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15.09.17 / Wahl mit vorhersagbarem Ausgang / Anton Alichanow wird bei Wahlen als Gouverneur für das Königsberger Gebiet bestätigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-17 vom 15. September 2017

Wahl mit vorhersagbarem Ausgang
Anton Alichanow wird bei Wahlen als Gouverneur für das Königsberger Gebiet bestätigt
J. Tschernyschew

Am 10. September fand im Königsberger Gebiet wie auch in den meisten Regionen Russlands die Neuwahl der Gouverneure statt. Ihr Ausgang wird als Generalprobe für die Präsidentschaftswahlen gewertet, die im März 2018 stattfinden. 

Das Königsberger Gebiet ist bekannt für seinen „Gouverneursfluch“ –  bisher ist es noch keinem gelungen, sich auf dem Gouverneursposten zwei Amtsperioden lang zu halten. Am nächsten ist diesem Ziel Nikolaj Zukanow gekommen, der im Herbst 2015 für eine zweite Frist gewählt wurde. Doch im Sommer 2016 rief Präsident Wladimir Putin ihn überraschend ab und ernannte ihn zum Bevollmächtigten des Präsidenten im Föderationskreis Nordwest. Nachdem Zukanow nach St. Petersburg umgezogen war, wechselten sich in Königsberg innerhalb von drei Monaten zwei vorübergehende Gouverneure ab. Zunächst übernahm der Chef der Regionalabteilung des Geheimdienstes FSB, Jewgenij Sinitschew, den Posten, und nach seiner Absetzung auf eigenen Wunsch wurde Anton Alichanow zum vorübergehenden Gouverneur ernannt. Alichanow hatte zuvor im Ministerium für Industrie und Handel Russlands gearbeitet und war im Herbst 2015 nach Königsberg als stellvertretender Vorsitzender der Gebietsregierung gekommen. Dort war er verantwortlich für Industrie und Landwirtschaft.

Zum ersten Mal hatten die Wahllokale im Königsberger Gebiet zwei Stunden länger auf als gewöhnlich von 7 bis 21 Uhr. Die Gebietsduma hoffte, so die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Für die Regierungspolitiker ist die Wahlbeteiligung ein wichtiger Hinweis darauf, ob ihre Kampagne erfolgreich war. Da es in Russland keine Mindestteilnahme an der Wahl gibt, sind Wahlen auch dann gültig, wenn nur eine einzige Stimme abgegeben wurde. 

Um besonders junge Wähler anzulocken, ließen Politiker und Firmen sich einiges einfallen. In Rauschen und Cranz gab es eine Kampagne mit dem Titel „Du weißt, was Du willst. Ein Liter Getränk für ein Selfie im Wahllokal“. Die Ladenkette „Pivnaja Dwor“ (Bierhof), schaltete Anzeigen in sozialen Netzwerken. Zu Ehren „70 Jahre Kaliningrader Bern-steinkombinat“ wurde vor allem in Gumbinnen und Tilsit Werbung für eine Lotterie gemacht. Mitarbeiter des Kombinats waren am Sonntag in den Wahllokalen und verteilten Einladungen. Verlost wurden Roller, Fahrräder, Smartphones, Telefone und andere technische Geräte.

Im gesamten Königsberger Gebiet waren etwas über 790000 Wahlberechtigte zur Wahl geladen. Es gab nur vier Kandidaten. Die Wahlbeteiligung lag wie vor zwei Jahren bei 39 Prozent. Wie gewöhnlich war sie in Königsberg mit 29 Prozent am niedrigsten und in Heiligenbeil mit 71 Prozent am höchsten.

Die vier Kandidaten waren der amtierende Gouverneur Anton Alichanow, der Kandidat der Kommunistischen Partei und Abgeordenter der Gebietduma Igor Rewin, der Kandidat der Liberaldemokratischen Partei, der Abgeordnete Jewgenij Mischin und Jekaterina Timofejewa von der wenig bekannten Partei „die Grünen“. Von allen vieren war Igor Rewin, ehemals Abgeordneter der Moskauer Staatsduma, der erfahrenste. Er hatte  schon mehrfach an Gouverneurswahlen teilgenommen. Mischin, ist erst im vergangenen Jahr nach Königsberg gezogen, und Jekaterina Timofejewa leitet, obwohl sie in Königsberg registriert ist, in Kamtschatka eine regionale ökologische Organisation. Alichanow war als Kandidat der Partei „Einiges Russland“ angetreten, obwohl er kein Mitglied ist.

Dass es nur so wenige Kandidaten gab, liegt daran, dass nach den aktuellen Wahlgesetzen ein sogenannter „Stadtfilter“ zum Einsatz kommt. Das heißt, dass die Kandidaten für die Zulassung zu den Wahlen eine bestimmte Anzahl von Unterschriften der Abgeordneten aller Gemeinden in der Region sammeln müssen.

Wie sieht das in der Praxis aus? Die Kandidaten müssen die Unterstützung von nicht weniger als acht Prozent der Stadtabgeordneten nachweisen. So sind die Unterschriften von 37 Abgeordneten von kommunalen Einrichtungen (in der Region sind das 453 Personen) sowie 30 Unterschriften von Abgeordneten der Stadbezirke (372 Personen) erforderlich. Dabei kann jeder Abgeordnete seine Stimme nur einem Kandidaten geben. Deshalb haben auch nur diejenigen, deren Partei im Parlament stark genug vertreten ist, eine Chance, den „Stadtfilter“ erfolgreich zu durchlaufen. 

So wundert es nicht, dass der Wahlausgang so vorhersehbar war. Der Favorit Alichanow dominierte in allen Medien, von denen viele sogar ganz offiziell aus dem Haushalt der Gebietsregierung finanziert werden. Flyer mit Alichanows Wahlwerbung fanden sich in jedem Briefkasten Königsbergs wieder. Die anderen Kandidaten mussten sich mit Plakaten, Bannern sowie wenigen Veranstaltungen und Treffen mit Wählern zufrieden geben.

Der Kommunist Rewin hatte zwar versucht, viele solcher Treffen zu organisieren, wurde aber wegen angeblich technischer oder organisatorischer Hindernisse immer wieder ausgebremst. Da kurz zuvor Wladimir Putin im Königsberger Gebiet zu Gast war und offen seine Unterstützung  für Alichanow kundgetan hatte, stand das Ergebnis bereits vor der Wahl fest. Wäre der Gouverneur wie noch vor ein paar Jahren vom Präsidenten ernannt worden, hätte das am Ergebnis nichts geändert, aber man hätte das Geld für den Wahlkampf sparen können.

Dass Alichanow gewählt würde, hat niemand bezweifelt, die Höhe seines Sieges allerdings schon. Er erhielt 81 Prozent der Stimmen, gefolgt von Rewin mit 8,9 und  Mischin mit 5,5 Prozent. Die einzige Kandidatin, Timofejewa, erhielt 2,5 Prozent der Stimmen. 

Die einzige Frage, die sich die Menschen im Königsberger Gebiet jetzt stellen, ist, wie lange Alichanow wohl Gouverneur bleiben wird.