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22.09.17 / Besser als bei Tante Emma? / Amazon will den Internethandel mit Lebensmitteln intensivieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-17 vom 22. September 2017

Besser als bei Tante Emma?
Amazon will den Internethandel mit Lebensmitteln intensivieren
P.E.

Der Online-Handel in Deutschland blüht. Nur nicht bei Lebensmitteln. Der Internetgigant Amazon will das nun ändern. 

Nur rund ein Prozent der Lebensmittelkäufe erfolgen derzeit über das Internet. Dabei bieten die meisten Supermärkte den Service in deutschen Großstädten schon seit Jahren an. „Der Onlinegedanke der Unternehmen passt allerdings oft nicht zum Konsumverhalten der Kunden“, erklärte Handelsexperte Sascha Berens vom Forschungsinstitut EHI Retail gegenüber Spiegel Online.

Der weltgrößte Online-Händler macht mit seinem neuen Dienst Fresh dem Lebensmittelhandel Konkurrenz. Gegenüber den stationären Geschäften will Amazon mit einer breiten Auswahl aus 85000 Artikeln und kurzen Lieferzeiten punkten. Zum Sortiment gehören auch frisches Fleisch, Obst und Gemüse sowie gekühlte Artikel. Doch die Deutschen sind eher skeptisch. Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov wollen rund 60 Prozent nicht auf den Einkauf im Markt verzichten. 70 Prozent der Befragten wollen die Ware selbst in die Hand nehmen, prüfen und auswählen. „Deutsche kaufen gerne oft und spontan ihre Lebensmittel“, erklärt Berens. Dennoch habe der Online-Handel mit Lebensmitteln auch in Deutschland viel Potenzial. Die Vorteile seien stressfreies Einkaufen ohne Anstehen oder Gedrängel. Insbesondere für berufstätige Eltern mit wenig Zeit oder Rentner, die nicht mehr gut zu Fuß sind, könne dies von Vorteil sein.

Einhaltung der Kühlkette, Transportsicherheit, Retouren- und Reklamationsmanagement, das sind allerdings Faktoren, die den Online-Handel insbesondere bei frischem Fleisch und Obst oder Gemüse vor Herausforderungen stellen. Für kühlpflichtige Waren gibt es genaue Vorgaben und Richtlinien für die Gestaltung von Lieferketten, die jedoch stark auf den stationären Lebensmitteleinzelhandel ausgerichtet sind. Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) sowie der Online-Supermarkt Allyouneedfresh.de haben daher ein Standardisierungskonsortium beim Deutschen Institut für Normung (DIN) ins Leben gerufen. Supermärkte wie Edeka, Rewe, Kaufland und eben Amazon arbeiten mit Hochdruck daran, Service-Versprechen einzuhalten. „Der Lebensmittel-Onlinehandel ist in der Lage, eine bessere Qualität zu liefern, als es stationär heute möglich ist“, meint Jens Drubel, Gründer und Geschäftsführer von Allyouneedfresh. Und er sei in der Lage, eine lückenlose Kühlkette bis in die Wohnung des Kunden zu garantieren.

Die Branche reagiert auf Amazons Vorstoß gereizt. Die Angst vor der finanziellen Macht des US-Riesen ist groß. Im Sortiment von Fresh sind bereits jetzt 300000 Produkte. Das ist 25-mal mehr, als etwa Rewe anbietet. Wer am Mittag bei Amazon bestellt, bekommt die Ware am selben Abend nach Hause geliefert. Der Mindestbestellwert liegt bei 40 Euro, außerdem sind knapp zehn Euro für ein Abonnement fällig. Die deutschen Anbieter werben damit, dass bei ihnen keine Abo-Gebühren fällig würden. Dafür schaffen sie es bisher nicht, am gleichen Tag auszuliefern. Lebensmittelexperte Berens sagt: „Die Leute wollen spontan entscheiden, was sie einkaufen. Da hat Amazon Vorteile.“