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15.09.17 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Retter, Spinner, Großmäuler / Wer die Wahrheit vor Enthüllung schützt, wie Schulz der Kanzler von Kuckuchsheim wurde, und was wir uns eigentlich einbilden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-17 vom 15. September 2017

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Retter, Spinner, Großmäuler / Wer die Wahrheit vor Enthüllung schützt, wie Schulz der Kanzler von Kuckuchsheim wurde, und was wir uns eigentlich einbilden

Der bekannte und beliebte „Heute Journal“-Moderator Claus Kleber zieht in die Schlacht: „Rettet die Wahrheit“ heißt seine eben gerade erschienene Streitschrift. Ach! Ausgerechnet Kleber? Stand der ZDF-Mann nicht mit an vorderster Front jener Leute, die jeden irgendwie über die Grenze Geschwappten pauschal als „Flüchtling“ etikettiert haben, obwohl es sich bei einem Großteil um illegale Zuwanderer ohne Fluchtgrund handelte? Und wie war das mit den TV-Bildern, die uns immerfort süße Kinder zeigten, als vier von fünf Grenzübertretern in Wahrheit junge Männer waren?

Was die Bilder angeht, hat Kleber eine beeindruckend glatte Erklärung: Daran sei ja nicht er schuld, sondern die Kameraleute und Cutter, die den emotionalen Bildern wohl „nicht widerstehen“ konnten, zitiert „welt.de“ aus dem dünnen Büchlein. Daran erkennt man den wahren Helden und loyalen Kollegen: Wenn es ernst wird, schmeiß einen Mitarbeiter ins Feuer. Soll der doch für deine Fehler brennen!

Den Trick hatte schon Klebers ARD-Kollegin Anja Reschke drauf, als man ihr die manipulierende Bildauswahl unter die Nase rieb. Das Material komme halt von den Agenturen so rein und sie habe dann auch gar keine Zeit mehr, sich die Streifen vor der Sendung noch anzuschauen, wand sich die „Panorama“-Chefin sinngemäß heraus. Ja, das hektische Nachrichtengeschäft! Da mochte selbst der grantelnde Laie Nachsicht walten lassen.

Blöd nur: Die angekreidete Sendung war im Dezember ausgestrahlt worden, doch wer genau hinguckte, konnte auf den Bildern frühherbstliches Laub erkennen. Hektisches Nachrichtengeschäft? Reschkes Redaktion hatte allem Anschein nach monatetief gewühlt, bis sie endlich auf die „richtigen“ Motive stieß.

Wir fragen uns, wovor Kleber die Wahrheit eigentlich „retten“ will. Mit Blick auf das Werk des ZDF-Nachrichtenstars drängt sich die Antwort auf: vermutlich vor ihrer Enthüllung. Wir entsinnen uns der schrecklichen Zeit nach den Kölner Silvester-Exzessen. In den ersten Tagen war es noch gelungen, die Wahrheit unter der Decke zu halten. Dann aber spritzte sie mit penetranter Wucht an allen Ecken heraus. Und einer der Blamierten will heute also die Wahrheit retten. Na dann.

Immerhin hat man aus dem Köln-Desaster gelernt; heute sind sie im Einfangen entlaufener Wahrheiten viel geübter. So ist es zwar nicht länger zu verheimlichen, dass die Asylsucher auf den Wohnungsmarkt drängen und damit das vielerorts ohnehin schmale Angebot weiter verengen. Monika Miller von der Fachstelle Asyl in Ludwigsburg wickelt das aber in die bezaubernde Formulierung: „Flüchtlinge werden auf dem Wohnungsmarkt als Konkurrenz wahrgenommen.“

Also nicht etwa, dass sich die Einheimischen mit den Asylsuchern tatsächlich um das knappe Wohnungsangebot balgen müss­ten, weil jede vorhandene Bleibe eben nur einmal vergeben werden kann. Nein, wir nehmen das nur so wahr, weil unsere Einstellung nicht mehr stimmt, seit die erhoffte Immobilie an die neulich nachgezogene Familie aus dem Orient gegangen ist. 

Falls die SPD am 24. September unter die Fünf-Prozent-Hürde kracht, würde Frau Miller vermutlich formulieren, dass die parlamentarische Vernichtung von den Sozialdemokraten bloß als Kata­strophe „wahrgenommen“ werde. Mehr nicht.

Soweit wird es kaum kommen. Trotzdem könnte das SPD-Resultat stockfinster ausfallen, trüber gar als im Elendsjahr 2009, als die Sozis mit 23 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik wegstecken   mussten. Martin Schulz arbeitet daher bereits eifrig an seiner „Wahrnehmung“ der Wirklichkeit, genauer gesagt: Er schaltet sie ab.

Weil die Wirklichkeit allzu garstig ausfällt, ist der aussichtslose Kanzleranwärter nach Wolkenkuckucksheim umgezogen. Dort ist Schulz schon Regierungschef, die Großen des Reiches ziehen in einer „Prozession Richtung Willy-Brandt-Haus“ (O-Ton Schulz!), um aus seiner Hand ihre Posten zu empfangen. Merkel dürfe unter ihm Vizekanzlerin werden,           konzediert der Kanzler von           Kuckucksheim in seiner Huld. 

Die Journalisten der Berliner Pressekonferenz vergangenen Montag, auf der Schulz diese irre Phantasie hinaustrompetete, konnten ihr Grinsen nur mühsam unterdrücken. Anwesende SPD-Genossen werden ihrem entrück­ten Kandidaten verzweifelt signalisiert haben: Martin, komm wieder zu dir!

Von der hässlichen Wirklichkeit umzingelt, stieg er glücklicherweise aus den Wolken herab und räumte ein, vielleicht ziehe die Prozession ja auch zum Adenauer-Haus. Für diesen Fall empfahl er sich übergangslos als Minister unter Merkel. Nach diesem aufgekratzten Hin und Her war klar, dass der Mann sein Navi an der letzten Kreuzung verloren hat. 

Aber immerhin erlebt Schulz noch wache Momente, in denen er in der Realität vorbeischaut, wo er schlagartig bemerkt, dass ihm das Wasser bis zum Hals steht. Folgerichtig schiebt er sich dann mit heftigen Ruderbewegungen in Richtung von Merkels Regierungsbank.

Wie sich die Deutschen am Sonntag in einer Woche entscheiden werden, ist ganz gegen unsere pessimistischen Erwartungen noch spannend geworden. Wie tief werden SPD und Grüne schließlich fallen? Kann die Linkspartei ihr Ergebnis halten, die FDP ihres sogar verdoppeln? Wird die AfD zweistellig? Alles interessante Fragen, nur das Abschneiden der Schwarzen ödet ein wenig, weil die sowieso vorne sein werden.

Das ist die Stelle für Sätze mit Bart wie „Der Wähler, das unbekannte Wesen“. Heerscharen von Meinungsforschern durchstreifen unsere Reihen, um herauszukriegen, wie wir wirklich ticken. Und kommen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen: Die einen sehen es überall gefährlich rumoren, die anderen finden die Deutschen selbstbewusst und gelassen wie seit dem Ersten Weltkrieg nicht mehr. Diese irritierende innere Unruhe, die uns Deutsche das ganze 20. Jahrhundert hindurch gequält habe, die sei entschwunden, sagen Wissenschaftler von drei Einrichtungen, darunter das bekannte Institut für Demoskopie Allensbach. Die Allensbacher sollten es wissen, sie sind die Dinosaurier unter den deutschen Meinungsforschern. Gegründet 1948, haben sie den Leuten schon auf die Finger geschaut, da war die Bundesrepublik noch gar nicht gegründet. 

Unser gestärktes Selbstbewusstsein drücke sich unter anderem in unserem Freiheitswillen aus. Vor die Frage gestellt, was uns wichtiger sei, Freiheit oder Gleichheit, entscheide sich eine so deutliche Mehrheit für die Freiheit wie seit vielen Jahren nicht mehr, haben die Forscher ermittelt.

Na, das ist doch mal eine tolle Nachricht, was? Nicht ganz, so die Wissenschaftler. Mit dem gewachsenen Freiheitsgefühl nähmen sich die frechen Deutschen nämlich auch allerhand gegenüber den Mächtigen heraus, was sie sich früher nicht so getraut hätten. „Die deutliche Zunahme der Verächtlichmachung der Politik ist bedenklich“, sorgt sich eine beteiligte Forscherin.

39 Prozent der 1437 Befragten meinten nämlich, dass Politiker keine Ahnung hätten und dass sogar sie selbst, die Bürger, deren Arbeit besser machen könnten. 

Was für aufgeblasene Würstchen! Glauben die wirklich, sie hätten beispielsweise die Kompetenz, eine weltweit beneidete, harte Währung im Handumdrehen durch ein dauerkriselndes Monster namens Euro zu ersetzen? Also wirklich, dazu gehört einiges mehr als der sogenannte Grundverstand. Nämlich ein Ausmaß an Verblendung und Größenwahn, das der einfache Bürger auf der Straße niemals aufbringt.

Oder die Grenzen unkontrolliert zu öffnen für zwei Millionen Menschen aus der gefährlichsten Ecke der Welt? Nur wer wahrlich apokalyptisch denkt, kriegt sowas hin. Dazu sind wir kleinen Heinis doch gar nicht imstande.