ersten, desto grösser die Wahrscheinlichkeit von internen Kriegen und Verteilungskämpfen. Heinsohn hat für Japan einen der weltweit niedrigsten Bruder-kriegsindexe von 0,72 errechnet (Deutschland: 0,82). Heinsohn: „Damit es heiß wird, braucht es mindestens 2,5 – also dreimal so viel. So steht Libyen bei 3, während das seit 1978 an allen Fronten kämpfende Afghanistan die stolze 6 streift.“

Japan beobachtet daher auch genau, welche Probleme sich Deutschland mit der millionenfachen Einwanderung aus Afrika und dem Orient ins Land holt – eine Menschenmasse, die, da sie fast ausschließlich in die deutschen Sozialsysteme einwandert, diese in absehbarer Zeit gründlicher kollabieren lässt als jegliche „Überalterung“ der eigenen Bevölkerung. 2016 nahm Japan genau 28 Asylbewerber auf; 2015 waren es 27 (siehe PAZ 34, Seite 12).

Zurück zu Heinsohn. Er hat die asiatische Industrienation genau im Blick und sieht die angebliche Überalterung nicht als Bedrohung. Das liegt vor allem am Faktor Intelligenz und Innovation. Der Wissenschaftler, der unter anderem Kriegsdemographie an der Berliner Bundesakademie für Sicherheitspolitik lehrt: „Obwohl Japan demografisch wackelt wie Deutschland, führt es 2012 bei Patenten auf eine Million Einwohner im Verhältnis 2250 zu 902.

So sehen es auch die Japaner, die ganz und gar nicht in die Hysterie und Jugendkult einfallen. „Eine überalterte Gesellschaft kann auch positiv sein“, sagt beispielsweise Otani Hidenobu, Vize-Direktor des japanischen Gesundheitsministeriums. Man müsse sich nur dementsprechend anpassen, neue Modelle entwickeln. „Oft reichen schon kleine Veränderungen“, sagte Otani. Und nennt, auch wenn es kurios klingt, das „Projekt 8020“. Hinter der Zahl steckt das Ziel, mit 80 Jahren noch 20 Zähne zu haben. Durch Zahnpflege, Mundhygiene, gegenseitiges Unterstützen. Durch eine gebildete Bevölkerung, die sich auch im Alter nicht vernachlässigt. 

Es sind diese kleinen Details, die klar machen, dass eine hochindustrielle Leistungsgesellschaft durch Innovation und Erkenntnis genug Wohlstand erwirtschaften kann, um sich seine Alten problemlos zu leisten. Heinsohn nennt das „Kompetenzfestung“. Die ist wirtschaftlich stark, weil sie von dem lebt, was die Welt und ihre Technologien zunehmend bestimmt: Grips. Klasse statt Masse. So stellt sich Japan einer intelligenten, friedlichen Zukunft, in der auch für viele Alte Platz, Geld und Sicherheit vorhanden ist. Deutschland tut es nicht.