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22.09.17 / Es geht (nur noch) um die Wurst / Ob Musikzeitschrift, Regenbogenpresse oder Anzeigenblatt – Die politische Korrektheit irrlichtert durch alle Zeilen und Spalten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-17 vom 22. September 2017

Es geht (nur noch) um die Wurst
Ob Musikzeitschrift, Regenbogenpresse oder Anzeigenblatt – Die politische Korrektheit irrlichtert durch alle Zeilen und Spalten

Keine Sparte des Lebens, die nicht von findigen und fleißigen Journalisten mit Druckerzeugnissen bereichert wird. Früher spazierte PAZ-Autor Volker Klein-ophorst liebend gern durch diesen buntschillernden Blätterwalt, heute sucht er lieber den schnellsten Weg zum Altpapiercontainer. Das hängt unter anderem mit einem Titelblatt des Musikmagazins „Rolling Stone“ zusammen, mit dem „schönsten Lächeln“ von Angela Merkel und der bemerkenswerten Nachricht, dass „zehn Migranten als Hilfsfeuerwehrleute ausgebildet wurden. 

Schon bevor ich lesen konnte, war ich ein Zeitungsmann. Meine Mutter erzählt heute noch gerne, dass ich immer behauptet hätte, ich würde lesen, obwohl ich mir ja nur die Bilder in unserer „WAZ“, der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ anschaute. Diese Leidenschaft blieb. Ich glaube nicht, dass es viele Leute gibt, die so viel für gedruckten Journalismus ausgaben wie ich. Früher! Längst ist damit Schluss. Vieles, was ich früher am Erscheinungstag begierig verschlang wie den „Spiegel“, den ich sicher 30 Jahre jeden Montag gekauft habe, liest sich nun vorhersehbar und damit langweilig. „Zeit“, „Welt“, „Süddeutsche“ oder „Hamburger Abendblatt“? Irgendwie egal. „Stern“ oder „Taz“? Schon ewig nicht mehr relevant. Und die „Bild“? Nicht einmal als Aufreger oder Ärgernis noch einen Blick wert. 

Doch selbst an den Rändern der Medienwelt, im Special Interest, bei Musik- oder Computerzeitschriften, Anzeigenblättern, ja selbst beim Klatsch: Ohne Propagandazeigefinger geht es nicht. Eine kleine Rundreise. Los geht es bei den Musikzeitschriften. Die habe ich schon als Schüler geliebt. Als ich 2009 meine Sammlung aus Platzgründen zum Altpapiercontainer brachte, musste ich mit einem Kleinbus zweimal fahren. „Sounds“, „Musikexpress“, „Rolling Stone“, „Classic Rock“, „Rocks“, „Eclipse“ und jede Menge Kurzlebiges – da kamen schon ein paar Kubikmeter zusammen.

Wie verliert man so einen Leser? Kurz: Durch dummes Geschwätz. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich Einzelnes als störend erlebte. Da war der unglaubliche Hype um Künstler, die alles Mögliche waren, nur nicht – wie langweilig – heterosexuell. Wenn sie sich dann auch noch Aktivisten nannten und für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen oder Transgender-Menschen eintraten, stiegen sie umgehend in den Rock’n’Roll-Olymp auf. Ihre musikalischen Qualitäten? Leute! Die Haltung zählt.

So erschreckte mich eines Tages der/die bärtige Frau/Mann Conchita Wurst auf dem Cover des Rolling-Stone-Magazin! Dort, wo sich einst Jimi Hendrix, Mick Jagger oder Jim Morrison die Ehre gaben, drängelte nun ein Eurovison-Song-Contest-Gewinner auf die Seite 1. Nun mag man zu dem Musikwettbewerb aus dem LaLa-Schlagerland stehen wie man will, aber mit Jahrhundert-Songs wie „Satisfaction“ (Jagger) oder „Light my Fire“ (Morrison) wird uns Conchita Wurst wohl eher nicht beglücken. Dafür haben die Meinungsaktivisten mal wieder an prominenter Stelle kundgetan, was ihrer Ansicht nach zählt: Die Kombi von Bart, Fummel und ulkigen Namen jedenfalls allemal mehr als musikalische Meilensteine.

Natürlich sollte Meinung – auch eine politische – in einer „Kulturzeitschrift“, wie sich der „Rolling Stone“ nennt, ihren Platz haben. Das Problem: Es ist immer die gleiche Meinung, und die wird einem penetrant um die Ohren gehauen. Sie durchzieht praktisch alle Heftteile. In Zeiten von Trump und AfD, Rechtspopulismus und Nationalismus wird sie in die kleinsten Meldungen, ja bis in die Plattenkritiken eingeflochten. Das klingt, selbst wenn kuscheligste Tonträger besprochen werden, nun mal schief und schräg. Es fehlt die Ausgewogenheit: Nie liest man etwas von „alltäglicher sexueller Belästigung“, von „Messerattacken“, „islamischen Terroranschlägen“ oder gar „Deutschenfeindlichkeit“. „Linken Terror“ gibt es eh nicht. 

Die erste Frage an den Gitarristen Jakko Jakszyk von der wirklich unpolitischen Rock-Legende King Crimson in einem Interview des Magazins „Classic Rock“ lautet: „Der Brexit liegt vier Monate zurück. Wie denkst du darüber?“ Ernsthaft? Geht das einem Musik-Journalisten durch den Kopf, wenn er vor Jakko Jakszyk sitzt? Es hat doch schon was von Selbstbefriedigung, wie man sich immer wieder gegenseitig versichert, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. 

Gut, alle coolen Leute sind pro Migration und gegen Trump. Da kann man sich ja denken, wo die Computerfreaks stehen. Und so wird auf dem Internetportal 

„netzwelt“ ganz schnell aus einer Meldung über Apple eine gegen Trump. Der US-Präsident zwinge Apple, „die Lobbyausgaben“ zu erhöhen, heißt es. Was hat die schurkische Fönfrisur im Weißen Haus getan? Sie hat es gewagt, sich Apples Kontaktleuten nicht mehr so zugänglich wie sonst zu zeigen. Nun versucht das Unternehmen seine Firmeninteressen mit größerem finanziellen Aufwand durchzusetzen. 

Von den Computerfreaks zu den Promi-Fans: Bin ich bei meiner Mutter oder warte beim Arzt, schaue ich gerne ins dort liegende Material. „Gala“, „Neues Blatt“, die „Aktuelle“ und wie sie alle heißen, werden von Frauen gelesen, vornehmlich älteren Frauen. Und die wählen Merkel in großer Zahl oder zumindest die Partei, die sie auch sonst immer gewählt haben, also eine von Merkels aktuellen oder ehemaligen „Koalitionspartnern“. Das soll auch so bleiben. So wird Merkels Bayreuth-Auftritt in der „Gala“ kaiserlich inszeniert: „Diesmal ein glänzendes Outfit in schimmerndem Bronze mit typischem Blazer und langem Rock. Dazu kombinierte die Politikerin eine passende Clutch, eine zarte Perlenkette und ihr schönstes Lächeln.“ Ich meine, haben Sie die Bilder von Merkels Auftritt bei den Festspielen dieses Jahr gesehen? Klingt die „Gala“-Kanzlerinnen-Hymne da nicht mehr nach Münchhausen denn nach Meistersinger?

Wenn Merkel nicht unter den Reichen und Schönen präsentiert wird, ist ein erstaunlicher Imagewandel zu beobachten. Plötzlich ist sie wieder Mutti. Denn „die Bundeskanzlerin braucht keinen Glamour.“ („Woche heute“) Zum Sommerurlaub „auf ins geliebte Tirol“ („Freizeit Revue“). „Wie bodenständig die Kanzlerin geblieben ist“ („Woche heute“). Man sieht förmlich wie sie und Ehemann Joachim Sauer die Gurte des Dachgepäckträgers am Bundeswehr-Hubschrauber festzurren. Noch ein Zitat, weil es so schön ist: „Angela Merkel schaute mütterlich nach dem Kleinkind und schickte dann ihre Bodyguards – die den Säugling wippten, bis er einschlief.“ Und für alle, die es immer noch nicht gemerkt haben. „Wie sympathisch.“

Vor Jahren fragte ich mal einen Chefredakteur eines dieser Yellow-Blätter, ob eine Geschichte denn nun stimme oder nicht? Seine Antwort: „Wir sagen lieber, nah an der Wahrheit.“ 

Bodenständiger geht es da bei den Redaktionen direkt um die Ecke zu: Die Anzeigenblätter füllen heute den Raum aus, den die geschrumpfte Lokalpresse hin-terlassen hat. Ziemlich beliebt sind die Nachrichten von nebenan auch. Für viele sind sie „die Zeitung“. Sie haben also auch inhaltliche Kompetenz. Ausgewogene Berichterstattung sucht man zwischen Gemeinderatssitzung und Schützenfest trotzdem vergebens. Immer wieder gern arbeiten sich die Kollegen von Wochenkurier, Stadtanzeiger und Kreisboten an den üblichen Verdächtigen also Trump, AfD, und ganz allgemein „Rechts“ ab. Jeder, der das Etikett „Flüchtlinge“ angeheftet bekommt, kann dagegen auf beglückten Pressejubel zählen: Eine tolle Initiative hier, einen toller interkultureller Nachmittag da gibt es zu vermelden und dann wurden auch noch „zehn Migranten als Hilfsfeuerwehrmänner ausgebildet.“ 

Ich wohne ganz in der Nähe von Hamburg. Das Messerattentat, bei dem ein 28-jähriger Syrer in einem Supermarkt wahllos auf Deutsche einstach und einen Mann tötete, schockierte ganz Deutschland. Nur meine lokale Presse nicht. Kein Wörtchen wurde über das Ungeheuerliche in der nahen Großstadt verloren, Kein Kommentar. Nichts. Die Fragen der Woche: „Darf man jetzt noch Eier essen?“ oder  „Kommt Famila nach Neu Wulmsdorf?“

Ob da auch Messer ausliegen?