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08.09.17 / Nur 108 Jahre waren in der neuen Heimat vergönnt / Buchwald im Hirschberger Tal begeht am 16. und 17. September das 180. Jubiläum der Aufnahme der Tiroler Exulanten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-17 vom 08. September 2017

Nur 108 Jahre waren in der neuen Heimat vergönnt
Buchwald im Hirschberger Tal begeht am 16. und 17. September das 180. Jubiläum der Aufnahme der Tiroler Exulanten
Chris W. Wagner

Einst hatten sächsische Bergknappen die Saat der Reformation nach Tirol getragen. Strenge Unterdrückung seitens des Salzburger Erzbischofes im Inn- und im Arntal sowie im Pinzgau drängten die Lehre Martin Luthers zurück, während das damals noch isolierte Zillertal vorerst sich selbst überlassen blieb. Doch am 21. Januar 1837 befahl der Landesherr Kaiser Ferdinand I., für alle am Augsburger Bekenntnis festhaltenden Zillertaler die Emigration. Am 20. Juli 1837 erhielten die Tiroler die verbriefte Zusicherung, sich in Preußen niederlassen zu dürfen. Das Gros nahm dieses Angebot an. Am 20. September 1837 betraten die sogenannten Tiroler Exulanten bei Michelsdorf im Kreis Landeshut preußischen Boden. Im preußischen Schlesien fanden sie eine neue Heimat. Dort gründeten sie den Ort Zillerthal-Erdmannsdorf. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden ihre Nachfahren wie die anderen Deutschen in Schlesien Opfer von Flucht und Vertreibung. Geblieben ist von ihnen jedoch das materielle Erbe – die bekannten Tiroler Gehöfte, die noch heute das Bild des Ortes am Fuße des Riesengebirges prägen. 

Seit dem Ende des Kalten Krieges sind Traditionstreffen nun nicht mehr nur im österreichischen Zillerthal, sondern auch im Riesengebirge möglich. Aus ihnen ist eine Tradition geworden, die den Polen in Niederschlesien heute immerhin die Herkunft ihrer regionalen Bausubstanz erklärt und sich zudem hervorragend im Tourismus nutzen lässt.

Und so werden am Sonnabend, den 16. und Sonntag, den 17. September Musikdarbietungen, Vorträge zur preußischen Religionspolitik, Literatur, eine vom Museum für Sport und Tourismus in Krummhübel [Karpacz] erstellte Ausstellung zur Geschichte der Exulanten und Parkführungen Eindrücke vom Leben der Tiroler vermitteln. Letztere vervollständigen das historische Bild, da Gräfin Friederike von Reden als Hausherrin auf Schloss Buchwald gegenüber König Friedrich Wilhelm III. die Aufnahme der Protestanten im heutigen Zillerthal-Erdmannsdorf und dem nahen Seidorf [Sosnówka] überhaupt erst durchgesetzt hat.

Seit dem vergangenen Jahr wird engagierten Freunden Schlesiens der Ehrentitel „Botschafter des Riesengebirges“ verliehen. Die Übergabe nimmt Berggeist Rübezahl vor, der ohne Tradition in der polnischen Literatur erst langsam wieder zu einem Markenzeichen der Region wird. Die diesjährige Vergabe wird nun im Rahmen der Feierlichkeiten zu Zillerthal-Erdmannsdorf stattfinden. 

Einfacher als Rübezahl in Sachen Einbindung in das regionale polnische Gedächtnis hat es die 1841 von König Friedrich Wilhelm IV. in Norwegen erworbene Holzkirche Wang, da diese zu Füßen der Schneekoppe keinem Bergwanderer entgehen konnte. Der Chor der evangelisch-augsburgischen Kirche Wang wird den ökumenischen Gottesdienst in der Erdmannsdorfer Kirche musikalische umrahmen.

Besonders schmerz­lich wird die weitgehende Ausblendung der Tradition zwischen 1945 und 1990 beim Gedenken am 1890 errichteten Denkmal des Anführers der Zillertaler Protestanten Johann Fleidl. Nach 1945 war dieses erheblich beschädigt worden, ehe 1994 eine Restaurierung und die Verlegung an das Schloss von Erdmannsdorf erfolgte. Das Grab Fleidls befindet sich auf dem örtlichen Friedhof, während seine Schwester Elisabeth auf dem Tirolerfriedhof von Los Bajos in Chile ihre letzte Ruhe fand. Denn 54 Exulanten zog es zwischen 1856 und 1860 weiter nach Südamerika. Von dieser Geschichte berichtet der Dokumentarfilm des Südwestrundfunks „Chilenen aus dem Zillerthal“ von Götz Göbe, mit dessen Präsentation die diesjährigen Feierlichkeiten enden. Im Gegensatz zu Niederschlesien leben am chilenischen Llanquihuesee noch etwa 600 Nachfahren der Tiroler Exulanten, die ihre Traditionen weiter pflegen können und dieses auch tun. 26 von ihnen reisten 2009 in Begleitung einer Kamera zur Spurensuche nach Tirol und Schlesien.